Compliance im Vergabeverfahren
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06.06.2013 | Seite 1/2<br />
<strong>Compliance</strong> <strong>im</strong> <strong>Vergabeverfahren</strong><br />
Über den Umgang mit Verstößen, Sanktionen und wie es erst gar nicht dazu<br />
kommt<br />
Der Begriff „<strong>Compliance</strong>“ steht <strong>im</strong> Wesentlichen für die Einhaltung von Verhaltensmaßregeln, Gesetzen und<br />
Richtlinien. Nun liegt es auf der Hand, dass inbesondere in einem so detailliert und komplex geregelten<br />
Bereich wie den <strong>Vergabeverfahren</strong> nach dem Bundesvergabegesetz diese Wertigkeit eine große Rolle<br />
spielt. Ein grober Überblick über diese Regeln soll den Begriff der „<strong>Compliance</strong>“ deutlich machen:<br />
Bundesvergabegesetz (BVergG)<br />
An erster Stelle ist hier selbstverständlich das Bundesvergabegesetz (BVergG) selbst zu nennen, das die<br />
meisten der <strong>im</strong> Zuge eines <strong>Vergabeverfahren</strong>s in Betracht kommenden Regeln enthält. Die Best<strong>im</strong>mungen<br />
des BVergG sind zwingend, sind also insbesondere vom Auftraggeber in der Ausschreibung und bei der<br />
Durchführung des <strong>Vergabeverfahren</strong>s durchgehend einzuhalten. Spielräume, die das BVerG nicht einräumt,<br />
dürfen auch nicht genutzt werden. Natürlich müssen sich auch die beteiligten Unternehmer an die Regeln<br />
des BVergG (und der Ausschreibung, wenn sie sich nicht rechtzeitig dagegen beschweren) halten.<br />
Die möglichen rechtlichen Konsequenzen der Nichtbeachtung des BVergG für den Auftraggeber sind<br />
folgende:<br />
• Nichtigerklärung gesetzwidriger Vorgangsweisen (z.B. Ausschreibung, Zuschlagsentscheidung,<br />
Widerrufsentscheidung) durch die Vergabekontrollbehörden samt Ersatzpflicht für Pauschalgebühren<br />
• Feststellung gesetzwidriger Vorgangsweisen (z.B. Ausschreibung ohne Bekanntmachung,<br />
Direktvergabe) durch die Vergabekontrollbehörden samt Ersatzpflicht für Pauschalgebühren<br />
• Schadenersatz an Unternehmer nach einer solchen Feststellung<br />
• Nichtigerklärung von bereits geschlossenen Verträgen oder Geldbußen bis zu 10-20 Prozent des<br />
Auftragswerts nach einer solchen Feststellung<br />
• Verwaltungsstrafen bis zu 50.000 Euro bei Verletzung der Dokumentations- oder Auskunftspflichten<br />
gegenüber den Vergabekontrollbehörden oder der Europäischen Kommission (§ 344 BVergG)<br />
Dem Unternehmer drohen bei Verstoß gegen die Best<strong>im</strong>mungen des BVergG <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
• das Ausscheiden des Angebots oder der (u.U. auch künftige <strong>Vergabeverfahren</strong>, also die allgemeine<br />
berufliche Zuverlässigkeit betreffende) Ausschluss vom <strong>Vergabeverfahren</strong>.<br />
• Im Falle der „Erschleichung“ des Zuschlags durch strafbare Handlungen (neben den strafrechtlichen<br />
Konsequenzen natürlich) auch der nachträgliche Rücktritt vom Vertrag (§ 339 BVergG)<br />
Wettbewerbs- und Kartellrecht sowie Strafrecht<br />
Verpflichtungen nach dem Wettbewerbs- und Kartellrecht spielen <strong>im</strong> <strong>Vergabeverfahren</strong> eine große Rolle, da<br />
das Vergaberecht ganz wesentlich von der Einhaltung der Regeln des fairen und lauteren Wettbewerbs<br />
durch alle Beteiligten „lebt“ und dies auch in den Grundsätzen des § 19 Abs 1 BVergG betont wird.<br />
Entsprechende Sanktionen sind (neben dem Ausscheiden von Angeboten bzw. Ausschluss von<br />
Unternehmern, die gegen diese Grundsätze verstoßen) in den jeweiligen Gesetzen geregelt und gehen –<br />
neben schweren strafrechtlichen Konsequenzen (z.B. nach §168b StGB) – in drakonische Höhen (die<br />
Obergrenze von Kartellstrafen z.B. liegt bei zehn Prozent des Jahresumsatzes des Gesamtkonzerns).<br />
Diese Verpflichtungen und Sanktionen beziehen sich nicht nur auf die Bieterseite, denn auch Auftraggeber<br />
können z.B. an wettbewerbswidrigen Absprachen beteiligt sein oder insbesondere ihre<br />
marktbeherrschende Stellung missbrauchen und so das Verbot des §5 Kartellgesetz verstoßen.<br />
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Sonstige verwaltungsrechtliche Best<strong>im</strong>mungen<br />
Schließlich sind auch noch die vielfältigen weiteren Vorschriften des Verwaltungsrechts zu erwähnen. Zu<br />
diesen zählen etwa das Baurecht (Bauordnungen), das Abfallwirtschaftsrecht oder gewerberechtliche<br />
Vorschriften (z.B. die Standesregeln für Baumeister und andere Gewerbe).<br />
Anregungen für einen sinnvollen Umgang in der Praxis<br />
Wiewohl es weder <strong>im</strong> <strong>Vergabeverfahren</strong> noch in der Abwicklung eines Bauprojekts nach Vertragsabschluss<br />
empfehlenswert ist, den (künftigen) Partner ständig auf Gesetzesverstöße und mögliche Sanktionen<br />
hinzuweisen, so kann dies in manchen Fällen deshalb sinnvoll sein, weil es durchaus vorkommt, dass sich<br />
jene, die gesetzeswidrig handeln, dessen gar nicht bewusst sind. Es sollte aber <strong>im</strong>mer überlegt werden, wie<br />
fundiert die Vorwürfe sind und mit welchen Worten sowie in welchem (Öffentlichkeits-) Rahmen Vorwürfe<br />
von Gesetzesverstößen erhoben werden, um Vorwürfen der Rufschädigung oder Verleumdung<br />
vorzubeugen. Es versteht sich von selbst, dass <strong>im</strong> eigenen Unternehmen, egal auf welcher Seite des<br />
Marktes, für ein entsprechendes Bewusstsein über die wesentlichen Regeln und die Folgen der<br />
Abweichung gesorgt werden sollte.<br />
<strong>Compliance</strong> Management <strong>im</strong> Kontext werteorientierter Unternehmensführung –<br />
Aktionsfelder für unternehmerische Verantwortung<br />
Vor gut zehn Jahren war „<strong>Compliance</strong>“ <strong>im</strong> deutschen Sprachraum ein noch gänzlich unbekannter Begriff –<br />
doch in der Zwischenzeit ist „<strong>Compliance</strong>“ zu einem branchenübergreifend wichtigen Thema geworden.<br />
Vor dem Hintergrund von Wirtschaftsstraftaten ist die Implementierung von <strong>Compliance</strong>-Richtlinien und<br />
Qualitätsmanagement-Systemen in den letzten Jahren zunehmend bedeutsam geworden. Nicht nur große<br />
Konzerne, sondern zunehmend auch mittelständische Unternehmen sehen sich gezwungen, präventiv zu<br />
reagieren. Der Fachbegriff lautet <strong>Compliance</strong> – ein Konzept, dass regelkonformes Verhalten in den<br />
typischen Risikobereichen des Unternehmens sicherstellen soll. Insbesondere mittelständische Anbieter<br />
von Bauleistungen mit einem QM- und einem <strong>Compliance</strong>-System haben einen Wettbewerbsvorteil<br />
gegenüber der Konkurrenz und erlangen dadurch einen höheren Unternehmenswert. <strong>Compliance</strong>-<br />
Richtlinien verfolgen neben der Einhaltung der geltenden Gesetze vor allem das Ziel der<br />
Korruptionsbekämpfung und die Vermeidung von Interessenskonflikten.<br />
Es gilt: Nur saubere Geschäfte sind gute Geschäfte. Verbindlich werden die Richtlinien dadurch, dass die<br />
Unternehmensleitung die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auffordert, die <strong>Compliance</strong>-Richtlinie mit Leben<br />
zu füllen und sich ebenso daran messen zu lassen wie die Unternehmensleitung selbst.<br />
Quelle: bauzeitung, Ausgabe 4|13<br />
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