Das Gegenteil von Aufschwatzen - Sascha Bartnitzki - IPT ...
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verkauf KUNDENGESPRÄCHE<br />
32<br />
„Dem Kunden<br />
muss gesagt<br />
werden, wie<br />
gut er sich<br />
fühlt ...“<br />
Sigmund Freundorfer<br />
ist gelernter Einzelhandelskaufmann,<br />
war Leiter der Ausbildungsakademie<br />
beim<br />
Modehändler Wöhrl<br />
und arbeitet jetzt<br />
als selbstständiger<br />
Trainer.<br />
Der Handel 10|2011<br />
EXPERTENTIPPS<br />
<strong>Das</strong> <strong>Gegenteil</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>Aufschwatzen</strong><br />
Was braucht der Verkäufer <strong>von</strong> heute? Warenkenntnisse allein reichen nicht mehr.<br />
Es geht um Emotionen, Einfühlungsvermögen – und einen authentischen Auftritt.<br />
Vier Trainer geben Expertentipps.
UWenn ein Verkäufer seine<br />
Kunden mit dem Satz begrüßt,<br />
„Kann ich Ihnen helfen?“,<br />
hat er gleich am Anfang einiges<br />
falsch gemacht. Denn die meisten<br />
Verbraucher werden auf diese geschlossene<br />
Frage meist ein abweisendes<br />
„Nein“ antworten – damit<br />
hat der Mitarbeiter auf der Fläche<br />
kaum noch eine Chance, mit dem<br />
Kunden ins Gespräch zu kommen.<br />
„Verkaufen ist mehr als Ware gegen<br />
Geld tau schen“, lautet ein<br />
Kernsatz des Trainers Sigmund<br />
Freundorfer. Wer im stationären<br />
FOTOS: ALEXANDER HEIMANN, PRIVAT<br />
Handel erfolgreich verkaufen will,<br />
hat es heutzutage mit einer aufgeklärten<br />
und selbstbewussten<br />
Kundschaft zu tun. Diese Klientel<br />
verlangt nach Verkaufspersonal<br />
auf Augenhöhe, mit viel Selbstbewusstsein,<br />
Entscheidungsfreiheit –<br />
und psychologischem Geschick.<br />
Was die neue Generation <strong>von</strong> Verkäufern<br />
noch beherrschen muss,<br />
sagen vier Verkaufstrainer exklusiv<br />
in Der Handel.<br />
SIGMUND FREUNDORFER<br />
„Kunden zuhören,<br />
Kunden verstehen“<br />
Verkäufer brauchen ein exzellentes<br />
Fachwissen. Denn die Kunden<br />
wissen heute über Ware mehr Bescheid<br />
als in der Vergangenheit.<br />
Dann ist es wichtig, dass der<br />
Kunde spürt, dass der Verkäufer<br />
ein sympathischer Mensch ist. <strong>Das</strong><br />
gelingt, indem man als Mitarbeiter<br />
deutlich macht, dass man sich darüber<br />
freut, wenn jemand ins Geschäft<br />
kommt.<br />
Dem Kunden muss gesagt werden,<br />
wie gut er sich fühlt, wenn er<br />
dieses oder jenes Produkt besitzt.<br />
<strong>Das</strong> ist das <strong>Gegenteil</strong> <strong>von</strong> <strong>Aufschwatzen</strong>.<br />
Ich predige immer in<br />
meinen Kursen für Verkäufer: Hört<br />
auf, den Kunden etwas einzureden,<br />
was er gar nicht braucht. Hört<br />
auf, einfach nur um des Redens<br />
willen dem Kunden ein Gespräch<br />
aufzunötigen. Stattdessen: Hören<br />
Sie den Kunden zu! Dringen Sie<br />
gedanklich in ihn ein! Nehmen Sie<br />
sich Zeit für ihn!<br />
Wer gut verkaufen will, muss<br />
sich auch in den unterschiedlichen<br />
Kundentypen auskennen. Manche<br />
Verbraucher mögen überhaupt<br />
keine Ansprache und wollen in<br />
Ruhe gelassen werden. Andere<br />
Kunden wiederum schätzen es,<br />
wenn sie Komplimente bekommen.<br />
Da braucht man viel Fingerspitzengefühl.<br />
Einkaufen im Geschäft muss ein<br />
Erlebnis sein – und damit ein Gegensatz<br />
zum Onlineshopping. Diesen<br />
Anspruch erfüllt ein Verkäufer<br />
aber nur, wenn ihm seine Arbeit<br />
Freude bereitet. Er muss das Ge-<br />
fühl haben, dass das Verkaufen als<br />
Königsdisziplin des Einzelhandels<br />
wertgeschätzt wird. Wer mit Menschen<br />
nicht umgehen kann, darf<br />
nicht im Verkauf arbeiten. Deswegen<br />
sollten auch Geschäftsinhaber<br />
bei ihrer Mitarbeitereinstellung<br />
darauf achten, dass sie nur diejenigen<br />
für den Verkauf gewinnen, die<br />
nach außen gut wirken. Und sie<br />
sollten ihren Verkäufer nicht zwingen,<br />
sich zu verstellen. Nur Authentizität<br />
wird vom Kunden goutiert.<br />
Wer Anderen etwas vorgaukeln<br />
will, der entwickelt keine<br />
Fantasie.<br />
HEINZ NÖTGES<br />
„Mit Provisionen<br />
motivieren“<br />
Für ein Fachgeschäft gilt: Eine<br />
Vollzeitkraft verkauft immer besser<br />
als Mitarbeiter in Teil-<br />
zeit oder Aushilfen. Nur<br />
wer seinen Lebensunterhalt<br />
mit Verkaufen verdient,<br />
baut Motivation<br />
auf, sich persönlich zu<br />
entwickeln und mit den<br />
Kunden dauerhaft zusammenzuarbeiten.<br />
Es ist für<br />
mich deswegen unbedingt<br />
erforderlich, dass das Verkaufspersonal<br />
nach einem<br />
Provisionssystem bezahlt<br />
wird. Der Mitarbeiter<br />
muss für seine guten Leistungen<br />
belohnt werden.<br />
So ein System haben<br />
wir bei einem großen<br />
deutschen Einzelhandelsunternehmen<br />
getestet. 50<br />
Prozent des Gehalts war<br />
fix, die andere Hälfte erfolgsabhängig.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis:<br />
Die Vollzeitkräfte<br />
schafften Umsatzsteigerungen <strong>von</strong><br />
bis zu 400 Prozent. Bei den Teilzeitkräften<br />
wiederum entfaltete<br />
die Aussicht auf Sonderzahlungen<br />
<strong>von</strong> bis zu 10 Prozent des Umsatzes<br />
überhaupt keine Wirkung. So ein<br />
Provisionssystem verlangt allerdings<br />
nach einer guten Ausbildung<br />
der Mitarbeiter – und insbesondere<br />
deren Führungskräften. Denn<br />
mit Verkäufern verhält es sich wie<br />
„Der Verkäufer<br />
muss für seine<br />
guten Leistungen<br />
belohnt<br />
werden.“<br />
Heinz Nötges<br />
ist gelernterTextilkaufmann<br />
und betreibt<br />
heute eine Beratungsfirma<br />
für Kommunikation<br />
und Unternehmensstrategie.<br />
Der Handel 10|2011<br />
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verkauf KUNDENGESPRÄCHE<br />
34<br />
„Der Verkäufer<br />
muss auf<br />
der Fläche<br />
präsent sein ...“<br />
<strong>Sascha</strong> <strong>Bartnitzki</strong><br />
war früher Verkäufer,<br />
heute arbeitet er als<br />
Trainer und Buchautor.<br />
mit Sportlern: Beide müssen regelmäßig<br />
trainiert werden – nicht nur<br />
einmal im Jahr. Ich plädiere sogar<br />
dafür, das Verkaufspersonal alle<br />
zwei Wochen ein bis zwei Tage zu<br />
schulen.<br />
SASCHA BARTNITZKI<br />
„Verkaufen,<br />
nicht nur beraten“<br />
Die Kunden <strong>von</strong> heute sind zum<br />
Teil nur darauf aus, in den Geschäften<br />
über Preise zu verhandeln.<br />
Dieser Gier nach Schnäppchen<br />
sind die meisten Verkäufer<br />
kaum gewachsen, zudem fehlt es<br />
den Mitarbeitern häufig an Willen<br />
und Mut, Abschlüsse zu tätigen.<br />
Für einen Verkäufer geht es um aktive<br />
Kundenansprache – aber im<br />
Alltag wird hier oft der erste Fehler<br />
gemacht, wenn nur geschlossene<br />
Fragen gestellt werden, auf<br />
die der Verbraucher lediglich mit<br />
Ja oder Nein zu antworten<br />
braucht. Zu 99 Prozent wird man<br />
im Einzelhandel angesprochen mit<br />
der Standardfloskel „Kann ich Ihnen<br />
helfen?“ Oder, noch schlimmer:<br />
„Sie kommen alleine klar?“<br />
So könnte ein Weinhändler beispielsweise<br />
fragen: „Für welches<br />
Essen suchen Sie einen Wein?“<br />
Der Verkäufer muss auf der Fläche<br />
präsent sein und sich nicht verstecken.<br />
Ein Kellner sollte ja auch<br />
Der Handel 10|2011<br />
beim Abräumen eines Tisches die<br />
anderen Gäste im Auge behalten.<br />
Viele Verkaufsmitarbeiter haben<br />
Angst, den Kunden anzusprechen,<br />
weil sie fürchten, dabei etwas<br />
falsch zu machen. Gerade wer Verkaufen<br />
nicht richtig gelernt hat,<br />
entwickelt eine solche Angst.<br />
Viele Mitarbeiter sehen sich leider<br />
auch mehr als Produktberater<br />
denn als Verkäufer. Wenn ich aber<br />
nur berate, dann schaffe ich keine<br />
Zusatzverkäufe. Beraten heißt<br />
Präsentieren – aber das ist kein aktives<br />
Verkaufen, bei dem der Mitarbeiter<br />
immer im Hinterkopf haben<br />
muss, einen Abschluss zu tätigen.<br />
Ein Kunde braucht nicht<br />
sämtliche Inhaltsstoffe eines Produktes<br />
vorgebetet bekommen. Er<br />
muss vielmehr dafür begeistert<br />
werden, neue Produkte zu kaufen.<br />
ALEXANDER VERWEYEN<br />
„Mehr Handlungskompetenz“<br />
Der Verkäufer muss dem Kunden<br />
einen Mehrwert bieten als Belohung<br />
für seinen Kauf. Die Beratung<br />
reicht nicht, denn diese findet<br />
ja vor dem Kaufabschluss statt.<br />
Ein Kunde muss belohnt werden,<br />
etwa durch eine Zusatzgarantie<br />
oder die Installation des Geräts bei<br />
ihm zu Hause. Wenn das nicht angeboten<br />
werden kann, dann muss<br />
der Kunde emotional berührt werden.<br />
Für das Verkaufspersonal<br />
geht es darum, sympathisch und<br />
vertrauenswürdig herüberzukommen.<br />
Doch es gibt immer weniger<br />
Kunden, die auf so etwas ansprechen.<br />
Deswegen braucht es abschlussstarke<br />
Verkäufer mit Verhandlungs-<br />
und Preisgestaltungskompetenz.<br />
Wer für jede<br />
Zugabe oder Serviceleistung<br />
Genehmigungen bei<br />
seinem Vorgesetzten einholen<br />
muss, hat schon<br />
verloren. Wichtig ist auch,<br />
dass der Verkäufer sich<br />
ungestört mit dem Kunden<br />
beschäftigen kann –<br />
erst recht, wenn es um<br />
emotionale Produkte wie<br />
teures Parfüm oder hochwertige<br />
Uhren geht. Nur<br />
in einer solchen Atmosphäre<br />
kann sich der Verkäufer<br />
gut auf den Kunden<br />
einlassen, ihn mit Namen<br />
ansprechen und eine differenzierteBedarfsanalyse<br />
erstellen – um ihm ein<br />
auf seine Wünsche zugeschnittenes<br />
Produkt anzubieten.<br />
Dieses hohe Anforderungsprofil<br />
ver lanϖgt eine Aufwertung des<br />
Verkäuferberufs.<br />
AUFGEZEICHNET VON<br />
STEFFEN GERTH P<br />
„Sympathie<br />
und Vertrauen<br />
ausstrahlen.“<br />
Alexander Verweyen<br />
ist Diplom-Betriebswirt<br />
und Geschäftsführer<br />
des Beratungsunternehmens<br />
Business Consults.<br />
FOTOS: ALEXANDER HEIMANN, PRIVAT