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Bedienbarkeit/Benutzbarkeit - auf Matthias-Draeger.info

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Vorlesung "Anwendungssysteme"<br />

<strong>Bedienbarkeit</strong>/<strong>Benutzbarkeit</strong><br />

Prof. Dr. Lutz Prechelt<br />

Freie Universität Berlin, Institut für Informatik<br />

http://www.inf.fu-berlin.de/inst/ag-se/<br />

• Begriff "<strong>Benutzbarkeit</strong>"<br />

• Entwicklungsprinzipien<br />

• Direkter Kontakt zu Benutzern<br />

• <strong>Benutzbarkeit</strong>stesten<br />

• Iterativer Entwurf<br />

• Integrierter Entwurf<br />

• Fallstudie zur Verwendung der<br />

Prinzipien<br />

• Ratschläge an Organisationen<br />

• Ergebnisse von<br />

<strong>Benutzbarkeit</strong>sprüfungen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 1 / 37


Aspekte von Technikgestaltung<br />

• Technische Zweckmäßigkeit:<br />

• extern sichtbar: Plattformanforderungen, Installierbarkeit,<br />

L<strong>auf</strong>zeiteffizienz, Speichereffizienz, Funktionalität, Flexibilität<br />

• intern: geringer Konstruktions<strong>auf</strong>wand, gute Wartbarkeit,<br />

Wiederverwendbarkeit, etc.<br />

• Wünschbarkeit:<br />

• Gewährleistung allgemeiner passiver Anforderungen<br />

• z.B. Sicherheit, Verlässlichkeit, evtl. Schutz der Privatsphäre<br />

• Gestaltung gemäß spezifischer Wirkungs-Wünsche<br />

• z.B. Vermeidung negativer Wirkungen wie soziale Isolation, Monotonisierung<br />

von Arbeit, Erzeugung von Stress etc.<br />

• Die Forderung nach guter <strong>Benutzbarkeit</strong> liegt an der Schnittstelle<br />

dieser zwei Bereiche<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 2 / 37


<strong>Benutzbarkeit</strong><br />

• <strong>Benutzbarkeit</strong> bedeutet, dass eine Software ihre Benutzer/innen<br />

gut dabei unterstützt, die gewünschten Arbeitsgänge zu erledigen<br />

• Verständlichkeit<br />

• Erlernbarkeit<br />

• <strong>Bedienbarkeit</strong><br />

• <strong>Benutzbarkeit</strong> ist ein Teilaspekt von Brauchbarkeit<br />

• Brauchbarkeit fordert z.B. zusätzlich, dass überhaupt die "richtigen"<br />

Anforderungen realisiert sind<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 3 / 37


<strong>Benutzbarkeit</strong> und Konstruktionsprozess<br />

• Gute <strong>Benutzbarkeit</strong> kann nur erzielt werden, wenn ein geeigneter<br />

Software-Entwicklungsprozess verfolgt wird<br />

• Insbesondere im Bereich der Benutzungsschnittstelle<br />

(user interface, UI)<br />

• Das Vorgehen dafür ist im Prinzip bekannt,<br />

wird aber in der Praxis verblüffend selten eingehalten<br />

• Wir betrachten nun zuerst eine Fallstudie über diesen Effekt<br />

• "Warum wird so selten ein geeigneter Prozess durchgeführt?"<br />

• und betrachten anschließend einige Elemente dieses Prozesses<br />

genauer<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 4 / 37


Entwicklungsprinzipien<br />

für gute <strong>Benutzbarkeit</strong><br />

1. Direkter Kontakt zu Benutzer/inne/n<br />

2. Frühes und fortl<strong>auf</strong>endes <strong>Benutzbarkeit</strong>stesten<br />

3. Iterativer Entwurf<br />

4. Integrierter Entwurf<br />

• Diese Liste stammt von Gould und Lewis<br />

• J.D. Gould, C.H. Lewis: "Designing for usability: Key principles and<br />

what designers think",<br />

Proc. CHI'83 Conf. on Human Factors in Computing Systems,<br />

pp.50–83, ACM, 1983<br />

• Es gibt aber diverse ähnliche andere<br />

• Sehen wir uns kurz die Beschreibungen und Begründungen an:<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 5 / 37


1. Direkter Kontakt zu Benutzern<br />

Beschreibung:<br />

• Entwerfer brauchen von Anfang an direkten Kontakt zu<br />

Endbenutzer/inne/n<br />

• z.B. mittels Interviews, Beobachtung, Umfragen,<br />

direkter Partizipation im Arbeitsprozess<br />

Begründung:<br />

• Nur so können sie deren relevante Eigenarten verstehen:<br />

• Denkgewohnheiten und -fertigkeiten, Verhalten, Einstellungen<br />

• sowie die Eigenschaften der Aufgaben,<br />

die die Benutzer/innen erledigen sollen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 6 / 37


2. Frühes und fortl<strong>auf</strong>endes<br />

<strong>Benutzbarkeit</strong>stesten<br />

Beschreibung:<br />

• Echte Benutzer/innen verwenden die Software<br />

• oder Prototypen der SW<br />

• Die Entwickler/innen beobachten dies und holen Feedback ein<br />

• Beide entwickeln Verbesserungsvorschläge evtl. gemeinsam<br />

Begründung:<br />

• Liefert die besten Einsichten in Probleme und Lösungen<br />

• Liefert gute Motivation, die Software nochmal umzubauen<br />

• Kein anderer Ansatz zum Entwurf gut benutzbarer Software<br />

funktioniert zufrieden stellend<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 7 / 37


3. Iterativer Entwurf<br />

Beschreibung:<br />

• Die Entwicklung durchläuft viele Zyklen von Entwicklung,<br />

<strong>Benutzbarkeit</strong>stest, Bewertung, Entwurfsänderung<br />

Begründung:<br />

• Die <strong>Benutzbarkeit</strong>sprobleme kommen nur nach und nach zum<br />

Vorschein<br />

• ein Problem verdeckt oft viele andere, bis es beseitigt wird<br />

• Korrekturen können neue Probleme hervorrufen<br />

• und tun dies auch sehr oft<br />

Entwicklung<br />

Entwurfsänderung<br />

<strong>Benutzbarkeit</strong>stest<br />

Bewertung<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 8 / 37


4. Integrierter Entwurf<br />

Beschreibung:<br />

• Alle <strong>Benutzbarkeit</strong>s-Aspekte müssen zeitlich parallel und inhaltlich<br />

gemeinsam (in einer Hand) entwickelt werden<br />

• Benutzungsschnittstelle, Lehreinheiten, Hilfesystem/Dokumentation<br />

Begründung:<br />

• Andernfalls würden viele Lösungen den Endbenutzern nie wirklich<br />

zugute kommen<br />

• weil sie erläuterungsbedürftig sind ( Dokumentation)<br />

• Andernfalls werden viele Probleme übersehen (z.B. Erlernbarkeit)<br />

• Andernfalls können viele Probleme nicht adäquat gelöst werden<br />

• z.B. kann ein <strong>Benutzbarkeit</strong>sproblem evtl. nicht in der SW gelöst<br />

werden, aber mit einem geeigneten Training abgemildert<br />

• dafür muss die Erkenntnis aus <strong>Benutzbarkeit</strong>stests zu den Autor/inn/en<br />

der Trainings übermittelt werden.<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 9 / 37


Akzeptanz<br />

und Verwendung der Prinzipien<br />

• Auf Befragen stufen erfahrene Entwickler/innen diese Prinzipien<br />

meist als "offensichtlich" ein<br />

• Tatsächlich werden sie aber nur sehr unvollständig angewandt:<br />

• Wenig direkte Einbindung von Benutzer/inne/n<br />

• Selten werden mehrere Iterationen vorgesehen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 10 / 37


Gründe für die Nichtverwendung<br />

• Entwickler/innen glauben, Benutzer/innen wüssten nicht was sie<br />

brauchen<br />

• Stimmt oft anfangs,<br />

• löst sich aber mit einem Prototyp schnell<br />

• Entwickler/innen glauben, dass sich Entwurfsprobleme durch<br />

Überlegen lösen lassen<br />

• Kann gelegentlich gelingen, aber meist übersieht man etwas<br />

• Entwickler/innen glauben, die richtige Lösung <strong>auf</strong> Anhieb finden zu<br />

können<br />

• Kann gelegentlich gelingen, aber meist übersieht man etwas<br />

• Entwickler/innen verweisen <strong>auf</strong> Halsstarrigkeit von Benutzer/inne/n<br />

• Stimmt manchmal anfangs,<br />

• wird aber durch echte Zusammenarbeit meist <strong>auf</strong>gebrochen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 11 / 37


Fallstudie: Poltrock und Grudin<br />

• Steven E. Poltrock, Jonathan Grudin:<br />

"Organisational obstacles to interface design and development:<br />

Two participant observer studies",<br />

ACM Transactions on Computer-Human Interaction 1(1):52–80,<br />

March 1994<br />

• reprinted in Computers and Controversy (2nd ed.) as<br />

"Interface development in a large organization:<br />

An observational study"<br />

Jonathan Grudin<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 12 / 37


Kontext und Methode<br />

• Große Softwarefirma<br />

• Entwicklungseinheit mit 70 Personen<br />

• Baut neue Version eines wichtigen, international vertriebenen<br />

Produkts<br />

• Forscher wurde für 1 Monat Mitglied einer UI-Gruppe<br />

• nahm an der Entwicklung teil<br />

• interviewte 25 Personen innerhalb und außerhalb der Gruppe<br />

User Interface<br />

(Bedienschnittstelle,<br />

Benutzungsschnittstelle)<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 13 / 37


Entwicklungsgeschichte<br />

des Softwareprodukts<br />

• Ein CAD-Programm<br />

• Ursprünglich eine Hochschulentwicklung<br />

• Seit 5 Jahren erfolgreich am Markt<br />

• Fortentwicklung wurde allmählich<br />

immer schwieriger<br />

• vor längerem war schon einmal ein<br />

Projekt zur kompletten Neuentwicklung<br />

begonnen worden, wurde aber nach<br />

1 Jahr abgebrochen<br />

• 2 Jahre Schwanken zwischen Neuentwickeln und Weiterpflegen<br />

• Dringlichkeit wurde deutlich, Personalausstattung erhöht<br />

• einige Verbesserungen erzielt, aber keine langfristige Lösung<br />

• Hoher Grad von Entscheidungsunfähigkeit:<br />

• Rücknahme von Entscheidungen aus Marketinggründen,<br />

• mehrfache Reorganisationen und Personalkürzungen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 14 / 37


Entwicklungsgeschichte:<br />

Der Super-Entwerfer<br />

• Dann wurde ein "Superentwerfer" ins Team gebracht:<br />

• aus der Supportgruppe eines anderen Standorts<br />

• hervorragende technische Fähigkeiten<br />

• hatte Erfahrung mit der Anpassung des Produkts für einen großen<br />

Kunden; viel Kontakt mit Manager/inne/n und Endbenutzer/inne/n<br />

• Er überzeugte einen Vizepräsidenten davon, binnen 1 Jahr eine<br />

sehr gute neue Version bauen zu können<br />

• hatte eine klare Vision<br />

• begann, sich einfach Mitarbeiter/innen zu suchen und ohne<br />

Zustimmung ihrer Manager/innen Aufgaben zu geben<br />

• täglicher Abgleich von Fortschritt und Problemen<br />

• volle Rückendeckung vom Vizepräsidenten half gegen die Beschwerden<br />

• Ergebnis: Sehr erfolgreiche neue Version entwickelt<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 15 / 37


Entwicklungsgeschichte: Fortgang<br />

• Dieses Verfahren wurde jedoch nicht <strong>auf</strong>recht erhalten<br />

• Zustand bei Beginn der Studie:<br />

• Der Vizepräsident war weg<br />

• Der Superentwerfer ging gerade weg<br />

• Neueingestellte Manager hatten Fokus <strong>auf</strong> Standard-<br />

Entwicklungspraktiken mit maximaler Überwachung des Entwurfs und<br />

viel Koordination<br />

• bewerteten Zuverlässigkeits- und Planungsziele höher als Innovation<br />

• Neues Team zur Entwicklung der Benutzungsschnittstelle<br />

• Keine Produktbenutzer/innen unter den Entwickler/inne/n<br />

• Auch keine Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Kund/inn/en<br />

• Keine Möglichkeit zur Einbeziehung von Endbenutzer/inne/n<br />

• Keine <strong>Benutzbarkeit</strong>stests waren geplant<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 16 / 37


Organisationsstruktur<br />

• ungefähr so<br />

vorgefunden<br />

• mit gewissen<br />

Abweichungen<br />

• Prinzip 4<br />

(integrierte<br />

Entwicklung) ist<br />

direkt verletzt!<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 17 / 37


Theorie der<br />

UI-Entwicklung dieser Organisation<br />

• Marketingabteilung arbeitet mit Vertriebsabteilung ("sales") und<br />

Kunden, um die Marktanforderungen zu verstehen.<br />

• Außerdem mit Kundendienst ("field support")<br />

• Entwurfsabteilung ("designers") empfängt diese und arbeitet mit<br />

Kunden, um die technischen Details der Anforderungen zu<br />

verstehen<br />

• Entwicklung ("development") bekommt eine komplette, aber<br />

abstrakte Funktionsspezifikation von Design<br />

Schlechte Idee!<br />

• entwickelt konkrete UI-Spezifikation (dann: Begutachtung, Bau)<br />

• muss nicht selbst mit Endbenutzer/inne/n arbeiten<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 18 / 37


Praxis der UI-Entwicklung<br />

• Wahrnehmung der Insassen: "The general consensus is<br />

that our Marketing group is next to worthless"<br />

• Aussage eines Endbenutzers<br />

• ein Entwickler traf ihn <strong>auf</strong> einer Messe<br />

• "Wie ihr über Produktfeatures entscheidet ist wirklich eine Schande:<br />

Ich kann nur mit Marketing reden.<br />

Marketing versteht nicht, was ich will.<br />

Design versteht nicht, was Marketing <strong>auf</strong>geschrieben hat.<br />

Dann kriegt es Entwicklung, weiß nicht, was es bedeuten soll,<br />

weiß nicht, wo es herkommt,<br />

und kann mich nicht kontaktieren, um zu fragen."<br />

• Die Entwickler/innen versuchen das Problem zu umgehen:<br />

• Sie reden mit dem Kundendienst (Entwurfsdurchsichten etc.)<br />

• Leider wurde der dann in die Marketing-Abteilung verlagert und die<br />

sperrte diese Interaktionen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 19 / 37


Problem 1: Rollenkonflikt für Marketing<br />

• Die Aufgabe der Marketingabteilung ist es, zu definieren, was<br />

gebraucht wird, um das Produkt zu verk<strong>auf</strong>en<br />

• Dazu reden Sie unter anderem mit Kunden<br />

• Aber meist mit den Entscheider/inne/n, nicht mit den Benutzer/inne/n<br />

• Das ist jedoch weitaus zu grob, um eine im Detail nützliche<br />

Systemgestaltung vorzugeben<br />

• von gut benutzbar ganz zu schweigen<br />

• zumal weder das Personal von Marketing noch die Entscheider/innen<br />

bei den Kunden viel von UI-Gestaltung verstehen<br />

• Genaue Funktionsdefinition erfordert also separate<br />

Kommunikationskanäle<br />

• erst recht UI-Definition<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 20 / 37


Problem 2: Kein Kontakt<br />

zwischen Entwicklung und Benutzern<br />

• Marketingabteilung über Entwicklungsabteilung:<br />

• "Die Entwicklung kann keine benutzerfreundliche Software bauen, denn<br />

die wissen gar nicht, was ein Benutzer ist."<br />

• Entwicklungsabteilung über Designabteilung:<br />

• "Sie geben uns eine Lösung vor und sagen nicht, was eigentlich das<br />

Problem ist."<br />

• Entwicklungsabteilung über Kontakte zu Kundendienst:<br />

• "Gerade vorhin habe ich mit einem über ein Feature gesprochen; was<br />

er denkt, wie das aussehen sollte. Jetzt weiß ich, dass ich alles<br />

wegwerfen und von vorn anfangen muss."<br />

• Lösungsversuche der Entwicklungsabteilung:<br />

• Unterhielt <strong>info</strong>rmelle Kontakte zu Kunden<br />

• aber meist wiederum nur zu Entscheider/inne/n<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 21 / 37


Folgen<br />

für die Anwendung der 4 Prinzipien<br />

1. Direkter Kontakt zu Benutzern<br />

• Fehlt. Das ist das Ausgangsproblem<br />

2. Frühes und fortl<strong>auf</strong>endes <strong>Benutzbarkeit</strong>stesten<br />

• Ist folglich allenfalls mit unechten Benutzer/inne/n möglich<br />

3. Iterativer Entwurf<br />

• Ist nur mäßig nützlich, da man kein qualifiziertes Feedback hat<br />

4. Integrierter Entwurf<br />

• Wird von der Organisationsstruktur extrem erschwert<br />

• Diskussion siehe nächste Folien<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 22 / 37


Frühes<br />

und fortl<strong>auf</strong>endes <strong>Benutzbarkeit</strong>stesten<br />

• Entwicklungsabteilung präsentierte ihre Benutzungsschnittstelle vor<br />

Vertreter/inne/n der anderen Abteilungen<br />

• Problem: "Unqualifizierte Leute machen einen H<strong>auf</strong>en Kommentare<br />

über alles mögliche, das ihnen gerade dazu einfällt."<br />

• "Wenn man ein Architekturmodell vorstellt, hat kaum jemand dazu was<br />

zu sagen. Aber wenn man Bildschirmentwürfe zeigt, bekommt man so<br />

viele Meinungen wie Leute im Raum sind."<br />

• Am nützlichsten war noch, als zwei Mitarbeiter/innen des<br />

Kundendienstes das Produkt so ausprobierten, wie sie glaubten,<br />

dass Endbenutzer/innen es verwenden würden<br />

• (Sie fanden dabei außerdem mehr Defekte als die Qualitätssicherung<br />

es tat)<br />

• Dies war aber kein Bestandteil des regulären Entwicklungsprozesses<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 23 / 37


Integrierter Entwurf<br />

• Diese Organisation hatte eine lange Tradition der getrennten<br />

Entwicklung von HW, SW, Dokumentation und Training<br />

• Die ganze Kommunikation sollte eigentlich über Spezifikationen<br />

statt finden<br />

• Das ist für Benutzungsschnittstellen jedoch sehr schwierig:<br />

"Man kann nicht in Worten ausdrücken, was man vorhat, wenn man ein<br />

bestimmtes UI entwirft. Man kann zwar eine Spezifikation davon<br />

<strong>auf</strong>schreiben, aber keiner weiß, ob die richtig ist, bevor er sie benutzt<br />

hat."<br />

• Diese Organisationsform erzeugt auch Widerstände gegen<br />

Iterationen<br />

• oder führt dazu, dass Dokumentation und Lehrmaterial erst sehr spät<br />

erstellt werden<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 24 / 37


Lösungsvorschläge eines Entwicklers<br />

• Rolle von Marketing:<br />

• "Marketing sollte eine Richtung vorgeben; Gebiete die zu verbessern<br />

sind. Und dann ein paar Kunden nennen, mit denen wir direkt<br />

zusammen arbeiten können."<br />

• Art und Rolle von Benutzerkontakt:<br />

• "Es wäre gut, wenn jede Entwickler ein paar Stunden pro Jahr direkt<br />

zugucken könnte, wie Endbenutzer die SW verwenden.<br />

Nur zugucken. Sehen, was der Benutzer tut, und<br />

hören, wo und was er grummelt."<br />

• "Man muss zuerst mal verstehen, was Benutzer überhaupt erreichen<br />

wollen. Wie sie es angehen, ihren Tag strukturieren.<br />

Mit einem solchen Überblick bekommt man auch Ideen, wie man ihnen<br />

am besten helfen kann."<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 25 / 37


Ratschläge an Softwareorganisationen<br />

• Trage den Mitarbeitern möglichst nur Dinge <strong>auf</strong>, die sie gut können<br />

• Viele Tätigkeiten können nur von einem Team mit verschiedenen Rollen<br />

bewältigt werden<br />

• Sie einer Person zuzuweisen führt zu schlechten Ergebnissen und zu<br />

Reibungsverlusten<br />

• Sorge für kurze Kommunikationspfade<br />

• Sorge für eine zentrale Entscheidungsinstanz<br />

• Hindere die Mitarbeiter/innen nicht, das zu tun, was nötig ist!<br />

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Ende der Fallstudie<br />

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Ergebnisse von <strong>Benutzbarkeit</strong>sprüfungen<br />

Fallen überwiegend in vier Kategorien:<br />

• Defekte:<br />

• Eine Funktion tut eindeutig etwas anderes als vorgesehen<br />

• Funktionslücken:<br />

• Eine eindeutig benötigte Funktionalität ist gar nicht vorhanden<br />

• Verständnisprobleme:<br />

• Lernproblem: Das Konzept einer Funktion oder Bedienweise ist<br />

schwierig zu erfassen<br />

• Benutzungsproblem: Eine Darstellung ist auch für geübte Benutzer oft<br />

mehrdeutig und provoziert Fehler; eine Eingabeweise provoziert Fehler<br />

• Bedienschwierigkeiten:<br />

• Eine Funktion ist zu umständlich zu benutzen<br />

• Eine Bedienweise provoziert Fehler<br />

• (Die Zuordnung kann mehrdeutig sein)<br />

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Ergebnisse: Beispiel<br />

<strong>Benutzbarkeit</strong>sprüfung eines<br />

Web-Ladens für Gartenartikel<br />

http://ucs.ist.psu.edu,<br />

Case study "Garden-com"<br />

Bereich: Produktkatalog<br />

• Defekte, Funktionslücken: --<br />

• Verständnisprobleme (Erlernen):<br />

• Mehrdeutigkeit zwischen "Community" und "Meine Sachen"<br />

• Benutzer verwenden nicht Link "Varianten" wenn ein angezeigtes<br />

Produkt ihnen nicht direkt passt<br />

• Verständnisprobleme (Benutzen):<br />

• Man sucht oft im falschen Teil des Produktbaums<br />

• Kategorienamen im Baum sind anders als dann angezeigt<br />

• Sinnarme Kategorienamen (z.B. "Geschenke")<br />

• Bedienschwierigkeiten: --<br />

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Beispiel-Ergebnisse: Suchfunktion<br />

Bereich: Suchfunktion<br />

• Defekte: --<br />

• Funktionslücken: --<br />

• Verständnisprobleme (Erlernen):<br />

• Wenn ein Suchfilter angewendet wurde, wird das nicht direkt angezeigt<br />

• Verständnisprobleme (Benutzen):<br />

• Es ist unklar, was die Suchfunktion alles abdeckt<br />

• Suche verlangt oft ganz bestimmten Suchbegriff; zu unflexibel<br />

• Bedienschwierigkeiten:<br />

• Benutzer geben oft falsch geschriebene Suchbegriffe ein (und merken<br />

dann evtl. nicht, dass das der Grund für leere Suchergebnisse ist)<br />

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Beispiel-Ergebnisse: Eink<strong>auf</strong>skorb<br />

Bereich: Eink<strong>auf</strong>skorb-Funktion ("Schubkarre")<br />

• Defekte:<br />

• Anfänglich ist als Menge für einen Artikel immer "0" gewählt<br />

• Benutzer können Artikeleigenschaften (z.B. Größe) <strong>auf</strong> unmögliche<br />

Werte ändern<br />

• Funktionslücken: --<br />

• Verständnisprobleme (Erlernen):<br />

• Benutzer finden die Eink<strong>auf</strong>skorb-Funktion oft nicht<br />

• Benutzer finden die Funktion "Entferne Artikel" nicht und<br />

löschen statt dessen die ganze Bestellung<br />

• Verständnisprobleme (Benutzen):<br />

• Die Auswahl eines Stoffes wird immer mit "Kissen-Bezugsstoff"<br />

abgefragt, auch wenn der Artikel gar keine Kissen hat<br />

• Bedienschwierigkeiten: --<br />

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Beispiel-Ergebnisse: Bezahlen<br />

Bereich: Bezahl-Funktion<br />

• Defekte: --<br />

• Funktionslücken: --<br />

• Wenn ein Benutzer versehentlich seine Bestellung löscht, gibt es keinen<br />

Weg, sie zurück zu bekommen<br />

• Verständnisprobleme (Erlernen):<br />

• Benutzer klicken oft ohne Wirkung <strong>auf</strong> Kreditkarten-Symbol<br />

• Verständnisprobleme (Benutzen): --<br />

• Bedienschwierigkeiten: --<br />

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Beispiel-Ergebnisse: Hilfesystem<br />

Bereich: Online-Hilfesystem<br />

• Defekte: --<br />

• Funktionslücken: --<br />

• Es gibt kein Hilfesystem, obwohl Benutzer eines erwarten und<br />

es auch brauchen.<br />

• Verständnisprobleme (Erlernen): --<br />

• Verständnisprobleme (Benutzen): --<br />

• Bedienschwierigkeiten: --<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 33 / 37


Beispiel-Ergebnisse: Sonstiges<br />

Bereich: Sonstiges<br />

• Defekte: --<br />

• Funktionslücken: --<br />

• Verständnisprobleme (Erlernen): --<br />

• Verständnisprobleme (Benutzen):<br />

• Der Farbunterschied zwischen neuen und bereits benutzten Links ist zu<br />

gering<br />

• Bedienschwierigkeiten:<br />

• Es ist umständlich und schwierig, einen Artikel zu finden/zu bestellen,<br />

der außerhalb des Eink<strong>auf</strong>sbereichs erwähnt wird<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 34 / 37


Zusammenfassung<br />

• Software mit guter <strong>Benutzbarkeit</strong> zu bauen verlangt<br />

• direkten Kontakt zu Benutzern sowie<br />

• iterative Entwicklung mit fortl<strong>auf</strong>enden <strong>Benutzbarkeit</strong>sprüfungen<br />

• Leider ist das in konkreten SW-Organisationen<br />

oft schwer zu gewährleisten<br />

• Die Ergebnisse von <strong>Benutzbarkeit</strong>sprüfungen<br />

fallen in diverse Kategorien und<br />

geben gute Hinweise für Verbesserungen<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 35 / 37


Literatur<br />

• Usability Body of Knowledge<br />

• http://www.usabilitybok.org<br />

• Gute und sehr übersichtliche Erläuterung der wichtigen Konzepte:<br />

• Erhebungs- und Evaluationsmethoden<br />

• Entwurfsprinzipien<br />

• Organisations- und Fortbildungsfragen<br />

• verwandte Wissensgebiete, Institutionen<br />

• Enthält weitere Literaturverweise<br />

Lutz Prechelt, prechelt@inf.fu-berlin.de [12] 36 / 37


Danke!<br />

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