Stellungnahme (PDF, 99 KB) - Diakonie Deutschland
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<strong>Stellungnahme</strong> des Diakonischen Werkes der EKD zum<br />
Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements (Bundestags-Drucksache<br />
16/5200)<br />
I. Vorbemerkung<br />
Das Diakonische Werk der EKD e.V. begrüßt, dass neben der Bundesregierung und<br />
den sie tragenden politischen Parteien sowie dem Bundesrat auch alle anderen im<br />
Bundestag vertretenen Parteien konsequent für die Stärkung der Zivilgesellschaft in<br />
<strong>Deutschland</strong> eintreten und eine Änderung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen<br />
für notwendig erachten, wie die erste Beratung des Entwurfs am 10. Mai 2007 im<br />
Bundestag und die Anträge der Fraktion DIE LINKE (Bundestags-Drucksache<br />
16/5245) und der Fraktion der FDP (Bundestags-Drucksache 16/5410) gezeigt haben.<br />
Der Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements stellt einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Systems der<br />
Gemeinnützigkeit als kulturellem Wert der Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong> dar. Die jetzt<br />
vorliegenden Überlegungen sind aber nur ein erster Schritt auf dem langen Weg zur<br />
Verbesserung der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Der Bundesregierung ist insofern zuzustimmen, dass mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf<br />
die Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts noch nicht abgeschlossen<br />
ist (vgl. dazu die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der<br />
Fraktion der FDP, Bundestags-Drucksache 16/4545, S. 2).<br />
Wichtig ist, dass das Gesetzgebungsverfahren möglicht bald abgeschlossen wird,<br />
damit sich die positiven Auswirkungen der geplanten Neuregelung auch zeitnah entfalten<br />
können. Gerade die erforderliche Arbeit an den untergesetzlichen Verfahrensregelungen,<br />
etwa im Spendenrecht, wird Zeit kosten, was im Hinblick auf das vorgesehene<br />
rückwirkende Inkrafttreten des überwiegenden Teils der geplanten Gesetzesänderungen<br />
im Auge zu behalten ist.<br />
Aus Anlass der bevorstehenden Beratung des Gesetzentwurfs im Finanzausschuss<br />
des Deutschen Bundestages am 11. Juni 2007 will das Diakonische Werk der EKD<br />
• zu den vorgesehenen Gesetzesänderungen Stellung nehmen (siehe II),<br />
• Ergänzungsvorschläge zur Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen<br />
gemeinnütziger Dienstleistungserbringung (siehe III) und<br />
• Ergänzungsvorschläge zum Umsatzsteuerrecht (siehe IV) sowie<br />
• Anregungen zur Gewährleistung einer „europafesten“ Gemeinnützigkeitsreform<br />
(siehe V) machen.<br />
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II. <strong>Stellungnahme</strong> zu den vorgesehenen Gesetzesänderungen<br />
Artikel 1 Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG)<br />
Zu Nr. 2 (§ 3 Nr. 26 Satz 1 EStG)<br />
Das Diakonische Werk der EKD sieht in der Erhöhung des Steuerfreibetrags für nebenberuflich<br />
tätige Personen einen motivierenden Anreiz für Bürger zu verstärktem<br />
ehrenamtlichem Engagement.<br />
Die zu begrüßende Anhebung der Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als<br />
Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen<br />
Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen<br />
Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen von 1.848 Euro auf 2.100 Euro<br />
trägt dazu bei, das Engagement ehrenamtlich tätiger Personen zu stärken.<br />
Das Diakonische Werk der EKD unterstützt in diesem Zusammenhang ausdrücklich,<br />
dass der Bundesrat auch die Berücksichtigung der ehrenamtlichen Betreuer im Sinne<br />
des BGB im Rahmen der Änderung des § 3 Nr. 26 EStG fordert (Ziffer 1 der <strong>Stellungnahme</strong><br />
des Bundesrates). Eine solche Neuregelung vermeidet zum einen ein<br />
„Gerechtigkeitsgefälle“ unter unterschiedlich ehrenamtlich tätigen Bürgern, wie vom<br />
Bundesrat in seiner Begründung seiner Forderung formuliert. Ehrenamtliche Betreuer<br />
entlasten darüber hinaus die Justizhaushalte durch ihre Tätigkeit, weil sie verhindern,<br />
dass Berufsbetreuer, die Anspruch auf eine Vergütung aus der Justizkasse haben,<br />
eingesetzt werden müssen. Eine steuerliche Entlastung dieses Personenkreises und<br />
damit eine Unterstützung dessen ehrenamtlichen Engagements sollte daher auch vor<br />
dem Hintergrund des durch die demographische Entwicklung zu erwartenden Bedarfs<br />
an Betreuungen bei einer Reform des Gemeinnützigkeitsrechts – wie bereits in<br />
der Vergangenheit vom Diakonischen Werk der EKD gefordert – unbedingt mit berücksichtigt<br />
werden.<br />
Ferner wird angeregt, gesetzlich zu regeln, dass auch Sanitätshelfer und Rettungsassistenten<br />
im Rettungs-, Sanitätsdienst und Krankentransport zu den begünstigten<br />
Tätigkeiten gehören. Die Hilfsorganisationen haben zurzeit das Problem, dass die<br />
Finanzverwaltung den Begriff der „nebenberuflichen Pflege“ einengend so auslegt,<br />
dass sie diese Dienste aufteilt in (steuerpflichtige) Bereitschaftszeiten und (steuerfreie)<br />
Einsatzzeiten. Eine solche Aufteilung wird jedoch – neben dem damit verbundenen<br />
Verwaltungsaufwand bei der Abrechnung – nicht dem Charakter dieser Dienste<br />
gerecht, denn die Bereitschaftszeiten sind nur eine notwendige Nebenleistung, um<br />
einen möglichst schnellen Einsatz der Rettungskräfte zu gewährleisten. Eine entsprechende<br />
Regelung dürfte auch nicht zu einer Mehrbelastung der öffentlichen<br />
Haushalte führen.<br />
Zu Nr. 3 Buchstabe a (§ 10b Abs. 1 EStG)<br />
Das Diakonische Werk der EKD begrüßt die Zusammenfassung der bisher im Einkommensteuergesetz<br />
und in der Abgabenordnung verankerten, jedoch nicht identischen,<br />
steuerbegünstigten Zwecke in einem einzigen Katalog in § 52 der Abgaben-<br />
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ordnung. Dies trägt zu einer Reduzierung des Verwaltungsaufwands sowohl bei den<br />
betroffenen Personen und Organisationen als auch bei der Finanzverwaltung bei.<br />
Die Aufhebung unterschiedlicher Höchstgrenzen für die Abzugsfähigkeit von Spenden<br />
und von Mitgliedsbeiträgen sowie die Anhebung der abzugsfähigen Beträge auf<br />
20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte bzw. 2 Promille der Summe der gesamten<br />
Umsätze der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter führt ebenfalls<br />
zu einer Verminderung des Verwaltungsaufwands. Als viel wichtiger ist jedoch<br />
der motivierende Charakter der Neuregelung im Hinblick auf die freiwillige Einbringung<br />
zusätzlicher Mittel in den gemeinnützigen Bereich anzusehen.<br />
Zu Nr. 3 Buchstabe b (§ 10b Abs. 1a EStG)<br />
Bereits die von der Bundesregierung vorgeschlagene Anhebung der Höchstbeträge<br />
auf 750.000 Euro sowie die Ermöglichung, auch Zustiftungen von der Steuer absetzen<br />
zu können, ist aus Sicht des Diakonischen Werkes der EKD ausdrücklich zu begrüßen.<br />
Die Regelung trägt dazu bei, die Zukunftsfähigkeit von Stiftungen und damit<br />
auch ihren Nutzen für die Zivilgesellschaft zu stärken. Die erhöhte Abzugsmöglichkeit<br />
für Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung wird sich ebenso stimulierend<br />
auswirken wie die Steuerkürzungsmöglichkeit von Körperschaften bei der Neugründung<br />
einer Stiftung. Eine Heraufsetzung der Höchstbeträge auf 1.000.000 Euro, wie<br />
vom Bundesrat (Ziffer 5 der <strong>Stellungnahme</strong> des Bundesrates) und von der Fraktion<br />
der FDP in ihrem Antrag (Bundestags-Drucksache 16/5410, S. 2, Abschnitt II, Ziffer<br />
5) gefordert, würde diesen Effekt verstärken und Stiftungen durch die verbesserte<br />
Kapitalausstattung als Grundlage bei ihrer Zweckerfüllung spürbar unterstützen.<br />
Zu Nr. 3 Buchstabe d (§ 10b Abs. 4 Satz 3 EStG)<br />
Grundsätzlich ist eine Absenkung des Haftungsbetrags von 40 % auf 30 % als positiv<br />
anzusehen.<br />
Nach wie vor sieht das geltende Recht jedoch eine auf grobe Fahrlässigkeit begrenzte<br />
Ausstellerhaftung und eine verschuldensunabhängige Haftung bei einer Fehlverwendung<br />
von Spenden vor.<br />
Nach bisheriger Praxis nutzt die Finanzverwaltung oft den Haftungsanlass nach § 10<br />
b Abs. 4 Satz 3 EStG, um über den Zuwendungsbetrag hinausgehende Schäden<br />
geltend zu machen.<br />
Dazu ist Folgendes festzustellen:<br />
Es entspricht den Grundprinzipien des deutschen Haftungsrechts, dass – solange<br />
kein spezieller Gefährdungstatbestand vorliegt – eine verschuldenslose Schadenszufügung<br />
sanktionslos bleibt, d.h. vom Geschädigten als „Schicksal“ hingenommen<br />
werden muss. Eine Analogie zu den Gefährdungshaftungsbeständen (z.B. des Straßenverkehrs,<br />
der Arzneimittelhaftung oder des Atomrechts) ist im Steuerrecht nicht<br />
zu begründen. Es kann nicht angehen, dass der Aussteller einer Zuwendungsbestätigung<br />
nach den gleichen Maßstäben zur Verantwortung gezogen wird wie der<br />
Betreiber eines Kernkraftwerks.<br />
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Angesichts der Rechtsprechung insbesondere des XI. Senats des Bundesfinanzhofs<br />
hat die vorgeschlagene Änderung weitgehend nur klarstellende Bedeutung. Sie klärt,<br />
dass es keine verschuldensunabhängige Haftung und im Rahmen des § 10 b Abs. 4<br />
EStG nur eine Haftung der Körperschaft, nicht aber der für sie als Vorstand usw.<br />
handelnden natürlichen Personen, gibt (Urteil vom 10. September 2003, AZ XI R<br />
58/01).<br />
Es erscheint zweckmäßig, den 30-%-Betrag ausdrücklich von der steuerlichen Auswirkung<br />
der Zuwendungen zu trennen, da aus dem gegenwärtigen Wortlaut („...für<br />
die entgangene Steuer ...“) z.T. auf die denkbare Tatbestandsvoraussetzung „Steuerausfall“<br />
geschlossen wird.<br />
Die Haftung von Organmitgliedern nach anderen Vorschriften – insbesondere nach<br />
§§ 34, 35, 69 AO – bleibt selbstverständlich unberührt. Diese Haftungssanktion ist<br />
sowohl im Hinblick auf den Schadensausgleich wie auf die erforderliche Abschreckungswirkung<br />
ausreichend.<br />
Während es im zivilrechtlichen Haftungsrecht keinen Unterschied machen sollte, ob<br />
der Geschädigte von einem professionellen oder einem ehrenamtlichen Verantwortlichen<br />
in seinen Rechten verletzt wird, kann der Staat (Fiskus) als Geschädigter<br />
rechtspolitisch bewusst die Attraktivität für ehrenamtliche Arbeit dadurch erhöhen,<br />
dass er die zum Teil beträchtlichen und für ehrenamtliche Funktionsträger oft unübersichtlichen<br />
Haftungsrisiken mindert.<br />
Die Abgrenzung zwischen strengeren Voraussetzungen für hauptamtlich tätige Organe<br />
und angepasster subjektiver Fahrlässigkeit für ehrenamtliche Funktionsträger<br />
im Rahmen der sonstigen steuerlichen Haftungstatbestände folgt der Linie des aus<br />
dem in §§ 27 Abs. 3, 670 BGB abgeleiteten Merkmals der Ehrenamtlichkeit bzw. Unentgeltlichkeit.<br />
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen unterbreitet das Diakonische Werk der EKD<br />
folgenden Formulierungsvorschlag:<br />
§ 10b Abs. 4 S. 2 EStG (neu):<br />
„Wird vorsätzlich oder grobfahrlässig<br />
a) eine unrichtige Bestätigung ausgestellt oder<br />
b) veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu dem in der Bestätigung angegebnen<br />
Zweck verwendet werden,<br />
haftet die Körperschaft unabhängig vom tatsächlichen Steuerausfall mit 30<br />
v.H. des zugewendeten Betrags.“<br />
Darüber hinaus sollten bei der aus § 10 b Abs. 4 EStG herausgenommenen persönlichen<br />
Haftung gegenüber der Finanzverwaltung nach sonstigen steuerlichen Vorschriften,<br />
namentlich §§ 34, 35, 69 AO, im Rahmen der groben Fahrlässigkeit ein<br />
eingeschränktes persönliches Engagement, fehlende Rechtskenntnisse sowie berufliche<br />
Erfahrungen und begrenzte tatsächliche Erkenntnismöglichkeiten im Verschulden<br />
ausdrücklich berücksichtigt werden.<br />
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Zu Nr. 4 (Abschnitt 2c § 34h EStG)<br />
Das Diakonische Werk der EKD sieht in der erstmals möglichen Abzugsfähigkeit von<br />
„Zeitspenden“ einen Beitrag zur Verbesserung der Betreuung und Versorgung insbesondere<br />
von Menschen mit Behinderung sowie von alten und/oder pflegebedürftigen<br />
Menschen.<br />
Allerdings zieht die Steuerermäßigung bei freiwilligen unentgeltlichen ehrenamtlichen<br />
Tätigkeiten zur Förderung mildtätiger Zwecke die Notwendigkeit des Nachweises<br />
bzw. eine Bestätigung durch diejenige gemeinnützige Körperschaft nach sich, bei der<br />
die unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeit verrichtet worden ist.<br />
In der Sache wird die Bestätigung dem Umstand Rechnung zu tragen haben, dass in<br />
Gestalt der Steuerermäßigung nach § 34h EStG kein Geld als Einkommen fließt,<br />
sondern lediglich eine auf das Einkommen anzurechnende Wertgrenze gezogen<br />
wird. Entsprechende bundeseinheitliche Gestaltungshinweise werden von den ausstellenden<br />
Körperschaften benötigt. Diesbezüglich muss eine einfache, unbürokratische<br />
Handhabung ermöglicht werden, über deren Eckpunkte bereits im anhängigen<br />
Gesetzgebungsverfahren Klarheit hergestellt werden muss. Im Hinblick auf den –<br />
bezogen auf das gesamte Jahr – überschaubaren Betrag hält das Diakonische Werk<br />
der EKD ein pauschaliertes Verfahren für angemessen.<br />
Zu Nr. 6 (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c)<br />
Über den vorgesehenen „Nachweis von Zuwendungen i.S.d. § 10b“ wird die Möglichkeit<br />
eröffnet, dass die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die Art und<br />
Weise des Nachweises von Zuwendungen in Rechtsverordnungen regelt.<br />
Da nicht auszuschließen ist, dass der aus den zu erwartenden rechtlichen Bestimmungen<br />
resultierende Verwaltungsaufwand für die betroffenen gemeinnützigen Körperschaften<br />
unangemessen hoch ausfällt oder Vorgaben in Gestalt verwaltungsinterner<br />
Verwaltungsvorschriften erfolgen, spricht sich das Diakonische Werk der EKD<br />
dafür aus, das Verfahren und die Form des Nachweises bereits im anhängigen Gesetzgebungsverfahren<br />
zu klären.<br />
Das Diakonische Werk der EKD schlägt daher vor: Im Gesetzestext wird für Zuwendungsbestätigungen<br />
lediglich der Mindestinhalt vorgeschrieben (Name, Anschrift,<br />
satzungsmäßige Zwecke, Betrag und Tag der Zuwendung, Bezugnahme auf Rechtsgrundlage<br />
[Freistellungsbescheid], Datum, Unterschrift). Die Pflicht zum Abdruck der<br />
Spendenhaftungsklausel wird aufgehoben. Darüber hinaus sind die Organisationen<br />
bei der Gestaltung hinsichtlich Inhalt und Form frei.<br />
Mit einer solchen Vorgehensweise könnten und sollten Probleme, die in der Vergangenheit<br />
mit der Ausstellung von Spendenbescheinigungen auftraten, vermieden werden.<br />
So ist seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung<br />
von Stiftungen am 01. Juli 2000 die Verwendung von Zuwendungsbestätigungen<br />
nach amtlich verbindlichem Muster vorgeschrieben. Gem. § 50 Abs. 1 EStDV ist<br />
ihre Verwendung Voraussetzung für den Spendenabzug. In einem Schreiben vom<br />
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02. Juni 2000 hat das BMF (AZ IV C 5 – S 2223 – 568/00) umfassend zur Verwendung<br />
der amtlich vorgeschriebenen Vordruckmuster Stellung genommen. Danach<br />
sind Abweichungen nur in Bezug auf optische Hervorhebungen zulässig. Die Wortwahl<br />
und die Reihenfolge der in den amtlichen Vordrucken vorgeschriebenen Textpassagen<br />
sind zu übernehmen. Das führt dazu, dass die Finanzbehörden bei kleinsten<br />
Abweichungen die Zuwendung des Spenders nicht als Spende anerkennen müssen<br />
(z.B. bei ergänzenden Danksagungen!). Zudem gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen<br />
Mustern (getrennt nach Sach- und Geldzuweisungen und nach unterschiedlichen<br />
Empfängerkörperschaften).<br />
Artikel 2 Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung<br />
Zu Nr. 1 und Nr. 3 (§§ 48 und 49 EStDV)<br />
Das Diakonische Werk der EKD begrüßt die mit der Streichung einhergehende Zusammenführung<br />
der gemeinnützigen Zwecke und die daraus resultierende Verwaltungsvereinfachung.<br />
Zu Nr. 2 Buchstabe a (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStDV)<br />
Mit der Neuregelung, d.h. der Ersetzung der Formulierung „zur Linderung der Not“<br />
durch die Formulierung „zur Hilfe“, wird eine mehrfach erhobene Forderung des Diakonischen<br />
Werkes der EKD erfüllt und eine nachhaltige Hilfe in Katastrophenfällen<br />
erleichtert.<br />
Der Bundesrat fordert in diesem Zusammenhang, in Artikel 2 Nr. 2 Buchstabe a auch<br />
eine Änderung des § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStDV vorzunehmen (Ziffer 7 der <strong>Stellungnahme</strong><br />
des Bundesrates). Die vorgeschlagene Heraufsetzung der Betragsgrenze<br />
auf 200 Euro, bei der für Zuwendungen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder<br />
die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts ausreicht, wird eine erhebliche bürokratische<br />
Entlastung sowohl für die Spender als auch für spendensammelnde Organisationen<br />
mit sich bringen. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass auch die Bundesregierung<br />
in ihrer Gegenäußerung diesem Vorschlag des Bundesrates aufgeschlossen<br />
gegenübersteht.<br />
Artikel 3 Änderung des Körperschaftsteuergesetzes<br />
Zu Nr. 1 Buchstabe a (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG)<br />
Das Diakonische Werk der EKD begrüßt die Neuregelung (siehe unsere Anmerkungen<br />
zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a).<br />
Zu Nr. 1 Buchstabe c (§ 9 Abs. 3 Satz 3 KStG)<br />
Siehe hierzu unsere Anmerkungen zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe d.<br />
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Artikel 4 Änderung des Gewerbesteuergesetzes<br />
Zu Nr. 1 (§ 9 Nr. 5 GewStG)<br />
Siehe hierzu unsere Anmerkungen zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a und b.<br />
Artikel 5 Änderung der Abgabenordnung<br />
Zu Nr. 1 (§ 52 Abs. 2 AO)<br />
Das Diakonische Werk der EKD begrüßt die Zusammenführung der förderungswürdigen<br />
Zwecke in der Abgabenordnung. Es kann dabei die Forderung des Bundesrates<br />
(Ziffer 3 Buchstabe d aa der <strong>Stellungnahme</strong> des Bundesrates) und der Fraktion<br />
der FDP in ihrem Antrag (Bundestags-Drucksache 16/5410, S. 2, Abschnitt II, Ziffer<br />
2) nur unterstreichen, den Katalog der steuerbegünstigten Zwecke nicht als abschließenden<br />
vorzusehen, wie es die Bundesregierung befürwortet. Angesichts einer<br />
sich wandelnden Gestaltungspraxis und der vielfältigen Lebenssachverhalte ist es<br />
unumgänglich, den § 52 Abs. 2 AO n.F. nicht als abschließenden enumerativen Katalog<br />
zu fassen.<br />
Die Forderung des Bundesrates, die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements<br />
als gemeinnützigen Zweck in § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO zu streichen (Ziffer 3 Buchstabe<br />
d bb der <strong>Stellungnahme</strong> des Bundesrates), ist hingegen abzulehnen. Der unter § 52<br />
Abs. 2 Nr. 25 AO aufgeführte Zweck ist entgegen der Auffassung des Bundesrates<br />
nicht entbehrlich und versteht sich als eigenständiger Förderzweck, der nicht bereits<br />
in den übrigen Zwecken aufgeht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Problem<br />
der im Gemeinnützigkeitsrecht erforderlichen Unmittelbarkeit der Mittelverwendung.<br />
Gerade die Arbeit an Struktur- und Organisationsentwicklungen für bürgerschaftliches<br />
Engagement wird wegen fehlender Unmittelbarkeit der Mittelverwendung bislang<br />
nicht als gemeinnützig angesehen. Mit einer entsprechenden Erweiterung des<br />
Katalogs gemeinnütziger Zwecke würden zahlreiche Akteure der Engagementförderung<br />
endlich auch im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts anerkannt.<br />
Jedoch sollte die von der Bundesregierung vorgeschlagene Formulierung redaktionell<br />
überarbeitet werden, da sie die Praxis der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements<br />
nicht hinreichend berücksichtigt. So ist zum Beispiel die Förderung des<br />
Engagements in der Stadtteilarbeit nicht in jedem Fall den bestehenden gemeinnützigen,<br />
mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zuzuordnen, aber zugleich in ihrem umfassenden<br />
Ansatz für die Zivilgesellschaft in unserem Land unverzichtbar. Außerdem<br />
stellt die bisherige Formulierung auf eine objektive Prüfung aus ex-post-Sicht ab. Da<br />
im Einzelnen aber trefflich darüber gestritten werden kann, ob das bürgerschaftliche<br />
Engagement tatsächlich einem gemeinnützigen Zweck dient, ist es besser, auf die<br />
ex-ante-Sicht abzustellen. Zur Vermeidung von absehbaren Problemen bei einer<br />
praxisfernen Auslegung sollte § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO offener formuliert werden:<br />
§ 52 Abs. 2 Nr. 25 AO (neu):<br />
„25. die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, wenn es gemeinnützigen,<br />
mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient.“<br />
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Zu Nr. 4 (§ 64 Abs. 3 AO)<br />
Die inflationsadäquate Anhebung der Besteuerungsgrenzen von derzeit 30.678 Euro<br />
auf 35.000 Euro ist grundsätzlich zu begrüßen. Das Diakonische Werk der EKD unterstützt<br />
zugleich den Vorschlag des Bundesrates, die Besteuerungsgrenze auf<br />
40.000 Euro zu erhöhen (Ziffer 11 der <strong>Stellungnahme</strong> des Bundesrates). Dies erscheint<br />
aufgrund bereits eingetretener bzw. noch zu erwartender Preissteigerungen<br />
u.a. durch die Erhöhung der Umsatzsteuer zum 01. Januar 2007 sachgerecht.<br />
Artikel 7 Änderung des Umsatzsteuergesetzes<br />
Siehe unsere Ausführungen zu Artikel 5 Nr. 4.<br />
III. Ergänzungsvorschläge zur Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen<br />
gemeinnütziger Dienstleistungserbringung<br />
1. Zur zeitnahen Mittelverwendung<br />
a) Erweiterter Zeitraum<br />
Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung findet seinen Ausdruck darin, dass<br />
die Mittel spätestens im auf den Zufluss folgenden Wirtschaftsjahr verwendet<br />
werden müssen.<br />
Es hat sich gezeigt, dass dieser Zeitraum in vielen Fällen einer sinnvollen Mittelverwendung<br />
abträglich ist. Auch zur Abwendung eines aus dem Gebot der zeitnahen<br />
Mittelverwendung resultierenden Bestandsrisikos sollte dieser Zeitraum um<br />
ein Jahr verlängert werden.<br />
b) Angemessene Fristsetzung für die zeitnahe Mittelverwendung durch die Finanzverwaltung<br />
Hat eine Körperschaft Mittel angesammelt, ohne dass die Voraussetzungen des<br />
§ 58 Nr. 6 und 7 AO vorliegen, steht es – entsprechend der Vorschrift des<br />
§ 63 Abs. 4 AO – im Ermessen des Finanzamts, ihr eine Frist zur Verwendung der<br />
Mittel zu setzen.<br />
Werden zeitnah zu verwendende Mittel entgegen dem Grundsatz des § 55 Abs. 1<br />
Nr. 5 AO angesammelt, können gemeinnützige Organisationen oftmals nicht die<br />
Reaktion der Finanzverwaltung und damit die Folgen für die Gemeinnützigkeit abschätzen.<br />
Im schlimmsten Fall führt der Verstoß unmittelbar zum Verlust der Gemeinnützigkeit<br />
der Körperschaft, ohne dass das Finanzamt zuvor eine angemessene<br />
Frist zur Verwendung der Mittel gesetzt oder den Verlust der Gemeinnützigkeit<br />
zuvor angedroht hat. Erschwerend kommt die uneinheitliche Praxis der Finanzverwaltung<br />
in ähnlich gelagerten Fällen hinzu.<br />
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Um der bestehenden Unsicherheit auf Seiten der gemeinnützigen Körperschaften<br />
erfolgreich entgegenzuwirken und zugleich die Arbeit vieler ehrenamtlich Tätiger<br />
erheblich zu erleichtern, regen wir an:<br />
Verstößt eine gemeinnützige Körperschaft gegen den Grundsatz der zeitnahen<br />
Mittelverwendung, soll das Finanzamt ihr abweichend von der bisherigen Kann-<br />
Vorschrift des § 63 Abs. 4 AO stets eine angemessene Frist für die Verwendung<br />
der Mittel setzen. Für weitergehende Sanktionen ist ein transparenter, abgestufter<br />
Maßnahmenkatalog bis hin zum Verlust der Gemeinnützigkeit zu erstellen, der<br />
entweder über eine gesetzliche Regelung oder über ein BMF-Schreiben verbindliche<br />
Leitlinien für die Finanzverwaltung vorgibt.<br />
§ 63 Abs. 4 AO sollte wie folgt gefasst werden:<br />
„Hat eine Körperschaft Mittel gesammelt, ohne dass die Voraussetzungen des<br />
§ 58 Nr. 6 und 7 vorliegen, setzt das Finanzamt ihr eine Frist für die Verwendung<br />
dieser Mittel. Im Regelfall beträgt die Frist ein Jahr bis zum Ende des<br />
folgenden Kalenderjahrs.“<br />
c) Personalgestellung<br />
Regelungsbedarf ergibt sich auch im Kontext der Personalgestellung. So ist einerseits<br />
die Personalgestellung gemeinnütziger Einrichtungen an andere gemeinnützige<br />
Einrichtungen zur unmittelbaren Hilfe von Personen nicht gemeinnützigkeitsschädlich,<br />
wenn die Voraussetzungen des § 58 Nr. 3 AO erfüllt sind.<br />
Auch Schulungsaufgaben können unter § 58 Nr. 3 AO gefasst werden. Andererseits<br />
übernehmen Fachkräfte jedoch neben der unmittelbaren Hilfe für bestimmte<br />
Personengruppen und Schulungsaufgaben im Vorfeld der unmittelbaren Hilfeleistung<br />
weitere Tätigkeiten, die für die unmittelbare Hilfeleistung unerlässlich sind.<br />
So sieht § 39a Abs. 2 SGB V als Voraussetzung für die Förderung ambulanter<br />
Hospizdienste den Einsatz von Fachkräften vor, die „die Gewinnung, Schulung,<br />
Koordination und Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Personen, die für die<br />
Sterbebegleitung zur Verfügung stehen“, sicherstellen. Die einzelnen Tätigkeitsfelder<br />
der Koordinatoren lassen sich sinnvoll nicht trennen. Ähnliche Tätigkeitsmuster<br />
ergeben sich auch in anderen Bereichen.<br />
Im Rahmen der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts sollte deshalb sichergestellt<br />
werden, dass auch Vorleistungen für die unmittelbare Hilfe für bestimmte Personengruppen<br />
im Zusammenhang mit einer Personalgestellung gemeinnützigkeitsunschädlich<br />
sind.<br />
d) Einschränkung des Endowmentverbotes<br />
Der Katalog des § 58 AO, der die Ausnahmen vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung<br />
gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO aufzählt, enthält keine besondere Regelung,<br />
nach der die Bildung von Endowments für Stiftungen zulässig wäre.<br />
Nach der geltenden Fassung der Abgabenordnung ist die Zuwendung von verwendungspflichtigen<br />
Mitteln in das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten<br />
Körperschaft nicht möglich. Stiftungen können sich daher nicht selbst als Stifter<br />
betätigen. Steuerrechtlich möglich ist zwar die Dotation aus der im Rahmen des<br />
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§ 58 Nr. 7a AO gebildeten Rücklage sowie aus Vermögen nach § 58 Nr. 11 AO;<br />
dieser in der Praxis eingeschlagene Umweg scheitert aber oft an den Vorgaben<br />
des Stiftungsrechts zur dauerhaften Vermögenserhaltung, da die freie Rücklage<br />
in erster Linie inflationsbedingte Substanzverluste ausgleichen und die Effizienz<br />
der Stiftungen steigern soll. Mit der Aufhebung des Endowmentverbotes würde<br />
die Möglichkeit geschaffen, dass sich Stiftungen ohne Verstoß gegen den Grundsatz<br />
der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) als Stifter und Zustifter<br />
an anderen Stiftungen beteiligen und für besondere, satzungskonforme Zielsetzungen<br />
zum Aufbau des Stiftungskapitals junger Stiftungsinitiativen beitragen<br />
können. Beispielsweise könnten Endowments zur Errichtung von Stiftungslehrstühlen,<br />
zur Unterhaltung von Kulturgütern oder zur Gründung von Bildungseinrichtungen<br />
dienen.<br />
Um einem Missbrauch vorzubeugen, könnte die Möglichkeit der Kapitalausstattung<br />
anderer gemeinnütziger Organisationen auf bis zu 10 % des Einkommens<br />
der zuwendenden Stiftung beschränkt werden.<br />
Die Aufhebung des Endowmentverbotes wäre ohne jegliche Beeinträchtigung des<br />
Steueraufkommens zu verwirklichen, da es sich allein um eine Änderung der Finanzströme<br />
im gemeinnützigen Bereich handelt.<br />
§ 58 Nr. 2 AO sollte deshalb dahingehend geändert werden, dass die Weitergabe<br />
von zeitnah zu verwendenden Mitteln zur Kapitalausstattung einer anderen, ebenfalls<br />
steuerbegünstigten Körperschaft bis zu einer Höhe von 10 % des Einkommens<br />
der zuwendenden Stiftung steuerlich unschädlich ist.<br />
2. Unmittelbarkeit der gemeinnützigen Tätigkeitsverrichtung<br />
§ 57 Abs. 2 AO fingiert bei sogenannten Dach- oder Spitzenverbänden, die ihre<br />
gemeinnützigen Mitgliedskörperschaften fördern oder betreuen, die Unmittelbarkeit<br />
der Förderung. Laut Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 57<br />
Nr. 3 ist hierfür Voraussetzung, dass jede der Mitgliedskörperschaften des Dach-<br />
oder Spitzenverbandes sämtliche Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung<br />
erfüllt.<br />
Verfolgt der Dach- oder Spitzenverband selbst unmittelbar steuerbegünstigte<br />
Zwecke, ist die bloße Mitgliedschaft einer nicht steuerbegünstigten Mitgliedskörperschaft<br />
für die Steuerbegünstigung unschädlich. Der Dach- oder Spitzenverband<br />
darf diese aber nicht mit Rat und Tat fördern, z. B. durch Zuweisung von<br />
Mitteln oder Rechtsberatung (AEAO Zu § 57 Nr. 3 Satz 4).<br />
Dies hat zur Folge, dass der Dach- oder Spitzenverband seine Stellung als gemeinnützige<br />
Körperschaft verliert, wenn er auch die Mitgliedskörperschaften fördert,<br />
die nicht steuerbegünstigt sind, weil er dann nicht mehr selbstlos und ausschließlich<br />
gemeinnützig tätig ist. Um die Vergünstigung nicht zu gefährden, muss<br />
den nicht steuerbegünstigten Mitgliedskörperschaften damit die Förderung im<br />
Rahmen normaler Mitgliedschaftsrechte verwehrt bleiben, selbst wenn für die<br />
Förderung ausschließlich deren eigene Beitragsleistungen verwendet werden.<br />
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Klargestellt werden sollte, dass die „Rat- und Tatklausel“ in AEAO zu § 57 Nr. 3<br />
Satz 4 sich gegen eine Mittelfehlverwendung richtet, nicht aber gegen die Begründung<br />
normaler Mitgliedschaftsrechte und -pflichten.<br />
Das Diakonische Werk der EKD regt an, den § 57 der Abgabenordnung um<br />
folgenden Absatz 3 zu ergänzen:<br />
„Verfolgt eine Körperschaft selbst unmittelbar gemeinnützige Zwecke, so ist<br />
bei ihr die Mitgliedschaft auch nicht steuerbegünstigter Organisationen unschädlich,<br />
wenn zu deren Förderung nur deren eigene Beitragsleistungen<br />
verwendet werden.“<br />
Ähnlich problematisch gestaltet sich die Bildung tragfähiger Organisationsstrukturen,<br />
wenn gemeinnützige Körperschaften Aktivitäten auf Tochtergesellschaften<br />
auslagern. Auch hier sollte durch eine Neuformulierung von § 57 AO im Rahmen<br />
der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts der Aufbau tragfähiger Organisationsstrukturen<br />
ermöglicht werden, wenn die Muttergesellschaft im Innenverhältnis gegenüber<br />
ihren steuerbegünstigten Tochtergesellschaften organisatorische Aufgaben<br />
wie z.B. Verwaltung, Controlling oder Qualitätssicherung übernimmt.<br />
3. Zur Schaffung zukunftsfähiger Organisationsstrukturen<br />
Zur Schaffung zukunftsfähiger Organisationsstrukturen ist es sinnvoll, wenn sich<br />
mehrere gemeinnützige Körperschaften zusammenschließen. Gehen Grundstücke<br />
aus dem Vermögen einer übertragenden Körperschaft auf eine neue Körperschaft<br />
über, ist jedoch grundsätzlich Grunderwerbsteuer zu entrichten. Daraus resultieren<br />
Hemmnisse für entsprechende Zusammenschlüsse: Zum einen können<br />
Zusammenschlüsse hieran gänzlich scheitern. Zum anderen müssen mit einem<br />
hohen bürokratischen Aufwand verbundene intelligente Lösungsmöglichkeiten<br />
gegangen werden.<br />
Um derzeit bestehende Hemmnisse für die Schaffung zukunftsfähiger Organisationsstrukturen<br />
zu beseitigen, sollten Zusammenschlüsse gemeinnütziger Körperschaften<br />
erleichtert werden. Das Diakonische Werk der EKD schlägt deshalb – so<br />
im Ergebnis auch der Antrag der Fraktion DIE LINKE (Bundestags-Drucksache<br />
16/5245, S. 3, Abschnitt II, Ziffer 9 Buchstabe f) – eine Ergänzung von § 4 Grunderwerbsteuergesetz<br />
um folgende Nummer 10 vor:<br />
„10. der Übergang eines Grundstücks von einer gemeinnützigen Körperschaft<br />
auf eine andere gemeinnützige Körperschaft aufgrund einer Verschmelzung,<br />
Umwandlung oder Übertragung, soweit dieses nicht überwiegend einem wirtschaftlichen<br />
Geschäftsbetrieb dient.“<br />
IV. Ergänzungsvorschläge zum Umsatzsteuerrecht<br />
Bezogen auf das Umsatzsteuergesetz greift der Gesetzentwurf lediglich die – zu<br />
begrüßende – Erhöhung des Betrags zur Inanspruchnahme des Durchschnittssatzes<br />
auf 35.000 Euro (§ 23a UStG) auf.<br />
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Für wesentliche Probleme der Freien Wohlfahrtspflege im Zusammenhang mit<br />
der Erhebung der Umsatzsteuer sieht der Gesetzentwurf jedoch keine Lösungen<br />
vor. Diese Probleme resultieren zum einen aus der Weiterentwicklung sozialer<br />
Konzepte, die im Umsatzsteuergesetz keinen Niederschlag gefunden haben. Zum<br />
anderen ist die neugefasste Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November<br />
2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem zu berücksichtigen. Diese<br />
Neufassung enthält für die hier einschlägigen sozialen Dienstleistungen keine inhaltlichen<br />
Änderungen im Vergleich zu ihrer Vorläuferin, der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie<br />
(sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der<br />
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames<br />
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage),<br />
weshalb deren Vorgaben weiterhin aktuell bleiben. Nach wie vor sind die Vorgaben<br />
des europäischen Rechts nicht in deutsches Recht umgesetzt worden bzw.<br />
steht das deutsche Recht im Widerspruch zu den Inhalten der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie,<br />
nunmehr der Richtlinie 2006/112/EG.<br />
Dem Diakonischen Werk der EKD geht es nicht um eine weitere Privilegierung<br />
bestimmter Anbieter sozialer Dienstleistungen, sondern um eine sachgerechte<br />
wettbewerbsneutrale Besteuerung der Erbringung sozialer Dienstleistungen.<br />
Das Diakonische Werk der EKD sieht großen Handlungsbedarf im Bereich des<br />
Umsatzsteuerrechts. Detaillierte Ausführungen hierzu befinden sich in dem<br />
Schreiben des Vizepräsidenten des Diakonischen Werkes der EKD, Herrn Dr.<br />
Wolfgang Teske, an den Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen,<br />
Herrn Dr. Axel Nawrath, vom 08. Januar 2007, auf das hier Bezug genommen<br />
wird.<br />
V. Anregung zur Gewährleistung einer „europafesten“ Gemeinnützigkeitsreform<br />
Die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgte Absicht, die Zivilgesellschaft in<br />
<strong>Deutschland</strong> zu stärken, setzt sinnvollerweise im Steuerrecht an.<br />
Staatssubstituierendes Handeln der Akteure der Zivilgesellschaft, aber auch die<br />
Grundorientierung an der selbstlosen Förderung der Allgemeinheit durch ehrenamtlich<br />
tätige Bürger sowie die Akteure des Dritten Sektors und hier insbesondere<br />
die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und ihrer Mitglieder haben ihren<br />
Niederschlag im steuerrechtlichen System der „Gemeinnützigkeit“ gefunden.<br />
Gleichwohl erschöpft sie sich darin nicht.<br />
Nach dem Verständnis des Diakonischen Werkes der EKD handelt es sich beim<br />
Rechtsinstitut der „Gemeinnützigkeit“ um eine ordnungspolitische Größe der Zivilgesellschaft,<br />
die über die rein steuerliche Beschreibung eines Sachverhalts hinausreicht.<br />
Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht ist Ausdruck kultureller Identität<br />
im europäischen Kontext. Der kulturelle Wert gemeinnütziger Aufgabenerfüllung<br />
in der Gesellschaft der Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong> und damit auch im Mitgliedstaat<br />
<strong>Deutschland</strong> der Europäischen Union drückt sich auch in der derzeitigen<br />
Unterteilung der gemeinnützigen Aufgabenerfüllung in einen ideellen Teil, in den<br />
Teil des Zweckbetriebs und – im Rahmen des Nebenzweckprivilegs – den des<br />
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs aus.<br />
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Der Steuerbefreiung nach der Abgabenordnung und der ermäßigten Besteuerung<br />
gemeinnütziger Körperschaften im Umsatzsteuergesetz stehen – im Verhältnis zu<br />
gewerblichen Konkurrenten – das Verbot der freien Gewinnverwendung sowie die<br />
Gebote der zeitnahen Mittelverwendung und der gemeinnützigen Vermögensbindung<br />
gegenüber. Gemeinnützige Körperschaften der Freien Wohlfahrtspflege<br />
werden weiter im Wettbewerb unter Gemeinnützigen und Gewerblichen tätig, unterliegen<br />
jedoch einer Vielzahl normativer Vorgaben für ihr wirtschaftliches Tätigwerden,<br />
das mit der wirtschaftlichen Dienstleistungserbringung gewerblicher Träger<br />
nicht vergleichbar ist.<br />
Gleichwohl unterliegen sie nach der Rechtsauslegung der Europäischen Kommission<br />
und des den EG-Vertrag auslegenden Europäischen Gerichtshofs dem<br />
Regime des Beihilfenrechts nach Art. 80 ff. EG-Vertrag. Für die Annahme „wirtschaftlichen<br />
Handelns“ wird dabei allein auf „Wettbewerb“ abgestellt, wobei potentieller<br />
Wettbewerb ausreichen soll.<br />
Bei isolierter Betrachtung der Steuerbefreiung nach der Abgabenordnung bzw.<br />
dem ermäßigten Steuersatzes für gemeinnützige Körperschaften nach dem Umsatzsteuergesetz<br />
stellt sich allzu leicht der Eindruck einer einseitigen „Privilegierung“<br />
gemeinnütziger Träger ein, die wiederum Gefahr läuft, als rechtswidrige<br />
„Beihilfe“ im Sinne des EG-Vertrags eingeordnet zu werden.<br />
Dem ist entgegenzuhalten, dass „Gemeinnützigkeit“ im Mitgliedstaat <strong>Deutschland</strong><br />
ein Ausdruck kultureller Identität ist und damit eine ordnungspolitische Größe, die<br />
als Gesamtheit ein Gegenüber zum Beihilfenregime darstellt. Dies kommt auch<br />
darin zum Ausdruck, dass dem Mitgliedstaat <strong>Deutschland</strong> de lege lata die nationale<br />
Definitionsmacht der eigenen kulturellen Identität zukommt, wie sie auf europäischer<br />
Ebene im EG-Vertrag in Art. 151 verbürgt ist.<br />
Wer Gemeinnützigkeit weiter in der Bürgergesellschaft in <strong>Deutschland</strong> erhalten<br />
will, wird das Spannungsverhältnis dieses Rechts im Verhältnis auch zu den<br />
Wettbewerbsbestimmungen des EG-Vertrags klarstellen müssen.<br />
Es besteht anderenfalls die Gefahr, dass die vom vorliegenden Gesetzentwurf intendierte<br />
Absicht einer Verstärkung der facettenreichen gemeinnützigen Zivilgesellschaft<br />
in <strong>Deutschland</strong> an zentraler Stelle über das europäische Wettbewerbsrecht<br />
zunichte gemacht wird.<br />
Das Diakonische Werk der EKD regt daher an, dass die Bundesregierung an geeigneter<br />
Stelle auch die europarechtliche Dimension einbezieht und das Gemeinnützigkeitsrecht<br />
„europafest“ ausgestaltet. Beispielhaft möchten wir die Erörterung<br />
einer Freistellungsverordnung für soziale gemeinnützige Dienste erwähnen, zumal<br />
sich die gemeinnützigen sozialen Dienste nicht in den bekannten „Dienstleistungen<br />
von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ nach Art. 86 Abs. 2 EG-<br />
Vertrag erschöpfen.<br />
Der Gedanke, gemeinnützige Dienstleistungen nur als gemeinnützigkeitsbedingten<br />
„Mehraufwand“ anzusehen und lediglich als Ausgleichszahlung ersetzt zu bekommen<br />
– zur Auslegung durch die Europäische Kommission und den Europäischen<br />
Gerichtshof sei stellvertretend erinnert an die Kommissionsentscheidung<br />
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„Gemeinnützige Abfallverwertung Aachen“ (vom 16.09.1<strong>99</strong>7, Az. K (1<strong>99</strong>7) 2903))<br />
sowie an die EuGH-Urteile „Ambulanz Glöckner“ (vom 25.10.2001, Az. C-475/<strong>99</strong>)<br />
und „Altmark Trans“ (vom 24.07.2003, Az. C-280/00) – wird weder der oben beschriebenen<br />
Institution der Gemeinnützigkeit in <strong>Deutschland</strong> als Ganzer gerecht,<br />
noch ist das damit einhergehende Gebot einer Bezifferung des Mehraufwands<br />
leistbar.<br />
Am Beispiel der gemeinnützigen Familienferienstätten, die zwischenzeitlich als<br />
„Pilotfall“ für den gemeinnützigen Sektor eingestuft werden, verdeutlicht: Soll etwa<br />
die Aufnahme behinderter Menschen in Familienferienstätten und nicht in Hotels<br />
als ausgleichsfähiger „Nachteil“ qualifiziert werden?<br />
Das Anliegen des Diakonischen Werkes der EKD ist neben der Stärkung der Zivilgesellschaft<br />
in <strong>Deutschland</strong>, die mit dem vorliegenden Gesetz verfolgt wird, die<br />
Gewährleistung der damit verfolgten Verbesserungen gegenwärtig und in die Zukunft<br />
hinein. Das anhängige Gesetzgebungsverfahren vermag hier Impulse für einen<br />
nachhaltigen Schutz der Zivilgesellschaft zu geben.<br />
Stuttgart, 05.06.2007<br />
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