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2 Kommunikationstechniken einsetzen - DieBirne-Verlag

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2 <strong>Kommunikationstechniken</strong> <strong>einsetzen</strong><br />

Lernziel: Nach der Bearbeitung dieses Kapitels können Sie ...<br />

• die wichtigsten <strong>Kommunikationstechniken</strong> in eigenen Kommunikationssituationen erfolgreich<br />

anwenden.<br />

Schlüsselbegriffe: aktives Zuhören, Alternativfragen, Du-Botschaften, geschlossene Fragen,<br />

Ich-Botschaften, indirekte Fragen, Killerphrasen, konkretisierende Fragen, Metakommunikation,<br />

offene Fragen, richtungsweisende Fragen, spiegeln, Suggestivfragen, verhaltensorientierte<br />

Fragen, Verhaltensdreieck, Vermeidung, wertende Aussagen<br />

Als Führungskraft sind Sie täglich auf den verschiedensten Ebenen gefordert, auch in der<br />

Kommunikation.<br />

Beispiel<br />

Nelly Schwander ist über das Verhalten ihres Assistenten ziemlich aufgebracht. Obschon Emilio<br />

Gattuso genau wusste, dass sie für die Nachmittagssitzung gemeinsam die Marketingunterlagen<br />

vorbereiten mussten, telefonierte er am Vormittag ungeniert mit Kollegen. Dies, nachdem er schon<br />

zu spät zur Arbeit gekommen war! Ihre Zurechtweisung nahm Emilio einigermassen betroffen zur<br />

Kenntnis, doch war die gegenseitige Stimmung danach auf dem Nullpunkt. Die Sitzungsvorbereitung<br />

verlief dementsprechend harzig. – Nelly Schwander seufzt: «Wäre Kommunikation doch nur<br />

einfacher!»<br />

Patentrezepte für eine erfolgreiche Kommunikation gibt es leider keine, weder im Führungsalltag<br />

noch im Privatbereich. Konsequent angewendet, helfen uns aber ein paar<br />

wenige <strong>Kommunikationstechniken</strong>, auch grössere Hindernisse in der zwischenmenschlichen<br />

Kommunikation zu überwinden und unsere Kommunikationsbeziehungen bewusst<br />

zu pflegen.<br />

Der amerikanische Unternehmensberater Thomas Gordon, vor allem bekannt durch seine<br />

Veröffentlichungen «Die Familienkonferenz» sowie «Die Managerkonferenz», betrachtet<br />

das Senden von Ich-Botschaften und die Technik des aktiven Zuhörens als die wesentlichsten<br />

Hilfsmittel für eine transparente Kommunikation im Führungsalltag. Diese beiden<br />

<strong>Kommunikationstechniken</strong>, das wirksame Fragen und die Metakommunikation stellen wir<br />

in den folgenden Abschnitten näher vor. Abschliessend beleuchten wir einige Todsünden<br />

der Kommunikation.<br />

2.1 Ich-Botschaften senden<br />

Über eigene Gefühle und eigene Ansichten lässt sich nicht streiten; sie sind Teil der eigenen<br />

Wirklichkeit und daher gegenseitig ernst zu nehmen. In der Ich-Form ausgesprochen,<br />

werden sie nicht zum verletzenden oder brüskierenden Angriff auf das Gegenüber, sondern<br />

tragen zu einer offenen, direkten Kommunikation bei.<br />

2.1.1 Du-Botschaften und Verallgemeinerungen<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

Viele Missverständnisse und schwierige Gesprächssituationen beruhen auf «Du-Botschaften»,<br />

die wir senden. Dies kann ein Befehl («Pack das endlich an!»), eine Drohung («Wenn<br />

du diesen Fehler ...»), ein Urteil («Du bist immer unfreundlich am Telefon!») oder ein Ratschlag<br />

(«Ich rate dir, dass …») sein.<br />

26 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

SVF010C2.pdf<br />

Die Wirkung ist oft dieselbe: Mit Du-Botschaften laufen wir Gefahr, die Beziehung zu<br />

anderen Menschen zu belasten. Sie werden häufig als Herabsetzung oder Ablehnung empfunden<br />

und provozieren Entgegnungen. Man fühlt sich unter Druck gesetzt und reagiert<br />

mit Gegendruck. Die Spirale einer missverständlichen Kommunikation nimmt so ihren<br />

Lauf. Wird sie nicht unterbrochen, wiegeln sich solche Kommunikationsmuster gegenseitig<br />

auf, bis sie in einem Konflikt eskalieren.<br />

Neben den anklagenden Du-Botschaften sind oft auch Verallgemeinerungen der Grund<br />

für eine missverständliche, nicht transparente Kommunikation. Formulierungen mit «man»<br />

oder «wir» ziehen andere ungefragt mit in das Geschehen ein und bilden eine Art Schutzschild<br />

vor der eigenen Meinung. Besonders in der Umgangssprache sind «Man-Botschaften»<br />

stark verbreitet.<br />

Beispiel • Die Vorgesetzte zum Mitarbeiter: «Wir sind einfach nicht mehr zufrieden mit Ihnen und müssen<br />

Sie deshalb entlassen.»<br />

• Frage im Bewerbungsgespräch: «Wo liegen Ihre Stärken?» – Antwort des Kandidaten: «Man<br />

sagt, ich sei sehr leistungsfähig. Man fühlt sich schliesslich dem Geschäft gegenüber verpflichtet!»<br />

2.1.2 Ich-Botschaften formulieren<br />

Im Gegensatz zu Du-Botschaften bleiben wir mit Ich-Botschaften mit unserem Gesprächspartner<br />

auf derselben Ebene. Wir begegnen ihm gleichberechtigt, offen, ehrlich und<br />

direkt, ohne ihn zu verletzen oder anzugreifen. Die Ich-Botschaft drückt eine persönliche<br />

Meinung aus, lässt jedoch dem Gegenüber offen, wie es reagieren soll.<br />

Beispiel<br />

Die Ich-Botschaft «Ich bin der Meinung, dass du deine Termine zu wenig klar planst» anstelle der<br />

Du-Botschaft «Du hast ein Terminchaos».<br />

Eine vollständige Ich-Botschaft besteht aus drei Komponenten, der Verhaltens- oder Situationsbeschreibung,<br />

den eigenen Gefühlen und den Auswirkungen:<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 27


[2-1] Die vollständige Ich-Botschaft<br />

Komponente Erklärung Beispiel<br />

Verhaltens- oder<br />

Situationsbeschreibung<br />

Eigene Gefühle<br />

Auswirkung(en)<br />

Ich beschreibe das Verhalten meines Gegenübers<br />

oder die Umstände, die aus meiner Sicht<br />

ein Problem verursachen, ohne jegliche Wertung.<br />

Sodann drücke ich ehrlich und klar aus, wie sich<br />

diese Tatsachen emotional auf mich ausgewirkt<br />

haben.<br />

Schliesslich lege ich meinem Gesprächspartner<br />

die Auswirkungen auf mich oder auf Dritte dar,<br />

wie ich sie empfinde.<br />

«Sie sind diese Woche nach der Mittagspause<br />

bereits zweimal zu spät gekommen ...»<br />

«... Ich ärgere mich darüber, ...»<br />

«... weil so der Kundenservice nicht gewährleistet<br />

werden kann.»<br />

Wenn ich meine Meinung mithilfe von Ich-Botschaften ausdrücke, gewinnt sie an Klarheit,<br />

Eigenständigkeit und erhält somit ein Profil. Mein Gegenüber kann mich dadurch besser<br />

einschätzen. Die folgende Tabelle fasst den Nutzen und die Grenzen der Ich-Botschaften<br />

zusammen:<br />

[2-2] Nutzen und Grenzen von Ich-Botschaften<br />

Nutzen • Indem ich selbst Stellung nehme, beziehe ich eine klare Haltung und kann<br />

mich nicht hinter Verallgemeinerungen verstecken.<br />

• Ich-Botschaften geben Klarheit und Transparenz.<br />

• Ich-Botschaften ermöglichen, die eigene Wahrnehmung oder Wirklichkeit<br />

ernst zu nehmen.<br />

• Mit Ich-Botschaften zeige ich mein Wesen.<br />

Grenzen • Keine – diese Technik zählt zu den wesentlichen Grundtechniken in der Kommunikation.<br />

2.2 Aktives Zuhören<br />

«Am besten überzeugt man andere mit den Ohren – indem man ihnen zuhört.»<br />

Dean Rusk (1909–1994), ehemaliger US-Aussenminister<br />

Die Technik «Aktiv Zuhören» stammt vom amerikanischen Psychologen Carl R. Rogers<br />

(1902–1987). Sie zielt darauf ab, sich in den Gesprächspartner einzufühlen, beim Gespräch<br />

mitzudenken und seinen Ausführungen aufmerksam und interessiert zu folgen. Aktives<br />

Zuhören klingt selbstverständlich, banal und alltäglich. Das ist irreführend. Denn so einfach<br />

diese Technik erscheinen mag, so schwierig ist ihre Umsetzung in die Praxis. Nicht<br />

umsonst gelten das aktive Zuhören und die Ich-Botschaften als das «1x1» der Kommunikation.<br />

Vielleicht lässt sich das anhand der Definition von «Aktiv Zuhören» näher erläutern: Unter<br />

aktivem Zuhören ist nicht nur das akustische Zuhören gemeint. Es ist ein einfühlsames<br />

Zuhören mit dem Ziel, alle Mitteilungen des Gegenübers aufzunehmen und seine Sicht zu<br />

verstehen. Verstehen heisst dabei nicht, dass wir die Sichtweise des anderen übernehmen<br />

oder gutheissen.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

Aktives Zuhören erfordert mehr als ein offenes Ohr; es fordert alle Sinne. Das chinesische<br />

Schriftzeichen für «hören» veranschaulicht dies:<br />

28 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

[2-3] Chinesisches Schriftzeichen für «hören»<br />

SVF010BUBAde.eps<br />

Auge<br />

Ohr<br />

ungeteilte<br />

Aufmerksamkeit<br />

Herz<br />

Neben dem offenen Ohr gilt es, die Augen offen zu halten und nonverbale Signale wahrzunehmen.<br />

Die offene Sinneswahrnehmung signalisiert aber nur dann wirklichen Respekt,<br />

wenn die Aufmerksamkeit ungeteilt ist. Es ist zum Beispiel möglich, dass ich gleichzeitig<br />

telefoniere und meinen Gesprächspartner am Tisch bewusst anblicke; meine volle Aufmerksamkeit<br />

kann ich jedoch nicht gleichzeitig sowohl dem Gesprächspartner am Telefon<br />

wie jenem am Tisch widmen. Schliesslich soll das Gehörte auch im Herzen wahrgenommen<br />

werden, indem es mit Gefühlen bereichert wird. Erst jetzt kann von aktivem, einfühlendem<br />

Zuhören gesprochen werden.<br />

2.2.1 Aktives Zuhören anwenden<br />

Beim aktiven Zuhören klärt der Empfänger einer Mitteilung ab, ob er sie im Sinn des Senders<br />

decodiert und interpretiert hat. Er filtert dabei das für den Sender emotional Wichtige<br />

heraus und spiegelt es zurück. Mit diesem Spiegeln lässt sich ein Grossteil möglicher<br />

Missverständnisse unmittelbar klären.<br />

Das aktive Zuhören wird durch Signale ergänzt, die dem Gegenüber verdeutlichen, dass<br />

ich mich voll und ganz auf ihn konzentriere. Solche Signale sind ein offener Blickkontakt,<br />

das Nicken oder zustimmende Äusserungen, wie z. B. «Ich sehe, ...» oder «Interessant, ...».<br />

Gemäss Friedemann Schulz von Thun [1] erfolgt das aktive Zuhören in drei Stufen:<br />

[2-4] Die drei Stufen des aktiven Zuhörens<br />

SVF010DABAde.eps<br />

3. Gefühle<br />

2. Inhalt<br />

1. Beziehung<br />

[1] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden 1. Störungen und Klärungen, Rowohlt Taschenbuch <strong>Verlag</strong>, Reinbek<br />

bei Hamburg, 2004.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 29


• Stufe 1 – die Beziehungsebene definieren: Ich teile meinem Gegenüber mit, dass ich<br />

mich diesem Gespräch mit ungeteilter Aufmerksamkeit und voller Präsenz widme.<br />

Mögliche Äusserungsformen: Blickkontakt, Nicken, Gestik.<br />

• Stufe 2 – das inhaltliche Verständnis: Ich versuche, die Kernaussage des Gegenübers<br />

zu erfassen und «auf den Punkt zu bringen». Mögliche Äusserungsform: «Darf<br />

ich kurz wiedergeben, was ich von dir gehört habe? Ich verstehe dich so, dass ...»<br />

• Stufe 3 – Gefühle verbalisieren: Ich spreche aus, welche Gefühle ich beim Gegenüber<br />

wahrnehme. Mögliche Äusserungsform: «… Und nun sind Sie enttäuscht und verletzt.»<br />

Beim aktiven Zuhören sind vor allem die folgenden Punkte zu beachten:<br />

• Ausreden lassen<br />

• Nachfragen<br />

• Spontane eigene Meinungsäusserungen unterdrücken<br />

• Hörbar und sichtbar Aufmerksamkeit zeigen<br />

• Zuwenden, bewusste Körpersprache<br />

• Das Gehörte wiedergeben<br />

Das aktive Zuhören ist unabdingbar in Verhandlungs- und Konfliktgesprächen. Der Nutzen<br />

und die Grenzen dieser Technik lassen sich folgendermassen beschreiben:<br />

[2-5] Nutzen und Grenzen des aktiven Zuhörens<br />

Nutzen • Direkte Wertschätzung des Gegenübers im Gespräch<br />

• Vertrauensbildend<br />

• Gibt allen Gesprächsbeteiligten Raum, die eigenen Mitteilungen anzubringen,<br />

und fördert so die Bereitschaft zu sprechen (Türöffner fürs Gespräch)<br />

• Fördert das gegenseitige Verständnis<br />

Grenzen • Ein mechanischer, künstlicher oder ironischer Tonfall sollte beim aktiven Zuhören<br />

vermieden werden. Sonst wirkt das Nachfragen unecht, unehrlich und<br />

eher manipulativ.<br />

• Wendet ein Gesprächspartner ausschliesslich das aktive Zuhören an, kann<br />

das Gespräch künstlich und oberflächlich wirken. So sollte man diese Technik<br />

nicht überstrapazieren und für wichtige Augenblicke vorbehalten. Denn<br />

es soll ein gegenseitiger Austausch stattfinden.<br />

Beispiel<br />

«Ich finde, dass wir unser diesjähriges Firmenjubiläum gebührend feiern sollten.» – «Du möchtest<br />

also das Firmenjubiläum feiern.»<br />

Wenn jetzt keine zusätzliche Mitteilung folgt, bleibt das Gespräch «hängen». Der Einwand wird<br />

zwar aufgenommen, aber nicht beantwortet.<br />

2.2.2 Das Spiegeln<br />

Eng verwandt mit dem aktiven Zuhören ist die Technik des «Spiegelns». Spiegeln bedeutet,<br />

dass ich das Gesagte im Sinne des Gegenübers aufnehme, um es anschliessend selber<br />

zusammenzufassen und auf diese Weise dem Gegenüber zu spiegeln. Ich benütze<br />

dazu meine eigenen Worte. Mit dem Spiegeln kann ich mögliche Missverständnisse von<br />

vornherein klären.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

Beispiel<br />

Achten Sie beim Spiegeln darauf, dass Sie das Gehörte nicht bewerten und prägnant und<br />

kurz zusammenfassen. Dadurch können Sie gleichzeitig bewusst auf den Redefluss Ihres<br />

Gegenübers einwirken.<br />

Im Jahresgespräch zwischen Lina Müller und Heinz Meier wird das Thema Pünktlichkeit angesprochen.<br />

Lina Müller schweift bei ihren Erläuterungen ab und berichtet ausführlichst, wie einfach und<br />

unkompliziert solche Angelegenheiten früher behandelt wurden. Heinz Meier meldet sich nach<br />

30 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

rund sieben Minuten zu Wort: «Ich möchte einmal zusammenfassen, was ich bis jetzt von Ihnen<br />

bezüglich der Pünktlichkeit verstanden habe: Flexibilität ist ganz wichtig für Sie, und Sie fühlen sich<br />

durch die Zeiterfassung eingeschränkt. Habe ich das richtig verstanden?» – Der Vorgesetzte kann<br />

mit der Technik des Spiegelns gleichzeitig Wertschätzung signalisieren, Lina Müllers Sichtweise<br />

erfassen und das Gespräch wieder auf die Ursprungsfrage zurückbringen.<br />

2.3 Wirksames Fragen<br />

Durch Fragen gewinnen Sie Informationen. Wir brauchen Informationen, um zu planen, zu<br />

entscheiden und auch, um unser Verhalten an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen zu<br />

können. «Wer fragt, führt!» – diese etwas plakative Aussage weist darauf hin, dass ich<br />

durch gezieltes Fragen ein Gespräch in die eine oder andere Richtung lenken und damit<br />

indirekt auch die Gesprächskultur beeinflussen kann.<br />

Sinnvolle Fragen ermöglichen eine lebhafte, gewinnbringende Kommunikation. Sinnvoll<br />

fragen heisst, so fragen, dass die Antworten möglichst gehaltvoll sind, indem sie echte<br />

Gefühle und zusammenhängende Sachinformationen enthalten.<br />

Es gibt verschiedene Frageformen, wobei jede dieser Formen ihre Berechtigung hat; eine<br />

einzige Frageform sollte aber nicht das ganze Gespräch dominieren.<br />

[2-6] Wirksames Fragen<br />

SVF010DEBAde.eps<br />

Alternativfragen<br />

Suggestivfragen<br />

Geschlossene<br />

Fragen<br />

Offene<br />

Fragen<br />

Wirksame<br />

Fragen<br />

Richtungsweisende<br />

Fragen<br />

Konkretisierende<br />

Fragen<br />

Indirekte<br />

Fragen<br />

Verhaltensorientierte<br />

Fragen<br />

2.3.1 Geschlossene Fragen<br />

Geschlossene Fragen kann man mit einem «Ja» oder «Nein» oder mit «Ich weiss nicht»<br />

oder «vielleicht» beantworten. Sie sind nützlich, wenn eine klare Stellungnahme<br />

gewünscht wird, und helfen, ein Gespräch auf den bestimmten Punkt zu bringen und spezifische<br />

Informationen zu gewinnen. Sie ermuntern jedoch nicht dazu, dass sich die<br />

befragte Person ausführlich äussert. Ein Gespräch, das durch geschlossene Fragen<br />

beherrscht wird, klingt nach einem Verhör und wird besonders bei eher zurückhaltenden,<br />

wortkargen Gesprächspartnern kaum zu einem lebhaften Austausch führen.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 31


Geschlossene Fragen beginnen folgendermassen: «Haben Sie ...», «Finden Sie …», «Wollen<br />

Sie …», «Kennst du …», «Siehst du eine Möglichkeit …», «Legen Sie Wert auf ...» usw.<br />

Beispiel • «Haben Sie schon gehört, dass die Arbeitszeit geändert wird?»<br />

• «Wollen Sie diesen Auftrag übernehmen?»<br />

• «Können Sie mir sagen, wie viel Uhr es ist?» (Der Fragesteller wäre wohl überrascht, wenn er<br />

als Antwort ein «Ja» ohne die entsprechende Zeitangabe erhalten würde.)<br />

2.3.2 Offene Fragen<br />

Offene Fragen ermutigen den Gesprächspartner, sich umfassend mitzuteilen. Man nennt<br />

sie auch W-Fragen, weil sie mit einem «W» beginnen: Was, wie, wo, wann, warum, weshalb,<br />

wozu, womit, wer, wen, wem?<br />

Beispiel • «Was halten Sie von der Einführung der neuen Arbeitszeitregelung?»<br />

• «Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Situation zu verändern?»<br />

• «Warum wollen Sie bei diesem Projekt nicht mitmachen?»<br />

Offene Fragen kann (und will) man meist nicht nur mit einem Wort, sondern ausführlich<br />

beantworten und dadurch den eigenen Standpunkt darlegen. Sie führen deshalb zu einem<br />

tieferen Verständnis und helfen, die Komplexität einer Situation zu erkennen.<br />

Beispiel • «Welche Konsequenzen hätte dieser Entscheid für dich?»<br />

• «Weshalb messen Sie dieser Aufgabe die höchste Priorität bei?»<br />

2.3.3 Konkretisierende Fragen<br />

Manche Gespräche bewegen sich auf einer distanzierten Ebene oder auf Allgemeinplätzen,<br />

sei dies aus unbewussten oder aus bewussten und somit taktischen Gründen. Hier tut<br />

eine Vertiefung des Gesprächs Not. Ähnlich einem Trichter werden die Fragen zur Vertiefung<br />

immer konkreter, fassbarer, direkter gestellt.<br />

Durch präzises und gezieltes Nachfragen erhalten Sie informativere Antworten. Häufige<br />

Schlüsselwörter für diese Frageform sind: «Was genau ...», «Können Sie mir dies an einem<br />

Beispiel aufzeigen?», «Welche Resultate haben Sie konkret erzielt?» usw.<br />

Beispiel<br />

Maja Schlumpf meint auf die Frage, was sie vom neu lancierten Produkt hält: «Es gefällt mir recht<br />

gut!» Der Interviewer stellt daraufhin eine konkretisierende Frage: «Frau Schlumpf, was gefällt<br />

Ihnen am Produkt besonders?» – Er versucht, mit gezieltem Nachfragen substanziellere Informationen<br />

zu bekommen.<br />

Gekonnte und geübte Fragende konzentrieren sich bei Interviews auf einige wenige, dafür<br />

wesentliche Fragen. Sie konkretisieren diese Fragen jedoch so lange, bis sie den Kern der<br />

Sache erfassen können. Auch bei Führungsgesprächen ist diese Frageform wirkungsvoll.<br />

2.3.4 Verhaltensorientiertes Fragen<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

Wenn Sie nähere Informationen zu einer bestimmten Verhaltensweise erfahren wollen,<br />

reicht die herkömmliche Fragepalette meist nicht aus. Denn das Verhalten bezieht sich<br />

immer auf eine bestimmte Situation und ist somit subjektiv gefärbt. Ausserdem neigen wir<br />

besonders dann zu Verallgemeinerungen, wenn wir auf unser Verhalten angesprochen<br />

werden. Deshalb müssen Sie bei verhaltensorientierten Fragen besonders auf die Messund<br />

Fassbarkeit achten.<br />

32 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

Beispiel<br />

Unvollständige Frage – unvollständige Antwort:<br />

Vorgesetzte: «Herr Holzer, was ist beim Kunden Zumix vorgefallen?»<br />

Mitarbeiter: «Ach ja, er hat reklamiert, weil die Ware schadhaft war. Ich habe alles Notwendige eingeleitet.»<br />

Aufgrund dieser Antwort kann die Vorgesetzte nicht nachvollziehen, ob der Kunde auch respektvoll<br />

und richtig behandelt wurde. Sie muss folglich die Frage anders stellen.<br />

Das Verhaltensdreieck dient der Informationsbeschaffung über ein bestimmtes Verhalten.<br />

Das vollständige Verhaltensdreieck besteht aus den drei Elementen Situation, Vorgehen<br />

(Aktion) und Resultat (Ergebnis).<br />

[2-7] Verhaltensdreieck<br />

SVF007BIBAde.eps<br />

Situation<br />

Vorgehen<br />

Resultat<br />

Zuerst wird immer nach der konkreten Situation gefragt. So erfahren Sie mehr über die<br />

Hintergründe, Zusammenhänge und Umstände, die die nachfolgenden Handlungen beeinflussen.<br />

Anschliessend wird nach dem konkreten Vorgehen oder Verhalten gefragt. Der Fokus<br />

muss dabei auf dem tatsächlichen eigenen Verhalten bleiben; es darf hier also kein Verstecken<br />

hinter Wunschvorstellungen (wie man sich am besten verhalten könnte) oder hinter<br />

dem Einfluss von Drittpersonen geben. Je nachdem ist deshalb hier das hartnäckige<br />

Fragen unabdingbar. Wenden Sie dafür offene und konkretisierende Fragen an.<br />

Zuletzt wird das wirklich erreichte Resultat des geschilderten Vorgehens überprüft. Was<br />

wurde damit erreicht, was nicht erreicht? Ergebnisse können je nach Verhaltensbeispiel<br />

auch Veränderungen oder Auswirkungen sein, positive, negative oder auch neutrale.<br />

Damit erhalten Sie Aufschluss über den individuell gemachten Lernschritt bzw. über die<br />

Selbstreflexion Ihres Gegenübers und somit auch über sein künftiges Verhalten und seine<br />

Reife. Nur ein vollständiges «Verhaltensdreieck» erlaubt, das Verhalten der befragten Person<br />

situationsgerecht zu verstehen und entsprechend objektiv zu beurteilen.<br />

Beispiel<br />

Vollständige Frage – vollständige Antwort:<br />

Vorgesetzte: «Herr Holzer, wie verlief das heutige Telefon mit dem Kunden Zumix?» – «Herr Zumix<br />

war ausser sich und warf uns vor, ihm beschädigte Ware geliefert zu haben und damit seinen Produktionsausstoss<br />

unnötig zu verzögern. Ich habe ihm erst einmal aufmerksam und geduldig zugehört,<br />

und mir war klar, dass wir ihm die beschädigte Ware möglichst rasch ersetzen müssen.»<br />

(Situation)<br />

Vorgesetzte: «Was haben Sie deswegen unternommen?» – «Ich habe Herrn Zumix daher noch<br />

heute Morgen eine Nachlieferung per Eilsendung zugesichert, die ich sogleich in die Wege geleitet<br />

habe.» (Vorgehen)<br />

Vorgesetzte: «Was hat sich daraus ergeben?» – «Herr Zumix war beruhigt und bedankte sich für<br />

diesen Service. Die Lieferung ist wie abgemacht bei ihm eingetroffen.» (Resultat)<br />

Aufgrund dieser Informationen kann die Vorgesetzte das kundenorientierte Verhalten von Herrn<br />

Holzer abschätzen.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 33


Das «Verhaltensdreieck» unterstützt den Fragenden bzw. den Befragten wie folgt:<br />

[2-8] Vorteile der Verhaltensfragen<br />

Für die fragende<br />

Person<br />

Für die befragte<br />

Person<br />

• Rasches Erfassen von aussagekräftigen Informationen.<br />

• Situative Einschätzung der Ausgangslage ist möglich.<br />

• Resultate sind nachvollziehbar, mess- und fassbar.<br />

• Einzelne Vorgehensschritte sind erkennbar.<br />

• Konkretisierung lässt wenig Raum für Verallgemeinerungen oder<br />

Ausflüchte.<br />

• Objektive Darstellung der Situation und Erläuterungen zum gewählten<br />

Vorgehen sind möglich.<br />

• Selbstreflexion des eigenen Verhaltens ist Voraussetzung für die persönliche<br />

Weiterentwicklung (Lerneffekt).<br />

2.3.5 Indirekte, reflektierende Fragen<br />

Natürlich kommt es auch vor, dass jemand eine Frage nicht beantworten kann oder will.<br />

Vielleicht weicht er aus mit Bemerkungen, wie «Ich weiss auch nicht, weshalb» oder «Ich<br />

kann das auch nicht verstehen». Indirekte Fragen eignen sich, um eine schwierige Situation<br />

zu klären.<br />

Beispiel<br />

A: «Ich muss einfach mehr arbeiten als die andern Kollegen!»<br />

B reflektiert: «Sie glauben also, dass Ihre Kollegen weniger arbeiten als Sie?»<br />

A: «Sie mit Ihrem vielen Geld können sich eben alles leisten!»<br />

B reflektiert: «Sie sind also der Meinung, dass ich so viel Geld habe, um mir allen Luxus leisten zu<br />

können?»<br />

Die indirekten Fragen zielen darauf ab, den Gesprächspartner besser zu verstehen und ihn<br />

zu veranlassen, sich selbst bei der Lösung des Problems zu helfen. Diese Art zu fragen ist<br />

auch sehr wirksam, um im Konfliktfall mit Provokationen fertig zu werden.<br />

Ihnen wird zum Beispiel vorgeworfen: «Sie haben bisher überhaupt nichts zur Arbeit beigetragen!»<br />

Wenn es Ihnen gelingt, anstatt «Sie auch nicht» mit einer indirekten Frage, wie<br />

z. B. «Sie haben also den Eindruck, ich trage zu wenig zur Aufgabenlösung bei», zu reagieren,<br />

bringen Sie vielleicht den Gesprächspartner dazu, Ihnen genauer zu sagen, was er von<br />

Ihnen erwartet.<br />

2.3.6 Richtungsweisende Fragen<br />

Wenn sich ein Gespräch im Kreis dreht, man dem Ziel nicht näher kommt, helfen richtungsweisende<br />

Fragen. Damit können Sie einen Schwerpunkt in der Diskussion aufgreifen<br />

und ihn einen Schritt weiter führen.<br />

Beispiel • «Wir haben jetzt so viel über Zusammenarbeit gesprochen. Wie sollen wir nun vorgehen, um<br />

die Zusammenarbeit zu verbessern?»<br />

• «Wie stellen Sie sich nun den Ablauf dieser Veranstaltung vor?»<br />

• «Wo sehen Sie nun konkret das Problem bei der Informationsbeschaffung?»<br />

• «In welcher Hinsicht sehen Sie Veränderungsmöglichkeiten?»<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

34 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

2.3.7 Alternativfragen<br />

Alternativfragen dienen dazu, dem Gesprächspartner die Entscheidung zu erleichtern.<br />

Wenn sich jemand nicht für ein bestimmtes Thema oder Vorgehen entscheiden kann oder<br />

für sich keine Lösung sieht, helfen offene Fragen nicht weiter. Alternativfragen eröffnen<br />

mögliche Optionen und bilden somit eine Art Denkhilfe für die befragte Person.<br />

[2-9] Alternativfragen anstelle von offenen Fragen – Beispiele<br />

Alternativfrage<br />

Sollen wir uns am Mittwoch oder Donnerstag<br />

treffen?<br />

Möchtest du diese Arbeit jetzt sofort erledigen<br />

oder nach Feierabend?<br />

Wollen Sie den Verkauf durch ein zusätzliches<br />

Aktionsangebot oder durch ein weiteres Mailing<br />

fördern?<br />

Offene Frage<br />

Wann sollen wir uns treffen?<br />

Wann willst du diese Arbeit erledigen?<br />

Wie wollen Sie den Verkauf fördern?<br />

Alternativfragen sind nicht mit doppelten Fragen zu verwechseln. Vermeiden Sie wenn<br />

möglich doppelte Fragen, weil sie zu wenig zielgerichtet sind und den Gesprächsfluss<br />

behindern.<br />

Beispiel • «Wo sehen Sie das Problem bei diesem Ablauf, und wie wollen Sie vorgehen?»<br />

• «Wie sieht die Vorgeschichte dieses Konflikts aus, und an welche Lösungsmöglichkeiten hast<br />

du dabei gedacht?»<br />

2.3.8 Suggestivfragen<br />

Suggestivfragen wirken manipulativ: Man stellt die Fragen so, dass man genau die Antwort<br />

erhält, die man hören möchte. Man legt dann mit der Frage sozusagen bereits die Antwort<br />

dem Gesprächspartner in den Mund.<br />

Beispiel • «Du bist doch auch der Meinung, dass wir dieses Problem nun lösen müssen?»<br />

• «Sie wollen doch auch, dass unsere Abteilung erfolgreich arbeitet, nicht wahr?»<br />

Ihre Berechtigung haben Suggestivfragen, wenn eine Situation verworren und der<br />

Gesprächspartner unschlüssig ist. Wichtig dabei ist, dass der Gesprächspartner mit dieser<br />

Form der Steuerung einverstanden ist.<br />

2.4 Reden über das Reden – Metakommunikation<br />

«Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen» – diese Metapher zeigt bildlich, worum es bei<br />

der Metakommunikation geht: um einen Perspektivenwechsel. Damit wir gleichzeitig die<br />

einzelnen Büsche erkennen und den Wald als Ganzes sehen können, benötigen wir die<br />

Fähigkeit eines Helikopters. Er ist wendig genug, nahe am Boden zu fliegen und rasch aufzusteigen.<br />

Aus diesem Grund kann man im Zusammenhang mit der Metaebene auch von<br />

der Fähigkeit zur «helicopter view» (Helikopter-Sicht) sprechen.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 35


SVF010C3.pdf<br />

Metakommunikation ist Kommunikation über die Kommunikation. Der Ausdruck<br />

«Metakommunikation»» wurde durch den Gestaltpsychologen Wolfgang Metzger in die<br />

Forschung eingeführt. Die Gesprächspartner verlagern dabei ihre Kommunikation auf eine<br />

andere Ebene und sprechen darüber, wie sie miteinander umgehen oder was sie im<br />

Moment stark beschäftigt. Kein Weg führt hier an der Selbstreflexion vorbei, d. h. an der<br />

Bereitschaft, das eigene Verhalten in einer bestimmten Situation kritisch zu hinterfragen.<br />

2.4.1 Metakommunikation anwenden<br />

Das folgende Beispiel zeigt eine typische Gesprächssituation, in der die Metakommunikation<br />

weiterhelfen kann:<br />

Beispiel<br />

«Ich versuche dir seit fünf Minuten zu erklären, warum ich mich in unserem gestrigen Gespräch<br />

geärgert habe. Dabei hast du mich bereits sieben Mal unterbrochen. Das wiederum verärgert mich!<br />

– Lass uns darüber reden, wie wir beide miteinander kommunizieren!»<br />

Nachdem sich der eine Gesprächspartner vergeblich bemüht hat, über seinen Ärger vom<br />

Vortag zu sprechen, thematisiert er die aktuelle Kommunikationsstörung.<br />

Ein willkommener Anlass für die Metakommunikation ist auch der Abschluss einer Besprechung<br />

oder einer Sitzung, wenn Sie ein Feedback einholen wollen. Wenn Sie als Führungskraft<br />

z. B. zum Abschluss der monatlichen Teamsitzung die Anwesenden fragen, wie<br />

sie die Sachdiskussionen empfunden haben, vermitteln Sie eine offene Gesprächskultur.<br />

Zugleich schaffen Sie so die Gelegenheit, die Sitzung abzurunden und offene Fragen oder<br />

Gefühle anzusprechen.<br />

Mögliche Fragestellungen in der Metakommunikation sind:<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

• Wie fühle ich mich nach dem Gespräch?<br />

• Wie habe ich mich während des Gesprächs gefühlt?<br />

• Wann nahm das Gespräch eine (ungeahnte) Wendung?<br />

• Was machte betroffen (Worte, Aussagen, Inhalte, nonverbale Signale etc.)?<br />

• Was / wer hat dieses Gefühl ausgelöst (positiv wie negativ)?<br />

• War das Gesprächsziel zu Beginn klar – wie änderte es sich allenfalls während des Gesprächs?<br />

• Was möchte ich beim nächsten Gespräch verändern?<br />

• Was gibt es noch zu sagen?<br />

36 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

In heiklen Situationen empfiehlt es sich, für die Moderation einer Metakommunikationsrunde<br />

einen Dritten – z. B. eine Supervisorin oder einen Coach – beizuziehen.<br />

2.4.2 Nutzen und Grenzen der Metakommunikation<br />

Wird die Metakommunikation im Führungsalltag konsequent eingebaut, verlängern sich<br />

die Besprechungen oder Sitzungen aufgrund der zusätzlichen Feedbackrunde. Jedoch profitieren<br />

alle Beteiligten von ihrem Mehrwert: Sie beeinflusst das Kommunikationsklima<br />

zwischen zwei Gesprächspartnern, im Team und im Unternehmen positiv. Eine lernende<br />

Organisation setzt voraus, dass Fehler, Missverständnisse oder Konflikte angesprochen<br />

werden und eine offene Gesprächskultur herrscht. Paul Watzlawick lobt deshalb die Metakommunikation<br />

als die Fähigkeit, ohne die es keine erfolgreiche Kommunikation geben<br />

kann.<br />

[2-10] Nutzen und Grenzen der Metakommunikation<br />

Nutzen • Kann befreiend wirken.<br />

• Offenbart latente, schwelende Konflikte.<br />

• Ziele oder Motive für ein bestimmtes Verhalten können offen hinterfragt<br />

werden.<br />

• Missverständnisse können geklärt werden.<br />

• Verbessert das gegenseitige Kennenlernen und beugt künftigen schwierigen<br />

Gesprächs- und Konfliktsituationen vor.<br />

• Sensibilisiert die eigene Wahrnehmung und das Fremdbild.<br />

• Prägt die Kommunikationskultur.<br />

Grenzen • Verlangt von allen Mut und die Bereitschaft, sich selbst zu öffnen. Personen,<br />

die dazu nicht bereit oder/und willig sind, ziehen keinen Mehrwert aus dieser<br />

Gesprächsform.<br />

• Kein «Allheil-Mittel» gegen Kommunikationsstörungen. Werden Konflikte<br />

nicht gelöst, sondern lediglich auf eine Metaebene verlagert, bleibt die Störung<br />

vorhanden und eskaliert allenfalls.<br />

• Ein Zu viel an Analyse kann sich als unproduktiv und lähmend erweisen. Ein<br />

Gleichgewicht zwischen Reflexion und Handeln ist gefordert.<br />

2.5 Todsünden der Kommunikation<br />

Einige wenige Gesprächstechniken entscheiden also über Erfolg und Misserfolg in der<br />

Kommunikation. So einfach wäre das, wenn uns der Alltag nicht immer wieder einholen<br />

würde: Gewisse Verhaltensweisen führen nämlich fast schon automatisch zu Missverständnissen,<br />

Ärger, Frust und Gesprächsabbrüchen.<br />

Solche «Todsünden der Kommunikation» begegnen uns im Alltag immer wieder, ob als<br />

Empfänger oder Sender einer Botschaft. Kornelia von Vacano [1] erarbeitete eine Zusammenstellung<br />

dieser Todsünden. Ergänzt sind dies:<br />

2.5.1 Sich herablassend benehmen<br />

Herablassend kann nur sein, wer sich selbst über den Gesprächspartner stellt. Erkennbar<br />

ist dies zum Beispiel bei wertenden Aussagen, wie: «Du bist ein hoffnungsloser Mitarbeiter<br />

...!» Auch die gute Absicht des Tröstens ist eine Form der Überheblichkeit. Zum Beispiel<br />

kann der Satz «Ich bin sicher, dir geht es bald schon wieder besser» signalisieren,<br />

dass ich über der Sache stehe und – im Gegensatz zu meinem Gegenüber – die Sache im<br />

Griff habe.<br />

[1] Nach von Vacano, Kornelia: Seminar Professionelle Gesprächs- und Verhandlungsführung, 2001:<br />

http://www.hochschulkurs.de/vvacano.doc<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 37


Ein weiteres Phänomen einer herablassenden Haltung ist das «Etikettieren» oder «Psychologisieren».<br />

Aussagen, wie «Dein Problem ist ...» oder «Du hast doch Verfolgungswahn»,<br />

markieren wiederum unterschiedliche Positionen zwischen den beiden Gesprächspartnern.<br />

Der eine «jubelt sich hoch», indem er den anderen herunterstuft. Es ist gefährlich,<br />

andere Menschen oder ihr Verhalten mit einem Etikett zu versehen, da wir eigentlich nicht<br />

wissen, ob es wirklich stimmt.<br />

Obwohl sie teilweise durchaus zum Umgangston gehört, stellt Ironie eigentlich eine Herabsetzung<br />

des Gesprächspartners dar. Auch angeblich freundliches Scherzen kann eine<br />

andere Person verletzen. Oft verhindern ironische Bemerkungen ein offenes Gespräch.<br />

Beispiel<br />

«Was meint denn unsere Fachfrau für Tratsch und Klatsch zu dieser Frage?» – Die Angesprochene<br />

fühlt sich verletzt und herabgesetzt, und ihr Vertrauen in den Vorgesetzten ist erschüttert.<br />

2.5.2 Signale setzen<br />

Im Führungsalltag werden mit unbewussten Äusserungen oft Signale gesetzt, die den<br />

Kommunikationsfluss hemmen. Diese Signale sind unterschiedlicher Art:<br />

• Befehlen bedeutet, dass Sie jemanden so anweisen, dass ihm keine Möglichkeit zur<br />

weiteren Diskussion bleibt. Weder kann sich Ihr Gegenüber weiter informieren, noch<br />

hat der Befehlsempfänger den notwendigen Spielraum, abzulehnen oder zuzustimmen.<br />

• Drohungen, wie zum Beispiel «Wenn du dies nicht machst ...» oder «Sie tun gut daran<br />

...», sorgen dafür, dass Menschen argwöhnisch werden. Viele Menschen wehren sich<br />

gegen Drohungen. Sie suchen nach Möglichkeiten, nicht zu gehorchen.<br />

• Auch ungebetene Ratschläge erweisen sich oft als Behinderung. Mit Sätzen, wie<br />

«Haben Sie auch versucht ...» oder «Wenn Sie auf mich hören, dann werden Sie ...»,<br />

läuft man Gefahr, belehrend, moralisierend oder predigend zu wirken und Ablehnung<br />

zu provozieren.<br />

2.5.3 Vermeidung<br />

Der Kommunikationsfluss kann auch mit passiven Stilmitteln manipuliert werden:<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

• «Vage sein» bedeutet auch, sich nicht zu seinen eigenen Botschaften zu bekennen.<br />

Sätze wie «Jeder weiss, dass ...» oder «Die meisten Menschen stimmen zu, dass ...»<br />

sind Beispiele dafür, wie man nicht sagt, was man selbst meint. Wenn wir nicht gleich<br />

zur Sache kommen, muss unser Gesprächspartner herumrätseln, was wir eigentlich<br />

meinen oder wollen.<br />

• «Nur so viel wie nötig»: Manche Menschen geben Informationen nach diesem Prinzip<br />

weiter. Vielleicht hat diese Haltung früher funktioniert, aber heute müssen Menschen<br />

umfassend informiert werden, wenn sie ihre Arbeit richtig machen und erfolgreiche,<br />

vollwertige Mitglieder eines Teams sein sollen. Informationen zurückhalten<br />

führt zu Machtspielen und falschen Überlegenheitsgefühlen statt zu einer erfolgreichen,<br />

gleichwertigen Kommunikation.<br />

• Nur zu gerne lässt man sich auf ein Ablenkungsmanöver ein, wenn ein Gespräch sehr<br />

emotional oder persönlich wird. Man fühlt sich unbehaglich und versucht, wieder auf<br />

oberflächliche Themen zurückzukommen, den Gesprächspartner abzulenken, das Thema<br />

zu wechseln oder in Klischees zu antworten.<br />

38 2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN


Kommunikation und Information für technische Kaufleute und HWD<br />

2.5.4 Killerphrasen<br />

Auch Killerphrasen sind todsichere Voraussetzungen dafür, dass ein Gespräch zu einer<br />

Gewinner-Verlierer-Situation (Win-Lose-Situation) führt. Sie demotivieren den<br />

Gesprächspartner und hemmen die Kreativität und das aktive Mitdenken.<br />

Beispiel • Das geht bei uns nicht …<br />

• So haben wir das früher nicht gemacht …<br />

• Alles nur Theorie …<br />

• Klingt ja gut; aber ich kann mir nicht vorstellen, dass …<br />

• Was werden die andern von uns denken, …<br />

• Das geht uns nichts an …<br />

• Das sind ja wohl fantastische Ideen …<br />

• Ist alles Schnee von gestern …<br />

• Wenn die Idee so gut wäre, hätte man dies schon längst ausprobiert …<br />

• Wir haben nun wirklich schon alles ausprobiert …<br />

Diese Aussagen sind alle sehr bewertend und lassen keinen Spielraum mehr offen für weitere<br />

Diskussionen. Die gegenseitige Beziehung ist gestört.<br />

Eigene Meinungen und Gefühle sollen in Ich-Botschaften mitgeteilt werden. So entsteht<br />

Klarheit und Verbindlichkeit. Anklagende oder angreifende Du-Botschaften sind wann<br />

immer möglich zu vermeiden. Auch verallgemeinernde Ausdrücke wie «wir» oder «man»<br />

sollten vermieden werden, da sie oft als Schutzschild vor die eigene Meinung gestellt werden.<br />

Die Grundtechnik einer erfolgreichen Kommunikation schlechthin ist das «Aktive Zuhören».<br />

Dabei klärt der Empfänger ab, ob er die Mitteilung im Sinne des Senders decodiert<br />

und interpretiert. Für diesen Prozess benötigen wir Ohren, Augen, die ungeteilte Aufmerksamkeit<br />

und das Herz.<br />

Wirksames Fragen ist ein wichtiges Führungsmittel. Ziel dabei ist immer die Informationsgewinnung.<br />

Der bewusste, situationsgerechte Einsatz beruht vor allem auf der Wahl<br />

der folgende Frageformen:<br />

• Geschlossene Fragen<br />

• Offene Fragen<br />

• Konkretisierende Fragen<br />

• Verhaltensorientierte Fragen<br />

• Indirekte, reflektierende Fragen<br />

• Richtungsweisende Fragen<br />

• Alternativfragen<br />

• Suggestivfragen<br />

Die Metakommunikation befasst sich mit der «Kommunikation über die Kommunikation».<br />

Von einer überblickenden Ebene aus reflektieren die Gesprächspartner das<br />

Gespräch. Konsequent angewandte Metakommunikation<br />

• fördert das Unternehmen im Sinne einer lernenden Organisation,<br />

• sensibilisiert bezüglich Kommunikations- und Konfliktkultur und<br />

• fördert die Persönlichkeitsentwicklung.<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

2 KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN EINSETZEN 39


Repetitionsfragen<br />

5 Beschreiben Sie den Unterschied zwischen «Aktivem Zuhören» und «Spiegeln» anhand<br />

eines Beispiels.<br />

6 Ordnen Sie folgende Fragen der zutreffenden Frageform zu.<br />

A] Wo warst du vor einer Stunde?<br />

B] Bist du nicht auch der Meinung, dass hier eine Entscheidung längst fällig wäre?<br />

C] Können Sie mir bitte eine konkrete Situation schildern, in der Sie die Führungsaufgabe<br />

als ausgesprochen schwierig empfanden?<br />

D] Wie gehen wir nun konkret vor?<br />

E] Was halten Sie vom neuen Budgetierungsprozess?<br />

F] Wollen Sie zuerst eine Pause machen, oder möchten Sie sofort mit der Präsentation<br />

beginnen?<br />

7 Beantworten Sie die Frage einer Kollegin: «Weshalb braucht es für Metakommunikation<br />

Mut und Bereitschaft?»<br />

8 Beurteilen Sie bei zwei ausgesuchten Talkshows am Fernsehen, welche Fragetechnik die<br />

interviewende Person anwendet:<br />

• Stellt sie vorwiegend offene oder geschlossene Fragen?<br />

• Wechselt sie die Frageform häufig?<br />

• Wie wirken sich die Frageformen auf das Gesprächsklima aus?<br />

TEIL A KOMMUNIKATION<br />

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