Intimes über den «liebeskanal» - Bebo® Gesundheitstraining
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<strong>Intimes</strong> <strong>über</strong> <strong>den</strong><br />
«Liebeskanal»<br />
Was ist dran an der Behauptung, die Vagina<br />
werde durch eine natürliche Geburt ausgeleiert,<br />
ja empfindungslos? Frauen, Männer und<br />
Fachleute berichten.<br />
36 wir eltern 6/08<br />
Schütze Deinen ‹Liebeskanal›, mach einen Kaiserschnitt!»,<br />
so werben in England und <strong>den</strong><br />
USA Befürworter der operativen Geburt. Auf<br />
Englisch tönts gar noch eine Spur knackiger:<br />
«Preserve your love channel, take a caesarean.» Der<br />
Hintergrund: Durch die Dehnung und die Strapazen<br />
einer natürlichen Geburt, so wird gemunkelt, würde<br />
die Vagina ausgeleiert und schlaff, weder die Frau<br />
selbst noch ihr Sexualpartner wür<strong>den</strong> beim Liebemachen<br />
je wieder gleich viel Lust empfin<strong>den</strong> können<br />
wie vorher. In <strong>den</strong> grösseren Städten Brasiliens, wo<br />
Erotik und Sexualität Teil der Alltagskultur sind,<br />
kommen nicht zuletzt aus Sorge um die Libido bereits<br />
bis zu 80 Prozent der Kinder mit Kaiserschnitt<br />
auf die Welt.<br />
Hierzulande wird <strong>über</strong> <strong>den</strong> Straffheitsgrad des<br />
«Liebeskanals» – zumindest öffentlich – noch kaum<br />
diskutiert. Höchstens in Internetforen, und dort, wie<br />
unschwer zu erraten ist, oft in vulgärer Sprache und<br />
mit kaum fundiertem Fachwissen. Trotzdem scheint<br />
das Thema manche Frauen zu beschäftigen, wie ein<br />
Leserbrief in wir eltern vom Januar 08 zeigt: «Stimmt<br />
es, dass das Gebären von Kindern die Scheide nachhaltig<br />
dehnt? Oder ist das ein Märchen?», fragt<br />
Cintia S. aus Zürich.<br />
«Da kommt mir gleich die Galle hoch», antwortet<br />
Eva Maria Welter, Schauspielerin, auf eine kleine<br />
Umfrage, von wir eltern zu diesem Thema. «Diese<br />
Hetze gegen alles Natürliche, vermutlich um indirekt<br />
Werbung für die Schulmedizin zu machen, stösst mir<br />
sauer auf.» Nie habe sie von <strong>den</strong> Müttern in ihrer<br />
näheren Umgebung gehört, sie hätten nach der Geburt<br />
weniger gefühlt. Sie selbst habe ihre 7- und 8jährigen<br />
Kinder normal geboren; die Vagina und der<br />
Spass beim Sex seien sehr schnell wieder wie vorher<br />
gewesen.<br />
«Syndrom des verlorenen Penis»<br />
Auch Claudia Eichholzer aus Zürich ärgert sich: «Ich<br />
finde es absurd, dass wir Frauen uns Gedanken dar<strong>über</strong><br />
machen müssen, ob es besser wäre, das Kind<br />
einfach rauszuschnei<strong>den</strong>, damit der Mann sich nicht<br />
klein vorkommt! Guten Tag Emanzipation...» Stephan<br />
H. aus Zürich gibt zu, sich Sorgen gemacht zu<br />
haben: «Meine Partnerin hat vor sechs Wochen vaginal<br />
einen Sohn geboren und vor Kurzem schliefen<br />
wir miteinander. Die anfänglichen Be<strong>den</strong>ken, ihre<br />
Scheide wäre ausgeleiert, sind unbegründet, es hat<br />
gut geklappt.»<br />
Und was meinen Leute, die sich aus Berufsgrün<strong>den</strong><br />
mit dem weiblichen Unterleib befassen? «Die<br />
Vagina einer Frau ist nach einer normalen Geburt<br />
weniger eng als vorher», sagt Judith Krucker, Leiterin<br />
des Beckenbo<strong>den</strong>-<strong>Gesundheitstraining</strong>s (Bebo).<br />
Auch der Zürcher Uro-Gynäkologe PD Dr. Daniele<br />
Perucchini bestätigt: «Wenn ich eine Frau gynäkologisch<br />
untersuche, sehe ich häufig, ob sie bereits Kinder<br />
geboren hat oder nicht. Die Schei<strong>den</strong>öffnung ist<br />
dann ein bis zwei Zentimeter, vereinzelt auch deutlich<br />
grösser.»<br />
Wenig erstaunlich. Schliesslich muss sich das Vaginalgewebe<br />
und der darum liegende Beckenbo<strong>den</strong>muskel<br />
während der letzten Phase der Geburt um das<br />
3,5-Fache dehnen. Danach regeneriert sich der Ge-
urtskanal wieder. Perucchini: «Es ist ein Wunder, wie<br />
gut das funktioniert.» Die allermeisten Frauen hätten<br />
nach der Geburt keine Probleme. «Auch nicht mit der<br />
Sexualität», betont er.<br />
Es könne aber vorkommen, dass sich die Muskeln<br />
kaum erholen. Die Frauen fühlen sich dann «unten<br />
weit wie eine Turnhalle», spüren beim Geschlechtsverkehr<br />
<strong>den</strong> Penis kaum mehr, die Sexualpartner erfahren<br />
keine befriedigende genitale Stimulation. Das Phänomen<br />
hat einen Namen: «Lost Penis Syndrom», in der<br />
Online-Enzyklopädie Wikipedia gibts bereits einen<br />
Eintrag.<br />
Gründe für das «Syndrom des verlorenen Penis»<br />
können eine <strong>über</strong>durchschnittlich lange, schwierige Geburt<br />
sein – oder auch eine sehr schnelle.Wie gut sich der<br />
Geburts- beziehungsweise Liebeskanal erholt, ist genetisch<br />
bedingt, hängt aber auch vom Alter der Gebären<strong>den</strong><br />
ab. «Eine 20-jährige Frau hat selbstverständlich<br />
elastischeres Gewebe als eine 40-jährige», so Perucchini.<br />
Jugendlichkeitswahn im Intimbereich<br />
Abhilfe gibt es. Beckenbo<strong>den</strong>training heisst das Zauberwort.<br />
«Der Beckenbo<strong>den</strong> ist ein mehrschichtiger<br />
Muskel, der trainiert wer<strong>den</strong> kann wie jeder andere<br />
Muskel auch», sagt Judith Krucker von Bebo-<strong>Gesundheitstraining</strong>.<br />
Sechs Wochen nach der Geburt soll mit<br />
Rückbildungsgymnastik begonnen wer<strong>den</strong>. Das empfiehlt<br />
auch Dr. Perucchini, <strong>den</strong>n eine schlechte Beckenbo<strong>den</strong>muskulatur<br />
kann, besonders im fortgeschrittenen<br />
Alter, gesundheitliche Probleme zur Folge haben:<br />
Blasen- und Gebärmuttersenkungen, unfreiwilliger<br />
Harn- oder Stuhlabgang. Zudem erhöht das Spiel mit<br />
dem Beckenbo<strong>den</strong>, dem Kraft-, Lust- und Liebesort im<br />
weiblichen Körper, auch <strong>den</strong> sexuellen Genuss.<br />
Wer weder Kosten noch Mühe scheut und auch keine<br />
Angst vor etwelchen Komplikationen hat, kann heutzutage<br />
seine Vagina selbstverständlich auch chirurgisch<br />
verengen oder verjüngen lassen. Die besten Spezialisten<br />
auf dem Gebiet der «Designer Vaginas» gibt es in Kalifornien;<br />
Schamlippenkorrektur, Jungfernhäutchen-Renovation,<br />
G-Spot-Vergrösserung – alles scheint möglich.<br />
Auch hierzulande soll es eine Nachfrage nach solchen<br />
Behandlungen geben. «Vor allem Brasilianerinnen<br />
verlangen Vaginalverengungen», so Dr. Perrucchini.<br />
Diesem Jugendlichkeitswahn steht Perucchini kritisch<br />
gegen<strong>über</strong>: «Nähe und Lei<strong>den</strong>schaft haben sicher<br />
nicht nur mit einer engen Vagina zu tun», so der Gynäkologe.<br />
Und Kollege Prof. Dr. Daniel Surbek vom Inselspital<br />
Bern ergänzt: «Ein grosser Teil der Sexualität spielt<br />
sich im Kopf ab und nicht im Unterleib.»<br />
Veronica Bonilla Gurzeler<br />
Bücher und Infos<br />
Judith Krucker, Marita Seleger: Bebo Training belebt<br />
<strong>den</strong> Alltag, Fr. 29.80, ISBN 978-3-033-01338-4<br />
Benita Cantieni, Karin Altpeter-Weiss:<br />
Rückbildungsgymnastik, Fr. 30.90,<br />
ISBN: 3517081868<br />
www.beckenbo<strong>den</strong>.com, www.cantienica.com