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Bemerkungen zu den Deutschen Unitariern - Unitarisch ...

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Der lange Weg vom Unitas-Arier <strong>zu</strong>m Unitarier -<br />

<strong>Bemerkungen</strong> <strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong>.<br />

MMag. Ali Gronner.<br />

1. Vorbemerkung.<br />

In Zeiten des Internets stößt man schon einmal auf Seiten mit wenig schönen Aussagen über<br />

die <strong>Deutschen</strong> Unitarier Religionsgemeinschaft (DUR). Sie wer<strong>den</strong> als verkappte Nazis,<br />

getarnte Nazi-Sekte, Vorfeldorganisation des Rechtsextremismus u.ä. bezeichnet. Dies wird<br />

auch noch mit vielen biographischen Daten belegt. Die DUR ist ins Fa<strong>den</strong>kreuz der Antifa<br />

geraten, und zwar schon seit <strong>den</strong> späten 1980er-Jahren..<br />

Das fährt ins Gebein. Unitarier mit ihrem Eintreten für Toleranz und Freiheit als Neonazis?<br />

Wie ist so etwas möglich? Das ist ja ein krasser Widerspruch! Man ist verunsichert und weiß<br />

nicht, was man davon halten soll. Meistens wendet man sich dann an mich mit der Bitte um<br />

Aufklärung.<br />

Das ist mit ein Grund für diese Zeilen. Ich möchte <strong>zu</strong> diesen Fragen Stellung beziehen, die<br />

immer wieder an mich als österreichischen Unitarier speziell in meiner Eigenschaft als deren<br />

Vorsitzender herangetragen wer<strong>den</strong>.<br />

Ich <strong>den</strong>ke, daß ich einige Vorausset<strong>zu</strong>ngen für dieses Unterfangen aufweise: ich habe mir die<br />

letzten Jahrgänge der unitarischen blätter, wichtige Nummern der unitarischen hefte, die<br />

offizielle Selbstdarstellung der DUR Was glauben sie eigentlich? Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier –<br />

eine freie Religionsgemeinschaft und sonst noch einiges mehr an Literatur angesehen und im<br />

Internet recherchiert. Darüber hinaus habe ich als teilnehmender Beobachter (hier spricht der<br />

Ethnologe in mir) an zwei Unitariertagen teilgenommen und dabei mannigfache Kontakte <strong>zu</strong><br />

deutschen Unitarier/inne/n gehabt. Detto gab es <strong>zu</strong>sätzliche Kontake mit Repräsentant/inn/en<br />

der DUR bei internationalen UU-Treffen (Oberwesel, Kolozsvar, Rolduc). Ich glaube sagen<br />

<strong>zu</strong> können, daß mich mit einigen von ihnen schon fast freundschaftliche Beziehungen<br />

verbin<strong>den</strong>.


Noch eine persönliche Vorbemerkung: Das Thema Nationalsozialismus ist für mich<br />

emotional besetzt – in mehrfacher Hinsicht. Ich komme aus einer altösterreichischen Familie,<br />

die der Habsburgermonarchie treu gedient hat. Der Erzfeind des Vielvölkerstaates war der<br />

Deutschnationalismus. Meine Verwandten (alles Beamte und Lehrer) wur<strong>den</strong> 1938 beim<br />

Anschluß suspendiert, mein Großvater im KZ ermordet, meine Großmutter – eine<br />

konservative Legitimistin – hat sich während der Nazizeit der KPÖ angeschlossen und in<br />

unserer Wohnung die Rote Fahne gelagert. Kurz vor ihrer Verhaftung durch die GESTAPO<br />

hat sie nach einem Selbstmordversuch das III.Reich nur deshalb überlebt, weil sie an der<br />

Kippe <strong>zu</strong>m Sterben im Spital lag und der Nazispuk endlich <strong>zu</strong> Ende ging. Meine<br />

jugoslawischen Onkeln haben als Partisanen gegen die deutschen Okkupanten gekämpft. In<br />

meiner Verwandtschaft gab es nur ein braunes Schaf, meinen Großonkel. Alle Anderen haben<br />

das Jahr 1945 tatsächlich als Befreiung von einem Albtraum empfun<strong>den</strong> und nicht als<br />

Zusammenbruch wie so viele Deutsche und Österreicher/innen.<br />

Später habe ich lange Jahre der radikalen Linken angehört, ich war Trotzkist, und die<br />

Tradition des antifaschistischen Kampfes war auch hier Teil meines Selbstverständnisses. So<br />

sind gewissermaßen zwei sehr unterschiedliche Ströme erbitterter Feindschaft <strong>zu</strong>m<br />

Nationalsozialismus in meiner Brust <strong>zu</strong>sammengeflossen.<br />

Als im Jahr 1988 die politischen Akademien der damals vier Parlamentsparteien gemeinsam<br />

ein großes Symposion aus Anlaß des ´Be<strong>den</strong>kjahres` - 50 Jahre nach dem ´Anschluß` in der<br />

Hofburg durchführten, habe ich bei der einleiten<strong>den</strong> Pressekonferenz als Vertreter der Grünen<br />

Bildungswerkstatt einen Satz gesagt, der im Fernsehen gezeigt und in der Presse bis hin <strong>zu</strong>m<br />

Spiegel zitiert wurde: „Der 13.März 1938 war der rabenschwärzeste Tag in der 1000jährigen<br />

Geschichte Österreichs“. Dieses Wort von mir wurde wohl deshalb so aufgegriffen, weil es<br />

vollkommen authentisch war. Es entspricht <strong>zu</strong>tiefst meiner Überzeugung.<br />

Rassismus und Nationalismus sind für mich heute, im beginnen<strong>den</strong> 21.Jahrhundert, die<br />

Ideologie des dummen Mannes (und selbstverständlich auch der dummen Frau). Der<br />

Rassismus war immer <strong>zu</strong>tiefst inhuman und menschenverachtend. Der Nationalismus war<br />

historisch manchmal – und ist es in manchen Situationen bei unterdrückten Völkern auch<br />

heute noch - mit emanzipatorischen Aspekten verbun<strong>den</strong>. (Deshalb versucht Andreas Mölzer,


der Chefideologe des rechten FPÖ-Flügels, immer wieder, ´national` mit 1848 <strong>zu</strong> verbin<strong>den</strong><br />

und deshalb fällt es militant antichristlichen bis antireligiösen Rechten so leicht, in <strong>den</strong> Chor<br />

demokratischer Frei<strong>den</strong>ker ein<strong>zu</strong>stimmen und dort anerkannt <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>). Ist der<br />

Nationalismus erst an der Macht, schlägt er leicht und meist auch rasch in Chauvinismus um<br />

und legt – wie Franz Grillparzer.der große österreichische Literat und Liberale – es so treffend<br />

formuliert hat, in forschem Tempo <strong>den</strong> Weg <strong>zu</strong>rück von Humanität durch Nationalität <strong>zu</strong>r<br />

Bestialität. Im Europa des 20.Jhdts wurde dieser Weg in vollem Umfang <strong>zu</strong>rückgelegt.<br />

Speziell in Deutschland und Österreich kann sich daher niemand mehr mit unschuldigem<br />

Gewissen auf <strong>den</strong> Nationalismus berufen. Aber freilich, eine Ideologie, die es dem<br />

dümmsten, moralisch verkommensten Subjekt ermöglicht, sich qua Abstammung über andere<br />

erhaben <strong>zu</strong> fühlen, wird immer ihre Anhänger/innen fin<strong>den</strong>.<br />

Trotz dieser meiner Haltung habe ich gelernt, mit Menschen <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>arbeiten und <strong>zu</strong><br />

verkehren, die aus dem sogenannten nationalen Lager kamen. Ich war neun Jahre lang im<br />

Vorstand des Clubs unabhängiger Liberaler tätig, der von Personen gegründet wurde, die<br />

1986 bei der Machtübernahme Haiders die FPÖ verlassen haben und bin 1996 nach reiflicher<br />

Überlegung der Einladung von Gerulf Stix, dem ehemaligen 3.Nationalratspräsi<strong>den</strong>ten,<br />

gefolgt und habe vor dem Freiheitlichen Akademikerverband in Innsbruck ein Referat über<br />

das Verhältnis von Staat und Kirche gehalten. Ich habe keine Berührungsängste vor Leuten<br />

mit diesem ideologischen Hintergrund.<br />

Aber nun genug der persönlichen <strong>Bemerkungen</strong> <strong>zu</strong> diesem Thema. Wen<strong>den</strong> wir uns wieder<br />

<strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> <strong>zu</strong>.<br />

2. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier – näher betrachtet.<br />

Die gute Nachricht <strong>zu</strong>erst: die <strong>Deutschen</strong> Unitarier sind keine Alt- oder Neonazis, weder<br />

getarnt noch offen. Sie bekennen sich <strong>zu</strong> <strong>den</strong> drei Grundhaltungen, die Earl Morse Wilbur<br />

als kennzeichnend für alle die liberal-religiösen Strömungen genannt hat, die er als unitarisch<br />

<strong>zu</strong>sammenfaßt:<br />

- vollständige geistige Freiheit in religiösen Belangen;<br />

- uneingeschränkter Gebrauch der Vernunft im religiösen Bereich;<br />

- weitgehende Toleranz gegenüber <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en religiösen Ansichten und Praktiken.


Sie sind als Organisation seit 1969 assoziiertes, seit 1975 Vollmitglied der International<br />

Association for Religious Freedom (IARF) und wur<strong>den</strong> 1995 Gründungsmitglied des<br />

International Council of Unitarians and Universalists (ICUU).<br />

In der Kasseler Erklärung, verabschiedet am 10.Juni 2011, heißt es: „Wir <strong>Deutschen</strong> Unitarier<br />

bekennen uns selbstverständlich <strong>zu</strong>r Demokratie und <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Menschenrechten, wie sie in der<br />

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind...In unserer unitarischen<br />

Gemeinschaft ist kein Platz für antidemokratische, extremistische und<br />

neofaschistische Ideologien. Da es auch heute noch vereinzelt <strong>zu</strong> Mißverständnissen kommt,<br />

möchten wir mit dieser Erklärung unmißverständlich darlegen, wo und wofür wir stehen.“<br />

Ich möchte bekräftigend hin<strong>zu</strong>fügen, daß in <strong>den</strong> oben genannten Jahrgängen 2009, 2010 und<br />

2011 der unitarischen blätter nichts <strong>zu</strong> fin<strong>den</strong> war, das irgendwie rassistische oder<br />

nazistische Anklänge gehabt hätte. Auch ist mir bei keiner der deutsch-unitarischen<br />

Veranstaltungen, an <strong>den</strong>en ich teilgenommen habe irgendetwas in diese Richtung<br />

aufgefallen. 1 Ich möchte betonen, daß ich wunderbare Menschen unter <strong>den</strong> Deutsch-<br />

<strong>Unitariern</strong> kennen und schätzen gelernt habe wie etwa Antje Paul, eine großartige<br />

Organisatorin von ausgeprägter Hilfsbereitschaft und internationaler Gesinnung, Wolfgang<br />

Jantz, ein alter 68er und die Verkörperung internationalen Engagements in der DUR,<br />

Dorothea Kaufmann, die es wunderbar versteht, Feierstun<strong>den</strong> von spiritueller Intensität <strong>zu</strong><br />

gestalten, Berthild von Gizycki, eine ungemein sensitive und Zusammenhänge verstehende<br />

Frau, Martin Grünewald, einen modernen aufgeschlossenen Reformer, Florian Bartsch, der<br />

Kreativkopf der DUR....um nur einige <strong>zu</strong> nennen.<br />

2.1. Die Unitas der <strong>Deutschen</strong> Unitarier.<br />

Werfen wir einen Blick auf die inhaltlichen Positionen der DUR.<br />

Entgegen <strong>den</strong> oft wiederholten Beteuerungen der Vielfalt innerhalb der deutsch-unitarischen<br />

Reihen wirken sie bei näherem Ansehen erstaunlich einheitlich. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier<br />

1 Das einzige Seltsame war eine Bemerkung einer sehr alten Deutsch-Unitarierin, die in einer Arbeitsgruppe<br />

plötzlich einen grimmigen Gesichtsausdruck bekam und sinngemäß sagte ´Wer die Weimarer Republik nicht<br />

kannte weiß ja nicht, wie abstoßend und fürchterlich diese war`. Das hat mich durchgerüttelt, <strong>den</strong>n wie mies<br />

auch die Weimarer Republik gewesen sein mag, verglichen mit dem, was dann kam, war sie das reinste<br />

Paradies.. Den Namen der Dame kenne ich nicht.


ekennen sich <strong>zu</strong>m Pantheismus. So heißt es in <strong>den</strong> Grundgedanken: „Wir glauben, daß alles,<br />

was ist, eine Ganzheit bildet. Ihre vielfältigen Erscheinungsformen sind eingebun<strong>den</strong> in einen<br />

allumfassen<strong>den</strong> Zusammenhang. Wir erleben uns als Teil dieses Zusammenhangs, der uns<br />

trägt und auf <strong>den</strong> wir Einfluß nehmen. In uns und um uns erfahren wir die gleichen<br />

schöpferischen Kräfte, die viele als göttlich erleben. Sie wirken im Großen wie im Kleinen<br />

und sind immer gegenwärtig, auch wenn wir sie nicht jederzeit wahrnehmen.“ 2 Im<br />

Kommentar <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Grundgedanken wird der Gedanke weiter entwickelt: „Glauben erwächst<br />

aus Erleben und Denken. Was ihn auslöst, kann verschie<strong>den</strong> sein: Beim einen ist es ein<br />

Ergriffensein....beim anderen ist es mehr eine Einsicht der Vernunft...Beides führt uns auf das<br />

schon angesprochene ´Lebensganze`, das jetzt genauer erfaßt wird als die Ganzheit von allem,<br />

was ist. Nach diesem Glauben gibt es nichts, was aus dieser Ganzheit herausfällt,<br />

insbesondere kein Gegenüber von ´Gott` und ´Welt`. Wir rücken damit ab von der<br />

verbreiteten dualistischen Deutung der Wirklichkeit, die <strong>zu</strong> einer verhängnisvollen<br />

Entheiligung des ´Irdischen` geführt hat und als Folge <strong>zu</strong> dessen hemmungsloser Ausbeutung.<br />

Der Glaube an diesen allumfassen<strong>den</strong> Zusammenhang beruht darauf, daß wir überall die<br />

gleichen schöpferischen Kräfte spüren, im Großen wie im Kleinen, in uns und um uns. Sie<br />

äußern sich verschie<strong>den</strong>: im Aufbauen und Zerstören, in Natur und Kultur, im Gegenüber und<br />

im eigenen Innern. Gleichwohl empfin<strong>den</strong> wir diese Kräfte in all ihrer unübersehbaren<br />

Vielfalt als letztlich eins.<br />

Wer von Gott spricht, meint nach unserem Verständnis dieses Eine, das so schwer <strong>zu</strong> fassen<br />

ist.“ 3<br />

Dieses pantheistische Konzept ist das religiöse Kernelement des deutsch-unitarischen<br />

Glaubens. Würde es ersatzlos gestrichen, wüßte man nicht wirklich, warum man von der<br />

DUR als Religionsgemeinschaft sprechen sollte. Die DUR bezeichnet ihren Glauben auch als<br />

ganzheitlich, was sonst unter <strong>Unitariern</strong> unüblich ist. 4 Inhaltlich soll hier nicht auf<br />

pantheistische Positionen eingegangen wer<strong>den</strong>. 5 Pantheistische Ansätze fin<strong>den</strong> sich bereits bei<br />

Miguel Serveto in seiner Christianismi Restitutio, bei Ralph Waldo Emerson und anderen<br />

amerikanischen Transzen<strong>den</strong>talisten sowie bei christlichen Mystikern des Mittelalters und bei<br />

2 Zitiert nach: Was glauben sie eigentlich? Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier – eine freie Religionsgemeinschaft.Hamburg<br />

2000 p.24; künftig zitiert als GLAUBEN.<br />

3 GLAUBEN p.31f<br />

4 Nur die <strong>Unitarisch</strong>e Kirche in Berlin verwendet diesen Terminus als Teil der Selbstbezeichnung.<br />

5 Auf die Gefahren, die holistische Denkansätze für die offene Gesellschaft bedeuten und <strong>den</strong> ihnen<br />

innewohnen<strong>den</strong> Drang <strong>zu</strong> autoritären Konsequenzen hat Karl Popper ausreichend hingewiesen.


Goethe – um auch noch deutsche Wurzeln bei<strong>zu</strong>bringen. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier stehen hier<br />

also durchaus in einem unitarischen Traditionsstrang, was aber unerheblich ist. Ihre Position<br />

wäre selbstverständlich legitim, auch wenn sie sie selbst erfun<strong>den</strong> hätten. Von dieser Position<br />

her läßt sich auch eine starke spirituelle Kraft entfalten, wie die von Dorothea Kaufmann<br />

gestalteten Feierstun<strong>den</strong> eindrucksvoll beweisen.<br />

Dieses pantheistische Konzept der unitas ist <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> sehr wichtig. Es prägt<br />

ihr Selbstverständnis bis ins tiefste Innere, ja sie interpretieren heute sogar <strong>den</strong><br />

<strong>Unitariern</strong>amen in diesem Sinn. Im Unitarierheft der Landesgemeinde Schleswig-Holstein<br />

wird es folgendermaßen formuliert: „Das lateinische Wort ´Unitas` bedeutet Einheit. Was<br />

heißt das für unsere Religionsgemeinschaft?<br />

Die traditionellen christlichen Kirchen betrachten Gott als Dreieinigkeit...Daran änderte sich<br />

durch die Reformation nichts...Es gab aber bereits in dieser Zeit Kritiker, die das vorgegebene<br />

dreigeteilte Gottesbild ablehnten und Gott als <strong>den</strong> ´Einen` ansahen. Aus der lateinischen<br />

Bezeichnung für diese Anders<strong>den</strong>ken<strong>den</strong> entstand schließlich der Name ´Unitarier`.<br />

Für die heutigen <strong>Deutschen</strong> Unitarier geht die ´Einheit` weit darüber hinaus. Wir glauben an<br />

die Untrennbarkeit von ´Gott`und ´Welt`“ (Unterstreichung von mir.A.G.)<br />

Als deutscher Sonderweg ist dies <strong>zu</strong> akzeptieren. Es muß aber mit Nachdruck festgehalten<br />

wer<strong>den</strong>, daß die international übliche Unitarierbezeichnung von dem historischen<br />

antitrinitarischen Ausgangspunkt herrührt. 6 Auch stellt die deutsch-unitarische unitas-<br />

Konzeption keinesfalls <strong>den</strong> logischen Schlußpunkt unitarischer Entwicklung dar sondern nur<br />

eine sehr spezifische Interpretation.<br />

Problematisch wird die unitas-Konzeption dann, wenn sie <strong>zu</strong>m verbindlichen Glaubenssatz<br />

erhoben wird, was bei <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> offensichtlich der Fall ist. Folgerichtig gibt<br />

es in der DUR fast nur 7 Pantheist/inn/en, Panentheist/inn/en und Atheist/inn/en. (Die feinen<br />

Unterschiede zwischen Pantheismus und Panentheismus brauchen uns in diesem<br />

Zusammenhang nicht <strong>zu</strong> interessieren). Atheismus ist mit der Konzeption gerade noch<br />

vereinbar, immerhin lehnen beide Haltungen die Existenz eines personhaften Gottes oder<br />

6 Dies ist heute nur mehr von historischem Interesse. Selbstverständlich kann jemand heute Unitarier/in sein,<br />

der/die ein trinitarisches Gottesverständnis hat sofern er/sie die drei unitarischen Grundhaltungen teilt, während<br />

christliche Sektierer mit einem streng monotheistischen Gottesverständnis bestimmt keine Unitarier/innen sind.<br />

7 Es mag durchaus einzelne Theist/inn/en und Andersgläubige in <strong>den</strong> Reihen der DUR geben, was durch das<br />

Bekenntnis <strong>zu</strong>r Gewissensfreiheit in <strong>den</strong> Grundsätzen sichergestellt ist.


auch von personalen transzen<strong>den</strong>ten Wesenheiten (Göttern und Göttinnen etc.) ab. Die<br />

Übergänge sind fließend und kein/e Atheist/in wird leugnen, daß im Universum irgendwelche<br />

Kräfte mehr oder weniger sinnvoll walten. Mag ein geeichter Pantheist bzw. eine Pantheistin<br />

bei Atheist/inn/en einen gewissen Mangel an Spiritualität konstatieren, erscheint umgekehrt<br />

die pantheistische Haltung aus atheistischer Sicht ein bißchen irrational-religiös, so können<br />

doch beide einigermaßen gut unter einem Dach koexistieren.<br />

Kaum Platz unter dem deutsch-unitarischen unitas-Dach hingegen fin<strong>den</strong> Theist/inn/en<br />

jeglicher Schattierung und Pagane, sofern sie sich an personal vorgestellte spirituelle Wesen<br />

wen<strong>den</strong>. 8<br />

Das Modell ist also ein exklusives (ausschließendes) und kein inklusives (einschließendes).<br />

Allerdings sind die <strong>Deutschen</strong> Unitarier nicht die einzigen in der UU-Familie, die ein<br />

exklusives Organisationsmodell aufweisen. Alle jene unitarischen Gruppen, die sich selbst als<br />

christlich verstehen, schließen ebenfalls eine Reihe anderer Positionen aus.<br />

Hinter dieser geistigen Engführung steckt das Bestreben nach verbindlicher Gemeinsamkeit.<br />

Der Wunsch ist verständlich und nachvollziehbar, seine Realisierung ist allerdings auf der<br />

falschen Ebene angesiedelt. Entgegen <strong>den</strong> immer wieder vorgebrachten Beteuerungen der<br />

DUR, religionsgeschichtlich völlig neue Wege <strong>zu</strong> gehen, ist dies der traditionelle Weg: es<br />

wer<strong>den</strong> verbindliche Glaubensinhalte formuliert. Ein festes gedankliches Gebäude wird<br />

errichtet. Die Mauern geben zwar Sicherheit, schließen aber auch aus und engen ein.<br />

Wie man derlei vermei<strong>den</strong> kann, haben uns die amerikanischen Freunde und Freundinnen der<br />

Unitarian Universalist Association (UUA) vorexerziert. Sie haben erkannt, daß die<br />

Gemeinsamkeit nicht auf irgendwelchen vorformulierten Inhalten basieren kann, sondern in<br />

gemeinsamen Haltungen gefun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> muß. In diesem Geist hat die UUA ihre sieben<br />

Prinzipien formuliert, die durch die Anführung der mannigfachen Traditionen ergänzt wird,<br />

aus <strong>den</strong>en sich diese Haltung speist.<br />

8 Siehe vorangehende Fußnote 7.


Um dies <strong>zu</strong> verdeutlichen will ich auf eines der Prinzipien <strong>zu</strong>rückgreifen, das geeignet ist,<br />

dem gedanklichen und spirituellen Gehalt der pantheistischen Grundannahme der DUR voll<br />

gerecht <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>, ohne in die Falle einer pantheistischen Lehre <strong>zu</strong> gehen.<br />

Das entsprechende (siebente) Prinzip lautet: „...we affirm and promote:....... Respect for the<br />

interdepen<strong>den</strong>t web of all existence of which we are a part.“<br />

Als lebende Tradition wird genannt:<br />

„ Direct experience of that transcending mystery and wonder, affirmed in all cultures, which<br />

moves us to a renewal of the spirit and an openness to the forces which create and uphold<br />

life.“<br />

Mehr braucht man nicht. Damit ist alles gesagt. Wie ich <strong>zu</strong> dieser Haltung komme, bleibt<br />

meine Sache. Ich kann aus pantheistischer Naturmystik da<strong>zu</strong> kommen, aber auch aus judeochristlich-islamischer<br />

Achtung vor der Schöpfung. Es kann mich meine Verbindung mit <strong>den</strong><br />

Ahnengeistern <strong>zu</strong> dieser Haltung bringen. Es gibt viele Möglichkeiten, dorthin <strong>zu</strong> gelangen.<br />

Was zählt ist die Gemeinsamkeit der Haltung, die aus ganz verschie<strong>den</strong>en Quellen<br />

abgeleitet wer<strong>den</strong> kann.<br />

So wird Pluralismus innerhalb derselben Gemeinschaft möglich. Dieser methodische Ansatz<br />

ist der wirkliche Schritt <strong>zu</strong> einem neuen Religionsverständnis.<br />

Richten wir nach diesem methodologischem Exkurs unseren Blick wieder auf die <strong>Deutschen</strong><br />

Unitarier. Was fällt auf, wenn man z.B. ihre Publikationen betrachtet?<br />

Die Themenpalette ist nicht all<strong>zu</strong> vielfältig. Ökologie- und Kulturkampfthemen wer<strong>den</strong><br />

verhältnismäßig häufig aufgegriffen, allgemein ist ein ernster Ton feststellbar, die<br />

Behandlung von Themen wird gerne mit einem ´philosophischen` Anstrich versehen.<br />

Erziehung und Bildung erfreuen sich großer Wertschät<strong>zu</strong>ng. Auch Lebenshilfe spielt eine<br />

Rolle, und natürlich gibt es viel Innenschau, was aber bei einem Vereinsblatt nicht<br />

verwunderlich ist.


Bemerkenswert ist aber, was nicht vorkommt. Es fehlen z.B. Themen der Emanzipation, ein<br />

interreligiöser Dialog findet nicht statt (<strong>zu</strong>mindest nicht auf nationaler Ebene), 9<br />

Auseinanderset<strong>zu</strong>ngen mit gesellschaftlich-politischen Entwicklungen außerhalb<br />

Deutschlands wer<strong>den</strong> kaum geführt, Fragen der offenen Gesellschaft nicht aufgegriffen.<br />

2.2. Deutsche Frei<strong>den</strong>ker und Humanisten als Kirchen- und Religionsfeinde.<br />

Eine wichtige Rolle im Selbstverständnis der <strong>Deutschen</strong> Unitarier spielt ihre Zugehörigkeit<br />

<strong>zu</strong>m Lager der Frei<strong>den</strong>ker und Humanisten.. Folgerichtig sind sie auch Mitglied im<br />

Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften. Sieht man sich die Web-Site dieses<br />

Vereines an, stellt man sofort fest: das ist eine militante Atheistenvereinigung. Da findet<br />

sich (am 15.8.2011) eine Erklärung der Welt-Atheistenkonferenz in Indien, die u.a. als Ziel<br />

die Verbreitung der atheistischen Anschauung propagiert. Die Trägerorganisationen sehen<br />

sich selbst als die Vertreter freigeistiger, kirchenfreier Menschen. Renate Bauer, Präsi<strong>den</strong>tin<br />

des DFW, titelt in einer Stellungnahme gegen <strong>den</strong> Papst: ´Laizismus ist die Vorausset<strong>zu</strong>ng für<br />

Religionsfreiheit`, was in vielfacher Hinsicht pikant ist: die Aussage ist schlicht und<br />

ergreifend auf der empirischen Ebene falsch, weil es Religionsfreiheit in vielen Ländern gibt,<br />

die nicht laizistisch sind (es wäre überaus traurig, wenn in der EU nur in Frankreich<br />

Religionsfreiheit gewährleistet wäre), während sie z.B. in der laizistischen Türkei sehr<br />

eingeschränkt ist. Dann wirkt es irgendwie rührend, wenn ausgerechnet eine Atheistin mit<br />

laizistischer Orientierung, die <strong>den</strong> Stellenwert der Religion in der Öffentlichkeit<br />

<strong>zu</strong>rückdrängen will, sich um die Religionsfreiheit besorgt zeigt.<br />

2.2.1 Exkurs <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Grundlagen der Religionsfreiheit.<br />

Um klar<strong>zu</strong>stellen: Religionsfreiheit (wie auch Weltanschauungsfreiheit) wird durch <strong>den</strong><br />

säkularen Rechtsstaat garantiert. Dieser hat weder eine religiöse Grundlage noch sieht er<br />

sich als weltlicher Arm einer religiösen oder weltanschaulichen Position. Er verhält sich in<br />

9 Die gelegentliche Kooperation mit Freireligiösen, die ja kaum von <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> unterscheidbar<br />

sind und Aktivitäten von Einzelpersonen auf regionaler Ebene sind noch kein religiöser Dialog auf der Ebene<br />

von Glaubensgemeinschaft <strong>zu</strong> Glaubensgemeinschaft. Eine Schwalbe macht noch keine Sommer..Die<br />

<strong>Unitarisch</strong>e Kirche in Berlin zeigt vorbildhaft, was ökumenischer, religionsübergreifender Dialog sein kann.<br />

Gerade Deutschland böte viele Möglichkeiten da<strong>zu</strong> mit seinem breiten Spektrum an liberalen religiösen<br />

Strömungen von <strong>den</strong> Qäkern über reformjüdische Gemein<strong>den</strong> bis hin <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Altkatholiken um nur einige <strong>zu</strong><br />

nennen....


eligiösen und weltanschaulichen Fragen neutral. Dies geschieht über das Prinzip der<br />

respektvollen Nicht-I<strong>den</strong>tifikation, das einen Akt des Respekts vor der Freiheit des Menschen<br />

darstellt. Die durch die Nicht-I<strong>den</strong>tifikation erreichte religiöse (und weltanschauliche)<br />

Neutralität dient in erster Linie der Sicherung der Religionsfreiheit. Im Hinblick auf die<br />

Religionsfreiheit erfüllt der säkulare Rechtsstaat zwei wichtige Funktionen: 1.eine Schut<strong>zu</strong>nd<br />

Abwehrfunktion gegenüber machtpolitischen monopolistischen Ansprüchen einer<br />

Einzelreligion (oder Weltanschauungsgemeinschaft) und 2. eine Hilfestellungsfunktion, d.h.<br />

er steht vor der Aufgabe die Entfaltungschancen der Religionsfreiheit aktiv <strong>zu</strong> sichern. 10<br />

Aktuell wer<strong>den</strong> in Europa diese Aufgaben in unterschiedlichem Ausmaß in Form<br />

religionsrechtlicher Modelle realisiert, die sehr stark vom historischen und politischen<br />

Hintergrund des jeweiligen Landes geprägt sind. Drei grundlegende Typen haben sich dabei<br />

herauskristallisiert: Staatskirchentum, Kooperationssystem und Trennungsmodell.<br />

Im Staatskirchentum gibt es gegenseitige Verschränkungen staatlicher und kirchlicher<br />

Institutionen. Es findet sich in England und <strong>den</strong> meisten skandinavischen Staaten. Aber auch<br />

hier ist Religionsfreiheit gegeben, wenn es auch gewisse Privilegien der Staatskirche gibt.<br />

Das Kooperationsmodell sieht bei gegenseitigem Respekt der getrennten Sphären von Staat<br />

und Religionsgemeinschaften eine Kooperation in einer Reihe von Belangen vor. Der<br />

tragende Gedanke besteht darin, Religion(en) nicht generell aus<strong>zu</strong>grenzen, sondern <strong>den</strong><br />

entsprechen<strong>den</strong> rechtlichen Rahmen für eine Kooperation und damit eine aktive pluralistische<br />

Hereinnahme von Religion in die gesellschaftliche Öffentlichkeit bereit<strong>zu</strong>stellen. Die<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ng von Religion findet also nur im Kernbereich der hoheitlichen Staatsfunktion<br />

statt, die alle Bürger/innen ohne Ansehen von Religion und Weltanschauung erfaßt. Dieses<br />

Modell ist das in Europa am weitesten verbreitete, es liegt in Deutschland und Österreich vor.<br />

Das Modell der strikten Trennung (das System der laizistischen Neutralität des Staates) ist in<br />

Europa vor allem in Frankreich verwirklicht. Es ist Ausfluß des erbitterten Kulturkampfes,<br />

der in diesem Land zwischen revolutionären Republikanern und der katholischen Kirche<br />

ausgefochten und mit dem Gesetz vom 9.12.1905 <strong>zu</strong> einem Abschluß gebracht wurde.<br />

Der sogenannte Laizismus der Türkei hat mit dem säkularen Rechtsstaat wenig <strong>zu</strong> tun. Er<br />

kennt sehr wohl eine Staatsreligion – <strong>den</strong> sunnitischen Islam -, die allerdings völlig der<br />

10 Da<strong>zu</strong> siehe Heiner Bielefeldt: Muslime im säkularen Rechtsstaat Bielefeld 2003 sowie ders.: Menschenrechte<br />

in der Einwanderungsgesellschaft Bielefeld 2007


staatlichen Kontrolle unterstellt ist, und räumt anderen religiösen Strömungen keine wirkliche<br />

Religionsfreiheit ein. 11<br />

Der Trend in Europa (und auch <strong>den</strong> USA, die ein Trennungsmodell haben) geht in Richtung<br />

des Kooperationsmodells. Schwe<strong>den</strong> hat sein Staatskirchentum 2000 abgeschaft, viele<br />

Privilegien der Staatskirchen wur<strong>den</strong> im Zuge der v.a. durch Rechtssprechung forcierten<br />

Entwicklung eines europäischen Religionsrechtes abgebaut. Umgekehrt nähert sich auch<br />

Frankreich immer stärker dem Kooperationssystem an. Das gleiche gilt für die USA, wo diese<br />

Entwicklung bereits unter Bill Clinton und nicht erst unter George W. Bush begonnen hat.<br />

Im übrigen sagt der religionsrechtliche Rahmen herzlich wenig über <strong>den</strong> gesellschaftlichen<br />

Einfluß von Religionsgemeinschaften aus. So sind in Irland die Religionsgemeinschaften als<br />

nicht rechtsfähige Vereinigungen organisiert, was dem Einfluß der katholischen Kirche in<br />

keiner Weise Abbruch tut. Auch in <strong>den</strong> Vereinigten Staaten, wo durch das 1st Amendment<br />

der Verfassung die strikte Trennung vorgeschrieben ist, ist der Einfluß von<br />

Religionsgemeinschaften sehr groß, was u.a. auch die unitarische Geschichte beweist.<br />

Die Achtung der Menschenrechte – darunter auch der Gewissens- und Religionsfreiheit – ist<br />

in der EU durch <strong>den</strong> Vertrag von Lissabon erheblich gestärkt wor<strong>den</strong>. Mit diesem Vertrag<br />

wurde die Europäische Grundrechtscharta aus dem Jahr 2000 <strong>den</strong> Verträgen gleichgestellt<br />

und somit <strong>zu</strong>m Primärrecht der Gemeinschaft erhoben sowie der Beitritt der Union <strong>zu</strong>r<br />

Europäischen Menschenrechtskonvention vorgesehen.<br />

Dieser kleine Exkurs sollte nur klarstellen, um welch komplexe Materie es sich bei dem<br />

Verhältnis Staat-Religion handelt und einfache Schnellschüsse zwar gut klingen mögen, aber<br />

an der Realität vorbeigehen. 12<br />

11 Durch steuerliche Begünstigungen für Kultus- und Diözesanvereine,die staatliche Finanzierung<br />

konfessioneller Privatschulen, die Anerkennung freiwilliger Kirchenabgaben als Steuerab<strong>zu</strong>gsposten und<br />

arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen<br />

12 Wer sich etwas näher informieren will sei verwiesen auf. Herbert Kalb/Richard Potz/Brigitte Schinkele:<br />

Religionsrecht. Wien 2003; auf Deutschland bezogen: Gerhard Czermak: Religion und Weltanschauung in<br />

Gesellschaft und Recht. Aschaffenburg 2009; allgemein <strong>zu</strong>r Geschichte: Reinhold Zippelius: Staat und Kirche.<br />

Eine Geschichte von der Antike bis <strong>zu</strong>r Gegenwart. München 1997, Zu Amerika aus unitarischer Sicht die<br />

bei<strong>den</strong> Bücher von Forrest Church: The Separation of Church and State. Writings on a fundamental Freedom by<br />

America´s Founders. Boston 2004 und So help me God. The Founding Fathers and the first great Battle over<br />

Church and State. Orlando- Austin—New York-San Diego-London 2007


Im modernen liberalen Verfassungsstaat agieren die Religionsgemeinschaften als Teil der<br />

Zivilgesellschaft. In dieser Funktion bringen sie sich in die öffentliche Debatte ein – was<br />

übrigens auch die DUR tut, wenn sie im Chor der Humanisten und Frei<strong>den</strong>ker mitsingt. Wer<br />

Religion <strong>zu</strong>r reinen Privatsache machen will, verkennt die Gemeinschaftsdimension von<br />

Religion und beeinträchtigt damit die Verwirklichung von Religionsfreiheit. Säkularisierung<br />

in der Gesellschaft, säkularer Rechtsstaat und Säkularismus dürfen nicht miteinander<br />

verwechselt wer<strong>den</strong>. Säkularisierung bedeutet die Herausbildung getrennter gesellschaftlicher<br />

Sphären und einen Bedeutungsverlust von Religion allgemein in der Gesellschaft,<br />

Säkularismus ist eine betont antireligiöse Weltanschauung, die in der Religion überhaupt <strong>den</strong><br />

Quell vieler Übel sieht und diese prinzipiell aus dem Bereich der öffentlichen Wahrnehmung<br />

drängen will.<br />

2.2.2 Deutschsprachige Frei<strong>den</strong>ker- und Humanistenvereinigungen als militante<br />

säkulare Sekten.<br />

Zur Klarstellung: Atheismus ist eine legitime Haltung vor der man auch als religiöser Mensch<br />

Respekt haben muß. Aber umgekehrt müssen Atheist/inn/en religiösen Menschen jenen<br />

Respekt erweisen, der in der Prinzipienerklärung der UUA als ´the inherent worth and dignity<br />

of every person` formuliert ist. Der Slogan ´Glaubst du noch - oder <strong>den</strong>kst du schon?`,<br />

gefun<strong>den</strong> auf der Home-Page eines Mitgliedvereins, ist eine grobe Mißachtung dieses<br />

Prinzips. Vereinigungen, die ein Kirchenaustrittsjahr propagieren, können wohl kaum als<br />

tolerant angesehen wer<strong>den</strong>. Dies erinnert an militante Missionierungsbestrebungen<br />

fundamentalistischer christlicher Sekten. Allerdings kommt bei <strong>den</strong> Frei<strong>den</strong>kerverbän<strong>den</strong>, die<br />

diese Kampagne lancieren noch eine Komponente unfreiwilliger Komik da<strong>zu</strong>. Man wird<br />

unwillkürlich an <strong>den</strong> Filmtitel ´Die Maus, die brüllte` erinnert, In diesem Film erklärt ein<br />

fiktiver europäischer Kleinstaat von der Größe Lichtensteins <strong>den</strong> USA <strong>den</strong> Krieg. So ähnlich<br />

ist das Kräfteverhältnis in diesem von einer Seite erklärten, von der anderen Seite <strong>zu</strong>recht<br />

ignorierten Krieg. Fast ist man geneigt, <strong>den</strong> verwegenen Kulturkämpfer/inne/n <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rufen:<br />

Strengt euch nicht an, liebe Leute, macht euch nicht lächerlich und spart euch die Mühe. Die<br />

katholische Kirche vertreibt ja selbst mit jedem vertuschten Mißbrauchsskandal, mit jeder<br />

umstrittenen Bischofsernennung mehr Mitglieder aus ihren Reihen, als ihr in 10 Jahren<br />

Kirchenaustrittskampagne <strong>zu</strong>standebringt!´ Von erheblicher Engstirnigkeit und<br />

unterentwickelter Toleranz zeugte auch der Protest dieser Gruppen gegen eine Papstrede vor


dem Bundestag. Der Papst ist Oberhaupt eines souveränen Staates und geistliches Oberhaupt<br />

von mehr als 30 Millionen <strong>Deutschen</strong>. Er ist kein Kriegsverbrecher oder blutrünstiger<br />

Diktator. Nur ausgesprochene Kleingeister können sich von einer solchen Rede bedroht<br />

fühlen.<br />

Es ist interessant, daß sich Menschen von solcher Geisteshaltung gerne Frei<strong>den</strong>ker nennen.<br />

Historisch mag diese Bezeichnung im 19. und vielleicht sogar noch <strong>zu</strong> Beginn des 20.Jhdts<br />

eine gewisse Berechtigung gehabt haben, als es tatsächlich darum ging, unabhängiges Denken<br />

außerhalb der Bahnen eines dogmatisch erstarrten Christentums gegen <strong>den</strong> z.T. erheblichen<br />

Widerstand der Kirchen und der landesherrlichen Obrigkeit durch<strong>zu</strong>setzen. Die Periode nach<br />

1848 bis in das 20.Jhdt hinein war auch eine Phase reaktionären Rück<strong>zu</strong>gs und Abschottung<br />

vor dem Gedankengut der Moderne durch <strong>den</strong> ultramontan gewor<strong>den</strong>en Katholizismus, eine<br />

Entwicklung, die ihren negativen Höhepunkt in <strong>den</strong> Papstdogmen des ersten Vatikanums<br />

fand. Die (hauptsächlich) Männer, die dagegen ankämpften, verdienen Respekt und<br />

Anerkennung. Selbst der Nationalismus vieler Deutscher hatte in einer Zeit der Zersplitterung<br />

Deutschlands in viele Staaten und Fürstentümer noch eine gewisse Berechtigung, <strong>zu</strong>mal er<br />

damals noch eng mit radikaldemokratischen und republikanischen Vorstellungen verbun<strong>den</strong><br />

war. Freilich war auch schon <strong>zu</strong> dieser Zeit das freie Denken keineswegs auf das Spektrum<br />

der außerhalb der großen Kirchen Stehen<strong>den</strong> beschränkt. In bewundernswerter Weise haben<br />

damals viele Gelehrte innerhalb der katholischen Kirche um geistige Erneuerung unter teils<br />

erheblichen persönlichen Opfern gekämpft. Sie wur<strong>den</strong> <strong>den</strong>unziert, verfolgt, ihrer Ämter<br />

enthoben und mit Publikationsverbot belegt. Manche haben eine alternative altkatholische<br />

Kirche aufgebaut. 13 Ihr Wirken sollte trotz aller Mühsal nicht ohne Früchte bleiben. Das<br />

Aggiornamento des Vatikanum II wäre ohne ihre Vorarbeit nicht möglich gewesen. Diesen<br />

Männern (Theologinnen gab es damals noch nicht) das Prädikat des freien Denkens<br />

absprechen <strong>zu</strong> wollen, ist Ausdruck von Präpotenz und Selbstüberschät<strong>zu</strong>ng. Frei und<br />

aufmüpfig <strong>den</strong>ken auch heute viele Theolog/inn/en. Die historisch-kritische Methode hat<br />

längst Ein<strong>zu</strong>g gehalten in die theologischen Seminare. Es wer<strong>den</strong> die sehr unterschiedlichen<br />

Gottesbilder reflektiert, die sich in der Bibel fin<strong>den</strong> lassen 14 Nicht <strong>zu</strong> vergessen die<br />

13 Aus der umfangreichen Literatur siehe: Otto Weiß: Der Modernismus in Deutschland. Ein Beitrag <strong>zu</strong>r<br />

Theologiegeschichte, Regensburg 1995; Claus Arnold: Kleine Geschichte des Modernismus.. Freiburg/Breisgau<br />

2007; <strong>zu</strong>m Altkatholizismus: Johann Friedrich von Schulte: Der Altkatholizismus.Giessen 1887.<br />

14 Aus der schon unübersichtlichen Flut von Publikationen seien nur einige <strong>zu</strong>m Einstieg genannt: Georg<br />

Baudler: EL JAHWE ABBA. Wie die Bibel Gott versteht. Düsseldorf 1996;Walter Dietrich/Christian Lenk: Die


Prozeßtheologie, die gerade dem pantheistischen Ansatz der DUR in mancher Hinsicht<br />

entgegenkommt. 15 Zur Frage des Zusammenhangs von Religion und Gewalt ist in <strong>den</strong> letzten<br />

Jahren eine Flut von Publikationen erschienen. 16 Sehr viele der Autor/inn/en sind<br />

Theolog/inn/en oder kirchennah. Es ist die Befreiungstheologie 17 entstan<strong>den</strong> und die<br />

Theologie der Religionen hat neue Horizonte 18 erschlossen. Längst setzen sich auch<br />

kirchliche Institutionen für Menschenrechte ein. 19 Und es gibt nicht nur Religionskriege, auch<br />

das frie<strong>den</strong>sstiftende Potential von Religion(en) kommt in Konfliktsituationen <strong>zu</strong>m Tragen. 20<br />

All diese Fakten sind <strong>den</strong> Frei<strong>den</strong>kern und Humanisten offenbar unbekannt. Wie kommt es <strong>zu</strong><br />

dieser eklatanten Ignoranz? Die Erklärung ist wohl darin <strong>zu</strong> suchen, daß diese Menschen eine<br />

sehr selektive Auswahl ihrer Erkenntnisquellen vornehmen, wenn es um Religion geht. Da sie<br />

von vornherein wissen, daß organisierte Religion schlecht ist, ziehen sie nur Literatur heran,<br />

die diese Vorannahme bestätigt. Daher erfreut sich auch Karlheinz Deschner in diesen<br />

Kreisen höchster Wertschät<strong>zu</strong>ng. 21 Deschner ist ein Mann, der mit einer Inbrunst, die<br />

enttäuschter Liebe entspringt, mit akribischem Eifer aus dem historischen Material alles<br />

<strong>zu</strong>sammenträgt, was seiner These vom verbrecherischen Charakter des Christentums nur<br />

irgendwie recht <strong>zu</strong> geben scheint. Er reißt wahllos aus dem Zusammenhang, bauscht maßlos<br />

dunklen Seiten Gottes Bd 1 Willkür und Gewalt 1996 Bd 2 Allmacht und Ohnmacht. 2000 beide Neukirchen-<br />

Vluyn; Annette Böckler: Gott als Vater im Alten Testament. Gütersloh 2000.<br />

15 C.Robert Mesle: Process Theology. A basic Introduction.St.Louis 1993.<br />

16 Georg Baudler: Ursünde Gewalt. Das Ringen um Gewaltfreiheit. Düsseldorf 2001; Arnold Angenendt:<br />

Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Bibel und Schwert. Münster 2007; Friedrich Schweitzer (Hg):<br />

Religion, Politik und Gewalt.Gütersloh 2006; Hans G. Kippenberg: Gewalt als Gottesdienst. Religionskriege im<br />

Zeitalter der Globalisierung. München 2008; Adel Th, Khoury (Hg): Krieg und Gewalt in <strong>den</strong> Weltreligionen.<br />

Freiburg i. Breisgau 2003 um nur einige wenige <strong>zu</strong> nennen.<br />

17 Siehe Duilio Biancucci: Einführung in die Theologie der Befreiung. München 1987; Option für die Armen.<br />

Theologie der Befreiung und kirchliche Basisgemein<strong>den</strong> in Lateinamerika. Leipzig 1990; Leonardo und<br />

Clodovis Boff: Wie treibt man Theologie der Befreiung? Düsseldorf 1986; Leonardo Boff: Kirche: Charisma<br />

und Macht.. München 1990.<br />

18 Wieder nur eine winzige Auswahl aus dem Schrifttum: Paul F. Knitter: Horizonte der Befreiung. Auf dem<br />

Weg <strong>zu</strong> einer pluralistischen Theologie der Religionen.. Paderborn 1997; Paul F. Knitter: Ein Gott-viele<br />

Religionen. Gegen <strong>den</strong> Absolutheitsanspruch des Christentums.München 1988;John Hick/Paul F. Knitter: The<br />

Myth of Christian Uniqueness. Towards a Pluralistic Theology of Religions.Maryknoll 1987; Raymund<br />

Schwager: Christus allein? Der Streit um die pluralistische Religionstheologie.Freiburg i. Breisgau 1996; Perry<br />

Schmidt-Leukel: Gott ohne Grenzen. Eine christliche und pluralistische Theologie der Religionen. Gütersloh<br />

2005.<br />

19 Siehe Paul Wuthe: Für Menschenrechte und Religionsfreiheit in Europa. Die Politik des Heiligen Stuhls in<br />

der KSZE/OSZE. Stuttgart 2002.<br />

20 Siehe Markus A. Weingardt: Religion macht Frie<strong>den</strong>. Das Frie<strong>den</strong>spotential von Religionen in politischen<br />

Gewaltkonflikten. Stuttgart 2007 oder Manfred Brocker/Mathias Hildebrandt (Hg): Frie<strong>den</strong>sstiftende<br />

Religionen? Religion und die Deeskalation politischer Konflikte. Wiesba<strong>den</strong> 2008.<br />

21 So vergibt die Giordano Bruno-Stiftung einen Karlheinz Deschner Preis.


auf (z.B. Opferzahlen) und ignoriert historische Zusammenhänge. Auf diese Art und Weise<br />

stellt sich für ihn die Geschichte des Christentums als eine einzige Kriminalgeschichte dar, 22<br />

Deschner bekennt sich auch da<strong>zu</strong>, daß er aus Feindschaft schreibt. Er ist kein origineller<br />

Denker sondern kompiliert, was von seiten der Theologie und der akademischen<br />

Kirchengeschichte schon aufgearbeitet wurde. Der wissenschaftliche Wert seiner Arbeit ist<br />

gering 23 , da er für ein breites Publikum in ziemlich reißerischer Art schreibt und seine Bücher<br />

sehr preiswert sind, kann er sich aber einer durchaus beachtlichen Resonanz erfreuen. Die<br />

Darstellungsweise läßt sich mit schwarz-weiß gar nicht richtig beschreiben. Die Kirchen<br />

wer<strong>den</strong> nur schwarz gefärbt beschrieben, es fehlt jegliches grau und alle Zwischentöne, von<br />

weiß ganz <strong>zu</strong> schweigen. Neuere theologische Literatur kennt oder verwendet Deschner nicht.<br />

Alles in allem zeichnet er das <strong>den</strong>kbar schlechteste Bild der Kirchengeschichte, fußend auf<br />

Weglassung alles Positiven, maßloser Übertreibung des Negativen, unkritischem Gebrauch<br />

<strong>zu</strong>m Teil obskurer Quellen, das alles aber mit gewaltigem Arbeitsaufwand, was ihn von<br />

anderen Autoren dieses Genres unterscheidet.. Schwer vom Christentum enttäuscht, dem er<br />

ursprünglich mit großer Inbrunst anhing, hat Deschner sein Lebenswerk dem Haß gewidmet.<br />

Haß zerfrißt die Seele und stellt keine positive Grundlage der Lebensgestaltung dar. Auch<br />

materiell ging es ihm und seiner Familie meist schlecht. Ohne private Sponsoren wäre er nicht<br />

über die Run<strong>den</strong> gekommen. So gesehen sei ihm der beschei<strong>den</strong>e Ruhm durch<br />

Auszeichnungen diverser humanistischer Vereinigungen und der finanzielle Ertrag seiner<br />

Bücher gegönnt.<br />

Anders als Deschner kommen die kleineren Lichter 24 der sogenannten Kirchen- und<br />

Christentumskritik ohne all<strong>zu</strong> großen Aufwand aus. Sie begnügen sich damit, das, was sie<br />

während ihrer theologischen Tätigkeit gelernt haben, einem begeisterten kirchenfeindlichen<br />

Publikum als neue kirchenkritische Erkenntnisse auf<strong>zu</strong>tischen. Das sichert leicht erworbenen<br />

Ruhm (in der Fachtheologie lockt man damit keinen Hund hinter dem Ofen hervor, die<br />

Sachen sind längst bekannt), bringt Einkünfte und – sofern die Mutterkirche ungeschickt<br />

agiert – <strong>zu</strong>sätzlich noch die Märtyrerkrone, was für die Verkaufsziffern auch recht günstig ist.<br />

22 Dies ist auch der Titel seines auf 10 Bände angelegten Hauptwerks, von dem zwischen 1986 und 2008 bisher<br />

neun Bände erschienen sind (Reinbek)<br />

23 Zur Kritik an <strong>den</strong> ersten drei Bän<strong>den</strong> seiner Kriminalgeschichte des Christentums siehe Hans Reinhard<br />

Seeliger(Hg): Kriminalisierung des Christentums? Karlheinz Deschners Kirchengeschichte auf dem Prüfstand.<br />

Freiburg i.B. 1993<br />

24 Z.B. Horst Hermann und Gerd Lüdemann.


Wenn man etwas kritisiert, sollte man es eigentlich kennen. Diese Binsenweisheit trifft leider<br />

auf organisierte Frei<strong>den</strong>ker/ und Humanisten im deutschen Sprachraum kaum <strong>zu</strong>. Nun kann<br />

man von Jemandem, der Religion ablehnt oder sogar haßt, nicht gut verlangen, daß er/sie<br />

Theologie studiert. Aber man kann doch <strong>zu</strong>mindest etwas kritischen Geist erwarten. Sein<br />

Wissen über das Haßobjekt ausschließlich von anderen Hassern <strong>zu</strong> beziehen, ist kein Zeichen<br />

besonderer Intelligenz. Es wird immer wieder nur Affirmatives herangezogen, das die eigenen<br />

Vorurteile voll bestätigt. Man bewegt sich in einer geschlossenen Welt, die keine all<strong>zu</strong> hohen<br />

Ansprüche an selbstständiges Denken und freie Meinungsbildung stellt. Das Kirchenbild, das<br />

so vehement bekämpft wird, stammt aus dem 19.Jhdt und wird mit <strong>den</strong> Denkbildern des<br />

19.Jhdts bekämpft. Da nimmt es nicht Wunder, daß das Christentumsverständnis extrem<br />

reaktionärer christlicher Strömungen (z.B. Piusbruderschaft oder evangelikaler<br />

Fundamentalisten) dem der Frei<strong>den</strong>ker und Humanisten nahe<strong>zu</strong> eins <strong>zu</strong> eins entspricht. Die<br />

Todfeinde brauchen einander <strong>zu</strong>r Selbstbestätigung.<br />

Organisiertes Frei<strong>den</strong>kertum und Humanismus sind – so scheint es – <strong>zu</strong>r Ideologie geronnen.<br />

Ideologie ist nützlich. Sie läßt einen die Welt verstehen und liefert leicht handhabbare<br />

Instrumentarien, sich in einer komplexen Wirklichkeit <strong>zu</strong>recht <strong>zu</strong> fin<strong>den</strong>. Schwarz und Weiß,<br />

Gut und Böse sind unschwer aus<strong>zu</strong>machen. Man weiß genau, wo der Feind steht und hat die<br />

tröstliche Gewißheit, daß man immer recht hat. Das System funktioniert deshalb so gut, weil<br />

es Teilelemente der gesellschaftlichen Wirklichkeit enthält und in sich eine gewisse<br />

Geschloßenheit aufweist, wenn man die Prämissen nicht in Frage stellt. 25<br />

Zu <strong>den</strong> unitarischen Prinzipien: Freiheit, Gebrauch der Vernunft und Toleranz hat eine<br />

solche Ideologie wohl kaum Be<strong>zu</strong>g....<br />

Um Mißverständnissen vor<strong>zu</strong>beugen: Atheismus ist eine legitime Haltung, auch unter<br />

Unitarier/inn/en. Es wird in diesem Fall – siehe obige Prinzipien – ein kritischer, nicht<br />

kreuzzüglerischer sein. 26<br />

Selbstverständlich ist der säkulare Rechtsstaat eine unabdingbare Vorausset<strong>zu</strong>ng für die<br />

offene Gesellschaft. Er muß gegen alle seine Feinde verteidigt wer<strong>den</strong> – gegen seine<br />

25 Siehe Raymond Boudon: Ideologie: Geschichte und Kritik eines Begriffs. Reinbek 1988.<br />

26 Siehe Andreas Bolhar-Nor<strong>den</strong>kampf: Kritischer Atheismus. In: unitarisch-universalistisches forum Jahrbuch<br />

2010 oder Andre Comte-Sponville: Woran glaubt ein Atheist? Spiritualität ohne Gott. Zürich 2008.


eligiösen genauso wie gegen seine säkularen. Und natürlich bleibt in Staaten mit einer<br />

hinken<strong>den</strong> Trennung von Staat und Religion wie Deutschland und Österreich noch manches<br />

<strong>zu</strong> tun. Ein Ethikunterricht als Alternative <strong>zu</strong>m konfessionellen Religionsunterricht ist ein<br />

mehr als berechtigtes Anliegen. Die fundamentalistische Bedrohung ist real und ein<br />

wachsames Auge auf Kirchen und Religionsgemeinschaften <strong>zu</strong> werfen, kann niemals<br />

scha<strong>den</strong>.<br />

Die Freiheit der Presse und die Freiheit der Kunst müssen vor religiösen Empfindlichkeiten<br />

geschützt wer<strong>den</strong>. Da darf es kein Nachgeben vor dem Druck empörter Gläubiger hin in<br />

Richtung auf eine Wiederbelebung von Blasphemie-Paragraphen oder freiwillige Selbstzensur<br />

aus Feigheit geben. 27 Zu teuer wur<strong>den</strong> unsere säkularen Errungenschaften erkämpft.<br />

Auch Humanismus ist eine Errungenschaft. An dieser Errungenschaft haben Unitarier/innen<br />

nicht unerheblich mitgewirkt. Aber er muß seinem Namen gerecht wer<strong>den</strong>. Ein Humanismus<br />

oder ein Frei<strong>den</strong>kertum, die <strong>zu</strong> 90 Prozent aus Kirchen- und Religionsfeindschaft bestehen<br />

und das ganze mit etwas Menschenrechtsrhetorik garnieren, haben mit dem Geist des echten<br />

Humanismus eines Erasmus von Rotterdam oder Conrad Celtis nichts <strong>zu</strong> tun. Sie sind ein<br />

un<strong>zu</strong>längliches Surrogat für eine wahrhaft humane und kritische Haltung und bestenfalls<br />

Karikaturen dessen, was ihr Name verspricht...<br />

Daß dem nicht immer so sein muß und es auch ernst<strong>zu</strong>nehmende Humanist/inn/en gibt,<br />

beweist die American Ethical Union – wie überhaupt amerikanische Humanist/inn/en geistig<br />

erheblich freier sind als ihre deutschsprachigen Namensvettern. Ihr historischer Hintergrund<br />

ist ein anderer und sie verdanken <strong>den</strong> Unitarier/inn/en viel, sogar ihre Existenz. 28<br />

Umgekehrt verdanken wir Unitarier/innen <strong>den</strong> Humanisten des 16.Jhdts unendlich viel, waren<br />

es doch sie, die vielfach <strong>den</strong> Grundstein für das Entstehen der antitrinitarischen Strömungen<br />

gelegt haben.<br />

27 Siehe Jean-Pierre Wils: Gotteslästerung. Fft/Mund Leipzig 2007.<br />

28 Da<strong>zu</strong> siehe William F. Schulz: Making the Manifesto. The Birth of Religious Humanism.Boston 2002; Mason<br />

Olds: American religious Humanism.. Ham<strong>den</strong> 2006.


3. Geschichte mit braunen Flecken.<br />

3.1. Die Vorgeschichte.<br />

Aber <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong>m Anfang unserer Überlegungen. Heftige Attacken im Internet, militante<br />

Demonstrationen gegen das Abhalten von Unitariertagen, Stopp von staatlichen Geldern für<br />

unitarische Publikationen 29 - all dies im Zeichen der Antifa. Wieso konnten gerade<br />

Unitarier/innen <strong>zu</strong>r Zielscheibe antifaschistischer Agitation und Kundgebungen wer<strong>den</strong>?<br />

Um dies <strong>zu</strong> verstehen, muß man genauer auf die Geschichte der DUR eingehen. Denn all dies<br />

ist wahrlich ein deutsches Phänomen. Werfen wir also einen Blick auf die Entstehung der<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier.<br />

Die unverfängliche Vorgeschichte ist allgemein bekannt. Schon in <strong>den</strong> Vierziger-Jahren des<br />

19.Jhdts entstand die Strömung des Deutsch-Katholizismus, die aufs engste mit der<br />

radikaldemokratischen Bewegung verbun<strong>den</strong> war und <strong>zu</strong>m Teil allmählich mit <strong>den</strong><br />

protestantischen Lichtfreun<strong>den</strong> verschmolz. 1876 kam es vorrangig in Rheinhessen <strong>zu</strong>r<br />

Gründung der Freien Protestanten. In unserem Zusammenhang brauchen wir nicht näher<br />

auf die Frühgeschichte dieser Bewegung ein<strong>zu</strong>gehen. Es genügt fest<strong>zu</strong>halten, daß Pfarrer<br />

Rudolf Walbaum(1869-1948) <strong>zu</strong>m führen<strong>den</strong> und prägen<strong>den</strong> Geist dieser Strömung wurde. Er<br />

war es auch, der die deutschen Freiprotestanten an <strong>den</strong> Unitarismus heranführte. Auf <strong>den</strong><br />

Weltkongressen des Congress of Free Christians and other Religious Liberals (heute<br />

International Association for religious Freedom IARF) von 1910 (Berlin), 1913 (Paris) und<br />

1922 (Lei<strong>den</strong>) kam Walbaum mit Unitarier/inn/en auf internationaler Ebene in Berührung und<br />

zeigte sich von deren Gedankengut angezogen. Dies führte da<strong>zu</strong>, daß die Publikation der<br />

Freiprotestanten die Bezeichnung Deutsch-unitarische Blätter im Untertitel bekam. Eine<br />

ähnliche Entwicklung nahm auch die von Clemens Taesler geführte Gruppe in Frankfurt.<br />

Beide gründeten 1927 gemeinsam <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> Unitarierbund für freie religiöse Kultur, der<br />

1935 verboten wurde.<br />

29 Dadurch ist es leider bei nur einem Band der geplanten Reihe Unitarismusforschung geblieben.


3.2. Nationalsozialistische pseudoreligiöse Strömungen.<br />

Wichtig für unser Thema wurde die Entwicklung nach 1945, die <strong>zu</strong>m Entstehen der DUR im<br />

Jahre 1950 führte. Um sie <strong>zu</strong> verstehen, muß man weiter ausholen.<br />

Besonders bedeutend in diesem Zusammenhang war die Deutsche Glaubensbewegung. Sie<br />

wird in Wikipedia wie folgt beschrieben: „Am 29. und 30.Juli 1933 führte Jakob Wilhelm<br />

Hauer in Eisenach die wichtigsten freireligiösen, freiprotestantischen, religiös-völkischen und<br />

deutschgläubigen Gruppen <strong>zu</strong>sammen. Die verschie<strong>den</strong>en Religionsgruppen waren einem<br />

gemeinsamen Aufruf ´an die Männer einer germanisch-deutschen Glaubensbewegung`<br />

gefolgt...Bei der Eisenacher Tagung wurde die Arbeitsgemeinschaft der <strong>Deutschen</strong><br />

Glaubensbewegung(ADG) gegründet, <strong>zu</strong> der sich die wichtigsten deutschgläubigen Gruppen<br />

<strong>zu</strong>sammenschlossen: Die Germanische Glaubensgemeinschaft, die Volkschaft der Nordungen,<br />

die Nordische Glaubensgemeinschaft, der Rig-Kreis, die Adler und Falken, die<br />

Deutschgläubige Gemeinschaf, die Nordisch-religiöse Arbeitsgemeinschaft sowie Mitglieder<br />

des Freundeskreises der Kommen<strong>den</strong> Gemeinde. An der Spitze dieser Arbeitsgemeinschaft<br />

stan<strong>den</strong> Hauer und ein Führerrat...Die Deutsche Glaubensbewegung...hatte das Ziel, offizielle<br />

nichtchristliche Glaubensgemeinschaft und mit <strong>den</strong> Kirchen gleichberechtigt <strong>zu</strong> sein. Mitglied<br />

durfte nur wer<strong>den</strong>, wer nicht Mitglied einer anderen Religionsgemeinschaft war....Die<br />

Weltanschauung der <strong>Deutschen</strong> Glaubensbewegung beschreibt Stefan Breuer als para- und<br />

antichristlich, diesseitsreligiös, nichttheistisch und heroisch-ethisch.“<br />

Die Deutsche Glaubensbewegung sah sich auch selbst als Speerspitze des Kirchenkampfs:<br />

„Aber auch maßvolle Vertreter der Deutschgläubigen wie Hauer...sprachen dem Christentum<br />

bisweilen jedwede Zukunftsperspektive ab. Beim sogenannten Amtsträgerthing, der<br />

Versammlung der Funktionäre der <strong>Deutschen</strong> Glaubensbewegung im Herbst 1934 in Berlin,<br />

hatte er erklärt, ´daß das Christentum als zentrale, normative Gewalt im deutschen Volke<br />

stehe, sei eine Episode der deutschen Geschichte, und diese Episode gehe <strong>zu</strong> Ende`...bei<br />

anderer Gelegenheit hatte Hauer betont, die Edda und die Sagas müßten bei der religiösen<br />

Erziehung der Jugend berücksichtigt wer<strong>den</strong>, da Rasse und Glaube aufs engste<br />

<strong>zu</strong>sammengehörten...... erklärte Hauer...Mitte Juli 1935 in Kiel: Deutscher Glaube sei nichts<br />

anderes als ´Tiefendeutung des Nationalsozialismus`. Die theologischen Fakultäten an <strong>den</strong><br />

deutschen Universitäten müßten verschwin<strong>den</strong>...Dem völkischen Wochenblatt ´Durchbruch`,


einem offiziellen Organ der <strong>Deutschen</strong> Glaubensbewegung, galt deutsche Gottgläubigkeit als<br />

´Erfüllung der nationalsozialistischen Weltanschauung`. Am 28.Januar 1937 hieß es lapidar:<br />

´Das Ende der Kirchen im Reich ist nur noch eine Frage der Zeit gewor<strong>den</strong>`...So verwundert<br />

es nicht, daß in Versammlungen apodiktisch erklärt wurde: ´Die Deutsche Glaubensbewegung<br />

ist die Kampforganisation <strong>zu</strong>r Entkirchlichung Deutschlands, darum treten wir aus der Kirche<br />

aus`...Immer wieder galt der deutschgläubige Vorstoß der Ausschaltung christlicher<br />

Jugendunterweisung im Bildungssektor. Theologie sei überhaupt keine Wissenschaft, sie<br />

beschäftige sich lediglich mit jüdischem Gedankengut,, das in Deutschland radikal beseitigt<br />

wer<strong>den</strong> müsse, hieß es im ´Durchbruch`im Herbst 1936“. 30<br />

Interessant ist, daß Rudolf Walbaum an der Gründungsversammlung teilnahm, jedoch der<br />

Arbeitsgemeinschaft nicht beitrat. 31<br />

Erwähnenswert sind auch die <strong>Deutschen</strong> Christen, jener Teil der evangelischen Kirche, der<br />

sich hundertprozentig <strong>zu</strong>m NS-Regime bekannten, und in schroffem Gegensatz <strong>zu</strong>r<br />

Bekennen<strong>den</strong> Kirche Martin Niemöllers stand.<br />

Von Bedeutung für die Entstehungsgeschichte der DUR waren auch die Gottgläubigen. Da<strong>zu</strong><br />

heißt es in Wikipedia: „Für <strong>den</strong> Aufstieg auf der NS-Karriereleiter war es allerdings nützlich,<br />

keiner christlichen Religionsgemeinschaft an<strong>zu</strong>gehören. Andererseits lehnten es die Nazis ab,<br />

mit linken, gottlosen, ungläubigen Konfessionslosen auf dieselbe Stufe gestellt <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>. Es<br />

wurde daher ein eigener Begriff geschaffen: ´gottgläubig`. Diese Wortschöpfung soll sich von<br />

´Asatru`...herleiten. Asatru (=Asentreue) bezeichnet <strong>den</strong> Glauben an, die Treue <strong>zu</strong> oder das<br />

Vertrauen in die heidnischen germanischen Götter, die Asen und Wanen...<br />

`Gottgläubig` war offiziell die amtliche Religionsbezeichnung für einen konfessionslosen<br />

Nazi. Er war nicht katholisch und nicht evangelisch, er war ´gottgläubig`. Mit Erlaß vom<br />

November 1936 wurde diese Bezeichnung für die ´arteigene Frömmigkeit des deutschen<br />

Wesens` amtlich festgelegt, um <strong>zu</strong> dokumentieren, daß man mit Kirchenaustritt nicht<br />

automatisch <strong>zu</strong> einem ´Ungläubigen`, <strong>zu</strong> einem Frei<strong>den</strong>ker, <strong>zu</strong> einem Atheisten, einem<br />

Anhänger der materialistischen Weltanschauung wurde. Für echte Ungläubige (Agnostiker,<br />

Atheisten) hieß die amtliche Bezeichnung ´glaubenslos`.....<br />

30 Kurt Meier: Kreuz und Hakenkreuz. Die evangelische Kirche im Dritten Reich. München 2008. p. 90ff.<br />

31 GLAUBEN p.221


Ein Heftchen mit dem Titel ´Freude am Leben – Wesen, Gefüge und Auftrag deutscher<br />

Gottgläubigkeit` stellte die Grundsätze der Gottgläubigkeit ausführlicher dar.<br />

Religion wird darin als ´Gottesschau, als Glaube an das Göttliche` definiert, ´<strong>den</strong>n nur durch<br />

eine innere Schau und nicht irgendwie von außen her können wir Gott, können wir das<br />

Göttliche erschauen, erspüren, empfin<strong>den</strong>, mit ihm verbun<strong>den</strong> sein und an das Göttliche<br />

glauben`.....<br />

Zum Christentum wird die Unterscheidung so festgelegt: Das Christentum ist eine<br />

Geistesreligion, weil es seinen Gott in der Form eines ´persönlichen, geistigen, überweltlichen<br />

Wesens` sieht. Im Gegensatz da<strong>zu</strong> sehen Anhänger von Naturreligionen Gott als ´göttliche<br />

Kraft, die in allem Leben<strong>den</strong> wirksam ist`. Die Geistesreligion sieht im Glauben ein ´Fürwahr-halten`,<br />

die Naturreligion ein ´Hingenommen- und Gegebensein`....<br />

Der wesentliche Unterschied zwischen Geistes- und Naturreligion sei es, daß die<br />

Geistesreligionen dualistisch sind, weil Leib und Seele getrennt nebeneinander stün<strong>den</strong>,<br />

während die Naturreligion von der Einheit von Leib und Seele ausgehe.<br />

Insgesamt gesehen ist die deutsche Gottgläubigkeit also eine Art Pantheismus, ein<br />

Allgottglaube, wie er etwa auch von Spinoza oder Goethe angedacht wor<strong>den</strong> war. Während<br />

die christlichen und die anderen theistischen Religionen zwischen Gott und Welt einen<br />

Wesensunterschied sehen, ist der Pantheismus monistisch und geht von einer Einheit der Welt<br />

aus.“<br />

3.3. Neuformierung der Deutsch- und Gottgläubigen unter unitarischem Mäntelchen.<br />

Wo<strong>zu</strong> diese Beschäftigung mit so unappetitlichen Erscheinungen einer unrühmlichen<br />

deutschen (und leider auch österreichischen) Vergangenheit? Was hat all dies mit dem<br />

Unitarismus und seinen auf Reformation, Aufklärung und Toleranz beruhen<strong>den</strong> Werten <strong>zu</strong><br />

tun?<br />

Die Antwort ist einfach und eindeutig: aus diesem Milieu stammten die Gründerväter (die<br />

Mütter hatten nach diesem Weltbild in der Öffentlichkeit nicht viel <strong>zu</strong> sagen) der DUR!<br />

Speziell die Deutschgläubigen und die Gottgläubigen bildeten nebst anderen obskuren<br />

Gruppen ähnlicher Art das Reservoir, aus dem sich das Personal der <strong>Deutschen</strong> Unitarier<br />

rekrutierte.


Wie kam es da<strong>zu</strong>? Nun, der greise Pfarrer Walbaum nutzte missionierte vorrangig in jenen<br />

Anhaltelagern, die die siegreichen Alliierten für belastete Hardcore-Nazis errichtet hatten 32<br />

(Als Österreicher/in stelle man sich die Glasenbacher als Hauptzielgruppe unitarischer<br />

Werbung vor – in unserem Land war dies der Bo<strong>den</strong> auf dem die Kader der VdU/WdU, des<br />

Vorläufers der FPÖ gediehen). Und er war erfolgreich mit seiner Unternehmung –<br />

<strong>zu</strong>mindest was die Quantität der Rekrutierung betrifft. Zu <strong>den</strong> etwa 1.000 Mitgliedern der<br />

Urgemein<strong>den</strong> konnten rund 5.000 neue gewonnen wer<strong>den</strong>.<br />

Sehen wir uns einige dieser neugewonnenen Mitstreiter etwas näher an. Die herrausragendste<br />

Figur war wohl Herbert Böhme (1907-1971). Über ihn weiß uns Wikipedia folgendes <strong>zu</strong><br />

berichten: „Herbert Böhme...war in der Zeit des NS-Regimes ein deutscher<br />

nationalsozialistischer Lyriker, Schriftsteller und Publizist. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

wurde er <strong>zu</strong> einem rechtsextremen Kulturfunktionär, der 1950 das Deutsche Kulturwerk<br />

Europäischen Geistes (DKEG) gründete....<br />

Am 1.Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP. Am 1.September 1933 trat er der SA bei und<br />

wurde Mitglied im Kulturkreis der obersten SA-Führung....Nach 1933 wurde er<br />

Abteilungsleiter für Dichtung beim Reichssender Berlin. 1935 avancierte er <strong>zu</strong>m<br />

Hauptschriftleiter in der Reichsleitung der NSDAP und war Leiter der Fachschaft Lyrik der<br />

Reichsschrifttumskammer...Ab 1937 war er für die Reichspropagandaleitung der NSDAP<br />

sowie als Lektor des NSDAP-Zentralverlags tätig.....<br />

Einblicke, wie der Schriftsteller von seiner Zeit verstan<strong>den</strong> wurde, geben Lexikoneinträge wie<br />

im Brockhaus von 1936. Hier wurde er als einer der ´führen<strong>den</strong> dichterischen Gestalter<br />

nationalsozialistischer Ideen` bezeichnet. Im Meyers-Lexikon liest man 1936, daß Böhme ein<br />

´lei<strong>den</strong>schaftlicher Verkünder der Ideale des Dritten Reiches`sei. Im Herder-Volks-Lexikon<br />

von 1939 heißt es ´Dichter der preußischen Ostmark, schuf lei<strong>den</strong>schaftliche Verse des<br />

nationalsozialistischen Kampfes`.<br />

Böhme schrieb unzählige Gedichte auf Hitler, die Titel trugen wie ´Bekenntnis <strong>zu</strong>m Führer`,<br />

´An Adolf Hitler` oder ´Adolf Hitler`. Doch am bekanntesten ist sein Trommelgedicht ´Der<br />

32 Zu diesen Lagern gibt ein Eintrag des Landesarchivs Ba<strong>den</strong>-Württemberg Auskunft: „Mit dem Einmarsch der<br />

US-Army in Ba<strong>den</strong> und Württemberg wur<strong>den</strong> 1945 Tausende tatsächlicher und mutmaßlicher<br />

Nationalsozialisten, potentielle Kriegsverbrecher und sicherheitsgefähr<strong>den</strong>de Kräfte von der Besat<strong>zu</strong>ngsmacht<br />

verhaftet und in Internierungslager verbracht.“ Freilich konnte auch ein Unschuldiger/eine Unschuldige in ein<br />

solches Lager geraten.


Führer`, das nahe<strong>zu</strong> in allen wichtigen Zeitschriften oder Zeitungen im Dritten Reich<br />

abgedruckt wurde.“ 33<br />

Ein anderer führender Exponent war Eberhart Achterberg (1910-1983). Sein Werdegang nach<br />

Wikipedia: „Eberhard Achterberg war seit 1930 Mitglied der NSDAP und zeitweilig auch SA-<br />

Mann...Ende des ...Jahres (1940) wurde er stellvertretender ´Schriftleiter` der ´zentralen<br />

politischen und kulturellen Zeitschrift der NSDAP, so der Untertitel der<br />

´Nationalsozialistischen Monatshefte´, die von Alfred Rosenberg herausgegeben wur<strong>den</strong>. Ab<br />

Juli 1941 war er ihr ´Hauptschriftleiter`(Chefredakteur). Rosenberg übernahm Achterberg in<br />

sein Amt, welches offiziell eine Dienststelle für die Überwachung der gesamten geistigen und<br />

weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP darstellte. Dort war er von März<br />

1942 bis Januar 1943 Leiter der Abteilung für ´Ju<strong>den</strong>- und Freimaurerfragen`...“<br />

Wir wer<strong>den</strong> später auf die Nachkriegsentwicklung beider Personen <strong>zu</strong> sprechen kommen, die<br />

durchaus unterschiedlich verlief.<br />

Wie gesagt, Pfarrer Walbaum bemühte sich sehr intensiv um die Insassen der einschlägigen<br />

Lager. Die religiöse Zusammenset<strong>zu</strong>ng der Lagerinsassen war ebenfalls sehr einschlägig.<br />

„Während damals insgesamt nur 5 % der Bevölkerung nicht <strong>den</strong> Kirchen angehörten, war die<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng in <strong>den</strong> Lagern eine ganz andere: ca. 45 % waren gottgläubig, 40 %<br />

evangelisch und 15 % katholisch.“ 34 Man geht wohl kaum fehl, wenn man unter dem<br />

evangelischen Segment der Inhaftierten einen hohen Anteil Deutscher Christen vermutet.<br />

Auch sprachlich kam Walbaum seinem angepeilten Zielpublikum entgegen. So formulierte er<br />

33 Der Text des Gedichtes spricht für sich. Deshalb soll er hier wiedergegeben wer<strong>den</strong>:<br />

Eine Trommel geht in Deutschland um<br />

und der sie schlägt, der führt,<br />

und die ihm folgen, folgen stumm,<br />

sie sind von ihm gekürt.<br />

Sie schwören ihm <strong>den</strong> Fahnenschwur,<br />

Gefolgschaft und Gericht,<br />

er wirbelt ihres Schicksals Spur<br />

mit ehernem Gesicht.<br />

Er schreitet hart der Sonne <strong>zu</strong><br />

mit angespannter Kraft<br />

Seine Trommel, Deutschland, das bist du! Volk, werde Lei<strong>den</strong>schaft.<br />

34 GLAUBEN p.224


<strong>den</strong> ersten Leitsatz des unitarischen Freiprotestantismus im Jahre 1947 wie folgt: „Die<br />

Freiprotestantische Religionsgemeinschaft will <strong>den</strong> neuen Kulturmenschen, vor allem <strong>den</strong><br />

neuen deutschen Menschen bil<strong>den</strong> helfen aus <strong>den</strong> Urkräften freier Religion. Sie sucht dabei<br />

allen <strong>den</strong>jenigen Volksgenossen aufs neue Halt und Heimat <strong>zu</strong> geben, die beides verloren<br />

haben.“ 35 Die Ausrichtung auf ehemalige (?) Nazis ist offensichtlich.<br />

Und sie folgten seinem Ruf. Das Projekt, das er gestartet hatte, bewies Anziehungskraft auch<br />

nach seinem Tod. „Am 30.12.1951 schließt sich die ´Gemeinschaft der Gottgläubigen in<br />

Diethmarschen`, gegründet im Frühjahr 1951, mit rund 100 Mitgliedern <strong>den</strong> <strong>Unitariern</strong> an.<br />

Kristallisationskern dieser Gemeinschaft waren die Bücher des Dithmarschen Schriftstellers<br />

Gustav Frenssen (1863-1945), insbesondere ´Der Glaube der Nordmark`. 36<br />

Wer war nun dieser Gustav Frenssen, der die Diethmarschen Neo-Unitarier so stark<br />

beeindruckte? Gewiß ein befähigter Autor, der sogar für <strong>den</strong> Literaturnobelpreis<br />

vorgeschlagen wurde. Was wäre sonst noch über ihn <strong>zu</strong> sagen? Lassen wir wieder Wikipedia<br />

<strong>zu</strong> Wort kommen: „ ...prägte er in seinem Roman Die drei Getreuen (1898) die Parole vom<br />

Volk ohne Raum....Wie viele Dithmarscher seiner Zeit war er nationalliberal und<br />

antidemokratisch gesinnt...Frenssen strebte im Grunde ein ´starkes Deutschland mit deutlich<br />

autoritären Zügen` an und wurde <strong>zu</strong>m Feind der Weimarer Republik. Ab1923 sind in seinen<br />

Werken Anzeichen für einen verstärkten Antisemitismus fest<strong>zu</strong>stellen....Nach der<br />

Machtübernahme unterstützte er offen die NSDAP. Er unterschrieb 1933 das Gelöbnis<br />

treuester Gefolgschaft für Hitler, bejahte ab 1938 die Ausgren<strong>zu</strong>ng der Ju<strong>den</strong> und trat für die<br />

Euthanasie ein...1936 erschien sein Buch Der Glaube der Nordmark , mit dem er sich<br />

endgültig von der christlichen Religion abwandte und eine Art nordisches Neuhei<strong>den</strong>tum<br />

propagierte....1940 erschien seine Autobiographie Lebensbericht , die von<br />

Großstadtfeindlichkeit, Antiintellektualismus und Antisemitismus geprägt ist, sowie Recht<br />

oder Unrecht – mein Land!, in dem er die Verfolgung der Ju<strong>den</strong> und das Weltmachtstreben<br />

der Nationalsozialisten rechtfertigte. Sein letztes Buch Lebenskunde erschien 1942. Es<br />

beschäftigt sich u.a. mit dem Thema der ´Menschen<strong>zu</strong>cht`. In <strong>den</strong> letzten Kriegsjahren<br />

arbeitete Frenssen vorwiegend für <strong>den</strong> Rundfunk und die Reichspressestelle der NSDAP.“<br />

35 GLAUBEN p. 268<br />

36 GLAUBEN p. 231.


Zu<strong>zu</strong>g erfolgte 1952 auch durch die Gemeinschaft der Gottgläubigen (Universal Unitarier)<br />

Kassel mit 250 Mitgliedern. Aber Vorsicht! Das univeral-unitarische hat nichts mit <strong>den</strong><br />

heutigen UU´s <strong>zu</strong> tun, sondern bezieht sich auf das all-eine schöpferische Leben. 37<br />

Kehren wir <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong>m Verlauf der Ereignisse. Pfarrer Walbaum, der als Seelsorger Zutritt <strong>zu</strong><br />

<strong>den</strong> Internierungslagern hatte, nutzte diese Möglichkeit für seine Rekrutierungsbestrebungen.<br />

Die Besat<strong>zu</strong>ngsmächte, Amerikaner und Briten, verhielten sich entgegenkommend, da sich<br />

unter ihren Offizieren viele Unitarier befan<strong>den</strong> und ihnen der <strong>Unitariern</strong>ame gut bekannt war.<br />

Er ergänzte die alte, auf Earl Morse Wilbur <strong>zu</strong>rückgehende programmatische Trias des<br />

Unitariertums – Freiheit, Vernunftgebrauch und Toleranz um die neue pantheistische Unitas-<br />

Konzeption. „Neben die historisch ursprüngliche Bedeutung des Wortes ´Unitarier` gleich<br />

Antitrinitarier...setzte Walbaum die Einheit von Gott und Welt.“ 38 Neue<br />

Gemeindegründungen folgten. „Am 27.9.1947 kam es auf dem Klüt bei Hameln <strong>zu</strong>m ersten<br />

überregionalen Treffen von Persönlichkeiten der Ur- und Neugemein<strong>den</strong>....Auf Anregung<br />

Herbert Böhmes konstituierten sich die Teilnehmer des Klüt-Treffens als Arbeitskreis <strong>zu</strong>r<br />

Koordination des Auf- und Ausbaus der Gemeinschaft mit Namen ´Klütkreis`. Erster<br />

Sprecher wurde Böhme, der dieses Amt in <strong>den</strong> sieben Jahren des Bestehens<br />

behielt....Auffallend in dieser Aufbauphase war die Zweigleisigkeit der Organisation.<br />

Während bei <strong>den</strong> 15 Urgemein<strong>den</strong> in Rheinhessen mit ihren etwa 1.000 Mitgliedern die<br />

geistige Führung und seelsorgerische Betreuung durch <strong>den</strong> Pfarrer erfolgte, setzten die<br />

Neugemein<strong>den</strong> von vornherein auf eine reine Laiengemeinschaft...So war auf dieser Basis die<br />

´Öffnung` der Gemeinschaft weitgehend durch einen Alleingang Walbaums <strong>zu</strong>stande<br />

gekommen. Er hatte Vikare und <strong>den</strong> ´Ältesten` Paysen ernannt und <strong>den</strong> Klütkreis<br />

einberufen.“ 39<br />

Es drängt sich natürlich die Frage auf, warum Walbaum diesen Kurs eingeschlagen hat.<br />

War es wirklich nur seelsorgerisches Interesse? Schließlich hatte er ja eine christliche<br />

Vergangenheit, auch wenn er diese mittlerweile hinter sich gelassen hatte.<br />

Aber woher dann diese Blauäugigkeit gegenüber alten Nazis? Suchte er Verbündete gegen<br />

seine alten freiprotestantischen Weggefährten, die seine Annäherung an die Deutschgläubigen<br />

37 Siehe GLAUBEN p. 232.<br />

38 GLAUBEN p. 226..<br />

39 GLAUBEN p.228f.


nicht goutierten, wie Peter Kratz meint? 40 War es die Aussicht auf rasches organisatorisches<br />

Wachstum seiner Organisation, die ihn trieb? Oder wurde der gutmeinende alte Mann einfach<br />

von politischen Kräften, die ihr eigenes Spiel trieben, als unverdächtige Galionsfigur benutzt<br />

und mißbraucht? Wenn man seine Äußerungen über <strong>den</strong> Nationalsozialismus und seine<br />

integre Persönlichkeit in Betracht zieht, liegt diese Vermutung nahe. 41 Hier wer<strong>den</strong> wir diese<br />

Frage nicht ausreichend klären können, da<strong>zu</strong> wären umfangreichere historische<br />

Untersuchungen nötig, die bisher unterblieben sind. Das Referat von Eric Hausman über<br />

Rudolf Walbaum, das er im Rahmen der ICUU-Tagung in Rolduc 2010 gehalten hat, war ein<br />

erster Schritt in diese Richtung.<br />

Wie auch immer. Der Organisationsaufbau ging auch nach Walbaums Tod zügig weiter. Die<br />

erste gemeinsame Generalversammlung der alten und neuen Gemein<strong>den</strong> fand am 19.9.1948 in<br />

Eppelsheim statt und hätte beinahe in einer Spaltung geendet. Nur eine von Hans-Dietrich<br />

Kahl vorgeschlagene Kompromissformulierung – die sogenannte Eppelsheimer Formel<br />

verhinderte <strong>den</strong> Bruch. Sie lautete: „Die Religionsgemeinschaft Freier Protestanten setzt sich<br />

eindeutig ab vom dogmatischen Kirchenchristentum, aber auch von allem Antichristentum<br />

wie von jeder feindlichen Frontstellung gegen andere religiöse Auffassungen überhaupt. Sie<br />

sucht das Erbe unserer bisherigen christlich-abendländischen Glaubensgeschichte für die<br />

religiöse Weiterentwicklung fruchtbar <strong>zu</strong> machen, lehnt es aber ab, sich allein an dieses Erbe<br />

<strong>zu</strong> bin<strong>den</strong>. Als vorläufige Richtschnur gelten ihr die auf Seite 13 bis 14 der Schrift ´Religiöser<br />

Unitarismus` von Rudolf Walbaum aufgestellten zehn Punkte.“ 42 Die ´unitarische Trias`<br />

gehört auffälligerweise nicht <strong>zu</strong> diesen Grundlagen.<br />

Die Spannungen zwischen Freiprotestanten und Neuankömmlingen waren damit nicht<br />

wirklich beseitigt. In der offiziellen Geschichtsdarstellung der DUR liest sich dies so: „Der<br />

Klütkreis wurde von der Generalversammlung ´als Teil des Ganzen` anerkannt und ihm ´die<br />

geistige Leitung` mit ´beratender Stimme` übertragen...Der Klütkreis gab nun Raum für eine<br />

Beteiligung und die Zusammenarbeit vieler an <strong>den</strong> geistigen Grundlagen der Gemeinschaft.<br />

Leider wur<strong>den</strong> Mitglieder aus <strong>den</strong> rheinhessischen Urgemein<strong>den</strong> nicht ausreichend in seine<br />

40 Peter Kratz: Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von ´Neuem Denken`, Faschismus und<br />

Romantik.Berlin 1994 p.293f.<br />

41 An dieser Stelle möchte ich Pfarrer Stephan Kalk aus Alzey herzlich danken, der mir diesbezügliches Material<br />

aus dem Archiv seiner Gemeinde bekannt machte.<br />

42 GLAUBEN p.268, dort und auf der Folgeseite fin<strong>den</strong> sich auch die 10 Punkte.


Arbeit eingebun<strong>den</strong>. Die für die Entwicklung des ´Ganzen` wichtige Aufgabe, zwischen alten<br />

und neuen Gemein<strong>den</strong> eine feste Brücke <strong>zu</strong> schlagen, blieb ungelöst.“ 43<br />

Nichtsdestotrotz, auf dieser letzten Generalversammlung der Freiprotestanten wur<strong>den</strong> die<br />

Schritte, die Walbaum noch nach dem Führerprinzip gar nicht so lange vergangener Zeiten<br />

gesetzt hatte, die Öffnung hin <strong>zu</strong> <strong>den</strong> heimatlos gewor<strong>den</strong>en Deutsch- und Gottgläubigen und<br />

die Installation des Klütkreises mit Herbert Böhme als Chefideologen, im Nachhinein<br />

legitimiert. Der Weg war frei <strong>zu</strong>r Gründung der DUR.<br />

Diese erfolgte am 11./12.Februar 1950 im Rahmen einer außeror<strong>den</strong>tlichen<br />

Hauptversammlung der Freiprotestanten in Hameln, wobei Sat<strong>zu</strong>ng und Name geändert<br />

wur<strong>den</strong>. Seither gibt es die Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft. „Mit dem Titel<br />

´Präsi<strong>den</strong>t` wurde Karlheinz Küthe <strong>zu</strong>m ersten Vorsitzen<strong>den</strong>, Herbert Böhme <strong>zu</strong>m Leiter des<br />

Klütkreises und ersten Sprecher der Gemeinschaft sowie Eberhard Achterberg <strong>zu</strong>m ersten<br />

Schriftleiter des aus<strong>zu</strong>bauen<strong>den</strong> Mitteilungsblattes ´Glaube und Tat – Deutsch-unitarische<br />

Blätter` gewählt. Der Tradition der Freien Protestanten entsprechend wur<strong>den</strong> die <strong>Deutschen</strong><br />

Unitarier Mitglied bei der Neugründung des ´<strong>Deutschen</strong> Volksbundes für Geistesfreiheit`<br />

(DVfG)...“ 44 Karlheinz Küthe paßt gut ins Bild, war er doch ein wichtiger Vertreter des<br />

Kampfbunds Deutscher Glaube gewesen. Im <strong>Deutschen</strong> Volksbund für Geistesfreiheit (heute:<br />

Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften) war man auch nicht besonders heikel,<br />

wenn es um rechte Positionen ging, da sich auch die Germanische Glaubensgemeinschaft der<br />

Mitgliedschaft erfreuen durfte. Offenbar sah man schon damals die geistige Freiheit nur durch<br />

die Kirchen bedroht..<br />

3.4. Die Spaltung wird vollzogen – der Aus<strong>zu</strong>g der Urgemein<strong>den</strong>.<br />

Die Einheit erwies sich schnell als brüchig. Bereits 1954 verließen die Urgemein<strong>den</strong> in ihrer<br />

großen Mehrheit die DUR. Sie fühlten sich von dem national-politischen Kurs der neuen<br />

Organisation abgestoßen. 45 Sie organisierten sich neu als <strong>Unitarisch</strong>e Religionsgemeinschaft<br />

Freie Protestanten Alzey, heute haben sie <strong>den</strong> <strong>Unitariern</strong>amen aufgegeben (um nicht mit <strong>den</strong><br />

43 GLAUBEN p. 230.<br />

44 GLAUBEN p- 231.<br />

45 Siehe die Web-Site der Freien Religionsgemeinschaft Alzey, Menüpunkt Geschichte unter <strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong><br />

Jahren.


Deutsch-<strong>Unitariern</strong> verwechselt <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>?) und nennen sich Freie Religionsgemeinschaft<br />

Alzey KdöR – Humanistische Gemeinde Freier Protestanten.<br />

Der Bruch hatte sich schon längst abgezeichnet. Er läßt sich anhand von Protokollauszügen,<br />

veröffentlich auf der Web-Site der Freien Religionsgemeinschaft Alzey unschwer<br />

nachzeichnen.<br />

Bereits am 25.März 1949 wird in Alzey Kritik laut: „Der 1.Vorsitzende Carl...weist darauf<br />

hin, daß die Organisation nicht <strong>den</strong> allgemeinen Wünschen entspricht, und daß die<br />

Hoffnungen, <strong>zu</strong> <strong>den</strong>en die letzte Generalversammlung in Eppelsheim berechtigte, nicht in<br />

Erfüllung gegangen sind.....Anschauungen wür<strong>den</strong> sich aber nicht mehr mit <strong>den</strong> allgemeinen<br />

decken und...Gesinnung weiche von <strong>den</strong>en der Urgemeinde ab“.<br />

Deutliche Un<strong>zu</strong>frie<strong>den</strong>heit mit dem Ablauf von Feierstun<strong>den</strong>, die von neuen <strong>Deutschen</strong><br />

<strong>Unitariern</strong> gestaltet wer<strong>den</strong>, findet ihren Niederschlag in einem Antrag <strong>zu</strong>m Inhalt der<br />

Feierstun<strong>den</strong> vom 7.Mai 1951: „Die Landesgemeinde...wolle beschließen, daß in Hinkunft in<br />

allen Gemein<strong>den</strong> Feierstun<strong>den</strong> entsprechend dem natürlichen Jahreslauf abgehalten wer<strong>den</strong>.<br />

Sie haben...dem Charakter dieser Feste religiös <strong>zu</strong> entsprechen...Die Gemeinde lehnt je<strong>den</strong><br />

rein doktrinären Vortrag ab, insbesondere wenn ein solcher mehr weltanschaulicher als<br />

religiöser Art ist.“<br />

Schließlich erfolgt am 19.September 1953 der Beschluß des Austritts aus der DUR „um <strong>den</strong><br />

rein religiösen Charakter unserer Religionsgemeinschaft <strong>zu</strong> wahren“.<br />

Der Austritt wird in einem Rundschreiben vom 21.9.1953 wie folgt begründet:<br />

„Der radikale Schritt der Landesgemeinde ist erfolgt, nachdem andere Mittel erfolglos<br />

versucht wor<strong>den</strong> waren. Er hat <strong>den</strong> Zweck, unserer Landesgemeinde <strong>den</strong> Charakter einer<br />

Religionsgemeinschaft <strong>zu</strong> erhalten und andere Gemein<strong>den</strong> und Landesgemein<strong>den</strong> <strong>zu</strong>r<br />

Besinnung darüber auf<strong>zu</strong>rufen, wohin der jetzige Kurs <strong>zu</strong> steuern droht:<br />

1) Die national-religiöse Ausrichtung, die unter der gegenwärtigen Leitung herrschend <strong>zu</strong><br />

wer<strong>den</strong> droht, ist eine <strong>zu</strong> schmale Basis für <strong>den</strong> großen umfassen<strong>den</strong> Bau, <strong>den</strong> wir ersehnen.<br />

Das Nationale wird nicht nur stärker betont als das eigentliche Religiöse, jenes trägt auch eine


so bestimmte, eindeutige Prägung, daß es von Anders<strong>den</strong>ken<strong>den</strong> als parteipolitisch<br />

empfun<strong>den</strong> wird.<br />

2) Die jetzige organisatorische und geistige Führung erstrebt nicht nur eine immer<br />

zentralistischere Zusammenfassung der Landesgemein<strong>den</strong>....sondern sie arbeitet in<br />

be<strong>den</strong>klicher Weise mit diktatorischen Maßnahmen, die sowohl die beschlossene<br />

Rechtsordnung als auch die religiöse Freiheit und die Achtung vor der Persönlichkeit<br />

verletzen“.<br />

In einem Rundbrief <strong>zu</strong>m Unitarismusbegriff vom 31.Dezember 1953 heißt es:<br />

„Es stehen sich zwei verschie<strong>den</strong>e Auffassungen von Unitarismus gegenüber...<br />

Wir Rheinhessen lehnen <strong>den</strong> Unitarismus ab, der diktatorisch intolerant ist und Religion mit<br />

Politik verquickt. Die seitherige Führung hat durch ihr ganzes Verhalten bewiesen, daß sie für<br />

unsere Auffassung keinerlei Verständnis hat...ein weiterer Meinungsaustausch erübrigt<br />

sich....Und wenn es <strong>zu</strong> <strong>den</strong> jetzt bestehen<strong>den</strong> Differenzen gekommen ist, so sind gerade Dr.<br />

Küthe und Dr. Böhme dafür verantwortlich <strong>zu</strong> machen. Unsere Bewegung hätte in dem Geist<br />

keine Zukunft gehabt“.<br />

Die Positionierung ist klar. Die Urgemein<strong>den</strong> sehen sich dem religiösen Charakter der<br />

gemeinsamen Organisation verpflichtet und lehnen <strong>den</strong> deutsch-national-völkischen Kurs der<br />

46 neuen Führung ab. Sie bleiben damit ihrem historischen Erbe treu und sprechen die<br />

Unterschiede im Selbstverständnis an, die sich schon seinerzeit bemerkbar machten, als die<br />

Freireligiösen, <strong>zu</strong> <strong>den</strong>en auch die Urgemein<strong>den</strong> gehörten, <strong>den</strong> Beitritt <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />

Deutschgläubigen ablehnten, u.a. wegen des dort verpflichtend eingeführten<br />

Arierparagraphens. Die Freireligiösen wollten ihre jüdischen Mitglieder schützen, die<br />

Deutschgläubigen waren Antisemiten. 47<br />

Wie sieht diese Trennung der Urgemein<strong>den</strong> von <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> aus der Sicht der<br />

DUR aus? Die quasi-offizielle Geschichtsschreibung lautet wie folgt: „Kurz nach der<br />

Hauptversammlung 1954 kommt es wegen weiterhin polarisierter inhaltlicher<br />

Auseinanderset<strong>zu</strong>ngen, die dort stattgefun<strong>den</strong> hatten, <strong>zu</strong>m mehrheitlichen Austritt der<br />

47 Siehe die Web-Site der Freien Religionsgemeinschaft Alzey und Helmut Steuerwald: Kritische Geschichte der<br />

Religionen und freien Weltanschauungen.. Neustadt am Rübenberge 1999 p.511f.


Urgemeinde-Mitglieder, die in der Gemeinschaft ihre traditionelle I<strong>den</strong>tität nicht ausreichend<br />

gesichert sahen. Ein wesentlicher Grund für diese Entscheidung waren aber auch soziologisch<br />

begründete Unterschiede zwischen Ur- und Neugemein<strong>den</strong>, die latent bestan<strong>den</strong> und durch<br />

die Eppelsheimer Formel nicht überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> konnten. Auf der einen Seite stan<strong>den</strong> die<br />

Urgemein<strong>den</strong>, traditionell im überschaubaren ländlichen und kleinstädtischen Bereich<br />

gewachsen, geistig betreut, angeregt und <strong>zu</strong>sammengehalten durch Pfarrer und<br />

Religionslehrer. Auf der anderen Seite die Neugemein<strong>den</strong>, meist in Großstädten mit vielfach<br />

intellektuell geprägten Mitgliedern, die ihre religiöse Individualität stark in <strong>den</strong> Vordergrund<br />

stellten – reine Laiengemeinschaften, die Schrifttum, Gesprächsrun<strong>den</strong> und Feiern mit ständig<br />

wechseln<strong>den</strong> Sprechern gestalteten. Aus diesen unterschiedlichen Einstellungen ergaben sich<br />

zwangsläufig unterschiedliche Anforderungen an die Gemeinschaft“. 48<br />

In ein ähnliches Horn stößt auch Hans-Dietrich Kahl, der Historiker der Frühgeschichte der<br />

DUR: „Unter dieser Decke (=DUR,A.G.) schwelten jedoch reichlich Gegensätze fort. Am<br />

augenfälligsten war der zwischen <strong>den</strong> rheinhessischen ´Urgemein<strong>den</strong>` und der Gesamtheit der<br />

´Neuen`. Die Urgemein<strong>den</strong> waren aus einer radikalliberalen Strömung des Protestantismus<br />

hervorgegangen, und zwar <strong>zu</strong> einer Zeit, als Begriffe wie ´Christ` und ´Christentum`<br />

dermaßen aufgeweicht waren, daß auch sie sich noch unter deren Dach wiederfin<strong>den</strong> konnten.<br />

Von unserem heutigen Verständnis her muß man sagen: Sie fühlten sich als ´Christen` ohne es<br />

<strong>zu</strong> sein; die entschei<strong>den</strong>de Grenzmarke, nämlich die <strong>zu</strong>m dogmatischen und sakramentalen<br />

Kirchenchristentum hatten sie auf je<strong>den</strong> Fall hinter sich gelassen und das einte sie mit uns.<br />

Den Namen ´Kirche` hatten sie bewußt aufgegeben...doch viele ihrer äußeren Formen<br />

spiegelten noch kirchliche Traditionen....<br />

Diese Gemein<strong>den</strong> setzten sich großenteils aus Weinbauern und damit verbun<strong>den</strong>en<br />

Erwerbszweigen <strong>zu</strong>sammen, weniger also aus Schichten mit intellektueller Bildung und mit<br />

dem Bedürfnis, an geistigen Fragen ständig weiter selbstständige Grundlagenarbeit <strong>zu</strong><br />

leisten...<br />

Bei uns ´Rechtsrheinern` sah all dies genau entgegengesetzt aus. Unsere Gemein<strong>den</strong><br />

entstan<strong>den</strong> in Groß- und Mittelstädten. Sie gründeten sich auf sogenannte ´gebildete Laien`<br />

aus sozialen Schichten der gekennzeichneten Art. Von einer präziseren Fassung des Begriffs<br />

´Christentum` ausgehend, lehnten die meisten von uns es mit Nachdruck ab, ihn als<br />

48 GLAUBEN p.233


Selbstbezeichnung weiter<strong>zu</strong>führen. Ebensowenig kam Anlehnung an kirchliche<br />

Amtsbezeichnungen oder Bräuche für uns in Betracht“. 49<br />

Die Differnzen wer<strong>den</strong> von DUR-Seite als Brauchtumsprobleme und ein soziologisches<br />

Stadt-Landgefälle heruntergespielt. Die nationalpolitische Komponente, die bei <strong>den</strong><br />

Stellungnahmen der Urgemein<strong>den</strong> immer wieder angesprochen wird, wenn auch<br />

verklausuliert wegen der Besat<strong>zu</strong>ngsmächte, wird bei <strong>den</strong> Deutsch-<strong>Unitariern</strong> gänzlich<br />

ausgeblendet. Aus ihrer Sicht stehen - etwas polemisch formuliert - hier intellektuell etwas<br />

minderbemittelte Landeier <strong>den</strong> gebildeten, anspruchsvollen städtischen Individualisten der<br />

Neu-Unitarier gegenüber. Natürlich hat es unter <strong>den</strong> ´Neuen` viele akademisch gebildete<br />

Nazi-Ideologen gegeben. Allerdings war und ist die Nazi-Ideologie eine kollektivistische, auf<br />

<strong>den</strong> Vorrang von Volk und Rasse gegenüber dem Individuum gerichtete. Da<strong>zu</strong> passen auch<br />

die Verschmel<strong>zu</strong>ngsphantasien der All-Einheit vorzüglich. Daß scharfe Machtkäpfe mit<br />

unfairen Mitteln ausgetragen wur<strong>den</strong>, hat mit Individualismus wenig <strong>zu</strong> tun und ist vielleicht<br />

ein Nachwirken des all<strong>zu</strong> stark verinnerlichten Führerprinzips. Je<strong>den</strong>falls wird die<br />

Aufgesetztheit dieser Unterscheidung sehr klar, wenn man sich die gottgläubigen<br />

dithmarschen Blu-Bo-(Blut und Bo<strong>den</strong>)Streiter auf der ideologischen Grundlage Frenssens<br />

vorstellt, fürwahr würdige Vertreter urbanen Geisteslebens...<br />

Aus der Sicht der freiprotestantischen Gegenspieler der DUR sieht die Sache so aus: „Nach<br />

dem Zusammenbruch 1945 sammelten sich in <strong>den</strong> Reihen der <strong>Deutschen</strong> Unitarier zahlreiche<br />

Menschen, die während des Dritten Reiches aus der Kirche ausgetreten waren und sich <strong>zu</strong>m<br />

Teil im NS-Staat stark exponiert hatten. Diese Kräfte suchten in <strong>den</strong> ´Urgemein<strong>den</strong><br />

Rheinhessen` Fuß <strong>zu</strong> fassen und von hier aus über <strong>den</strong> Gesamtverband der <strong>Deutschen</strong><br />

Unitarier größeren Einfluß <strong>zu</strong> erlangen. Die Gefahr oder die Möglichkeit neofaschistischer<br />

Ten<strong>den</strong>zen wurde damals vom Vorstand der Religionsgemeinschaft erkannt, und es erfolgte<br />

die absolute Loslösung von <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong>“. 50<br />

Warum diese intensive Beschäftigung mit der Spaltung von 1953/54 ? Was diesem Thema<br />

Brisanz verleiht ist die Frage der Kontinuität. Beide Seiten reklamieren die historische<br />

49 Hans-Dietrich Kahl: Strömungen. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier seit 1945 – ein kritischer Rückblick. <strong>Unitarisch</strong>e<br />

Hefte 4 München 1989 p.22 – Im Folgen<strong>den</strong> zitiert als STRÖMUNGEN.<br />

50 Stephan Kalk: Zur Auseinanderset<strong>zu</strong>ng von Freiprotestanten und Deutschunitariern. Alzey 1999 p.29.


Kontinuität mit <strong>den</strong> Freiprotestanten von 1876 für sich. Im Fall der Freien<br />

Religionsgemeinschaft Alzey und der von ihr geführten Gruppe ist der Sachverhalt klar. Sie<br />

stehen unzweifelhaft in dieser Kontinuität.<br />

Nicht so klar ist dies bei <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong>. Zweifellos liegt hier ein Bruch vor<br />

verbun<strong>den</strong> mit einer Neugründung. Aber berechtigt dies, ihnen jegliche Kontinuität mit <strong>den</strong><br />

alten unitarischen Freiprotestanten ab<strong>zu</strong>sprechen? Einige Elemente weisen doch auf einen<br />

dünnen Fa<strong>den</strong> der Kontinuität hin. Da wäre <strong>zu</strong>nächst als Bindeglied Rudolf Walbaum <strong>zu</strong><br />

nennen. Er hat auch die ´unitarische Trias` an die Deutsch-Unitarier weitergegeben, wie<br />

gering auch deren Rolle <strong>zu</strong>nächst im Selbstverständnis der Neu-Unitarier gewesen sein mag.<br />

Beschei<strong>den</strong>e personelle Kontinuitäten 51 hat es innerhalb der Mitgliedschaft auch gegeben.<br />

Je<strong>den</strong>falls ist die Frage nicht leicht und eindeutig <strong>zu</strong> klären. 52<br />

Man kann aber unschwer nachvollziehen was sich in <strong>den</strong> Jahren 1945 bis 1954 ereignet hat:<br />

Pfarrer Robert Walbaum schwärmt aus, um in <strong>den</strong> Internierungslagern Personen aus <strong>den</strong><br />

Bereichen der Deutschgläubigen, Gottgläubigen und anderer einschlägiger Gruppen <strong>zu</strong><br />

rekrutieren. Diese waren organisatorisch ´heimatlos` gewor<strong>den</strong>, da ihre alten Verbände von<br />

<strong>den</strong> Alliierten als Nazivorfeldorganisationen verboten wor<strong>den</strong> waren. Da war die neue<br />

Heimat, die Walbaum anbot, mehr als willkommen. Man fand Unterschlupf unter dem<br />

schützen<strong>den</strong> Schirm des <strong>Unitariern</strong>amens, der bei <strong>den</strong> Besat<strong>zu</strong>ngsmächten Ansehen genoß. 53<br />

Darüber hinaus war die Rechtspersönlichkeit, die die Freiprotestanten <strong>zu</strong> bieten hatten, von<br />

51 Zu diesem Punkt sind Stellungnahmen sowohl von Martin Grünewald (DUR) als auch von Pfarrer Stephan<br />

Kalk bei mir eingelangt. Daraus ergibt sich in etwa folgendes Bild: Die Urgemein<strong>den</strong> waren Alzey,<br />

Bermersheim,Dintesheim, Eppelsheim,Flomborn, Framersheim,Gau-Heppenheim, Gau-Odernheim, Hangen-<br />

Weisheim, Hochborn, Monzernheim, Osthofen, Rheindürkheim, Spiesheim, Westhofen, Wonsheim und Worms.<br />

Bei dem Exodus der Urgemein<strong>den</strong> sind einzelne Gemeindeleiter im Verband der DUR geblieben, <strong>den</strong>en sich<br />

mitunter auch etliche Mitglieder anschlossen – in wahrnehmbarer Zahl offenbar in Osthofen, Flomborn, Worms<br />

und Oberflörsheim.. Die genauen Zahlen lassen sich heute wohl kaum mehr ermitteln. Unstreitig ist aber, daß<br />

der Aus<strong>zu</strong>g der Urgemein<strong>den</strong> ein weitestgehend mehrheitlicher war, es aber dessen ungeachtet ein – wenn auch<br />

sehr kleines – Kontingent an personellem Verbleib in der DUR gab.<br />

52 Alzey weist <strong>den</strong> Anspruch der DUR auf diese Kontinuität je<strong>den</strong>falls entschie<strong>den</strong> <strong>zu</strong>rück und hat <strong>zu</strong> diesem<br />

Zweck im Nov./Dez. 1999 eine Dokumentation ´Zur Auseinanderset<strong>zu</strong>ng von Freiprotestanten und<br />

Deutschunitariern` herausgegeben, aus der sie auf ihrer Web-Site folgendes zitieren: „...als die DUR e.V. bis in<br />

die allerjüngste Vergangenheit immer wieder <strong>den</strong> historisch falschen und irreführen<strong>den</strong> Versuch unternommen<br />

hat, ihre eigene Existenz aus der Geschichte der rheinhessischen Freiprotestanten heraus <strong>zu</strong> begrün<strong>den</strong>“.<br />

53 Da<strong>zu</strong> bei Stephan Kalk. Zur Auseinanderset<strong>zu</strong>ng von Freiprotestanten und Deutschunitariern eine sehr<br />

plastische Schilderung: „Nach dem Zusammenbruch des sogenannten ´Großdeutschen Reiches` am 8.Mai 1945<br />

wur<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Alliierten zahlreiche Personen , die im NS-Regime mitgearbeitet hatten oder ihm auch nur<br />

nahestan<strong>den</strong>, in Internierungslager verbracht. Von <strong>den</strong> Beauftragten der Militärregierung wurde dieser<br />

Personenkreis zahlreichen Verhören unterzogen. Dabei erforschte man nicht nur die politische Gesinnung,


hohem Wert. 54 (Um nicht das Mißtrauen der Alliierten <strong>zu</strong> wecken, sprachen die<br />

Freiprotestanten auch so unklar von ´Parteipolitik`, wenn sie das NS-Gedankengut ihrer<br />

völkischen Widersacher meinten). Bei einem Kräfteverhältnis von etwa 5:1 wur<strong>den</strong> die<br />

Urgemein<strong>den</strong> rasch an <strong>den</strong> Rand gedrängt und schließlich hinausgeekelt. <strong>Unitariern</strong>ame und<br />

Organisation befan<strong>den</strong> sich nun in der Hand der Neu-Unitarier, die ich treffender als Unitas-<br />

Arier bezeichnen möchte, waren dies doch die Grundpfeiler ihres Selbstverständnisses.<br />

Die Frage der Kontinuität im Falle der von Unitas-Ariern übernommenen DUR ist in einem<br />

Punkt ganz eindeutig: Sie steht in Kontinuität <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Deutschgläubigen und<br />

Gottgläubigen der NS-Zeit. 55<br />

Wie ging es weiter? Wie sahen die nunmehr weitgehend um die Urgemein<strong>den</strong> reduzierten<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier aus? Lassen wir wieder Hans-Dietrich Kahl <strong>zu</strong> Wort kommen. Er<br />

beschreibt die vorhan<strong>den</strong>en Strömungen der DUR. In idealtypischer Weise unterscheidet Kahl<br />

zwei Hauptgruppen, die er Freiprotestanten und Gottgläubige nennt, ohne daß dies deren<br />

Selbstbezeichnung gewesen wäre. Man muß im Auge behalten, daß jene, die er<br />

Freiprotestanten nennt, durch <strong>den</strong> mehrheitlichen Abgang der Urgemein<strong>den</strong> entschei<strong>den</strong>d<br />

geschwächt waren. Kahl verspürt deshalb auch gewisse Skrupel, die Bezeichnung<br />

Freiprotestanten für diese Gruppierung <strong>zu</strong> verwen<strong>den</strong> und rechtfertigt dies folgendermaßen:<br />

„Das Recht, diesen Namen für die bezeichnete Sondergruppierung auf<strong>zu</strong>greifen, entnehme ich<br />

der Tatsache, daß ihre Vertreter sich in allem Wesentlichen rückhaltlos mit <strong>den</strong> Urgemein<strong>den</strong><br />

und ihrer Tradition i<strong>den</strong>tifizierten; sie taten dies so spürbar, daß sie andrerseits auch von dort<br />

sondern auch die religiöse Überzeugung. Viele Vernehmungsoffiziere...wußten mit dem Wort ´gottgläubig`<br />

nichts an<strong>zu</strong>fangen. Sich als ´gottgläubig` aus<strong>zu</strong>geben, war einer Rehabilitierung nicht förderlich.<br />

Der Zufall wollte es, daß ein Alzeyer Bürger auch in solch einem Internierungslager in der Nähe von<br />

Ludwigsburg landete. In <strong>den</strong> Gesprächen mit seinen Mitgefangenen erfuhr dieser Herr dann von diesem<br />

Problem. Dieser Alzeyer Bürger hatte von Herrn Pfarrer Walbaum...., der persönliche Kontakte <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Unitariern</strong> in <strong>den</strong> USA und in England unterhielt, irgendwann einmal etwas über die Unitarier gehört. Er gab nun<br />

seinen Mitgefangenen <strong>den</strong> Rat, sich bei <strong>den</strong> Vernehmungsoffizieren als ´unitarisch` ein<strong>zu</strong>führen – und diese<br />

Herren haben diese ´Kröte` auch geschluckt, <strong>den</strong>n im Gegensatz <strong>zu</strong> dem Begriff ´gottgläubig` wußten sie mit<br />

dem Begriff ´unitarisch` etwas an<strong>zu</strong>fangen, er paßte in ihr Vorstellungsschema“. p. 11.<br />

54 Da<strong>zu</strong> schreibt Kahl. „Nicht <strong>zu</strong>letzt waren die Urgemein<strong>den</strong> Hüter eine kostbaren Rechts<strong>zu</strong>standes, <strong>den</strong> sie in<br />

die Nachkriegszeit herübergerettet hatten...ihre Tradition reichte weit vor das kritische Jahr 1933 <strong>zu</strong>rück; anders<br />

als freigläubige Organisationen, die erst nach diesem Stichtag entstan<strong>den</strong>, waren sie schon dadurch von der<br />

Auflösung verschont geblieben. Doch der Besat<strong>zu</strong>ngs<strong>zu</strong>stand dauerte an – er wurde formell erst 1955<br />

aufgehoben“. STRÖMUNGEN p. 33<br />

55 So heißt es unter dem Stichwort Deutschreligiöse Bewegung in Der große Religionsführer München 1986<br />

lapidar: „In <strong>den</strong> Nachkriegsjahren entstehen dann vereinzelt neue deutschgläubige Organisationen , so ...die<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier/Religionsgemeinschaft, die Gemeinschaft der Gottgläubigen/Universal-Unitarier, der<br />

Klüter Kreis, die Religionsgemeinschaft der Gottgläubigen in Dithmarschen und der Riff-Kreis in Wiesba<strong>den</strong>“.<br />

p.144 .


wirkliche Anerkennung erfuhren, so daß es zwischen bei<strong>den</strong> niemals wirkliche Spannungen<br />

gab. Links- und rechtsrheinische Freiprotestanten bildeten eine in sich differenzierte, doch<br />

übergreifende Gemeinschaft...“ 56 Inhaltlich meint der Kahl´sche Freiprotestantismus „die<br />

Zusammenfassung der überkommenen altunitarischen Tradition mit ihrer unter Walbaum<br />

gewachsenen besonderen Ausprägung für <strong>den</strong> deutschen Kulturraum“. 57 Letzteres meint<br />

offenbar die von Walbaum vorgenommene Anpassung an das Gedankengut der NS-Zeit.<br />

Die Strömung der Freiprotestanten ist insofern von größter Bedeutung, als ihre verbleiben<strong>den</strong><br />

Restbestände das Bindeglied sind, das die DUR mit der Tradition der Freiprotestanten von<br />

1876 verbindet und sie damit nicht als bloße völkische Neugründung erscheinen läßt.<br />

Kommen wir nun <strong>zu</strong>r entschie<strong>den</strong>en Mehrheitsströmung der DUR, die Kahl als gottgläubig<br />

bezeichnet. Kahl charakterisiert sie in Gegenüberstellung <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Freiprotestanten, <strong>den</strong>en er<br />

sich selbst <strong>zu</strong>rechnet, mit diesen Worten: „Die Reformation in zeitgemäßer Form<br />

weiter<strong>zu</strong>führen, schien dieser Gruppe weniger wichtig als uns. Schärfer als wir suchten sie<br />

sich nach wie vor vom Christentum überhaupt ab<strong>zu</strong>setzen. Waren wir unchristlich, so neigten<br />

sie eher da<strong>zu</strong>, antichristlich und antikirchlich <strong>zu</strong> sein; verstan<strong>den</strong> wir unsere Position als eine<br />

nachchristliche, das heißt als eine, auf die die historische Entwicklung hingeführt hatte durch<br />

die christliche Phase unseres Volkes hindurch, so empfan<strong>den</strong> sie sich eher als ´heidnisch`,<br />

´christlich` war für sie vielfach <strong>zu</strong>m Reizwort, ja, gerade<strong>zu</strong> <strong>zu</strong>m Schimpf gewor<strong>den</strong>, und sie<br />

waren schnell bereit, ihn anderen als Vorwurf an<strong>zu</strong>hängen, um sie damit, wie sie meinten, <strong>zu</strong><br />

diffamieren, ohne daß man dabei <strong>den</strong> Eindruck <strong>zu</strong> gewinnen vermochte, sie hätten sich vorher<br />

um eine saubere Klärung dieses Begriffs bemüht. Die Reformation war ihnen weniger ein<br />

Ereignis<strong>zu</strong>sammenhang der deutschen Geschichte, der sie noch etwas anging, als ein solcher<br />

der Kirchengeschichte, mit der sie nichts <strong>zu</strong> tun haben wollten; daß ihre Weiterführung, wie<br />

wir sie verstan<strong>den</strong>, ja gleichfalls <strong>den</strong> Rahmen des Christlichen sprengte, waren sie wenig<br />

geneigt, <strong>zu</strong>r Kenntnis <strong>zu</strong> nehmen; daß im Begriff nachchristlich das Bild einer geschlossenen<br />

Tür enthalten war, die <strong>den</strong> christlichen Raum von uns trennt, ging ihnen kaum ein“. 58<br />

Wir können diesen Worten unschwer entnehmen, daß beide Fraktionen Gemeinsamkeiten<br />

hatten: dem Christentum gegenüber positiv eingestellt war keine von bei<strong>den</strong>. Betrachtete es<br />

56 STRÖMUNGEN p.25<br />

57 STRÖMUNGEN p.25<br />

58 STRÖMUNGEN p. 27


die eine als überholt , stand ihm die andere in offener Feindschaft gegenüber. Der<br />

Denkhorizont war bei bei<strong>den</strong> deutschnational verengt: Kahl und Gesinnungsfreunde sahen die<br />

Reformation als einen Teil der deutschen Geschichte, während die anderen nicht einmal mit<br />

diesem Anreiz dafür <strong>zu</strong> interessieren waren. In Wirklichkeit ist die Reformation ein<br />

welthistorisches Ereignis von gewaltiger Bedeutung für die Herausbildung der Moderne. Sie<br />

ist auch weit mehr als Luther und die von ihm begründete Konfession, die in ihren<br />

Auswirkungen hauptsächlich auf <strong>den</strong> europäischen Nor<strong>den</strong> plus Deutschland beschränkt<br />

blieb, während z.B. der Calvinismus einen im globalen Maßstab größeren Einfluß ausüben<br />

sollte. Der Unitarismus ist ein Kind des Calvinismus, in Polen, Siebenbürgen und <strong>den</strong> USA,<br />

was aber alles aus der Sicht beschränkter Deutschtümelei nicht so wichtig ist...<br />

Was hat Kahl noch <strong>zu</strong> sagen über die Fraktion der Gottgläubigen? Lassen wir ihn wieder <strong>zu</strong><br />

Wort kommen. „Waren wir (=die Kahl´schen Freiprotestanten,A.G.) auf Eigenständigkeit<br />

eingestellt und auf ein Wirken von der Basis nach oben hin, so bevor<strong>zu</strong>gten sie eher, und<br />

manche sehr konsequent, einen Zentralismus, der von oben nach unten für möglichste<br />

Einheitlichkeit sorgte...Hier schloß sich für viele auch die Vorstellung an, ein gemeinsamer<br />

Grundlehrbestand, nicht gar <strong>zu</strong> knapp, müsse entwickelt und als verbindlich festgeschrieben<br />

wer<strong>den</strong>, damit man doch wisse, woran man sei. Dabei wurde stark vor allem an das vierte der<br />

Hauptprinzipien angeknüpft, die Walbaum uns vorgestellt hatte, an die Aussage von der All-<br />

Einheit des Seins.(Unterstreichung von mir, A.G.) Das ´<strong>Unitarisch</strong>e` wurde dabei vor allem<br />

und wesentlich als Bezeichnung dieses Einheitsgedankens aufgefaßt, ohne Rücksicht darauf,<br />

daß es eine ältere begriffliche Prägung gab, die diesen Gedanken nur einer Reihe von älteren<br />

hin<strong>zu</strong>gefügt hatte als gleichsam jüngsten ´Jahresring` eines lebendigen, inneren Wachstums,<br />

und zwar hin<strong>zu</strong>gefügt, ohne daß darüber die Substanz der älteren aufgegeben wor<strong>den</strong> war.<br />

Die drei ersten jener vier Prinzipien – religiöse Freiheit, unbeschränkter Gebrauch der<br />

Vernunft auch in Sachen Religion und weitgehende Toleranz - , sie wur<strong>den</strong>, wie uns schien,<br />

von dieser Gruppierung weniger wichtig genommen; sie traten im Bewußtsein dieser<br />

´Gottgläubigen` wohl überhaupt <strong>zu</strong>rück“. 59<br />

„Das hatte Folgen auch für die Färbung der All-Einheits-Vorstellung...Die ´Gottgläubigen<br />

neigten eher da<strong>zu</strong>, auch hier bestimmte Einzelvorstellungen aus<strong>zu</strong>gestalten und<br />

59 STRÖMUNGEN p.27.


fest<strong>zu</strong>schreiben, <strong>zu</strong>m Beispiel in eindeutig pantheistischem Sinn, und sie empfan<strong>den</strong> ein<br />

solches Bemühen nicht als einengend, sondern als klärend“. 60<br />

„Daß es in der Situation unserer Zeit ganz entschei<strong>den</strong>d auf das Angehen gegen jede Form<br />

von Totalitarismus ankam, war vielen ´Gottgläubigen` wohl nur wenig bewußt...Man sprach<br />

damals bei uns noch nicht von jenem prinzipiellen Um<strong>den</strong>ken, das unerläßlich bleibt, wenn<br />

man von <strong>den</strong> hinter uns liegen<strong>den</strong> Kulturtraditionen her <strong>den</strong> unitarischen Ansatz wenigstens<br />

verstehen sollte“(Unterstreichung von mir, A.G.) 61<br />

Was hier so dezent mit <strong>den</strong> ´hinter uns liegen<strong>den</strong> Kulturtraditionen` gemeint ist, ist wohl das<br />

Gedankengut des Nationalsozialismus!<br />

Aber weiter mit Kahl: „Ein letzter Unterschied betraf die Einstellung <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Verbindungen<br />

weltweiter Art, die das Unitariertum von seinem Wesen her einschloß...Den ´Gottgläubigen`<br />

waren sie, wie es schien, willkommen, soweit diese Verbindungen helfen konnten, in der<br />

gegebenen Notsituation nach dem Krieg <strong>den</strong> neu entstehen<strong>den</strong> Gemein<strong>den</strong> Entfaltungsfreiheit<br />

<strong>zu</strong> schaffen; als Überzeugungsangelegenheit aufgenommen wur<strong>den</strong> sie kaum. Dafür trug<br />

diese Religiosität stark betont national-politisch völkische Züge, wie sie vorher in <strong>den</strong> nun<br />

aufgelösten Organisationen von ´Gottgläubigen` selbstverständlich gewesen waren. Vielfach<br />

bestand der Wunsch, auch die Religionsgemeinschaft als Ganzes in einem solchen Sinn <strong>zu</strong><br />

prägen“ 62<br />

Was Kahl in dezenter, verständnisvoller Wortwahl hier über die Stömung der Gottgläubigen<br />

ausgesagt hat, läßt sich wie folgt <strong>zu</strong>sammenfassen:<br />

Die Gottgläubigen sahen keine Notwendigkeit, mit totalitären Vorstellungen klar <strong>zu</strong><br />

brechen. Sie beriefen sich auf die Unitas-Vorstellung, der sie mit durchaus<br />

diktatorischen Mitteln <strong>zu</strong>m Durchbruch verhelfen wollten. Die alte unitarische Trias<br />

aus Freiheit, Verstandesgebrauch und Toleranz in der Religion erschien ihnen<br />

demgegenüber ziemlich bedeutungslos. Den internationalen Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>m Unitariertum<br />

60 STRÖMUNGEN p. 28.<br />

61 STRÖMUNGEN p.28f.<br />

62 STRÖMUNGEN p.29.


schätzten sie nur insofern, als er ihnen als Schutzschirm gegenüber <strong>den</strong><br />

Besat<strong>zu</strong>ngsmächten diente.<br />

Verwunderlich ist dies nicht, wenn man ihre ideologische Prägung durch die NS-Zeit<br />

berücksichtigt. Mit Unitarismus hat dies herzlich wenig <strong>zu</strong> tun. Es handelt sich offensichtlich<br />

um Unitas-Arier und nicht um Unitarier im herkömmlichen Sinn. Der <strong>Unitariern</strong>ame war<br />

eine usurpierte Hülle ohne inhaltliche Substanz.<br />

3.5. Die weitere Entwicklung.<br />

Wie ging es weiter mit der DUR? Sehen wir uns an, was sich so tat in der um die Original-<br />

Freiprotestanten weitestgehend gereinigten Organisation. Nun ist es keineswegs Aufgabe<br />

dieser Arbeit, eine detaillierte Geschichte der <strong>Deutschen</strong> Unitarier vor<strong>zu</strong>legen. Es geht uns<br />

hier nur um <strong>den</strong> Aspekt der Verstrickung mit nationalsozialistischem und sonstigem<br />

rechtsextremen Gedankengut. In diesem Sinne war die Entwicklung von 1945 bis <strong>zu</strong>r<br />

Spaltung von 1953/54 genauer <strong>zu</strong> behandeln. Jetzt kann summarischer vorgegangen wer<strong>den</strong>.<br />

Die nationalsozialistische Vorprägung der DUR-Gründer wurde hinreichend geklärt.<br />

Nun ist eine Bemerkung grundsätzlicher Natur angebracht. Wie verhält man sich gegenüber<br />

Menschen mit einem derartig inhumanen geistigen Hintergrund wie dem des<br />

Nationalsozialismus? Sie sind und bleiben Menschen. Auch Nationalsozialist/inn/en können<br />

in <strong>den</strong> Schoß der zivilisierten Menschheit <strong>zu</strong>rückkehren. Einmal Nazi bedeutet nicht<br />

zwangsläufig immer Nazi. In diesem Sinne ist eine Hinwendung <strong>zu</strong> diesem gewiß sehr<br />

problematischen Menschenschlag in seelsorgerischer Hinsicht nicht aus<strong>zu</strong>schließen.<br />

Um jeman<strong>den</strong> mit einem solchen unerquicklichen Background in der eigenen<br />

Religionsgemeinschaft <strong>zu</strong> akzeptieren ist allerdings ein konsequenter Bruch mit dem alten<br />

Gedankengut unerläßlich. Eine Metanoia, eine vollständige oder <strong>zu</strong>mindest weitgehende<br />

Umkehr, das Buße-Tun in der judeo-christlichen Tradition. Der/die Neubekehrte muß dem<br />

bisherigen Denken und Tun abschwören und einen tatsächlichen, bewußten Neubeginn<br />

setzen. Nun, teutsches Blut hört derlei jüdisch-christliche Rede nicht gern, aber auch Fans der<br />

alten Germanen kennen die Initiationsriten beim Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt. Der<br />

alte Mensch stirbt, der neue wird geboren – alles symbolisch.


Bei <strong>den</strong> Unitas-Ariern ist der alte Mensch nicht gestorben. Er hat überlebt und nur ein<br />

neues Gewand angezogen. Allerdings waren nicht alle <strong>Deutschen</strong> Unitarier Unitas-Arier<br />

und manche/viele(?) haben sich weiterentwickelt.<br />

Sehen wir uns die Nachkriegslebensläufe zweier bemerkenswerter Vertreter der <strong>Deutschen</strong><br />

Unitarier an, <strong>den</strong>en wir bereits begegnet sind: Herbert Böhme und Eberhard Achterberg.<br />

Was hat uns Wikipedia über Böhmes Nachkriegsentwicklung <strong>zu</strong> berichten?<br />

„Durch seine Bekanntheit als ´SA-Lyriker` war Böhme nach 1945 einer der wichtigsten<br />

rechtsextremen Kulturfunktionäre der jungen Bundesrepublik. Er war 1949 Gründer und<br />

Leiter des Türmer-Verlags. Böhme war Mitglied im Witiko-Bund und gründete <strong>zu</strong>r Pflege<br />

nationalistischen Kulturgutes 1950 das Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG).<br />

Bis <strong>zu</strong> seinem Tod 1971 war er dessen Präsi<strong>den</strong>t......<br />

Während seiner Inhaftierung...engagierte sich Böhme in religiöser Hinsicht. Im<br />

Internierungslager Hohenasperg beteiligte er sich 1947 an der Gründung einer Gruppe der von<br />

Rudolf Walbaum geleiteten Religionsgemeinschaft Freier Protestanten-Deutsche Unitarier.<br />

Walbaum bestimmte Böhme 1947 <strong>zu</strong>m Ersten Sprecher des ´Klütkreises` (Arbeitskreis für<br />

Grundsatzfragen). Diese Position hielt er bis Anfang 1955 inne. Auf der Hauptversammlung<br />

der <strong>Deutschen</strong> Unitarier 1950 war er an der Umbenennung und Sat<strong>zu</strong>ngsänderung in<br />

Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft e.V. beteiligt. Bis 1954 war Böhme Erster<br />

Sprecher der <strong>Deutschen</strong> Unitarier. In einem Nachruf bescheinigt Eberhard Achterberg,<br />

Böhme habe die Religionsgemeinschaft ´ganz entschei<strong>den</strong>d geprägt und bestimmt.`<br />

...1965 wurde er Mitglied der NPD sowie Mitbegründer des Arbeitskreises Volkstreuer<br />

Verbände(AVV). 1970 war er Mitbegründer der Aktion Widerstand und der ´<strong>Deutschen</strong><br />

Bürgergemeinschaft`.“<br />

Man sieht, der Mann war konsequent. Er blieb seiner Überzeugung ein Leben lang treu. Für<br />

ihn gilt: Einmal ein Nazi, immer ein Nazi. Ein solcher war er zweifellos auch während seiner<br />

Jahre als Chefideologe der DUR.<br />

Sehen wir uns <strong>den</strong> zweiten Teil der Biographie von Eberhard Achterberg an. Darüber weiß<br />

uns Wikipedia <strong>zu</strong> berichten: „Achterberg leugnete seine NS-Vergangenheit nie und setzte sich


öffentlich als einstmals ´Dabei- und Dafürgewesener` mit ihr auseinander. In einem Brief an<br />

Erich Fried 63 schrieb er 1983:<br />

Ein halbes Jahrhundert ist seit unserer ´Machtergreifung` vergangen. Immer noch das<br />

Rätselraten, wie es da<strong>zu</strong> kommen konnte. Nur wir, die wir damals aus Überzeugung<br />

aktiv dabei waren, wir müssen immer noch schweigen; wir dürfen nicht sagen, was uns<br />

damals bewegte, wie es in der Republik aussah. Unser Beitrag <strong>zu</strong>r Erhellung dessen, was<br />

vor 1933 gewesen war, ist unerwünscht. Man will immer nur die Zeitzeugen hören, die<br />

alle schon damals ´dagegen` waren. Das gibt doch zwangsläufig ein falsches Bild und<br />

trägt darum meiner Meinung nach nicht da<strong>zu</strong> bei, <strong>den</strong> Gefahren der Zukunft vor<strong>zu</strong>beugen.<br />

Und die neuen Anzeichen sind beängstigend. Ich sehe die Gefahr nicht in <strong>den</strong> ´Neo-<br />

Nazis`, ich sehe sie mit großer Sorge in der wachsen<strong>den</strong> Ausländerfeindlichkeit, in dem<br />

noch immer wirksamen alten NS-Feindbild des Kommunismus, in der Volksstimmung für<br />

Todesstrafe, in dem Widerstand gegen eine Liberalisierung im Strafvoll<strong>zu</strong>g, im Strafrecht<br />

und im Sexualbereich (§ 218 und § 175). Ich sehe eine Gefahr in der <strong>zu</strong>nehmen<strong>den</strong><br />

Gewaltanwendung seitens der ´Obrigkeit` gegen die Bürger, in der Diskriminierung der<br />

Frie<strong>den</strong>sbewegung und der Einschränkung von Grundrechten. Weil ich damals aktiv und<br />

überzeugt dabei war, deshalb trete ich dafür ein, daß sich eine solche Entwicklung nicht<br />

wiederholen darf.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Achterberg mit seiner Familie in Schleswig-Holstein. Er<br />

stellte seine publizistische Arbeit bei <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> auf eine neue Grundlage, die<br />

stark durch Albert Schweitzer geprägt war. Achterberg war einer ihrer wichtigsten<br />

Meinungsbildner und ´herausragen<strong>den</strong> Exponenten` und arbeitete 14 Jahre lang als<br />

Schriftleiter der Zeitschrift Glaube und Tat – Deutsch-unitarische Blätter (heute: unitarische<br />

blätter) wo ihn hauptsächlich Themen mit Fragen der Wertorientierung, der antiautoritären<br />

Erziehung, der Gesellschaftspolitik und des persönlichen Miteinanders beschäftigt<br />

haben...Kurz vor seinem Tod wurde Achterberg 1983 <strong>zu</strong>m ´Leiter des Geistigen Rates`der<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier gewählt“.<br />

Wir sehen zwei sehr unterschiedliche Lebensläufe. Beide waren überzeugte und engagierte<br />

Nazis. Nach 1945 schlugen sie eine jeweils andere Richtung ein. Der eine blieb dem<br />

völkischen Gedankengut treu, der andere entwickelte sich weiter. Allerdings dienten sie<br />

beide eine zeitlang derselben Organisation – der DUR. In gewisser Weise war Achterberg als<br />

63 Erich Fried (1921-1988) war ein bedeutender Lyriker, Übersetzer und Essayist österreichisch-jüdischer<br />

Herkunft, einer der bedeutendsten Linksintellektuellen der Zeit nach dem II.Weltkrieg.


´Leiter des Geistigen Rates` sogar ein direkter Nachfolger Böhmes, war doch der Klütkreis<br />

durch <strong>den</strong> ´Geistigen Rat` ersetzt wor<strong>den</strong>.<br />

Böhme verließ die DUR 1954/55. Offenbar sah er woanders einen vielversprechenderen<br />

Bo<strong>den</strong> für seine rechtsextremen Bemühungen. Sein Abgang war allerdings kein totaler: er<br />

hielt auch in <strong>den</strong> 1960er-Jahren noch Vorträge und Feierstun<strong>den</strong> für die DUR, seine Schriften<br />

wur<strong>den</strong> innerhalb der DUR vertrieben bzw. als Buchprämien für erfolgreiche<br />

Abonenntenwerbung verschenkt. 64<br />

Die Entwicklung Achterbergs weist darauf hin, daß es die von Kahl angesprochenen<br />

´Freiprotestanten` tatsächlich in der DUR gab. Nicht alle waren Unitas-Arier. Eine langsame<br />

Entwicklung hin <strong>zu</strong> nicht so ausgeprägten Nachfolge-NS-Positionen setzte ein. Da<strong>zu</strong> trug<br />

gewiß die internationale Ebene entschei<strong>den</strong>d bei. !969 trat die DUR der International<br />

Association for Religious Freedom (IARF) als assoziiertes, im Jahre 1975 als Vollmitglied<br />

bei. Dies mag auf <strong>den</strong> ersten Blick befremdlich erscheinen, hatte doch schon Walbaum seit<br />

1910 dort mitgewirkt und es bereits 1948 Versuche gegeben, diese Kontakte wieder<br />

auf<strong>zu</strong>nehmen. Die offizielle Geschichtsschreibung der DUR nennt zwei Gründe für dieses<br />

jahrzehntelange Versäumnis, die uns nach dem bisherigen kein bißchen überraschen:<br />

„Einerseits gab es bei <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> undifferernzierte antichristliche Ten<strong>den</strong>zen,<br />

die bereits <strong>zu</strong>r Trennung von <strong>den</strong> Urgemein<strong>den</strong> beigetragen hatten. Undifferenziert, da sie<br />

nicht unterschie<strong>den</strong> zwischen <strong>den</strong> Kirchen mit ihren dogmatischen Ansprüchen auf absolute<br />

Wahrheiten und <strong>den</strong> Gemeinschaften der IARF, die zwar teilweise christlich geprägt waren,<br />

aber <strong>den</strong>noch (!!!A.G.) für religiöse Freiheit, Vernunft und Toleranz eintraten.<br />

Andrerseits verführte der latente Trennungsschmerz – von <strong>den</strong> religiösen Einflüssen ihrer<br />

Jugend – die erste Generation der Kirchenfreien...all<strong>zu</strong>leicht <strong>zu</strong> Ressentiments und<br />

emotionalen antichristlichen Urteilen. Eine unbelastete vorurteilsfreie Einstellung brauchte<br />

weiteren Abstand. So kamen der damalige Präsi<strong>den</strong>t Erich Schärff und die Leiterin des<br />

Außenamtes Elke Lazarrage nach ihrer Teilnahme am 18.IARF-Kongreß 1964 in Den Haag<br />

<strong>zu</strong> der Einschät<strong>zu</strong>ng, die IARF sei <strong>zu</strong> christlich eingestellt. Eine Einschät<strong>zu</strong>ng, die später<br />

bedauert und revidiert wurde.<br />

Weiterhin gab es bei <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> Strömungen, die das Wort ´deutsch` im<br />

Namen der Gemeinschaft nicht nur als Kennzeichnung der Sprache, des kulturellen Einflusses<br />

64 Siehe Peter Kratz: Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von ´Neuem Denken`, Faschismus und<br />

Romantik.Berlin 1994 p. 323.


und der individuellen Tradition innerhalb der wünschenswerten Vielfalt der internationalen<br />

unitarischen Ausprägungen und Gemeinschaften verstehen wollten. Sie sahen in der<br />

deutschen Religions- und Geistesgeschichte, in einem religiösen Volkscharakter die einzig<br />

prägen<strong>den</strong> Elemente ihrer Religion, die es <strong>zu</strong> schützen gelte“. 65<br />

Ein wichtiger Schritt <strong>zu</strong>r schleichen<strong>den</strong> ´Unitarisierung` der DUR war die Teilnahme einer<br />

Delegation 1968 an der 400-Jahrfeier der transsilvanischen <strong>Unitarisch</strong>en Kirche sowie die<br />

Überset<strong>zu</strong>ng eines Buches des kanadischen Unitariers Phillip Hewitt ins Deutsche (Koexistenz<br />

der Gegensätze). Die Berührung mit genuin unitarischem Denken trug da<strong>zu</strong> bei, <strong>den</strong> engen,<br />

beschränkten, nationalistischen Horizont der <strong>Deutschen</strong> Unitarier <strong>zu</strong> erweitern.<br />

Es gab also mindestens zwei Flügel in der DUR: Die Gemäßigteren und die Unitas-Arier.<br />

Deutsch waren beide. Ich möchte die moderate Fraktion als Deutsch-Unitarier bezeichnen.<br />

Man war generell dem Deutschtum verbun<strong>den</strong>, was sich nicht nur in der Organisations-<br />

Bezeichnung Deutsche Unitarier, Bund Deutsch-unitarischer Jugend zeigte. Es gab keine<br />

Redaktion sondern eine Schriftleitung, in allen Lebenslagen gab es eine entsprechende Leite –<br />

Jugendleite, Eheleite usw. Ein Zeltlager für Jugendliche war ein Jugendthing. Schließlich gab<br />

man sich noch ein Symbol, das von jedem/r Unbefangenem/r sofort als Runensymbol<br />

i<strong>den</strong>tifiziert wird. Man bildete für sich so<strong>zu</strong>sagen ein deutschtümelndes Biotop, das mit dem<br />

sonstigen völkischen Milieu durch zahlreiche Berührungspunkte verbun<strong>den</strong> war. Und da<br />

völkisch in der Bundesrepublik deckungsgleich mit rechtsextrem war, ist es nicht<br />

verwunderlich, wenn Außenstehende, die <strong>den</strong> DUR nicht besonders gewogen waren, sie mit<br />

dem rechtsextremen Rand der bundesdeutschen Gesellschaft assoziierten. Aber da<strong>zu</strong> kommen<br />

wir später noch.<br />

An diesem Punkt erscheint es angebracht, noch eine Person vor <strong>den</strong> Vorhang <strong>zu</strong> holen, die<br />

sehr großen Einfluß auf die geistige Entwicklung der DUR hatte und hat. Die Rede ist von<br />

Sigrid Hunke (1913-1999). Wikipedia weiß folgendes über sie <strong>zu</strong> berichten: „Sie gilt als<br />

Vertreterin einer heidnischen Weltanschauung und Kritikerin des Christentums, bei<br />

gleichzeitiger Bewunderung für <strong>den</strong> Islam und das Arabertum.<br />

65 GLAUBEN 238f.


Hunke war auf lokaler Ebene und seit 1938 bei der Berliner Gaustu<strong>den</strong>tenführung führendes<br />

Mitglied des Nationalsozialistischen Stu<strong>den</strong>tenbundes (NSDStB) und seit 1.Mai 1937<br />

Mitglied der NSDAP.<br />

An der Friedrich-Wilhelms-Universität <strong>zu</strong> Berlin wurde sie bei dem einflußreichen<br />

Rassetheoretiker des Dritten Reichs Ludwig Ferdinand Clauß mit einer Dissertation über<br />

Herkunft und Wirkung fremder Vorbilder auf <strong>den</strong> deutschen Menschen 1941 promoviert. 1940<br />

bis 1941 war sie <strong>zu</strong>sammen mit ihrer Schwester Waltraud Hunke im ´Germanischen<br />

Wissenschaftseinsatz` der SS tätig; sie erhielt ein Stipendium des SS-Ahnenerbes und<br />

veröffentlichte in deren Zeitschrift Germanien.<br />

Das Christentum wurde von ihr als ´artfremd` und ´orientalistisch` bzw. ´jüdisch` abgelehnt;<br />

sie suchte nach eigenen europäischen Weltdeutungsmustern und germanischer Mystik...<br />

In <strong>den</strong> 1950er Jahren trat sie der <strong>Deutschen</strong> Unitarier Religionsgemeinschaft (DUR) bei,<br />

deren Vizepräsi<strong>den</strong>tin sie von 1971 bis 1983 war. Später wurde sie auch Ehrenvorsitzende der<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier. Sie verließ dann jedoch die <strong>Deutschen</strong> Unitarier wegen angeblicher<br />

´Linksten<strong>den</strong>zen` und trat dem Bund Deutscher Unitarier – Religionsgemeinschaft<br />

europäischen Geistes (BDU) bei, der sich 1989 von der DUR abgespalten hat...<br />

Ab 1986 war Hunke ständige Mitarbeiterin im Thule-Seminar. Laut Felix Wiedemann war<br />

sie auch Mitglied dieser rechtsextremen Vereinigung. Sie publizierte auch in Elemente <strong>zu</strong>r<br />

Metapolitik, der Zeitschrift des Thule-Seminars...<br />

In ihren Büchern entwickelte sie u.a. auch eine Kritik des westlichen Liberalismus, die auch<br />

die Neue Rechte in Europa prägte. Diese Kritik hat ihr einige Zustimmung auf der politischen<br />

Rechten eingebracht, soweit diese nicht christlich geprägt war. So hatte sie großen Einfluß auf<br />

<strong>den</strong> Vor<strong>den</strong>ker der gegen <strong>den</strong> ´jüdisch-christlichen Dualismus` orientierten französischen<br />

Nouvelle Droit, Alain de Benoist. Pierre Krebs, ein Vor<strong>den</strong>ker der Neuen Rechten in<br />

Deutschland und Gründer des Thule-Seminars, hob die i<strong>den</strong>titätspolitischen Arbeiten Hunkes<br />

hervor und nannte sie eine ´Zauberin des Lebens, als heilige Bewahrerin der I<strong>den</strong>tität, der<br />

Herkunft und des Erbes`.“<br />

Sigrid Hunke kann mit Fug und Recht als Theoretikerin der Unitas-Arier angesprochen<br />

wer<strong>den</strong>. Die Unitas ist ihr heilig und da verfälscht sie schon gern die historischen Fakten. In<br />

ihrem Hauptwerk Europas eigene Religion stellt sie fest: „Unter ihnen (=<strong>den</strong><br />

Religionsgemeinschaften,A.G.) ist heute die Religionsgemeinschaft der Unitarier nach Alter,<br />

Tradition und Verbreitung die bedeutendste. Ihr geistiger Ursprung liegt nicht (wie fälschlich


viele Lexika informieren) bei <strong>den</strong> ´Antitrinitariern`, die sich zwar ebenfalls Unitarier<br />

nannten, einer christlichen von dem Spanier Michael Servet begründeten, entsprechend der<br />

Einzigkeit Gottes im Islamstreng monotheistischen Bewegung, die das Dogma der<br />

Dreieinigkeit ablehnte; sie existieren heute noch in Ungarn und Siebenbürgen.....<br />

Dagegen versteht sich seit langem der Unitarismus, besonders in Deutschland, als<br />

eigenständige Religion in europäischen Sinne und als in der geistigen Tradition ihrer großen<br />

Verkünder stehend. Diese Unitarier leiten ihren Namen von dem Begriff der ´unitas`ab, d.h.<br />

der Einheit und Wesensi<strong>den</strong>tität des Göttlichen mit dem gesamten Universum und dem<br />

Menschen, womit sie sich wie ihre Vorgänger absetzen gegen die dualistische Trennung von<br />

Gott und Welt, Gott und Mensch, Jenseits und Diesseits. (Unterstreichung von mir,A.G.)Der<br />

Unitarismus ist jedoch nicht nur über Europa verbreitet, im Westen vor allem in Holland und<br />

England, wo die unitarische Religion seit 1844 als gleichberechtigt neben <strong>den</strong> anderen<br />

Religionen anerkannt ist – sondern sehr stark in <strong>den</strong> USA , wo die religiösen Ketzer Europas<br />

und ganze Ketzergruppen immer wieder Schutz vor der christlichen Verfolgung gesucht<br />

haben“. 66<br />

Von ähnlicher wissenschaftlicher Qualität ist das ganze Buch. Da wird, fernab von<br />

religionswissenschaftlichen Kenntnissen, eine europäische (=indogermanische) Unitas-<br />

Religion konstruiert, die im Kampf liegt mit dem jüdisch-christlichen, pardon, orientalischen<br />

Dualismus. In diese Ahnengalerie wird von <strong>den</strong> alten Griechen über christliche Mystiker bis<br />

<strong>zu</strong> Goethe und Nietzsche alles mögliche hineinreklamiert, um dem ganzen ein respektables<br />

Gesicht <strong>zu</strong> geben.<br />

All dies hat Hunke als Vizepräsi<strong>den</strong>ten der DUR vertreten. Wieweit ihre Ideologie bis heute<br />

bei <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> lebendig ist, möge jede/r für sich entschei<strong>den</strong>...<br />

3.6. Die Unitas-Arier verlassen die DUR<br />

Nichtsdestotrotz kam es 1988 <strong>zu</strong>r zweiten Spaltung der DUR. Diesmal verließ der harte Kern<br />

der Unitas-Arier die DUR. Hunke war in ihren Publikationen <strong>den</strong>n doch <strong>zu</strong> weit gegangen.<br />

In der offiziellen Geschichtsschreibung der DUR wird dies so formuliert: „So knüpfte Hunke,<br />

auch wenn sie scheinbar überwiegend geistes- und religionswissenschaftlich argumentierte,<br />

66 Sigrid Hunke: Europas eigene Religion. Der Glaube der Ketzer. Bergisch Gladbach 1981 p. 397.


an die völkischen Vorstellungen einer artgemäßen Religiosität von Wilhelm Hauer (=der<br />

Gründer der Deutschgläubigen, AG.) an.<br />

Die Religion der <strong>Deutschen</strong> Unitarier wollte Hunke allein auf ihre Darstellung als Europas<br />

andere Religion festschreiben. In einer ´<strong>Unitarisch</strong>en Information Nr. 1 ...vom Dezember<br />

1975 leugnet sie für die <strong>Deutschen</strong> Unitarier sogar die historische Entwicklung des<br />

Unitarismus ausgehend von <strong>den</strong> ´Antitrinitariern` des 16.Jahrhunderts.<br />

Ihre Sichtweise traf bei <strong>den</strong> <strong>Unitariern</strong> teilweise auf Zustimmung, überwiegend aber auf<br />

Ablehnung. Nach dem Unitariertag 1985...sammelten sich die Anhänger ´Europas eigener<br />

Religion` in einer ´Arbeitsgemeinschaft`...<br />

Es wur<strong>den</strong> eigene ´Leitgedanken` formuliert. In diesen fehlten var allem das Bekenntnis <strong>zu</strong>r<br />

Freiheit der persönlichen Auffassung, die Ablehnung von Glaubens- und Gewissenszwang,<br />

die Erklärung der Toleranz gegenüber jedem aufrichtigen religiösen Bemühen und das<br />

Bekenntnis <strong>zu</strong>m friedlichen Zusammenleben selbstverantwortlicher Menschen als beste<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Entfaltung unseres Lebens.(Unterstreichung von mir,A.G.)<br />

Die Gesamtgemeinschaft tat sich schwer im Umgang mit dieser Gruppierung. Als<br />

Religionsgemeinschaft fühlte sie sich auch diesen Mitgliedern gegenüber menschlich<br />

verbun<strong>den</strong> und versuchte, sie nicht aus<strong>zu</strong>grenzen. Auf der Hauptversammlung im März 1989<br />

versuchte die ´Arbeitsgemeinschaft Europas eigene Religion` ihre Vorstellungen<br />

allgemeinverbindlich durch<strong>zu</strong>setzen, was jedoch scheiterte. Ihre Mitglieder erklärten<br />

daraufhin ihren Austritt und gründeten eine eigene Organisation, <strong>den</strong> ´Bund Deutscher<br />

Unitarier` (damals ca. 300 Mitglieder)“. 67<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong>r ersten Spaltung hat dieser Abgang <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> nur gut getan.<br />

Der harte Kern der unverbesserlichen Unitas-Arier hat die Organisation verlassen, die damit<br />

als eine im wesentlichen deutsch-unitarische <strong>zu</strong>rückblieb.<br />

Wie wurde die Spaltung von der anderen Seite, dem Bund Deutscher Unitarier gesehen?<br />

Die Schrift: Bausteine –Schriften <strong>zu</strong>r Grundlegung <strong>Unitarisch</strong>er Religiosität Nr 1 gibt<br />

Auskunft. Grundlegendes stellt Dr.Karlheinz Küthe bereits im Vorwort fest. Küthe ist uns<br />

schon begegnet. Es handelt sich um <strong>den</strong> ersten Präsi<strong>den</strong>ten der DUR, <strong>den</strong> wir nun an<br />

prominenter Stelle im Lager der Abtrünnigen fin<strong>den</strong>. Küthe schreibt: „Der Bund Deutscher<br />

Unitarier, Religionsgemeinschaft Europäischen Geistes, hat es sich <strong>zu</strong>r Aufgabe gemacht,<br />

67 GLAUBEN p.241f.


d i e Menschen an<strong>zu</strong>sprechen, die im Christentum keine religiöse Heimat mehr haben, dabei<br />

in Familie und Volk biologisch und als Gestalter und Träger kultureller Eigenständigkeit<br />

<strong>zu</strong>gleich Bereiche eines religiösen Geborgenseins erleben. ..<br />

Beim Suchen nach dem Woher spüren wir die Quellen auf, <strong>zu</strong> <strong>den</strong>en der Weg durch<br />

Jahrhunderte, ja Jahrtausende europäischer Geschichte und Lebensgestaltung <strong>zu</strong>rückführt und<br />

stellen dabei fest, daß auch eine religiöse Verwandtschaft mit unseren Nachbarvölkern<br />

besteht, die teils durch die gemeinsame nordeuropäische Lage geprägt ist. Darum nennen wir<br />

uns auch Religionsgemeinschaft europäischen Geistes.<br />

In Deutschland und bei anderen Völkern gibt es verschie<strong>den</strong>e Formen nichtchristlicher<br />

Religiosität , darunter auch unterschiedliche unitarische Religionsgemeinschaften. Die einen<br />

leiten sich über die Antitrinitarier vom Christentum ab, die anderen berufen sich auf vor- und<br />

außerchristliche Wurzeln, die in <strong>den</strong> Völkern selbst liegen, hier<strong>zu</strong> gehört der Bund Deutscher<br />

Unitarier“. 68 (Unterstreichung von mir,A.G.)<br />

In derselben Publikation läßt Peter Bahn nichts an Deutlichkeit vermissen. Thema seines<br />

Aufsatzes ist ´Unitarismus oder säkularisiertes Christentum. Skizzen <strong>zu</strong>r<br />

geistesgeschichtlichen Klarstellung`. Was ist das Anliegen dieses Mannes, der <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Autoren<br />

der unitarischen blätter gehörte?<br />

„Wer sind die Unitarier? Wo kommen sie her, wo führt ihr Weg hin? Wo liegen die Quellen<br />

ihres Glaubens, auf welche geistigen Strömungen der Vergangenheit können sie sich <strong>zu</strong> Recht<br />

– und das heißt geistesgeschichtlich widerspruchsfrei - berufen? Um diese Fragen rankt sich<br />

eine rege Auseinanderset<strong>zu</strong>ng, die vor einigen Jahren bereits in der <strong>Deutschen</strong> Unitarier<br />

Religionsgemeinschaft begann und von ihr mittlerweile ebenso eindeutig wie einseitig<br />

beantwortet wurde: im Sinne einer Anknüpfung an sogenannte altunitarische bzw.<br />

sozinianische Denktraditionen der frühen Neuzeit. Einher damit geht bei der<br />

Religionsgemeinschaft heute ein positiver Rückbe<strong>zu</strong>g auf die jüdisch-christliche Geisteswelt<br />

und <strong>den</strong> – ohne diese nicht vorstellbaren - europäischen Rationalismus etwa im Sinne<br />

Newtons.<br />

Auf die Unverträglichkeit dieser Ansätze mit dem, was das deutsche Unitariertum und seine<br />

herausragen<strong>den</strong> Exponenten – wie etwa Eberhard Achterberg, Herbert Böhme, Fritz Castagne,<br />

Sigrid Hunke und Friedrich Schöll – jahrzehntelang erarbeiteten und vertraten, wird in <strong>den</strong><br />

bei<strong>den</strong> anderen Beiträgen der hier vorliegen<strong>den</strong> Schrift ausführlich eingegangen. Deutlich<br />

68 Bausteine 1 p.3. Dies Bausteine fin<strong>den</strong> sich als Dokument auf der Web-Site des BDU unter ´Abholfach`.


wird dabei v.a. der grundsätzliche Widerspruch zwischen dem sozinianisch-antitrinitarischen,<br />

noch ganz christlich geprägten Denken einerseits und der unitarisch-ganzheitlichen, aus dem<br />

Empfin<strong>den</strong> der europäischen Naturreligionen herausgewachsenen Weltsicht und Haltung<br />

andrerseits“. 69<br />

Nachdem Bahn noch ein bißchen die freireligiöse Bewegung als säkularisierte Variante des<br />

jüdisch-christlichen Geistes attackiert und Nietzsche als Überwinder solcher Vorstellungen<br />

preist, fährt Bahn fort: „Nicht <strong>zu</strong>letzt auf dem Bo<strong>den</strong> des nitzscheanischen Denkens<br />

entwickelten sich seitdem zahlreiche neue Ansätze auf geistigem und religiösem Gebiet, die<br />

auch <strong>zu</strong>r Bildung neuer religiöser Gemeinschaften führten. Im Mittelpunkt stan<strong>den</strong> dabei die<br />

Kritik des Christentums nicht nur unter formalen, sondern auch und gerade unter inhaltlichen<br />

und ethischen Aspekten sowie die Rückbesinnung auf das (natur-)religiöse Erbe der<br />

europäischen Völker. Mit z.T. unterschiedlichen Akzentuierungen – deutschreligiös,<br />

germanisch-religiös, artgläubig usw. – bildeten sich....Gruppen, die dieses neue Denken<br />

religiöse Praxis wer<strong>den</strong> lassen wollten. Unter Jakob Wilhelm Hauer gelang 1933/34 die<br />

Zusammenfassung eines Teils dieses Spektrums in der <strong>Deutschen</strong> Glaubensbewegung ...<br />

Nach 1945 fan<strong>den</strong> viele ehemalige Deutschgläubige <strong>den</strong> Weg <strong>zu</strong>r <strong>Deutschen</strong> Unitarier<br />

Religionsgemeinschaft. Sie verkörperten dort eine wichtige Traditionslinie, die die<br />

ganzheitlich-indoeuropäischen Wurzeln einer im Wortsinn unitarischen – und damit gerade<br />

nicht monotheistisch-antitrinitarischen – Religion betonte und über Jahrzehnte<br />

weiterentwickelte. Erst seit wenigen Jahren wird diese – letztlich authentische –<br />

Quellenströmung des deutschen Unitarismus von der Führung der Religionsgemeinschaft in<br />

Frage gestellt, der Gemeinschaft als solcher aber damit der geistige Bo<strong>den</strong> unter <strong>den</strong> Füßen<br />

hinweggezogen“. 70 (Unterstreichungen von mir, A.G.)<br />

Den Kontinuitätsbruch <strong>zu</strong>r christlichen antitrinitarischen Tradition betont auch Alarich<br />

Augustin in derselben Publikation: „Mögen die <strong>Deutschen</strong> Unitarier lediglich nominal über<br />

die Freiprotestanten aus der evangelischen Kirche hervorgegangen sein. Seit sie sich aber seit<br />

1949 von jedem christlichen Dogma und jeder kirchlichen Richtung lösten, sind sie<br />

geistesgeschichtlich der anderen Religion Europas an<strong>zu</strong>schließen....Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier<br />

sind nicht deswegen und daher Unitarier, weil sich früher einmal Antitrinitarier Unitarier<br />

nannten...Diese Antitrinitarier waren Dualisten. Den Namen Unitarier im Sinne der Einheit<br />

69 Bausteine p.5f.<br />

70 Bausteine p.12f.


alles Seins, wie wir ihn verstehen, führten sie n i c h t mit Recht“- 71 (Unterstreichungen von<br />

mir, A.G.)<br />

Sigrid Hunke darf selbstverständlich nicht fehlen. Auch sie ist ergrimmt über <strong>den</strong> jüngsten<br />

Kurswechsel, der ihrer Meinung nach bei der DUR erfolgt ist. „Doch unter jäher Leugnung<br />

ihrer europäisch-unitarischen Wurzeln führt sie (=DUR), offiziell seit 1989 vertreten durch<br />

Deppert, Kahl und Prem, unversehens ihre Herkunft über <strong>den</strong> Antitrinitarismus der<br />

rabbinischen Theologie auf das Ju<strong>den</strong>tum und seinen mosaischen Monotheismus <strong>zu</strong>rück“. 72<br />

(Unterstreichungen von mir, A.G.)<br />

Fürwahr eine arge Zumutung für echtes teutsches Blut!<br />

Sehen wir uns an, was DUR und BDU (Bund Deutscher Unitarier) unterscheidet bzw. trennt.<br />

Sie teilen bis heute das Symbol, wobei ironischerweise die BDU-Variante nicht die<br />

artgemäßere Runenform aufweist (Vielleicht weil diese schon von der DUR besetzt ist?).<br />

Auch die Auslegung des Symbols ist bei bei<strong>den</strong> i<strong>den</strong>tisch.<br />

Natürlich spielt auch die unitas bei bei<strong>den</strong> eine Rolle, wenngleich man festhalten muß, daß<br />

die DUR sich nicht bei der Ableitung derselben auf die nordische Religion bezieht. Sie ist<br />

also nicht deckungsgleich, wenn es auch ausgeprägte gemeinsame Aspekte der All-Einheit<br />

gibt. Beide kennen auch die Leite als religiöses Element. Ach beim BDU gibt es Lebensleite,<br />

Jugendleite, Eheleite und Totenleite. Und natürlich auch eine Schriftleitung bei <strong>den</strong><br />

Publikationen.<br />

Doch ist der BDU erheblich nationaler als die DUR.. Auf der BDU-Web-Site heißt es etwa:<br />

„Religion als tragender Wesensgrund der Kultur befähigt uns aber auch, unsere eigene<br />

volkliche I<strong>den</strong>tität <strong>zu</strong> wahren und <strong>zu</strong> stärken.“ Oder „Aus diesem Bewußtsein entdecken wir<br />

die Eigenkräfte in Volk, Geschichte und Lebensraum wieder, die <strong>den</strong> Einzelnen sich als<br />

Glied der Kulturgemeinschaft aus religiöser Tiefe begreifen lassen. Mit ihrer Hilfe wollen wir<br />

unserem im vorigen Jahrhundert so unendlich gequälten Volk wieder geistige Perspektiven<br />

geben“.<br />

71 Bausteine p.16-<br />

72 Bausteine p..27.


Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß nicht der Nationalsozialismus gemeint ist, der<br />

dem deutschen Volk im vorigen Jahrhundert solche Qualen bereitet hat, sondern wohl eher<br />

der ´Zusammenbruch` und die von <strong>den</strong> Alliierten geänderten politischen Umstände der<br />

Bundesrepublik...<br />

3.7. Die DUR im Kreuzfeuer der Antifa.<br />

Es ist eine Ironie der Geschichte, daß die DUR gerade nachdem sie sich der profiliertesten<br />

Vertreter/innen rechtsextremen Gedankenguts entledigt hatte, ins Kreuzfeuer der Antifa<br />

geriet. Die DUR weckte die Aufmerksamkeit von Peter Kratz, Dieser unterhält in Berlin ein<br />

eigenes Institut für Faschismusforschung (BIFF) . Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier sind eines seiner<br />

liebsten Feindbilder. In seiner Publikation „Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von<br />

´Neuem Denken`, Faschismus und Romantik“ Berlin 1994 widmet er ihnen unter dem Titel:<br />

„Die braunen Götter der ´<strong>Deutschen</strong> Unitarier` Enttarnung völkischer Rassisten“ einen<br />

ganzen Abschnitt von fast 100 Seiten. Auch sonst bedachte er die DUR mit seiner<br />

Aufmerksamkeit. Er bezeichnete sie häufig als Nazi-Sekte, völkisch-rassistische Sekte oder<br />

nazistische Tarnorganisation . Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier ließen dies nicht auf sich sitzen und<br />

zogen vor Gericht. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Das Gericht qualifizierte diese<br />

Bezeichnungen als Meinungsäußerungen, die nicht als Tatsachenfeststellungen <strong>zu</strong> werten<br />

seien. Das Landgericht Berlin stellte 1990 fest, „daß bis in jüngste Vergangenheit beim<br />

Kläger (=DUR) in maßgeblichen Positionen solche Personen tätig waren, die eben<br />

nationalsozialistisches Gedankengut vertreten haben“. 73 Aufgestachelt von Peter Kratz<br />

wur<strong>den</strong> auch diverse Antifa-Gruppen auf die <strong>Deutschen</strong> Unitarier aufmerksam und<br />

organisierten bei Unitariertreffs wie dem <strong>Deutschen</strong> Unitariertag 1997 in Hameln<br />

Gegendemonstrationen. Zu <strong>den</strong> Unterzeichnern des Demonstrationsaufrufes gehörten u.a.<br />

Bündnis 90/Die Grünen, PDS und VVN. Diese Anti-DUR-Aktionen erstreckten sich fast über<br />

ein Jahrzehnt und brachten der DUR ein beträchtliches, wenn auch nicht erwünschtes und<br />

nicht schmeichelhaftes Medienecho.<br />

Wie sind diese Attacken <strong>zu</strong> bewerten? Wer ist dieser Peter Kratz, der sich <strong>zu</strong>m Erzfeind der<br />

DUR gemausert hat?<br />

73 Zitiert nach http antifa-hm.immerda.ch


Man kann Kratz durchaus mit Karlheinz Deschner vergleichen. Ihre Persönlichkeitsstrukturen<br />

und Metho<strong>den</strong> ähneln einander. Von brennendem Eifer erfüllt und von glühendem Haß<br />

beseelt führen sie einen polemischen Kreuz<strong>zu</strong>g gegen das jeweilige Objekt ihrer Feindschaft<br />

ohne auf wissenschaftliche Sauberkeit oder Fairneß <strong>zu</strong> achten. Unterstellungen,<br />

Halbwahrheiten, Übertreibungen, Aneinanderreihung von aus dem Zusammenhang gerissenen<br />

Zitaten – all dies kennzeichnet die Arbeitsweise beider Männer. Man kann ebensowenig eine<br />

brauchbare Geschichte der DUR anhand der Recherchen von Kratz schreiben wie eine<br />

ernst<strong>zu</strong>nehmende Geschichte des Christentums basierend auf <strong>den</strong> Arbeiten von Deschner.<br />

Beide bewegen sich jenseits der Grenzen wissenschaftlicher Seriosität. Aber trotzdem sind<br />

nicht alle Fakten falsch, die sie anführen. Die Greueltaten der Kirchengeschichte hat es<br />

ebenso gegeben wie die Naziverstrickungen der DUR. Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Von<br />

nichts kommt nichts.<br />

Nach allem, was wir bisher gesehen haben, ist es kein Wunder, daß die DUR <strong>zu</strong>m Zielobjekt<br />

für Antifa-Gruppen wurde. Allerdings schießen die Angriffe weit über die realen Grundlagen<br />

hinaus. Die DUR war <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt längst kein Sammelpunkt versprengter Nazis<br />

mehr. Die Berufung auf <strong>den</strong> echten Unitarismus und die Mitarbeit in der IARF hatten bereits<br />

begonnen, erkennbare Früchte <strong>zu</strong> tragen. Die neue Führung um Kahl, Deppert und Prem<br />

versuchte tatsächlich, an dem historischen Unitarismus der Antitrinitarier der<br />

Reformationszeit an<strong>zu</strong>knüpfen. Die Unitariertage waren Veranstaltungen etwas<br />

deutschtümelnder Durchschnittsbürger/innen, keine Nazitreffs.<br />

Ihre militanten Gegner/innen waren je<strong>den</strong>falls nicht unbedingt das Gelbe vom Ei der<br />

Demokratie. Antifaschismus ist per se noch kein Wert. Antifaschist/inn/en können (und waren<br />

auch tatsächlich) Vertreter/innen anderer totalitärer Ideologien sein. Jede/r echte Unitarier/in<br />

muß von seinen Positionen her Befürworter/in der offenen Gesellschaft sein und ist damit<br />

Gegner/in jeglichen Faschismus´. Alles, was sich über ein bloßes Anti definiert, ist<br />

notwendigerweise beschränkt und läuft Gefahr, intolerant <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>. Intolerant waren auch<br />

die DUR-Gegner/innen. Es wurde die Diskussion mit <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> abgelehnt, was<br />

nicht gerade ein Zeichen von demokratischer Reife ist. Wie ignorant die Antifa-Leute waren,<br />

zeigt sich u.a. auch darin, daß sie ihre Proteste ausgerechnet gegen die Durchführung der<br />

IARF-Tagung 1990 in Hamburg richteten, die doch ein augenscheinliches Zeichen war, daß<br />

die DUR von ihrer national bornierten Haltung früherer Jahre abgerückt war. Im Übrigen


sind Demonstrationen, bei <strong>den</strong>en mit Eiern geworfen wird, bestimmt kein pädagogisches<br />

Mittel.<br />

Bei aller berechtigten Kritik an Ktatz und <strong>den</strong> Aktionen der Antifa muß man ihnen aber<br />

<strong>zu</strong>gute halten, daß sie es waren, die die <strong>Deutschen</strong> Unitarier <strong>zu</strong>r Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit ihrer<br />

Vergangenheit getrieben haben. Als Österreicher fällt einem sofort Waldheim ein. Waldheim<br />

war sicher kein Nazischlächter sondern ´nur` ein gewöhnlicher Mitläufer und Opportunist,<br />

aber die Affäre Waldheim hat letztendlich da<strong>zu</strong> geführt, daß sich auch Österreich intensiver<br />

mit <strong>den</strong> unrühmlichsten Jahren seiner Vergangenheit auseinandersetzen mußte. Ohne Kratz<br />

und Co. hätte es wahrscheinlich keine Auseinanderset<strong>zu</strong>ng der DUR mit ihrer Vergangenheit<br />

gegeben.<br />

3.8. Die Vergangenheitsbewältigung der <strong>Deutschen</strong> Unitarier.<br />

Wie sieht diese Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit der Vergangenheit bei der DUR aus? Ist sie<br />

umfassend und gründlich, ehrlich und damit schmerzhaft oder letztlich doch nur<br />

Oberflächenkosmetik? Wir wer<strong>den</strong> dem im Folgen<strong>den</strong> nachgehen.<br />

Von Seiten der DUR sind mir vier Ansätze der Vergangenheitsbewältigung bekannt. Es<br />

handelt sich dabei um Hans-Dietrich Kahl: Strömungen. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier seit 1945<br />

– ein kritischer Rückblick. unitarische hefte 4 München 1989, um Wolfgang Deppert:<br />

Religion und Toleranz. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier in der öffentlichen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng –<br />

eine Stellungnahme. unitarische hefte 5 München 1992, der Abschnitt Freie Protestanten –<br />

Deutsche Unitarier offenbar von Rudolf Beinhauer in Was glauben sie eigentlich? Die<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier – eine freie Religionsgemeinschaft. Hamburg/Ravensburg 2000 und die<br />

schon erwähnte Kasseler Erklärung, die vom <strong>Deutschen</strong> Unitariertag 2011 verabschiedet<br />

wurde. Sehen wir uns nun einzelne dieser Dokumente näher an.<br />

Beginnen wir mit Kahl, aus dem wir ja schon zitiert haben. Kahls Arbeit stellt zweifellos<br />

einen ehrlichen Versuch dar, sich mit der Gründungszeit der DUR auseinander<strong>zu</strong>setzen. Kahl<br />

ringt sichtlich mit großer persönlicher Betroffenheit und dem Ethos eines Berufshistorikers<br />

um eine Klärung der Geschehnisse. Er kommt dabei auch <strong>zu</strong> bemerkenswerten Erkenntnissen.<br />

So sehr er sich persönlich für das neue Unitas- Konzept begeisterte, das Walbaum der


unitarischen Trias von Freiheit, Vernunftgebrauch und Toleranz in der Religion als viertes<br />

Prinzip hin<strong>zu</strong>gefügt hatte 74 , so sehr erkennt er auch, daß hier der Ansatz <strong>zu</strong> einer<br />

verbindlichen Lehre, einer ´Gegenkirche` bei <strong>den</strong> von mir so bezeichneten Unitas-Ariern <strong>zu</strong><br />

fin<strong>den</strong> ist. 75 Es fällt ihm auch ein sehr gravierender Umstand auf: „Wie konnte es dahin<br />

kommen, daß von <strong>den</strong> vier Grundprinzipien, die für die Phase unseres Beitritts maßgeblich<br />

waren, drei in der weiteren Entwicklung dermaßen stark ins Hintertreffen gerieten?<br />

Aufgegeben wur<strong>den</strong> sie nie – noch die Grundgedanken von 1977 mitsamt ihrer wichtigen<br />

Präambel halten sie der Substanz nach fest. Doch dies geschieht so wenig ausführlich und mit<br />

so geringem Nachdruck, daß das schon bezeichnend ist. Diese Prinzipien wur<strong>den</strong><br />

festgehalten, von <strong>den</strong> einen als Selbstverständlichkeit, von <strong>den</strong> anderen als eigentlich<br />

überflüssiger Ballast; doch wirklich bedacht und behandelt wur<strong>den</strong> sie<br />

nicht“.(Unterstreichungen von mir, A.G.) 76<br />

Genau hier liegt der springende Punkt. Die Unitas ist ein Punkt von untergeordneter<br />

Bedeutung. Sie sagt über <strong>den</strong> unitarischen Charakter ihrer Vertreter/innen <strong>zu</strong>nächst gar nichts<br />

aus, sofern sie nicht mit eindeutig rassistischen Vorstellungen von der arteigenen Religion<br />

verbun<strong>den</strong> ist. Solche stehen ganz klar außerhalb des unitarischen Spektrums. Entschei<strong>den</strong>d<br />

für <strong>den</strong> unitarischen Charakter einer Organisation sind die anderen drei Prinzipien, die<br />

unitarische Trias. Sie spielten in <strong>den</strong> ersten Jahrzehnten der DUR nur eine sehr untergeordnete<br />

bis gar keine Rolle – ein eindeutiger Beweis, daß es sich nicht um Unitarier handelte. In<br />

verklausulierter Form kommt Kahl <strong>zu</strong> einer ähnlichen Schlußfolgerung, wenn er schreibt: „Im<br />

´Wie` des Glaubens und Denkens aber, genauer: in der Art und Weise, wie es vertreten<br />

wird....in dem, was die ersten drei jener vier alten Grundprinzipien Walbaums umschreiben,<br />

also im Bekenntnis <strong>zu</strong> religiöser Freiheit, <strong>zu</strong>m Gebrauch der Vernunft und <strong>zu</strong> weitgehender<br />

Toleranz:<br />

In diesen Dingen kann es,so meine ich, auf unitarischen Bo<strong>den</strong> keine Meinungsvielfalt geben,<br />

kein Nebeneinander von Anerkennung und Ablehnung, sondern nur ein Ja oder Nein. Durch<br />

74 „Das hatte nicht nur <strong>den</strong>kerisch größte Konsequenzen, es entsprach vor allem auch dem Lebensgefühl, das in<br />

uns schwang, diesem Grundempfin<strong>den</strong>, in dem religiöse Überzeugungen ähnlicher Art, längst gehegt, ihre<br />

tiefsten Wurzeln hatten. Zugleich war damit der Anschluß an das geistige Erbe der deutschen Klassik hergestellt<br />

und weiter an alles, was bereits in dieser aus wesentlich älteren, teilweise gerade<strong>zu</strong> alteuropäischen Schichten <strong>zu</strong><br />

neuem geistesgeschichtlichem Durchbruch gedrängt hatte, nach langer, unheilvoller Vernachlässigung“.<br />

STRÖMUNGEN p.9.<br />

75 STRÖMUNGEN p. 41<br />

76 STRÖMUNGEN p.43f.


diese drei Prinzipien ist die Außengrenze unmittelbar angedeutet – oder aber es wird<br />

unredlich, sich weiterhin ´Unitarier`<strong>zu</strong> nennen.<br />

Mit dieser Auffassung habe ich die Geschichte von Jahrhunderten für mich. Ich bin daher<br />

gewiß, daß ich damit mehr vertrete als nur eine eigenwillige Privatmeinung.“<br />

(Unterstreichungen von mir,A.G.) 77<br />

In dieser Einschät<strong>zu</strong>ng ist Kahl <strong>zu</strong> hundert Prozent <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Es drückt allerdings einiges<br />

über die geistige Verfassung der DUR im Jahre 1989 aus, wenn Kahl befürchtet, er könne<br />

damit in <strong>den</strong> Augen seiner deutschen Mitunitarier eine eigenwillige Privatmeinung vertreten...<br />

Selbstverständlich bekennt sich auch Kahl <strong>zu</strong>m Deutschtum, wenn er als Vor<strong>zu</strong>g der<br />

internationalen Dimension der Berufung auf <strong>den</strong> Unitarismus anführt: „Wir bekamen die<br />

Chance, uns diesem Zusammenhang <strong>zu</strong> öffnen und uns in seinem Rahmen die eigene Position<br />

<strong>zu</strong> schaffen, als Angehörige eines Volkes unter gleichberechtigten Völkern, ohne darüber<br />

unser Deutschsein verleugnen <strong>zu</strong> müssen.<br />

Wie sehr sprach uns auch dieses an! Denn deutschbewußt waren wir damals alle, und ich<br />

kann mir nicht vorstellen, daß das auch nur bei einem von <strong>den</strong>en, die in diesen ersten<br />

Nachkriegsjahren <strong>zu</strong> unserer Gemeinschaft stießen, jemals anders gewor<strong>den</strong> wäre“.<br />

(Unterstreichungen von mir, A.G.) 78<br />

Auch darin ist Kahl glaubhaft. Er kannte seine Pappenheimer und wußte, wie sie dachten.<br />

Sehr bemerkenswert ist auch ein Schluß, <strong>zu</strong> dem Hans-Dietrich Kahl kommt. Als er der<br />

Frage nachgeht, warum es nur in <strong>zu</strong> geringem Ausmaße gelungen sei, die nächste Generation<br />

an<strong>zu</strong>sprechen und an die Organisation <strong>zu</strong> bin<strong>den</strong> 79 ,kommt er <strong>zu</strong> einer bemerkenswerten<br />

Antwort: „Sollte dies nicht auch, und wahrscheinlich maßgeblich, etwas <strong>zu</strong> tun haben mit<br />

unserem Nichteinlassen auf das, was das Modewort ´Vergangenheitsbewältigung´ nennt?...<br />

Als der nötige Mindestabstand sich hergestellt hatte, haben wir – je<strong>den</strong>falls als Gemeinschaft<br />

– nicht erfaßt, daß es nun so weit war; daß ohne einen solchen analysieren<strong>den</strong> und<br />

77 STRÖMUNGEN p.46.<br />

78 STRÖMUNGEN p.12<br />

79 „Wir wissen, wie wenig es unserer Gemeinschaft gelungen ist, wenigstens die Nachwachsen<strong>den</strong><br />

fest<strong>zu</strong>halten...Die Mehrzahl hat sich verlaufen, und neue Gesichter aus dieser gleichen Generation<br />

hin<strong>zu</strong><strong>zu</strong>gewinnen, dürfte nur in äußerst beschei<strong>den</strong>em Umfang gelungen sein“. STRÖMUNGEN p.18.


abwägen<strong>den</strong> Blick, auch <strong>zu</strong>rück, ohne das Ziehen einer Summe des Vorherigen einfach eine<br />

wichtige Vorausset<strong>zu</strong>ng fehlte, wo es um die Grundlegung einer neuen Gegenwart und<br />

Zukunft ging! Mit <strong>den</strong> viel <strong>zu</strong> geringen Kräften, die uns <strong>zu</strong> Gebote stan<strong>den</strong>, arbeiteten wir<br />

weiter....so<strong>zu</strong>sagen als wäre nichts gewesen.<br />

Ich stehe nicht an, dies aus der Rückschau von heute als naiv und fahrlässig an<strong>zu</strong>sprechen.<br />

Wir haben damit eine wesentliche Chance verpaßt, und ich bin sehr im Zweifel, ob sich das<br />

noch wirklich ausgleichen läßt“. 80<br />

Diese Einsicht ehrt Hans-Dietrich Kahl, und es ist ihm nur <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Gerade in<br />

Deutschland, wo die 68er-Bewegung um ein vielfaches stärker war als in Österreich und wo<br />

die Eliten der jungen Bundesrepublik, viel ernsthafter als etwa unsere österreichischen,<br />

bemüht waren, das schwärzeste Kapitel der deutschen Geschichte auf<strong>zu</strong>arbeiten und<br />

Konsequenzen daraus <strong>zu</strong> ziehen, mußte sich diese Haltung des die-Augen-Verschließens viel<br />

verheerender auswirken. Mit dem völkischen Mief ließen sich kaum junge Leute ansprechen.<br />

Wenn man 68 wie ich als Akteur miterlebt hat, kann man sich ausmalen, wie abstoßend etwa<br />

das Runensymbol, das der ehemalige Kreisschulungsleiter der NSDAP in Hameln, Helmut<br />

Soltsien, für die DUR entworfen hat und das der Hagalrune nachempfun<strong>den</strong> ist, die von<br />

Heinrich Himmler als religiöses Symbol anstelle des christlichen Kreuzes forciert wurde, auf<br />

die nach links driften<strong>den</strong> Jugendlichen gewirkt haben muß. 81<br />

So sehr Kahls Aufsatz für seine Ehrlichkeit <strong>zu</strong> schätzen ist, so enthüllt er selbst die<br />

Schwäche sogar dieses so selbstkritischen Autors wenn es um die düsteren Schatten der<br />

Vergangenheit geht. Denn seine oben geäußerte Einsicht ist eine Erkenntnis des Kopfes, der<br />

verstandesmäßigen Analyse, nicht der Emotion , des Fühlens. Was meine ich damit? Nun,<br />

Kahl sieht auch im Abstand von mehr als 40 Jahren das Jahr 1945 nur als das „Trauma des<br />

Zusammenbruchs“ 82 „Die Jahre davor (=die NS-Zeit, A.G.) waren von unendlich vielen<br />

Menschen als eine Herausforderung im positiven Sinne empfun<strong>den</strong> wor<strong>den</strong>, die ungeahnte<br />

Kräfte freisetzte. Wie viele hatten sich damals ehrlich engagiert, aus vollem Herzen, hatten all<br />

ihren Idealismus eingebracht für eine ´große Sache`! Und das war dabei herausgekommen!“<br />

80 STRÖMUNGEN p.18.<br />

81 Ein Beispiel dafür ist Herwarth Achterberg, der trotzkistische Sohn Eberhard Achterbergs, <strong>den</strong> ich selbst in<br />

<strong>den</strong> 1970er-Jahren kennenlernte.<br />

82 STRÖMUNGEN p.16.


83 Das ist aber für Kahl nur „das Kriegsende mit seinen Folgen bis <strong>zu</strong> ständiger bitterer<br />

Alltagsnot“ 84 , der Zusammenbruch mit seinen Folgen wie Internierungslager und<br />

Kriegsgefangenschaft, nicht etwa die Zerstörung aller wahrhaft humanistischen Einrichtungen<br />

und Werte durch das Naziregime. Davon wollten die DUR-Väter nichts wissen, <strong>den</strong>n „der<br />

Nürnberger-Prozeß, der bei aller Fragwürdigkeit doch gewisse Informationsmöglichkeiten<br />

geliefert hätte, war ja nach unserem damaligen Empfin<strong>den</strong> nichts als Siegerjustiz, veranstaltet<br />

von Feindmächten, von <strong>den</strong>en mindestens eine selbst auf die Anklagebank gehört hätte; es<br />

war Ehrensache, sich um diesen Prozeß nicht <strong>zu</strong> kümmern!“ 85<br />

Nicht hinterfragt wird, welchen Zielen der Idealismus gedient hatte, der hier<br />

Schiffbruch erlitten hatte! Die ´Ideale`, <strong>den</strong>en die DUR-Gründer aus vollem Herzen gedient<br />

hatten waren: Vernichtung der Ju<strong>den</strong> und Zigeuner, Degradierung der slawischen Völker <strong>zu</strong><br />

bloßen Sklaven der deutschen Herrenmenschen, aggressive Raubkriege, Verfolgung aller<br />

Anders<strong>den</strong>ken<strong>den</strong>, Zerstörung jeglicher Grundlagen der Demokratie und des Rechtsstaates<br />

um nur einige <strong>zu</strong> nennen! All dies wird bei Kahl auch 1989 noch nicht angesprochen.<br />

Ebensowenig kommt bei ihm der NS-Hintergrund der Gründergeneration <strong>zu</strong>r Sprache.<br />

Wenn er die Gestalten namentlich anführt, wird all dies ausgeblendet. Wenn er etwa <strong>den</strong><br />

Philosophiedozenten Werner Schingnitz erwähnt, fällt ihm nur folgendes ein: „Von einer der<br />

ostdeutschen Universitäten vertrieben, war es ihm nicht vergönnt gewesen, bei<br />

Wiedereröffnung der Universität Göttingen eine Stelle <strong>zu</strong> erlangen...Ein Mann von<br />

unerhörtem geistigem Weitblick und imponierendem Kenntnisreichtum, hat er uns dort im<br />

Hause Frey unvergeßliche Stun<strong>den</strong> beschert...“ 86 Daß sein geistiger Weitblick Stingnitz nicht<br />

daran gehindert hatte, als akademischer Philosoph ein glühender Verfechter des<br />

Nationalsozialismus <strong>zu</strong> sein, er deshalb gut daran getan hatte, aus der sowjetischen<br />

Besat<strong>zu</strong>ngszone <strong>zu</strong> verschwin<strong>den</strong> und wenigstens dieser Nazi nicht sogleich wieder eine<br />

Stelle an einer deutschen Universität erhalten hatte – all dies bleibt unerwähnt. Zur<br />

Nazivergangenheit Eberhard Achterbergs fällt ihm nur ein: „Er war Schriftleiter der NS-<br />

Monatshefte gewesen, einer Zeitschrift, die im ´Dritten Reich` unbestritten (was etwas heißen<br />

wollte!) als ´lesbar` galt, weil sie Niveau bot und nicht bloß billige Parteipropaganda.“ 87<br />

83 STRÖMUNGEN p.16.<br />

84 STRÖMUNGEN p. 16.<br />

85 STRÖMUNGEN p.16.<br />

86 STRÖMUNGEN p. 4<br />

87 STRÖMUNGEN p. 5


Offenbar war es ja ganz in Ordnung, wenn man NS-Ideologe war, war nur das Niveau hoch<br />

genug!<br />

Oder etwa Georg Stammler. Über ihn weiß Kahl <strong>zu</strong> berichten: „Die mit Abstand<br />

eindrucksvollste Gestalt neben Walbaum, dem Senior des Treffens, war der Dichter Georg<br />

Stammler (1872-1948). Er richtete damals eine Lebensfeier für Kinder aus, die erste<br />

Feierstunde der neu erweiterten Gesamtgemeinschaft! 88 Unerwähnt bleibt daß der Dichter<br />

Georg Stammler ein Artamane war, eine Gruppe, die laut Wikipedia „eine völkische,<br />

agrarromantische Blut- und Bo<strong>den</strong>ideologie (vertrat). Ihr Weltbild war von<br />

rassenideologischen und esoterischen Vorstellungen geprägt. Nach ihrem Selbstverständnis<br />

bedeutete ´Artam` ´die Erneuerung aus <strong>den</strong> Urkräften des Volkstums, aus Blut, Bo<strong>den</strong>, Sonne<br />

und Wahrheit`“. Nicht <strong>zu</strong> vergessen, <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Artamanen gehörten auch noch der Auschwitz-<br />

Kommandant Rudolf Höß, Heinrich Himmler und Baldur von Schirach. Ihr Symbol ähnelt<br />

übrigens z.T. dem Symbol der DUR. Was wird wohl dieser eindruckvolle Mann <strong>den</strong> Kindern<br />

vermittelt haben! Gewiß <strong>den</strong> reinsten Unitarismus....<br />

Herbert Böhme ist uns ja mittlerweile sattsam bekannt. Was überliefert uns Kahl über<br />

Böhme? Er sieht ihn als die „dynamischste und vitalste Gestalt“ 89 aus dem Kontingent aus<br />

der Westzone beim ersten Klüttreffen. Seine Nazivergangenheit wird kurz und kommentarlos<br />

erwähnt, seine „aufrechte Haltung“ und sein „Kameradschaftsgeist“ im Internierungslager<br />

Hohenasperg lobend herausgestrichen 90 und seine „unablässigen Machtkämpfe von großer<br />

Rücksichtslosigkeit“ negativ angesprochen. 91 Sonst aber ist an Böhme offenbar nichts<br />

aus<strong>zu</strong>setzen. Daß er ein Nazi war und blieb, auch während seiner Zeit als Chefideologe der<br />

DUR und danach, ist nicht erwähnenswert.<br />

Wen<strong>den</strong> wir uns der zweiten Arbeit von deutsch-unitarischer Seite <strong>zu</strong>, die sich mit <strong>den</strong><br />

Nazivorwürfen auseinandersetzt. Es handelt sich um Wolfgang Depperts : ´Religion und<br />

Toleranz. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier in der öffentlichen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng – eine<br />

Stellungnahme`, erschienen als Nr, 5 der unitarischen hefte. Deppert hat sich um die<br />

<strong>Deutschen</strong> Unitarier große Verdienste erworben. Er wird von <strong>den</strong> Unitas-Ariern des BDU als<br />

88 STRÖMUNGEN p. 14.<br />

89 STRÖMUNGEN p. 14<br />

90 STRÖMUNGEN p. 29<br />

91 STRÖMUNGEN p.31


eine der Führungsfiguren des neuen ´linken` Kurses der DUR genannt, was ihn auszeichnet.<br />

Aus seiner Initiative ist auch das einzige Publikationsprojekt in über 60 Jahren der Existenz<br />

der Dur hervorgegangen, das sich allgemein mit der (Geistes)Geschichte des Unitarismus, wie<br />

er international verstan<strong>den</strong> wird, auseinandergesetzt hat. 92 Die folgen<strong>den</strong> kritischen<br />

Anmerkungen <strong>zu</strong> seiner Apologie der DUR können seine Verdienste auf anderen Ebenen<br />

nicht schmälern.<br />

Depperts Arbeit <strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> ist eine Apologie im schlechten Sinne des<br />

Wortes. Zwar bringt Deppert eine Charakterisierung des nationalsozialistischen<br />

Deutschlands, <strong>zu</strong> der sich Kahl nicht aufraffen konnte, wenn er schreibt: „1945 wurde die<br />

größte Katastrophe in der <strong>Deutschen</strong> Geschichte offenbar, die sich vor allen Dingen in <strong>den</strong><br />

unbeschreiblichen Massenvernichtungen von Ju<strong>den</strong>, Polen, Russen, Sinti, Roma und vieler<br />

anderer Volksstämme manifestierte. Angesichts der Tatsache, daß die überwältigende<br />

Mehrheit der <strong>Deutschen</strong> dem faschistischen System der Nationalsozialisten <strong>zu</strong>gejubelt und<br />

auch ihre Werteinstellungen von diesen übernommen hatte, war ein Zusammenbruch der<br />

Orientierungsmaßstäbe für <strong>den</strong> größten Teil der Bevölkerung die unausbleibliche Folge“. 93<br />

Worte von solcher Klarheit sind eine Seltenheit aus deutsch-unitarischem Munde und man<br />

kann sich vorstellen, wie derlei auf die Unitas-Arier des BDU gewirkt haben muß...<br />

Deppert bietet auch eine gute Beschreibung dessen, was sich so in <strong>den</strong> 1940er-Jahren unter<br />

der unitarischen Flagge in Deutschland gesammelt hatte: „Aber freilich bildeten diejenigen,<br />

die sich eine neue religiöse Heimat außerhalb der Kirchen suchten, ein eigenwilliges<br />

Sammelsurium von Leuten, die nur deshalb <strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Unitariern</strong> stießen, weil diese bewußt nicht<br />

als eine neue Kirche auftraten. Das alleinige Kennzeichen des Antikirchentums muß aber<br />

nicht notwendig einer toleranten, aufgeklärten Haltung entspringen, sondern ist durchaus<br />

nicht selten die Konsequenz eines eigenen totalitären Sendungsbewußtseins, das von skurrilen<br />

Formen des Okultismus über germanophiles Hei<strong>den</strong>tum, über biologischen<br />

Wissenschaftsglauben bis hin <strong>zu</strong> krassestem Materialismus reichte: ein großer Suppentopf<br />

92 Bd 1 der Unitarismusforschung, herausgegeben von Wolfgang Deppert/Werner Erdt/Aart de Groot: Der<br />

Einfluß der Unitarier auf die europäisch-amerikanische Geistesgeschichte. Vorträge der ersten deutschen<br />

wissenschaftlichen Tagung <strong>zu</strong>r Unitarismusforschung vom 13.-14.Juni 1985 in Hamburg. Fft/M; Bern, New<br />

York; Paris 1990.<br />

93 Wolfgang Deppert: Religion und Toleranz .unitarische hefte 5 p. 8; im folgen<strong>den</strong> zitiert als DEPPERT.


mit Leipziger Allerlei, der sich nur dadurch definiert, daß seine Bestandteile nicht in <strong>den</strong><br />

größeren Suppentopf der Kirche <strong>zu</strong>rückwollten“. 94<br />

Auch hierin ist Deppert <strong>zu</strong> folgen. Dann allerdings wird seine Argumentation seltsam. Er<br />

sträubt sich vehement, einer Religionsgemeinschaft das Recht <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gestehen, ein Mitglied<br />

aus<strong>zu</strong>schließen: „Im Mittelalter kam allerdings die Exkommunikation einem Todesurteil<br />

gleich, da die Exkommunikation <strong>den</strong> Ausschluß aus der damals bestehen<strong>den</strong> Gesellschaft<br />

bedeutete. Auch vor diesem historischen Hintergrund scheint mir die Forderung wichtig <strong>zu</strong><br />

sein, keiner Religionsgemeinschaft mehr die Möglichkeit <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gestehen, eines ihrer Mitglieder<br />

aus<strong>zu</strong>schließen“. 95 Oder, noch deutlicher: „Ich vertrete die Auffassung, daß das<br />

Menschenrecht auf Religionsfreiheit nicht durch eine Religionsgemeinschaft dadurch<br />

eingeschränkt wer<strong>den</strong> darf, daß sie einem Mitglied die Mitgliedschaft entzieht. Im Vergleich<br />

<strong>zu</strong> dem Menschenrecht auf eine Staats<strong>zu</strong>gehörigkeit fordere ich das Menschenrecht auf die<br />

Zugehörigkeit <strong>zu</strong> einer Religionsgemeinschaft“. 96<br />

Das ist eine überaus eigenwillige Auffassung von Deppert. Das Menschenrecht auf<br />

Religionsfreiheit bedeutet zweierlei: Freiheit von Religion sowie Freiheit <strong>zu</strong>r Religion.<br />

Meine Freiheit <strong>zu</strong>r Religion ermöglicht mir die Freiheit <strong>zu</strong>r kultischen, gemeinschaftlichen<br />

Religionsausübung und Lebensführung im Rahmen des liberalen Rechtsstaates. und der von<br />

ihm gesetzten Grenzen. D.h., wenn es <strong>zu</strong> meinen kultischen Bräuchen gehört, Kleinkinder als<br />

Opfer für meine Götter <strong>zu</strong> schlachten, wird meine Religionsfreiheit hier ihr Ende fin<strong>den</strong>.<br />

Wenn es <strong>zu</strong> meinen kultischen Gewohnheiten gehört, <strong>zu</strong>r Sonnenwende unter Ausstoßung<br />

germanischer Urlaute mit einem gehörnten Helm am Schädel über brennende Feuer <strong>zu</strong><br />

hüpfen, ist mir dies unbenommen, sofern ich vorsorge, daß kein Waldbrand entsteht. Es steht<br />

mir auch frei, mit Gleichgesinnten eine religiöse Vereinigung <strong>zu</strong> bil<strong>den</strong>. Ich kann aber keine<br />

Glaubensgemeinschaft zwingen, mich als Mitglied auf<strong>zu</strong>nehmen, wenn ich gänzlich anderes<br />

Glaubensgut vertrete – und selbstverständlich kann mich diese ausschließen, wenn ich<br />

eklatant gegen ihre wesentlichen Inhalte verstoße. Dieses Recht steht sogar jedem Verein <strong>zu</strong>,<br />

falls Mitglieder vereinsschädigend agieren ohne daß dies auch nur irgendwie gegen das<br />

Grundrecht der Assoziationsfreiheit verstieße. Das Recht auf Religionsfreiheit schließt<br />

keineswegs das Recht auf Zugehörigkeit <strong>zu</strong> einer bestimmten Religionsgemeinschaft mit<br />

94 DEPPERT p. 9<br />

95 DEPPERT p. 22.<br />

96 DEPPERT p. 21.


ein. Wenn ich mich katholisch fühle, aber <strong>den</strong> Papst für <strong>den</strong> Antichristen halte, die sieben<br />

Sakramente für Humbug erkläre und mich auf <strong>den</strong> Koran berufe, hat die katholische Kirche<br />

selbstverständlich das Recht, mich aus<strong>zu</strong>schließen ohne daß meine Religionsfreiheit dadurch<br />

verletzt würde. Meine Religionsfreiheit ist dadurch gewährleistet, daß ich mir für<br />

diese Inhalte Mitstreiter/innen suchen und auf dieser Basis eine neue religiöse Vereinigung<br />

bil<strong>den</strong> kann.<br />

Nun ist Deppert ein kluger Mann. Warum dann diese geistigen Verrenkungen? Es geht um<br />

Apologie. um Verteidigung. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier müssen unbedingt von jeglicher<br />

Verstrickung in NS-Gedankengut reingewaschen wer<strong>den</strong>. Dies wird aus folgender Aussage<br />

ganz deutlich: „Es handelt sich immer nur um Vorwürfe gegen Einzelpersonen, die fast<br />

ausschließlich keine Mitglieder waren, längst verstorben sind oder die einer älteren<br />

Generation angehören, die in anderen Denk- und Sprachtraditionen aufgewachsen sind.<br />

Selbst wenn es sich um Aussagen von Mitgliedern handelt, so kann auf Grund des Wesens<br />

einer Religionsgemeinschaft diese nicht dafür <strong>zu</strong>r Rechenschaft gezogen wer<strong>den</strong>. Für das<br />

Verhalten sind die Betreffen<strong>den</strong> selbst verantwortlich. Auch dafür, daß bestimmte Personen<br />

nicht ausgeschlossen wur<strong>den</strong>, läßt sich – wie wir eben sahen – nur ein Vorwurf machen ,<br />

wenn der Vorwerfende bestimmte Menschenrechte in Be<strong>zu</strong>g auf die Religionsfreiheit<br />

einschränken möchte oder nicht anerkennt“. 97<br />

Was soll der Verweis auf Einzelpersonen? Natürlich sind es Einzelpersonen, die Aussagen<br />

treffen! Wenn ich Nicht-Mitgliedern prominenten Platz einräume in meinen Medien oder bei<br />

meinen Veranstaltungen, dann muß ich mir auch gefallen lassen, für deren Hervorbringungen<br />

mit<strong>zu</strong>haften! Daß viele der Erwähnten längst verstorben sind, liegt verständlicherweise daran,<br />

daß seit der Kaderakkumulation für die DUR mittlerweile 45 Jahre vergangen sind. In einem<br />

solchen Zeitraum sterben schon einige Leute. Was die Denk- und Sprachformen einer älteren<br />

Generation anbelangt – nun, da wäre eine Änderung mehr als angebracht gewesen, wäre <strong>den</strong>n<br />

der Wechsel vom NS-Sympathisanten <strong>zu</strong>m Unitarier tatsächlich vollzogen wor<strong>den</strong>. Aber<br />

diese Metanoia, dieses Um<strong>den</strong>ken, hat nicht stattgefun<strong>den</strong>. Darum haben Personen immer<br />

wieder rassistisch-faschistoides Gedankengut abgesondert in <strong>den</strong> Publikationen und auf <strong>den</strong><br />

Veranstaltungen der DUR. Das stört aber Deppert nicht. Seinem Toleranzverständnis nach ist<br />

das schon in Ordnung. „Wenn sich in namentlich gekennzeichneten Artikeln – etwa in <strong>den</strong><br />

97 DEPPERT p. 23.


´unitarischen blättern` - Äußerungen fin<strong>den</strong> lassen sollten, <strong>den</strong>en man eine gewisse Nähe <strong>zu</strong><br />

rassistischen Auffassungen nachsagen kann, dann bedeutet das nicht, daß die <strong>Deutschen</strong><br />

Unitarier <strong>den</strong> Inhalt dieser Äußerungen akzeptieren...Auf die <strong>Deutschen</strong> Unitarier übertragen<br />

bedeutet dies, daß bei ihnen die Meinungsfreiheit und insbesondere die Religionsfreiheit sehr<br />

hoch geachtet wird. Der Vorwurf besteht dann darin, daß <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> ihre<br />

Toleranz vorgeworfen wird“. 98 Richtig grotesk wird Deppert, wenn er schreibt: „In einer<br />

Religionsgemeinschaft, in der...die Toleranz besonders hochgehalten wird, darf man sich<br />

ziemlich ungeschminkt verhalten und auch ungeschminkte Gedanken äußern. Dabei kann es<br />

freilich auch einem sonst ganz biederen Menschen einmal passieren, daß er einen Gedanken<br />

faßt, <strong>den</strong> man als extrem <strong>zu</strong> bezeichnen hätte“. 99 Es ist irgendwie unfreiwillig komisch, in<br />

welch gewun<strong>den</strong>en Formulierungen Deppert um <strong>den</strong> heißen Brei rassistisch-faschistoider<br />

Aussagen in der DUR herumtanzt um <strong>zu</strong> dem Schluß <strong>zu</strong> kommen: „Radikale Thesen gehören<br />

an die Öffentlichkeit, da sie dadurch argumentativ aufgelöst wer<strong>den</strong> können. Wer die<br />

Veröffentlichung von radikalen Thesen verbietet, spielt mit der Gefahr, ein Pulverfaß <strong>zu</strong><br />

erzeugen“. 100<br />

Deppert anerkennt keine Grenzen der Toleranz. Im Sinne der Religionsfreiheit darf jeglicher<br />

Rassismus in religiösen Publikationen vertreten wer<strong>den</strong>, ohne daß die betreffende<br />

Religionsgemeinschaft irgendwie mit <strong>den</strong> rassistischen Inhalten in Verbindung <strong>zu</strong> bringen<br />

wäre. Ja, ihr sei sogar <strong>zu</strong> danken, da sie extremistische Inhalte in die Diskussion einbringe,<br />

wodurch deren Widerlegung erleichtert würde...Im übrigen seien es ja nur ungeschminkte<br />

Gedanken einer älteren Generation, die in anderen Denk- und Sprachformen erzogen wor<strong>den</strong><br />

und außerdem mittlerweile verstorben sei...<br />

Lassen wir Deppert und seine Ausführungen. Trotz oder gerade wegen aller Verrenkungen<br />

und Wortakrobatik geben sie für unser Thema – die NS-Verstrickungen der DUR – nichts her.<br />

In ihrer Ten<strong>den</strong>z <strong>zu</strong> Verdrängung und Verharmlosung sind sie allerdings nicht untypisch für<br />

<strong>den</strong> Umgang vieler Deutsch-Unitarier mit der Vergangenheit ihrer Organisation. In Blogs im<br />

Internet und im persönlichen Gespräch wer<strong>den</strong> ständig Formulierungen verwendet wie: ´ Das<br />

sind doch immer wieder nur dieselben vier oder fünf Namen` oder: ´Das sind doch lauter alte<br />

Geschichten`. Leider sind es nicht nur einige wenige Namen. Ich habe sorgfältig gegoogelt<br />

98 DEPPERT p. 25.<br />

99 DEPPERT p. 28.<br />

100 DEPPERT p. 45


und muß sagen, daß bei jedem Namen der tragen<strong>den</strong> Persönlichkeiten der frühen DUR-<br />

Geschichte eine ausgeprägte Nazi-Biographie <strong>zu</strong>m Vorschein kommt. Und offenbar hat die<br />

von völkischem Gedankengut getragene Strömung bis Ende der 1980er-Jahre eine wichtige<br />

Rolle in der DUR gespielt.<br />

Das Problem liegt, wie ich meine, in der bis heute mangeln<strong>den</strong> Sensibilität für <strong>den</strong><br />

verabscheuungswürdigen Gehalt der NS-Zeit und der in ihr wirksamen Anschauungen. Das<br />

gilt bis in die aktuelle Gegenwart. Heft 6 der unitarischen blätter vom Jänner/Februar 2010<br />

bringt als Schwerpunkt eine Rückschau auf 60 Jahre Glaube und Tat/unitarische blätter, die<br />

Zeitschrift der DUR. Auch diese Rückschau ist völlig frei von jedweder kritischen<br />

Anmerkung. Da wird kommentarlos die Seite 1 der ersten Folge von Glaube und Tat<br />

abgedruckt, ganz oben eingeleitet mit einem Wort des Blu-Bo-Dichters Gustav Frenssen,<br />

unterschrieben von Dr. Küthe, dem ersten Präsi<strong>den</strong>ten der DUR und spätern BDU-Mann, im<br />

Text die ´klassische` Forderung der Deutschgläubigen: ´Wir verlangen volle Glaubensfreiheit<br />

und Gleichberechtigung für diejenigen, die sich aus dem Kirchenchristentum gelöst haben<br />

und <strong>zu</strong> uns freiprotestantischen <strong>Unitariern</strong> gekommen sind`. Wie unkritisch der eigenen<br />

Vergangenheit gegenüber die <strong>Deutschen</strong> Unitarier auch 1978 noch waren, beweist der<br />

wiederabgedruckte Text aus Heft 1 der unitarischen blätter, wo es lapidar heißt: „Eine neue<br />

Phase unitarischer Entwicklung setzte mit dem Jahr 1946 ein, als Pfarrer Walbaum sich der<br />

notlei<strong>den</strong><strong>den</strong> Kirchenfreien annahm und ihnen durch Briefe und seine Schrift ´Religiöser<br />

Unitarismus` geistige und seelische Hilfe leistete.“ Natürlich wurde all dies so geschrieben,<br />

wie es hier steht. Aber 2010 solche Texte einfach unkommentiert in freudiger Jubelstimmung<br />

wieder ab<strong>zu</strong>drucken beweist eindrucksvoll, daß der Ungeist der NS-Ära noch immer nicht in<br />

vollem Ausmaß begriffen wurde. In der Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit der jüngeren deutschen<br />

Geschichte hinken die <strong>Deutschen</strong> Unitarier seit Jahrzehnten dem gesellschaftlichen Standard<br />

der Bundesrepublik hinterher. Sie sind in dieser Frage langsam dahinkeuchende Nachhut und<br />

keineswegs Avantgarde.<br />

Aus der offiziellen Geschichtsdarstellung der DUR wurde ausführlich zitiert, so daß ich nicht<br />

näher darauf ein<strong>zu</strong>gehen brauche. Nun <strong>zu</strong>r Kasseler Erklärung . Der vollständige Text ist<br />

auf der Web-Site der DUR bzw. in <strong>den</strong> unitarischen blättern Heft 4 Juli/August 2011<br />

nach<strong>zu</strong>lesen. Die Erklärung stellt einen wichtigen Schritt der DUR in Richtung<br />

Vergangenheitsaufarbeitung dar. Sie ist in vielen Punkten deutlicher als es vorangegangene


Stellungnahmen waren. Man merkt ihr aber <strong>den</strong> Kompromißcharakter an, das Schwanken<br />

zwischen jenen Teilnehmer/inn/en am Unitariertag, die eine wirkliche Aufarbeitung wollten<br />

und jenen, die letztlich die alte Lebenslüge vom unitarischen Charakter der DUR von Anfang<br />

an aufrechterhalten wollten. So lautet eine sehr entschei<strong>den</strong>de Passage: „Unmittelbar nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg fand die unitarische Idee – unterstützt durch die Amerikaner und<br />

Engländer – in Deutschland großen Zuspruch. Viele Menschen, die das entsetzliche Wirken<br />

des Nationalsozialismus als falsch erkannt hatten, waren auf der Suche nach einer neuen<br />

Orientierung und fan<strong>den</strong> bei uns eine neue religiöse Heimat. Zu unserer Gemeinschaft stießen<br />

aber auch solche, die sich nicht von <strong>den</strong> alten Ideen gelöst hatten“. 101 (Unterstreichungen von<br />

mir, A.G.)<br />

An dieser Aussage ist vor allem der letzte Satz richtig. Wie unsere Untersuchung eindeutig<br />

gezeigt hat, stießen leider nicht viele Menschen, die das entsetzliche Wirken des<br />

Nationalsozialismus als falsch erkannt hatten, <strong>zu</strong>r DUR, sondern hauptsächlich solche, die<br />

ihre alten deutschgläubigen und gottgläubigen Vorstellungen möglichst unverändert im neuen<br />

organisatorischen Rahmen weiterführen wollten 102 – und dies auch jahrzehntelang getan<br />

haben. Die unitarische Idee war es sicherlich nicht, die 1945ff in Deutschland großen<br />

Zuspruch gefun<strong>den</strong> hatte...<br />

4. Zusammenfassung.<br />

Die vorliegende Arbeit erhebt keineswegs <strong>den</strong> Anspruch, eine Geschichte der DUR<br />

dar<strong>zu</strong>stellen. Es ging nur um die Verstrickungen der DUR mit nationalsozialistischem,<br />

völkischem und rechtsextremem Gedankengut – von 1945 bis heute. Demgemäß wurde auf<br />

viele positive Ansätze und Aktivitäten der <strong>Deutschen</strong> Unitarier nicht eingegangen wodurch<br />

der Eindruck einer gewissen Einseitigkeit entstehen mag. Diese Einseitigkeit ergibt sich aber<br />

aus der Fragestellung selbst. Es wur<strong>den</strong> in hohem Ausmaße Texte aus dem Bereich der DUR<br />

101 unitarische blätter 4 2011 p.235.<br />

102 So sieht es auch das angesehene Lexikon für Theologie und Kirche, wenn es unter dem Stichwort<br />

Deutschreligiöse Bewegung schreibt: „Nach 1945 bildeten die <strong>Deutschen</strong> Unitarier und die<br />

Religionsgemeinschaft der Gottgläubigen in Dithmarschen sowie der Klüter Kreis ein Sammelbecken für<br />

versprengte Nationalsozialisten und Angehörige völkisch-religiöser Bewegungen.“ Bd 3, Sp 169. Fbg/B 2009


verwendet, das Material der Antifa-Gruppen habe ich nicht herangezogen. Das Material<br />

spricht auch so eine deutliche Sprache. Ich habe versucht, eine möglichst objektive<br />

Darstellung vor<strong>zu</strong>legen. Es mag die eine oder andere Aussage etwas polemisch klingen. Alles<br />

ist aber sachlich begründet und ohne unlautere Absicht geschrieben.<br />

Zusammenfassend bietet sich folgendes Bild:<br />

1. Pfarrer Walbaum hat ab 1945 gezielt unter Menschen mit ausgeprägtem<br />

nationalsozialistischen, völkischen Hintergrund rekrutiert und diesen<br />

Deutschgläubigen und Gottgläubigen nach der Auflösung ihrer alten Organisationen<br />

durch die Alliierten einen neuen organisatorischen Rahmen <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt.<br />

Der <strong>Unitariern</strong>ame und die Organisation der Freien Protestanten dienten dabei als<br />

Schutzschirm.<br />

2. Bald nach der Gründung der DUR wur<strong>den</strong> die alten Freiprotestanten in ihrer<br />

großen Mehrheit hinausgedrängt womit sich die Organisation in der Hand der<br />

zahlenmäßig weit stärkeren Neuankömmlinge befand..<br />

3. Damit stellt die Gründung der DUR einen Bruch mit der Tradition der<br />

Freiprotestanten von 1876 dar. Trotzdem gibt es Fä<strong>den</strong> der Kontinuität. Diese<br />

liegen hauptsächlich in der Person Walbaums selbst, der sowohl die Hinwendung der<br />

Freiprotestanten <strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Unitariern</strong> in <strong>den</strong> ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts als<br />

auch die Hinwendung <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Völkischen während und nach der Nazizeit eingeleitet<br />

hat. Walbaum hat aber auch <strong>den</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Unitariern</strong> programmatisch die Berufung<br />

auf die unitarische Trias aus Freiheit, Gebrauch der Vernunft und Toleranz in<br />

religiösen Angelegenheiten vermittelt.<br />

Dieses programmatische Erbe kam aber bei der neugegründeten DUR <strong>zu</strong>nächst nicht<br />

<strong>zu</strong>m Tragen. Dominierend war eine Unitas-Konzeption, die mit <strong>den</strong> antitrinitarischen<br />

Wurzeln des Unitarismus nichts <strong>zu</strong> tun hatte. Sie baute vielmehr auf Vorstellungen<br />

arteigener nordischer Religion auf, die später unter dem Begriff von Europas eigener<br />

Religion propagiert wurde. Ferner wurde der nationalsozialistische Kirchenkampf<br />

weitergeführt. Ich habe daher für diese Strömung, die eindeutig nicht unitarisch war,<br />

die treffendere Bezeichnung Unitas-Arier gewählt. Gute 40 Jahre lang war die DUR<br />

unter Führung dieser Strömung Teil des völkischen Milieus der Bundesrepublik.


4. Dennoch gab es Ansätze <strong>zu</strong> einer Richtung in der DUR, die sich auf die unitarische<br />

Trias berief. Sie wurde im Laufe der Jahrzehnte langsam stärker. Ihr Erstarken wurde<br />

vor allem durch die Wiederaufnahme internationaler Kontakte über die IARF<br />

gefördert.<br />

4. In <strong>den</strong> späten 1980er-Jahren spaltete sich die mittlerweile in die Minderheit geratene<br />

Fraktion der Unitas-Arier von der DUR ab und gründete <strong>den</strong> BDU. Die dominierende<br />

Richtung wur<strong>den</strong> damit die Deutsch-Unitarier. Sie haben einige äußerliche Elemente<br />

des Völkischen beibehalten (Name, Symbol, diverse Begriffe). Sie haben sich aber<br />

bewußt in die Tradition des internationalen Unitarismus und seiner<br />

antitrinitarischen Wurzeln gestellt und berufen sich auf deren Werte. Ihre inhaltliche<br />

Bandbreite wird aber immer noch bestimmt vom Erbe ihrer Gründerväter: Unitas-<br />

Konzeption und Kirchenfeindschaft, wenn auch beides in modifiziertem Gewande<br />

(Unitas ohne Berufung auf die Arier, Kirchenkampf in Gestalt des Frei<strong>den</strong>kertums<br />

oder säkularen Humanismus).<br />

5. Heute ist die DUR an einem Wendepunkt angelangt. Sie kann die völkischen Reste<br />

ablegen, und sich dem UUismus angelsächsischer Prägung annähern. Sie kann <strong>zu</strong><br />

einem der humanistischen Verbände ohne Be<strong>zu</strong>g auf Religion wer<strong>den</strong> oder auch <strong>zu</strong><br />

einer ´normalen´ freireligiösen Vereinigung. Die Zukunft wird zeigen, wohin der Weg<br />

führt.<br />

Wien, 17.11.2011<br />

Ali Gronner<br />

5. Literatur.<br />

Es wurde reichlich Literatur angeführt. Dennoch möchte ich <strong>zu</strong>m Zweck leichterer<br />

Überschaubarkeit einige grundlegende Titel <strong>zu</strong>m Schluß nochmals extra ausweisen.<br />

Zu <strong>den</strong> nationalsozialistischen Wurzeln:<br />

GAMM, Hans Jochen: Der braune Kult. Das Dritte Reich und seine Ersatzreligion.<br />

Hamburg 1962.


Ferner die einschlägigen Stichwörter Deutschreligiöse Bewegung in Gerhard J. Bellinger:<br />

Der Große Religionsführer.München 1986 und im Lexikon für Theologie und Kirche .<br />

Frbg i.Br. 2009 Sehr nützlich ist auch wikipedia.<br />

DUR-eigene Stellungnahmen:<br />

KAHL, Hans-Dietrich: Strömungen. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier seit 1945 – ein kritischer<br />

Rückblick. unitarische hefte 4 München 1989<br />

DEPPERT, Wolfgang: Religion und Toleranz. Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier in der<br />

öffentlichen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng. unitarische hefte 5 München<br />

1992<br />

BEINHAUER, Rudolf: Freie Protestanten – Deutsche Unitarier. in: Was glauben sie<br />

eigentlich? Die <strong>Deutschen</strong> Unitarier – eine freie<br />

Religionsgemeinschaft. Hamburg/Ravensburg 2000.<br />

KASSELER ERKLÄRUNG in: unitarische blätter 4, Juli/August 2011<br />

SEIBERT, Wolfgang: Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft Stuttgart 1989.<br />

eigene Ideologie – Produktion<br />

HUNKE, Sigrid: Europas eigene Religion. Der Glaube der Ketzer. Bergisch-<br />

Gladbach 1981.<br />

aus Sicht der Freien Protestanten/Alzey:<br />

KALK, Stephan: Zur Auseinanderset<strong>zu</strong>ng von Freiprotestanten und<br />

Deutschunitariern. Alzey 1999.<br />

KALK, Stephan: Vernunft und Freiheit in der Religion. 125 Jahre Freie<br />

Religion in Alzey. Alzey 2001.<br />

aus Antifa- Sicht:<br />

KRATZ, Peter:<br />

Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von ´Neuem<br />

Denken`, Faschismus und Romantik. Berlin 1994.

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