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Die Schweigepflicht - § 203 StGB (hier überwiegt ... - PWG-Seminare

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<strong>Die</strong> <strong>Schweigepflicht</strong> - <strong>§</strong> <strong>203</strong> <strong>StGB</strong> 1109<br />

I. Textauszug aus <strong>§</strong> <strong>203</strong> Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 <strong>StGB</strong> (betreffend Krankenhaus):<br />

<strong>§</strong> <strong>203</strong> (I.) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis ... offenbart, das ihm als<br />

1. Arzt ... oder Angehöriger eines ... Heilberufes ... anvertraut<br />

oder sonst bekannt geworden ist, wird ... bestraft.<br />

(Absatz 3 Satz 1:) [oben genannten] stehen ... gleich,<br />

ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen [technisches Behandlungs-Assistenzpersonal]<br />

sowie die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind [„AZUBIs“].<br />

II. Einzelne Tatbestandsmerkmale des <strong>§</strong> <strong>203</strong> <strong>StGB</strong> Definitionen / Erläuterungen):<br />

-> Sinn und Zweck der Vorschrift: = <strong>Die</strong>nt dem Aufbau und dem Schutz<br />

eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt / Pflegekraft und dem Patienten<br />

1.) Geheimnis = Tatsachen die nur einem einzelnen oder wenigen Personen<br />

bekannt sind und an deren Geheimhaltung der Patient ein Interesse hat.<br />

(lediglich absolute Bagatell-Infos sollen nicht unter den Begriff Geheimnis fallen).<br />

-> Das kann schon der bloße Umstand sein, dass sich der Patient überhaupt<br />

im Krankenhaus befindet. Erst Recht: Diagnosen, Therapien, Zustand, Prognose,<br />

aber auch persönl. U. wirtschaftl. Verhältnisse (Neigungen, Schwächen, Schulden ... )<br />

-> Geheimnisschutz gilt vom Grundsatz her auch gegenüber allen Angehörigen!<br />

2.) offenbaren = jedes bekannt-werden-lassen des Patientengeheimnisses an Dritte.<br />

(sowohl "privates Erzählen", wie auch Mitteilungen im <strong>Die</strong>nst an Unberechtigte, ebenso ein<br />

bewusstes „offen-liegen-lassen“ der Krankenakte!)<br />

3.) unbefugt: = Jede Offenbarung die nicht erlaubt wurde/ist (durch Einwilligung / Gesetz).<br />

a) Befugnis aus der Einwilligung des Patienten zum Offenbaren:<br />

• ausdrückliche Einwilligung (mündlich / schriftlich) Im Krankenhausaufnahmebogen<br />

nur möglich bezüglich allgemeiner Bagatell-Infos (z.B. Zimmernummer- + Telefonnummerfreigabe).<br />

Einwilligung zu speziellen Infos an Dritte bedarf konkreter <strong>Schweigepflicht</strong>entbindungserklärung<br />

(mündlich möglich, dann Beweisproblematik) eingeholt werden.<br />

• konkludente Einwilligung (durch schlüssige / erkennbare Handlung des Patienten.)<br />

Bsp.: Patient stellt Frage (sicher) erkennbar so, dass die Antwort des Arztes / der Pflegekraft<br />

sogleich erwartet wird, obwohl ein Dritter anwesend ist / mithören kann.<br />

• mutmaßliche Einwilligung (bei Bewusstlosen / „Unzurechnungsfähigen“ ... )<br />

Man darf <strong>hier</strong> die Befugnis zur Offenbarung all jener Infos mutmaßen, zur der ein durchschnittlicher<br />

Patient nach den Erfahrungen des täglichen Lebens einwilligen würde.<br />

Bsp.: Der Patient will gewöhnlich, dass die nächsten Angehörigen von einem Notfall<br />

(und von seinen Verletzungen) informiert und herbeigerufen werden.<br />

b) gesetzliche Offenbarungspflichten (die wichtigsten im Krankenpflegebereich):<br />

(<strong>hier</strong> <strong>überwiegt</strong> das öffentliche Interesse dem Geheimhaltungsinteresse)<br />

aa) Infektionsschutzgesetz (insbes. <strong>§</strong><strong>§</strong> 6 und 7 IfSG)<br />

bb) Geburts- und Todesfälle / Personenstandsrecht (<strong>§</strong><strong>§</strong> 18 + 28 PStG)<br />

cc) Sozialversicherungs-Pflichtmitteilungen = im Sozialversicherungsrecht<br />

(vgl. auch <strong>§</strong><strong>§</strong> 67 ff. SGB-X) vorgeschriebene Mitteilungen an Sozialversicherg<br />

Bsp. im KrankenversicherungsR: <strong>§</strong> 295 SGB-V: Mitteilung zur ärztl. Abrechng<br />

dd) <strong>§</strong> 138 <strong>StGB</strong> [Anzeige bei Vorbereitung bestimmter, sehr schwerer Verbrechen]<br />

ee) oder z. B.: <strong>§</strong> 202 SGB VII; „ 28 RöV; <strong>§</strong> 42 StrlSchV; <strong>§</strong> 5a Abs. 2 BTMVV; …


c) sonst. / „übergesetzliche“ Offenbarungsmöglichkeiten / keine <strong>Schweigepflicht</strong><br />

aa) Innerhalb des therapeutischen (= Behandlungs-) Teams<br />

(Grund: Jeder Patient weiß um das arbeitsteilige Zusammenwirken und<br />

will naturgemäß Absprachen innerhalb des Behandlungsteams.)<br />

– <strong>Die</strong>ses allgemein gültige Einverständnis kann für die Einbeziehung<br />

„stationsfremder“ Wundmanager heutzutage noch nicht unterstellt werden!<br />

bb) Zur sachgemäßen (Selbst-) Verteidigung vor Gericht;<br />

cc) Immer beim Vorliegen von Rechtfertigendem Notstand: <strong>§</strong> 34 <strong>StGB</strong><br />

Aber sehr sorgfältige Abwägung zwischen zu schützendem Rechtsgut und<br />

der <strong>Schweigepflicht</strong>verletzung (Bsp. HIV-Übertragung / sex. Missbrauch ...)<br />

[auch abstrakte Verkehrsgefährdung durch Alkoholiker (am Steuer)]<br />

Vorsicht: Auch Kriminelle („auf d Flucht“) genießen grundsätzl den Schutz d <strong>§</strong> <strong>203</strong> <strong>StGB</strong>!<br />

d) Sonderproblem: Jugendliche und <strong>Schweigepflicht</strong> gegenüber den Eltern<br />

- Kinder unter 14. Lebensjahr: Keine <strong>Schweigepflicht</strong>.<br />

- 14.-17. Lebensjahr: Je nach Reife u Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen kann bei leichten<br />

ärztlichen Eingriffen die Einwilligung des Jugendlichen ausreichen und (grundsätzliche)<br />

<strong>Schweigepflicht</strong> über die Behandlung etc. gegenüber den Eltern bestehen.<br />

e) Sonderproblem betreute Patienten<br />

Der Betreute bleibt grundsätzlich voll rechtsfähig - erst Recht grundrechtsfähig! Auch an den<br />

Betreuer bedarf die Preisgabe von Informationen deshalb immer einer Grundabwägung, zwischen<br />

der Privatsphäre des Betreuten und der Frage, ob der Betreuer die Information zu seiner<br />

Amtswaltung braucht.<br />

III. Das Zeugnisverweigerungsrecht (+ -pflicht) vor Gericht aus der <strong>Schweigepflicht</strong>:<br />

(aber Pflicht zur Aussage sobald und soweit von <strong>Schweigepflicht</strong> entbunden!)<br />

<strong>§</strong><strong>§</strong> 53, 53a StPO / <strong>§</strong> 383 I Nr. 6 ZPO u.a.<br />

[s.a. „Beschlagnahmeverbot“ von Akten (bei Verfahren gegen Patienten): <strong>§</strong> 97 StPO<br />

IV. Auch nach dem Tod des Patienten besteht grundsätzl. <strong>Schweigepflicht</strong> (<strong>§</strong> <strong>203</strong> Abs. 4 /<br />

<strong>§</strong> 205 Abs. 2 <strong>StGB</strong>). Es braucht stets sauberer Abwägung zwischen den Interessen der<br />

Erben/Angehörigen gegenüber denen des Verstorbenen.<br />

V. Strafbarkeit nur auf Antrag des Geschädigten (vgl. <strong>§</strong> 205 <strong>StGB</strong>).<br />

VI. Merke: <strong>Die</strong> <strong>Schweigepflicht</strong> ...<br />

gilt außerhalb des therapeutischen Teams auch gegenüber alle allen anderen "Heilberuflern" !)<br />

gilt im Grundsatz auch gegenüber allen Angehörigen (Ehegatten, Kindern ...)<br />

(<strong>hier</strong> ist aber [mutmaßliche] Einwilligung oft schnell erkennbar)<br />

gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Arbeitgeber / privaten (Lebens- + Kranken- ...)<br />

Versicherungsgesellschaften / gegenüber staatlichen Einrichtungen ...<br />

• -> Fingerspitzengefühl erforderlich! - Am besten nie eine Auskunft an Telefon geben!-<br />

(Man kann nicht sicher sein, wer am anderen Ende der Leitung "spioniert".)<br />

VII. Negativ-Abgrenzung: Personen, die nicht unter Strafdrohung gemäß Liste <strong>§</strong> <strong>203</strong> <strong>StGB</strong> stehen!<br />

z.B. Heilpraktiker(!) od sonstige (behandlungsferne) Angestellte (z.B. Putzfrau, die Promi „verrät“)<br />

VIII. Aber: Alle Arbeitnehmer unterfallen der arbeitsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht.<br />

<strong>Die</strong>se stellt eine allgemeine arbeitsrechtliche Nebenpflicht (Treuepflicht) dar und gilt immer,<br />

auch wenn die Verschwiegenheitspflicht nicht im Arbeitsvertrag aufgenommen ist! Denn jeder<br />

Arbeitnehmer hat sich so zu verhalten, dass durch ihn keine schadensbringenden Informationen<br />

über Betriebsinterna nach außen dringen.

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