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ISSN 1860-9422<br />

1/2014<br />

Im Auftrag <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Deutsche Sprache<br />

herausgegeben von Hardarik Blühdorn, Mechthild Elstermann und Annette Klosa<br />

Gabriele Hoppe<br />

Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong><br />

Reformationszeitalters – kontrastierende<br />

Produktivitäten in Nationalsprachen<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Deutsche Sprache<br />

Postfach 10 16 21<br />

68016 Mannheim<br />

opal@ids-mannheim.de<br />

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft<br />

© 2014 <strong>IDS</strong> Mannheim – Alle Rechte vorbehalten<br />

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Bei der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, in denen OPAL-Publikationen zitiert<br />

werden, bitten die Autoren und Herausgeber um eine entsprechende kollegiale Information an<br />

opal@ids-mannheim.de.


Hoppe: Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters (OPAL 1/2014)<br />

1<br />

Gabriele Hoppe<br />

Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters<br />

– kontrastierende Produktivitäten in Nationalsprachen<br />

Inhalt:<br />

1. Einleitung<br />

2. Neulatein und Nationalsprachen: Phänomene von Entlehnung und Lehn-Wortbildung. Überblick als Rückund<br />

Vorschau<br />

3. Lehnwörter aus dem Griechischen späterer Sprachstufen mit dem Segment |olatr|, Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

mit dem Suffix -(o)latr/ in Neulatein und Nationalsprachen. 3.1 Zur Etymologie – bibelgriechische<br />

Kompositabildung mit latreißa: pejoratives eiödvlolatreißa ‘Anbetung von Idolen, Götzendienst; Vergötzung’<br />

als Vorbild- und Leitwort <strong>für</strong> die weitere Entwicklung. 3.1.1 Die spät- und byzantinisch-griechischen pejorativen<br />

Komposita mit latreißa, ihre Ableitungen und die unabhängigen Bildungen (Personenbezeichnungen) auf -olatrhw<br />

im theologischen und kirchenhistorischen Bereich. 3.1.2 Entwicklungen auf lateinischen Sprachstufen.<br />

3.1.2.1 Lehnwörter mit den Segmenten |olatria| und |olatra (olatres)| aus dem Griechischen späterer Sprachstufen<br />

<strong>des</strong> Bereichs der Theologie und Kirchengeschichtsschreibung vom Spät- bis zum Neulateinischen. 3.1.2.2<br />

Neulateinische Lehn-Wortbildung mit pejorativem -(o)latria ‘falsche Anbetung, Vergötzung’ und -(o)latra ‘falscher<br />

Anbeter, Götzendiener’. Polemische Schlüsselwörter der reformatorischen Theologie – pejorative Bezeichnungen<br />

der Kirchengeschichtsschreibung. 3.1.2.2.1 NEULATEINISCHE BELEGE. 3.1.2.2.1.1 Belege <strong>für</strong><br />

spät- bis neulateinische Lehnwörter aus dem Griechischen. 3.1.2.2.1.2 Belege <strong>für</strong> neulateinische Lehn-<br />

Wortbildungsprodukte. 3.1.3 Entwicklungen in Nationalsprachen. Entlehnung – Lehn-Wortbildung als Produktivität<br />

und Defizit: Aufkommen eines bildungssprachlich produktiven französischen Lehnsuffixes bei fehlendem<br />

analogen Muster im Deutschen. 3.1.3.1 Allgemeine Entwicklungen im Französischen. Entlehnungs- und Lehn-<br />

Wortbildungsprozesse. 3.1.3.1.1 Französische Lehnwörter mit den Segmenten |olâtrie| und |olâtre| aus dem<br />

Griechischen (späterer Sprachstufen) und Neulateinischen <strong>des</strong> Bereichs der Theologie. 3.1.3.1.2 Herausbildung<br />

und Integration von bildungssprachlich produktivem, scherzhaftem/spöttischem bis abwertendem französischen<br />

-(o)lâtre ‘Anbeter, Anhimmler, maßloser Bewunderer’; ‘anbetend, anhimmelnd, maßlos bewundernd, vergötternd’<br />

und -(o)lâtrie ‘Anbetung, Anhimmelung, maßlose Bewunderung, Vergötterung’ (Frühe Neuzeit, 19. Jahrhundert).<br />

3.1.3.1.2.1 Zur Kombinemproblematik – -(o)lâtre vs. -âtre (-astre) und -aste. 3.1.3.1.2.2 Aufkommen<br />

einer gering-produktiven französischen Lehn-Wortbildungseinheit -(o)lâtre in der Frühen Neuzeit. 3.1.3.1.2.3<br />

Aufkommen der produktiven französischen Lehn-Wortbildungseinheiten -(o)lâtre und -(o)lâtrie im 19. Jahrhundert.<br />

3.1.3.1.3 BELEGE (Register). 3.1.3.2 Die speziellen Entwicklungen im Deutschen: Entlehnung ohne Lehn-<br />

Wortbildung. 3.1.3.2.1 Deutsche Lehnwörter mit den Segmenten |olatrie| und |olater| aus dem Griechischen<br />

(späterer Sprachstufen) und Neulateinischen <strong>des</strong> Bereichs der Theologie. 3.1.3.2.2 Defizitäre bildungssprachliche<br />

deutsche Lehn-Wortbildung mit -(o)latrie/-(o)latr/isch, -(o)later – französische Wort- und Submuster-<br />

Einflüsse (Zitatwörter/Fremdbezeichnungen; NAMEN + -(o)latrie). 3.1.3.2.3 BELEGE (Register).<br />

4. Das produktive neulateinische Lehnsuffix -(o)mastix ‘Kritiker, Tadler; Feind, Gegner’ in der Bildungssprache<br />

<strong>des</strong> Reformationszeitalters. Defizitäre Entlehnung und Lehn-Wortbildung in Nationalsprachen. 4.1 Etymologie –<br />

Status der Reihenbildung im Griechischen. 4.2 Tradition und Neuerung auf lateinischen Sprachstufen. 4.2.1 Entlehnung,<br />

Wortbildung in Analogie und Ansätze zur Lehn-Wortbildung im Spätlateinischen. 4.2.2 Neulateinische<br />

Lehn-Wortbildungs-Produktivität. 4.2.2.1 Überblick über das neulateinische Lehnsuffix -(o)mastix, Anmerkungen<br />

zu seiner Herausbildung und Verwendung. 4.2.2.2 Chronologisches Register, alphabetische Wortliste, Autorenverzeichnis.<br />

4.3 Defizitäre Entlehnung und Lehn-Wortbildung in Nationalsprachen.<br />

5. Anhang. Polemische - und -Bezeichnungen <strong>des</strong> Neulateinischen, Deutschen und<br />

Französischen als Entsprechungen zu den -(o)latr/-Wörtern artolatr/ und oenolatr/ in den Kontroversen der<br />

Abendmahlslehre 5.1 Vorbemerkung und REGISTER. 5.1.1 - und -Wörter: entlehnte<br />

Bildungen auf |ivor|, |ophag|, |opota| und lehngebildete Wörter mit -(i)vor/, -(o)phag/. 5.1.2 - und<br />

-Wörter: Bildungen mit indigenen Einheiten. 5.1.2.1 Deutsche Wortbildung mit -fresser/-fressen;<br />

-säufer, -trinker. 5.1.2.2 Französische Wortbildung mit mange-. 5.2 Eigennamen und Eigennamen-Ableitungen,<br />

die in inhaltlichem Zusammenhang mit stehen.<br />

6. Literatur. 7. Quellenverzeichnis. 7.1 Z-Primärquellen. 7.2 Z-Sekundärquellen. 8. Siglen und Abkürzungen.<br />

9. Anmerkungen<br />

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2<br />

1. Einleitung<br />

„Neulatein“ und „Sprachvergleich“ waren und sind Aspekte der Untersuchung zur Wortbildung<br />

mit entlehnten Einheiten, wie sie im Forschungsbericht „Deutsche Lehnwortbildung“<br />

(1987) thematisiert und an einzelnen Lehnkombinemen exemplifiziert wurden.<br />

Anschlussarbeiten zu diesem ehemaligen <strong>IDS</strong>-Projekt haben die Fragestellungen weiterhin<br />

und zunehmend verstärkt berücksichtigt, zunächst die Darstellung zur lexikographischen Dokumentation<br />

von Lehn-Wortbildungseinheiten am Beispiel aero-, zuletzt die Untersuchungen<br />

zu nlat. ant(i)- <strong>des</strong> theologischen und heilkundlich-pharmazeutischen oder nlat. -itis <strong>des</strong> medizinischen<br />

Bereichs und deren Einfluss auf Entwicklungen in modernen europäischen Sprachen*<br />

(1).<br />

Mit ihren Untersuchungsteilen zu -(o)latr/ und -(o)mastix reiht sich die Arbeit auch ein in die<br />

Beiträge zur Herausbildung und Integration von konnotierten, teilsynonymen und antonymen<br />

Lehn-Wortbildungseinheiten der in Nationalsprachen unterschiedlich konstituierten „Semantischen<br />

Paradigmata“ von (= FÜR UND WIDER, III). Sie folgt der Darstellung von<br />

-fex (ungeklärter Etymologie) und -itis in seiner bildungssprachlichen Bedeutung/Verwendung*<br />

(2).<br />

„Neulatein“ und „Sprachvergleich“ sowie die notwendige Darlegung der SACHEN hinter den<br />

WÖRTERN stellen bei der Arbeit zur Lehn-Wortbildung den immer auch fachlichen Laien<br />

vor Probleme und geben Anlass zu einer captatio benevolentiae, mit den Hoffnungen und Erwartungen<br />

von Alan Kirkness<br />

The scholarly lexicography of both classical and medieval Latin is currently international in character and is<br />

supported by international advisory bodies. Something similar is advisable, in my view, for the lexicographical<br />

documentation and <strong>des</strong>cription both of Neolatin and of the (neo-)latinate heritage in european vernaculars. A<br />

(west-)european cooperative or association of vernacular etymologists, classicists and neolatinists together with<br />

historians of science and medicine working with consultants and supranationally, be it in person or virtually,<br />

might perhaps be a way forward towards future standards of etymological <strong>des</strong>cription in scholarly historical lexicography?<br />

2. Neulatein und Nationalsprachen. Phänomene von Entlehnung und<br />

Lehn-Wortbildung<br />

Auch die vorliegende Monographie hat zum Ziel, das <strong>für</strong> die europäische Sprachgeschichte<br />

folgenreiche Neulatein in seiner Tradition und Neuerung am Beispiel zu beschreiben.<br />

Tradiertem Latein, besonders den mit dem Spätlatein vermehrt aufgekommenen und weitergegebenen<br />

Entlehnungen aus dem Griechischen (bei ersten Ansätzen zur Lehn-Wortbildung)<br />

war auch hier in einer Art kontrastiver Perspektive nachzugehen.<br />

Gegenstand der Untersuchung sind vor allem die neulateinischen Neuerungen:<br />

Neue Entlehnungen aus dem Griechischen (auch späterer Sprachstufen), Herausbildung und<br />

Integration neuer, im Unterschied zur Herkunftssprache produktiver Lehn-Wortbildungseinheiten,<br />

auftretend in neuen graecolateinischen Kombinationen.<br />

Die beispielhaft behandelten produktiven neulateinischen Lehn-Wortbildungseinheiten<br />

-(o)latria und -(o)mastix stehen mit ihren Kombinationen ebenso wie die schon untersuchten<br />

Lehnkombineme ant(i)- und -itis <strong>für</strong> vielfältige Prozesse im Sprachkontakt von Neulatein<br />

und Nationalsprachen.<br />

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3<br />

Überblick als Rück- und Vorschau<br />

ant(i)-<br />

Mit dem frühen 16. Jahrhundert kommen im gesamten europäischen Neulatein lehngebildete<br />

ant(i)-Kombinationen auf, die eindeutig eine neue, vom Griechischen abweichende syntaktisch-semantische<br />

Struktur ‘x gegen y’ aufweisen (wie Antimorus, 1519; antisophista, 1519;<br />

antilutheranus, 1528). Viele der neulateinischen Kombinationen sind Zeugniswörter <strong>für</strong> die in<br />

einer Flut von Kontroversschriften ausgetragenen religiösen und politischen Kämpfe <strong>des</strong> Reformationszeitalters.<br />

Schon seit dem 16. Jahrhundert lassen sich Kombinationen nach diesem<br />

produktiven ant(i)-Strukturtyp auch in den modernen europäischen Sprachen belegen. Dem<br />

neuen ant(i)- wurde schon im 17. Jahrhundert <strong>für</strong> den theologischen Bereich* (3) eine in gewissem<br />

Sinne auch etymologisch-entwicklungsbezogene und sprachvergleichende monographische<br />

Darstellung zuteil.<br />

Dazu hat sich in der neulateinischen Fachsprache der Medizin/Pharmazie zu Anfang <strong>des</strong> 17.<br />

Jahrhunderts die strukturell neue Realisation ant(i)- + [Krankheit]icus entwickelt. Kombinationen<br />

und Bildungstyp sind in der Folge auch <strong>für</strong> Nationalsprachen nachweisbar.<br />

-itis<br />

Auch ein produktives fachsprachliches Lehnkombinem -itis der Medizin hat sich, auf dem<br />

Hintergrund von Lehnwörtern aus dem Griechischen, zuerst im Neulatein <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts<br />

herausgebildet. Die Lehn-Wortbildungseinheit <strong>des</strong> medizinischen Bereichs ist zweifelsfrei*<br />

(4) in nationalsprachlicher Übernahme seit Anfang <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts belegt und in<br />

der Folge allgemein als hochproduktiv gesichert. Aus fachsprachlichen Wörtern auf |itis| bzw.<br />

mit -itis (-ite) hat sich dann in europäischen Vergleichssprachen ein konnotiertes bildungssprachlich-produktives<br />

Kombinem -itis (-ite) entwickelt, im Deutschen schon im späten 19.<br />

Jahrhundert.<br />

-(o)mastix<br />

Erst im Neulatein hat sich, offenbar in Abweichung vom Griechischen, -(o)mastix‚ ‘-geißel/<br />

-geißler, -feind, -gegner, -kritiker, -tadler’ als überaus produktives Lehnkombinem herausgebildet;<br />

reihenbildende Produktivität war <strong>für</strong> die griechische Ursprungssprache nicht nachzuweisen.<br />

Dass signifikante Neuerungen im Neulatein nicht immer parallele und eindrucksvolle Entlehnungs-<br />

und Lehn-Wortbildungsprozesse in den Nationalsprachen begründet haben, wird mit<br />

der Darstellung dieses Lehnsuffixes belegt, das weitgehend eine vor allem gruppensprachlichtextsortenspezifische<br />

Erscheinung der neulateinischen Bildungssprache von Humanismus und<br />

Reformation geblieben ist.<br />

Eine gewisse nationalsprachliche Produktivität ist dem Lehnsuffix -(o)mastix lediglich <strong>für</strong> das<br />

Englische <strong>des</strong> 16. und 17. Jahrhunderts zuzuschreiben; damit hat es als konnotierte Lehn-<br />

Wortbildungseinheit der Bedeutung ‘-geißel/-geißler, -feind, -gegner, -kritiker, -tadler’ wenigstens<br />

im englischen „Semantischen Paradigma“ von einen bescheidenen Platz unter<br />

den (historischen) Antonymen.<br />

Obwohl hier ein Prozess von neulateinischer Lehn-Wortbildung keinen deutlichen Niederschlag<br />

in Nationalsprachen gefunden hat, beleuchtet er ein <strong>für</strong> Neulatein und Nationalsprachen<br />

letztlich gleichermaßen entscheiden<strong>des</strong> Phänomen, nämlich die Entwicklung eines neuen,<br />

auch durch Gräzisierung – und nicht nur durch Reinigung und Erneuerung – bestimmten<br />

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4<br />

Lateins von Humanismus und Renaissance, wie es allgemein dann die Nationalsprachen geprägt<br />

hat.<br />

-(o)latria/-(o)latra<br />

Im Neulatein sind Lehnwörter bzw. Zitatwörter/Fremdbezeichnungen mit dem Segment |olatr|<br />

nachgewiesen; sie gehen auf gelegentliche Bildungen <strong>des</strong> Griechischen späterer Sprachstufen<br />

zurück. Gestützt wohl von diesen entlehnten Wörtern insgesamt, hat sich aus altentlehntem<br />

(schon spätlat./mlat.) idolatria (idolatra) als Leitwort im Neulatein der Reformationszeit eine<br />

produktive Lehn-Wortbildungseinheit -(o)latria entwickelt.<br />

Neulateinische Lehnwörter mit |olatr| und Lehn-Wortbildungsprodukte auf -(o)latria (nomina<br />

actionis) und -(o)latra (Personenbezeichnungen) gehören ausschließlich dem theologischen<br />

und kirchenhistorischen Bereich an.<br />

Im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters und der Nachreformationszeit tritt vor allem<br />

-(o)latria u.a. in solchen polemischen Kombinationen auf, die, entsprechend der Theologie<br />

reformatorischer (besonders calvinistischer) Protagonisten, eine falsche Anbetung, quasigöttliche<br />

Verehrung und Vergötzung der in der Basis genannten (zentralen und strittigen) religiösen<br />

Sachen/Sachverhalte und Personen durch die Katholiken oder auch Lutheraner bezeichnen.<br />

Die unterschiedlichen Folgen der neulateinischen Entwicklungen <strong>für</strong> die Nationalsprachen<br />

sind am Beispiel <strong>des</strong> nur entlehnenden Deutschen und <strong>des</strong> auch lehn-wortbildenden<br />

Französischen aufgezeigt.<br />

3. Lehnwörter aus dem Griechischen späterer Sprachstufen mit dem Segment<br />

|olatr|, Lehn-Wortbildungsprodukte mit dem Suffix -(o)latr/ in Neulatein und<br />

Nationalsprachen<br />

3.1 Zur Etymologie – bibelgriechische Kompositabildung mit latreißa: pejoratives<br />

eiödvlolatreißa ‘Anbetung von Idolen, Götzendienst; Vergötzung’ als Vorbild- und<br />

Leitwort <strong>für</strong> die weitere Entwicklung<br />

-(o)latr/ als Lehn-Wortbildungseinheit von Neulatein und Nationalsprachen geht letztlich zurück<br />

auf griech. latreißa ‘Arbeit, Mühe, Dienst’, „letzteres später auch kultisch gebraucht <strong>für</strong><br />

die Verehrung der Götter, so Gottesdienst“ (Theol. Begriffslex. 1993, S. 189, unter<br />

latreußv); in diesem Sinne von ‘Dienst an Gott; (nur Gott zukommende) Anbetung’ ist<br />

latreißa vor allem dann mit dem Kirchengriechischen tradiert und in der Folge in modernen<br />

europäischen Sprachen weitestgehend auf den engeren theologischen Fachbereich beschränkt,<br />

wo es – im strengeren Verständnis – gegen die Verehrung <strong>des</strong> Nicht-Göttlichen abgegrenzt<br />

wird (vgl. lat. latria vs. veneratio, dulia)* (5).<br />

latreißa ‘Arbeit, Mühe, Dienst’ kommt im klassischen Griechisch keine reihenbildende Produktivität<br />

zu.<br />

latreißa ‘göttliche Anbetung’ tritt erstmals im NT als zweite Konstituente auf. Die bibelgriechische<br />

Kompositabildung mit latreißa beschränkt sich auf pejoratives eiödvlolatreißa,<br />

auch eiödvlolatrißa ‘Anbetung von Idolen, Götzendienst; Vergötzung’ (und seine Ableitungen).<br />

Es wird Vorbild- und Leitwort <strong>für</strong> die weitere Entwicklung im Griechischen der<br />

(Spät-)Antike selbst, auf späteren Sprachstufen <strong>des</strong> Griechischen, im Neulatein und in den<br />

Nationalsprachen.<br />

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5<br />

eiödvlolatreißa (eiödvlolatrißa) ‘Götzendienst, Idolatrie’ (zu eiädvlon ‘Gestalt, Gebilde;<br />

Schatten- und Trugbild’, im Bibelgriechischen ‘Götterbild; Götzenbild, Götze’); recht häufig<br />

im NT auftretender Begriff, wie im warnenden Lasterkatalog von Galater 5, 20 unter den so<br />

genannten Werken <strong>des</strong> Fleisches, die den Erwerb <strong>des</strong> Himmelreichs gefährden ([...]<br />

eiödvlolatreißa, farmakeißa [...] (Abgötterei, Zauberei)); auch ohne direkten Bezug zu paganen<br />

Verehrungen, Riten und abergläubischen Praktiken vergleichend übertragen verwendet<br />

zur Charakterisierung schwerer Sünden, beispielsweise der (später als Todsünde gefassten)<br />

pleonexia (avaritia; Habgier, Geiz) als einer un-, widerchristlichen (quasi heidnischen) Begierde,<br />

wie im Lasterkatalog von Kolosser 3, 5 ([...] Nekrvßsate ouQn [...], kai? th?n<br />

pleonecißan, hÄtiw eösti?n eiödvlolatreißa (tötet nun [...], und den Geiz, der Götzendienst<br />

ist)); in „den Lasterkatalogen ist pleonecißa [...] Kennzeichen eines Lebens ohne Gotteserkenntnis<br />

[...]. [...] Der Mensch, der nicht mehr in Gott Ziel und Erfüllung hat, sucht die<br />

Erfüllung bei sich selbst, im eigenen Besitzen- und Haben-wollen, ja, er erhebt sich letzten<br />

En<strong>des</strong> selbst zum Abgott, der sich alles zu unterwerfen strebt. Deshalb wird in Kol 3, 5 die<br />

Habgier mit Abgötterei (eiödvlolatreißa [...]) gleichgesetzt.“ (Theol. Begriffslex. 1993, S.<br />

490, unter pleonecißa).<br />

Dazu:<br />

eiödvlolatreßv<br />

‘Götzendienst treiben’ im Sinne „v. Christen, d. s. Orakel geben lassen [...]<br />

od. in d. Verfolg. opfern [...].“ (BAUER/ALAND).<br />

eiödvlolaßtrhw ‘Götzendiener’, in der eigentlichen Bedeutung/Verwendung innerhalb <strong>des</strong><br />

Lasterkatalogs von Apokalypse XXI, 8 verstehbar ([...] kai? poßrnoiw kai? farmakeuqsin<br />

kai? eiödvlolaßtraiw [...] (den Hurern, Zauberern und Abgöttereitreibenden)); wieder in den<br />

Apostelbriefen entsprechend eiödvlolatreißa vergleichend übertragen gebraucht zur Bezeichnung<br />

von Personen als solchen, die (heidnischen) Begierden, speziell der Habgier, verfallen<br />

sind, wie in Epheser V, 5 ([...] pleoneßkthw, oÄw eöstin eiödvlolaßtrhw [...] (der Habgierige,<br />

der ein Götzendiener ist)). (Zur Darstellung der Gruppe insgesamt siehe vor allem<br />

BAUER/ALAND; Zitate nach Theile/Stier.)<br />

eiödvlolatreißa (eiödvlolatrißa) und eiödvlolaßtrhw sind, wie latreißa selbst, ins Spätlatein<br />

entlehnt: idololatria (auch schon idolatria* (6)), mit idololatris ‘dem Götzendienst ergeben’,<br />

auch Subst. F. ‘Götzendienerin’; idololatres ‘Götzendiener’ (GEORGES).<br />

In der Vulgata finden sich zur Übersetzung oben aufgeführter und auch weiterer NT-<br />

Textstellen die Lehnwörter idol(ol)atria und idol(ol)atres (je nach Ausgabe in unterschiedlicher<br />

Form), aber auch semantisch und etymologisch entsprechende Syntagmen mit dem<br />

Lehnwort idolum (Plural idola), wie idolorum cultura, cultus, servitus (<strong>für</strong> ido(lo)latria) und<br />

idolis serviens (<strong>für</strong> ido(lo)latra). Vereinzelt außerhalb der Gruppe erfolgt die Übersetzung mit<br />

simulacrorum servitus.<br />

idol(ol)atria seinerseits ist vereinzelt auch zur Übersetzung verwendet, wenn im griechischen<br />

Text nicht eiödvlolatreißa, sondern eine bedeutungsähnliche und etymologisch entsprechende<br />

Phrase mit eiädvlon erscheint, wie Apostelgeschichte XVII, 16 ([...] videns idololatriae<br />

deditam civitatem [...] <strong>für</strong> [...] jevrouqnti kateißdvlon ouQsan th?n poßlin [...]) (hier<br />

und im Folgenden nach der „Bibel Edition“).<br />

Vereinzelt ist idol(ol)atria übersetzend auch <strong>für</strong> das AT* (7) gebraucht, 1 Samuel XV, 23<br />

(quoniam quasi peccatum ariolandi est repugnare et quasi scelus idolatriae nolle adquiescere<br />

pro eo ergo quod abiecisti sermonem Domini abiecit te ne sis rex), vergleichend übertragen<br />

bezogen auf Eigensinn/Ungehorsam, wie er von Samuel dem – tatsächlich auch der Zauberei<br />

verfallenen – Saul vorgeworfen wird (XXIII, 3ff., die „Hexe von Endor“).<br />

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6<br />

Im Griechischen jüngerer Sprachstufen selbst und dann im Neulatein der Frühen Neuzeit<br />

werden eiödvlolatreißa (eiödvlolatrißa) und idol(ol)atria Leitwörter <strong>für</strong> aufkommende reihenbildende<br />

Produktivität bzw. <strong>für</strong> erste, nun durch weitere Lehnwörter aus dem Griechischen<br />

gestützte Lehn-Wortbildungsproduktivität im Bereich der Theologie.<br />

Zu oberbegrifflichem idol(ol)atria im Sinne von ‘Götzendienst, Abgötterei; falsche Anbetung,<br />

abgöttische Verehrung’ treten im Neulatein dieses Bereichs, vor allem in den Kontroversen<br />

<strong>des</strong> Reformationszeitalters und der Nachreformationszeit, spezifizierende entlehnte<br />

oder lehngebildete Wörter; vgl. zur Oberbegriff-Unterbegriff-Relation der Bildungen auch<br />

eine deutsche Phrase der Zeit: wie dann Artolatria ein rechte Idolatria ist (→ unter 3.1.3.2.3,<br />

Gruppe 1, den Beleg aus 1563).<br />

3.1.1 Die spät- und byzantinisch-griechischen pejorativen Komposita mit latreißa,<br />

ihre Ableitungen und die unabhängigen Bildungen (Personenbezeichnungen) auf<br />

-o-latrhw im theologischen und kirchenhistorischen Bereich<br />

Im Spätgriechischen und auf den jüngeren griechischen Sprachstufen kommen zu dem zunächst<br />

vereinzelten bibelgriech. eiödvlolatreißa (eiödvlolatrißa) weitere Komposita mit<br />

latreißa sowie die als Ableitungen zu betrachtenden Personenbezeichnungen bzw. charakterisierenden<br />

Adjektive im Bereich der Theologie auf.<br />

Zunehmend finden sich neben schon bibelgriech. eiödvlolaßtrhw ‘Götzendiener’ (zu<br />

eiödvlolatreißa) auch unabhängig von nomina actionis aufgekommene (und zunächst im<br />

Griechischen ohne solche nachgewiesene) Personenbezeichungen, die somit nicht als direkte<br />

Ableitungen mit dem Suffix -hw aufgefasst werden können. Kompositabildung mit einer selbständigen<br />

Personalbezeichnung war und ist ohnehin fraglich: Selbständiges *laßtrhw<br />

ist in<br />

Form und Bedeutung nicht nachweisbar, als zweifelhaft aufgeführt in PAPE, „laßtrhw, oÖ, =<br />

laßtriw, zw. [...]“, ohne eine solche Anmerkung im ThGL, „Laßtrhw. v. Laßtriw“. Dem formal<br />

üblichen laßtriw ‘Tagelöhner, Diener’ kommt eine dem bibelgriech. latreißa entsprechende<br />

Neubedeutung/-verwendung im theologisch-bibelgriechischen Sinne von ‘Anbeter,<br />

Verehrer Gottes’ offenbar nicht zu. Es ist <strong>für</strong> das Griechische wohl ein in Analogie aufgekommenes<br />

Suffixoid -o-laßtrhw<br />

zur Bildung von (besonders pejorativen) Personenbezeichnungen<br />

der Bedeutung ‘götzendienerischer Anbeter (<strong>des</strong> in der Basis Genannten)’ anzunehmen.<br />

Bisher sind in Wörterbüchern insgesamt, bis hin zum noch nicht vollständig fertiggestellten*<br />

(8) „Lexikon zur byzantinischen Gräzität“ (LBG), neben bibelgriech. eiödvlolatreißa und<br />

eiödvlolaßtrhw folgende Bildungen späterer griechischer Sprachstufen lemmatisiert:<br />

aönjrvpolaßtrhw der Wortbildungsbedeutung ‘Menschenanbeter’, aönjrvpolatreißa<br />

(ThGL und SOPHOCLES aönjrvpolatrißa) ‘Menschenanbetung’, aönjrvpolatreßv ‘Menschen<br />

anbeten’; → den Artikel anthropolatria, anthropolatra (1536, 1553) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

aöstrolaßtrhw ‘Sternenverehrer’; → den Artikel astrolatria (1663) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

daimonolaßtrhw ‘Dämonenverehrer’; → den Artikel daemonolatria (1595) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

eiökonolaßtrhw ‘Bilderverehrer’; → den Artikel iconolatria, iconolatra (1564, 1568) unter<br />

3.1.2.2.1.1.<br />

hÖliolaßtrhw ‘Sonnenanbeter’; → den Artikel heliolatria, heliolatra (1668, 1668) unter<br />

3.1.2.2.1.1.<br />

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7<br />

jeolatreißa ‘Gottesdienst’ (ThGL jeolaßtreia), mit jeolaßtreutow ‘göttlich verehrt’,<br />

jeolatreßv ‘Gott verehren’, jeolaßtrhw ‘Gottesdiener, Verehrer Gottes’; → den Artikel<br />

theolatria (1664) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

ktistolaßtrhw (ktistolaßtrai) (ThGL ktistolaßtriw, ktismatolaßtrhw) der Wortbildungsbedeutung<br />

‘Anbeter von Kreatürlichem, Geschaffenem’; → den Artikel ctistolatrae<br />

(1686) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

sarkolaßtrhw (sarkolaßtrai) der Wortbildungsbedeutung ‘Fleischanbeter’; → den Artikel<br />

sarcolatra (vor 1607) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

staurolaßtrhw (staurolaßtrai) ‘Kreuzanbeter’; → den Artikel staurolatrae, staurolatria<br />

(1553, 1617) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

fjartolaßtrhw (fjartolaßtrai) der Wortbildungsbedeutung ‘Anbeter von Vergänglichem’;<br />

→ den Artikel phthartolatrae (1569) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

Xristolaßtrhw ‘Christusverehrer’; → den Artikel Christolatria (1687) unter 3.1.2.2.1.1 und<br />

den Artikel Christolatria (1793) unter 3.1.2.2.1.2 (mögliche unabhängige Lehn-Wortbildung<br />

eines Negativbegriffs).<br />

yeudolatreißa ‘falscher Gottesdienst’ (KRETSCHMER/LOCKER* (9)), abweichende Bildung<br />

mit dem Präfixoid yeudo- ‘falsch’ (aus dem Substantiv yeuqdow ‘Lüge’) (ThGL,<br />

yeudolatrißa vitiose pro yeudolatreißa, quod v.), yeudolaßtrhw ‘falscher Anbeter’; →<br />

den Artikel pseudolatria (1597) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

Mit Ausnahme von eiökonolaßtrhw sind die aufgelisteten Wörter aus späteren griechischen<br />

Sprachstufen auch im ThGL gebucht.<br />

Die aufgeführten griechischen Bildungen sind in der Regel pejorative Bezeichnungen, dabei<br />

auch Nach- oder Umbenennungen, <strong>für</strong> Vertreter jeweils diskriminierter Lehren oder Kulte in<br />

den frühen theologischen Auseinandersetzungen innerhalb <strong>des</strong> Christentums selbst oder in<br />

solchen mit der heidnischen Antike; diese Bezeichnungen sind sämtlich ins Neulateinische<br />

entlehnt oder treten dort als Zitatwörter/Fremdbezeichnungen auf. Sie bilden gegebenenfalls<br />

den Ausgangspunkt <strong>für</strong> die neulateinische sekundäre (nachrangige) Lehn-Wortbildung von<br />

entsprechenden nomina actionis.<br />

In den inter- und innerkonfessionellen Auseinandersetzungen <strong>des</strong> Reformationszeitalters und<br />

der Nachreformationszeit dienen diese Personenbezeichnungen oder die zugehörigen nomina<br />

actionis zum Teil auch als Spiegel-Wörter <strong>für</strong> die aktuellen theologischen Diskussionen, die<br />

eine Tradition seit der Frühzeit <strong>des</strong> Christentums und der christlichen Kirchen aufweisen.<br />

In der Folge gehören einige dieser Lehnwörter aus dem Griechischen dann auch zum<br />

terminologisierten Wortschatz der Religionswissenschaft und Ethnologie; sie haben in diesen<br />

Fachbereichen auch neulateinische Neubildungen veranlasst.<br />

3.1.2 Entwicklungen auf lateinischen Sprachstufen<br />

3.1.2.1 Lehnwörter mit den Segmenten |olatria| und |olatra| (|olatres|) aus dem Griechischen<br />

späterer Sprachstufen <strong>des</strong> Bereichs der Theologie und Kirchengeschichtsschreibung<br />

vom Spät- bis zum Neulateinischen<br />

Im Spätlatein der ersten christlichen Jahrhunderte ist als Lehnwort usuell und frequent<br />

pejoratives ido(lo)latria, mit ido(lo)latra (ido(lo)latres); → den Artikel zum Leitwort unter<br />

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8<br />

3.1. Weitere griechische Komposita, die ins Latein dieser Zeit hätten entlehnt werden können,<br />

lagen vermutlich noch nicht vor.<br />

Spätlateinische Lehn-Wortbildung nach dem möglichen Leitwort ido(lo)atria hat nicht<br />

stattgefunden.<br />

Bildungen mit der Sequenz ...olatr/ als Bezeichnungen <strong>für</strong> Götzendiener und Götzendienste<br />

der Heiden oder <strong>für</strong> die von Heiden den Christen vorgeworfenen Kulte mit ihren Vertretern,<br />

wie sie im neulateinischen kirchenhistorischen Schrifttum <strong>des</strong> 16. und 17. Jh.s lateinischen<br />

Werken der Frühzeit <strong>des</strong> Christentums entnommen scheinen, sind in Wirklichkeit die – auch<br />

sonst üblichen – späteren terminologisierenden Nachbenennungen. Sie stellen entweder<br />

neulateinische Lehnwörter aus dem Griechischen späterer Sprachstufen dar oder sind neulateinische,<br />

auch sekundäre, nachrangige Lehn-Wortbildungsprodukte.<br />

<strong>Diese</strong> Nachbenennungen im neulateinischen Schrifttum erfolgen besonders zu Textstellen aus<br />

Tertullians „De Idololatria“ und „Apologeticum“ und aus dem „Octavius“ <strong>des</strong> Marcus<br />

Minucius Felix (spätes 2./frühes 3. Jh. (?)), einem Streitgespräch zwischen dem Christen<br />

Octavius Ianuarius und dem Heiden Caecilius Natalis, mit dem christlichen Verfasser als<br />

Schiedsrichter (Erstdruck Heidelberg 1560)). Die beiden Werke sind bei der Behandlung von<br />

Götzendienst und Abgötterei häufig zitiert, ihre Gegenstände mit jüngeren Lehnwörtern oder<br />

neuen Lehn-Wortbildungsprodukten spezifizierend bezeichnet; vgl. beispielsweise die im<br />

„Apologeticum“ (16) Tertullians* (10) beschriebene Sonnenanbetung und nlat. heliolatria<br />

(wohl sekundär lehngebildet zur byzantinisch-griechischen Personenbezeichnung), die im<br />

Octavius <strong>des</strong> Marcus Minucius Felix (Cap. IX) behandelten Phänomene <strong>des</strong> Vorwurfs der<br />

Esel- und Genitalienanbetung und nlat. (vermutlich primär lehngebildetes) onolatria und<br />

aedoelatria sowie der Kreuzanbetung (Cap. XXIX) und nlat. staurolatria (wiederum wohl<br />

sekundär lehngebildet zur byzantinisch-griechischen Personenbezeichnung).<br />

Für das Spätlatein der Spätantike ist dann als Lehnwort aus dem Griechischen der Zeit<br />

nachgewiesen:<br />

anthropolatra (meist Plural anthropolatrae), erste und in der Folge usuelle pejorative Bezeichnung<br />

<strong>für</strong> Anhänger einer als häretisch betrachteten christlichen Lehre; → den Artikel zu<br />

nlat. anthropolatria, anthropolatra (1536, 1553) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

Vermutlich auch in dieser Zeit sind die unterschiedlich abweichenden entlehnten Wörter<br />

theolatria und pseudolatria aufgekommen.<br />

Eine Fülle von Neuentlehnungen aus dem Griechischen aller Bereiche bestimmt allgemein<br />

den Wortschatz <strong>des</strong> Neulatein und der Nationalsprachen seit der Frühen Neuzeit. Griechische<br />

Schriften, griechisches Wissen und Weitergabe der griechischen Sprache haben das erneuerte<br />

Latein und in der Folge die Nationalsprachen der Frühen Neuzeit geprägt, wie auch<br />

die Lehnwörter mit dem Segment |olatr| und Wortbildungsprodukte mit dem Lehnsuffix<br />

-(o)latr/ wieder exemplarisch bezeugen.<br />

Zu idol(ol)atria, schon im Spätlatein der ersten christlichen Jahrhunderte aus dem Bibelgriechischen<br />

entlehnt, treten um die Mitte <strong>des</strong> 16. Jh.s infolge neuer Editionen griechischer<br />

Schriften und deren Übersetzungen auch einige neue neulateinische Lehnwörter (Zitatwörter/Fremdbezeichnungen)<br />

aus dem Griechischen späterer Sprachstufe. Gegebenenfalls werden<br />

auch nur griechische Wörter zur Kenntnis gebracht. Als Beispiele:<br />

Das Kompositum daimonolaßtrhw „Dämonenverehrer“ (LBG) ist nachgewiesen <strong>für</strong> ein<br />

Werk <strong>des</strong> Theodoros Prodromos aus der ersten Hälfte <strong>des</strong> 12. Jh.s.; die deutsche Ausg. in<br />

griechischer Sprache erschien bei Johannes Bebel unter dem Doppeltitel „KUROU<br />

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9<br />

JEODVROU TOU PRODROMOU EPIGRAMMATA [...]/CYRI THEODORI PRODROMI<br />

EPIGRAMMATA [...], Basel 1536; das Widmungsschreiben <strong>des</strong> Herausgebers Hieronymos<br />

Guntios (= Hieronymus Günz) ist griechisch abgefasst (alle Angaben nach Hieronymus 2003,<br />

GG 458). Die Edition griechischer Schriften oder deren Übersetzungen als Phänomen der Zeit<br />

dokumentiert auch im vorliegenden Zusammenhang den „Griechischen Geist“, „aus Basler<br />

Pressen“ (Hieronymus 2003) und anderen; → den Artikel zu nlat. daemonolatria (1595) unter<br />

3.1.2.2.1.1.<br />

Das Kompositum staurolaßtrai (Plural) ‘Kreuzanbeter’ ist <strong>für</strong> die Kirchengeschichte (vor<br />

1328) <strong>des</strong> Kallistos Xanthopoulos Nikephoros nachgewiesen. Das Werk wurde 1553 veröffentlicht<br />

„in einer neuen - <strong>für</strong> die Folgezeit massgebenden lateinischen Übersetzung, nachdem<br />

sie in einer älteren anonymen Übersetzung schon seit 1535 in die Drucke der Autores historiae<br />

ecclesiasticae von Froben und Episcopius [...] aufgenommen worden und kleinere Schriften<br />

1536 griechisch als zweiter Teil zusammen mit den Epigrammata <strong>des</strong> Kyros Theodoros<br />

Prodromos bei Johannes Bebel [...] erschienen waren.“ (Hieronymus 2003, GG 415); Edition<br />

der griechischen Originalausg. Paris 1630; → den Artikel zu nlat. staurolatrae, staurolatria<br />

(1553, 1617) unter 3.1.2.2.1.1.<br />

3.1.2.2 Neulateinische Lehn-Wortbildung mit pejorativem -(o)latria ‘falsche Anbetung, Vergötzung’<br />

und -(o)latra ‘falscher Anbeter, Götzendiener’. Polemische Schlüsselwörter<br />

der reformatorischen Theologie – pejorative Bezeichnungen der Kirchengeschichtsschreibung<br />

Neulateinische Lehn-Wortbildung mit -(o)latria und -(o)latra ist seit dem früheren 16. Jh.<br />

nachweisbar. Tradiertes entlehntes idol(ol)atria mit der Personenbezeichnung idol(ol)atra<br />

(idol(ol)atres) kann als Leitwort <strong>für</strong> die Herausbildung einer produktiven neulateinischen<br />

Lehn-Wortbildungseinheit -(o)latria (mit -(o)latra) betrachtet werden. Stützung durch einige<br />

jüngere, im Bildungszusammenhang der Zeit bekannt gewordene griechische Wörter mit den<br />

Segmenten |olatreia| und |olatrhw|, durch verbreitetes entlehntes anthropolatria/<br />

anthropolatrae und durch weitere Lehnwörter (Zitatwörter/Fremdbezeichnungen), wie sie im<br />

Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s schon auftreten (staurolatrae), ist wahrscheinlich.<br />

Sekundäre (nachrangige) Lehn-Wortbildung, also Neubildung zum Lehnwort bzw. griechischen<br />

Wort, lässt sich auch im Zusammenhang dieses Lehnsuffixes am Anfang seiner<br />

Kombinemgeschichte im Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s vermuten (iconolatria, zu eiökonolaßtrhw<br />

„Bilderverehrer“ (LBG); daemonolatria, zu daimonolaßtrhw „Dämonenverehrer“ (LBG));<br />

neulateinische Lehn-Wortbildungsprodukte dieser Art sind daher unter der Gruppe der Wörter<br />

mit Entlehnungshintergrund unter 3.1.2.2.1.1 eingeordnet. Aber von einem griechischen Vorbildwort<br />

unabhängige, primäre neulateinische Lehn-Wortbildung kann auch hier jeweils nicht<br />

mehr ausgeschlossen werden.<br />

Auffallend ist das häufige Vorkommen griechischer Graphie nicht nur <strong>für</strong> Lehnwörter – ein<br />

<strong>für</strong> den griechischen (Lehn-)Wortschatz schon in Schriften der römischen Antike begegnen<strong>des</strong><br />

Verfahren –, sondern auch <strong>für</strong> Lehn-Wortbildungsprodukte. Die Absicht hinter diesen<br />

Schreibweisen <strong>des</strong> 16. und 17. Jh.s dürfte vielfältig sein. Auf den Ursprung <strong>des</strong> Wortes bzw.<br />

<strong>des</strong> Wortmaterials der Lehn-Wortbildungsprodukte sollte wohl in etymologischer Korrektheit<br />

verwiesen werden; die neue Vorliebe <strong>für</strong> das Griechische in der Frühen Neuzeit findet so<br />

einen äußeren Ausdruck der Gelehrsamkeit. Möglicherweise ist <strong>für</strong> bestimmte lehngebildete<br />

Wörter ein Grund der griechischen Graphie auch in einer zur Verhüllung nötigenden Anstößigkeit<br />

<strong>des</strong> kurzen und schlagenden Terminus zu suchen, so <strong>für</strong> artolaria – aörtolatreißa<br />

‘Vergötzung <strong>des</strong> Brotes, der Hostie’ als polemischer Bezeichnung <strong>des</strong> Abendmahlsstreits, die<br />

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10<br />

noch später ein Vertreter der aufgeklärten protestantischen Theologie als befremdlich empfand<br />

(„[...] der unartigen, ekelhaften und empörenden Benennungen Artolatrie [...],<br />

Impanation [...]“ (Henke 1806, S. 423)); vgl. inhaltlich entsprechen<strong>des</strong> KREVFAGIA ‘(Christus-)Fleisch-Fressen’<br />

als Eingangstitel eines Werks aus der Abendmahlskontroverse, der vielleicht<br />

nicht nur der Doppeltitelmode und dem Status <strong>des</strong> Griechischen in der Frühen Neuzeit<br />

zu verdanken ist. Zum Wort → den Artikel kreophagia (1561) unter 5.1.1 <strong>des</strong> Anhangs.<br />

Neulateinische Lehnwörter mit den Segmenten |olatria| und |olatra (olatres)| und kontinuierlich<br />

zunehmend neulateinische Lehn-Wortbildungsprodukte mit -(o)latria und -(o)latra sind<br />

inhaltlich durch das herrschende Häresie-Paradigma der theologischen (1) und religionswissenschaftlich-kirchenhistorischen<br />

(2) Richtungen der Frühen Neuzeit bestimmt.<br />

1) Polemische Schlüsselwörter der reformatorischen Theologie<br />

Seit dem 16. Jh. wird idol(ol)atria im Sinne von „falsae adorationes“ (Melanchthon) verwendet<br />

im Zusammenhang der inter- und innerkonfessionellen Kontroversen <strong>des</strong> Reformationszeitalters<br />

und der Nachreformationszeit. Die einzelnen Hauptpunkte der theologischen Auseinandersetzung<br />

(wie die Abendmahlslehre) in ihrer schlagwortartigen Reduzierung auf die als<br />

falsch betrachtete Anbetung oder auch Verehrung von Sachen/Sachverhalten und Personen<br />

werden dann durch Kombinationen nach dem sich herausbildenden Lehnsuffix -(o)latria spezifizierend<br />

bezeichnet (wie durch artolatria ‘falsche Anbetung <strong>des</strong> Brotes; Brot-,<br />

Hostienvergötzung’). idol(ol)atria konstituiert mit den neuen lehngebildeten Kombinationen<br />

eine – auch in neulateinischen (und nationalsprachlichen) Texten selbst gelegentlich formulierte<br />

– Oberbegriff-Unterbegriff-Relation (...olatria = idol(ol)atria).<br />

In den ersten Bestandteilen dieser Lehn-Wortbildungsprodukte (nomina actionis) zeigen sich<br />

die Hauptpunkte der (auch inner-) reformatorischen Kritik.<br />

Brot (art(o)-, in artolatria), stellvertretend <strong>für</strong> das Abendmahl und seine besonders von<br />

zwinglianischer und calvinistischer Seite angenommene Vergötzung durch die altkirchliche<br />

Lehre der Verwandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut Christi, aber auch den Luther’schen<br />

Glauben an die Realpräsenz Christi in Brot und Wein.<br />

Schon Karlstadt hatte in seinen diskussionseröffnenden Schriften polemische Syntagmen der falschen Anbetung<br />

<strong>des</strong> Brotes eingeführt, wie „ [...] die sie am strick in die grGben der abg=tterey <strong>für</strong>en / vnd verursachen / das sie<br />

ein brodt / das nichts mehr den brodt ist / anbettē [...].“ („Auszlegung“, 1524 (S. 39)); er hat – als Dialogbeitrag –<br />

sagen lassen, „Ich <strong>für</strong>cht du seyest gerecht / vnd das wir affenspiel / treyben / so offt wir das sacrament anbetten<br />

/ in silbern vnnd gülden monstrantzē fassen / vm<br />

~<br />

vnsere stedte oder d=rffer tragen. („Gesprechbüchlin“, 1524 (S.<br />

40)). Der Terminus artolatria (artolatrie) findet sich in diesen beiden Schriften noch nicht.<br />

Die Theologie <strong>des</strong> Abendmahls, zentral neben der Prä<strong>des</strong>tinationsfrage, hat in den reformatorischen<br />

Kontroversschriften der Zeit zur frequenten Verwendung <strong>des</strong> polemischen Begriffs<br />

artolatria geführt, der bis heute (als Artolatrie) in deutschen Wörterbüchern lemmatisiert und<br />

in der theologischen Literatur zitierend verwendet ist; vgl. zu diesem engeren Bezeichnungsbereich<br />

der Abendmahlstheologie <strong>des</strong> Reformationszeitalters, der Spätreformation* (11) und<br />

der Nachreformationszeit auch neulateinische und deutsche polemische Wörter und ihre Bildvorstellungen,<br />

wie beispielsweise die -Personenbezeichnungen (gegebenenfalls<br />

Adjektive) Christophagus, deivorus und Gottfresser sowie die -nomina actionis<br />

theophagia, kreophagia und Fleischfressen, die ausführlicher in 5. (Anhang) dargestellt sind.<br />

artolatria (mit oenolatria) steht ebenso wie die polemischen -/-<br />

Bezeichnungen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den übergeordneten Termini der<br />

Christologie anthropolatria/anthropolatra, ctistolatrae, phthartolatrae, sarcolatra und<br />

Christolatria. Sie alle belegen die anhaltenden, mit der Spätantike aufgekommenen Ausei-<br />

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11<br />

nandersetzungen über die Wesenheit Christi (nur Gott oder nur Mensch; oder zwei Naturen<br />

(vermischt oder unvermischt)), wie sie (erneut) auch im Abendmahlsstreit der Reformation<br />

bestimmend sind.<br />

Heilige (hagi(o)-, in hagiolatria), <strong>für</strong> den als Götzendienst betrachteten Heiligenkult der Alten<br />

Kirche; entsprechend auch <strong>für</strong> den Kult mit Reliquien, Gebeinen der Heiligen (lipsan(o)-,<br />

in lipsanolatria und scelet(o)-, in sceletolatria), vermutlich auch <strong>für</strong> deren Totengedenken<br />

besonders im Märtyrerkult (mnem(o)-, in mnemolatria); siehe im Folgenden auch<br />

die Anmerkungen unter „Bilder“.<br />

Calvin (1543 (1921), S. 86) wirft der christlichen Welt vor, dass sie durch den Reliquienkult<br />

„a laissé le principal, pour suivre l’accessoire.“ In seinem Pamphlet „Traité <strong>des</strong> reliques“, zunächst<br />

in französischer Sprache geschrieben und sich an eine breitere Schicht der verführten<br />

„simples“ richtend, bringt Calvin grotesk anmutende Beispiele <strong>für</strong> alle Arten <strong>des</strong> Reliquienkults<br />

der von ihm ausgewählten Länder (vor allem Frankreich, Deutschland, Spanien). <strong>Diese</strong><br />

Schrift ist nicht bestimmt durch einen theologischen Diskurs, sondern durch „la dialectique<br />

souple de la causerie“ (Autin 1921, S. 36). Zwischen Anbetung und Verehrung wird nicht<br />

unterschieden, „ce que le fidèle vénère ou adore, – car Calvin n’admet pas qu’on puisse<br />

vénérer sans adorer –, ce sont <strong>des</strong> objets indignes de ce culte – adoration ou vénération.“<br />

(ebd., S. 43)* (12).<br />

Dazu kommt die Gruppe<br />

Biblische Gestalten (Wesen), <strong>für</strong> die in der reformatorischen Kritik stehende Anbetung<br />

und/oder Einbeziehung in die Heilsgeschichte; die Namen/Bezeichnungen finden sich jeweils<br />

als Basen von Kombinationen, wie Engel (angel(o)-, in angelolatria), Maria (in Marialatria,<br />

Mariolatria), in diesem Sinne später (in der veränderten Christologie* (13)) auch Christus (in<br />

Christolatria).<br />

Und zuletzt noch, allerdings mit einem neuen Lehnwort evoziert<br />

Bilder (|icono|, in iconolatria), <strong>für</strong> alle Arten <strong>des</strong> als Götzendienst betrachteten altkirchlichen<br />

Bildkults („[...] kan man billich auch der Papisten Bilder vnder der Heiden G=tzen zelen [...].“<br />

(Calvin 1557 (Übers.), S. 51 r )); reformatorische Kritik an den „Ölgötzen“, den gemalten bzw.<br />

gesalbten (geweihten) Abbildern, die zu einem erneuten* (14) Bilderstreit und -sturm in der<br />

christlichen Kirchengeschichte – besonders nach den anhaltenden Kontroversen in der Kirche<br />

<strong>des</strong> Ostens und dem Ikonoklasmus <strong>des</strong> 8. Jh.s – führt, richtet sich nicht nur gegen die verehrten/angebeteten<br />

Bilder der Heiligen und biblischen Gestalten (vgl. oben). Auch die Darstellungen<br />

Christi (am Kreuz) geraten wieder in die Kritik; dabei wird die Kreuzesverehrung der<br />

Alten Kirche seit Konstantin gespiegelt gesehen in den staurolatrae, den Anhängern einer bis<br />

zum 7. Jh. bezeugten kreuzverehrenden Sekte; zu entlehntem staurolatrae als Personenbezeichnung<br />

wird staurolatria als polemisches nomen actionis vermutlich sekundär (nachrangig)<br />

lehngebildet (staurolatria Romana).<br />

Vgl. hierzu Karlstadts programmatische Schrift „Von abtuhung der Bylder“ (1522), in der gegen<br />

die „Olgotzische[n] anbeter“ der Heiligen (heylige fresser) und ihrer Bilder, aber auch<br />

gegen die bildpreißer der Kreuzesdarstellungen polemisiert wird* (15);<br />

Karlstadt 1522 Von abtuhung der Bylder (Dt. Flugschr. zur Reformation 251) Vnnd das gott mit nicht magk<br />

dulden / das wir eyne creatur nebent yen stellen. Drumb beschleusset ehr alsßo. Ich byn der her / welcher alle<br />

ding allein macht / vnd keyner mit mir. Das solt / yhr heylige fresser / eben mercken / das got allein alles hylff<br />

tueth / vnd keyner mit ym / oder nebend ym. [...] Nhu sage mir du Olgotzischer anbeter oder eeregeber / wan dir<br />

Heiligen nit konden helffen / was konden dir yre betrFgliche bilder helffen?; ebd. 246/47 Das ich gar nicht rhaten<br />

kan / das sich die tod krancken an geschnitzte oder gemalt Crucifix haltenn. [...] Aber vnßer bildpreißer wellen<br />

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12<br />

den leyhen Christum ym fleisch tzuerkennen geben / das nicht nutz ist. sie wellen lieber leren. wie Christus gehangen<br />

hat. dan warumb er gehenckt ist. Seinen leip / bart vnd wunden leren sie. Die krafft Christi leren sie gar<br />

nit. [...] On leyplich gestaltt Christi werden vil taußent selig das fur eins. Fur das ander sag ich das bilder<br />

ingemein / verboten / vnd Propheten wider bildnis gepredigt haben [ohne die Anmerkungen und Übersetzungen<br />

<strong>des</strong> Hg.] (Z).<br />

Die den aufgeführten Gruppen zugehörigen lehngebildeten Personenbezeichnungen (angelolatra,<br />

artolatra, hagiolatra, Marialatra) stellen mit den entsprechenden Bezeichnungen<br />

in 5. (Anhang), wie beispielsweise Brot-, Fleischfresser, Blutsäufer, Deivor, Personenabwertungen<br />

dar, die sich aus den zentralen Lehrmeinungen ergeben. Sie stehen neben den im<br />

Reformationszeitalter exzessiv eingesetzten personalen Schimpfbezeichnungen allgemeiner<br />

Art* (16).<br />

2) Pejorative Bezeichnungen der Kirchengeschichtsschreibung<br />

Neben üblicherweise gebuchtem und erwähntem anthropolatra ‘Menschenanbeter’ (und seiner<br />

Wortfamilie) treten im 16. und 17. Jh. weitere neulateinische Lehnwörter aus dem Griechischen<br />

auf, die mit der griechischen Kirchengeschichtsschreibung tradiert worden sind, wie<br />

beispielsweise staurolatrae ‘Kreuzvergötzer; Kreuzanbeter’, als griechische Personenbezeichnung<br />

nachweisbar bei dem spätbyzantinischen Kirchenhistoriker Kallistos Xanthopoulos<br />

Nikephoros (späteres 13. Jh. – nach 1328). Als pejorative Bezeichnungen historischer Personen<br />

oder christlicher Gemeinschaften werden gelegentlich diese Wörter auch <strong>für</strong> das Reformationszeitalter<br />

selbst bedeutsam: Zu ihnen wohl erst im Neulatein sekundär (nachrangig)<br />

lehngebildete nomina actionis dienen im Sinne einer historischen Spiegelung auch dem aktuellen<br />

reformatorischen Kampf gegen die ‘falsche Anbetung’ (vgl. 1)).<br />

Dazu kommen im 16. Jh. und 17. Jh. weitere Lehnwörter bzw. ihre sekundären (nachrangigen)<br />

Lehn-Wortbildungsprodukte, die im Zusammenhang fremder, aber auch vorgeworfener<br />

eigener Riten und Kulte stehen, wie beispielsweise daemonolatria (1595)<br />

‘Dämonenanbetung’, zu daimonolaßtrhw ‘Dämonenanbeter’; astrolatria (1663) ‘Sternenanbetung’,<br />

zu aöstrolaßtrhw ‘Sternenanbeter’; heliolatria (1668) ‘Sonnenanbetung’, zu<br />

hÖliolaßtrhw ‘Sonnenanbeter’. An die Lehnwörter dieses Bezeichnungsbereichs schließen<br />

sich im Neulatein <strong>des</strong> 17. Jh.s dann wohl unabhängige, primäre Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

mit -(o)latria an, die als neue Termini alte kultische Erscheinungen quasi-göttlicher<br />

Verehrung der in der Basis genannten Entitäten bezeichnen. Lehngebildete -(o)latria Kombinationen<br />

werden vor allem – nachbenennend – eingesetzt zur Bezeichnung der in der Antike<br />

den Christen allgemein von den Heiden polemisch vorgeworfenen Riten und Kulte, wie<br />

aedoelatria (1668) ‘Anbetung der Genitalien’; onolatria (1668) ‘Eselanbetung’; zu solchen<br />

referierend-pejorativen Nachbenennungen vgl. die Hinweise unter 3.1.2.1. Dazu kommen<br />

Kombinationen, die – zunächst ecclesiozentrisch – religiöse Riten und Anbetungsformen von<br />

Heiden und Juden mehr oder weniger pejorativ bezeichnen, wie onomatolatria 1 (1686) ‘Anbetung<br />

geschriebener, ausgesprochener Namen, Begriffe’; pyrolatria (1687) ‘Feueranbetung’;<br />

ophiolatr(e)ia (1698) ‘Schlangenanbetung’; zoolatria (1698) ‘Anbetung von Tieren; Anbetung<br />

tiergestaltiger Götter’. Als Termini historischer Wissenschaften (Ethnologie, Kunstgeschichte,<br />

Religionswissenschaften) treten einige dieser Bildungen heute noch auf; die Konnotationen<br />

<strong>des</strong> Leitworts Idolatrie sind aus den tradierten Begriffen geschwunden.<br />

3.1.2.2.1 NEULATEINISCHE BELEGE<br />

Die Belege sind in chronologischer Ordnung aufgeführt.<br />

Zum Vergleich:<br />

Französisches chronologisches Gesamtregister <strong>für</strong> den theologischen Wortschatz<br />

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Hoppe: Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters (OPAL 1/2014)<br />

13<br />

1268 idolâtr/<br />

1560 papolâtr/<br />

1566 artolâtr/ (?)<br />

1633 anthropolâtr/<br />

1660 staurolâtr/<br />

1701 iconolâtr/<br />

1719 angelolâtr/<br />

1721 zoolâtr/<br />

1757 démonolâtr/<br />

1776 idiolâtr/ (?)<br />

18?? pyrolâtr/<br />

1833 ophiolâtr/<br />

1835 ktistolâtr/<br />

1835 phthartolâtr/<br />

1845 héliolâtr/<br />

1845 Mariolâtr/<br />

1845 onomatolâtr/<br />

1846 Christolâtr/<br />

1852 astrolâtr/<br />

1852 theolâtr/<br />

1853 uranolâtr/<br />

1857 bibliolâtr/<br />

1878 hagiolâtr/<br />

1920 monolâtr/<br />

1970 logolâtr/<br />

1996 onolâtr/<br />

Deutsches chronologisches Gesamtregister <strong>für</strong> den theologischen Wortschatz<br />

1526 Idolatr/<br />

1563 Artolatr/<br />

1598 Dämonolatr/<br />

1611 Mariolatr/<br />

1699 Ikonolatr/<br />

1699 Phthartolatr/<br />

1740 Papolatr/<br />

1744 Staurolatr/<br />

1750 Zoolatr/<br />

1758 Heliolatr/<br />

1760 Angelolatr/<br />

1776 Pyrolatr/<br />

1779 Bibliolatr/<br />

1789 Anthropolatr/<br />

1792 Logolatr/<br />

1792 Theolatr/<br />

1820 Hagiolatr/<br />

1828 Ophiolatr/<br />

1829 Dogmatolatr/<br />

1829 Uranolatr/<br />

1830 Monolatr/<br />

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14<br />

1837 Skeletolatr/<br />

1838 Idiolatr/<br />

(1838 Pseudolatr/)<br />

1871 Onomatolatr/<br />

1909 Sarkolatr/<br />

1933 Astrolatr/<br />

1933 Dogmolatr/<br />

2010 Christolatr/<br />

3.1.2.2.1.1 Belege <strong>für</strong> spät- bis neulateinische Lehnwörter aus dem Griechischen<br />

Nomina actionis, die in sekundärer (nachrangiger) neulateinischer Lehn-Wortbildung möglicherweise<br />

einer griechischsprachigen Personenbezeichnung folgen, sind hier unter der<br />

Gruppe der Lehnwörter miterfasst.<br />

Wie schon erwähnt, sind mit Ausnahme von eiökonolaßtrhw auch die Bildungen späterer<br />

griechischer Sprachstufen im ThGL gebucht. Die Angaben im Folgenden zu den einzelnen<br />

Etyma stellen keine Buchungsgeschichte <strong>des</strong> Griechischen dar; es werden gegebenenfalls lediglich<br />

Varianten, Paraphrasen oder textsortenspezifische Hinweise aus den benutzten Wörterbüchern<br />

referiert.<br />

idol(ol)atria, idol(ol)atra, idol(ol)atrare, idol(ol)atricus, spätlat., mlat./nlat.; → den Überblicksartikel<br />

unter 3.1 zu griech. eiödvlolatreißa (eiödvlolatrißa) und lat. idol(ol)atria; im<br />

Folgenden werden nur einige wenige neulateinische Belege aufgeführt.<br />

Im Französischen ist die Wortfamilie schon früh – und <strong>für</strong> die Lehn-Wortbildung positiv folgenreich<br />

– präsent und kontinuierlich bis heute gemeinsprachlich (bildungssprachlich) in den<br />

haplologischen Formen usuell und frequent; es wird versucht, im französischen Belegteil diesen<br />

Befund wenigstens durch einige historische Akzentsetzungen zu verdeutlichen, →<br />

3.1.3.1.3, Gruppe 1.<br />

Im Deutschen ist die Wortfamilie – <strong>für</strong> die Lehn-Wortbildung negativ folgenreich – defizitär,<br />

und eingeschränkte Verwendung liegt selbst <strong>für</strong> spätentlehntes Idolatrie vor; die frühe Dominanz<br />

von Abgötterei und Götzendiener hat sicher zu einer solchen Entwicklung beigetragen;<br />

→ auch die Ausführungen zu Idolatrie unter 3.1.3.2.1. Dass in Lepp (1908) ein<br />

frühneuhochdt. idol(ol)atria (-ie)* (17), mit idol(ol)atra (-ter), nicht nachgewiesen ist, erscheint<br />

bezeichnend.<br />

1494 Kolumbus-Brief (Übers.) 10 (Ausg. Wallisch, S. 22) Nullam hii norunt ydolatriam* (18). Immo firmissime<br />

credunt omnem vim, omnem potentiam, omnia denique bona esse in coelo [im (orthographisch aktualisierten)<br />

Original (1493): Y no conocián ninguna seta ni idolatría‚ sie kennen weder irgendeine Sekte noch Götzendienst;<br />

ebd., S. 46)] (Z).<br />

Bullinger 1539 De origine erroris, Cap. XXIIII [IV], 113 v (De origine cultus divorum) De Origine idololatriæ<br />

apud Christianos (Überschr.) (Z).<br />

Bullinger 1539 De origine erroris, Cap. XXV, 121 r (De origine cultus divorum) idololatræ homines (Z).<br />

Bucer 1562 Metaphrasis et enarratio, Lib. II, Cap. VIII, 428 Quæ verò ex impia harū rerū fiducia natæ sunt Anthropolatię<br />

[!] [!] Lupsanolatriæ [= lipsanolatriae], Mnemolatriæ, Idololatriæ & superstitiones aliæ (Z).<br />

Hierolexikon 1677 idolatra, & idololatra [...]/idolatria [...]. Quando primum homines ad idolatrandum seducti<br />

[...] (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Idololatria Ecclesiæ Rom. multiplex [...]<br />

(Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Reliquiarum cultus idololatricus est [...]<br />

(Z).<br />

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15<br />

Hofmann 1698 Lexicon Universale (Artikel angelolatria) ANGELOLATRIA, satis antiqua est. Sanè Jos. Albus<br />

[...] eam omnium antiquissimam idololatriam arbitratur, quòd homines Angelis cultum statuerint, tanquam<br />

Mediatoribus & sequestris, inter se & Deum. Sed enim hic etiam honor universè damnatur [...] (Z).<br />

Henke 1793 Lineamenta (Praefatio) 18-22 Tria autem, si quid video, sunt potissimum superstitionis genera [...].<br />

Primum [...], ideoque Christolatria quaedam, quae et ipsa propemodum genus aliquod idololatriae dici<br />

merebatur, existeret (Z).<br />

anthropolatria (1536) ‘Menschenvergötzung; Menschenanbetung’; anthropolatra (1553)<br />

‘Menschenvergötzer; Menschenanbeter’;<br />

spätgriech. aönjrvpolaßtrhw ‘Menschenanbeter’ (zu griech. aänjrvpow ‘Mensch’) (PAPE,<br />

„Sp.; K. S.“), ‘menschenanbetend’ (→ im Folgenden den Beleg aus 1553/vor ca. 1328); mit<br />

aönjrvpolatreißa (PAPE, „Menschen erzeigte göttliche Verehrung, K. S.“),<br />

aönjrvpolatrißa (ThGL, SOPHOCLES); aönjrvpolatreßv (PAPE, „Menschen göttlich<br />

verehren, K. S.“)<br />

spätlat. anthropolatra (GEORGES)<br />

anthropolatria ‘Menschenvergötzung; Menschenanbetung, abgöttische Verehrung von Menschen’,<br />

bezeugt als pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> Kaiser- und Heroenkulte der Heiden und umgekehrt<br />

als Bezeichnung der Heiden <strong>für</strong> die göttliche Verehrung <strong>des</strong> Menschensohns Christus,<br />

ist in der Kontroversliteratur <strong>des</strong> Reformationszeitalters und der Nachreformationszeit gegen<br />

die Alte Kirche in historischer Spiegelung verwendet als pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> jede Art<br />

quasi-göttlicher Anbetung von Menschen, wie Maria, Heilige, Papst; → hierzu dann unter<br />

3.1.2.2.1.2 die spezifischen pejorativen neulateinischen Bildungen wie Mariolatria (vor<br />

1570), hagiolatria (1656) und papolatria (1687).<br />

anthropolatra als Personenbezeichnung im Sinne von ‘Menschenvergötzer; abgöttischer<br />

Menschenanbeter’ tritt vor allem auf als traditionelle(r) pejorative(r) Name/Bezeichnung<br />

(meist im Plural) <strong>für</strong> die Anhänger <strong>des</strong> Nestorius, <strong>des</strong> Patriarchen von Konstantinopel (bis<br />

431), auf den angeblich die Unterscheidung der göttlichen und menschlichen Natur Christi<br />

und die Zurückweisung der Lehre von <strong>des</strong>sen göttlicher Geburt zurückgeht; zu der sich seit<br />

dem 5. Jh. ausbreitenden christlichen Richtung vgl. DU CANGE II, „ANJROPOLAßTRAI<br />

ANJROPOLAßTRAI,<br />

dicti Nestoriani, quòd Christum purum hominem, non Deum assererent“;<br />

1553 (und ff.) / Nicephorus vor ca. 1328 Eccles. Hist. (Migne, Bd. 145), Liber XVIII, cap. 54 Peri? öIakvßbou ‚<br />

touq Sußrou kai? tvqn öIakobitvqn (Überschr.) Maßlista de? tauqta telouqsin oiÖ par’ auötoiqw legoßmenoi<br />

Xatzinzaßrioi· sxißsma ouök eölaßxiston oäntew touq par’ auötoiqw doßgmatow, oiÖonei [wie, als ob]<br />

staurolaßtrai· Xaßtzouw ga?r oÖ stauro?w par’ auötoiqw· to?n gar stauro?n moßnon, vÄw fasin, kai?<br />

proskonouqsin kai? seßbontai· [...] [...] kata? to?n aönjrvpolaßtrin<br />

Nestoßrion / De Jacobo Syro, et<br />

Jacobitis (Überschr.) Maxime autem hæc retinent, qui apud eos Chazinzarii nominantur. Factio autem non minima<br />

hæc dogmatis eorum est, Staurolatræ scilicet. Chazus namque crux ab eis dicitur, propterea quod crucem<br />

tantum adorare et colere dicantur. [...] [...] juxta Anthropolatram, id est hominem adorantem Nestorium (Z).<br />

Bucer 1562 Metaphrasis et enarratio, Lib. II, Cap. VIII, 428 Quæ verò ex impia harū rerū fiducia natæ sunt<br />

Anthropolatię [!] [!] Lupsanolatriæ [= lipsanolatriae], Mnemolatriæ, Idololatriæ & superstitiones aliæ (Z).<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum 56 (unter Cap. VII, De Martyrolatria) Ex eodem ethnicæ<br />

aönjrvp<br />

rvpολατρείαw crimine adversus illos etiam, qui CHRISTUM, hominem e muliere natum, a fidelibus coli<br />

vitio ipsis vertebant, Arnobius disputat libro I. (Z).<br />

Staurolatrae (1553); (Plural) ‘Kreuzvergötzer; Kreuzanbeter’; staurolatria (1617)<br />

‘Kreuzvergötzung; Kreuzanbetung’<br />

byzant.-griech. staurolaßtrhw (Plural staurolaßtrai) ‘Kreuzanbeter’ (zu griech. stauroßw<br />

in seiner besonders bibelgriechischen Bedeutung ‘Kreuz’)<br />

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16<br />

staurolatrae ‘Kreuzvergötzer; Kreuzanbeter’ (Plural) ist eine(r) der pejorativen Namen/Bezeichnungen<br />

<strong>für</strong> die als Häretiker betrachteten Anhänger einer (noch <strong>für</strong> das 7. Jh. bezeugten)<br />

christlichen armenischen Sekte, die angeblich eine Anbetung <strong>des</strong> Kreuzes gebot und<br />

nur diese erlaubte* (19); „sie wurden in ihrer Sprache Chazinzarii genennet [...].“ (1744<br />

ZEDLER 1732ff.), zu chazus ‘Kreuz’ (→ im Folgenden den Beleg aus Nicephorus).<br />

Zu ihm tritt im neuen Bilderstreit <strong>des</strong> Reformationszeitalters bzw. der Nachreformationszeit<br />

als wohl neulateinisches Wort sekundärer (nachrangiger) Lehn-Wortbildung das nomen<br />

actionis staurolatria ‘Kreuzvergötzung; Kreuzanbetung’; es wird (vermutlich auf dem Hintergrund<br />

<strong>des</strong> Sektennamens) von reformatorischer Seite* (20) in historischer Spiegelung verwendet<br />

gegen die Katholiken und die ihnen vorgeworfene Vergötzung der „Bilder“, speziell<br />

<strong>des</strong> Kreuzes (staurolatria Romana, 1617).<br />

Im kirchenhistorischen Schrifttum von Nationalsprachen ist der Terminus dann auch allgemeiner,<br />

aber gleichfalls abschätzig verwendet <strong>für</strong> den mit Konstantin beginnenden Kreuzeskult<br />

der Alten Kirche überhaupt* (21).<br />

1553 (und ff.) / Nicephorus vor ca. 1328 Eccles. Hist. (Migne, Bd. 145), Liber XVIII, cap. 54 Peri? öIakvßbou<br />

touq Sußrou kai? tvqn öIakobitvqn (Überschr.) Maßlista de? tauqta telouqsin oiÖ par’ auötoiqw legoßmenoi<br />

Xatzinzaßrioi· sxißsma ouök eölaßxiston oäntew touq par’ auötoiqw doßgmatow, oiÖonei [wie, als ob]<br />

staurolaßtrai· Xaßtzouw ga?r oÖ stauro?w par’ auötoiqw· to?n gar stauro?n moßnon, vÄw fasin, kai?<br />

proskonouqsin kai? seßbontai· [...] [...] kata? to?n aönjrvpolaßtrin Nestoßrion / De Jacobo Syro, et<br />

Jacobitis (Überschr.) Maxime autem hæc retinent, qui apud eos Chazinzarii nominantur. Factio autem non minima<br />

hæc dogmatis eorum est, Staurolatræ scilicet. Chazus namque crux ab eis dicitur, propterea quod crucem<br />

tantum adorare et colere dicantur. [...] [...] juxta Anthropolatram, id est hominem adorantem Nestorium (Z).<br />

Gretser 1598 De Cruce Christi Liber I, cap. 50;139/40 Quinam ex hæreticis crucem eiusque cultum oppugnarint<br />

(Überschr.) [---] Magis fortassis mirum videbitur, si inter Crucis hostes collecemus ordine quartos Staurolatras,<br />

hoc est, illos, qui à Crucis cultu nomen inuenerunt, qui & ipsi pars Armeniorum. Hos tamen ad hanc etiam<br />

classem pertinere, non inficiabitur, qui perlegerit & perpenderit, quæ de illis memoriæ prodidit Nicephorus. Cùm<br />

enim errores Armeniorum recitasset, subdit: Maximè hos retinent qui apud eos Chazinzarij nominantur, factio<br />

autem nō minima hæc dogmatis illorum est, Staurolatriæ scilicet. Chazus namq[ue] Crux ab iis dicitur,<br />

propterea quod crucem tantum adorare & colere dicantur. [Randglosse: Niceph. lib. 18. c. 54.] (Z).<br />

Decker 1617 Conradi Deckeri de staurolatria Romana libri duo (Titel) (Z).<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. IV, 31 De Staurolatria (Überschr.) (Z).<br />

Zimmermann 1670 Dorothei Asciani Montes pietatis 628 Non minus superstitiosa est Staurolatria, Mariolatria,<br />

Artolatria, Iconolatria &c. (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum VIII, 440 Fornicatio spiritualis multiplex [...] ceu sunt<br />

Μαριολατρεία, aÖgιολατρεία, eiöκωνολατρεία, σταυρολατρεία, λιψανολατρεία, aörτολατρεία, etc. (RAMMIN-<br />

GER) (Z).<br />

Hierolexikon 1677 stavrolatra, staurolaßtrhw, id est, Crucis adorator; sic Hæreticorum secta in Armenia appellabatur,<br />

quæ præter Crucem aliam adorationem non permittebat. Niceph. lib. 18. cap. 54. (Z)* (22).<br />

Syllabus græcarum vocum exoticarum 1677 [= Hierolexikon, Anhang, S. 675ff.] Staurolaßtrhw, Staurolatra<br />

(Z).<br />

iconolatria (1564) ‘Bildvergötzung; Anbetung der Bilder’; iconolatra (1568) ‘Bildvergötzer;<br />

abgöttischer Anbeter der Bilder’;<br />

byzant.-griech. eiökonolaßtrhw „Bilderverehrer“ (LBG) (zu griech. eiökvßn, eiökoßnow ‘Bild’)<br />

iconolatria ‘Bildvergötzung; Anbetung der Bilder’, nomen actionis wohl sekundärer (nachrangiger)<br />

neulateinischer Lehn-Wortbildung, ist bezogen auf den historischen Bilderstreit,<br />

aber auch in Spiegelung verwendet <strong>für</strong> die Kontroversen <strong>des</strong> Reformationszeitalters und der<br />

Nachreformationszeit um die „Bilder“ (Antichristus [= hier vermutlich speziell Papst, Papst-<br />

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17<br />

tum] iconolatriam [...] introducit (Gerhard, 1634); Papistarum [...] Iconolatria (A. Calov,<br />

1677)); es tritt zusammen mit anderen Ausdrücken der Zeit <strong>für</strong> ‘falsche Anbetung’ auch in<br />

Reihen auf, → die Belege aus 1634, 1670, 1677 (1) und 1677 (2).<br />

Entlehntes iconolatra als Personenbezeichnung im Sinne von ‘Bildvergötzer; abgöttischer<br />

Anbeter der Bilder’ ist nur vereinzelt nachweisbar;<br />

„Magdeburger Centurien“. 1564 Octava Centuria Ecclesiasticae Historiae, Cap. IV, Sp. 309/10 De imaginum<br />

cultura (Überschr.) Iconolatria hac ætate publicè decreta & stabilita est, Theodorus inquit: Veneramur etiam &<br />

adoramus imaginem Dei (Z).<br />

Bullinger 1568 De origine erroris, Cap. XXV, 67 v (De origine cultus divorum) Iconolatræ & falsigrapho Manzuri<br />

anathema (Z).<br />

Gerhard 1634 Confessio catholica II-1, 746 Antichristus [...] Mariolatriam, iconolatriam etc. introducit<br />

(RAMMINGER) (Z).<br />

Zimmermann 1670 Dorothei Asciani Montes pietatis 628 Non minus superstitiosa est Staurolatria,<br />

Mariolatria, Artolatria, Iconolatria &c. (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum VIII, 440 Fornicatio spiritualis multiplex [...] ceu sunt<br />

Μαριολατρεία, aÖgιολατρεία, eiöκωνολατρεία, σταυρολατρεία, λιψανολατρεία, aörτολατρεία, etc.<br />

(RAMMINGER) (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum XI, 18 nec ulli ignota est Papistarum Mariolatria, Angelolatria,<br />

Hagiolatria, Iconolatria, [...], lipsanolatria (RAMMINGER) (Z).<br />

Leibniz 1686 Examen religionis Christianae (Systema theologicum) (Sämtl. Schriften u. Briefe, 1. Reihe, Bd. 4,<br />

N. 420; 2397) Sapienter vero monuit Concilium, ut ne credatur virtus aliqua sive divinitas ipsi imagini inesse<br />

atque inhabitare; [...] quas imaginum superstitiones Arabes in quibusdam figurationibus ac Talismanibus, Judaei<br />

in nominibus scriptis aut pronuntiatis imitabantur; que utique est iconolatria, aut onomatolatria (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Iconolatria, quid? [...] (Z).<br />

phthartolatrae (1569); (Plural) ‘Anbeter der sterblichen (verweslichen) Hülle <strong>des</strong> Leibes<br />

Christi’, → bedeutungsähnliches/ähnlich verwendetes ctistolatrae (1686)<br />

byzant.-griech. fjartolaßtrhw der Wortbildungsbedeutung „Corruptibilium cultor“ (ThGL)<br />

(Plural fjartolaßtrai) (zu griech. fjartoßw ‘sterblich, vergänglich’)<br />

eine(r) der pejorativen Namen/Bezeichnungen aus den historischen christologischen Kontroversen<br />

im Sinne von ‘Anbeter <strong>des</strong> sterblichen Leibes Christi’ <strong>für</strong> die Anhänger <strong>des</strong> Severus,<br />

<strong>des</strong> Patriarchen von Antiochien, der (in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 6. Jh.s) die Vergänglichkeit,<br />

Verweslichkeit <strong>des</strong> Leibes Christi vor der Auferstehung gegen Julianus, den Bischof von Harlikarnaß,<br />

behauptete;<br />

Du Préau 1569 De vitis, sectis, et dogmatibus omnium haereticorum 240 hos Phthartolatras & Scenolatras [!;<br />

= Ctistolatras?] nominarūt (Z).<br />

Timotheus Presbyter um 600 (De triplici receptione Hæreticorum, Eccl. Græcæ Monumenta Bd. 3 (1686) 410)<br />

[...] Fjartolaßtraw kai? Ktistolaßtraw / Ipsi verò sibi adversantes nominant Phthartolatras & Ctistolatras,<br />

seu Corrupticolas & Creaticolas (Z).<br />

daemonolatria (1595) ‘Dämonenanbetung’<br />

byzant.-griech. daimonolaßtrhw „Dämonenverehrer“ (LBG) (zu griech. daißmvn, daißmonow<br />

‘Gott, Göttin; göttliches Wesen’, speziell in seiner bibelgriechischen Bedeutung ‘böser Geist’)<br />

möglicherweise im Neulatein sekundär (nachrangig) als nomen actionis zur griechischen Personenbezeichnung<br />

lehngebildet, von Nicolas Rémy (1530-1612), Richter in Hexenpozessen,<br />

als Titel seiner theoretischen Schrift gewählt;<br />

Remigius (Rémy) 1595 Daemonolatreiae libri tres [...] (Titel) (Z).<br />

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18<br />

[pseudolatria (1597) ‘falscher Gottesdienst’ als abweichende Bildung<br />

griech. yeudolatreißa, „falscher Gottesdienst, Aberglaube, K. S. [= Kirchenschriftsteller]“ (PAPE); auch in<br />

KRETSCHMER/LOCKER; ThGL, yeudolatrißa vitiose pro yeudolatreißa, quod v.; ebd. auch die Personenbezeichnung<br />

yeudolaßtrhw „Falsus cultor“. Abweichende Bildung mit dem besonders im Bibel- und Kirchengriechischen<br />

zum Präfixoid entwickelten yeudo- ‘falsch’ (aus dem Substantiv yeuqdow ‘Lüge’); siehe hierzu<br />

die Einträge mit yeudo- in BAUER/ALAND und vgl. das Interkombinem (Präfix) pseud(o)- der modernen europäischen<br />

Sprachen; Rüdinger 1597 De origine ubiquitatis (69?) pseudolatriam (Z).]<br />

sarcolatra (vor 1607) ‘Fleischvergötzer; Fleischanbeter’<br />

spätgriech. sarkolaßtrhw der Wortbildungsbedeutung ‘Fleischanbeter’, „unde [Plural]<br />

sarkolaßtrai appellati a Greg. Naz. [...]“ (ThGL) (zu griech. saßrc, sarkoßw ‘Fleisch’); von<br />

Gregor von Nazianz (vor 390) in der historischen christologischen Auseinandersetzung verwendet<br />

im Sinne von ‘Anbeter der Menschennatur Christi’; vgl. bedeutungsähnliches/ähnlich<br />

verwendetes aönjrvpolaßtrhw<br />

vereinzelt nachweisbar in neulateinischer Übersetzung einer Textstelle aus Gregor von Nazianz;<br />

vor 1607 / Baronius (1601-1608) Annales ecclesiastici IV, 437 quòd enim Apollinaris negans in Christo mentem,<br />

Christum semihominem colere videretur, idcirco idem Theologus eādem epistolā subdit: „Tu Sarcolatra, siquidem<br />

ego Anthropolatra sum“. haec ex Greg. Nazian. de erroribus Apollinaris, eiusque discipulorum, quos potentissimè<br />

confutat (gr. Greg. Naz. epist. theol. 101, 48 vÖw sarkolaßtrhw eiäper aönjrvpolaßtrhw eögvß) (RAM-<br />

MINGER) (Z).<br />

astrolatria (1663) ‘Sternenanbetung’<br />

byzant.-griech. aöstrolaßtrhw „Sternenverehrer“‚ (LBG) (zu griech. aösthßr, aösteßrow<br />

‘Stern’)<br />

möglicherweise im Neulatein sekundär (nachrangig) als nomen actionis zur griechischen Personenbezeichnung<br />

lehngebildet; Terminus <strong>für</strong> den Gestirnkult* (23), wie weitere Wörter<br />

dieses speziellen Bezeichnungsbereichs; → im Folgenden heliolatria (1668), dazu → unter<br />

3.1.2.2.1.2 die wohl primären neulateinischen Lehn-Wortbildungsprodukte nephelolatria<br />

(1668), uranolatria (1668), selenolatria (1680), ebenfalls Bezeichnungen <strong>für</strong> die heidnische,<br />

gegebenenfalls auch den Juden oder Christen unterstellte Anbetung der Himmelserscheinungen,<br />

<strong>des</strong> Himmelgewölbes und/oder seiner Gestirne;<br />

Schwab 1663 Dissertationem Philologicam De Astrolatria / In Illustri [...] Præside [...] Dn. Johanne Erico O-<br />

stermanno [...] Examini submittit M. Johan. Georgius Schwabius Ratisponensis, Wittenberg (Titel) (Z).<br />

theolatria (1664) ‘Gottesanbetung’<br />

spätgriech. jeolatreißa „Gottesdienst, K. S.“ (PAPE), (ThGL jeolaßtreia), (zu griech.<br />

jeoßw ‘Gott, Gottheit’); auch jeolaßtreutow ‘göttlich verehrt’, jeolatreßv ‘Gott verehren’<br />

und jeolaßtrhw ‘Gottesdiener, Verehrer Gottes’<br />

mit theolatria ‘Anbetung Gottes’, im Kontext ‘(bildliche Darstellung der) Anbetung <strong>des</strong><br />

Christuskin<strong>des</strong> (durch die Drei Weisen aus dem Morgenland)’, vgl. das ebenfalls zunächst<br />

nicht abwertende neulateinische Lehnwort Christolatria (vs. pejoratives papolatria <strong>des</strong> Kontextes)<br />

und dann sein kritisch bis pejorativ zu verstehen<strong>des</strong> usuelles Pendant Christolatria,<br />

wie es im Neulatein der deutschen rationalistischen Theologie <strong>des</strong> 18. Jh.s wohl unabhängig<br />

hiervon lehngebildet ist, → hier im Folgenden den Artikel Christolatria (1687);<br />

Terzago 1664 Musaeum 112 Refert vna Christi Domini Natiuitatem, trium altera Magorum Theolatriam repræsentat<br />

(Z).<br />

heliolatria (1668) ‘Sonnenanbetung’; heliolatra (1668) ‘Sonnenanbeter’; ‘sonnenanbetend’<br />

byzant.-griech. hÖliolaßtrhw „Sonnenanbeter“ (LBG) (zu griech. hÄliow ‘Sonne’)<br />

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19<br />

heliolatria‘Sonnenanbetung’ ist möglicherweise im Neulatein sekundär (nachrangig) als nomen<br />

actionis zur griechischen bzw. entlehnten Personalbezeichnung (vgl. heliolatra ‘Sonnenanbeter’)<br />

lehngebildet; zum Terminus → oben die Ausführungen zu astrolatria (1663), dazu<br />

Anm. 23;<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. II, 9, 27 und 28 De Heliolatria (Überschr.) POrro Christiani<br />

insimulati sunt, quod Solem pro Deo suo haberent. [---] Quantopere autem ab isto Solis cultu Christiani abhorruerint,<br />

ipsimet haut ignorarunt Gentiles, Persæ cumprimis, qui ne capitalibus quidem suppliciis eos, ut<br />

hÖlιολατρείαv committerent, potuerunt adducere. Cujus rei luculenta exempla apud Sozomenum libro II Historiæ<br />

Ecclesiasticæ cap. IIX [VIII], seqq. extant. [---] apostata heliolatra (Z).<br />

Chr. Nettelbladt d.Ä. 1733 Programma, quo [...] Christianus Nettelbladt [...] occasione heliolatriae veterum s.<br />

ritus tempore nativitatis Domini adorandi solem ad cultum Solis Justitiae cives academicos excitat [...] (Titel)<br />

(Z).<br />

ctistolatrae (1686); (Plural) ‘Anbeter der sterblichen (verweslichen) Hülle <strong>des</strong> Leibes Christi’;<br />

→ bedeutungsähnliches/ähnlich verwendetes phthartolatrae (1569)<br />

byzant.-griech. (verkürztes oder fehlerhaft tradiertes?) ktistolaßtrhw (ThGL, ktistolaßtriw,<br />

oÖ, i.q. ktismatolaßtrhw) (zu griech. ktißsma, Genitiv ktißsmatow „das Gegründete,<br />

Gebaute, die Gründung, von Städten“, speziell zu bibelgriech. ktißsma in seiner Bedeutung<br />

„das Geschaffene, die Creatur“ (PAPE); → den griechischen Text unter phthartolatrae<br />

(1569); vgl. dagegen die in PAPE aufgeführten entsprechenden Bildungen der Wortfamilie<br />

mit ktismatolatr/, nämlich ktismatolatreißa „die Anbetung geschaffener Dinge, K. S.“,<br />

ktismatolatreßv „geschaffene Dinge anbeten, K. S.“ und ktismatolaßtrhw „der geschaffene<br />

Dinge anbetet, K. S.“<br />

eine(r) der pejorativen Namen/Bezeichnungen aus den historischen christologischen Kontroversen<br />

im Sinne von ‘Anbeter <strong>des</strong> sterblichen Leibes Christi’ <strong>für</strong> die Anhänger <strong>des</strong> Severus,<br />

<strong>des</strong> Patriarchen von Antiochien, der (in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 6. Jh.s) die Vergänglichkeit,<br />

Verweslichkeit <strong>des</strong> Leibes Christi vor der Auferstehung gegen Julianus, den Bischof von Harlikarnaß,<br />

behauptete;<br />

Timotheus Presbyter um 600 „De triplici receptione Hæreticorum“ (Eccl. Græcæ Monumenta Bd. 3 (1686), 410)<br />

Ipsi verò sibi adversantes nominant Phthartolatras & Ctistolatras, seu Corrupticolas & Creaticolas / [...] Fjar-<br />

tolaßtraw kai? Ktistolaßtraw (Z).<br />

Christolatria (1687 und 1793) ‘(richtige/falsche) Anbetung Christi’<br />

in der Theologie unterschiedlich verwendet, dabei vermutlich sowohl im neulateinischen Entlehnungszusammenhang<br />

stehend als auch unabhängig im Neulatein lehngebildet; → <strong>des</strong>halb<br />

die Gesamtdarstellung unter 3.1.2.2.1.2; Heidegger (1687) folgt dem Latria-Begriff (vgl.<br />

theolatria) und der Tradition von griech. Xristolaßtrhw „Christi cultor“ (ThGL).<br />

3.1.2.2.1.2 Belege <strong>für</strong> neulateinische Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

Zur Buchungsproblematik <strong>des</strong> Griechischen und zu den folgenden vorsichtigen Zuweisungen<br />

von Wörtern zur primären Lehn-Wortbildung <strong>des</strong> Neulatein vgl. nochmals Anm. 8.<br />

artolatria (1540) ‘Brotvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Brotes’; artolatra (1553) ‘Brotvergötzer’;<br />

(zu griech. aärtow ‘Brot’)<br />

vermutlich im Neulatein der Reformationszeit lehngebildet; artolatria ‘Brotvergötzung; falsche<br />

Anbetung <strong>des</strong> Brotes, der Hostie im Abendmahl’ ist ein zentrales Wort der Reformation,<br />

besonders <strong>des</strong> Schweizer Calvinismus, zur pejorativen Bezeichnung <strong>des</strong> altkirchlichen und<br />

unter bestimmten Aspekten auch lutherischen Glaubens an die Realpräsenz Christi im<br />

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20<br />

Abendmahl (papisticam artolatriam, 1568; Romanaeque Artolatriae, 1607; artolatria Pontificia,<br />

1687); artolatria tritt häufig zusammen mit anderen Ausdrücken der Zeit <strong>für</strong> ‘falsche Anbetung’<br />

in Reihen auf. Die Personenbezeichnung artolatra ‘Brotvergötzer’ ist nur vereinzelt<br />

nachweisbar.<br />

Das über die zeittypische Verwendung der griechischen Schrift in Lehnwörtern und Lehn-<br />

Wortbildungsprodukten (mit griechischem Material) der Frühen Neuzeit hinausgehende häufige<br />

Auftreten von aörtolatreißa hat möglicherweise seinen Grund in der zur Verhüllung nötigenden<br />

Brisanz dieses Themas.<br />

Zu den bedeutungs- und verwendungsähnlichen pejorativen Bezeichnungen im Streit um die<br />

Abendmahlslehre gehören <strong>für</strong> das Reformationszeitalter die - und -<br />

Wörter sowie einige unter diesen inhaltlichen Aspekten verwendete Namen und Namenableitungen;<br />

auf diese wird in einem Anhang (5.) eingegangen;<br />

M. Poppius 1540 Æglogæ septem lepidissimæ lectuque dignissimæ, in quibus pie Lector, totius Papistici regni<br />

Artolatrißam, auaritiam, libidines, frau<strong>des</strong> ac imposturas ad uiuum <strong>des</strong>criptas uidebis. Authore Mensone<br />

Koppio [!; Autor ist der niederländische Calvinist Manso Poppius (Poppen)] Eurothalassio [...], Nürnberg 1560<br />

(nach der Titelei) (Z).<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 34 v (De adulterata Coena et de Missae mysteriis, Lib. I, Cap. XV)<br />

QVamquam verò nulla est Missa, in qua ad cultum non prostituatur ab artolatris Papistis sanctificū ipsorum<br />

crustulum [...] (Z).<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 77 r (De adulterata Coena et de Missae mysteriis, Lib. V, Cap. VI) Nō<br />

est igitur quod quis hæc torqueat ad Missæ sacrificium expiatorium, penitus ignotū veteri Ecclesiæ, multo minus<br />

verò ad symbolorū Cœnæ adorationem, & Papistarum artolatriam & œnolatriã, quam vetus Ecclesia ne per<br />

somnium quidem vnquam cogitauit (Z).<br />

Melanchthon 30.3.1560 briefl. an Albert Hardenberg (Opera omnia Bd. 9, S. 1080, No. 6962) Crescunt pericula<br />

taxantibus, quamvis verecunde, th?n aörtolatreißan. Precemur igitur filium Dei, ut nos gubernet et propter suam<br />

gloriam deleat falsas adorationes (Z).<br />

Calvin 1561 Dilucida explicatio (Calvin, Clear explanation (Theological Treatises, S. 260, Anm. 4 und 5)) peri?<br />

thqw aörtolatreißaw [...] pro?w th?n aörtolatreißan [die Syntagmen in griechischer Graphie sind in der englischen<br />

Übersetzung <strong>für</strong> das Original bezeugt und aufgeführt] (Z).<br />

Lindanus 1568 Apologeticum ad Germanos II, 96 Quaná Rhetoricatiōe, obsecro te, mi Valētine, tuis persuaseris<br />

discipulis, papisticam artolatriam Catholicos statuere aut propugnare? (Z).<br />

Chemnitz 1599 Concil. Trident. I (Index) Artolatria 151. 152. veneratio Sacramenti Papistica 150. [und weitere] (Z).<br />

Beza 1601 Quaestiones et responsiones 154 QV. De adoratione quid sentis ? / R. Adorari vbique Deum, ac præsertim<br />

in sacris mysteriis oportere dubium non est. [...] Sed in ipsa panis sumptione adoratio apud mensam quàm<br />

sit periculosa, vtpote quæ aörtolatreißa occasionē aperuerit, vnde tandem homines ad metousißan [?] præcipitauit<br />

Satan, res ipsa demonstrat (Z).<br />

Beza vor 1605 (VII, 159, 42.) artolatria (HOVEN 1994 „adoration du Saint-Sacrement («dieu de pâte»)“) [Hervorhebung<br />

von G.H.] (Z).<br />

Sten 1607 Palinodia Satyrica (Gretser, Werke, 1608, Nr. VI, 382) Idolorum hostes, Romanæq[ue] Artolatriæ /<br />

Obstabat pietas idolis multiplicandis [Die Textstelle aus der „Palinodia Satyrica“ <strong>des</strong> Calvinisten Simon Sten ist<br />

zitiert nach dem Abdruck in einem der Werke <strong>des</strong> angegriffenen Jesuiten Jacob Gretser] (Z).<br />

Zimmermann 1670 Dorothei Asciani Montes pietatis 628 Non minus superstitiosa est Staurolatria, Mariolatria,<br />

Artolatria, Iconolatria &c. (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum VIII, 440 Fornicatio spiritualis multiplex [...] ceu sunt<br />

Μαριολατρεία, aÖgιολατρεία, eiöκωνολατρεία, σταυρολατρεία, λιψανολατρεία, aörτολατρεία, etc. (RAMMIN-<br />

GER) (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Artolatria Pontificia [...] (Z).<br />

KIRSCH 1774 *Artolatria [...] Anbethung der Hostien* (24) (Z).<br />

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21<br />

oenolatria (1553) ‘Weinvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Weins’<br />

(zu griech. oiQnow ‘Wein’)<br />

vermutlich im Neulatein der Spätreformation aufgekommen im Sinne von ‘Weinvergötzung;<br />

falsche Anbetung <strong>des</strong> Weins (als Blut Christi) im Abendmahl’; im Zusammenhang <strong>des</strong> Streits<br />

um die Abendmahlslehre wohl lehngebildet von Viret; anders als paralleles artolatria (1540)<br />

kein usuelles Wort der reformatorischen Kontroversen; zu der möglicherweise im anhaltendtraditionellen<br />

Sakrament-Verständnis begründeten seltenen Verwendung von oenolatria →<br />

Anm. 86;<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 77 r (De adulterata Coena et de Missae mysteriis, Lib. V, Cap. VI) Nō<br />

est igitur quod quis hæc torqueat ad Missæ sacrificium expiatorium, penitus ignotū veteri Ecclesiæ, multo minus<br />

verò ad symbolorū Cœnæ adorationem, & Papistarum artolatriam & œnolatriã, quam vetus Ecclesia ne per<br />

somnium quidem vnquam cogitauit (Z).<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 130 v /131 r (De missae saltatione, Lib. III) De calicis consecratione &<br />

eleuatione, & de Papistarum œnolatria, & superstitioso cultu symbolorum pro rebus quas significant (Z).<br />

lipsanolatria (1562) ‘Vergötzung der Reliquien; falsche Anbetung der Heiligenreliquien’<br />

(zu griech. leißyanon ‘Überbleibsel, Rest’)<br />

vermutlich im Neulatein der Spätreformation lehngebildet als pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> die<br />

in der Römischen Kirche mit dem 6. Jh. verstärkt aufgekommene „Abgötterey mit den reliquien“<br />

(Arnold 1699, I, S. 261); → in diesem Zusammenhang der Kritik am Heiligen- und<br />

Reliquienkult auch die Wörter (wohl ebenfalls primärer neulateinischer Lehn-Wortbildung)<br />

mnemolatria (1562), sceletolatria (1621) und hagiolatria (1656);<br />

Bucer 1562 Metaphrasis et enarratio, Lib. II, Cap. VIII, 428 Quæ verò ex impia harū rerū fiducia natæ sunt Anthropolatię<br />

[!] [!] Lupsanolatriæ [= lipsanolatriae], Mnemolatriæ, Idololatriæ & superstitiones aliæ (Z).<br />

Gerhard 1621 Locorum theologorum t. VIII, 163 Contra Pontificiam illam sceletolatriam ac lipsanolatriam producimus<br />

haec argumenta (RAMMINGER) (Z).<br />

Gosman(n) 1655 Disputatio solennis exhibitura, cum Deo, Lipsanolatriae pontificiae sceleton / quam [...] praeside<br />

[...] Abrahamo Batto [...] tuebitur [...] Bernhardus Gosman (Titel) [publiziert in mehreren Ausg. ab 1655<br />

[Greifswald?]] (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum VIII, 440 Fornicatio spiritualis multiplex [...] ceu sunt<br />

Μαριολατρεία, aÖgιολατρεία, eiöκωνολατρεία, σταυρολατρεία, λιψανολατρεία, aörτολατρεία, etc. (RAMMIN-<br />

GER) (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum XI, 18 nec ulli ignota est Papistarum Mariolatria, Angelolatria,<br />

Hagiolatria, Iconolatria, [...], lipsanolatria (RAMMINGER) (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Lipsanolatria seu Reliquiarum cultus [...]<br />

(Z).<br />

mnemolatria (1562) ‘Vergötzung <strong>des</strong> Gedenkens’<br />

(zu griech. mnhßmh ‘Erinnerung’)<br />

vermutlich im Neulatein der Spätreformation lehngebildet; wohl eine der pejorativen Bezeichnungen<br />

<strong>für</strong> den Kult <strong>des</strong> Heiligengedächtnisses in der Römischen Kirche im Sinne von<br />

‘Vergötzung <strong>des</strong> Heiligengedenkens; falsche Anbetung der Heiligen im Toten- und Märtyrergedenken’,<br />

allerdings auch deutbar als ‘abgöttische Anrufung der Heiligen um Gedenken<br />

(Hilfe, Fürbitte)’* (25); → auch oben die Anmerkungen zu lipsanolatria (1562);<br />

Bucer 1562 Metaphrasis et enarratio, Lib. II, (Cap. VIII), 428, Sect. VI (Quis excludat nos dilectione Dei?) Quæ<br />

verò ex impia harū rerū fiducia natæ sunt Anthropolatię [!] [!] Lupsanolatriæ [= lipsanolatriae], Mnemolatriæ,<br />

Idololatriæ & superstitiones aliæ (Z).<br />

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22<br />

Lutherolatra (vor 1564) ‘Lutheranbeter’<br />

außerhalb der Kontroversen um die einzelnen Gegenstände der Lehre als allgemeinere spöttisch-abwertende<br />

bis pejorative Bildung mit dem Namen eines der Protagonisten der Reformation<br />

lehngebildet; vgl. hierzu das erste Aufkommen einer bildungssprachlichen französischen<br />

Lehn-Wortbildungseinheit -(o)lâtre im 16. Jh. unter 3.1.3.1.2.2, dazu auch unter 4. die<br />

Kombinationen aus Namen und pejorativem bildungssprachlichen -(o)mastix besonders <strong>des</strong><br />

Reformationszeitalters;<br />

vor 1564 / HOVEN 1994 Lutherolatra, -ae (M.) un «adorateur» de Luther: ap. CALV. XV, 191, 32.- cf.<br />

latreißa (Z).<br />

Mariolatria (vor 1570) ‘Vergötzung Mariens (der Mutter Christi); falsche Anbetung Mariens’;<br />

Mariolatra (vor 1570) ‘Vergötzer Mariens’<br />

zunächst und vereinzelt in den Formen Marialatria, Marialatra;<br />

mariolatria ‘Vergötzung Mariens (der Mutter Christi); falsche Anbetung Mariens’ ist vermutlich<br />

im Neulatein der Spätreformation lehngebildet als pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> die den<br />

Katholiken unterstellte Anbetung und quasi-göttliche Verehrung Mariens (Papistarum Mariolatria,<br />

1677) als der „Gottesmutter“* (26); dazu gelegentlich die Personenbezeichnung Mariolatra<br />

‘Vergötzer Mariens’.<br />

Im Französischen ist die Kombination heute auch bildungssprachlich allgemeiner verwendet,<br />

dabei möglicherweise auf dem Hintergrund der Produktivität <strong>des</strong> französischen Suffixes erneut<br />

und unabhängig lehngebildet.<br />

Brenz vor 1570 Apol. Wirt 217 quod Spiritus sanctus de Domino Deo nostro cecinit, hoc Marialatra quispiam<br />

transtulit ad Mariam virginem (RAMMINGER) (Z).<br />

Brenz vor 1570 Apol. Wirt 272 Quemadmodum ergo, inquam, Psalterium Davidis mutatum est in Marialatrian:<br />

ita necessarium fuerit, idem Psalterium denuò iuxta Asoticam formam emendare (RAMMINGER) (Z).<br />

Gomarus 1599 Op. III, 180 insignem Epiphanii adversus hanc Mariolatriam et Sanctorum invocationem locum<br />

auctarii vice recensebo (RAMMINGER) (Z).<br />

Gerhard 1634 Confessio catholica II-1, 746 Antichristus [...] Mariolatriam, iconolatriam etc. introducit<br />

(RAMMINGER) (Z).<br />

Zimmermann 1670 Dorothei Asciani Montes pietatis 628 Non minus superstitiosa est Staurolatria, Mariolatria,<br />

Artolatria, Iconolatria &c. (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum VIII, 440 Fornicatio spiritualis multiplex [...] ceu sunt<br />

Μαριολατρεία, aÖgιολατρεία, eiöκωνολατρεία, σταυρολατρεία, λιψανολατρεία, aörτολατρεία, etc.<br />

(RAMMINGER) (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum XI,18 nec ulli ignota est Papistarum Mariolatria, Angelolatria,<br />

Hagiolatria, Iconolatria, [...], lipsanolatria (RAMMINGER) (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Mario-latria blasphemiarum documenta<br />

præbet [...] (Z).<br />

Heidegger 1690 Tumulus Tridentini Concilii 213 (Sessio V, Quaestio III. An beata virgo, Dei genitrix, fuerit in<br />

peccato originali concepta?) Quanquam hodierni Mariolatrae hoc in vitio ponendum negarent (Z).<br />

Degner 1710 De rosario, Cap. II, Thes. XIII; 46 Quod hoc Monachorum genus Mariolatriæ deditissimum sit,<br />

ea de re alibi dicemus (Z).<br />

angelolatria (1617) ‘Engelvergötzung; falsche Anbetung der Engel’; angelolatra (1671)<br />

‘Engelvergötzer’<br />

(zu lat. angelus ‘Engel’, < griech. aäggelow ‘Bote’, speziell in seiner bibelgriechischen Bedeutung<br />

‘Gottesbote, Engel’)<br />

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23<br />

angelolatria ‘Engelvergötzung; falsche Anbetung der Engel’ ist vermutlich im Neulatein der<br />

Nachreformationszeit lehngebildet; als polemischer Terminus aufgekommen auf dem Hintergrund<br />

<strong>des</strong> in der Reformationszeit im Lichte vor allem alt- und neutestamentarischer Anschauungen<br />

und Auseinandersetzungen erneut bewerteten Rangs der Engel und der entschiedenen<br />

Ablehnung einer quasi-göttlichen Verehrung* (27) dieser als Geschöpfe Gottes<br />

betrachteten mythischen Gestalten durch die Reformatoren; dazu gelegentlich die Personenbezeichnung<br />

angelolatra ‘Engelvergötzer’.<br />

Gerhard 1617 Locorum theologorum t. V, 1149 Angelis honorem adorationis deferunt et hac ratione committunt<br />

’Aγγελολατρείαν (RAMMINGER) (Z).<br />

Gerhard 1621 Locorum theologorum t. VIII, 795 Theodoretus nequaquam illis tribuit, quod disertis et expressis<br />

verbis Christum Mediatorem reiecerint, quamvis ex Angelolatria illud eöpoμένως rectè inferatur, sed quod precum<br />

sacrificiis Angelos colendos esse docuerint ex humilitate, quia ad Deum non possit nisi per Angelos Mediatores<br />

perveniri (RAMMINGER) (Z).<br />

Klotz 1636 Tractatus de angelolatria. h.e. Religiosa ut vocant, adoratione et invocatione b. angelorum, in quo<br />

errores angelolatrarum, cum primis Monachorum et Jesuitarum [...] censentur, discutiuntur et [...] vindicantur<br />

[...] (Titel) (Z).<br />

Hoornbeek 1663 theol pract I, 176 ut primò caveatur sedulò omnis Angelolatria, vel cultus Angelorum in genere<br />

(RAMMINGER) (Z).<br />

1671 / nota zu Calvin 1559 <strong>Institut</strong>iones, Lib. I, Cap. XIV (Opera (1671) III, Lib. I, 35, nota) Ut muniti simus<br />

adversus errores Angelolatrarum & Manichaeorum (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum XI, 18 nec ulli ignota est Papistarum Mariolatria, Angelolatria,<br />

Hagiolatria, Iconolatria, [...], lipsanolatria (RAMMINGER) (Z).<br />

Hofmann 1698 Lexicon Universale (Artikel angelolatria) ANGELOLATRIA, satis antiqua* (28) est. Sanè Jos.<br />

Albus [...] eam omnium antiquissimam idololatriam arbitratur, quòd homines Angelis cultum statuerint, tanquam<br />

Mediatoribus & sequestris, inter se & Deum. Sed enim hic etiam honor universè damnatur [...] (Z).<br />

Carpov 1744 Programma Academicum, qvo ipso Angelorum Festo, de Pontificiorum et Judæorum angelolatria,<br />

brevibus dissertit Rector Academiæ Paulus Theodorus Carpovius [...], Rostock (Titel) (Z).<br />

sceletolatria (1621) ‘Vergötzung der Gebeine; falsche Anbetung der Heiligengebeine, -reliquien’<br />

(zu lat. sceletus ‘toter, ausgetrockneter Körper; Mumie’, < griech. skeßletow ‘ausgetrocknet’,<br />

speziell < gleichbedeutendem to? skeßleton (svqma))<br />

vermutlich im Neulatein der Nachreformationszeit aufgekommen als eine der pejorativen Bezeichnungen<br />

<strong>für</strong> den Reliquienkult der Römischen Kirche; → oben die Anmerkungen zu lipsanolatria<br />

(1562);<br />

Gerhard 1621 Locorum theologorum t. VIII, 163 Contra Pontificiam illam sceletolatriam ac lipsanolatriam producimus<br />

haec argumenta (RAMMINGER) (Z).<br />

Heidegger 1684 Trident II, 838 Plurima ex vetustate trium priorum Seculorum argumenta, eáque gravissima<br />

contra sceletolatriam proposui (RAMMINGER) (Z).<br />

hagiolatria (1656) ‘Heiligenvergötzung; falsche Anbetung der Heiligen’; hagiolatra (1687)<br />

‘Heiligenvergötzer’<br />

(zu griech. aÄgiow ‘heilig, einer Gottheit geweiht’, besonders in seiner bibelgriechischen<br />

Bedeutung/Verwendung)<br />

hagiolatria ‘Heiligenvergötzung; falsche Anbetung der Heiligen’ ist vermutlich im Neulatein<br />

der Nachreformationszeit lehngebildet (zusammen mit der vereinzelt nachgewiesenen Personenbezeichnung<br />

hagiolatra ‘Heiligenvergötzer’) als eine der pejorativen Bezeichnungen <strong>für</strong><br />

den Heiligenkult der Römischen Kirche; → oben die Anmerkungen zu lipsanolatria (1562),<br />

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24<br />

sceletolatria (1621) und auch zu martyriolatria (1668); zu hagiolatria pontificia (1656) <strong>des</strong><br />

Katholiken Johann Joachim Bardili vgl. Heidegger (1687);<br />

Bardili 1656 Hagiolatria pontificia sex conclusionibus theologicis eversa [...]. Moderante [...] Balthasare Raithio<br />

[...] proposita Joan.-Joachim Bardili [Tübingen 1656] (Titel) (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum VIII, 440 Fornicatio spiritualis multiplex [...] ceu sunt<br />

Μαριολατρεία, aÖgιολατρεία, eiöκωνολατρεία, σταυρολατρεία, λιψανολατρεία, aörτολατρεία, etc. (RAMMIN-<br />

GER) (Z).<br />

A. Calov 1677 Systema locorum theologicorum XI, 18 nec ulli ignota est Papistarum Mariolatria, Angelolatria,<br />

Hagiolatria, Iconolatria, [...], lipsanolatria (RAMMINGER) (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Hagiolatria Pontificia, quid? [...] / Hagiolatræ<br />

sunt Pontificii [...] (Z).<br />

aedoeolatria (1668) ‘Anbetung der Genitalien’<br />

(zu griech. aiödoiqow ‘ehrwürdig, verehrungswürdig’, auch ‘verschämt’, speziell zum Substantiv<br />

aiödoiqon ‘Geschlechtsteil’* (29))<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete referierend-pejorative Bezeichnung der Kirchengeschichtsschreibung<br />

<strong>für</strong> die den Christen in der Antike unterstellte Anbetung der Genitalien*<br />

(30) ihrer Gemeindevorsteher und Priester;<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. III, 29 De Ædoeolatria (Überschr.) Affingebant amplius<br />

Christianis, quod Antistitis ac Sacerdotis colerent genitalia, & quasi parentis sui adorarent naturam; veluti<br />

constat e Minutii Felicis Octavio (Z).<br />

martyrolatria (1668) ‘Märtyrervergötzung; falsche Anbetung der Märtyrer’<br />

(zu lat. martyr, martyris „der Zeuge; dah. [spätlat.] wer als Zeuge der Wahrheit der christlichen<br />

Religion stirbt, der Märtyrer, die Märtyrerin“ (GEORGES), < griech. maßrtuw,<br />

maßrturow ‘Zeuge’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete referierend-pejorative Bezeichnung der Kirchengeschichtsschreibung<br />

<strong>für</strong> die den Christen in der Antike unterstellte Anbetung ihrer Märtyrer;<br />

wohl ohne direkten Bezug zur reformatorischen Kritik am Heiligenkult der Alten Kirche; Kortholt<br />

d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. VII, 52 De Martyrolatria (Überschr.) [...] cultusque Martyrum<br />

insimulatos olim fuisse Christianos (Z).<br />

nephelolatria (1668) ‘Wolkenanbetung’<br />

(zu griech. nefeßlh ‘Nebel, Wolke, Gewölk’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete referierend-pejorative Bezeichnung der Kirchengeschichtsschreibung<br />

<strong>für</strong> die den Christen in der Antike unterstellte Anbetung der Wolken; zum<br />

Terminus → unter 3.1.2.2.1.1 die Ausführungen zu astrolatria (1663), dazu Anm. 23;<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. V, 36 De Nephelolatria (Überschr.) Etiam Nubium venerationem<br />

Christianis fuisse olim ab impiis tributatam (Z).<br />

onolatria (1668) ‘Eselanbetung’<br />

(zu griech. oänow ‘Esel’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete referierend-pejorative Bezeichnung der Kirchengeschichtsschreibung<br />

<strong>für</strong> die den Juden und Christen (aufgrund unterschiedlicher Annahmen) in<br />

der Antike unterstellte Eselanbetung, Anbetung eines Eselkopfes; vgl. hierzu die spätlateinische<br />

Personenbezeichnung Asinarii als Schimpfwort <strong>für</strong> die Christen (Hofmann 1698 Lexicon<br />

Universale (Artikel Asinarii))* (31); → Anm. 30 zu aedoeolatria (1668);<br />

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25<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. I,1 De Onolatria Christianis objecta (Überschr.) INter nefanda<br />

illa convitia, quibus CHRISTI cultores olim insectabantur Pagani, primum merito locum obtinet, quod<br />

asini caput ab iis coli mentiebantur (Z).<br />

W. Friedrich 1682 Dissertatiuncula de onolatria, quæ Judæis quondam et primis Christianis a gentilibus falso<br />

objecta fuit [...] M. Johann. Fridericus Köber [...] Ad benevolè auscultandum, Wolfgangi Friderici a Roda [...]<br />

valedictoriam orationem [...] invitat [Gera] (Titel) (Z).<br />

Hase 1716 Theodori Hasaei de onolatria, sive calumnia cultus asiniana a gentilibus olim Judaeis et Christianis<br />

impacta diatribe [...] [Erfurt] (Titel) (Z).<br />

serapidolatria (1668) ‘Anbetung <strong>des</strong> Serapis’<br />

(zu Serapis, dem ägyptisch-hellenistischen Gott der Fruchtbarkeit)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete referierend-pejorative Bezeichnung der Kirchengeschichtsschreibung<br />

<strong>für</strong> die den Christen in der Antike unterstellte Anbetung <strong>des</strong> Serapis;<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum Cap. VI, 47 De Serapidolatria (Überschr.) [...] coluisse videlicet<br />

Christianos in Ægypto Serapidem (Z).<br />

uranolatria (1668) ‘Anbetung <strong>des</strong> Himmelsgewölbes’<br />

(zu lat. uranos ‘Himmel(sgewölbe)’, < gleichbedeutendem griech. ouöranoßw)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete referierend-pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> die den Juden<br />

in der Antike unterstellte Anbetung <strong>des</strong> Himmels (und der Gestirne); später in Nationalsprachen<br />

allgemeiner Terminus der Religionswissenschaften zur Bezeichnung solcher Kulte in<br />

unterschiedlichen Kulturen; zum Terminus → unter 3.1.2.2.1.1 die Ausführungen zu astrolatria<br />

(1663), dazu Anm. 23;<br />

Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum 38/39 (unter Cap. V, De Nephelolatria) Certe, ut perperam Judæis<br />

ouörανολατρείαn isthanc objici ostendat, omnem lapidem, loco paulo ante citato, movet Origenes. [...] Et vero<br />

Judæi longe ante Honorii & Theodosii tempora ouörανολατρείαw jam fuerant insimulati, veluti ex supra allatis<br />

manifestum (Z).<br />

selenolatria (1680) ‘Mondanbetung’<br />

(zu griech. selhßnh ‘Mond’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildete pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> die den Juden (zumin<strong>des</strong>t<br />

in AT-Übersetzungen) zugeschriebenen heidnischen Kulte der Anbetung <strong>des</strong> Mon<strong>des</strong> (und<br />

anderer Himmelkörper) (Jeremia 8, 1-2):<br />

1 Zu derselben Zeit, spricht der HERR, wird man die Gebeine der Könige Juda's, die Gebeine ihrer Fürsten, die<br />

Gebeine der Priester, die Gebeine der Propheten, die Gebeine der Bürger zu Jerusalem aus ihren Gräbern werfen;<br />

2 und wird sie hinstreuen unter Sonne, Mond und alles Heer <strong>des</strong> Himmels, welche sie geliebt und denen sie gedient<br />

haben, denen sie nachgefolgt sind und die sie gesucht und angebetet haben. Sie sollen nicht wieder aufgelesen<br />

und begraben werden, sondern Kot auf der Erde sein (Die Luther-Bibel 1912).<br />

zum Terminus → unter 3.1.2.2.1.1 die Ausführungen zu astrolatria (1663), dazu Anm. 23;<br />

A. Calov 1680 [...; hebräischer Eingangstitel] / Sive Dissertatio Philologica / De / Selenolatria, / A Propheta<br />

Jeremia Cap. VII, 18. & XLIV, 17. seqq. / improbata: / Quam [...] subjiciet Abraham Calovius [...] d. 2. Junii A.<br />

MDCLXXX [gedruckt Wittenberg 1680] (Titel) [Die im Titel angegebenen Stellen beziehen sich auf die Opfer<br />

der Juden <strong>für</strong> fremde Götter (7, 18 und nochmals 44, 17); die Stelle 8, 2 ist im Text selbst Gegenstand der Darstellung,<br />

aber nicht im Titel genannt. Den (übersetzungs-, inhalts- oder auslegungsbedingten?) Gründen hier<strong>für</strong><br />

bin ich nicht nachgegangen] (Z).<br />

onomatolatria (1686 und 1793) ‘Vergötzung von Namen/Begriffen’<br />

(zu griech. oänoma ‘Name’)<br />

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26<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildet und in den theologischen Wissenschaften als pejorativer<br />

Terminus unterschiedlich verwendet; 1 bei Leibniz hat er im Zusammenhang von <strong>des</strong>sen religionswissenschaftlicher<br />

Darstellung <strong>des</strong> auf materiellen Entitäten beruhenden Aberglaubens<br />

die Realbedeutung ‘Vergötzung von (ausgesprochenen/geschriebenen) Namen/Begriffen (im<br />

alten jüdischen Kult)’; 2 in Henkes aufgeklärt-protestantischer Theologie tritt er, wohl in erneuter<br />

und unabhängiger Lehn-Wortbildung, im Sinne von ‘Vergötzung von (tradierten)<br />

Lehrbegriffen’ auf.<br />

Die französische Übersetzung von Leibniz’ „System der Theologie“ hat die Bildung bewahrt<br />

(onomatolâtrie (1), → den Beleg aus 1845, unter 3.1.3.1.3, Gruppe 1). In der zweisprachigen<br />

deutschen Ausg. dagegen ist onomatolatria 1 mit Namen-Anbetung wiedergegeben:<br />

Leibnitz 1820 System der Theologie (Übers.) 141 [...] oder wie einige Heiden wähnten, daß, wenn sie die Statüe<br />

eines gewissen Gottes mit trügen, sie dadurch einen glücklichen Erfolg haben würden. <strong>Diese</strong>n Bilderaberglauben<br />

ahmten die Araber in gewissen Figuren und Zauberbildern nach, und die Juden in geschriebenen oder ausgesprochenen<br />

Namen, welches in der That eine Bilder- oder Namen-Anbetung ist (Z).<br />

Der Henke’sche Terminus onomatolatria 2 ist bis heute als Lehnwort in der historischen<br />

Theologie vorherrschend (wieder frz. onomatolâtrie (2), hier auch dt. Onomatolatrie);<br />

Leibniz 1686 Examen religionis Christianae (Systema theologicum) (Sämtl. Schriften u. Briefe, 1. Reihe, Bd. 4,<br />

N. 420; 2397) Sapienter vero monuit Concilium, ut ne credatur virtus aliqua sive divinitas ipsi imagini inesse<br />

atque inhabitare; [...] quas imaginum superstitiones Arabes in quibusdam figurationibus ac Talismanibus, Judaei<br />

in nominibus scriptis aut pronuntiatis imitabantur; que utique est iconolatria, aut onomatolatria (Z).<br />

Henke 1793 Lineamenta (Praefatio) 18-22 Tria autem, si quid video, sunt potissimum superstitionis genera [...].<br />

Primum [...], ideoque Christolatria quaedam, quae et ipsa propemodum genus aliquod idololatriae dici merebatur,<br />

existeret; [...]. [S. 19:] Deinde aliud superstitionis genus circa librorum sacrorum vsum versatur; bibliolatriam<br />

vocarim. [S. 22:] Huic igitur onomatolatriae in tradenda disciplina sacra magis adhuc renunciandum, et<br />

formularum ac phrasium in theologia technicarum explicatio in historiam dogmatum releganda est (Z).<br />

Christolatria (1687 und 1793) ‘(richtige/falsche) Anbetung Christi’<br />

in der Theologie unterschiedlich verwendet, dabei vermutlich nicht immer auf das Griechische<br />

zurückgehend; 1 bei Heidegger hat der Terminus auf dem Hintergrund <strong>des</strong> Latria-<br />

Begriffs (vgl. theolatria) und in der Tradition von griech. Xristolaßtrhw „Christi cultor“<br />

(ThGL) (→ auch oben unter 3.1.2.2.1.1) die (im Text theologisch nicht bestrittene) Bedeutung<br />

‘die Christus gebührende Verehrung, Anbetung, Latrie’, wie sie gegen pejoratives papolatria<br />

‘Vergötzung <strong>des</strong> Papstes; falsche, ihm nicht zukommende Verehrung, Quasi-Anbetung<br />

(durch die tradierten römischen Zeremonien)’ abgesetzt ist; 2 in Henkes aufgeklärtprotestantischer<br />

Theologie tritt er, wohl in erneuter und unabhängiger Lehn-Wortbildung, im<br />

pejorativen Sinne von ‘falsche Anbetung <strong>des</strong> Menschensohns Christus’ auf* (32); wohl in<br />

dieser Bedeutung/Verwendung bis heute in Nationalsprachen gebucht;<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis I, IX; 515 [Randglosse:] Christolatria & Papolatria, seu deportatio &<br />

gestatio Christi & Papa comparatur (Z).<br />

Henke 1793 Lineamenta (Praefatio) 18-22 Tria autem, si quid video, sunt potissimum superstitionis genera [...].<br />

Primum [...], ideoque Christolatria quaedam, quae et ipsa propemodum genus aliquod idololatriae dici merebatur,<br />

existeret; [...]. [S. 19:] Deinde aliud superstitionis genus circa librorum sacrorum vsum versatur; bibliolatriam<br />

vocarim. [S. 22:] Huic igitur onomatolatriae in tradenda disciplina sacra magis adhuc renunciandum, et<br />

formularum ac phrasium in theologia technicarum explicatio in historiam dogmatum releganda est (Z).<br />

papolatria (1687) ‘Papstvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Papstes’<br />

(zu spätlat. papa ‘Bischof (Vater)’, später ‘Papst (Bischof von Rom)’, < griech. paßppaw ‘Vater’)<br />

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27<br />

wie zuvor die lehngebildete Personenbezeichnung papolâtre im Französischen (→ Papelastres<br />

(1560), unter 3.1.3.1.3, Gruppe 1) ist im Neulateinischen das pejorative nomen actionis<br />

papolatria ‘Vergötzung <strong>des</strong> Papstes; falsche, ihm nicht zukommende Verehrung, Quasi-<br />

Anbetung (durch die tradierten römischen Zeremonien)’ nachweisbar; ihm ist die (im Text<br />

theologisch nicht bestrittene) Christusanbetung mit Christolatria gegenübergestellt; → dagegen<br />

oben unter Christolatria (1687) im Sinne der rationalen Theologie abwertend verwendetes<br />

Christolatria im Beleg aus 1793.<br />

Das Wort tritt im Französischen heute auch bildungssprachlich allgemeiner auf; es ist hier<br />

möglicherweise auf dem Hintergrund der Produktivität <strong>des</strong> französischen Lehnsuffixes erneut<br />

und unabhängig lehngebildet.<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis (Index rerum et personarum) Papolatria est blasphemia Nominis Divini<br />

[...] (Z).<br />

Heidegger 1687 Mysterium Babylonis I, IX; 515 [Randglosse:] Christolatria & Papolatria, seu deportatio &<br />

gestatio Christi & Papa comparatur (Z).<br />

pyrolatria (1687) ‘Anbetung <strong>des</strong> Feuers’<br />

(zu griech. puqr,puroßw ‘Feuer’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildet als pejorative Bezeichnung <strong>für</strong> die als „mataiologißa“<br />

‘Irrlehre’ und „idololatria“ ‘Götzendienst’ (Pfeiffer) betrachtete Anbetung, Verehrung <strong>des</strong><br />

Feuers in den Religionen der alten Völker; bis heute in Nationalsprachen fachsprachlicher<br />

Terminus (Ethnologie, Religionswissenschaften) <strong>für</strong> Feuerkulte unterschiedlicher Kulturen.<br />

Das Wort tritt im Französischen heute auch bildungssprachlich allgemeiner auf; es ist hier<br />

möglicherweise auf dem Hintergrund der Produktivität <strong>des</strong> französischen Lehnsuffixes erneut<br />

und unabhängig lehngebildet.<br />

Pfeiffer 1687 Theologiae sive Mataiologißaw Judaïcae, Mohammed., Turcico-Persicae Principia INDEX I.<br />

veterum idololatria, pyrolatria (Z).<br />

ophiolatria (1698) ‘Schlangenanbetung’<br />

(zu griech. oäfiw ‘Schlange’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildet; pejorative Bezeichnung <strong>des</strong> angeblichen Schlangenkults<br />

der entsprechend Ophitae (Ophiten) genannten Anhänger einer meist als christlich angesehenen<br />

Sekte* (33) <strong>des</strong> 2. Jh.s; auch und vor allem später in Nationalsprachen Terminus historischer<br />

Wissenschaften (Religions-, Kunstwissenschaft) <strong>für</strong> Schlangenanbetung als Form<br />

heidnisch-antiker Tieranbetung und deren bildlicher Darstellung;<br />

Hofmann 1698 Lexicon Universale (ophiolatria) OPHIOLATRIA, Vide Serpens [dort: [...] inter ipsomet Christianos,<br />

iterum à nonnullis in cultum erectum, ut videre est in voce Ophitæ] (Z).<br />

Steindorff 1713 A et V / De OFIOLATREIAI [...] praeside M. Philippo Oleario [...] ad d. IX. DECEMBR. [...;<br />

andere Schreibweise statt: MDCCXIII] publice disseret Io. Fridericus Steindorff [publiziert Leipzig (1713)] (Titel)<br />

(Z).<br />

L. Poppius 1752 Dissertatio academica, de ophiolatria gentilium, quam [...] præside Carolo Friderico<br />

Mennander [...] horis diei XV. Decembr. a. m. solitis, anno MDCCLII [...] submittit Laurentius Poppius [...]<br />

[publiziert Åbo 1752] (Titel) (Z).<br />

zoolatria (1698) ‘Tieranbetung’<br />

(zu griech. zv#qon in seiner Bedeutung ‘Tier’)<br />

vermutlich im Neulatein lehngebildet; auch später in Nationalsprachen wie hier verwendet<br />

speziell zur Bezeichnung der Anbetung tiergestaltiger Götter in heidnisch-antiken Kulten.<br />

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28<br />

Das Wort tritt im Französischen heute auch bildungssprachlich auf im allgemeinen Sinne von<br />

‘Anhimmlung, Vergötterung von Tieren’; es ist hier möglicherweise auf dem Hintergrund der<br />

Produktivität <strong>des</strong> französischen Lehnsuffixes erneut und unabhängig lehngebildet.<br />

Hofmann 1698 Lexicon Universale (Artikel zoolatria) Zoolatria, seu cultus animalium, qui apud Ægyptios olim<br />

hodieque apud Indos, prodigiosè frequens est (Z).<br />

idiolatria (1715?) ‘Selbstvergötzung; Selbstanbetung’<br />

(zu griech. iädiow ‘eigen’)<br />

fraglich, ob schon im Neulatein lehngebildet* (34); zahlreich zwar mit dieser Form in neulateinischen<br />

Texten auftretend, aber als pejorative Bezeichnung in einer Bedeutung ‘Selbstvergötzung;<br />

Selbstanbetung’ nicht eindeutig nachweisbar; nach dem jeweiligen Kontext lässt<br />

sich in der Regel eine abweichende Form statt idol(ol)atria analysieren. Der Befund gilt bis<br />

heute auch <strong>für</strong> Nationalsprachen.<br />

Eine idio-Bildung der Bedeutung ‘Selbstvergötzung; Selbstanbetung’ als eine Form der Idolatrie<br />

(„idolâtrie de sa personne“, Dic. Français et Géographique 1836) ist aber seit dem früheren<br />

19. Jh. in Nationalsprachen tatsächlich nachgewiesen und gebucht; möglicherweise im<br />

Französischen lehngebildetes idiolâtrie dieser Bedeutung ist (zusammen mit der Personenbezeichnung<br />

und dem Adjektiv) in Buchungen <strong>des</strong> 19. Jh.s als Neologismus ausgewiesen, wie<br />

im BESCHERELLE 1856;<br />

Im Deutschen (und entsprechend in anderen Nationalsprachen) ist Idiolatrie der Bedeutung<br />

‘Selbstvergötzung; Selbstanbetung’ in gehobener, literarischer Sprache und in der Sprache<br />

unterschiedlicher Fachbereiche nachweisbar, findet sich aber nicht usuell und frequent in der<br />

Gemeinsprache (Bildungssprache) wie zum Beispiel in der Zeitungssprache; siehe hierzu die<br />

Ausführungen unter 3.1.3.2.1.<br />

bibliolatria (1793) ‘Bibelvergötzung’<br />

(mit bibli(o)- ‘Bibel-’; zu kirchenlat. biblia (Plural) ‘Bibel’, vgl. die Syntagmen Biblia Sacra<br />

‘die heiligen Bücher (der Bibel)’ und Biblia Pauperum ‘Armenbibel’, < griech. bißblow (biblißon)<br />

‘Buch’)<br />

bibliolatria ‘Bibel(wort)vergötzung; Wortgläubigkeit in der Bibelauslegung’ tritt erst auf unter<br />

den lehngebildeten pejorativen Kombinationen <strong>des</strong> jüngeren Neulatein der aufgeklärtkritischen<br />

Theologie und Philosophie <strong>des</strong> 18./19. Jh.s. Ihm scheint frühere, jeweils nationalsprachliche<br />

Lehn-Wortbildung vorausgegangen zu sein, wie schon engl. bibliolatry (1766)<br />

und Lessings Bibliolatrie, Titel eines theologischen Nachlassfragments von 1779.<br />

Im Französischen findet sich dann auch eine bildungssprachliche Kombination bibliolâtrie in<br />

der Bedeutung „amour excessif <strong>des</strong> livres“, die wohl unabhängig mit produktivem bibli(o)-<br />

‘Buch’ lehngebildet ist.<br />

Henke 1793 Lineamenta (Praefatio) 18-22 Tria autem, si quid video, sunt potissimum superstitionis genera [...].<br />

Primum [...], ideoque Christolatria quaedam, quae et ipsa propemodum genus aliquod idololatriae dici merebatur,<br />

existeret; [...]. [S. 19:] Deinde aliud superstitionis genus circa librorum sacrorum vsum versatur; bibliolatriam<br />

vocarim. [S. 22:] Huic igitur onomatolatriae in tradenda disciplina sacra magis adhuc renunciandum, et<br />

formularum ac phrasium in theologia technicarum explicatio in historiam dogmatum releganda est (Z).<br />

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29<br />

3.1.3 Entwicklungen in Nationalsprachen. Entlehnung – Lehn-Wortbildung als Produktivität<br />

und Defizit: Aufkommen eines bildungssprachlich produktiven französischen<br />

Lehnsuffixes bei fehlendem analogen Muster im Deutschen<br />

Die großen neuen Entwicklungslinien sind den Nationalsprachen <strong>des</strong> 16. Jh.s gemeinsam, die<br />

Ergebnisse einzelner Entwicklungen mehr oder weniger abweichend.<br />

Am Beispiel: Im Unterschied zum Französischen gibt es in der Sprachgeschichte <strong>des</strong> Deutschen<br />

bis heute zwar die Segmente |olatrie| und |olater| in meist fachsprachlichen Lehnwörtern,<br />

aber keine produktiven Lehn-Wortbildungseinheiten -(o)latrie und -(o)later.<br />

3.1.3.1 Allgemeine Entwicklungen im Französischen. Entlehnungs- und Lehn-<br />

Wortbildungsprozesse<br />

Konkurrenz und Einfluss <strong>des</strong> Lateinischen prägen, besonders seit dem 15. Jh., auch das Französische<br />

(„Dès le XIV e , mais surtout au XV e siècle [...] le français était entré dans une nouvelle<br />

voie, et avait commencé à subir profondément l’influence du latin.“ (Brunot, II, 1, 1<br />

(Considérations générales); S. 1)).<br />

Für die französischen Fachsprachen kommt es ebenfalls dann im Verlauf <strong>des</strong> 16. Jh.s, auch<br />

hier bedingt durch einen unbestreitbaren Benennungsbedarf (und „en présence de difficultés<br />

réelles d’expression“ (ebd., 3, 3 (Le fond savant: le grec et le latin dans la langue scientifique);<br />

S. 215)) einerseits zu einem Entlehnungsschub aus dem Reservoir der beiden klassischen<br />

Sprachen („[...] le moyen le plus simple de satisfaire à leurs besoins, c’était de prendre<br />

les mots tout faits, là où ils étaient, c’est-à-dire dans les langues anciennes [...].“ (ebd.)) und<br />

eben aus dem <strong>des</strong> entlehnenden und lehn-wortbildenden Neulatein. Andererseits ist auch das<br />

Französische der Zeit schon durch einen beträchtlichen Anteil an Lehn-Wortbildungsprodukten<br />

gekennzeichnet („Avec <strong>des</strong> éléments entièrement savants, on fait <strong>des</strong> mots que les<br />

langues anciennes n’ont pas connus. [...] Ces mots commencent, au XVI e siècle, à se rencontrer<br />

en nombre très considérable.“ (ebd., S. 239)). Literatur- und Fachsprache treffen sich hier<br />

(„[...] les hommes de lettres proprement dits, loin de détourner les techniciens d’inventer les<br />

mots, les y encourageaient plutôt par leurs doctrines et par leur exemple.“ (ebd. 3,1<br />

(Nécessité d’un développement nouveau du vocabulaire); S. 168). <strong>Diese</strong> sprachliche Brücke<br />

zwischen den Bereichen, später diskriminiert, kennzeichnet vor allem Person und Werk Rabelais’<br />

mit ihren Entlehnungen und überbordenden Lehn-Wortbildungsprodukten im literarischen<br />

Werk („Par son œuvre, Rabelais est un conteur, mais par ses origines, par sa vie, où le<br />

classer, sinon parmi les hommes d’érudition, de science, et, pour reprendre l’ancienne expression,<br />

de philosophie? Aussi, dans le pêle-mêle de son prodigieux vocabulaire, le plus riche<br />

peut-être que jamais Français ait manié, quel est l’art dont sa fantaisie n’a pas semé les termes<br />

à profusion? Ainsi la confusion se fût faite d’elle-même par la quasi-impossibilité où se trouvaient<br />

les hommes de faire deux parts en eux, et d’avoir, sans qu’aucune règle les y contraignît,<br />

un langage pour leurs écrits scientifiques, un autre pour leurs vers ou leurs discours ordinaires.“<br />

(ebd., S. 166f.); sein Stil der confusion der Sprachen und profusion der Neuwörter<br />

aller Art prägt die französische Sprache der Zeit („Dans le genre de prose le plus libre, semblait-il,<br />

de toute préoccupation technique, Rabelais entassa la plus extraordinaire collection de<br />

mots nouveaux qu’homme ait jamais jetée dans un livre. Latin, grec, hébreu même, langues<br />

étrangères, argot, patois, il emprunte partout, à toutes mains; et en même temps il forge noms<br />

et mots, dérive, compose, pour plaisanter ou sérieusement; tous les procédés, populaires ou<br />

savants, lui sont bons. On se figure quelle influence a pu avoir pareil exemple, effrayant par<br />

certains côtés, séduisant par d’autres, sur tous ceux qui écrivaient.“ (ebd., S. 169).<br />

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30<br />

Auf diesem Hintergrund, und zunächst wieder bei Rabelais selbst, treten auch mit -(o)lâtre<br />

lehngebildete Kombinationen in Texten <strong>des</strong> 16. Jh.s auf. Sie bleiben lange vereinzelt, und entsprechende<br />

-(o)lâtrie-Bildungen sind <strong>für</strong> die Zeit nicht nachweisbar.<br />

3.1.3.1.1 Französische Lehnwörter mit den Segmenten |olâtrie| und |olâtre| aus dem<br />

Griechischen (späterer Sprachstufen) und Neulateinischen <strong>des</strong> Bereichs der<br />

Theologie<br />

Auch im Französischen waren schon früh, und sind es bis heute, die aus dem Griechischen<br />

(späterer Sprachstufen) und Neulateinischen entlehnten theologischen und allgemein religionswissenschaftlichen<br />

Begriffe mit den Segmenten |olâtrie| und |olâtre| nachweisbar. Auf<br />

sie wird im Folgenden nicht mehr ausführlich eingegangen, Anmerkungen zum Auftreten dieser<br />

Wörter auch in den Nationalsprachen finden sich gegebenenfalls in den neulateinischen<br />

Wortartikeln unter 3.1.2.2.1.1 und 3.1.2.2.1.2 Verständlicherweise sind Begriffe speziell <strong>des</strong><br />

Reformationszeitalters auch in großen französischen Nachschlagewerken nicht ebenso kontinuierlich<br />

und zahlreich tradiert wie selbst in kleineren deutschen Wörterbüchern (vgl. die<br />

deutschen Buchungen in Pekrun 1933 und noch DUDEN GFWB 2000 sowie die Nachweise<br />

in Brückner/Sauter 1984), manche treten vermutlich nur in französischen Fachlexika in Erscheinung.<br />

Das in satirisch-theologischer Dichtung und theologischem Schrifttum der Frühen Neuzeit<br />

nachweisbare papelastre, papilatre bleibt ein vereinzeltes, vermutlich im Französischen selbst<br />

aufgekommenes Lehn-Wortbildungsprodukt <strong>des</strong> Bereichs; eine ältere neulateinische Bildung<br />

war jedenfalls bisher nicht nachweisbar; ausführlicher dargestellt ist das Wort im Zusammenhang<br />

mit Rabelais’ gastrolâtre unter 3.1.3.1.2.2, die Belege selbst sind aber unter 3.1.3.1.3<br />

der Gruppe 1 (fachsprachliche Wörter <strong>des</strong> theologischen Bereichs) zugeordnet.<br />

3.1.3.1.2 Herausbildung und Integration von bildungssprachlich produktivem, scherzhaftem/spöttischem<br />

bis abwertendem französischen -(o)lâtre ‘Anbeter,<br />

Anhimmler, maßloser Bewunderer’; ‘anbetend, anhimmelnd, maßlos bewundernd,<br />

vergötternd’ und -(o)lâtrie ‘Anbetung, Anhimmelung, maßlose Bewunderung,<br />

Vergötterung’ (Frühe Neuzeit, 19. Jahrhundert)<br />

3.1.3.1.2.1 Zur Kombinemproblematik – -(o)lâtre vs. -âtre (-astre) und -aste<br />

Ein Lehnsuffix -(o)lâtre (mit -(o)lâtrie) ist bis in die jüngere romanistische Sprachwissenschaft<br />

hinein nicht immer angenommen worden. Auf die Vermischung von ‘indigen’<br />

-französischem -âtre (-astre) und entlehntem, letztlich auf das Griechische zurückgehendem<br />

-(o)lâtre in Teilen der französischen Fachliteratur gehe ich nicht mehr ein. Dass auch Blochwitz/Runkewitz<br />

(1971, S. 123f.) -(o)lâtre-Bildungen <strong>des</strong> jüngeren Französisch unter der<br />

Wortbildungseinheit -âtre* (35) aufgeführt haben, sei kurz erwähnt, weil ihre Nachweise (<strong>für</strong><br />

bardolâtre (1963) und gaullâtre (1963)) in den folgenden Belegteil aufgenommen worden<br />

sind; → Gruppe 2 unter 3.1.3.1.3.<br />

Höfler (1972, S. 129, Anm. 15) hat zu -(o)lâtre-Kombinationen im Hinblick auf solche<br />

Gleichsetzung angemerkt, dass „all diese Formen zu Unrecht zu dem Suffix -âtre gerechnet<br />

werden.“ Orthographischer Einfluss von frz. -âtre (-astre) (afrz. -astre, lat. -aster) auf die<br />

Schreibungen ...lastre und ...lâtre in der Geschichte <strong>des</strong> Lehnsuffixes ist aber offensichtlich –<br />

und bleibend, siehe Nyrop (1936, III, 187., S. 103); er ist Symptom <strong>für</strong> die Verwechslung in<br />

der Wortproduktion und <strong>für</strong> die Gleichsetzung in der Wortanalyse. Die etymologisch korrekten<br />

Graphien ...latre (...latrie) haben sich <strong>für</strong> das französische Lehnkombinem bzw. entsprechende<br />

Segmente in Lehnwörtern nicht behauptet.<br />

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31<br />

Auf diesem Hintergrund kann im Einzelfall <strong>für</strong> Wörter der Sequenz ...lastre Deutungsbedarf<br />

aufkommen; <strong>für</strong> Balzacs scriptolastre beispielsweise wurde „= scriptolatre mit absichtlicher<br />

Verwechslung mit -aster.“ angenommen (Spitzer 1910, S. 128).<br />

Ganz auszuschließen ist <strong>für</strong> Wörter der Sequenz ...lastre – bei wie auch immer zu erklärenden<br />

/l/ – bei Bezeichnungen <strong>für</strong> Personen in ihren Tätigkeiten/Funktionen als Basen (pape/l/astre)<br />

Bildung nach dem Suffix -astre (-âtre) im Sinne von ‘minderwertige Abart <strong>des</strong> in der Basis<br />

Genannten’ vielleicht nicht. Produktivität von -aster (-astra) gerade im Neulatein der Frühen<br />

Neuzeit und Frequenz von einzelnen neulateinischen Bildungen (zum Teil bis heute frequente<br />

Lehnwörter auf |astr| in Nationalsprachen)* (36) legen nahe, diesen Aspekt zu berücksichtigen.<br />

Für weitere Verwirrung hat in der Geschichte der Wortbildung möglicherweise anhaltend gesorgt,<br />

dass umgekehrt im Neulatein auch eindeutige -aster (-astra)-Wörter nachzuweisen<br />

sind, deren Kombinationsbedeutungen ebenso eindeutig auf das „Semantische Paradigma“<br />

von * (37) und damit auch auf -(o)latr/ zu verweisen scheinen. Es handelt sich um<br />

eine weitere Gruppe von (in HOVEN 1994 aufgeführten) pejorativen -aster (-astra)<br />

-Bezeichnungen, nämlich von solchen <strong>für</strong> Anhänger, Parteigänger, Vertreter der in der Basis<br />

genannten Personen und Sachen/Sachverhalte (Tetzeliaster, -tri partisan de Tetzel (avec connot.<br />

péjor.): ap. LUTH., WA Br. I, n o 92, 17; tunicaster, -tri partisan de l’unité de l’Église:<br />

LUTH., WA Br. I, n o 174, 60; mot forgé par dérision au départ de l’expression tunica inconsutilis<br />

(Évangile selon Saint Jean, XIX, 23. – v. inconsutilista)); auch so könnte frühes<br />

(pape/l/astre) gedeutet werden; vgl. unter diesem Aspekt beispielsweise die Paraphrase von<br />

Blochwitz/Runkewitz (1971, S. 124) zu (dem ja von ihnen unter -âtre (-astre) eingeordneten)<br />

gaullâtre: „qui tire de plus en plus sur la ligne gaulliste“.<br />

Es wurde schon angemerkt (vgl. Anm. 35), dass das lateinische, im Neulatein dann produktive<br />

bildungssprachliche Suffix -aster, -astra dieser speziellen Bedeutungen/Verwendungen<br />

im Französischen nicht bewahrt und auch nicht als produktive Lehn-Wortbildungseinheit in<br />

andere Nationalsprachen eingegangen ist. Das Suffix entspricht damit in seiner mangelnden<br />

Weitergabe der im Neulatein produktiven Lehn-Wortbildungseinheit -(o)mastix, → unter 4.<br />

3.1.3.1.2.2 Aufkommen einer gering-produktiven französischen Lehn-Wortbildungseinheit<br />

-(o)lâtre in der Frühen Neuzeit<br />

Erste und zunächst vereinzelt gebliebene, als bildungssprachlich-literatursprachlich erscheinende<br />

französische Lehn-Wortbildung mit -(o)lâtre ist in der Frühen Neuzeit nachweisbar.<br />

Höfler (1972, S. 129, Anm. 17) verweist <strong>für</strong> die französische Lehn-Wortbildung auf „das dem<br />

Suffix zugrundeliegende Ausgangswort idolâtre“. Es dürfte <strong>für</strong> die Zeit und gerade ihre<br />

Wortschöpfer selbst wohl auch Einfluss <strong>des</strong> fachsprachlich-theologischen Neulateins mit seinen<br />

übrigen Lehnwörtern auf |olatra (olatres)|, |olatria| und seinen frühen Lehn-Wortbildungsprodukten<br />

auf -(o)latra, -(o)latria angenommen werden; vgl. die seit dem Spätlatein<br />

tradierten Lehnwörter anthropolatra, anthropolatria und vor allem das neulateinische Lehn-<br />

Wortbildungsprodukt artolatria ‘Brot-, Hostienvergötzung’ aus den Abendmahlskontroversen<br />

<strong>des</strong> Reformationszeitalters und der Nachreformationszeit.<br />

Wie es häufig in der Geschichte französischer Lehn-Wortbildungseinheiten der Fall ist, tritt<br />

auch -(o)lâtre schon bei RABELAIS auf.<br />

Spitzer (1910, S. 111) verzeichnet unter dem Rabelais’schen „-latre“ <strong>des</strong>sen Gastrola(s)tre –<br />

und weist auch darauf hin, dass das Suffix „heute noch produktiv ist“. Spitzers „noch“ bedarf<br />

allerdings einer Einschränkung insofern, als es eine in Wirklichkeit nicht vorhandene bil-<br />

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32<br />

dungssprachliche Lehn-Wortbildungs-Tradition vermuten lässt. Der Befund Spitzers trifft<br />

zwar <strong>für</strong> die Abfassungszeit seines Beitrag zu, aber -(o)lâtre und -(o)lâtrie sind erst im früheren<br />

19. Jh. in der französischen Bildungssprache tatsächlich produktiv geworden; → unter<br />

3.1.3.1.2.3.<br />

Rabelais’ Wortschöpfung steht noch erkennbar auf dem Hintergrund <strong>des</strong> theologischen bzw.<br />

im Bereich der Theologie verwendeten |olatra|/|olatria|- und -(o)later/-(o)latria-Wortschatzes.<br />

In seinem „Quart Livre“ sind Gaster, der (ambivalenten) Figur sprechenden Namens, die Gastrola(s)tres,<br />

die Idolatren, Götzendiener, falschen Anbeter <strong>des</strong> Bauches, die „adorateurs du<br />

ventre“ (Briefve Déclaration 1552), zugeordnet. Zum bösen Gefolge <strong>des</strong> Gaster zählen Manduce<br />

(Manducus), der antike Fresssack, der von Rabelais mit der alten französischen<br />

Schreckgestalt <strong>des</strong> Maschecroutte verglichen wird; die sprechenden -Namen aller<br />

werden im Zusammenhang mit frz. mâche- ausführlicher behandelt (Hoppe, ersch. demn.);<br />

zu frz. mâche- → hier schon die Anmerkungen unter 5.1.2.2 <strong>des</strong> Anhangs.<br />

Im 16. Jh. erscheint mit papelastre (papilatre), Substantiv (Personenbezeichnung), vereinzelt<br />

Adjektiv, eine weitere, vermutlich ebenfalls im Französischen selbst aufgekommene Kombination.<br />

Eine Deutung als -(o)lâtre-Kombination der Bedeutung ‘Götzendiener, falscher Anbeter<br />

<strong>des</strong> Papstes, der Römischen Kirche’, im Sinne von ‘Päpstler, Papist, Romanist’ im<br />

Deutsch der Zeit (siehe Lepp 1908, S. 67ff.), bzw. ‘die Götzendiener, falschen Anbeter <strong>des</strong><br />

Papstes, der Römischen Kirche betreffend, ihnen eigen, zugehörig; der falschen Anbeter <strong>des</strong><br />

Papstes’ erscheint nach den Belegkontexten als zutreffend. Das Neuwort papelastre findet<br />

sich auch in der Forschung entsprechend analysiert und dabei als Analogiebildung zu Rabelais’<br />

Gastrola(s)tres gedeutet. Chamay (2005) betrachtet in seiner kritischen Ausgabe der<br />

(von ihm Beza zugeschriebenen) antipapistischen „Satyres chrestiennes de la cuisine papale“<br />

(1560) das hier mehrfach auftretende Wort als „forgé d’après le néologisme gastrolastre [!],<br />

adorateur du ventre“ und gibt als Bedeutungsangabe an „Tous ceux qui «adorent» le pape“<br />

(Glossaire, unter dem Eintrag papelastre / s [!]). Die Kombination ist, in der Form papilatre,<br />

dann auch <strong>für</strong> eine theologische Schrift <strong>des</strong> niederländischen Calvinisten Philips van Marnix<br />

(Philippe de Marnix), eines Schülers von Calvin und Beza, nachgewiesen.<br />

Obwohl sie keine mehr oder weniger festen, die Kernpunkte der Lehren betreffenden Termini<br />

der Theologie im eigentlichen Sinne sind, gehören Personalbezeichnung bzw. Adjektiv papelastre<br />

(papilatre) und späteres nomen actionis papolâtrie zu den Wörtern <strong>des</strong> theologischen<br />

Bereichs (→ 3.1.3.1.1); die Belege sind unter 3.1.3.1.3 Gruppe 1 der fachsprachlichen, nicht<br />

Gruppe 2 der bildungssprachlich-literatursprachlichen Wörter zugeordnet. Denn sie beleuchten,<br />

gerade in Virets (oder Bezas?) literarischem Werk „Satyres chrestiennes de la cuisine papale“,<br />

den Kampf der reformatorischen Theologie gegen das Papsttum, hier die Kritik an der<br />

übermäßigen Verehrung <strong>des</strong> Papstes; vgl. in (späteren) neulateinischen Belegen Papolatria<br />

est blasphemia Nominis Divini (1687), Christolatria & Papolatria, seu deportatio & gestatio<br />

Christi & Papa comparatur (1687), dazu die Buchung Papolatria, heisset die Verehrung <strong>des</strong><br />

Römischen Pabstes, in so fern ihm von einigen göttliche Ehre erzeiget wird (1740) im Deutschen.<br />

3.1.3.1.2.3 Aufkommen der produktiven französischen Lehn-Wortbildungseinheiten<br />

-(o)lâtre und -(o)lâtrie im 19. Jahrhundert<br />

Für die eigentliche Herausbildung und Integration von -(o)lâtre und -(o)lâtrie als produktive<br />

Lehn-Wortbildungseinheiten sind im 19. Jh. die auch bildungssprachlich längst integrierten<br />

und frequenten französischen Lehnwörter idolâtre und idolâtrie sicher die Leitwörter gewesen,<br />

aber die Rabelais’sche Tradition der Gastrola(s)tres hat dann ihrerseits zu dieser Zeit und<br />

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33<br />

auf einen der neuen Wortschöpfer ihre besondere Wirkung gehabt (Balzac, scriptolastre,<br />

1832-1837).<br />

Das Lehnsuffix -(o)lâtre (-(o)lâtrie) ist seit dem früheren 19. Jh. als zunehmend produktive<br />

Einheit der Bildungssprache zur älteren bedeutungsähnlichen bildungssprachlichen Lehn-<br />

Wortbildungseinheit -(o)phil/ie getreten.<br />

-(o)lâtre findet sich wieder bei Balzac, auf den Spuren von Rabelais’ Gastrola(s)tres folgerichtig<br />

in seinen „Contes drôlatiques“ (1832-1837), dem Rabelais-Pastiche; wenn man der<br />

Interpretation Spitzers folgt, ist das Balzac’sche scriptolastre ein „scriptolatre mit absichtlicher<br />

Verwechslung mit -aster.“ (Spitzer 1910, S. 128)). Im Prolog zum Zweiten Zehnt der<br />

„Contes drôlatiques“ sind mit dem scriptolastre und den scriptophiles der anschließenden<br />

Passage schreibfreudige Dichterlinge bezeichnet, die den von der Natur so sparsam erzeugten<br />

guten Erzählern entgegengesetzt werden. (Der deutsche Übersetzer hat mit Schreiberling<br />

wohl eher ein bloßes -astre ohne ein -(o)lâtre zum Ausdruck gebracht; die Balzac’schen<br />

scriptophiles dieses Prologs sind bewahrt (S. 298, Ein armer Skriptophile)). Das Auftreten<br />

einer frühen -(o)lâtre-Kombination bei Balzac müsste aber nicht auf die „Contes drôlatiques“<br />

beschränkt sein: „Ein merkwürdiges Phänomen ist es, daß B. auch in nicht in beabsichtigter<br />

Nachahmung R.’s verfassten Romanwerken Einwirkung <strong>des</strong> von ihm verehrten Meisters in<br />

der Wortbildung zeigt.“ (Spitzer 1910, S. 141). In Balzacs Abhandlung über moderne<br />

Rauschmittel von 1839 finden sich denn auch Nachweise <strong>für</strong> weitere und nun eindeutige<br />

-(o)lâtre-Kombinationen, wie alcoolâtre und tabacolâtre. Sie bezeugen die beginnende französische<br />

Produktivität <strong>des</strong> bildungssprachlichen Lehnsuffixes -(o)lâtre (-(o)lâtrie).<br />

Seit dem früheren 19. Jh. (1830ff.) sind lehngebildete -(o)lâtre-/-(o)lâtrie-Kombinationen belegt,<br />

die aufgrund ihrer kulturellen Bedeutung und in Anbetracht ihrer allgemeinen Verbreitung<br />

im 19. Jh. eindeutiger noch als die Balzac’schen Lehn-Wortbildungsprodukte als entscheidend<br />

<strong>für</strong> das Aufkommen einer produktiven bildungssprachlichen französischen Lehn-<br />

Wortbildungseinheit betrachtet werden können, nämlich hugolâtre/hugolâtrie (zu (Victor)<br />

Hugo). <strong>Diese</strong> zahlreich belegten und bis heute in französischen Wörterbüchern gebuchten<br />

lehngebildeten -(o)lâtre-/-(o)lâtrie-Kombinationen sind, neben den Teilsynonymen hugophile<br />

und hugophilie, polemische Bezeichnungen der „Klassiker“ <strong>für</strong> die Anhänger Victor Hugos<br />

bzw. ihren Hugo-Kult, Zeugniswörter der Zeit <strong>für</strong> den Kampf gegen die Romantische Schule<br />

und deren Vertreter Victor Hugo. Die Gebrauchsüblichkeit von hugolâtre als polemische Bezeichnung<br />

aus dem Lager der Anti-Romantiker und seine provokante Übernahme durch die<br />

„Romantiker“ quasi als Ehrentitel (... se glorifiaient de ce titre) ist bezeugt in den „Souvenirs“<br />

von Challamel (1885); → zu diesen Kombinationen wenigstens einige Belege und Buchungen<br />

aus 1830, 1869, 1882, 1885, 1923, vor 1936, 1991 (4).<br />

Überblick über die Bedeutung und Verwendung von -(o)lâtre und -(o)lâtrie<br />

Mit -(o)lâtre werden scherzhaft/spöttisch bis abwertend Personen als solche bezeichnet, die<br />

sich gegenüber den in der Basis genannten Sachen/Sachverhalten und vor allem gegenüber<br />

Personen und Personengruppen besonders der Kultur und Politik (auch in ihren Tätigkeiten<br />

und Funktionen) in übertriebener Vorliebe quasi als Anbeter, Anhimmler, maßlose Bewunderer<br />

(anbetend, anhimmelnd, maßlos bewundernd, vergötternd) verhalten (cinélâtre, gastrolâtre,<br />

modernolâtre, murolâtre, musicolâtre, photographolâtre, poticholâtre; francolâtre, hispanolâtre,<br />

mitterrandolâtre, scribolâtre, tsarolâtre, wagnérolâtre).<br />

Als Beziehungswörter <strong>für</strong> charakterisierende -(o)lâtre-Adjektive treten neben den usuellen<br />

Personennamen und Personen(gruppen)bezeichnungen auch Bezeichnungen <strong>für</strong> (von Personen<br />

getragene) Sachen/Sachverhalte auf (le tontonolâtre Pascal Sevran vs. articles<br />

stalinolâtres, déferlement gaullâtre).<br />

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34<br />

Mit -(o)lâtrie werden scherzhaft/spöttisch bis abwertend übertriebene Vorlieben quasi im<br />

Sinne einer Anbetung, Anhimmelung, maßlosen Bewunderung, Verehrung, Vergötterung gegenüber<br />

den in der Basis genannten Sachen/Sachverhalten und vor allem gegenüber Personen(gruppen)<br />

bezeichnet (cinélâtrie, statolâtrie; américanolâtrie, bardolâtrie, gaullâtrie, giscardolâtrie,<br />

maolâtrie, tontonolâtrie). Mit der Konzentration auf Personen(gruppen) als<br />

Basen weist -(o)lâtrie Verwendungsunterschiede im Vergleich zu teilsynonymem jüngeren<br />

-ite* (39) auf, das als bildungssprachliche Lehn-Wortbildungseinheit eine übertriebene, fast<br />

krankhafte Sucht meist im Hinblick auf Sachen/Sachverhalte zum Ausdruck bringt.<br />

-(o)lâtre und -(o)lâtrie sind textsortenübergreifend, aber besonders zeitungssprachlich (Satirische<br />

Presse) in Kombinationen nachgewiesen. -(o)lâtre tritt hier ein zur Bildung von scherzhaften/spöttischen<br />

bis abwertenden Bezeichnungen (Charakterisierungen) <strong>für</strong> Anhänger der in<br />

der Basis genannten Personen vor allem aus dem Bereich der Politik. In jüngerer Zeit findet<br />

es sich beispielsweise stereotyp in Bezeichnungen (Charakterisierungen) von Anhängern<br />

François Mitterrands in <strong>des</strong>sen Ära und der Nach-Mitterrand-Zeit (mitterrandolâtre, auch tontonolâtre,<br />

zu kindersprachlichem tonton ‘Onkel’ als Mitterrands Spottnamen, neben tontonophile<br />

und tontonmaniaque).<br />

Zu einer Analyse der aufsteigenden Konnotation von -(o)phile – -(o)lâtre – -(o)mane im<br />

„Semantischen Paradima“ von sei auf den auch sprachreflexiven Beleg (Gruppe 2)<br />

aus 1854 (1) verwiesen:<br />

Charivari 12.9.1854 La potichomanie (Überschr.) / – Etes-vous potichomane? – Non, monsieur, mais je suis<br />

potichophile, ce qui est bien différent. / – Vous trouvez ? / – Parbleu! En ma qualité de potichophile j’aime les<br />

potiches, cela est vrai, mais mon amour ne va pas jusqu’à la folie, jusqu’à la monomanie... / Dans toutes les<br />

choses humaines il y a trois degrés. Le premier degré se termine en phile. / Le second en lâtre. / Le troisième en<br />

mane. / Le phile est celui qui aime; russophile (qui aime les Russes, se dit de l’Assemblée nationale). / Le lâtre<br />

est celui qui adore, qui professe un culte; idolâtre, celui qui adore <strong>des</strong> idoles... / Le mane est celui qui est arrivé<br />

au paroxysme de la philie et de la lâtrie (Höfler 1972, S. 69) (Z).<br />

Durchgehalten ist diese aufsteigende Folge im weiteren Text selbst dann nicht (1854 (2)).<br />

Dort, wo eine angewandte „règle <strong>des</strong> trois adjectifs“ Grade der Anhimmelung, Bewunderung<br />

und Vergötterung ausdrückt, treffen diese Lehnkombineme -(o)phile (oder altes -(i)cole) –<br />

-(o)lâtre – -(o)mane als drei Partnereinheiten in teilsynonymen Kontext-Kombinationen zusammen,<br />

wie in négrophile, négromane, négrolâtre (1835); photographiles, photographomanes<br />

et photographolâtres (1854); gaullâtre [...] gaullophiles, gaullomaniaques ou gaullophobes<br />

(1990 (5)) (Belege jeweils aus Gruppe 2); papicoles, papilatres, papimanes (1599)<br />

(Beleg aus Gruppe 1).<br />

3.1.3.1.3 BELEGE (Register)<br />

Gruppe 1 der Belege umfasst die alten Lehnwörter <strong>des</strong> theologischen Bereichs (und möglicherweise<br />

im Französischen lehngebildetes papolâtre mit späterem papolâtrie), wie sie im<br />

Französischen <strong>des</strong> 20./21. Jh. wenigstens teilweise in größeren Nachschlagewerken zur französischen<br />

Sprache, aber im Unterschied zum Deutschen kaum in weniger umfangreichen<br />

Wörterbüchern lemmatisiert sind.<br />

Ihre eindeutig erscheinenden bildungssprachlichen Verwendungen sind im Folgenden mit *<br />

markiert (idolâtrie), Zweifelsfälle, die sich in Anbetracht von erreichter Musterproduktivität<br />

und <strong>des</strong>halb jeweils erneuter, unabhängiger Bildungsmöglichkeit ergeben, mit * (?) (nlat. Mariolatria,<br />

frz. mariolâtrie in den Belegen aus 1845 (3) und 2004 (1); nlat. zoolatria ‘Anbetung<br />

tiergestaltiger Götter’ und gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes frz. zoolâtrie in den Nachweisen<br />

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35<br />

aus 1721(ff.) vs. frz. zoolâtrie ‘übertriebene Begeisterung <strong>für</strong> Tiere’ (übertragen oder erneut<br />

bei anderer Bedeutung lehngebildet?) in den Nachweisen aus 1970(ff.).<br />

Die Belegübersicht erfolgt ohne Wortartikel fortlaufend chronologisch. Anmerkungen zu Nationalsprachen<br />

finden sich gegebenenfalls schon innerhalb der Wortartikel zum Neulatein; →<br />

die Register.<br />

Unterschiede zum Deutschen soll auch der französische Belegteil dokumentieren; <strong>des</strong>halb<br />

sind mit Schwerpunkten in ihrer Wortverwendungsgeschichte Belege zu den französischen<br />

Lehn- und Leitwörtern idolâtre und idolâtrie (mit idolâtrer) gebracht, die keine vergleichbare<br />

Integrations- und Wortgeschichte im Deutschen aufzuweisen haben.<br />

Gruppe 2, bildungssprachliche Lehn-Wortbildungsprodukte <strong>des</strong> Französischen, nimmt den<br />

zentralen Platz ein. Belege und Buchungen dokumentieren vor allem die Zeit der Herausbildung<br />

und Integration der Lehn-Wortbildungseinheiten -(o)lâtre und -(o)lâtrie. Als beispielhaft<br />

<strong>für</strong> deren Verwendung in der Zeitungssprache (besonders in der Satirischen Presse) sind<br />

die Kombinationen mitterrandolâtre (tontonolâtre) und mitterrandolâtrie (tontonolâtrie)<br />

zahlreicher aufgeführt.<br />

Gruppe 1<br />

Alphabetisches Register<br />

Die Bildungen sind nur ausdrucksseitig und unter vereinheitlichter Schreibform erfasst, auf<br />

semantische Unterschiede wird gegebenenfalls im Artikel zum Neulatein hingeweisen, nicht<br />

in der folgenden Liste. Die Verweise erfolgen jeweils auf neulateinische Lehnwörter aus dem<br />

Spät- und Byzantinisch-Griechischen () unter 3.1.2.2.1.1 und auf neulateinische<br />

(vereinzelt nationalsprachliche?) Lehn-Wortbildungsprodukte unter 3.1.2.2.1.2<br />

angélolâtr/, → angelolatria (1617), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

anthropolâtr/, → anthropolatria (1536), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

artolâtr/, → artolatria (1540), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

astrolâtr/, → astrolatria (1663), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

bibliolâtr/, → bibliolatria (1793), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.), unter 3.1.3.2.1 (engl., 1766)<br />

Christolâtr/, → Christolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.1 () und 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

démonolâtr/, → daemonolatria (1595), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

hagiolâtr/, → hagiolatria (1656), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

héliolâtr/, → heliolatria (1668), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

iconolâtr/, → iconolatria (1564), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

idiolâtr/, → idiolatria (1715)?, unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

idol(ol)âtr/, → idol(ol)atria, unter 2.1 (zentraler Artikel) ()<br />

ktistolâtr/, → ctistolatrae (1686), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

logolâtr/, dt. (?) (1792), → unter 3.1.3.2.3<br />

Mariolâtr/, → Mariolatria (vor 1570), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

monolâtr/, dt. (?) (1830), → unter 3.1.3.2.3<br />

onolâtr/ , → onolatria (1668), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

onomatolâtr/, → onomatolatria (1686), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

ophiolâtr/, → ophiolatria (1698), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

papolâtr/, → papolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

phthartolâtr/, → phthartolatrae (1569), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

pyrolâtr/, → pyrolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

staurolâtr/, → staurolatrae (1553), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

théolâtr/, → theolatria (1664), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

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Hoppe: Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters (OPAL 1/2014)<br />

36<br />

uranolâtr/, → uranolatria (1668), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

zoolâtr/, → zoolatria (1698), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Chronologisches Register<br />

Der Belegteil folgt diesem chronologischen Register.<br />

1268 idolâtr/<br />

1560 papolâtr/<br />

1566 artolâtr/ (?)<br />

1633 anthropolâtr/<br />

1660 staurolâtr/<br />

1701 iconolâtr/<br />

1719 angelolâtr/<br />

1721 zoolâtr/<br />

1757 démonolâtr/<br />

1776 idiolâtr/ (?)<br />

18?? pyrolâtr/<br />

1833 ophiolâtr/<br />

1835 ktistolâtr/<br />

1835 phthartolâtr/<br />

1845 héliolâtr/<br />

1845 Mariolâtr/<br />

1845 onomatolâtr/<br />

1846 Christolâtr/<br />

1852 astrolâtr/<br />

1852 theolâtr/<br />

1853 uranolâtr/<br />

1857 bibliolâtr/<br />

1878 hagiolâtr/<br />

1920 monolâtr/<br />

1970 logolâtr/<br />

1996 onolâtr/<br />

1268ff. / TLFi idolâtre Adj., fachspr. theol. 1268, Subst. 1530; bildungsspr., Adj. 1567 --- idolâtrer fachspr.<br />

theol. 2. Hälfte 14. Jh.; bildungsspr. 1547-49 --- idolâtrie wohl fachspr. theol. ca. 1170 als ydolatie [!] in der<br />

Bed. ‘idole’, idolâtrie bildungsspr. Ende 13. Jh. («culte rendu à qqc.»), fachspr. theol. 1310 («adoration <strong>des</strong><br />

idoles») --- idolâtrique [Beispiele, Belege und Quellen verweisen auf eine fachspr. theol. Verwendung] 1560<br />

[dieser kurze Überblick folgt den Artikeln <strong>des</strong> TLFi zu idolâtre, idolâtrer, idolâtrie und idolâtrique mit ihren<br />

jeweils umfangreichen, beleg- und quellengestützen, semantischen und etymologisch-wortgeschichtlichen Darstellungen]<br />

(Z).<br />

Calvin 1543 (1921) Traité <strong>des</strong> reliques 114/15 Voilà les beaux fondements qu’ils ont pour persuader le peuple à<br />

idolâtrer. Car ils n’ont pas été contents de séduire et abuser les simples, en montrant du bois commun au lieu du<br />

bois de la croix; mail ils ont résolu qu’il le fallait adorer, qui est une doctrine diabolique [hier und in den folgenden<br />

Belegen ohne Anm. und Übers. <strong>des</strong> Hg.] (Z).<br />

Calvin 1543 (1921) Traité <strong>des</strong> reliques 185/86 A Poitiers, il y a deux églises qui se combattent du corps [de]<br />

saint Hilaire [...]; le procès en est pendant au crochet, jusques à ce qu’on en fasse visitation. Cependant les idolâtres<br />

seront contraints d’adorer deux corps d’un homme (Z).<br />

Calvin 1543 (1921) Traité <strong>des</strong> reliques 191 c’est une idolâtrie exécrable d’adorer relique aucune, quelle qu’elle<br />

soit, vraie ou fausse (Z).<br />

Bèze (Beza) 1559 Confession de la foy chrestienne 304 Or, d’adorer du pain, c’est vne vraye idolatrie (Z).<br />

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37<br />

Viret (?) 1560 Satyres 3 (Au lecteur) [...] les graues & excellens traitez, qui demonstrent plus clair que le iour les<br />

erreurs & abus de ces Papelastres [→ späteres nlat. papolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.2] (Z).<br />

Viret (?) 1560 Satyres 79 (Satyre VI) O quatre-temps ! o Vendredis ! / O Vigiles ! O Samedis! / O qu’elle est<br />

maigre l’ordonnance / De la culinaire abondance, / Et <strong>des</strong> Papelastres seruices, / Ieusnes aux barbes d’ecreuices<br />

(Z).<br />

Viret (?) 1560 Satyres 91 (Satyre VI) O peuple sot, peuple testu, / Scais-tu bien a quoy tu consens ? / Approchezvous,<br />

o innocens, / [...] Pour seruir a ce grand Galaffre / Apres disner de Peauristes, / Histrions, Ludions, Cheristes<br />

[...] [Randglosse:] Fideles innocens seruent de plaisir a ces Papelastres (Z).<br />

Viret (?) 1560 Satyres 114 (Satyre VII) N. M. / Il m’est auis qu’il n’est que d’estre. / Bon pain, bon vin, & bon<br />

potage, / Sont le soulas d’vn homme sage. [Randglosse :] Devise emprūtée de Sardanapale, par les papelastres<br />

(Z).<br />

Calvin 1566 (?) (1611) Claire exposition (Übers.) (Petis Traictez Sp. 2015) [Randglosse:] 8. De l’adoration du<br />

pain. [Text:] le crime d’artolatrie, c’est à dire, d’adoration du pain [Nähere Angaben im Zusammenhang von<br />

Calvins lateinsprachiger „Dilucida explicatio“ unter 7.1, mit Anm. 98] (Z).<br />

Ph. de Marnix 1599 Tableau <strong>des</strong> différends de la Religion (Höfler 1972, S. 133) Devots papicoles, papilatres,<br />

papimanes (Z).<br />

Aubertin 1633 L’Eucharistie de l’ancienne Eglise, Chap. III, 513 que l’adoration de Christ fust vne anthropolatrie,<br />

ou adoration d’homme, que la manducation de Christ au Sacrement, fust vne anthropophagie [Zitat oder<br />

zitathafte Wiedergabe] (Z).<br />

Davity 1660 Le monde (Table Generale <strong>des</strong> Matieres) Staurolâtres (Z).<br />

1701 / N. P. ROBERT 2009 iconolâtre [...] grec ecclésiastique eikonolatrês [...] Personne qui rend un culte à <strong>des</strong><br />

images (nom donné aux catholiques par les iconoclastes) [...] (Z).<br />

Du Pin 1719 Auteurs separez de la communion de l’Eglise Romaine II, 103 Jean Olivier* (40), du Païs de Stormaren<br />

en Holsace [...] / Ouvrages. / [...] L’Angelolatrie [...] (Z).<br />

* (?) 1721, 1970 / TLFi zoolâtrie [...] Étymol. et Hist. 1721 «adoration d’animaux divinisés» (Trév.); 1970 p. ext.<br />

«goût excessif pour les animaux» (HUSSON) [...] (Z).<br />

Voltaire 1757 Essay sur l’histoire générale VI, 234 (Anm.) Nicolas Remi dans sa Démonolâtrie [→ Beleg aus<br />

1998] (Z).<br />

1769 / N. P. ROBERT 2009 iconolâtrie [...] de iconolâtre [...] Culte, adoration <strong>des</strong> images (Z).<br />

Girard de Villethierry 1776 Vierges 135 Ils n’ignorent pas dans quel malheur les délices de la table & la bonne<br />

chere jetterent autrefois les Israëlites [...], parce que c’étoit alors que les Israëllites [!] avoient offensé Dieu par<br />

une honteuse idiolâtrie [!?; zur Problematik (<strong>des</strong> Aufkommens) dieser Bildung → die Ausführungen unter nlat.<br />

idiolatria (1715 ?) in 3.1.2.2.1.2, dazu Anm. 34; → im Folgenden die Markierung als Neologismus im BES-<br />

CHERELLE von 1856] (Z).<br />

Penhouet 1833 De l’Ophiolâtrie ou culte du serpent, appliquée à l’explication <strong>des</strong> monuments de Carnac et <strong>des</strong><br />

monuments <strong>des</strong> arts de la Grèce et de Rome, dans lesquels figure le serpent [...], Nantes 1833 (Titelei) (Z).<br />

Matter 1835 Hist. universelle de l’église chrétienne IV (Table alphabétique) Ktistolatres (Z).<br />

Matter 1835 Hist. universelle de l’église chrétienne IV (Table alphabétique) Phthartolâtres (Z).<br />

Dic. Français et Géographique 1836 idiolâtre, s. et adj. Egoïste, qui n’aime que soi. idiolâtrie, s.f. Égoïsme,<br />

amour propre <strong>des</strong>ordonné, idolâtrie de sa personne (Z).<br />

*Balzac 1837-1843 (1961) Illusions perdues I, 31 l’un <strong>des</strong> deux aimait avec idolâtrie (Z).<br />

*Balzac 1837-1843 (1961) Illusions perdues I, 154 Monsieur de Cante-Croix avait une mère qu’il idolâtrait (Z).<br />

1845 Annales de philosophie chrétienne XII, 274 On nous accuse, nous autres catholiques de l’avoir [cet être]<br />

déifié; - on nous oppose sans cesse le reproche d’adoration de Marie, de mariolâtrie (Z).<br />

Leibnitz 1845 Système de théologie (Übers.) 87 c’est encore ainsi que quelques païens croyaient qu’en portant la<br />

statue d’un Dieu on obtenait d’heureux succès. Ils ont été imités en cela [...] par les Juifs dans <strong>des</strong> noms écrits ou<br />

prononcés, et c’est une iconolâtrie ou une onomatolâtrie (Z).<br />

Mickiewicz 1845 L’église officielle et le messianisme I, 245 les rites de l’héliolâtrie (Z).<br />

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38<br />

* (?) Proudhon 1846 Système <strong>des</strong> contradictions écon. I, 351 L’homme, perfectible et faillible, ne satisfait point<br />

aux conditions de divinité qu’il est de la nature de son esprit de concevoir. Ni il n’est Dieu, ni il ne saurait, vivant,<br />

devenir Dieu. À plus forte raison le chêne, le lion, le soleil, l’univers lui-même, scissions de l’absolu, ne<br />

sont Dieu. Du même coup, l’anthropolâtrie et la physiolâtrie sont renversées (TLFi, Artikel -lâtre, -lâtrie, élém.<br />

formants) [physiolâtrie ist unter Gruppe 2 eingeordnet] (Z).<br />

1846 / TLFi (Artikel Christ) [...] Christolâtrie [...]. Adoration du Christ (dans le langage de ceux qui ne croient<br />

pas à sa divinité). La religion de Jésus est plus belle encore que la christolâtrie, sacrilège pieux que Jésus n’a<br />

point voulu (AMIEL, Journal intime, 1866, p. 86). – 1 re attest. 1846 (PROUDHON, Système <strong>des</strong> contradictions<br />

écon., t. 1, p. 9) [...]. Angl. christolatry, 1819 ds NED. – Freq. abs. littér.: 2 (Z).<br />

Comte 1852 Système de politique positive II, 89 C’est d’une telle théocratie beaucoup plus que de la théologie et<br />

théolâtrie correspondantes, que dépend réellement l’ensemble de l’initiation humaine après la décadence du<br />

fétichisme (Z).<br />

1852 / TLFi (Artikel astro-, élément préf.) astrolâtrie (Z).<br />

Metz-Noblat 1853 Phénomènes économiques 75 cette uranolâtrie qui précéda tout à la fois l’ère de Confucius et<br />

l’introduction du bouddhisme (Z).<br />

*Charivari 12.9.1854 La potichomanie (Überschr.) / – Etes-vous potichomane? – Non, monsieur, mais je suis<br />

potichophile, ce qui est bien différent. / – Vous trouvez ? / – Parbleu! En ma qualité de potichophile j’aime les<br />

potiches, cela est vrai, mais mon amour ne va pas jusqu’à la folie, jusqu’à la monomanie... / Dans toutes les<br />

choses humaines il y a trois degrés. Le premier degré se termine en phile. / Le second en lâtre. / Le troisième en<br />

mane. / Le phile est celui qui aime; russophile (qui aime les Russes, se dit de l’Assemblée nationale). / Le lâtre<br />

est celui qui adore, qui professe un culte; idolâtre, celui qui adore <strong>des</strong> idoles... / Le mane est celui qui est arrivé<br />

au paroxysme de la philie et de la lâtrie (Höfler 1972, S. 69) (Z).<br />

BESCHERELLE 1856 idiolâtrie, s.f. Néol. Culte qu’on se rend à soi-même. Egoïsme fanatique, converti en religion.<br />

[...] idiolâtrique [...]. Qui appartient à l’idiolâtrie (Z).<br />

1857 Biographie universelle 1843ff. (unter Henke (Henri-Philippe-Conrad)) [Heinrich Philipp Konrad Henkes<br />

(1752-1809) lateinsprachiges Werk „Lineamenta institutionum fidei christianæ“ (1793 (1795)] ouvrage dont le<br />

but est d’éliminer de la théologie chrétienne toute doctrine étrangère aux théories de religion rationelle accréditées<br />

dans les écoles de Leibnitz et de Wolf. Dans la préface il s’élève contre ce qu’il appelle deux erreurs ou superstitions<br />

pernicieuses, la Christolatrie, ou l’adoration superstitieuse de Jesus-Christ, et la Bibliolatrie, ou la<br />

vénération exagérée pour la lettre de l’Écriture sainte (Z).<br />

1866 LAROUSSE DIC. UNIVERSEL DU XIX e S. 1866ff. ARTOLÂTRE s. m. [...]. Adorateur du pain. Terme de<br />

dénigrement, appliqué par <strong>des</strong> sectes dissidentes aux catholiques, qui croient à la présence réelle de Jésus-Christ<br />

dans l'hostie. ARTOLÂTRIE s. f. [...] (Z).<br />

Girard de Rialle 1878 Mythologie comparée 224 Mille autres traits de même nature peuvent se rencontrer dans<br />

l’hagiolâtrie chrétienne (Z).<br />

19. Jh. / TLFi (Artikel pyr(o)-) pyrolâtrie [...] antiq. Adoration, culte du feu. (Dict. XIX e s.) (Z).<br />

* (?) 19. Jh. / GR. ROBERT 2001 bibliolâtre n. et adj. - XIX e , dazu : bibliolâtrie, ebenfalls 19. Jh. (Z).<br />

* (?) 19. Jh. / TLFi (Artikel bibli(o)-) bibliolâtrie [...] «Amour excessif <strong>des</strong> livres ou attachement servile au texte<br />

de la Bible» (attesté dans Lar. 19 e , Lar. 20 e , LITTRÉ, GUÉRIN 1892; seul bibliolâtre est attesté dans Lar. encyclop.,<br />

QUILLET 1965) (Z).<br />

1920 / TLFi (Artikel mon(o)-, élém. formant) monolâtrie (Z).<br />

*Proust 1921-23 Sodome et Gomorrhe (II) (Recherche X, 251) pères idolâtres (Z).<br />

* (?) 1948 Epitres d’un imprimeur bibliolâtre à de vrais bibliophiles et à <strong>des</strong> bibliophiles qui s’ignorent & Les<br />

règles qui conditionnent le beau livre typographique (Les Bibliolâtres de France) (Titel) (1992 Librairie de<br />

L’Amateur Nr. 15, S. 53) (Z).<br />

P. LAROUSSE 1967 zoolâtre n. Adorateur <strong>des</strong> animaux. / zoolâtrie n. f. [...] Adoration <strong>des</strong> animaux: L’Egypte<br />

pratiquait la zoolâtrie (BG zo(o)-).<br />

1970 / TLFi (Artikel log(o)-, élém. formant) logolâtrie (Z).<br />

* (?) 1721, 1970 / TLFi zoolâtrie [...] Étymol. et Hist. 1721 «adoration d’animaux divinisés» (Trév.); 1970 p. ext.<br />

«goût excessif pour les animaux» (HUSSON) [...] (Z).<br />

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39<br />

* (?) L’Express 1.1.1973 Une surprenante crise de zoolâtrie. Jamais tant d’animaux n’envahirent nos écrans (BG<br />

zo(o)-, aus GR. ROBERT 1985).<br />

* (?) Canard 21.10.1992 la mise à l’Index [...] de toute l’œuvre de Balzac, lui tellement jésuitolâtre! «La papolâtrie<br />

commence», souligne Lacouture [Jean Lacouture, „Jésuites. Les revenants“] [jésuitolâtre ist unter Gruppe 2<br />

eingeordnet] (Z).<br />

*Le Monde (Télévision) 29./30.5.1994 (Leserbrief) les v. o.-idolâtres n’ont pas de mots assez durs ni assez méprisants<br />

pour insulter ceux qui ne partagent pas leur noble exigence d’authenticité dans la diffusion <strong>des</strong> films<br />

étrangers (Z).<br />

Faivre 1996 L’idée de Dieu chez les Hébreux noma<strong>des</strong>: une monolâtrie sur fond de polydémonisme, Paris [u.a.]<br />

1996 (nach der Titelei) (Z).<br />

Ricoux 1996 Des chrétiens accusés d’onolâtrie à Carthage (Titel) (In: Lalies. Actes <strong>des</strong> sessions de linguistique<br />

et de littérature, 16. (Carthage 1995)) (Z).<br />

Rémy 1998 La démonolâtrie (Titel) [texte établi et traduit à partir de l’édition [latine] de 1595 par Jean Boës,<br />

Presses Universitaires de Nancy] (Z).<br />

* (?) Le Monde (Télévision) 21./22.1.2001 (Leserbrief) Les auditeurs ne sont pas tous papidolâtres [Jean-Paul II]<br />

(Z).<br />

*Le Monde 18.12.2003 unis par un amour sans idolâtrie <strong>des</strong> Beatles (Z).<br />

* (?) Le Monde 14.8.2004 Jean Paul II et Marie: histoire d’une passion (Überschr.) [---] Cette mariolâtrie exaspère<br />

les protestants, les orthodoxes et certains catholiques (Z).<br />

* (?) 2004 „Pyrolâtrie“ [Titel eines Feuerspektakels der französischen Gruppe „Compagnie Carapace“,<br />

Aufführung Linz 2004] (Z).<br />

* (?) Le Monde 16.4.2005 Le président de l’Eglise réformée de France critique la «papolâtrie» (Überschr.) (Z).<br />

*Le Monde 31.7.2005 Sarkomania (Überschr.) Êtes-vous à ce point idolâtre pour comparer Stéphane Lissner,<br />

homme de culture imminent, à Nicolas Sarkozy? (Z).<br />

*Le Monde 10.6.2007 ceux, nombreux, qui idolâtrent Woody Allen (Z).<br />

*Le Monde 18.3.2008 Kaiser II: Franck Ribéry, nouvelle idole du foot allemand (Überschr.) [...] le Ch’ti originaire<br />

de Boulogne-sur-Mer est idolâtré en Allemagne (Z).<br />

*Le Monde 1.4.2008 détesté par les uns, idolâtré par les autres (Z).<br />

*Cornwell 2009 Scarpetta (Übers.) 440 Elle avait idolâtré Scarpetta, du moins au début (Z).<br />

*Le Monde (Télévision) 26./27.9.2010 les idolâtres du culturisme (Z).<br />

*Le Monde (Télévision) 27./28.11.2011 les idolâtres de Harry Potter (Z).<br />

Gruppe 2<br />

Alphabetisches Register<br />

Die Schreibung ist hier und im chronologischen Register an die heutige Orthographie angeglichen.<br />

alcoolâtre 1839<br />

américanolâtrie 1973<br />

anglolâtrie 1844<br />

bardolâtre 1963 (bardolâtrie 1963)<br />

bébolâtrie 1985<br />

boolâtre 1929<br />

chiracolâtre 2008<br />

cinélâtrie 1973 (cinélâtre 1974)<br />

croûtolâtre 1992<br />

enfantolâtrie 1934<br />

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40<br />

francolâtrie 1896 (francolâtre 1985)<br />

gastrolâtre 1552<br />

gaullâtre 1963 (gaullâtrie 1990)<br />

germanolâtrie 1863<br />

giscardolâtrie 1979<br />

goetholâtrie 1863<br />

hispanolâtre vor 1936<br />

hugolâtre 1830 (hugolâtrie 1885)<br />

italolâtrie 1976<br />

jésuitolâtre 1992<br />

maolâtrie 1991<br />

mitterrandolâtrie 1988 (mitterrandolâtre 1989)<br />

modernolâtre 1990<br />

murolâtre 1989<br />

musicolâtre vor 1936<br />

négrolâtre 1835<br />

pelucholâtre 2000<br />

photographolâtre 1854<br />

physiolâtrie 1846<br />

poticholâtre 1854<br />

rimolâtre 1877<br />

sarkolâtre 2007<br />

scribolâtre vor 1936<br />

scriptolâtre 1832ff.<br />

stalinolâtre 1991<br />

statolâtrie 1997<br />

stellâtrie 1952<br />

tabacolâtre 1839<br />

tontonolâtre 1990 (tontonolâtrie 1996)<br />

tsarolâtre 1904<br />

verbolâtrie 1912<br />

wagnérolâtre 1895 (wagnérolâtrie vor 1936)<br />

Chronologisches Register<br />

1552 gastrolâtre<br />

----------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

1830 hugolâtre<br />

1832 scriptolâtre ff.<br />

1835 négrolâtre<br />

1839 alcoolâtre<br />

1839 tabacolâtre<br />

1844 anglolâtrie<br />

1846 physiolâtrie<br />

1854 photographolâtre<br />

1854 poticholâtre<br />

1863 germanolâtrie<br />

1863 goetholâtrie<br />

1877 rimolâtre<br />

1885 hugolâtrie<br />

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41<br />

1895 wagnérolâtre<br />

1896 francolâtrie<br />

1904 tsarolâtre<br />

1912 verbolâtrie<br />

1929 boolâtre<br />

1934 enfantolâtrie<br />

1936 hispanolâtre vor<br />

1936 musicolâtre vor<br />

1936 scribolâtre vor<br />

1936 wagnérolâtrie vor<br />

1952 stellâtrie<br />

1963 bardolâtre<br />

1963 bardolâtrie<br />

1963 gaullâtre<br />

1973 américanolâtrie<br />

1973 cinélâtrie<br />

1974 cinélâtre<br />

1976 italolâtrie<br />

1979 giscardolâtrie<br />

1985 bébolâtrie<br />

1985 francolâtre<br />

1988 mitterrandolâtrie<br />

1989 mitterrandolâtre<br />

1989 murolâtre<br />

1990 gaullâtrie<br />

1990 modernolâtre<br />

1990 tontonolâtre<br />

1991 maolâtrie<br />

1991 stalinolâtre<br />

1992 croûtolâtre<br />

1992 jésuitolâtre<br />

1996 tontonolâtrie<br />

1997 statolâtrie<br />

2000 pelucholâtre<br />

2007 sarkolâtre<br />

2008 chiracolâtre<br />

Rabelais 1552 Le Quart Livre (Ausg. letzter Hand), Chap. 58 (Œuvres Complètes 737) En la court de ce grand<br />

maistre Ingénieux [= Gaster], Pantagruel apperceut deux manières de gens, appariteurs importuns et par trop<br />

officieux, lesquelz il eut en grande abomination. Les uns estoient nommez Engastrimythes [bauchredende Wahrsager],<br />

les aultres Gastrolâtres* (41) (Z).<br />

Briefve Déclaration 1552 (in: Rabelais. Œuvres Complètes 779) GASTROLATRES, adorateurs du ventre [Näheres<br />

zur Zuschreibung dieses Wörterverzeichnisses unter 7.1, Briefve Déclaration] (Z).<br />

1830 / TLFi (Artikel hugolâtre) [Subst. (Personenbezeichnung) hugolâtre; Erstbuchung und Quelle, ohne Beleg,<br />

siehe dort unter „Étymol. et Hist.“] (Z).<br />

Balzac 1832-1837 (1921) Contes drôlatiques (Secund Dixain, Prologue,) 219 d’aultres [...] ont esté d’advis que,<br />

en ung temps où chascun va vestu de noir, comme en deuil de quelque chouse, besoing estoyt de concoctionner<br />

<strong>des</strong> ouvraiges ennuyeusement graves ou gravement ennuyeux; que ung scriptolastre ne pouvoyt vivre désormais<br />

qu’en logiant son esperit en de grans édifices / Balzac (1832-1837) 1956 Tolldrastische Geschichten (Übers.)<br />

(Das zweite Zehnt, Prolog) 296 Und sie haben sich dahin geäußert, in einer Zeit, da jeder schwarzgewandet einhergeht,<br />

als trage er Trauer um weiß Gott was, sei es unerläßlich, lauter langweilig ernste oder ernsthaft langwei-<br />

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42<br />

lige Schriftwerke zusammenzubrauen. Auch könne ein Schreiberling heutzutage und künftighin nur noch sein<br />

Leben fristen, wenn sein Geist in mächtigen Bauten hause (Z).<br />

1835 Revue de Paris XVI, 288 Le capitaine Léonard, négrophile, négromane, négrolâtre (Z).<br />

Balzac 1839 Traité <strong>des</strong> excitans modernes 459 Aussi, par le retour constant de ces empoisonnements,<br />

l’alcoolâtre finit-il par changer la nature de son sang (Z).<br />

Balzac 1839 Traité <strong>des</strong> excitans modernes 467 un dandy tabacolâtre a eu le gosier gangrené (Z).<br />

Balzac 1839 Traité <strong>des</strong> excitans modernes 468 Malgré ces avis de la nature irritée, le tabacolâtre persiste, il<br />

s’habitue (Z).<br />

1844 Revue de Paris XI, 198 Extirpez de l’autel l’impure anglolâtrie (Z).<br />

Proudhon 1846 Système <strong>des</strong> contradictions écon. I, 351 L’homme, perfectible et faillible, ne satisfait point aux<br />

conditions de divinité qu’il est de la nature de son esprit de concevoir. Ni il n’est Dieu, ni il ne saurait, vivant,<br />

devenir Dieu. À plus forte raison le chêne, le lion, le soleil, l’univers lui-même, scissions de l’absolu, ne sont<br />

Dieu. Du même coup, l’anthropolâtrie et la physiolâtrie sont renversées (TLFi, Artikel -lâtre, -lâtrie, élém. formants)<br />

[anthropolâtrie ist unter Gruppe 1 eingeordnet] (Z).<br />

Charivari 12.9.1854 La potichomanie (Überschr.) / – Etes-vous potichomane? – Non, monsieur, mais je suis<br />

potichophile, ce qui est bien différent. / – Vous trouvez ? / – Parbleu! En ma qualité de potichophile j’aime les<br />

potiches, cela est vrai, mais mon amour ne va pas jusqu’à la folie, jusqu’à la monomanie... / Dans toutes les<br />

choses humaines il y a trois degrés. Le premier degré se termine en phile. / Le second en lâtre. / Le troisième en<br />

mane. / Le phile est celui qui aime; russophile (qui aime les Russes, se dit de l’Assemblée nationale). / Le lâtre<br />

est celui qui adore, qui professe un culte; idolâtre, celui qui adore <strong>des</strong> idoles... / Le mane est celui qui est arrivé<br />

au paroxysme de la philie et de la lâtrie (Höfler 1972, S. 69) (Z).<br />

Charivari 12.9.1854 La potichomanie (Überschr.) Pour vous donner une idée de l’espèce de culte dont certains<br />

poticholâtres entourent leur idole, il me suffira de dire qu’il y a à Nankin <strong>des</strong> poticholâtres qui ne se permettent<br />

de jeter un regard sur leurs potiches que deux ou trois fois dans l’année, aux fêtes solennelles; ils craindraient de<br />

les user en les regardant plus souvent. [...] / D’ailleurs dans ce moment-ci la France ne comprend que la photographie.<br />

On ne rencontre de tous côtés que photographiles, photographomanes et photographolâtres. Il n’y a<br />

jamais en France deux philies, deux lâtries et deux manies à la fois (Höfler 1972, S. 70) (Z).<br />

1863 Revue Britannique V, 479 Pour peu que cette goetholâtrie continue, vous verrez qu’on trouvera la première<br />

culotte de Goethe (Z).<br />

Roussel 1863 Le Jésus de M. Renan 358 Comment donc s’est-il associé à cette germanolâtrie [...]? (Z).<br />

6.9.1869 / TLFi (Artikel hugolâtre) [Adj.; Erstbuchung und Quelle zum Beleg ton hugolâtre siehe dort unter<br />

„Étymol. et Hist.“] (Z).<br />

Le Charivari 1.7.1877 Il est vrai qu’après certaines mésaventures poétiques dont rit encore le rimolâtre de la<br />

Gazette de France doit se sentir de la méfiance à son propre endroit [!?] (Höfler 1972, S. 129, Anm. 16) (Z).<br />

Goncourt 1882 Journal 206 La princesse, qui a l'horreur du lyrisme, bon ou mauvais, et dont un peu de sciatique<br />

exaspère les révoltes du bon sens contre les invraisemblances de la pièce, dit tout le temps <strong>des</strong> choses à nous<br />

faire jeter dehors par les hugolâtres (TLFi, Artikel hugolâtre) (Z).<br />

Challamel 1885 Souvenirs d’un hugolâtre. La génération de 1830 (Titel) [mit dem Titelblatt-Motto:] Ceux que<br />

l’on appelait hugolâtres devançaient l’admiration universelle pour Victor Hugo (Z).<br />

Challamel 1885 Souvenirs 357 Ceux que l’on appelait hugolâtres se glorifiaient de ce titre, et justement, car ils<br />

devançaient l’admiration universelle [hier ohne den Namen <strong>des</strong> Dichters] (Z).<br />

Goncourt 1885 Journal 456 Drôle de peuple que ce peuple français! Il ne veut plus de Dieu, il ne veut plus de<br />

religion, et vient-il de débondieuser le Christ, aussitôt, il bondieuse Hugo et proclame l'hugolâtrie (TLFi, Artikel<br />

hugolâtre) (Z).<br />

de Wyzewa 1895 Nos maîtres 91 wagnerolâtre (Nyrop III (1936), S. 197/98, unter 415. OLÂTRE) (Z).<br />

Vierset et al. 1896 Une cause littéraire 89 un esprit de francolâtrie (Z).<br />

L’Européen 16.7.1904 Les gran<strong>des</strong> gazettes berlinoises, tsarolâtres et coloniales par ordre (Nyrop III (1936), S.<br />

197, unter 415. OLÂTRE) (Z).<br />

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43<br />

Spitzer 1910 Wortbildung 111 -latre [bei Rabelais]: Gastrolatre, ein Suffix, das heute noch produktiv ist<br />

[Hervorhebung von G.H.] (Z).<br />

Rolland 1912 Nouv. journée 1451 Ils souffraient, comme d’une injure, de l’atonie paresseuse et peureuse de<br />

l’élite, de sa lâcheté d’esprit, de sa verbolâtrie (TLFi, Artikel -lâtre, -lâtrie, élém. formants) (Z).<br />

LAROUSSE UNIVERSEL 1923 (Artikel hugolâtre) hugolâtre adj. et n. [...] Admirateur outré, exagéré, de Victor<br />

Hugo [kein Beispiel] (Z).<br />

[LAROUSSE UNIVERSEL 1923 (Artikel hugophile) hugophile adj. et n. [...] Admirateur de Victor Hugo: écrivain<br />

hugophile (Z).]<br />

Morand 1929 Paris-Tombouctou 60 Les Foulbés soignent admirablement leurs bœufs. Certains sont même<br />

«boolâtres»; est-ce un souvenir de l’ancienne Égypte? (TLFi, Artikel -lâtre, -lâtrie, élém. formants) (Z).<br />

Larbaud 1934 Journal 310 Je tombe, à son égard, dans une sorte d’ «enfantolâtrie» (TLFi, Artikel -lâtre,<br />

-lâtrie, élém. formants) (Z).<br />

vor 1936 / Nyrop III, 197/98 (unter 415. OLÂTRE) On le trouve dans quelques créations toutes récentes: Hispanolâtre,<br />

hugolâtre, admirateur aveugle de V. Hugo, musicolâtre, scribolâtre, admirateur passionné de Scribe<br />

[...]. On a aussi <strong>des</strong> formations telles que wagnérolâtrie (Z).<br />

1952 Français moderne n 0 13 (juillet) (Uren, Vocab. cinéma) 219 stellâtrie (TLFi, Artikel -lâtre, -lâtrie, élém.<br />

formants) (Z).<br />

Paris-presse l’intransigeant 3.1.1963 Brigitte Bardot étant une institution nationale, je me garderai bien de donner<br />

mon opinion sur cette vedette de la chanson polissonne, sous peine d’encourir les foudres d’une bonne partie<br />

de „bardolâtres“ (Blochwitz/Runkewitz 1971, 124, mit den Paraphrasen zur Kombination „celui qui est fou de<br />

Brigitte Bardot“, „glühender Bardotverehrer“) [der aus Vie et Langage 1965 entnommene Beleg ist auch bei Höfler<br />

gebracht, → den Eintrag im Folgenden] (Z).<br />

Canard 18.12.1963 c’est beau, c’est grand, c’est généreux, la France! Notre chère France gaullâtre...Notre<br />

France pompidoucette...Notre messmère Patrie... (Blochwitz/Runkewitz 1971, S. 124, mit den Paraphrasen zur<br />

Kombination „qui tire de plus en plus sur la ligne gaulliste“, „gaullistisch (pej.)“) (Z).<br />

Vie et Langage 1965, 561 bardolâtrie [zu Brigitte Bardot] (Höfler 1972, S. 87, Anm. 5 [vergleichend zu Namenbasen<br />

von -(o)manie-Kombinationen <strong>des</strong> 20. Jh.s]) (Z).<br />

1973 / Maugey 1993 Francophonie 20 Etiemble [«Parlez-vous franglais?», Paris 1973] présente donc [...] ce<br />

sabir atlantique [...], bref ce qu’il appelle l’ «anglofolie dont nous payons l’anglophilie de nos snobs et snobinettes<br />

et qui se voit déplacée par une américanolâtrie dont s’inquiètent les plus sages yanquis» (p. 35) (Z).<br />

1973 / DDL 24 (1984) 2 ème série 213 cinélâtrie, 1973 (Z).<br />

1973 / DDL 24 (1984) 2 ème série 224 musicolâtre, s.m., 1973 (Z).<br />

1974 / DDL 24 (1984) 2 ème série 213 cinélâtre, 1974 (Z).<br />

1976 / DDL 24 (1984) 2 ème série 220 italolâtrie, 1976 (Z).<br />

1979 / DDL 24 (1984) 2 ème série 217 giscardolâtrie, 1979 (Z).<br />

vor Anhäuser 1985 Lothringen 330 Höheren Ansprüchen genügen «La Réserve» in Gerardmer, «Le Gastrolâtre»<br />

in Nancy (Z).<br />

Le Monde 9.7.1985 Ceux que l’on appelle ici les «francolâtres» restent nombreux, en particulier dans la région<br />

de Liège (G. Merle et al. 1989 Mots nouveaux) (Z).<br />

France Inter 24.9.1985, 8 h 45 La bébologie, la bébématique, la bébolâtrie, <strong>des</strong> termes utilisés par le magazine<br />

Autrement (G. Merle et al. 1989 Mots nouveaux (unter bébématique)) (Z).<br />

1988 Nouvel Observateur (Bd. 1208, S. 301) La mitterrandolâtrie [...] ne provoque-t-elle pas un effet boomerang?<br />

(Z).<br />

Canard 26.10.1989 Un comité mitterrandolâtre est en voie de formation pour promouvoir la candidature de<br />

Tonton au prix Nobel de la paix 1989 (Z).<br />

Canard 15.11.1989 Aussi voit-on déjà percer une sorte de nostalgie du Mur [de Berlin] et se dégager, parmi les<br />

murologues, une école de murophiles si ce n’est encore de murolâtres (Z).<br />

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44<br />

G. Merle et al. 1989 Mots nouveaux 10 (introduction) On reconnaît la tonalité amusée dans [...] radicalophage,<br />

spaghettophile, par exemple, et la tonalité agressive dans francolâtre, syndicratie, sondomanie, où le choix habile<br />

du suffixe est le moyen de donner le coup d’épingle qui stigmatise un excès ou un abus (Z).<br />

G. Merle et al. 1989 Mots nouveaux bébolâtrie, n. f. Attitude qui fait <strong>des</strong> bébés, nourrissons, enfants en bas âge<br />

l’objet d’une sorte de culte [...] (Z).<br />

G. Merle et al. 1989 Mots nouveaux francolâtre, n. m. et f. En Belgique: qui aime (à l’excès) la France et les<br />

Français, et la langue française (Z).<br />

Le Monde (Télévision) 29./30.4.1990 [Radio-Sendung] Rétro: Léger, le «modernolâtre» (Z).<br />

Canard 13.6.1990 les entreprises de gaullâtrie ou les expositions d’ex-voto en vogue en ce moment [pour le<br />

centenaire du Général] (Z).<br />

Canard 27.6.1990 Régis Debray: le froissé parle aux Français / Ex-compagnon du Che, ex-compagnon de<br />

Latche, l’exprisonnier de Camiri vire à la gaullâtrie (Z).<br />

Canard 17.10.1990 Pierre Bergé [...], tontonolâtre lyrique (Z).<br />

Canard 14.11.1990 Et, face à ce déferlement gaullâtre, on cherchait en vain la trace d’un peu du recul que confèrent<br />

généralement les ans. [---] [...] lire tout de suite ce « classique » indispensable à la culture et à la bibliothèque<br />

de tous ceux qui, gaullophiles, gaullomaniaques ou gaullophobes, s’intéressent aux vraies clés de ce sacré<br />

royaume [Ribaud, André : „«La Cour», chronique d’un royaume“] (Z).<br />

Canard 12.12.1990 [Karikatur Mitterrands, auf einer von Pfeilen getroffenen Wolke, lesend; [Sprechblase:]<br />

Vous imaginez „mitterrandolatre“ sans accent [Ein Hut wie der seine auf dem a „sans accent“] (Z).<br />

Canard 15.5.1991 Mitterrandolâtres: tous les prétextes sont bons (Überschr. [zu einer Karikatur]) (Z).<br />

Canard 15.5.1991 recueil d’articles stalinolâtres (Z).<br />

Canard 21.8.1991 ce livre [Maria-Antonietta Macciocchi, „De la Chine“] est défini par „Le Débat“, la revue de<br />

l’intelligent Pierre Nora, comme „le livre emblème de la maolâtrie triomphante“ (Z).<br />

Le Monde 15./16.12.1991 chez les hugolâtres comme chez les hugophobes [Victor Hugo] (Z).<br />

Chiflet/Kristy 1992 Dic. <strong>des</strong> mots qui n'existent pas* (42) (unter rogatonphile) [...] N.B. Parmi les rogatonphiles,<br />

citons les croûtolâtres, qui adorent les croûtes de fromage (Z).<br />

Canard 13.5.1992 Une lectrice prête ce propos à un tontonlâtre (Z).<br />

Canard 7.10.1992 Le très tontonolâtre Pascal Sevran (Z).<br />

Canard 21.10.1992 la mise à l’Index [...] de toute l’œuvre de Balzac, lui tellement jésuitolâtre! «La papolâtrie<br />

commence», souligne Lacouture [Jean Lacouture, „Jésuites. Les revenants“] [papolâtrie ist unter Gruppe 1 eingeordnet]<br />

(Z).<br />

Canard 20.1.1993 le clan même <strong>des</strong> gardiens <strong>des</strong> Monuments historiques parmi lesquels se comptent louloulâtres<br />

[zu Loulou, Spottname <strong>für</strong> Louis XVI] et capetophiles (Z).<br />

Canard 5.5.1993 le tontonolâtre Pascal Sevran (Z).<br />

Canard 26.5.1993 Ex-tontonolâtre récupéré par Pasqua (Z).<br />

Le Monde (Télévision) 24./25.4.1994 Aux yeux <strong>des</strong> « mitterrandolâtres », c’est un crime impardonnable (Z).<br />

Canard 10.1.1996 mitterrandolâtrie posthume (Z).<br />

Canard 10.1.1996 Jack Lang, qui, chacun le sait, est le premier <strong>des</strong> mitterrandolâtres (Z).<br />

Canard 31.1.1996 Un festival de tontonolâtrie, ce 3615-PRÉSITEL: une boîte à messages adressée à l’ex-chef<br />

d’Etat devait permettre de «réaliser le premier livre politique écrit par l’ensemble <strong>des</strong> Français» (Z).<br />

Canard 13.3.1996 les deux tontonolâtres béats de service du dernier «Bouillon de culture» (Z).<br />

Figaro 10./11.5.1997 „La statolâtrie, demande pressante de status, atteint en France un niveau incomparable“<br />

(Z).<br />

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45<br />

vor Stiberc 1999 Deutsche Wörter in der Welt 145 Wie sehr sich die anfängliche Abneigung [gegen Wagners<br />

Musik] in Enthusiasmus wandelte, ist nachhaltig am Wortschatz abzulesen, denn von Wagner gab es allein 13<br />

Ableitungen wie wagnérite ‚Wagner-Fieber’, wagnérolâtrie ‚Wagner-Kult’ und wagnéromanie ‚Wagner-<br />

Enthusiasmus’ (Z).<br />

Le Monde (Télévision) 27./28.2.2000 [téléfilm] une monomaniaque, une «mitterrandolâtre» capable de réciter<br />

<strong>des</strong> passages entiers <strong>des</strong> livres de l’ancien président de la République (Z).<br />

Le Monde (Télévision) 19./20.3.2000 Chéryl (la petite amie du Poulpe, coiffeuse blonde «pelucholâtre» [...])<br />

(Z).<br />

Le Monde (Télévision) 25./26.6.2000 (Leserbrief) sans être un «mitterrandolâtre», loin de là (Z).<br />

Le Monde (Télévision) 15./16.10.2000 – On ne vous savait pas si mitterrandolâtre. – [...]. Je ne défends pas<br />

Mitterrand mais je conserve une grande admiration pour lui (Z).<br />

Figaro 14.6.2007 Pas «sarkolâtre», il apprécie le «pragmatisme» du nouveau président et surtout son goût de<br />

l'«expérimentation» (Z).<br />

Figaro 16.1.2008 parvenu à faire oublier le chiracolâtre inconditionnel et borné, l’apparatchik aux idées<br />

courtes, prêt à tout pour protéger «son» Chirac (Z).<br />

3.1.3.2 Die speziellen Entwicklungen im Deutschen: Entlehnung ohne Lehn-Wortbildung<br />

Die bildungssprachlich produktiven französischen Lehnsuffixe -(o)lâtre und -(o)lâtrie ‘anbetend,<br />

anhimmelnd, maßlos bewundernd’; ‘Anbeter, Anhimmler, maßloser Bewunderer’; ‘Anbetung,<br />

Anhimmelung, maßlose Bewunderung’ haben keine deutschen Entsprechungen.<br />

Die -astre (-âtre)-Problematik der französischen Sprachgeschichte spielt im Deutschen keine<br />

Rolle; deutsche Lehnwörter mit dem Segment |aster| (aus dem Neulateinischen, vereinzelt aus<br />

dem Englischen) liegen ohne diese Deutungsschwierigkeiten und Verwechslungsmöglichkeiten<br />

vor und sind zum Teil bis heute frequent* (43).<br />

3.1.3.2.1 Deutsche Lehnwörter mit den Segmenten |olatrie| und |olater| aus dem Griechischen<br />

(späterer Sprachstufen) und Neulateinischen <strong>des</strong> Bereichs der Theologie<br />

Die Segmente |olatrie| und |olater, olatr| erscheinen in tradierten deutschen Wörtern <strong>des</strong> Bereichs<br />

der Theologie und Religionsgeschichte, die letztlich über lateinische Sprachstufen auf<br />

alte spät- und byzantinisch-griechische Bildungen zurückgehen (Idolatrie, Ikonolatrie;<br />

Phthartolatrae) oder entlehnte Lehn-Wortbildungsprodukte <strong>des</strong> älteren Neulatein darstellen<br />

(Artolatrie).<br />

Eine Sequenz ...olatrie findet sich dann auch in jüngeren Wörtern aus der aufgeklärtkritischen<br />

Theologie und Philosophie <strong>des</strong> 18./19. Jh.s, wie sie bis heute ebenfalls im engeren<br />

Fachbereich der Religionswissenschaft nachweisbar sind. Ihr Status als Lehnwörter aus dem<br />

späten Neulatein ist nicht immer gesichert. Nach bisherigen Befunden wäre vereinzelt frühere<br />

nationalsprachliche Lehn-Wortbildung mit -(o)latrie anzunehmen, wie <strong>für</strong> den Terminus der<br />

Bibel(wort)vergötzung in der theologischen Thematik der Zeit, nämlich engl. bibliolatry<br />

(1766) (vgl. Lessings dt. Bibliolatrie, Titel eines theologischen Nachlassfragments von 1779)<br />

– also vor Henkes nlat. bibliolatria (1793); → auch hierzu Anm. 4. Einige Fachwörter, <strong>für</strong> die<br />

kein früheres neulateinisches oder nationalsprachliches Etymon und auch keine spätere neulateinische<br />

Entsprechung eindeutig nachweisbar waren, sind als Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

möglicherweise der deutschsprachigen Philosophie/Theologie Ende <strong>des</strong> 18./Anfang <strong>des</strong> 19.<br />

Jh.s zu verdanken, wie Dogmatolatrie (1829), Logolatrie (1792) und Schleiermacher zugeschriebenes<br />

Monolatrie (1830). Folgen <strong>für</strong> die Herausbildung eines deutschen Lehnsuffixes<br />

-(o)latrie haben auch sie nicht gehabt.<br />

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46<br />

Das Neulatein auch <strong>des</strong> deutschen Sprachraums, das über eine Tradition der Lehn-Wortbildung<br />

mit den Suffixen -(o)latria und auch -(o)later im Fachbereich der Theologie und Religionswissenschaften<br />

verfügt, hat mit der Weitergabe seiner Lehnwörter aus dem Griechischen<br />

späterer Sprachstufen und seiner lehngebildeten Kombinationen keine Herausbildung<br />

einer produktiven deutschen Lehn-Wortbildungseinheit -(o)latrie/-(o)latrisch, -(o)later bewirkt.<br />

Das über lateinische Sprachstufen auf das Spätgriechische zurückgehende Idolatrie, mit idolatrisch<br />

und Idolater, ist zwar früh im Deutschen nachgewiesen. Die Gruppe hatte aber im<br />

deutschsprachigen theologischen Bereich ebenso früh Konkurrenz in den Abgott- und Götze-<br />

Ableitungen und -Komposita, → auch hierzu Anm. 12 und Anm. 17. Idolatrie ist selbst in<br />

seiner banalisierten Bedeutung/Verwendung, im Unterschied zum Französischen, kein<br />

usuelles und frequentes Wort der deutschen Gemeinsprache (Bildungssprache) geworden –<br />

und ohne Einfluss geblieben, → im Folgenden.<br />

In der deutschen Gemeinsprache (Bildungssprache, Vermittlersprache) sind die tradierten, auf<br />

das Griechische späterer Sprachstufen und das Neulateinische, vereinzelt auf Nationalsprachen<br />

zurückgehenden Bezeichnungen von Theologie und Religionswissenschaft mit ihrem<br />

Segment |olatr| nicht präsent. Die zeitungssprachlich dominierten Textkorpora <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s<br />

<strong>für</strong> Deutsche Sprache weisen (außerhalb der speziellen Artikel <strong>des</strong> Wikipedia-Korpus, die<br />

hier nicht einzubeziehen sind) kaum eine dieser Kombinationen auf:<br />

Bibliolatrie, vereinzelt nachgewiesen in (eher scherzhafter) quasi-theologischer Verwendung<br />

im Sinne von ‘Buchvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Buches’<br />

Das Wort steht aber nicht in direktem Zusammenhang mit dem fachsprachlichen theologischen Terminus der<br />

Bedeutung/Verwendung ‘Bibel(wort)vergötzung’ (→ besonders bibliolatria (1793), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)).<br />

Hagiolatrie, vereinzelt in bildungssprachlich-übertragener Verwendung im Sinne von ‘Anbetung,<br />

Verehrung, Verklärung’ nachgewiesen<br />

Idiolatrie, vereinzelt bildungssprachlich nachgewiesen im Sinne von ‘Selbstbeweihräucherung’<br />

Im Deutschen (und entsprechend in anderen Nationalsprachen) ist Idiolatrie in gehobener, literarischer Sprache<br />

und in der Sprache unterschiedlicher Fachbereiche nachweisbar, findet sich aber nicht allgemein in der Bildungssprache<br />

wie zum Beispiel in der Zeitungssprache; zur anhaltenden Verwechslung mit Idolatrie → die<br />

Ausführungen unter idiolatria (1715?) in 3.1.2.2.1.2, dazu Anm. 34.<br />

Idol(ol)atrie, → im Folgenden<br />

Ikonolatrie, vereinzelt nachgewiesen in bildungssprachlich-übertragener Verwendung im<br />

Sinne von ‘Bildervergötzung’<br />

Ophiolatrie, vereinzelt nachgewiesen im fachsprachlich religionswissenschaftlichen Sinne<br />

von ‘Schlangenanbetung’<br />

Zoolatrie, vereinzelt nachgewiesen im fachsprachlich religionswissenschaftlichen Sinne von<br />

‘Anbetung tiergestaltiger Götter’<br />

Die Bildungen mit der Sequenz ...olatr/ insgesamt erscheinen fast nur in der Literatur <strong>des</strong><br />

engeren Fachbereichs, sind aber auffallend anhaltend in (Fremd-)Wörterbüchern bis heute gebucht.<br />

Zu diesem Befund → Buchungen und Nachweise unter 3.1.3.2.3, Gruppe 1, aus dem<br />

früheren 20. Jh. bis zur Wende zum 21. Jh. (Pekrun 1933, Brückner/Sauter 1984* (44) und<br />

DUDEN GFWB 2000). Wie schon angemerkt, ist ein Anstoß <strong>für</strong> das Aufkommen einer deutschen<br />

Lehn-Wortbildungseinheit von allen diesen zahlreich gebuchten, aber in der Bildungssprache<br />

nicht zahlreich belegten Wörtern bis heute nicht ausgegangen.<br />

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Idolatrie bildungssprachlicher Verwendung gehört immerhin zu den Ausnahmen; es war und<br />

ist allerdings auch kein usuelles und hochfrequentes Wort der deutschen Gemeinsprache (Bildungssprache),<br />

schon gar nicht das zugehörige Adjektiv idolatrisch.<br />

Im DFWB war Idol(ol)atrie nicht vertreten, erst <strong>für</strong> die Neubearbeitung ist ein Unterartikel<br />

(zu nunmehr lemmatisiertem Idol) vorgesehen. Die verschiedenen cosmas-Teilkorpora <strong>des</strong><br />

<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Deutsche Sprache weisen (im Recherchezeitraum) <strong>für</strong> Idolatrie insgesamt nur etwa<br />

140 Belege auf, <strong>für</strong> idolatr/isch lediglich 6, wobei diese adjektivischen Belege<br />

ausschließlich Zeitungstexten erst der jüngsten Zeit (2001ff.) entstammen; eine Verbform idolatrisieren<br />

war nur vereinzelt nachweisbar, mit einem gleichfalls vereinzelten Partizip II idolatrisiert;<br />

es fehlt, wie auch sonst weitestgehend, eine Personenbezeichnung auf -later, Pl.<br />

-latren.<br />

Einen deutlichen Lexemgruppenkontrast bilden hierzu die in Geschichte und Gegenwart fachund<br />

bildungssprachlich usuellen französischen Vertreter (und Leitwörter) idolâtrie, idolâtre<br />

(als Adj. und Subst. Personenbezeichnung) und das Verb idolâtrer (mit häufigem Partizip II<br />

idolâtré). <strong>Diese</strong>r Kontrast, der eine der möglichen (aber wie immer nicht zwingenden) Ursachen<br />

<strong>für</strong> französisches Aufkommen bzw. deutsches Fehlen einer produktiven Lehn-<br />

Wortbildungseinheit beleuchtet, sollte an einigen zeitlich unterschiedlichen Wortfamilien-<br />

Nachweisen der französischen Fach- und Bildungssprache demonstriert werden, von Calvin<br />

(→ unter 3.1.3.1.2, Gruppe 1, die Belege aus 1543), über Balzac (→ ebd., Gruppe 1, die Belege<br />

aus 1837-1843) bis zur Zeitungssprache der jüngsten Zeit (→ ebd., Gruppe 1, die Le<br />

Monde-Belege aus 2000ff.).<br />

3.1.3.2.2 Defizitäre bildungssprachliche deutsche Lehn-Wortbildung mit -(o)latrie/<br />

-(o)latr/isch, -(o)later – französische Wort- und Submuster-Einflüsse (Zitatwörter/Fremdbezeichnungen;<br />

NAMEN + -(o)latrie)<br />

Von den vielfachen Arten möglicher Kombinemgewinnung, wie sie oben <strong>für</strong> das Deutsche<br />

skizziert und <strong>für</strong> das Französische exemplifiziert wurden, hat die deutsche Lehn-Wortbildung<br />

keinen Gebrauch gemacht.<br />

Auch unter ersichtlichem französischen Einfluss hat sich ein bildungssprachlich produktives<br />

deutsches Lehnkombinem -(o)latrie (mit -(o)latr/isch-, -(o)later), obwohl <strong>für</strong> die Lehn-<br />

Wortbildung disponibel, bisher nicht entwickelt; der Erfolg dieser sekundären Anstöße aus<br />

dem Französischen, wie er häufig <strong>für</strong> deutsche Wortgeschichten beobachtbar ist, steht noch<br />

aus.<br />

Die seltenen bildungssprachlichen Kombinationen in deutschen Texten, die ein Segment<br />

|olatr| aufweisen, sind weitestgehend keine deutschen Lehn-Wortbildungsprodukte.<br />

Sie stehen, nach unserer alten DFWB-Formel, häufig „in französischem Zusammenhang“,<br />

sind zum Teil erkennbar im deutschen Romanistenmilieu ad hoc übernommen, im französischen<br />

Germanistenmilieu in deutschsprachigen Texten verwendet und treten, wie die Zitatwörter/Fremdbezeichnungen,<br />

selbst in französischer Form und Graphie auf. Die im Französischen<br />

frequenten Kombinationen mit NAMEN (Personennamen, Repräsentationen von<br />

Völkernamen) als Basen sind auch hier vorherrschend.<br />

In der Regel gehen den im Folgenden aufgeführten Wörtern Entsprechungen voraus, wie sie<br />

in den französischen Belegteil eingeordnet werden konnten; vgl. beispielsweise hugolâtre/hugolâtrie,<br />

französische Zeugniswörter (wie auch hugophile/hugophilie) <strong>für</strong> den Kampf<br />

der „Klassiker“ gegen die Romantische Schule, die als entscheidende Wörter <strong>für</strong> die französische<br />

Musterherausbildung und -integration kontinuierlich seit dem früheren 19. Jh. nachge-<br />

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wiesen und in französischen Wörterbüchern bis heute gebucht sind; → hierzu den deutschen<br />

Beleg aus 2002 mit Hugophilie, Hugolatrie.<br />

Auch als Lehnwörter im eigentlichen Sinne sind einige dieser Kombinationen mit dem Segment<br />

|olatr| also (noch) kaum zu betrachten.<br />

3.1.3.2.3 BELEGE (Register)<br />

Der deutsche Belegteil gliedert sich in zwei Gruppen.<br />

Gruppe 1, sie umfasst die in Theologie und Religionswissenschaften auftretenden Bezeichnungen<br />

vor allem nach ihren Buchungen; dazu kommen gegebenenfalls ihre bildungssprachlichen<br />

Verwendungen, markiert mit *; Anmerkungen zum Deutschen erfolgen in dieser fortlaufenden,<br />

chronologisch geordneten Belegübersicht nur noch im begründeten Einzelfall.<br />

Umfassendere Dokumentierung und die Darstellung von Wortgeschichten sind hier nicht<br />

mehr beabsichtigt. Es soll nur ein kursorischer Überblick über das Weiterleben der zumeist im<br />

Neulatein <strong>des</strong> theologischen und religionswissenschaftlichen Bereichs aufgekommenen<br />

Lehnwörter (aus dem Griechischen späterer Sprachstufen) und Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

gegeben werden, wie sie besonders im Deutschen bis heute auch in weniger umfangreichen<br />

(Fremd-)Wörterbüchern umfassend dokumentiert sind. In einem alphabetischen Register wird<br />

<strong>für</strong> einen besseren Überblick auf die entsprechenden chronologisch geordneten neulateinischen<br />

Lemmaeinträge verwiesen, denen gegebenenfalls umfangreichere Wortartikel mit<br />

Anmerkungen zu Nationalsprachen beigegeben sind. Die Verweise erfolgen jeweils auf neulateinische<br />

Lehnwörter aus dem Spät- und Byzantinisch-Griechischen () unter<br />

3.1.2.2.1.1 und auf neulateinische (vereinzelt nationalsprachliche?) Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

unter 3.1.2.2.1.2<br />

Gruppe 2, sie enthält die gelegentlich nachweisbaren Übernahmen aus dem Französischen<br />

und die vereinzelt als bildungssprachlich lehngebildet anzunehmenden deutschen Kombinationen.<br />

Ein Register ist hier nicht beigegeben.<br />

Gruppe 1<br />

Alphabetisches Register<br />

Die Bildungen sind nur ausdrucksseitig erfasst, auf semantische Unterschiede wird nicht hingewiesen.<br />

...olater und ...olatrisch sind ...olatr/ zugerechnet.<br />

Angelolatr/, → angelolatria (1617), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Anthropolatr/, → anthropolatria (1536), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Artolatr/, → artolatria (1540), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Astrolatr/, → astrolatria (1663), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Bibliolatr/, → bibliolatria (1793), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.), unter 3.1.3.2.1 (engl., 1766)<br />

Christolatr/, → Christolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.1 () und 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Dämonolatr/, → daemonolatria (1595), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Dogmatolatr/, dt. (?) (1829)<br />

Dogmolatr/, dt. (1933) (statt Dogmatolatr/ ?)<br />

Hagiolatr/, → hagiolatria (1656), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Heliolatr/, → heliolatria (1668), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Idiolatr/, → idiolatria (1715) ?, unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Idol(ol)atr/, → idol(ol)atria, unter 2.1 (zentraler Artikel) ()<br />

Ikonolatr/, → iconolatria (1564), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Logolatr/, dt. (?) (1792)<br />

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49<br />

Mariolatr/, → Mariolatria (vor 1570), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Monolatr/, dt. (?) (1830)<br />

Onomatolatr/, → onomatolatria (1686), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Ophiolatr/, → ophiolatria (1698), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Papolatr/, → papolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Phthartolatr/, → phthartolatrae (1569), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

(Pseudolatrie, → pseudolatria (1597), unter 3.1.2.2.1.1 ())<br />

Pyrolatr/, → pyrolatria (1687), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Sarkolatr/, → sarkolatra (vor 1607), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Skeletolatr/, → sceletolatria (1621), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Staurolatr/, → staurolatrae (1553), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Theolatr/, → Theolatria (1664), unter 3.1.2.2.1.1 ()<br />

Uranolatr/, → uranolatria (1668), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Zoolatr/, → zoolatria (1698), unter 3.1.2.2.1.2 (nlat.)<br />

Chronologisches Register<br />

Der Belegteil folgt diesem chronologischen Register.<br />

1526 Idolatr/<br />

1563 Artolatr/<br />

1598 Dämonolatr/<br />

1611 Mariolatr/<br />

1699 Ikonolatr/<br />

1699 Phthartolatr/<br />

1740 Papolatr/<br />

1744 Staurolatr/<br />

1750 Zoolatr/<br />

1758 Heliolatr/<br />

1760 Angelolatr/<br />

1776 Pyrolatr/<br />

1779 Bibliolatr/<br />

1789 Anthropolatr/<br />

1792 Logolatr/<br />

1792 Theolatr/<br />

1820 Hagiolatr/<br />

1828 Ophiolatr/<br />

1829 Dogmatolatr/<br />

1829 Uranolatr/<br />

1830 Monolatr/<br />

1837 Skeletolatr/<br />

1838 Idiolatr/<br />

(1838 Pseudolatr/)<br />

1871 Onomatolatr/<br />

1909 Sarkolatr/<br />

1933 Astrolatr/<br />

1933 Dogmolatr/<br />

2010 Christolatr/<br />

1526/1997 FRÜHNHD. WB 1989ff. (Artikel idolatria) SUDHOFF, Paracelsus 3, 228, 34 (1526/A. 1527): das<br />

wir nit mögen solten unser leben ausstrecken durch die arznei, die uns darzu beschaffen sind und noch vil mer<br />

idolatrisch und beanisch (Z).<br />

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50<br />

Paracelsus um 1530 (S. W. II 3, 279f.) Dieweil nun also das bildwerk im neuen testament den leib allein vergift<br />

und nit die seel [...] man lauf den bildern nach wie man will, wird gesund und krank, so ists nur incantatio und<br />

nit idolatria ( 2 DFWB)* (45) (auch 1997 FRÜHNHD. WB 1989ff. (Artikel idolatria)).<br />

um 1550/1997 FRÜHNHD. WB 1989ff. (Artikel idolatria) BARACK, Zim. Chron. 3, 253, 1 (schwäb., M. 16.<br />

Jh.): welches [...] ein ware, eitele, gotlose idolatria und abgötterei ist (Z).<br />

[ALBERUS 1540 (Ot.) [unter Got] [...] Idolatria, falscher gotsdinst / g=tzendienst / abg=tterei. Idolomania, die<br />

vnsinnigkeyt vff die abg=tterey. Idolatres [...], der die abg=tter anbettet / g=tzendiener / der mit eim falschen<br />

gotsdienst vmbgehet (Z).]<br />

1541 Regensb. Religionsgespr. (Akten d. dt. Reichsreligionsgespr. III 1, 166) Dann wir erwegen, das gott unsers<br />

herren vaters und unsere opposition und ire nichthaltung berurter vertrege nit ane sunderliche grosse ursachen<br />

und seinem wort zu ehren und guten also mag verfugt haben, das wir und unsere nachkommen <strong>des</strong>ter freier und<br />

solcher oberkeit halben ungescheuet mit der religion zu gottes lob walten mugen, dieweil doch bei uns kain trost<br />

ist, das man sich mit solchen idolatren der religion halben nimmermher rechtschaffen vergleichen werde<br />

( 2 DFWB).<br />

Praetorius 1563 Endlicher Bericht II, 145/46 Item das man nicht Papistische memoriē, deuotion, superstition<br />

vnd Idolatriam, wie dann Artolatria ein rechte Idolatria ist / daraus mache (Z).<br />

Stössel vor 1572 briefl. [...] sehe er nicht gerne, Dz er mit Philippo Wagner [nach Dänemark auf eine Reise <strong>des</strong><br />

Kur<strong>für</strong>sten] gehen solte, mit dem er werde Müssen disputieren de artolatria & vbiquitate, wolte lieber ein ander<br />

gesellen haben (Hund 2006, S. 605, Anm. 44* (46)) (Z).<br />

1574 Torgauer Artikel* (47) G 4r [nach calvinistischer, zwinglianischer und anderer Meinung ergebe sich bei<br />

einem reinen Wortverständnis der Abendmahl-Einsetzungsworte durch Vertreter der Reformation] ein ergere<br />

Artolatria Aberglaub vnd Götzendienst / denn alle <strong>des</strong> Bapts grewel sein können (nach Hund 2006, S. 640;<br />

siehe dazu ebd. auch S. 639) (Z).<br />

Remigius (Rémy) 1598 Daemonolatria / daß ist von Unholden und Zauber-Geistern, <strong>des</strong>s Edlenn, Ehrnvesten<br />

und Hochgelarten Herrn Nicolai Remigii [...] (Titel (Übers.)) (Z).<br />

Caesar 1611 Mariolatria, Das ist: Christlicher und heylsamer Unterricht / von der Abgöttischen / Abergläubischen<br />

/ Und auch rechten Gott wolgefelligen verehrung / so bey<strong>des</strong> in Päpstischen und Lutherischen Kirchen<br />

mit der heiligen Jungfrawen Marien gehalten / getrieben / und noch ernstlich verthädigt wird: Erstlich zwar<br />

kürtzlich gepredigt / hernach aber [...] reichlich vermehret / und zum öffentlichen Druck verfertiget / Durch Johannem<br />

Caesarem von Reißdorff in Düringen [...]. Mit einer Vorrede D. Johannis Gerhardi, und anderer Gelehrten<br />

commendation Schrifften (Titel) (Z).<br />

[Forer* (48) 1644 Antiquitas Papatus Lib. I, Cap. VIII, § IV; 192 (unter Vom dienst oder verehrung der Engel)<br />

Da sihet man / das diß Concilium nicht einen jeden dienst / das ist Duliam, sonder allein Latriam welche den<br />

Englen / als wann sie Gott wären / mit hindansetzung deß diensts Christi / in verstelter demueth vnd<br />

niderträchtigkeit wider alle gebür erzaigt wirdt / vnd ein heydnische Abgötterey ist / verdammet vnd verbotten<br />

(Z).] [→ angelolatria (1617) unter 3.1.2.2.1.2 und Angelolatrie, deutsche Belege aus 1760 und folgende].<br />

[Forer 1644 Antiquitas Papatus Lib. I, Cap. VIII, § V; 194/95 (unter Von der anbettung der H. Jungkfrawen<br />

MARIA) Verfluecht sey der einem Engel oder auch MARIÆ der Mutter / Gottes / Latriam, vnnd Göttliche Ehr<br />

erzaiget. Adoretur Dominus: MARIA sit in honore. Gott bette man an: vnd MARIA werde geehret wie<br />

Epiphanius contra Hæreses [...] zum öffteren meldet. Vnd diß ist aller Rechtgläubigen beständige Lehr (Z).] [→<br />

Mariolatria (vor 1570) unter 3.1.2.2.1.2 und Mariolatria / Mariolatrie, deutsche Belege aus 1611 und folgende].<br />

Bodin 1698 Daemonomania, oder außführliche Erzehlung Des wütenden Teuffels / in seinen damahligen rasenden<br />

Hexen und Hexenmeistern / dero Bezauberungen / Beschwerungen / Vergifftungen / Gauckel- und Possen-<br />

Wercke / auch Verblendung seiner ergebenen Unholden / derselben würcklichen Bekanntnissen und Abstraffungen.<br />

Welches der andere Theil Nicolai Remigii Daemonolatria. Wobey gleichfalls angehänget: Vielerhand<br />

warhaftige und erschreckliche Geschichte besessener Leute [...] Nebst noch einigen betrieblichen und von Menschen<br />

practicirten kurtzweiligen Begebenheiten (Titel (Übers.)) [vgl. Jean Bodin, „De la demonomanie <strong>des</strong><br />

sorciers“, Paris 1580; „De magorum daemonomania“, Basel 1581; Angaben nach BVH; zur lateinsprachigen<br />

„Daemonolatreia“ (1595) von Remigius (Rémy) → unter 3.1.2.2.1.1] (Z).<br />

Arnold 1699 Kirchen-und Ketzer-Historie I, 271 [6. Jh., Christen <strong>des</strong> Ostens] daß eine parthey Phthartolatræ<br />

oder Corrupticolæ, die andere Phantasiasten hiessen: item, Aphthartodociten und Julianiten (Z).<br />

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51<br />

Arnold 1699 Kirchen-und Ketzer-Historie I, 301 [8. Jh., speziell hier Christen <strong>des</strong> Ostens] Weil nun der Käyser<br />

erfuhr / daß er [der Papst] ihn nicht allein auffs schändlichste geschimpffet / sondern auch gar in bann gethan<br />

hatte: so stellte er den obengedachten synodum zu Constantinopel an / straffte die Rebellen / sonderlich die<br />

Mönche / ihres frevels wegen ab / und schaffte die bilder aus den kirchen weg / daher der name Iconoclastarum<br />

oder bilder-stürmer entstund. Wider welche denn die verführische Clerisey / der Pabst / und der Patriarch zu<br />

Constantinopel Germanus, wie auch Georgius aus Cypern / und sonderlich der bekante Damascenus, hefftig<br />

stritten / die <strong>des</strong>wegen mit recht Iconolatræ oder bilder- und götzen-knechte hiessen (Z).<br />

Mirus 1708 Physica Sacra II, Sect. I, Cap. VI, 274 GOtt verbietet solche Idololatrie (Z).<br />

1740 ZEDLER 1732ff. Papolatria, heisset die Verehrung <strong>des</strong> Römischen Pabstes, in so fern ihm von einigen<br />

göttliche Ehre erzeiget wird (Z).<br />

1744 ZEDLER 1732ff. Staurolatræ, waren Ketzer in Armenien, welche nur das Creutz anbeteten, und dasselbe<br />

verehreten, sie wurden in ihrer Sprache Chazinzarii genennet [...] (Z).<br />

Holberg 1749 Allgem. Kirchenhist. (Übers.) I, 391 [Randglosse:] Bestättiget die Iconolaterie in der griegischen<br />

Kirche / [Text:] die Iconolatrie, welche drey Kayser aus der Kirche als ein Aergerniß zu verbannen mit der<br />

größten Mühe gesuchet (Z).<br />

1750 ZEDLER 1732ff. Zoolatrie, Latein. Zoolatria, wird die Abgötterey genennet, da die Heyden die Thiere<br />

anbeten. [...] <strong>Diese</strong>r Aberglaube war sehr gemein unter den Egyptiern; und geht noch heut zu Tage unter den<br />

Indianern im Schwange, weil sie die Metempschychosin oder Fortwanderung der Seelen aus einem Leibe in den<br />

andern glauben, gleichwie i. E. die Egyptier davor hielten, daß Osiris Seele in den Cörper eines Ochsen gefahren<br />

wäre. [...] (BG zo(o)-).<br />

Mehlig 1758 Hist. Kirchen- u. Ketzer-Lexikon Heliolatria, Sonnenverehrung. Weil die ersten Christen den Gebrauch<br />

hatten, daß sie bey Verrichtung ihres Gebeths ihr Angesicht gemeiniglich gegen den Aufgang der Sonnen<br />

richteten, so nahmen die Heyden daher Gelegenheit dieselben <strong>für</strong> Sonnenverehrer auszugeben, und ihnen Schuld<br />

zu geben, daß sie die Sonne anbetheten.Tertull, apol, c. 16 (Z).<br />

Müller 1760 Lohmannin I, 159 wegen einer besorglichen Angelolatrie (Z).<br />

Godeau 1773 Algem. Kirchengesch. 1768ff. (Übers.) (Artikel Chazinzarianisten) Chazinzarianisten oder Chazinarii<br />

kamen zu Anfang <strong>des</strong> 7ten Jahrhunderts zum Vorschein. Sie folgten den Irthümern <strong>des</strong> Arius und Nestorius,<br />

und verehrten kein ander Bild, außer das Kreuz; daher sie Staurolaträ genennet wurden (Z).<br />

Behrisch 1776 Götterlehren 45 Es war kein Ort in der bekannten Welt, wo diese Pyrolatrie nicht gefunden<br />

ward. [---] In Europa war die Pyrolatrie so sehr eingeführt, daß, ohne Rom und Italien zu erwähnen, keine Stadt<br />

in Griechenland anzutreffen war, welche nicht einen Tempel, ein Prytaneum und ein ewiges Feuer hatte (Z).<br />

Lessing 1779 Nachlassfragment Bibliolatrie (Vorrede) (Theol. Nachlaß, S. 85/86) Ich habe das Wort Bibliolatrie<br />

nicht nach Idololatrie gemacht, und will keineswegs damit zu verstehen geben, daß irgend jemand noch izt<br />

Abgötterey mit der Bibel treibe. Daß ehedem dergleichen geschehen, ist wohl nicht zu leugnen. Man überlege<br />

den vielfältigen Aberglauben, zu welchem besonders das Evangelienbuch in den dunklen Zeiten gemisbraucht<br />

worden: den knechtischen Respekt, den man <strong>für</strong> das materielle Buch hatte, <strong>des</strong>sen Geist man so wenig kannte.<br />

Wer den Greuel beysammen haben will, der lese Joh. Andr. Schmidts Exercitationum historico-theologicarum<br />

dritte, de cultu Evangeliorum. Das alles entsprang aus Abgötterey; oder lief auf Abgötterey hinaus. Und warum<br />

so weit zurückgehen? Wenn noch im Anfange dieses Jahrhunderts ein angesehener Theolog der lutherischen<br />

Kirche [...] es <strong>für</strong> nöthig hielt, die Frage, ob die heil. Schrift Gott selbst sey? in einer eignen Schrift zu erörtern:!<br />

so muß es doch wohl Leute gegeben haben, welche diese Frage mit Ja beantworten zu müssen geglaubt. Wie<br />

sollte es deren auch keine gegeben haben, da Luther selbst ihnen in einer so wunderbaren Bejahung vorgegangen<br />

war? (Z).<br />

Wahl 1784 Morgenländ. Spr. 378 Frühe behandelten Egypter Theodicee oder natürliche Theologie [...]. Etwa<br />

gegen das Zeitalter Josephs erhielt sie ihr idololatrisch- und Mysterien-Gewand ( 2 DFWB).<br />

Vierthaler 1789 Philosoph. Gesch. der Menschen u. Völker III, 237, Anm. daß der Feuer- und Sternedienst um<br />

diese Zeit ganz vom Bilderdienst, der Zoo- und Anthropolatrie verdrängt war (Z).<br />

1792 ADB 107,1; 89 [unter I. Protestantische Gottesgelahrtheit, Rezension zu Lavaters Evangel. Handb. f. Christen<br />

(1790)] Ist nicht die Lavaterische Art zu erklären und Erbauung zu suchen Logolatrie? (Z).<br />

Schmid 1792 Moralphilosophie 834 (Register) Theolatrie (Z).<br />

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52<br />

Henke 1806 Allgem. Gesch. d. Christl. Kirche III, 423 Calvin selbst hütete sich wol, den zwischen Luthers und<br />

seiner Meynung in diesem Stück [Abendmahlslehre] obwaltenden Unterschied, der auch leicht zu finden war,<br />

aufzudecken, oder gar ihn wichtig zu machen und Streit darüber anzufangen. Auch enthielt er sich gänzlich der<br />

unartigen, ekelhaften und empörenden Benennungen Artolatrie, Kreophagie* (49), Impanation, mit welchen<br />

Luthers Meynung von manchen andern bezeichnet zu werden pflegte. Selbst Beza vergaß sich, als man schon<br />

durch den Streit der beyden Seiten sehr erhitzt war, wol so sehr, daß er das Lutherische Abendmal ein cyklopisches,<br />

polyphemisches Essen schalt (Z).<br />

CAMPE FWB 1813 Zooláter, ein Thieranbeter. / Zoolatrie, die Thier-anbetung oder die Thiervergötterung (BG<br />

zo(o)-).<br />

Augusti 1820 Feste der alten Christen III, 259 So zeigt sich überall der griechische Ursprung der Hagiolatrie!<br />

[zu den 1 480 Heiligen <strong>des</strong> Bibliothekars Anastasius] Auch hat es in der abendländischen Kirche zu keiner Zeit<br />

an Männern gefehlt, welche durch liberale Grundsätze den reißenden Strohm <strong>des</strong> Aberglaubens wenigstens aufzuhalten<br />

suchten [Augustin, Leo der Große und liturgische Schriftsteller <strong>des</strong> 8 und 9. Jh.s; die hierzu von Augusti<br />

zitierten Quellen weisen im Zusammenhang den Begriff hagiolatria selbst nicht auf] (Z).<br />

Böttiger 1826 Ideen zur Kunst-Mythologie I, 31 Unter Alexander Severus bekamen die Christen die ersten Kirchen:<br />

Mit Constantins Staurolatrie entsteht eine Coalition beider Religionsfamilien (Z).<br />

Krug 1828 Handwb. phil. Wissenschaften 1827ff. (Artikel Ophiten) [...] Die Ophiolatrie oder der Schlangendienst<br />

ist [...] eine besondre Art der Zoolatrie oder <strong>des</strong> Thierdienstes (Z).<br />

Krug 1829 Handwb. phil. Wissenschaften 1827ff. (Artikel Uranolatrie [...]) Uranolatrie und Uranotheismus [...]<br />

ist Verehrung <strong>des</strong> Himmels und der Gestirne, indem der Uranotheist dieselben als göttliche Wesen betrachtet [...]<br />

(Z).<br />

Krug 1829 Handwb. phil. Wissenschaften 1829ff. (Suppl.-bd.) (Artikel Dogmatologie und Dogmatopöie) – Zusatz:<br />

Die damit oft verbundne Dogmatolatrie ist die blinde Anhänglichkeit an gegebne Lehrsätze (dogmata)<br />

gleichsam eine Verehrung (latreia) derselben als heilige Gegenstände. <strong>Diese</strong>r Dogmatolatrie haben sich aber<br />

nicht bloß Theologen, sondern auch Philosophen schuldig gemacht. So hielten es viele Epikureer <strong>für</strong> Verbrechen<br />

und Gottlosigkeit (paranomhma kai asebhma) etwas andres zu lehren, als der Stifter ihrer Schule (Z).<br />

Schleiermacher 1830 Christl. Glaube I, 47 Der Gözendiener kann sehr füglich nur Ein Idol haben, ohne daß<br />

diese Monolatrie irgend eine Aehnlichkeit hätte mit dem Monotheismus; denn er scheibt dem Gözen nur einen<br />

Einfluß auf ein beschränktes Gebiet von Gegenständen oder Veränderungen zu, über welches hinaus sein eigenes<br />

Interesse und Mitgefühl sich nicht erstreckt (Z).<br />

Augusti 1837 Handbuch christl. Archäologie III, 596 Die schon erwähnte Stelle Apologet. c. 16. [Tertullian] [...]<br />

beziehet sich auf den Vorwurf der Staurolatrie. Man kann mit Recht fragen: wie die Heiden darauf gekommen<br />

seyn sollten, die Christen crucis religiosos zu nennen, wenn sich bey diesen keine Veranlaßung dazu fand? und<br />

wie Tertullianus diese Vergleichung habe anstellen können, wenn die Christen ohne Kreuz-Zeichen waren? (Z).<br />

Augusti 1837 Handbuch christl. Archäologie III, 695 Bey der Reformation wurde, mit allgemeiner Uebereinstimmung,<br />

zugleich mit der Hagiolatrie auch alle Reliquien-Verehrung (oder, wie man sie auch nannte, Skeletolatrie)<br />

abgeschafft (Z).<br />

[Krug 1838 Handwb. phil. Wissenschaften 1832ff. (Suppl.-bd. zur 2. Aufl.) (Artikel Pseudolatrie) Pseudolatrie<br />

(yeudolatreia, von yeudow, Falschheit, Trug, und latreia, Dienst, Verehrung, bedeutet einen falschen Gottesdienst<br />

oder eine unechte Gottesverehrung, deren die christlichen Schriftsteller, welche das Wort zuerst gebildet<br />

zu haben scheinen, die Heiden wegen ihres polytheistischen Götzendienstes beschuldigten. In<strong>des</strong>sen hat sich<br />

die Pseudolatrie auch in die christliche Kirche eingeschlichen. Denn wo Bilderverehrung (Ikonolatrie oder<br />

Idololatrie) stattfindet, da ist auch Pseudolatrie (Z).]<br />

Siegel 1838 Handbuch christl.-kirchl. Alterthümer IV (Artikel Rosenkranz) Das Lächerlichste jedoch und Uebertriebenste<br />

in Beziehung auf den Rosenkranz ist damit behauptet worden, daß Maria selbst den Rosenkranz soll<br />

abgebetet haben. Meyer in der Abhandlung de Rosario p. 48ff. beschuldigt darum die Maria der Idiolatrie* (50)<br />

(Z).<br />

Hoffa 1846 Erklären<strong>des</strong> FWB Pyrolatrie, die (griech.) Feueranbetung, Feuerdienst (Z).<br />

1852 ERSCH-GRUBER 1818ff. (Artikel Gebet, Anm. 81) [...] Das Abgöttische und Heidnische der Hagiolatrie<br />

suchte man schon vor der Reformation durch die Unterscheidung der Bezeichnung douleißa (Verehrung der<br />

Heiligen), uÖperdouleißa (der Maria), latreißa (Gottes) abzuweisen; ebenso durch Bestimmungen gegen die<br />

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53<br />

Aufnahme <strong>des</strong> miserere nobis in die Anrufungen der Heiligen [...], denen nur das orare zukommt (ora pro nobis<br />

etc.) (Z).<br />

1854 KL. BROCKHAUS 1854ff. Anthropolatrie (grch.), Menschenanbetung, ist die göttliche Verehrung, welche<br />

man Menschen zu theil werden läßt. Die Christen beschuldigten die Heiden der A., weil dieselben die Helden<br />

der Vorzeit unter die Götter versetzt hatten; dagegen wurden von den Heiden die Christen Anthropolatren genannt,<br />

weil sie dem Menschen Jesus göttliche Ehre erwiesen. A. warfen im 4. Jahrh. die Apollinaristen der<br />

Kirche vor, da diese in Christo einen wahren Gott und einen wahren Menschen verehrte. A. nennt man sodann<br />

auch jede unwürdige Menschendienerei (Z).<br />

1857 HERDER 1854ff. Bibliolatrie, Bibelverehrung, indem man über dem Buchstaben den Geist vergißt (Z).<br />

1859 PIERER 1857ff. Idiolatrie (gr.), Selbstanbetung (Z).<br />

KALTSCHMIDT FWB 1863 [wie CAMPE 1813, dazu noch:] zoolatrisch Thiere anbetend (BG zo(o)-).<br />

* (?) SANDERS FWB 1871 [Onom]-atolatrie [...]: götzendienerische Verehrung eines berühmten Namens, Auktoritätsgläubigkeit*<br />

(51) (Z).<br />

1905 MEYER 1905ff.* (52) (Artikel Angelolatrie) Angelolatrie (griech., „Anbetung der Engel“) kam in der<br />

christlichen Kirche schon in den ersten Jahrhunderten auf. Das zweite Nicäische Konzil (787) und ihm folgend<br />

das Tridentinum statuierten nur eine Verehrung der Engel wegen ihrer Macht und Vollkommenheit, im Unterschied<br />

von ihrer Anbetung. Der Protestantismus verwirft bei<strong>des</strong> (Z).<br />

1905 MEYER 1905ff. (Artikel Anthropolatrie) Anthropolatrie (griech.), göttliche Verehrung menschlicher Wesen,<br />

wurde von den Christen den Heiden, weil diese ihre Heroen, namentlich auch die römischen Kaiser, vergötterten,<br />

von den Heiden aber den Christen wegen ihrer göttlichen Verehrung <strong>des</strong> „Menschen“ Jesus vorgeworfen<br />

(Z).<br />

1905 MEYER 1905ff. (Artikel Bibliolatrie) Bibliolatrie (griech., „Bibelanbetung“), übertriebene abergläubische<br />

Verehrung <strong>des</strong> biblischen Wortes (Z).<br />

1906 MEYER 1905ff. (Artikel Christolatrie) Christolatrie (griech.), „Christusverehrung“ mit Hintansetzung der<br />

Verehrung Gottes (Z).<br />

1907 MEYER 1905ff. (Artikel Idiolatrie) Idiolatrie (griech.), Selbstanbetung (Z).<br />

1908 MEYER 1905ff. (Artikel Logolatrie) Logolatrie (griech.), übertriebene Verehrung <strong>des</strong> Wortes oder der<br />

Vernunft (Z).<br />

1909 MEYER 1905ff. (Artikel Sarkolatrie) Sarkolatrie (griech., „Fleischanbetung“), soviel wie Anthropolatrie<br />

(s. d.) (Z).<br />

Bloch 1921 (1963) Münzer 223/24 daß sich gerade die neuere Bibelkritik [...] doch nur im grundsätzlichen Bruch<br />

mit Luthers Bibliolatrie ermöglichte, daß vor allem auch die religiöse Toleranz, welche selbst die außerbiblischen<br />

Religionsdokumente in esoterischer Analogie erforschen und deuten ließ, dem Luthertum so fern als<br />

denkbar steht und sich eben erst aus dem mystischen Spiritualismus säkularisierte [vgl. hierzu Lessings Kritik an<br />

Luthers „Bibliolatrie“ in seinem Nachlassfragment von 1779] (Z).<br />

Pekrun 1933 Angelolatrie [...]: Anbetung der Engel (Z).<br />

Pekrun 1933 Artolatrie [...]: Dienst ums Brot: Anbetung <strong>des</strong> Brotes, der Hostie (Z).<br />

Pekrun 1933 Astrolatrie [...]: Sternenverehrung (Z).<br />

Pekrun 1933 Bibliolatrie [...]: Bibelanbetung, -verehrung (Z).<br />

Pekrun 1933 Dogmolatrie [...]: blinde Anhänglichkeit an ein Dogma (Z).<br />

Pekrun 1933 Hagiolatrie [...]: Heiligenverehrung (Z).<br />

Pekrun 1933 Heliolatrie [...]: Sonnenanbetung (Z).<br />

Pekrun 1933 Idiolatrie [...]: Selbstanbetung; vgl. Idolatrie und Idololatrie (Z).<br />

Pekrun 1933 Idolatrie: Verkürzung und östr. Form von Idololatrie. Idololater [...]: Götzendiener. Idololatrie<br />

[...]: „Bilderdienst“, Götzendienst (Z).<br />

Pekrun 1933 Ikonolatrie [...]: Bilderanbetung (Z).<br />

Pekrun 1933 Logolatrie [...]: übertriebene Verehrung <strong>des</strong> Wortes oder der Vernunft (Z).<br />

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54<br />

Pekrun 1933 (unter Papa) [...] Papolatrie [...]: übertriebene Anhänglichkeit an den Papst (Z).<br />

Pekrun 1933 (unter Papismus) Papismus, Papist, Papolatrie usw.; vgl. Papa (Z).<br />

Sdorra 1979 Theorie und rechtsgeschichtliche Dogmolatrie [...] (Titel) [<strong>für</strong> 1979 als in Arbeit ausgewiesene<br />

rechtshistorische Untersuchung] (Z).<br />

Brückner/Sauter 1984 Rückl. Wortliste z. heutigen Deutsch Astrolatrie, Dogmolatrie, Heliolatrie, Idiolatrie,<br />

Idololatrie, Ikonolatrie, Logolatrie, Monolatrie, Ophiolatrie, Theolatrie, Uranolatrie (Z).<br />

*taz 22.7.1988 Um eine Hagiolatrie, Verklärung Batailles zu verhindern, sollte man doch bitte auch die Art der<br />

„Eingekerkertheit“ der Äußerungen seiner Liebe gründlich beleuchten, nicht nur oberflächlich, modisch (CK).<br />

Nürnb. Nachr. 18.2.1995 „Wer Schlangen anbetet, begeht Ophiolatrie“ (CK).<br />

*Zeit 4.4.1997 Die zwei bislang erschienenen Biographien, oder besser Hagiolatrien <strong>des</strong> Labour-Führers (CK).<br />

*Frankf. Rundschau 9.11.1998 bis zur stalinistischen Ikonolatrie (CK).<br />

(*) Schütt 1998 Zurück zur postökologist. Natur 27 Nicht daß er die Kulturwerke zu Selbstzwecken idolatrisierte<br />

und fetischisierte, war ihm ja vorzuwerfen gewesen (CK).<br />

* (?) St. Galler Tagblatt 3.3.1999 Zurzeit gastiert die Wanderausstellung über die Kultur der Abtei St.Gallen im<br />

Westen Australiens und hat dort offensichtlich Aufsehen erregt. Bei den Bildern der alten Handschriften, den<br />

Schätzen der Stiftsbibliothek werde aus dem gewöhnlichen «Bücherfreund» ein «Bibliomane», oder er falle<br />

gleich in die «Bibliolatrie», in die abgöttische Bücherverehrung. Ob dies wohl eine Sünde sei, fragt sich der<br />

Autor, der die St. Galler Bibliothek nicht nur beschreibt, sondern wie ein Barde besingt (CK).<br />

DUDEN GFWB 2000 Angelolatrie [...] : Engelverehrung<br />

(Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Anthropolatrie [...] ): gottähnliche Verehrung<br />

eines Menschen, Menschenkult. anthropolatrisch: Menschen-, Personenkult betreibend (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Artolatrie [...]: Anbetung Christi in der Gestalt <strong>des</strong> Brotes [hier wie bei den meisten der<br />

weiteren Buchungen erfolgen keine verwendungsbezogene Angaben ] (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Astrolatrie [...] : Sternverehrung<br />

(Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Bibliolatrie [...] ): a) übermäßige Verehrung<br />

heiliger Bücher, bes. der Bibel; b) Buchstabengläubigkeit. bibliolatrisch: die Bibliolatrie betreffend (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Christolatrie [...]: Verehrung Christi als Gott (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Dämonolatrie [...]: (veraltet) Teufelsverehrung, -anbetung (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Hagiolatrie [...] : Verehrung<br />

der Heiligen (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Idiolatrie [...] : Selbstvergötterung,<br />

Selbstanbetung (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Idolatrie, Idololatrie [...] :<br />

Bilderverehrung, -anbetung, Götzendienst (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Ikonolatrie [...] : svw. Ikonodulie<br />

(Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Logolatrie [...] : (veraltet) übermäßige Verehrung <strong>des</strong><br />

Wortes od. der Vernunft (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Mariolatrie [...] : Marienverehrung (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Monolatrie [...]: Verehrung nur eines Gottes (ohne andere zu leugnen) (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Onolatrie [...] : abwertende heidnische Bez. <strong>für</strong> den frühchristlichen Glauben,<br />

da Jesus auf einem Esel in Jerusalem einzog (Z).<br />

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55<br />

DUDEN GFWB 2000 Onomatolatrie [...] : (veraltet) übermäßige<br />

Verehrung <strong>des</strong> Namens einer berühmten Persönlichkeit (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Ophiolatrie [...] : religiöse Verehrung von<br />

Schlangen (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Staurolatrie [...] ): Verehrung<br />

<strong>des</strong> Kreuzes (in der Ostkirche) (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Theolatrie [...] : (veraltet) Gottesverehrung, Gottesdienst (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Uranolatrie [...] : göttliche Verehrung der<br />

Himmelskörper (Z).<br />

DUDEN GFWB 2000 Zoolatrie [...] ): Verehrung tiergestaltiger Götter (Z).<br />

*FAZ 8.1.2001 Die Porträtreihen sind geprägt von einer idolatrischen Darstellung von Jugend (CK).<br />

*FAZ 2.5.2001 Zugeständnisse an die Idolatrie <strong>des</strong> Völkischen (Z).<br />

*Kremer 2001 „Wiss. Rechtsphilosophie“ Bergbohms 120 Das [Anführungszeichen <strong>für</strong> Recht in bestimmten<br />

Zusammenhängen] beabsichtigte kein grundsätzliches Infragestellen der Ordnungsfunktion <strong>des</strong> Rechts, aber es<br />

vermied die Idolatrisierung <strong>des</strong> „Rechts“ (Z).<br />

*FAZ 21.1.2005 die idolatrische Verehrung und Feier eines Herrschers (CK).<br />

*taz 15.4.2005 CDU-Papst Helmut Kohl zelebriert seine Idiolatrie auch gerne mal öffentlich, und die Anbetung<br />

aus „aller Welt“ genoss er sichtbar (CK).<br />

*Zeit (online) 27.7.2006 Fetischistische oder idolatrische Kulte im Sport oder im Konsum (CK).<br />

Hund 2006 Christologie u. Abendmahlslehre 642/43 wie mit der Annahme einer Realpräsenz von Christi Leib<br />

und Blut im Abendmahl noch effizient der altgläubigen Irrlehre der Artolatrie widersprochen werden könne (Z).<br />

Hund 2006 Christologie u. Abendmahlslehre 667 Mit aller Entschiedenheit wehren sich Cruciger, Moller, Widebram<br />

und Pezel gegen das Anbeten <strong>des</strong> Brotes in den irdischen Abendmahlsfeiern, das sie sowohl in der altgläubigen<br />

Transsubstantiationslehre als auch in der lutherischen Vorstellung einer Identität von Brot und Leib Christi<br />

gegeben sehen. <strong>Diese</strong>r Götzendienst der aörτολατρεία stellt <strong>für</strong> sie den verhängnisvollsten Irrtum der mittelalterlichen<br />

Theologiegeschichte dar, wird durch ihn doch Gott seine Ehre als Schöpfer entzogen und die Schöpfung<br />

angebetet und verehrt [ohne die Anmerkungen Hunds] (Z).<br />

BBKL (2010) (zu: Henke, Heinrich Philipp Konrad) Die Dogmatik wollte er reinigen von der „Christolatrie“,<br />

der „Bibliolatrie“ und der „Onomatolatrie“, dem Bestreben, veraltete Lehrformen und Begriffe festzuhalten<br />

(Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb.* (53) Angelolatrie gr., Engelverehrung (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Artolatrie gr., göttliche Verehrung <strong>des</strong> Brotes (ref. Vorwurf<br />

geg. luth. Abendmahlslehre, → Spendeformel) (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Bibliolatrie gr., , Buchstabengläubigkeit<br />

(Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Christolatrie, Christusverehrung unter Zurücksetzung der<br />

Verehrung Gottes (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Hagiolatrie, Heiligenverehrung (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Idiolatrie gr., Selbstvergötterung (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Ido(lo)atrie, Götzendienst (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Ikonodulie, -latrie, Bilderverehrung; (im Ggs. zur gr.orth.<br />

Kirche) kath.: die Verehrung gilt nur der dargestellten Person → cultus relativus personae, CIC (1917) (Z).<br />

[Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. latreia (latria) gr., Dienst; kath.: Gott und Christus allein<br />

gebührende Anbetung [...] (Z).]<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Mariolatrie gr., Verehrung der Maria → Hyperdulie [dort:<br />

gesteig. Verehrung; kath.: der Mutter Jesu gebührend, → latreia, → Dulie] (Z).<br />

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56<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. Monolatrie gr., Verehrung eines Gottes, ohne die Existenz<br />

anderer Gottheiten auszuschließen; → Henotheismus, → Monotheismus (Z).<br />

Albus 2011 Im Licht der Finsternis IX, 205 Die Bildhauer der Kathedralen von Chartres, Amiens und Paris haben<br />

die Idolatrie als einen Menschen dargestellt, der ein affenartiges Wesen mit einem Gesicht auf dem Unterleib<br />

anbetet. Von der Selbstvergötterung, die aller Vergötzung zugrundeliegt, war Proust gefeit (Z).<br />

Gruppe 2<br />

(ohne Register)<br />

Friedr. Wilh. IV. 31.7.1849 briefl. an Bettina (B. v. Arnim, Gedichte, Prosa, Briefe 293) Ihr Bekenntniß von dem<br />

Ursprung Ihre [!] Goetholatrie [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, jüngeres frz. goetholâtrie (1863)] (Z).<br />

SANDERS FWB 1871 [Negr]-olatrie [...] Negromanie, dazu: Negrolatrisch [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz.<br />

négrolâtre (1835)] (Z).<br />

Hellwald 1878 Umgestaltung <strong>des</strong> Orients 86 Anglolatrie [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. anglolâtrie (1844)]<br />

(SB).<br />

vor Anhäuser 1985 Lothringen 330 Höheren Ansprüchen genügen «La Réserve» in Gerardmer, «Le Gastrolâtre»<br />

in Nancy [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. gastrolâtre (1552)] (Z).<br />

Rutkowski 1989 Péladan 195, Anm. 32 Péladan* (54) forciert hier seine Wagnerolatrie – der Wagnerkult erreicht<br />

zur gleichen Zeit in Paris seinen Höhepunkt [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. wagnérolâtrie (vor 1936),<br />

wagnerolâtre (1895)] (Z).<br />

Spiegel 8.12.1995 SPIEGEL: Trägt Bun<strong>des</strong>kanzler Helmut Kohl mit seiner Euro-Besessenheit also Mitschuld an<br />

Frankreichs Misere? Todd: Die Gefahr liegt weniger bei Kohl und den Deutschen als bei einer in Frankreich<br />

grassierenden „Germanolâtrie“, einer Deutschen-Vergötzung [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. germanolâtrie<br />

(1863)] (Z).<br />

Zemb 1998 Leçons terminales 29 Sie [die Alamodisten] haben weder das Deutsche als eigengesetzlich erkannt<br />

noch ein leistungsfähiges tertium comparationis gesucht, sondern das damals herrschende, fremde Deskriptionsund<br />

Interpretationskonzept <strong>des</strong> sich als universal gebenden bzw. aufdrängenden französischen Schemas übernommen.<br />

Ihre Zweisprachigkeit war denn auch keine paritäre. Die Trägheit ihrer Alamodismen erübrigt das archeologische<br />

Nachspüren der ‘Frankolatrie’ [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. francolâtrie (1896)] (Z).<br />

Berliner Ztg. 24.12.1998 Denn er hat ein eigenes Verfahren der vergegenwärtigenden Recherche entwickelt, das<br />

man als „Topolatrie“, als Ortsvergötzung, bezeichnen könnte. Mit Vorliebe besucht er Originalschauplätze wie<br />

die St. Petersinsel im Bieler See, auf der Rousseau 1765 Zuflucht gefunden hatte. Beim Betreten <strong>des</strong> Rousseau-<br />

Hauses fühlt er sich „zurückversetzt in die vergangene Zeit, eine Illusion, auf die ich umso leichter mich einlassen<br />

konnte, als auf der Insel dieselbe, von keinem noch so fernen Motorgeräusch gestörte Stille herrschte wie<br />

überall auf der Welt von zweihundert Jahren“ (CK).<br />

Zeit (online) 14.3.2001 Die Berlinolatrie <strong>des</strong> Salon du livre (CK).<br />

Berliner Ztg. 26.2.2002 Hugophilie und Hugolatrie: Frankreich feiert den 200. Geburtstag seines Nationaldichters<br />

(Überschr.) [→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. hugolâtrie (1885); → auch unter 3.1.3.1.2.3 die Ausführungen<br />

zu hugolâtre (1830) und jüngerem hugolâtrie, den entscheidenden Wörtern <strong>für</strong> die Herausbildung der<br />

bildungssprachlich produktiven französischen Lehn-Wortbildungseinheit seit dem früheren 19. Jh.] (CK).<br />

Die Südostschweiz 7.1.2006 Vor allem aber gilt die «Mitterrandôlatrie» [!] der schillernden Person <strong>des</strong> Präsidenten<br />

[→ unter 3.1.3.1.3, Gruppe 2, frz. mitterrandolâtrie (1988), mit zahlreichen weiteren Belegen, auch <strong>für</strong><br />

Kombinationen mit tonton, Mitterrands Spitznamen] (CK).<br />

FAS 16.4.2006 Für diese Art der [Shakespeare-]Reverenz* (55) prägte George Bernard Shaw einst den spöttischen<br />

Begriff „Bardolatrie“ (Z).<br />

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57<br />

4. Das produktive neulateinische Lehnsuffix -(o)mastix ‘Kritiker, Tadler; Feind,<br />

Gegner’ in der Bildungssprache <strong>des</strong> Reformationszeitalters. Defizitäre Entlehnung<br />

und Lehn-Wortbildung in Nationalsprachen<br />

Das im Neulatein* (56) aufgekommene produktive Lehnsuffix -(o)mastix ‘Kritiker, Tadler;<br />

Feind, Gegner (<strong>des</strong> in der Basis Genannten)’ ist nicht als ebenso produktive Lehn-Wortbildungseinheit<br />

in die Nationalsprachen weitergegeben worden, wo es unter die konnotierten<br />

Einheiten (Teilsynonyme und Antonyme) der „Semantischen Paradigmata“ von hätte<br />

gezählt werden können. Zitatwörter/Fremdbezeichnungen sind in modernen europäischen<br />

Sprachen gelegentlich belegt und gebucht; nur vereinzelt, und ausschließlich früher, finden<br />

sich nationalsprachliche Lehn-Wortbildungsprodukte mit -(o)mastix.<br />

In den Zusammenhang einer lateinischen und dann französischen (→ unter 5.1.2.2) -Reihe gehört das Suffix nicht. Formale Ähnlichkeit mit spätlateinischem (auf das Griechische<br />

zurückgeführten) masticare ‘kauen’, nlat. mastigabilis ‘kaubar, essbar’ (RAMMIN-<br />

GER) und die in der Tat vorhandenen inhaltlichen Korrespondenzen zwischen Kombinationsbedeutungen<br />

von neulateinischen -(o)mastix-Wörtern und solchen von französischen oder<br />

deutschen gemeinsprachlichen (bildungssprachlichen) -Wörtern (mit -(o)phage<br />

bzw. -fresser) könnten zu einer Fehldeutung dieser Art führen; vgl. die teilsynonymen Bildungen<br />

germanomastix, germanophage, Deutschenfresser; turcomastix, turcophage, Türkenfresser.<br />

Das neulateinische Suffix hat aber, mit einer ganz anderen Bedeutung, seinen Ursprung zweifelsfrei<br />

– und mehr oder weniger direkt – im Griechischen.<br />

4.1 Etymologie – Status der Reihenbildung im Griechischen<br />

Das Lehnsuffix -(o)mastix <strong>des</strong> Neulatein geht zurück auf griech. maßstic, maßstigow ‘Peitsche,<br />

Geißel’, auch übertragen im Sinne von ‘antreibende Kraft, Antrieb’, speziell auf griech.<br />

-o-mastic als zweite Konstituente in Komposita.<br />

Für das Griechische sind Bildungen im eigentlichen und übertragenen Sinne mit maßstic (-omastic)<br />

als zweiter Konstituente in Komposita vereinzelt nachgewiesen, wie<br />

&Omhromaßstic „Homergeißel, so hieß* (57) der Grammatiker Zoilus, wegen seines kleinlichen<br />

Tadels der homerischen Gesänge [...]“ (PAPE), im Plural „generally, of Homeric<br />

critics“ (LIDDELL/SCOTT); &Rhtoromaßstic „Geißel der Redner, Rhetoren, Beiw. eines<br />

gewissen Aeschines von Mytilene [...]“ (PAPE [beide Beinamen in Kleinschreibung]);<br />

klvomaßstic „der im Halseisen gegeißelt wird [...]“ (PAPE) (jeweils ermittelt nach<br />

KRETSCHMER/LOCKER).<br />

Reihenbildende Produktivität ist maßstic in der Ursprungssprache offenbar nicht zugekommen.<br />

4.2 Tradition und Neuerung auf lateinischen Sprachstufen<br />

4.2.1 Entlehnung, Wortbildung in Analogie und Ansätze zur Lehn-Wortbildung im Spätlateinischen<br />

Neben Entlehnung lassen sich Wortbildung in Analogie, Ansätze von Lehn-Wortbildung mit<br />

Einheiten, die Lehnwörtern bzw. Zitatwörtern/Fremdbezeichnungen entnommen oder in<br />

Kenntnis <strong>des</strong> Griechischen übernommen sind, von römisch-hellenistischer Zeit bis zur Spätantike<br />

auch schon <strong>für</strong> das Lateinische – vor den Sprachstufen Mittel- und Neulatein – nachweisen;<br />

auf |anti|/ant(i)- und |theca|/-(o)theca der lateinischen Zeit wurde im Zusammenhang<br />

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58<br />

von Darstellungen zu Entlehnung und Lehn-Wortbildung schon eingegangen; mit |omastix|/<br />

-(o)mastix ist ein weiteres Beispiel gegeben. Vom Graecolatein der Frühen Neuzeit mit seinen<br />

Entlehnungsschüben und seiner Herausbildung neuer Muster weit entfernt, sind dennoch hier<br />

im späteren Latein schon folgenreiche Prozesse und ihre Traditionen von Entlehnung und<br />

Lehn-Wortbildung begründet.<br />

|omastix|/-(o)mastix ist mit folgenden Bildungen im Lateinischen nachweisbar:<br />

Homeromastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Homer’ (< griech. &Omhromaßstic). Der Beiname Homeromastix<br />

<strong>für</strong> den angeblichen Homer-Verächter und -Tadler Zoilus war als Zitatwort/Fremdbezeichnung<br />

in der späteren römischen Antike ebenso bekannt wie die Wandermythen von<br />

<strong>des</strong>sen Leben und Sterben, die in spätlateinischen Texten bezeugt sind (Vitruv; siehe hierzu<br />

Kl. Pauly 1979 (Artikel Zoilos, 4.)). Eine aus dem Namen abgeleitete Bezeichnung im allgemeinen<br />

– also nicht nur auf Homer-Kritiker bezogenen – Sinne von ‘Kritikaster’ ist gleichfalls<br />

schon und offenbar als Neuerung im bildungssprachlichen Spätlatein nachweisbar;<br />

Plinius d.Ä. um 77 n.Chr. Naturalis historia (Ausg. C. Mayhoff) (Praefatio) Ego plane meis adici posse multa<br />

confiteor, nec his solis, sed et omnibus quos edidi, ut obiter caveam istos Homeromastigas (ita enim verius<br />

dixerim), quoniam audio et stoicos et dialecticos epicureosque – nam de grammaticis semper expectavi – parturire<br />

adversus libellos, quos de grammatica edidi, et subinde abortus facere iam decem annis, cum celerius etiam<br />

elephanti pariant / Plinius d.Ä. um 77 n.Chr. Naturgeschichte (Übers. Ph. H. Külb) (Vorrede) Ich gebe recht gerne<br />

zu, daß nicht nur diese Bücher, sondern alle andern, die ich herausgab, mancher Zusätze fähig sind. Ich gestehe<br />

<strong>Diese</strong>s um so lieber ein, um mich im Vorübergehen gegen jene Homersgeißeln *) (* Ungerechte und grobe<br />

Recensenten) sicher zu stellen; denn ich höre, daß die Stoiker und Dialektiker, so wie auch die Epicureer (wie<br />

man von den Grammatikern ohnehin nichts Anderes erwarten konnte) mit einer Wiederlegung der Bücher, die<br />

ich über die Grammatik herausgab, [...] schwanger gehen, und schon zehn Jahre lang fortwährend in<br />

Geburtsnöthen sind, da doch sogar die Elephanten [...] schneller gebären (Z).<br />

Homeromastix ist schon in dieser Zeit Vorbildwort geworden; Ciceromastix ist vermutlich die<br />

erste lateinische Bildung in Analogie. Auf das Griechische zurückgehen<strong>des</strong> Homeromastix<br />

kann in der Folge als Leitwort <strong>für</strong> die Herausbildung einer, wenn auch nur geringproduktiven,<br />

lateinischen Lehn-Wortbildungseinheit -(o)mastix betrachtet werden. Die noch<br />

selten nachweisbaren Kombinationen folgen dem Leitwort Homeromastix im Bezeichnungsund<br />

Benennungsbereichs der Literatur, differenzieren sich aber hier in ihrer Bedeutung<br />

und Verwendung schon aus.<br />

Ciceromastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Cicero’ ist <strong>für</strong> das 1. Jh. n.Chr. als Titel einer „Schmähschrift“<br />

ausgewiesen und möglicherweise auch zu verstehen als eine (per se) positive Selbstbenennung<br />

<strong>des</strong> Autors; „Ciceromastix, igis, m. (Geißel <strong>des</strong> Cicero, ein dem &Omhromaßstic nachgebildetes<br />

Wort), eine Schmähschrift <strong>des</strong> Largius [!] Licinius gegen Cicero, Gell. 17, 1, 1.“<br />

(GEORGES (Artikel Ciceromastix)); vgl. auch Kl. Pauly 1979 (Artikel Larcius [!] Licinius)<br />

„Röm. Jurist <strong>des</strong> 1. Jh. n.Chr. [...]. Vf. einer Schrift Ciceromastix, in der Cicero wegen unpräzisen<br />

Wortgebrauchs angegriffen wurde (Gell. 17, 1)“.<br />

Aeneomastix (Aeneidomastix) ‘Kritiker der „Aeneis“’ ist in den (verlorenen) Dichter-Viten<br />

Suetons (70-? n.Chr.) (nach späterer Zitierung oder Bearbeitung) als Titel („Aeneomastix“)<br />

einer kritischen Schrift <strong>des</strong> Carvilius (Carbilius) Pictor gegen Vergil (70-19 v.Chr.) und sein<br />

Epos bezeugt; → unter 4.2.2.2, 2), Alphabetische Wortliste, den von J. Ravisius Textor<br />

(Offic. II, S. 437) als „Aeneidomastix“ wiedergegebenen Titel dieser Schrift <strong>des</strong><br />

Vergilkritikers („Carbilius tamen grammaticus librum composuit de Virgilianis erroribus, cui<br />

titulus fuit Aeneidomastix“) (RAMMINGER).<br />

grammatikomaßstic<br />

ic „scourge of critics, title of Aus.[onius] Idyll. 14.“ (LIDDELL/SCOTT);<br />

spätlateinisches Lehn-Wortbildungsprodukt in (<strong>für</strong> die Zeit nicht unüblicher) griechischer<br />

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59<br />

Schrift als (später in der Regel transkribierte) Überschrift eines Gedichts <strong>des</strong> Dichters<br />

Ausonius (um 310-um 393 n.Chr.) aus der Gruppe „Technopaegnion“* (58).<br />

Virgiliomastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Vergil’; im Latein der Spätantike vermutlich als polemische Bezeichnung<br />

<strong>für</strong> Vergil-Kritiker lehngebildet von dem als Gegner vergilfeindlicher Kritiker bekannten<br />

Servius (um 400 n.Chr.), Verfasser eines Vergilkommentars (siehe Kl. Pauly 1979,<br />

Artikel Servius); vgl. „Vergiliomastix, igis, f., die Geißel <strong>des</strong> Vergil, v. einem strengen Kritiker,<br />

Serv. Verg. ecl. 2,23.“ (GEORGES).<br />

Die in der Folge tradierten, in der Frühen Neuzeit zitierten lateinischen Wörter aus dem Bezeichnungs-<br />

und Benennungsbereich der Literatur sind <strong>für</strong> die Herausbildung von -(o)mastix<br />

zu einem produktiven neulateinischen Muster entscheidend gewesen. Homeromastix wirkte<br />

auch hier als Leitwort weiter.<br />

4.2.2 Neulateinische Lehn-Wortbildungs-Produktivität<br />

4.2.2.1 Überblick über das neulateinische Lehnsuffix -(o)mastix, Anmerkungen zu seiner<br />

Herausbildung und Verwendung<br />

Überblick<br />

-(o)mastix bezeichnet in Kombinationen Personen in der Regel abwertend als solche, die besonders<br />

andere Personen(gruppen) und <strong>Institut</strong>ionen, aber auch Sachen/Sachverhalte mit (ungerechtfertigter,<br />

kleinlicher, übertriebener) Kritik überziehen, sie attackieren, verfolgen, ihnen<br />

gegenüber feindlich eingestellt sind.<br />

Bildungen mit -(o)mastix als polemisch-positive Selbstbenennungen im Sinne von ‘strenger<br />

Kritiker (<strong>des</strong> in der Basis Genannten)’, beispielsweise in Pseudo-Namen als Eingangstiteln<br />

von Werken sind nachgewiesen, bleiben aber eher selten (wie Criticomastix, (vermutlich<br />

nachträgliches) Hebraeomastix).<br />

-(o)mastix (-(o)mastigis und -(o)masticis) tritt in neulateinischen Kombinationen am häufigsten<br />

auf mit unterschiedlichen Eigennamen als Basiseinheiten, vor allem mit Personennamen,<br />

gelegentlich Völker-, Städtenamen (wie in Aristotimastix, Bezomastix, Caluinomastix,<br />

Eckiomastix, Erasmiomastix, Lutheromastix, Philippomastix (= Melanchthonimastix), Thomaemastix,<br />

Zwingliomastix; Gallomastix, Germanomastix, Turcomastix; Tremoniomastix),<br />

nicht selten auch mit Bezeichnungen <strong>für</strong> Personen(gruppen) in ihren Tätigkeiten und <strong>für</strong><br />

<strong>Institut</strong>ionen (wie in monachomastix, philologomastix, philosophomastix, presbyteromastix,<br />

theologomastix; ecclesiomastix), gelegentlich mit Bezeichnungen <strong>für</strong> Sachen/Sachverhalte<br />

als Basen (wie in bibliomastix, iconomastix).<br />

Außerhalb der ohnehin vorherrschenden Eigennamen-Basen erscheinen die anderen Basiseinheiten<br />

weitgehend in etymologischer Homogenität zum Suffix: Es treten vor allem gleichfalls<br />

aus dem Griechischen entlehnte Einheiten in den Kombinationen auf (vgl. die Beispiele<br />

oben), lateinische gelegentlich (wie in festomastix, hominomastix).<br />

Zur Herausbildung und Verwendung<br />

Das als Zitatwort/Fremdbezeichnung und als Lehnwort in spätlateinischer Neubedeutung/<br />

-verwendung im allgemeineren Sinne von ‘Kritikaster’ tradierte Homeromastix (< griech.<br />

&Omhromaßstic) kann als Leitwort auch <strong>für</strong> die Herausbildung <strong>des</strong> produktiven Lehnsuffixes<br />

-(o)mastix im Neulatein der Frühen Neuzeit betrachtet werden. Andere der vereinzelt überlieferten<br />

und zitierten spätlateinischen Lehn-Wortbildungsprodukte auf -(o)mastix stützen diese<br />

Entwicklung.<br />

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60<br />

Zunehmend häufig nachgewiesen sind relevante Wörter (Namen) <strong>des</strong> Griechischen und Lateinischen<br />

im italienischen Humanismus. Sie sind erwähnt beispielsweise in der Adagia-<br />

Sammlung von Polidoro Vergili (unter dem Eintrag Homeromastix), hier zitiert nach der<br />

Ausg. Straßburg 1509 (schon 1 1498?);<br />

Hic [Zoilus] vero sibi cognomen adoptauerat, vt Homeromastix vocaretur. [...] Tractum inde prouerbiū vt<br />

omnes huiusmodi docto[rum] viro[rum] calumniatores Homeromasticas nominemus. omnibus deni[que]<br />

obtrectatorib[us] accōmodari potest, vt Vergiliomastix. [...] cuius liber inquit etiã fertur nefando titulo Ciceromastix<br />

[...] [im Zeichensatz nicht verfügbare Schrifttypen <strong>des</strong> Originals sind in Klammern aufgelöst, G.H.] (Z).<br />

Bei den italienischen Humanisten Niccolò Perotti (1429-1480), Filippo Beroaldo d.Ä. (1553-<br />

1505) (→ unter 4.2.2.2, 2), Alphabetische Wortliste) findet sich Homeromastix, bei letzterem<br />

möglicherweise wieder in einer allgemeineren Bedeutung/Verwendung (Odi et fugio istos<br />

homeromasticas). Zitatwort/Fremdbezeichnung Homeromastix und mögliches Lehnwort homeromastix<br />

in seiner im Spätlatein aufgekommenen Neubedeutung ‘Kritikaster’ treten jeweils<br />

im Briefwechsel auf; vgl. das nicht seltene Vorkommen neulateinischer -(o)mastix-Kombinationen<br />

in dieser Textsorte.<br />

Erneut und ebenfalls im italienischen Renaissancehumanismus* (59) <strong>des</strong> 15. Jh.s aufgekommen,<br />

ist -(o)mastix als neulateinische Lehn-Wortbildungseinheit in der Folge anhaltend <strong>für</strong><br />

etwa 150 Jahre hochproduktiv verwendet. <strong>Diese</strong>s erneute Aufkommen als Lehnsuffix vollzieht<br />

sich zum Teil in direkter Anlehnung an Zitatwort/Fremdbezeichnung Homeromastix<br />

bzw. Lehnwort homeromastix aus dem Griechischen und an lateinische Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

(wie Vergiliomastix).<br />

In einer Kontroverse der italienischen Humanisten Gian Francesco Poggio Bracciolini und<br />

Guarino Guarini (Veronese) von 1435 über die Bedeutung von Caesar und Scipio wird bei der<br />

Neubildung ausdrücklich auf eine alte lateinische Bildung verwiesen: Einer caesarkritischen<br />

Stellungnahme (<strong>für</strong> eine dritte Person) Poggios von 1435 lässt Guarino Guarini eine Gegenkritik<br />

(ebenfalls 1435) folgen, in der er Poggio als Caesaromastix bezeichnet und im Verlauf<br />

seiner Ausführungen auch auf das spätlateinische Vergiliomastix verweist. In seiner Verteidigung<br />

geht Poggio auf die polemische Neubildung Caesaromastix ein, mit der er bedacht<br />

wurde;<br />

RAMMINGER (Artikel Caesaromastix) Caesaromastix, -igis, m. – ungerechtfertigter Kritiker an Caesar:<br />

GVARINO praest p.119 „Exortus est“ Caesaromastix unus, qui Caesari calumnias intendat et ei tenebras<br />

conetur offundere (zur Bildung vgl. praest p.136 quod et nonnullis olim obvenit, qui, dum vitia vergiliani<br />

carminis intentius carpunt virtutibus omissis, Vergiliomastiges appellati sunt, sc. Serv. Aen. 5,521, ecl. 2,23).<br />

POGGIO def praest p.142 me Caesaromastigen et magis audacem quam fortem scribit et pluribus in locis, contra<br />

ac ius amicitiae nostrae requirit, in me acriter incursat.<br />

Vor der Wende zum 16. Jh. begegnet im italienischen Neulatein noch Platonomastix ‘Kritiker<br />

Platons’.<br />

Überaus produktiv geworden ist das Lehnsuffix -(o)mastix dann seit Anfang <strong>des</strong> 16. Jh.s, zunächst<br />

in der Zeit <strong>des</strong> Humanismus vor allem im Neulatein <strong>des</strong> germanophonen Sprachraums,<br />

dann im Reformationszeitalter selbst, der Spätreformation (nach Luthers Tod) und der Nachreformationszeit<br />

der ersten Hälfte <strong>des</strong> 17. Jh.s. Seine Herausbildung als produktive neulateinische<br />

Lehn-Wortbildungseinheit vollzieht sich zum Teil auf demselben historisch entscheidenden<br />

Hintergrund und im selben geographischen Raum wie ant(i)- in den als deutsch/<br />

germanisch* (60) bezeichneten neulateinischen (und deutschen) Titeln dieser Zeit. Auch<br />

-(o)mastix verweist somit auf eine der regionalen Ausprägungen <strong>des</strong> Neulateins, das auch<br />

selbst Gegenstand einer Untersuchung werden könnte.<br />

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61<br />

Es wird wortbildungsproduktiv genutzt schon in den theologischen Kontroversen <strong>des</strong> frühen<br />

16. Jh.s um Johannes Reuchlin und sein Gutachten zur Erhaltung bestimmter jüdischer Schriften<br />

(1510), in <strong>des</strong>sen Auseinandersetzungen mit dem konvertierten Juden Pfefferkorn, mit<br />

Ortwin Gratius von der Kölner Universität und dem in Köln wirkenden Dominikaner Jakob<br />

von Hochstraten. Polemische Kombinationen mit der Namen-Basis Reuchlin oder dem<br />

graecolatinisierten Capnius (Reuchlin(i)omastix, Capniomastix) finden sich recht häufig bei<br />

seinen humanistischen Unterstützern, wie Erasmus, Crotius, Pirckheimer und Hutten, bei ihm<br />

selbst, sind aufgenommen auch von seinem Gegner, dem in den „Dunkelmännerbriefen“ karikierten<br />

Ortwin Gratius; siehe beispielsweise Capniomastix ex iudaeo christianus (Joachim<br />

Vadian), Rector Agrippinus infamis capniomastix (Reuchlin), Reuchlinomastiges non solum<br />

improbos sed et penitus indoctos et barbaros esse (Erasmus); → insgesamt unter 4.2.2.2, 2),<br />

Alphabetische Wortliste).<br />

In der Reformation, der Anti- und letztlich der Gegenreformation ist das Lehnsuffix<br />

-(o)mastix zunehmend verwendet.<br />

-(o)mastix ist ein konnotiertes Lehnsuffix, das besonders im Bereich der Theologie und deren Kontroversschriften<br />

<strong>des</strong> 16. und 17. Jh.s, im gebildeten (siehe die Briefliteratur) oder allgemeiner fachlichen<br />

Diskurs, zur Wortbildung von in der Regel abwertenden Personenbezeichnungen eingesetzt<br />

wird. Als ...(o)mastiges werden Vertreter einer religiösen Richtung in der Regel abwertend bezeichnet,<br />

die als Kritiker, Tadler, Schmäher, Gegner, Feinde, Verfolger der in der Basis genannten Personen<br />

einer anderen Religionspartei auftreten (Bezomastix, Caluinomastix, Eckiomastix, Lutheromastix,<br />

Melanchthonimastix, Zwingliomastix); gleichfalls polemisch-abwertend bezeichnet als ...(o)mastiges<br />

sind Anhänger der verschiedenen Parteien, besonders aber die Vertreter der Reformation in ihrer tatsächlichen<br />

oder ihnen unterstellten kritischen und feindlichen Sicht auf die in der Basis genannten Gestalten<br />

der biblischen Tradition (Christomastix, hagiomastix (vgl. antonymes pejoratives hagiolatra),<br />

Mariomastix, triadomastix) oder auf Personen (Träger von Funktionen)/<strong>Institut</strong>ionen und Sachen/Sachverhalte<br />

der Kirchengeschichte und theologischen Wissenschaft, an denen sich die Kontroversen<br />

der Zeit seit dem früheren 16. Jh. festmachen (monachomastix, papaemastix, presbyteromastix;<br />

ecclesiomastix; bibliomastix, canonomastix, euangeliomastix, iconomastix).<br />

Anders als das antonyme -(o)latra ‘Vergötzer; falscher Anbeter’ (mit -(o)latria ‘Vergötzung;<br />

falsche Anbetung’) dient -(o)mastix insgesamt nur zur allgemein polemisch-abwertenden ad<br />

hoc-Bezeichnung von einzelnen Personen speziell <strong>des</strong> Bereichs der Theologie; verfestigte,<br />

terminologisierte Bezeichnungen <strong>für</strong> Personengruppen sind auch später aus den Kombinationen<br />

nicht hervorgegangen, wie sie <strong>für</strong> Vertreter von diskriminierten religiösen Gruppen/Sekten<br />

schon historisch mit |olatra|-Lehnwörtern aus griechischen Sprachstufen in der<br />

Regel vorliegen. -(o)mastix ist kein Suffix, das zur Bildung von theologischen Termini im eigentlichen<br />

Sinne beigetragen hat.<br />

Die neulateinischen Wörter auf |omastix| haben keine Buchungstradition. Trotz ihres gelegentlichen<br />

Mehrfachauftretens, das in den Auseinandersetzungen <strong>des</strong> Reformationszeitalters<br />

auch hier der Verschränkung der Repliken innerhalb der Kontroversen zu verdanken ist, sind<br />

sie ephemer geblieben, mit Ausnahme weniger Zitatwörter/Fremdbezeichnungen (Titelwörter).<br />

Hier bezeugen auch bildungssprachliche -(o)mastix-Kombinationen mit zeitgenössischen<br />

Namen-Basen, die in griechischer Schrift in gemischtsprachigen Texten erscheinen, eindeutig,<br />

dass sie dem „klassischen“ Griechisch der Zeit als einer Prestigesprache der Gebildeten<br />

(vergleichbar seinem Status und Gebrauch in der späteren römischen Antike) entstammen und<br />

nicht als entlehnte Wörter aus dem Griechischen später Sprachstufe in Betracht gezogen wer-<br />

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62<br />

den müssen* (61); vgl. dagegen die bei bestimmten -(o)latria- und -(o)latra-Fachtermini in<br />

griechischer Schrift auf dem Hintergrund der Forschungslage aufgekommenen Unsicherheiten.<br />

-(o)mastix wurde nicht nur nicht kontinuierlich in die modernen europäischen Bildungssprachen<br />

als Lehnsuffix übernommen, es ist auch im Neulatein selbst auf der zeitlichen Strecke<br />

geblieben: seine Hauptzeit als produktive Lehn-Wortbildungseinheit hat es im Zeitalter der<br />

(Vor-)Reformation, Spät- und Nachreformationszeit erlebt* (62), über das 17. Jh. ist es nicht<br />

hinausgekommen. Dass bis heute gelegentlich Zitatwörter/Fremdbezeichnungen, besonders<br />

Titelwörter, aus dem Griechischen, Spätlateinischen und Neulateinischen, vereinzelt aus Nationalsprachen,<br />

mit der untergegangenen Einheit in der fachhistorischen europäischen Literatur<br />

und in Artikeldiskursen von Enzyklopädien auftreten, wenn auch nicht in Wörterbüchern,<br />

ist auch hier wieder nichts Ungewöhnliches.<br />

4.2.2.2 Chronologisches Register, alphabetische Wortliste, Autorenverzeichnis<br />

Das Verzeichnis der neulateinischen Kombinationen mit -(o)mastix und der Lehnwörter auf<br />

|omastix| beruht weitestgehend auf<br />

Ramminger, Johann: Neulateinische Wortliste. Ein Wörterbuch <strong>des</strong> Lateinischen von<br />

Petrarca bis 1700 (Stand 2011)<br />

Im Wörterbuch Rammingers verzeichnete Kombinationen mit -(o)mastix und Lehnwörter auf<br />

|omastix| sind im Folgenden mit Bedeutungserläuterungen und Autornamen – aber ohne die<br />

dort einsehbaren Belege – alphabetisch aufgelistet.<br />

Eigene Verweise und Erklärungen habe ich gelegentlich in eckigen Klammern beigegeben.<br />

Fettdruck <strong>für</strong> Einträge zeigt an, dass die zugehörigen Belege nicht oder nicht mit dem „Erstbeleg“<br />

in RAMMINGER zu suchen wären; die Bildungen stammen aus einigen wenigen zusätzlichen<br />

eigenen Belegen, die hier mit Angabe der Quelle und gegebenenfalls mit Anmerkungen<br />

in die Liste eingefügt sind.<br />

Um einen Überblick über die Hauptzeit der -(o)mastix-Produktivität zu gewährleisten, sind<br />

die den Belegen Rammingers selbst nicht (oder nur gelegentlich, wie <strong>für</strong> Briefe zum Beispiel)<br />

beigegebenen Datierungen aus seiner separaten (Bio-)Bibliographie („Zitierte Autoren“) und<br />

anderen Quellen nachgetragen. Wo Einzeldatierungen, beispielsweise aufgrund der Angabe<br />

späterer Editionen und Werkausgaben oder wegen (meiner) Unsicherheiten nicht möglich waren,<br />

habe ich wenigstens mit den Sterbedaten der Autoren (vor ...) den zeitlichen Rahmen <strong>des</strong><br />

Auftretens vage umrissen – und mit dieser Lexikographen-Notlösung die Schwierigkeit weiterer<br />

bibliographischer Recherchen umgangen; → das vorausgehende chronologische Register<br />

<strong>für</strong> den sog. Erstbeleg (1)).<br />

Die alphabetisch geordnete, umfassendere Wortliste (2)) enthält auch die Daten <strong>des</strong> chronologischen<br />

Registers und die Autorennamen.<br />

Ein Autorenverzeichnis (3)) dokumentiert die Namen der neulateinischen Autoren, bei denen<br />

sich |omastix|-Lehnwörter aus dem Griechischen sowie lateinische -(o)mastix-Bildungen und<br />

vor allem die jeweils mit -(o)mastix lehngebildeten neulateinischen Kombinationen nachweisen<br />

lassen. Das Verzeichnis soll <strong>für</strong> den beschriebenen Zeitraum der -(o)mastix-Produktivität<br />

nochmals einen – nun schnelleren – Überblick über den personalen kulturellen und theologisch-politischen<br />

Hintergrund der wortbildenden Verwendung <strong>des</strong> neulateinischen Lehnsuffixes<br />

-(o)mastix in der Frühen Neuzeit ermöglichen.<br />

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63<br />

1) Chronologisches Register<br />

Das chronologische Register führt nur die Datierungen <strong>für</strong> den bislang bekannten so genannten<br />

Erstbeleg <strong>für</strong> das Neulatein auf; die alphabetische Wortliste enthält dagegen alle vorgefunden<br />

Einträge mit ihren Datierungen.<br />

1435 / Caesaromastix<br />

1470 / griech. / spätlat. / Homeromastix<br />

1475 vor / Platonomastix<br />

1502 vor / euangeliomastix<br />

1502 um / theologomastix<br />

1508 / Criticomastix<br />

1509 / spätlat. / Ciceromastix<br />

1509 / spätlat. / Virgiliomastix<br />

1512 / Capniomastix<br />

1516 / philosophomastix<br />

1517 / Reuchlin(i)omastix<br />

1519 um / Hieronymomastix<br />

1519 / Eckiomastix<br />

1519 / Erasmiomastix<br />

1519 / Erasmomastix<br />

1520 / spätlat. / Aeneidomastix (Aeneomastix)<br />

1520 / Lutheromastix<br />

1521 / Aleandromastix<br />

1521 / hominomastix<br />

1522 / icomastix<br />

1524 / canonomastix (canonemastix)<br />

1525 / Antilutheromastix<br />

1525 / hagiomastix<br />

1525 / papaemastix<br />

1525 / Petrimastix<br />

1526 / Hieronymiomastix<br />

1529 / iconomastix<br />

1531 vor / Iobimastix<br />

1533 / barbaromastix<br />

1534 / Thomaemastix<br />

1537 / Mosemastix<br />

1540 vor / Gallomastix<br />

1543 vor / Aristotimastix<br />

1543 / Christomastix<br />

1545 / Zwingliomastix<br />

1546 / Tremoniomastix<br />

1546 vor / Pintiomastix<br />

1551 / Caluinomastix<br />

1555 vor / Arthuromastix<br />

1556 vor / presbyteromastix<br />

1559 / Paulomastix<br />

1571 vor / monachomastix<br />

1574 / Pliniomastix<br />

1582 / Melanchthonimastix<br />

1584 / Turcomastix<br />

1591 / calomastix<br />

1594 vor / Mahumetimastix<br />

1595 (-99) / Galenomastix<br />

1597 / ecclesiomastix<br />

1598 / atheomastix<br />

1602 / Hebraeomastix<br />

1602 / Mariaemastix (Mariomastix)<br />

1602 vor / poetomastix<br />

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64<br />

1605 / mystomastix<br />

1606 / Lipsiomastix<br />

1609 vor / philologomastix<br />

1612 vor / Artomedomastix<br />

1613 / bibliomastix<br />

1614 / haeresomastix<br />

1615 / Pareomastix<br />

1619 / Euclideomastix<br />

1620 / Bezomastix<br />

1620 / gamomastix<br />

1620 / Picinomastix [!]<br />

1623 / festomastix<br />

1623 / Histriomastix<br />

1623 / maypolemastix<br />

1623 / Vtriculariomastix<br />

1628 / Philippomastix<br />

1631 / haereticomastix<br />

1650 / Cyrillomastix<br />

1651 / triadomastix<br />

1661 vor / Grotiomastix<br />

1662 / Irenicomastix<br />

1670 vor / Priscianomastix<br />

1677 / grammatomastix<br />

1694 / Germanomastix<br />

2) Alphabetische Wortliste<br />

spätlat./1520/Aeneidomastix „der die Aeneis Vergils kritisiert“ (Titel und Pseudo-Name, bezeugt<br />

in J. Ravisius Textor, 1520); → unter 4.2.1 den als „Aeneomastix“ wiedergegebenen<br />

Titel (Pseudo-Namen)<br />

1521 / Aleandromastix „der Aleander angreift“ (H. Aleander, 1521)<br />

1525 / Antilutheromastix „Feind der Luthergegner“ (Titelteil, E. Cordus, 1525)<br />

[Titelteil und Pseudo-Name <strong>des</strong> humanistischen Dichters, Botanikers und Mediziners Euricius<br />

Cordus in seinem polemischen Epos gegen Feinde Luthers („Ad illustrissimum principem<br />

Ioannem Fridericum ducem Saxoniae provincialem comitem Thuringiae et Misniae<br />

marchionem Antilutheromastix“, Wittenberg 1525); Titelteil auch der Entgegnung von Hieronymus<br />

Emser, 1526]<br />

1543 vor / Aristotimastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Aristoteles’ (J. Eck, vor 1543, → Anmerkung und Belegstelle<br />

unter philosophomastix)<br />

1555 vor / Arthuromastix „Kritiker König Arthurs“ (J. Priseus, vor 1555)<br />

1612 vor / Artomedomastix „Kritiker <strong>des</strong> Sebastian Artome<strong>des</strong> (ca. 1544-1602)“ (C. Leius,<br />

vor 1612)<br />

1598 / atheomastix „Gegner der Gottlosen“ (Titelteil), G. ab Assonleuilla Dom. de Bouchault,<br />

1598)<br />

1533 / barbaromastix „Gegner der Barbaren“ (Titelteil), anonym, 1533)<br />

1620 / Bezomastix „Kritiker <strong>des</strong> Theodorus Beza“ (M. Adam, 1620)<br />

1613, 1684 / bibliomastix „1) der die Bibel kritisiert“ [...] (A. Tanner, 1613), 2) „der Bücher<br />

kritisiert, Zensor“ (J.H. Heidegger, 1684)<br />

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65<br />

[<strong>für</strong> bibliomastix 1, in RAMMINGER nach Quelle ausgewiesen und nach Zitat sekundär belegt, lautet<br />

die vollständige Stelle <strong>des</strong> Originals aus Adam Tanners „Lutherus: seu Anatomiæ Confessionis<br />

Augustanæ Pars Prima“, 1613: „Demonstratio II. Lutherus Bibliomastix, seu sacrilegus sacræ<br />

Scripturæ falsarius“ (Überschr.), S. 45), so auch die gleichlautende Angabe im Index zur II.<br />

Demonstratio, S. 7. Zu dieser auch in anderen Quellen nachweisbaren Beschimpfung Luthers als<br />

Bibliomastix ‘Bibelkritiker, -feind, -verfälscher’ findet sich kontinuierlich auch der Vorwurf seiner<br />

Bibliolatrie ‘Bibel(wort)vergötzung’]<br />

1435 / Caesaromastix „ungerechtfertigter Kritiker an Caesar“ (Guarino Guarini (Veronese),<br />

1435; G.F. Poggio Bracciolini, 1435)<br />

1591 / calomastix „der das Schöne angreift“ (G. Bruno, 1591)<br />

1551 / Caluinomastix „der Calvin attackiert“ (G. Prevotius, 1551; Th. Stapleton, vor 1598; F.<br />

Spanheim, vor 1649)<br />

1524 / canonomastix (canonemastix) „Gegner <strong>des</strong> Kanon (d.i. eines Teils <strong>des</strong> katholischen<br />

Messformulars)“ (H. Emser, 1524; M. Kretz, 1535)<br />

1512 / Capniomastix „der Reuchlin angreift“ (J. Vadian, 1512; E. Cordus, 1514 (?) [so in<br />

Ramminger]; M. Hummelberg, 1514; O. Gratius, 1518; U. v. Hutten, 1518; J. Reuchlin, vor<br />

1522<br />

[zum graecolatinisierten Namen Capnius von Reuchlin (aufgefasst als ‘Rauch’) vgl. griech.<br />

kapnißon, Diminutiv zu kapnoßw ‘Rauch’; → auch Reuchlin(i)omastix]<br />

1543 / Christomastix ‘Christusgegner’ (Guillaume Postel in seinem „Alcorani seu legis<br />

Mahometi et evangelistarum concordiae liber“ (1543) nennt Rabelais einen Christomastix<br />

(nach Kuntz Leathers 1994, S. 58); siehe die Bildung auch in RAMMINGR (E. Campion,<br />

1581; M. Wren, 1660))<br />

spätlat. / (1498 (?)), 1509 / Ciceromastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Cicero’ („Ciceromastix, igis, m. (Geißel<br />

<strong>des</strong> Cicero, ein dem &Omhromaßstic nachgebildetes Wort), eine Schmähschrift <strong>des</strong><br />

Largius [!] Licinius* (63) gegen Cicero, Gell. 17, 1, 1.“ (GEORGES))<br />

1508 / Criticomastix ‘Gegner der Kritiker’ (Gratius, Ortwin: „[Ad Petrum Ravennatem]<br />

Criticomastix suae peregrationis“, Köln 1508; Titel einer gegen die Kritiker <strong>des</strong> Wanderhumanisten<br />

(Juristen) Petrus Ravennas gerichteten Schrift; siehe u.a. 1861 PIERER 1857ff. (Artikel<br />

Peter (59) P. von Ravenna, Petrus Ravennas))<br />

1650 / Cyrillomastix „der den Hl. Cyrillus attackiert“ (D. Petauius, 1650)<br />

1597 / ecclesiomastix ‘Kritiker, Feind der Kirche’ („Agrippa ecclesiomastix. Tragoedia,<br />

Auctore Ioanne Iacomoto Barrensi“, Genf 1597; Werk <strong>des</strong> Genfer Theologen Jean Jacquemot,<br />

eines Freun<strong>des</strong> von Beza)<br />

1519 / Eckiomastix „der Eck angreift“ (J. Eck, 1519)<br />

1519 / Erasmiomastix „der Erasmus schlägt, angreift“ (Erasmus, 1519; E. Schetus, 1526; L.<br />

Casembroot, 1526)<br />

1519 / Erasmomastix „der Erasmus schlägt, angreift“ (Erasmus, 1519; J. de Vergara, 1527; E.<br />

Hessus, 1520; Titelteil, anonym, 1628)<br />

1502 vor / euangeliomastix „Kritiker o. Verächter <strong>des</strong> Evangeliums“ (M. Bossi, vor 1502; M.<br />

Bucer, 1536; P. Vermigli, vor 1562)<br />

1619 / Euclideomastix „Gegner <strong>des</strong> Euklid, d.i. Petrus Ramus“ (J. Kepler, 1619)<br />

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66<br />

1623 / festomastix „Gegner von Festen“ (R. Ward (?), 1623)<br />

[→ im Zusammenhang die auf Schmitz (1997, S. 245ff.) beruhenden Ausführungen und Anmerkungen<br />

65, 67 und 68 zu Histriomastix, maypolemastix und Vtriculariomastix; nach<br />

Schmitz (ebd., S. 246) ist die Zuschreibung an Ward nicht gesichert]<br />

1595 (-99) / Galenomastix „der den Galen angreift“ (A. Libavius, 1595 (-99))<br />

1540 vor / Gallomastix „die Franzosen tadelnd“ (G. Budaeus, vor 1540; J. Leland, 1545<br />

(Überschr.), Graphie: Gallo mastix)<br />

[vgl. dt. Gallophage und Franzosenfresser]<br />

1620 / gamomastix „der die Ehe kritisiert“ (J. Gerhard, 1620)<br />

1694 / Germanomastix „der die Deutschen kritisiert“ (J.F. Cramer, 1694)<br />

[vgl. dt. Germanophage, Deutschenfresser; frz. germanophage]<br />

1677 / grammatomastix „der die Grammatiker tadelt“ (A. Calov, 1677, griech. Graphie)<br />

[→ auch unter 4.2.1 das <strong>für</strong> ein Gedicht <strong>des</strong> Ausonius als Überschrift bezeugte (später in der<br />

Regel transkribierte) grammatikomaßstic]<br />

1661 vor / Grotiomastix „Verfolger <strong>des</strong> Grotius“ (A. Buchner, vor 1661)<br />

1614 / haeresomastix „Verfolger der Häresien“ (C. Cornelissen, 1614)<br />

1631 / haereticomastix „Verfolger der Häretiker“ (P. Laymann, 1631)<br />

1525 / hagiomastix „Kritiker der Heiligenverehrung“ (J. Eck, 1525; J. Cochlaeus, 1545; J.<br />

Gretser, 1612; J. Gerhard, 1636; T. Bredenbach, 1562 (griech. Graphie))<br />

[= die von Bredenbach ins Lateinische übersetzte Ausg. (mit Ergänzungen) <strong>des</strong> katholischen<br />

Katechismus von Michael Helding, siehe RAMMINGER]<br />

1602 / Hebraeomastix ‘Kritiker der Juden’ („Hebræomastyx [...]“, Eingangstitel der Druckausg.<br />

(1602)* (64) zweier gegen die Juden und den Talmud gerichteten Abhandlungen <strong>des</strong><br />

spanischen jüdischen Konvertiten (getauft 1412) Hieronymus de Sancta Fide, → die bibliographischen<br />

Angaben unter 7.1 und Anm. 99)<br />

1526 / Hieronymiomastix „der Hieronymus geißelt, kritisiert“ (E. Schetus, 1526)<br />

1519 um / Hieronymomastix „der Hieronymus kritisiert“ (H. Emser, um 1519)<br />

1623 / Histriomastix „der Schauspieler kritisiert“ (R. Ward (?), 1623 (Titel))<br />

[= 2. Titelteil, hier nicht Name <strong>des</strong> sich positiv selbstbenennenden Autors, sondern polemisch<br />

zu verstehender Beiname der schauspiel(er)feindlichen Hauptgestalt <strong>des</strong> Stücks mit dem sprechenden<br />

pejorativen Namen Fucus (= Verstellung)* (65); → schon einen englischsprachigen<br />

„Histriomastix“, dem Satiriker John Marston zugeschrieben (1599 (1610)) (anonym) und eine<br />

englischsprachige Streitschrift diesen Titels von William Prynne aus dem Jahre 1633, unter<br />

4.3]<br />

griech. / spätlat. / 1470 / Homeromastix „Zitat aus PLIN. [...]“ (N. Perotti, 1470; F. Beroaldo<br />

d.Ä., 1488)<br />

[→ griech.&Omhromaßstic „Homergeißel [...]“; vgl. auch Vergili, (1498 (?)),1509, unter Ciceromastix]<br />

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67<br />

1521 / hominomastix ‘Tadler, Kritiker der Menschen, Menschenfeind, -verächter’ (Hutten,<br />

„Momus“, 1521 (Opera omnia VI, S. 354), bezogen auf den griechischen Gott Momos als die<br />

„personifizierte Tadelsucht“ (Kl. Pauly 1979))<br />

1522 / icomastix „Bilderkritiker“ (J. Eck, 1522)<br />

1529 / iconomastix „Bilderfeind“ (J. Eck, 1529; H. Hangest, 1529; J. Molanus, 1570) [→<br />

auch unter 5.2 den Beleg zu nlat. capharnaita aus 1529, der iconomastix, d.h. den Plural in<br />

der Form/Schreibweise iconomastyges enthält]<br />

1531 vor / Iobimastix „der Iob kritisiert“ (J. Oecolampadius, vor 1531)<br />

1662 / Irenicomastix ‘Geißel <strong>des</strong> Friedens, <strong>des</strong> Friedfertigen’ (zu irenicus ‘den Frieden betreffend;<br />

friedlich, friedfertig’, im Neulatein entlehnt aus gleichbedeutendem griech.<br />

eiörhnikoßw; vgl. auch im Neulatein lehngebildetes irenismus „Friedfertigkeit“ (RAMMIN-<br />

GER). Irenicomastix ist der polemische Eingangstitel dreier Schriften <strong>des</strong> Antitrinitariers Daniel<br />

Zwicker* (66))<br />

1606 / Lipsiomastix „Kritiker <strong>des</strong> Lipsius“ (J.J. Scaliger, 1606)<br />

1520 / Lutheromastix „der Luther angreift“ (J. Crotus Rubeanus, 1520; E. Hessus, 1523 und<br />

1539; L. Hutter, vor 1616; Titel, 1628)<br />

[in HOVEN 1994, „quelqu’un qui fustige Luther“]<br />

1594 vor / Mahumetimastix „Islamkritiker, Kämpfer gegen den Islam“ (W. Rainolds, vor<br />

1594)<br />

1602 / Mariaemastix (Mariomastix) „Mariengegner“ (J. Balde, vor 1668 (Mariaemastix)<br />

(Überschr.); J. Pontanus, 1602 (Mariomastix) (Überschr.))<br />

1623 / maypolemastix „Gegner <strong>des</strong> Maibaums“ (R. Ward (?), 1623)<br />

[ebenfalls eine Bildung <strong>des</strong> englischen Neulatein aus der Robert Ward zugeschriebenen Satire<br />

„Fucus Histriomastix“ gegen die puritanischen Eiferer* (67)]<br />

1582 / Melanchthonimastix „der Melanchthon angreift“ (H. Zanchius, 1582)<br />

[→ auch Philippomastix]<br />

1571 vor / monachomastix „Mönchsfeind“ (C. Espencaeus (zit. in J. Gerhard), vor 1571)<br />

1537 / Mosemastix „der gegen Moses Stellung nimmt, Moses kritisiert“ (M. Luther, 1537)<br />

1605 / mystomastix „der die Priester kritisiert“ (J. Schröder, 1605)<br />

[→ auch presbyteromastix]<br />

1525 / papaemastix „Papstfeind“ (J. Cochlaeus, 1525 und 1535)<br />

[→ auch Petrimastix und engl. Papistomastix unter 4.3]<br />

1615 / Pareomastix „Gegner <strong>des</strong> Pareus“ (D. Pareus, 1615 (Überschr.))<br />

1559 / Paulomastix „Kritiker <strong>des</strong> Apostels Paulus“ (W. Musculus, 1559)<br />

1525 / Petrimastix „Feind <strong>des</strong> Apostels Petrus (d.h. <strong>des</strong> Papstes)“ (J. Cochlaeus, 1525)<br />

[→ auch papaemastix und engl. Papistomastix unter 4.3]<br />

1628 / Philippomastix „der Philipp Melanchthon angreift“ (Titelteil, anonym, 1628)<br />

[→ auch Melanchthonimastix]<br />

1609 vor / philologomastix „Kritiker von Philologen“ (J.J. Scaliger, vor 1609)<br />

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68<br />

1516 / philosophomastix „Philosophenkritiker“ (J. Eck, 1516)<br />

[vgl. aus dem Z-Beleg: Eck 9.11.1516 briefl. an Vadian et al. (Eck Briefwechsel, Nr. 38)<br />

Verebar tamen anxius ne, si haec nostra meditata exciderent, me Philosophomastygen<br />

quispiam iudicaret. Mit der Anm. <strong>des</strong> Hg.: „15. “Philosophengeißel”“. Ähnliche Wortbildungen<br />

bei ECK, Areopagita fol c2r u. ECK, De coelo fol 101r, wo Lorenzo Valla als<br />

„Aristotimastix“ betitelt wird. Vgl. auch BONORAND, Edikationsepisteln 105 Anm. g.“]<br />

1620 / Picinomastix [!] „der Picinnino [!] angreift“ (B. Exner, 1620)<br />

1546 vor / Pintiomastix „Gegner <strong>des</strong> Pintius“ (N. Archius, vor 1546 (Überschr.))<br />

1475 vor / Platonomastix „Kritiker Platons“ (G. Bussi, vor 1475)<br />

1574 / Pliniomastix „Kritiker <strong>des</strong> Plinius“ (J.J. Scaliger, 1574)<br />

1602 vor / poetomastix „der Dichter kritisiert“ (N. v. Reusner, vor 1602 (Überschr.))<br />

1556 vor / presbyteromastix „der Priester verfolgt“ (J. Sleidanus, vor 1556)<br />

[→ auch mystomastix]<br />

1670 vor / Priscianomastix „Symbol <strong>für</strong> Kritik an einem grammatischen Fehler“ (J.A. Comenius,<br />

vor 1670)<br />

[→ auch grammatomastix und unter 4.2.1 grammatikomaßstic]<br />

1517 / Reuchlin(i)omastix „der Reuchlin angreift“ (W. Pirckheimer, 1517, ders. in anderer<br />

Briefquelle, ebf. 1517; E. Hessus, 1520)<br />

[→ auch Capniomastix]<br />

1502 um / theologomastix „der die Theologen kritisiert“ (J. Seitz, um 1502 (Überschr.))<br />

1534 / Thomaemastix „Feind <strong>des</strong> Hl. Thomas“ (J. Cochlaeus, 1534)<br />

1546 / Tremoniomastix „Gegner von Dortmund“ (J. Schoepper, 1546)<br />

1651 / triadomastix „Kritiker der Dreifaltigkeit“ (A. Calov, 1651)<br />

1584 / Turcomastix „Türkenfeind“ (Ph. Lonicer, 1584) [vgl. Türkenfresser ]<br />

1623 / Vtriculariomastix „Gegner <strong>des</strong> Utricularius (einer Person im Spiel)“ (R. Ward (?),<br />

1623)* (68)<br />

spätlat. / (1498 (?)), 1509 / Virgiliomastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Vergil’ (im Spätlat. lehngebildet<br />

wohl von dem als Gegner vergilfeindlicher Kritiker bekannten Servius (um 400 n.Chr.), Verfasser<br />

eines Vergilkommentars (siehe Kl. Pauly 1979, Artikel Servius); vgl. „Vergiliomastix,<br />

igis, f., die Geißel <strong>des</strong> Vergil, v. einem strengen Kritiker, Serv. Verg. ecl. 2,23.“ (GEOR-<br />

GES); <strong>für</strong> die Frühe Neuzeit nachgewiesen in der Adagia-Sammlung <strong>des</strong> italienischen Humanisten<br />

Polidoro Vergili, → oben unter den Anmerkungen zu Ciceromastix)<br />

1545 / Zwingliomastix „der Zwingli kritisiert“ (M. Adam, 1620; R. Gwalther, 1545)<br />

3) Autorenverzeichnis<br />

Die Zahl in Klammern verweist auf das Auftreten relevanter Wörter in unterschiedlichen Texten eines Autors.<br />

Adam, M. (2)<br />

Aleander, H.<br />

Archius, N.<br />

Assonleuilla Dom. de Bouchault, G. ab<br />

Balde, J.<br />

Beroaldo F. (d.Ä.)<br />

Bossi, M.<br />

Bredenbach, T.<br />

Bruno, G.<br />

Bucer, M.<br />

Buchner, A.<br />

Budaeus, G.<br />

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69<br />

Bussi, G.<br />

Calov, A. (2)<br />

Campion, E.<br />

Casembroot, L.<br />

Cochlaeus, J. (5)<br />

Comenius. J.A.<br />

Cordus, E. (2)<br />

Cornelissen, C.<br />

Cramer, J.F.<br />

Crotus Rubeanus, J.<br />

Eck, J. (6)<br />

Emser, H. (3)<br />

Erasmus (2)<br />

Espencaeus, C.<br />

Exner, B.<br />

Gerhard, J. (2)<br />

Gratius, O. (2)<br />

Gretser, J.<br />

Guarino Guarini (Veronese)<br />

Gwalther, R.<br />

Hangest, H.<br />

Heidegger, J.H.<br />

Hessus, E. (3)<br />

Hieronymus de Sancta Fide [wohl nachträglich]<br />

Hummelberg, M.<br />

Hutten, U. v. (2)<br />

Hutter, L.<br />

Jacquemot, J.<br />

Kepler, J.<br />

Kretz, M.<br />

Laymann, P.<br />

Leius, C.<br />

Leland, J.<br />

Libavius, A.<br />

Lonicer, Ph.<br />

Luther, M.<br />

Molanus, J.<br />

Musculus, W.<br />

Oecolampadius, J.<br />

Pareus, D.<br />

Perotti, N.<br />

Petauius, D.<br />

Pirckheimer, W. (2)<br />

Poggio Bracciolini, G.F.<br />

Pontanus, J.<br />

Postel, G.<br />

Prevotius, G.<br />

Priseus, J.<br />

Rainolds, W.<br />

Ravisius Textor, J.<br />

Reuchlin, J.<br />

Reusner, N. v.<br />

Scaliger, J.J. (3)<br />

Schetus, E. (2)<br />

Schoepper, J.<br />

Schröder, J.<br />

Seitz, J.<br />

Sleidanus, J.<br />

Spanheim, F.<br />

Stapleton, Th.<br />

Tanner, A.<br />

Vadian, J.<br />

Vergara, J. de<br />

Vergili, P. (3)<br />

Vermigli, P.<br />

Ward, R. (?) (4)<br />

Wren, M.<br />

Zanchius, H.<br />

Zwicker, D.<br />

4.3 Defizitäre Entlehnung und Lehn-Wortbildung in Nationalsprachen<br />

-(o)mastix, das im Neulatein über eine bestimmte zeitliche Strecke nicht hinausgekommen ist,<br />

hat erstaunlicherweise auch in Zeiten hoher Produktivität keine auch noch so begrenzte, etwa<br />

zeitgleiche Tradition als ebenso produktive Lehn-Wortbildungseinheit der Nationalsprachen<br />

Deutsch, Englisch und Französisch begründet. Auch seine eigenen polemischen Personenbezeichnungen<br />

auf -(o)mastix hat es nicht als Lehnwörter (entlehnte Lehn-Wortbildungsprodukte)<br />

im eigentlichen Sinne in die modernen Sprachen weitergegeben.<br />

Nur im Englischen sind <strong>für</strong> einen kurzen Zeitraum (mutmaßlich) lehngebildete Kombinationen<br />

mit -(o)mastix gelegentlich nachgewiesen, in der Regel bei eingeschränkt textsortenspezifischem<br />

Auftreten als Eingangstitel von Werken (und als sprechende Pseudo-Namen) in der<br />

zeittypischen zweisprachigen Doppeltitelmode, vereinzelt außerhalb dieses Texttyps als abwertende<br />

oder positiv selbstbenennende Personenbezeichnungen <strong>für</strong> Vertreter bestimmter<br />

Meinungen und Richtungen.<br />

Die (abhängig von Ausgaben) zu beobachtende Bin<strong>des</strong>trich- oder Getrenntschreibung englischer<br />

Kombinationen bezeugt eine etymologische Kenntnis und gewisse Wahrung <strong>des</strong> zugrundeliegenden<br />

griechischen Substantivs.<br />

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70<br />

Die englischen Kombinationen in alphabetischer Ordnung und vereinheitlichter Schreibung:<br />

chiliastomastix (1657), histriomastix (1599 (1610) und 1633), papistomastix (16. Jh. und<br />

1641 (1642)), satiromastix (1601 (1602)), theriomastix (1598)<br />

Englische -(o)mastix-Bildungen treten vornehmlich in einem speziellen kulturellen Kontext<br />

und <strong>des</strong>sen engerem Bezeichnungsbereich auf: den Auseinandersetzungen über das Theater<br />

(histriomastix, mit nlat. histriomastix <strong>des</strong> englischen Sprachraums zusammen mehrfach;<br />

vereinzelt satiromastix, theriomastix).<br />

Gelegentlich und dabei replikartig tragen Dramen und Schriften im englischen Neulatein und<br />

im Englischen <strong>des</strong> 16./17. Jh.s den Eingangstitel Histriomastix ‘Kritiker, Tadler, Schmäher;<br />

Gegner, Feind, Verfolger der Schauspieler, <strong>des</strong> Theaters’; → unter 4.2.2.2, 2), Alphabetische<br />

Liste, die neulateinische Bildung aus 1623, dazu auch die Ausführungen im Folgenden. Bei<br />

unterschiedlicher Zielsetzung stehen die verschiedenen Histriomastiges jeweils im Zusammenhang<br />

der englischen Auseinandersetzungen über das Schauspiel(er)wesen ihrer Zeit:<br />

Theaterinternen Ursprung in den Auseinandersetzungen der englischen Schauspieler-<br />

Dramatiker hat ein englischsprachiges Drama, John Marston zugeschrieben, „based on a<br />

anonymus earlier work“ (Enc. Brit. 2001, Artikel Marston, John), das 1599 aufgeführt und<br />

1610 (anonym) unter dem Titel „Histrio-Mastix. Or, The Player whipt“* (69) veröffentlicht<br />

wurde. In dem Marston zugeschriebenen Stück tritt keine Figur mit dem Namen Histriomastix<br />

auf. Der Autor hat sich offenbar in diesem Stück den kritischen Pseudo-Namen Histriomastix<br />

zugelegt, wie er es schon in den Satiren „The Scourge of Villanie. Three Bookes of Satyres“<br />

(1598, unter dem Pseudonym W. Kinsayder) am Ende mit der deutlichen Signatur als<br />

Theriomastix (zu griech. jhßr, jhroßw ‘Tier; Wild-, Raubtier’, auch übertragen <strong>für</strong> Menschen)<br />

getan hatte.<br />

Andere Histriomastiges behandeln auf unterschiedliche Weise die von außen kommenden<br />

puritanischen Attacken gegen das Schauspiel. In der Robert Ward zugeschriebenen lateinsprachigen<br />

Universitätssatire war der Titelteil Histriomastix (1623) pejorativ zu verstehender<br />

Beiname der Hauptgestalt Fucus (→ unter 4.2.2.2, 2), Alphabetische Liste) eines heuchlerischen<br />

puritanischen Theaterfein<strong>des</strong>. In der englischsprachigen Schrift <strong>des</strong> theaterfeindlichen*<br />

(70) puritanischen Juristen William Prynne (1633) dagegen ist Histriomastix, zu verstehen<br />

als Pseudo-Name <strong>des</strong> sich positiv und kritisch selbstbenennenden Autors, Eingangstitel<br />

seines Werks („Histrio-Mastix. The Players Scourge, or, Actors Tragoedie“, London 1633),<br />

ein „[...] tausendseitiges Pamphlet [...], in dem indirekt der Hof der Stuarts mit demjenigen<br />

Neros und die tanzfreudige Königin mit einer Dirne verglichen wurde.“ (Schmitz 1997,<br />

S. 257).<br />

Aus dem „War of the Theatres“ sind außerdem bekannt: satiromastix, Eingangstitel eines gegen<br />

Jonson gerichteten Werks (1601, publiziert 1602) von Thomas Dekker („Satiro-mastix.<br />

Or, the Vntrussing of the Humorous Poet“).<br />

Ebenfalls als Eingangstitel, dabei als Pseudo-Name <strong>des</strong> sich positiv und kritisch selbstbenennenden<br />

Autors, aber auch als polemische Personenbezeichnung, finden sich Kombinationen<br />

mit -(o)mastix im Englischen <strong>des</strong> 16./17. Jh.s vereinzelt auch im religiösen, theologischpolitischen<br />

Bereich:<br />

Papisto-Mastix, polemische Bezeichnung <strong>für</strong> Laurence Humphrey, einen englischen puritanischen<br />

Theologen (1527-1590), so benannt wegen seiner strikt ablehnenden Haltung gegenüber<br />

der katholische Kirche (nach BBKL (Artikel Humphrey, Laurence)). Die Bildung ist<br />

auch Eingangstitel und signifikanter, positiv zu verstehender Pseudo-Name <strong>des</strong> englischen<br />

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71<br />

Theologen William Sclater <strong>für</strong> den Druck einer seiner Predigten und Auslegungen, „Papisto-<br />

Mastix, or Deborah’s Prayer against God’s Enemies, Judg. 5. 31. explicated and applyed in<br />

the Cathedrall of Saint Peter in Exon, November the fift, 1641, London 1642.<br />

Chiliastomastix, Teil <strong>des</strong> latinisierenden Eingangstitels und Pseudo-Name <strong>des</strong> presbyterianisch-puritanischen<br />

englischen Theologen Thomas Hall (1610-1665); das Werk ist gerichtet<br />

gegen die theologische Auffassung vom (nahenden) Tausendjährigen Reich (Chiliasmus),<br />

„Chiliastomastix Redivivus, sive Homesus Enervatus. A Confutation of the Millenarian Opinion<br />

[...] with a Word to our Fifth-monarchy Men [...]“, London 1657.<br />

Mit diesen lehngebildeten Kombinationen hat -(o)mastix wenigstens im englischen „Semantischen<br />

Paradigma“ von einen bescheidenen Platz unter den (historischen) Antonymen.<br />

Das ältere Deutsch verfügte ebenso wie das ältere Französische offenbar über keine, wenn<br />

auch noch so gering-produktive Lehn-Wortbildungseinheit -(o)mastix.<br />

Wie andere moderne europäische Sprachen weist das Deutsche bis zur Gegenwart die üblichen<br />

Zitatwörter/Fremdbezeichnungen im Bereich historischer Wissenschaften auf, besonders<br />

die Titel von Werken mit einem neulateinischen (gelegentlich auch nationalsprachlichen)<br />

-(o)mastix Eingangstitel. Außerhalb der Wissenschaftsbereiche belegt oder gebucht (bzw. in<br />

Artikeldiskursen nachweisbar) sind sie allerdings nur selten.<br />

Die rückläufige deutsche Wortliste von Brückner/Sauter (1984) (→ Anm. 44 zu deren Status)<br />

beispielsweise enthält keine komplexen Wörter mit der Sequenz ...mastix im Sinne von ‘Kritiker,<br />

Tadler, Schmäher’, auch kein entlehntes Substantiv Mastix in einer entsprechenden Bedeutung;<br />

in den verschiedenen cosmas-Textkorpora <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Deutsche Sprache ist lediglich<br />

das im Englischen lehngebildete Satiromastix (1601 (1602)), Eingangstitelwort eines<br />

Dramas, als Zitatwort/Fremdbezeichnung zu finden (FAZ (o. Dat.) 1995).<br />

5. Anhang. Polemische - und -Bezeichnungen <strong>des</strong> Neulateinischen,<br />

Deutschen und Französischen als Entsprechungen zu den -(o)latr/-<br />

Wörtern artolatr/ und oenolatr/ in den Kontroversen der Abendmahlslehre<br />

Die neulateinischen Lehn-Wortbildungsprodukte <strong>des</strong> 16. Jh.s artolatria und oenolatria sowie<br />

vereinzelt entsprechende Syntagmen mit Idolatrie und Vergötzung, die in den Kontroversen<br />

der Abendmahlslehre die falsche Anbetung von Brot und Wein bezeichnen, sind als Teil <strong>des</strong><br />

theologischen Wortschatzes in Kap. 3ff. behandelt worden, <strong>für</strong> das lehn-wortbildende Neulatein<br />

unter 3.1.2.2, <strong>für</strong> das entlehnende Französisch unter 3.1.3.1.1 und das ebenfalls entlehnende<br />

Deutsch unter 3.1.3.2.1.<br />

Zu diesen -(o)latr/-Wörtern und -Syntagmen treten in den inner- und interkonfessionellen<br />

theologischen Kontroversschriften, auch in der religiösen Dichtung, andere „Wörter“ aller<br />

Art, die in den Auseinandersetzungen um die Abendmahlslehre polemisch als Vergleiche und<br />

auch als Bezeichnungen (nomina actionis und Personenbezeichnungen) eingesetzt werden.<br />

Auch hier sind es wieder aus dem Griechischen entlehnte und mit griechischen oder lateinischen<br />

Einheiten lehngebildete Wörter, neben den jeweils nationalsprachlichen Bildungen<br />

(vor allem Lehnübersetzungen).<br />

Bei dieser drastischeren Wortschatzgruppe aus dem Abendmahlsstreit handelt es sich einerseits<br />

um entlehnte, lehn- oder indigen gebildete (übersetzte) - und -<br />

Wörter, andererseits um Eigennamen bzw. Eigennamen-Ableitungen, die in tradiertem inhalt-<br />

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72<br />

lichen Zusammenhang mit - und stehen. Mit ihnen wird polemisch<br />

auf solche Abendmahlslehren und ihre Anhänger Bezug genommen, die eine so genannte Realpräsenz<br />

Christi im Abendmahl (Luther, „Papisten“) bzw. die Verwandlung (Transsubstantiation)<br />

von Brot und Wein in Christi Fleisch und Blut („Papisten“) annehmen.<br />

- und -Wörter insgesamt* (71) finden sich noch nicht in den beiden<br />

Schriften <strong>des</strong> Reformators ANDREAS KARLSTADT (um 1482-1541) von 1524, die zunächst<br />

zwischen MARTIN LUTHER (1483-1546) und ULRICH ZWINGLI (1484-1531),<br />

dann in allen Religionsparteien den Abendmahlsstreit auslösten, der „Auszlegung dieser wort<br />

Christi. Das ist meyn leyb / welcher <strong>für</strong> euch gegeben würt. Das ist mein blGth / welches <strong>für</strong><br />

euch vergossen würt [...]“ und dem „Dialogus oder ein gesprechbüchlin / Von dem<br />

grewlichen vnnd abg=ttischen mißbrauch / <strong>des</strong> hochwirdigsten sacraments Jesu Christi“. Sie<br />

sind nicht nachweisbar in seiner nunmehr auch scharfen Anti-Luther-Schrift (gegen Luther als<br />

„der New Bapst“) von 1525 „Von dem Newen vnd Alten Testament. Antwurt auff disen<br />

spruch / Der Kelch das New Testament in meynem blut &c. [...]“.<br />

Solche Wörter sind zunächst in latein- und deutschsprachigen (auch übersetzten) Schriften<br />

Zwinglis nachweisbar; sie stehen <strong>für</strong> <strong>des</strong>sen Kampf gegen die Luther’sche und altkirchliche,<br />

als Fleischfressen betrachtete Lehre von der Realpräsenz Christi im Abendmahl und <strong>für</strong> eine<br />

symbolische (so genannte signifikative) Auslegung der Abendmahlsworte Christi im Sinne<br />

eines reinen Gedächtnismahls. Es sind bei ihm die alten Lehnwörter aus dem Griechischen<br />

und Lateinischen, wie anthropophagus ‘Menschenfresser’ und carnivorus ‘Fleischfresser’ mit<br />

gleichbedeutendem sarcophagus. Dazu kommen in Schriften Zwinglis die seit der Antike<br />

auch als Menschenfresser tradierten Scythae. Auch der polemische Einsatz von Capernaitae –<br />

eigentlich diejenigen unter den in Carphanaum anwesenden Juden, darunter auch Jünger, die<br />

Christi Rede als anthropophages Angebot betrachteten – lässt sich bei ihm nachweisen. In einer<br />

scheinbar weniger schroffen deutschen Form, nämlich Fleischessen statt -fressen, kommt<br />

die Kritik an der Lehre von der Realpräsenz Christi in einer frühen zeitgenössischen Übersetzung<br />

seiner Abendmahlslehre zum Ausdruck („NachhGt von dem Nachtmal“, 1526). Zwinglis<br />

polemische Wörter werden dann von Luther abwehrend und zum Teil (selbst)ironisch, gegebenenfalls<br />

in Verdeutschung, aufgenommen, wie Fleischfresser im „Sermon von dem<br />

Sacrament“ (1526).<br />

Dagegen finden sich Neuwörter als neue Entlehnungen und neue Lehn-Wortbildungsprodukte<br />

der Zeit, die zentrale Sachen/Sachverhalte bzw. Personen <strong>des</strong> Streits um die Abendmahlslehre<br />

bezeichnen, bei Zwingli wohl noch nicht. Das in der internen theologischen Abendmahlsdebatte<br />

üblich gewordene lehngebildete artolatria ‘Brotvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong><br />

Brotes’ (mit nur vereinzeltem oenolatria ‘Weinvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Weins’),<br />

die in der Zeit mit -(o)phag/ie ebenfalls lehngebildeten Skandalbezeichnungen theophagus<br />

‘Gottfresser’ (dazu später gleichbedeuten<strong>des</strong> deivorus), theophagia ‘Gottfressen’, Christophagus<br />

‘Christusfresser’ sowie in diesem Bezeichnungsbereich neu aus dem Griechischen<br />

entlehntes kreophagia ‘Fleischfressen’ treten zunächst besonders im Schrifttum von Vertretern<br />

<strong>des</strong> Calvinismus auf. Neuentlehnung bzw. neue Bildung sowie der frühe Gebrauch dieser<br />

Wörter sind nachweisbar vor allem bei Schweizer oder in der (frankophonen) Schweiz wirkenden<br />

– eine geistige Präsenz Christi im Abendmahl annehmenden – Calvinisten, wie bei<br />

dem Franzosen JEAN CALVIN (1509-1564) selbst* (72), dem Schweizer PIERRE VIRET<br />

(1511-1571), dem Franzosen THÉODORE DE BÈZE (Theodorus Beza) (1519-1605)* (73)<br />

und dem Franzosen HENRI ESTIENNE (d.J., Henri II) (1531-1598), dem Drucker von Calvin<br />

und Beza.<br />

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73<br />

Vorgebildet sind auch diese Bezeichnungen in den kontinuierlichen, stereotypen Syntagmen<br />

schon der Zwingli’schen Polemiken gegen die nicht-symbolische Abendmahlslehre seiner<br />

Gegner, besonders, was das Fleischfressen <strong>des</strong> Leibes Christi betrifft; vgl. beispielsweise<br />

Zwingli 1526 Nachh¯t von dem Nachtmal (Übers.) (25) so habend wir in anb(ttung dises wyns vñ brots / nit<br />

allein sch(dlichen / sunder gar sp=ttlich vñ n(rrisch gejirrt. [---] Nit der erst [von den dryen lychnamen] natürlich<br />

/ deñ der selbig mocht nit geessen werden / er wurde deñ mit den z(nen (wie ander spyß) zerbissen vñ<br />

zermalē (Z).<br />

Die Wörter erscheinen dann als schlagwortartig in den Kontroversen um die Abendmahlslehre<br />

eingesetzte polemische Univerbierungen. Syntagmen der genannten Art aber werden<br />

auch weiterhin im Kampf gegen die Luther’sche und katholische Lehre verwendet. Luther hat<br />

in „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (1528)* (74) auf solche polemischen Syntagmen<br />

Bezug genommen, sie (auf dem Hintergrund von seit dem Mittelalter tradierten und nun diskriminierten<br />

Vorstellungen und Glaubenspostulaten) umgedeutet und ihnen sein eigenes Verständnis<br />

entgegengestellt.<br />

Zu entlehnten und lehngebildeten neulateinischen Wörtern <strong>des</strong> polemischen Vokabulars aus<br />

dem Bereich der Abendmahlslehre erscheinen Lehnübersetzungen in nationalsprachlichen<br />

Schriften, wie beispielsweise usuelles dt. Fleischfresser (zu carnivorus und sarcophagus)<br />

oder vereinzeltes frz. mangedieu (zu theophagus).<br />

<strong>Diese</strong>r knappe Überblick, dem ein ausführlicherer Artikel- und Belegteil folgen wird, kann<br />

mit einem ebenso reduzierten Dokumentarteil zu Wörtern sowie ihren Bildnern und Benutzern<br />

geschlossen werden, nämlich mit Actus III, Scena III <strong>des</strong> lateinsprachigen theologischen<br />

Dramas „Phasma“ (1592, posth.) von NICODEMUS FRISCHLIN (1547-1590) und <strong>des</strong>sen<br />

älteren Übersetzungen* (75), wo allseits bekannte Wörter und Wendungen der Abendmahls-kontroverse<br />

den streitenden Protagonisten der Konfessionsparteien in den Mund gelegt<br />

werden:<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) BRENTIUS. Christus non iussit / hordeum<br />

/ Comedere, sed corpus suum, et sanguinem percipere sub pane et vino. CAROLSTADIUS. At quinam vos<br />

estis Thyestae? Qui carnes humanas comeditis? [Randglosse : Horrenda Zwinglianorum doctrina] CINGLIUS:<br />

Et qui Anthropophagi, qui hominem dentibus discerpitis? CAROLSTADIUS. Quales Cyclopes? CINGLIUS.<br />

Quales Canibales? CAROLSTADIUS. Quàm immanes Deivori? CINGLIUS. Quam horribiles Haematopotae?<br />

CAROLSTADIUS. Quinam Capernaitae? CINGLIUS. Qui Sarcophagi? (Z).<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) BRENTIUS. Es hat der<br />

HERR Christ nicht gebottn / (Wie du herein bringst grobe Zottn) / Gersten zu essen solcher massn / Sondern Er<br />

hats vns nachgelassn / Das wir sollen sein Leib vnd Blut / Hinnemen vntr dem Wein vnd Brot. CAROLSTA-<br />

DIUS. Pfu / was seid jhr heßlich Thyesten? / Die jr mit Menschen Fleisch Euch thut mesten? CINGLIUS. Wie<br />

zerreist jhr / gleichsam mit Messer / Das fleisch mit Zeen / jr Menschenfresser? CAROLSTADIUS. Welch Gotteslesterliche<br />

Centauren? CINGLIUS. Welchs wilde vnd Barbarisch Bawren? CAROLSTADIUS. Welch Ketzerische<br />

G=tzenfresser? CINGLIUS. Welch Blutseuffer vnd Teuffls Gefesser? CAROLSTADIUS. Was seid jr<br />

grobe Capernaiter? CINGLIUS. Was fFr Fleischfresser / wie die Scyther? (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) BRENTIUS. Es<br />

hat vns Christus nicht geheissn / Zu essen Gersten oder Weissn: / Sondr heisset vntern Brodt vnd Wein / Sein<br />

Leib vnd Blut nemen ein. CAROLSTAD. Was seyt jhr aber fFr Thestn / Die sich mit Menschen Fleisch thun<br />

mestn? [Randglosse:] Horrenda Zwinglianorum dicteria. CINGLIUS. Die Menschen mit den Zeen zu beissn?<br />

CAROLSTAD. Jhr m=get wol CYCLOPES heissn. CINGLIUS. Was seyt jhr auch fFr Menschen essr? CA-<br />

ROLSTAD. Welch vngehewr Gottes fressr? CINGLIUS. Wie grewliche Blutstr(nckr? CAROLSTAD. Capernaitisch<br />

scheußlich Henckr? CINGLIUS. Welch ein Fleischfresserische Rott? (Z).<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) BRENTIUS. Christus befihlet nicht / daß<br />

wir Gersten essen sollen / aber daß wir mit dem Brodt und Wein seinen Leib und sein Blut empfangen sollen.<br />

CAROLSTADIUS. Und was THYESTES gethan / daß er Menschen Fleisch gessen. ZWINGLIUS. Und die<br />

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74<br />

Menschen-Fresser / welche die Menschen fressen. CAROLSTADIUS. Jhr CULOPEN / CAMBALI und Gottesfresser<br />

/ CAPERNAITEN / Blut S(uger / und Fleischfresser / mit euerem Brodt-GOtt. ZWINGLIUS. O<br />

rechter JUPITER ELICIUS. CAROLSTADIUS. Eingesperter Christus. ZWINGLIUS. Gekochter (Z).* (76)<br />

Lepps Ausführungen zu den „Schlagworten“ <strong>des</strong> Abendmahlsstreits bestätigen und ergänzen<br />

diesen Überblick über das Vokabular der Kontroversen zum Teil; Belege zu den Stichwörtern<br />

dieses Bereichs bringt Lepp in der Folge nur vereinzelt:<br />

16. Jh. / Lepp 1908 Schlagwörter <strong>des</strong> Reformationszeitalters 3/4 (Einleitung) Von Anfang an Gegenstand <strong>des</strong><br />

erbittertsten Kampfes ist die Abendmahlslehre. Sämtliche Parteien geraten darüber in Feindschaft. Jede versucht<br />

eine andere Auslegung der betreffenden Bibelworte zu geben; so entsteht eine ganze Reihe von Schlagworten,<br />

lebendige Zeugen der bewegten Zeit: Brot-, Fleisch-fresser, Blut-, Wein-säufer; Sacramentsrotter, -Schwärmer,<br />

-Schänder, -Dieb, -Räuber, -Stürmer; Kelcher, Kelchtrinker, Altar-, Mess-stürmer etc.“ [Kursivschreibung der<br />

Stichwörter von G.H., im Original gesperrt]“ (Z).<br />

5.1 Vorbemerkung und REGISTER<br />

Vorbemerkung<br />

Die Stichwörter der folgenden Wortartikel sind unter den alphabetisch geordneten Wortbildungseinheiten<br />

ihrerseits alphabetisch aufgeführt.<br />

Die Jahreszahlen zum Stichwort verweisen hier nicht auf den so genannten Erstbeleg <strong>für</strong> das<br />

Lexem selbst, sondern auf den ersten gefundenen Nachweis <strong>für</strong> die spezielle Bedeutung/<br />

Verwendung <strong>des</strong> Wortes im reformatorischen Kontext.<br />

Belege zu den einzelnen Stichwörtern werden nicht nach neulateinischen, französischen und<br />

deutschen getrennt.<br />

Belege aus allen berücksichtigten Versionen von Frischlins „Phasma“ sowie aus der Darstellung<br />

von Lepp (1908) enthalten im Folgenden nur das Stichwort mit Minimalkontext; es wird<br />

jeweils auf die unter 5. vollständig aufgeführten Stellen verwiesen.<br />

REGISTER<br />

1.) Alphabetisches Register<br />

(<strong>für</strong> die Haupteinträge)<br />

anthropophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

Blutsäufer, → 5.1.2.1, unter -SÄUFER, -TRINKER<br />

Brotfresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

Canibales, → 5.2<br />

Capernaiten, → 5.2<br />

carnivorus, → 5.1.1, unter |IVOR| und -(I)VOR/<br />

Christophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

Cyclops, → 5.2<br />

deivorus, → 5.1.1, unter |IVOR| und -(I)VOR/<br />

Fleisch(fr)essen, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

Götzenfresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

Gott(es)fresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

haem(at)opota, → 5.1.1, unter |OPOTA|<br />

kreophagia, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

(machedei (?), → 5.1.2.2)<br />

mangedieu, → 5.1.2.2, unter MANGE-<br />

Menschenfresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

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75<br />

monophagia, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

sarcophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

Scythae, → 5.2<br />

theophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

Thyestes, → 5.2<br />

Weinsäufer, → 5.1.2.1, unter -SÄUFER, -TRINKER<br />

2.) Chronologisches Register<br />

(<strong>für</strong> die Haupteinträge)<br />

1525 anthropophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

1525 carnivorus, → 5.1.1, unter |IVOR| und -(I)VOR/<br />

1525 sarcophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

1526 Blutsäufer, → 5.1.2.1, unter -SÄUFER, -TRINKER<br />

1526 Capernaiten, → 5.2<br />

1526 Fleisch(fr)essen, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

1527 Scythae, → 5.2<br />

1527 Thyestes, → 5.2<br />

1531 Götzenfresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

1544 Brotfresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

1544 Weinsäufer, → 5.1.2.1, unter -SÄUFER, -TRINKER<br />

1549 Christophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

1553 monophagia, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

1553 theophagus, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

1557 (?) haem(at)opota, → 5.1.1, unter |OPOTA|<br />

1560 mangedieu, → 5.1.2.2, unter MANGE-<br />

1561 Cyclops, → 5.2<br />

1561 kreophagia, → 5.1.1, unter |OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

1573 Canibales, → 5.2<br />

1576 Menschenfresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

1592 deivorus, → 5.1.1, unter |IVOR| und -(I)VOR/<br />

1606 Gott(es)fresser, → 5.1.2.1, unter -FRESSER, -FRESSEN<br />

(1766, vor machedei (?), → 5.1.2.2)<br />

5.1.1 - und -Wörter: entlehnte Bildungen auf |ivor|, |ophag|,<br />

|opota| und lehngebildete Wörter mit -(i)vor/, -(o)phag/<br />

|IVOR| und -(I)VOR/<br />

carnivorus (1525) ‘Fleischfresser’, → im Folgenden gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes sarcophagus<br />

(1525, adj. 1526) mit sarcophagia (1549) ‘Fleischfressen’, dazu → kreophagia (1561)<br />

‘Fleischfressen’; → auch unter 5.1.2.1 Fleisch(fr)essen (1526), Fleisch(fr)esser (1526),<br />

fleischfresserisch (1606)<br />

carnivorus geht zurück auf spätlat. carnivorus ‘fleischfressend; Fleischfresser’ (Biologie/<br />

Zoologie), aus caro, carnis ‘Fleisch’ und -(i)vorus (zu vorare ‘fressen, verschlingen’), lehnübersetzend<br />

zu gleichbedeutendem griech. sarkofaßgow.<br />

Zuerst wohl von Zwingli im Abendmahlsstreit gegen Luther gebraucht, ist carnivorus<br />

‘Fleischfresser’ auch bei Luther bezeugt als gegen ihn und die Anhänger seiner Lehre von der<br />

Realpräsenz Christi im Abendmahl gerichtete polemische Bezeichnung.<br />

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76<br />

Auch der polemisch unterstellte Verzehr <strong>des</strong> „gebackenen Gottes“, <strong>des</strong> „dieu de pâte“ – eine<br />

ähnliche Bildvorstellung – findet hier im Zusammenhang <strong>des</strong> carnivorus-Vorwurfs bei Luther<br />

Erwähnung. Anspielungen auf den Brotgott, den gebackenen Gott, das Brot aus dem Backofen,<br />

vom Bäcker, wie sie dann auch in argumentativem Zusammenhang mit der polemischen<br />

Bezeichnung artolatria ‘Brotvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Brotes’ stehen, tritt in Luthers<br />

Repliken dann in Kontext-Verbindung mit indigen gebildetem (verdeutschtem) Fleischfresser<br />

auf; → die Einführung zu 5.1.2.1;<br />

Zwingli 1525 De vera et falsa religione 256 (unter: De Eucharistia) Dicent enim isti Carniuori: Ecce hic transitur<br />

ab artificio pane uidelicet, ad materiam nempe corpus: ut sit sensus, iste panis quod ad materiam adtinet, est<br />

ipsum corpus Christi (Z).<br />

Luther 1526 Sermon von dem Sacrament (WA 19, 499) et spotten unser, quod simus carnivorae, quod<br />

habeamus ein gebacken got (Z).<br />

deivorus (1592) ‘Gottfresser’; → im Folgenden gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes theophagus<br />

(1553) mit theophagia (1553) ‘Gottfressen’, → dazu Christophagus (1549) ‘Christusfresser’;<br />

→ auch gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes Gott(es)fresser (1606) mit Got-eten (1610) ‘Gottfressen’<br />

unter 5.1.2.1 sowie gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes frz. mangedieu (1560) unter<br />

5.1.2.2<br />

deivorus ist im Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s vereinzelt nachgewiesen als polemische Bezeichnung<br />

aus dem dramatisierten Abendmahlsstreit in Frischlins „Phasma“ (Actus III, Scena III), analysierbar<br />

als lehngebildet aus lat. deus ‘Gott’ und -(i)vorus (zu vorare ‘fressen, verschlingen’),<br />

aber auch als Latinisierung <strong>des</strong> gleichbedeutenden/-verwendeten älteren → theophagus der<br />

calvinistischen Theologie, <strong>des</strong>sen Einheiten the(o)- und -(o)phagus auf das Griechische<br />

zurückgehen;<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CAROLSTADIUS. Quàm immanes<br />

Deivori [Gottesfresser, Price]? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

|OPHAG| und -(O)PHAG/<br />

anthropophagus (1525) ‘Menschenfresser’; → hierzu gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes Menschenfresser<br />

(1576) unter 5.1.2.1 und die gleichverwendeten Eigennamen menschenfressender<br />

Völker und Gestalten der Antike unter 5.2<br />

anthropophagus geht über lat. anthropophagi „Menschenfresser, v. den Szythen usw.“<br />

(GEORGES) zurück auf adjektivisches griech. aönjrvpofaßgow ‘menschenfressend’ (aus<br />

aänjrvpow (aönjrvpo-) ‘Mensch’ und -fagow (zu fageiqn ‘essen, fressen’, Infinitiv Aorist II<br />

zu eösjißv)).<br />

anthropophagus ‘Menschenfresser; Fresser von Menschenfleisch’ ist von Zwingli in seinen<br />

latein- und deutschsprachigen Schriften gebraucht, um die Anhänger der Luther’schen und<br />

katholischen Lehre von der Realpräsenz <strong>des</strong> Fleisches und Blutes Christi im Abendmahl in<br />

die Nähe menschenfressender Völker zu rücken; das Wort ist in einer der Repliken Luthers<br />

nachweisbar und von Frischlin dann <strong>für</strong> die Abendmahlsstreit-Szene in „Phasma“ (Actus III,<br />

Scena III) aufgenommen.<br />

Frz. anthropophage tritt in der 5. Satire Pierre Virets (oder Bezas?) mit dem Partnerwort<br />

théophage (→ theophagus/theophagia) auf, das in der Randglosse mit frz. mangedieu (→ unter<br />

5.1.2.2) übersetzt wird; die Bedeutung/Verwendung der drei polemischen Wörter im Zusammenhang<br />

der Abendmahlskontroverse ist deutlich (→ auch den pauvre dieu de pâte <strong>des</strong><br />

weiteren Kontextes); zu anthropophage wird in der Randglosse satirisch auch auf weitere Bedeutungen/Verwendungen<br />

verwiesen;<br />

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77<br />

Zwingli 1525 De vera et falsa religione 246/47 (unter: De Eucharistia) Confutauimus iam, ut speramus insulsam<br />

istam de corporali carne opinionem, ubi tamen hoc solum obtinere uolumus, quod corporalem, ac sensibilem<br />

Christi carnem edi, dum gratias Deo agimus, tradere, nō modo impium sit, sed etiam stultū & immane, nisi apud<br />

aönjrvpofaßgouw fortasse degas (Z).<br />

Zwingli 1527 Orthodoxa et Christiana responsio (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545) 409 v ) Atqui multo verborum<br />

splendore <strong>des</strong>cribis, quanto in pretio illud nobis habendum sit, quanti aestimandum, quod seipsum nobis in<br />

cibum manducandum praebuit. Et bene quidem haec diceres, siquidem humanis carnibus vesci nobis quoque in<br />

usu esset, quemadmodum apud Scythas & anthropophagos fieri solere scriptores tradiderunt. Quapropter nos<br />

quoque, dum illum manducare nolumus, nequaquam Capernaitae, sed discipuli Christi sumus, qui dicebant:<br />

Scimus & credimus quod tu es filius dei viventis (Z).<br />

Zwingli 1527 Das dise wort Iesu Christi: Das ist min lychnam 905 So man aber dargegen sagt: „Es ist nit<br />

menschlicher bruch (dann allein by den Anthropophagen, das ist: lütesseren), das die menschen einander essend,<br />

vil weniger werdend wir gottes sun essen“, so könnend ir sovil küntzlens und ruemens, wie guot es sye,<br />

den lychnam Christi essen, und wel ein trost der seel das sye. Und zühend alles, so nun vom geystlichen essen in<br />

der gschrift geredt wirt, uffs lyplich essen, betörend damit die einvaltigen, die nit gschwind sind, zwüschend<br />

dem essen <strong>des</strong> geystes und <strong>des</strong> fleysches lyplich entscheiden (Z).<br />

Zwingli 1527 Das dise wort Iesu Christi: Das ist min lychnam 949 Lieber Luther [...]. [...] Ia trybst vil wort, wie<br />

wir’s so kostlich achten söllend, das er [Christus] sich uns zuo einer spyß gegeben. Ia wenn wir menschenfleysch<br />

im bruch hettinnd ze essen, als von Scythen unnd anthropophagen (lütesseren) gseyt wirt. Deßhalb ouch wir nit<br />

Capernaiten sind, so wir in [Christus] nit essen wellend (Z).<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 395 r ) DEnn ich dencke noch wol / stehet auch noch in jrem BFchern / wie gar vberaus schendlich sie<br />

vns mit vnserm lieben HERRN vnd Heiland lesterten / hiessen in einen gebacken Gott / einen br=tern Gott / einen<br />

weinern Gott / ein gebrotenen Gott / etc. Vns hiessen sie / Fleischfresser / Blutseuffer / Anthropophagos /<br />

Capernaiten / Thyestas / etc. da sie doch wusten das sie dem HERRN vnd uns / mutwilliglich / vberaus lesterlich<br />

vnrecht theten / vnd schendliche LFgen vber vns ertichten / welchs ja ein gewis zeichen war / das kein guter<br />

Geist in jnen sein kundte. Noch liessen wirs zu Marburg alles faren vnd hingehen / in der hoffnung / sie wolten<br />

vnd wFrden sich gantz bessern. DEnn das wusten sie seer wol / das wir solches nie geleret noch gegleubt hatten /<br />

on das sie zu jrem rhum vnd vns zur schande / fFr den Pöbel gern den wahn gemacht hetten / als weren wir<br />

solche tolle / vnsinnige / rasende Leute / die Christum im Sacrament Localiter hielten / vnd stFcklich zu fressen /<br />

wie die Wolffe ein Schaff / vnd Blut s=ffen / wie ein Kuhe das Wasser. Wol wusten sie (sage ich) das sie hierin<br />

vns mit offenbarlichen vnuerschampten LFgen Fleischfresser vnd Blutseuffer hiessen aus <strong>des</strong> Teuffels getrieb /<br />

Denn auch die Papisten solchs nie geleret hatten / wie sie auch wol wusten / on das sie vns mit dem namen Papisten<br />

/ auch wolten wehe thun / die heiligen geistliche Leute. [Randglosse:] Lesterwort der Schwermer wider<br />

Christum / etc. (Z).<br />

Viret (?) 1560 Satyres 71/72 (Satyre V) [...] N’estre naiz / Mieux vous voudroit, Anthropophages / Pis il y a, o<br />

Theophages, / Que pour vostre dernier renfort / Vous mangez dieu cōme vn refort [raifort ‘Meerrettich’]. [Randglosse:<br />

Anthropophages, s. Persecuteurs, & meurtriers <strong>des</strong> fideles. / Theophages, c’est a dire, Mãgedieux. / Le<br />

prestre mange tout.] [---] Et puis en fin ietter sa patte / Dessous ce poure dieu de paste: / Faire dix mille tours<br />

d’escrime: / Parler a luy en prose, en rithme, / Iusqu’a tant que l’heure le presse / De le croquer, & de vistesse /<br />

S’en donner au trauers de dents (Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CINGLIUS: Et qui Anthropophagi<br />

[Menschenfresser, Price], qui hominem dentibus discerpitis? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Aubertin 1633 L’Eucharistie de l’ancienne Eglise, Chap. III, 513 que l’adoration de Christ fust vne anthropolatrie,<br />

ou adoration d’homme, que la manducation de Christ au Sacrement, fust vne anthropophagie [Zitat oder<br />

zitathafte Wiedergabe] (Z).<br />

Christophagus (1549) ‘Christusfresser’; → auch oben deivorus (1592) ‘Gottfresser’; dazu →<br />

in Folgendem theophagus (1553) ‘Gottfresser’ mit theophagia (1553) ‘Gottfressen’; dazu →<br />

Gott(es)fresser (1606) mit Got-eten (1610) ‘Gottfressen’ unter 5.1.2.1 sowie frz. mangedieu<br />

(1560) ‘Gottfresser’ unter 5.1.2.2<br />

Christophagus ist im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters lehngebildet aus Christus und<br />

-(o)phagus (zurückgehend auf griech. -fagow (zu fageiqn ‘essen, fressen’, Infinitiv Aorist II<br />

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78<br />

zu eösjißv)); als polemische reformatorische Bezeichnung <strong>für</strong> einen Anhänger der Lehre von<br />

der Realpräsenz Christi im Abendmahl ist es vereinzelt bezeugt; hierzu tritt später im Französischen<br />

und (zitierend) im Deutschen auch das entsprechende nomen actionis Christophagie;<br />

Witzel 1549 De Eucharistia I, 401 vtpote cùm nos Christophagos culpat & vocat, interim sibi suauiter blandiens<br />

in sua conficta illa sarcophagia (Z).<br />

Ammon 1806 Christl.-religiöse Moral 341 Warum unterscheidet man nun nicht einmal öffentlich die Vergegenwärtigung<br />

<strong>des</strong> sterbenden Jesu und seines Geistes von grober Christo- und Theophagie (Mercier nouv. Paris III,<br />

229.); warum gestattet man noch immer willkührliche Privatcommunionen zum Nachtheil der öffentlichen? [ein<br />

breiterer Kontext wird unter → theophagia gebracht] (Z).<br />

kreophagia (1561) ‘Fleischfressen’; → oben carnivorus (1525) ‘Fleischfresser’, → im Folgenden<br />

sarcophagus (1525, adj. 1526) ‘Fleischfresser’, ‘fleischfressend’ mit sarcophagia<br />

(1549) ‘Fleischfressen’; → auch unter 5.1.2.1 Fleisch(fr)essen (1526), Fleisch(fr)esser<br />

(1526), fleischfresserisch (1606)<br />

polemischer Titelteil griechischer Graphie einer Schrift* (77) <strong>des</strong> französischen, in der<br />

Schweiz wirkenden Calvinisten Theodorus Beza (Théodore de Bèze) gegen die Lehre von der<br />

Realpräsenz Christi im Abendmahl; entlehnt aus gleichbedeutendem griech. kreofagißa,<br />

spätgriech. auch krevfagißa (aus kreßaw ‘Fleisch’ und -fagia, vgl. -fagow, zu fageiqn ‘essen,<br />

fressen’, Infinitiv Aorist II zu eösjißv); wie artolatria gelten auch die Ausdrücke dieser<br />

Schrift Bezas später als typisch <strong>für</strong> die ausgeartete Polemik der Abendmahlskontroverse;<br />

Beza 1561 KREVFAGIA siue Cyclops. ONOS SULLOGIZOMENOS siue Sophista. Dialogi dvo de vera<br />

communicatione corporis & sanguinis Domini, adversus Tilemanni Heshusii somnia [...]. Per Theodorum Bezam<br />

Vezelium, Genf (Titel) (Z).<br />

Henke 1806 Allgem. Gesch. d. Christl. Kirche III, 423 Calvin selbst hütete sich wol, den zwischen Luthers und<br />

seiner Meynung in diesem Stück [Abendmahlslehre] obwaltenden Unterschied, der auch leicht zu finden war,<br />

aufzudecken, oder gar ihn wichtig zu machen und Streit darüber anzufangen. Auch enthielt er sich gänzlich der<br />

unartigen, ekelhaften und empörenden Benennungen Artolatrie, Kreophagie, Impanation* (78), mit welchen<br />

Luthers Meynung von manchen andern bezeichnet zu werden pflegte. Selbst Beza vergaß sich, als man schon<br />

durch den Streit der beyden Seiten sehr erhitzt war, wol so sehr, daß er das Lutherische Abendmal ein<br />

cyklopisches, polyphemisches Essen schalt (Z).<br />

(1) monophagia (1553) ‘Allein(fr)essen’, (1) monophagus (1553) ‘Allein(fr)esser’, ‘allein-<br />

(fr)essend’ (1553);<br />

nlat. (1) monophagus und (1) monophagia gehen zurück auf griech. monofaßgow „eating alone“<br />

(LIDDELL/SCOTT) (aus moßnow in seiner Bedeutung ‚allein’ und -fagow (zu fageiqn ‘essen,<br />

fressen’, Infinitiv Aorist II zu eösjißv)) und das entsprechende spätere Substantiv monofagißa<br />

der Bedeutung „eating alone, a form of gluttony“ (LIDDELL/SCOTT)* (79); in der Reformationszeit<br />

werden Personenbezeichnung und Adjektiv monophagus im Sinne von ‘Allein(fr)esser<br />

<strong>des</strong> Abendmahls’, ‘das Abendmahl allein(fr)essend’ und das nomen actionis monophagia<br />

‘Allein(fr)essen <strong>des</strong> Abendmahls’ von dem Calvinisten Pierre Viret polemisch<br />

verwendet im Kampf gegen die von katholischen Priestern – bis heute – zelebrierten Privatmessen*<br />

(80) (missae privatae, solitariae, sine populo); die Geistlichen sind dabei auch gesehen<br />

im Spiegel tradierter und traditionell getadelter antiker Allein(fr)esser privater und kultischer<br />

convivia solitaria, deren Feiernde, die Ägineten, von Plutarch in den „Quaestiones<br />

Graecae“* (81) eben als monofaßgoi bezeichnet werden, vgl. hierzu auch die Belege aus 1597<br />

und 1803 in eckigen Klammern;<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 29 v (De adulterata Coena et de Missae mysteriis, Lib. I, Cap. III) De<br />

priuata Missa, & de monophagorum celebritate (Überschr.) Missa verò quid item aliud est, quàm monophagorum<br />

quædam celebritas, in qua solitariè sacerdotes vescuntur, qualia erant apud AEginetas Neptuni sacra?<br />

(Z).<br />

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79<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 34 r (De adulterata Coena et de Missae mysteriis, Lib. I, Cap. XIII) De<br />

religioso Missæ ientaculo, eiusdémque theophagia, ac de artificibus & creatoribus dei Papistici, ex panificio confecti<br />

(Überschr.) [---] Sed placuit nostris monophagis, cum sua monophagia, theophagiam coniungere (Z).<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 134 r (De missae saltatione, Lib. IIII [IV]) De religioso mystagogi ientaculo,<br />

eiúsdem monophagia, quam communionem dicunt (Z).<br />

[Stucki 1597 Antiquitatum convivialium libri (Index rerum et verborum [...]) monophagia, festum olim probrosa (Z).<br />

Stucki 1597 Antiquitatum convivialium libri, Lib. I, Cap. XXXIII, 134 v Monophagorum quo[que], apud Æginenses<br />

celebritas fuìt, quàm Plutarch. in Quæstionibus Græcis his verbis <strong>des</strong>cribit, Cùm in bellum Troianum profecti<br />

essent multi Ægínetæ, ac pauci inde diuersis de causis redijssent, clàm quisque suos domi comiter excipiens,<br />

ipsimet conuiuijs ministrabant, nec alienum quenquam admittebant. Hoc igitur imitantes Neptuno rem diuinam<br />

facere solebant, thyasos exercebant, et sexdecim dierum spacio silentio inter se conuiuia celebrantes, tandem<br />

solenne festum soluebant, inde monofaßgoi, id est, solitarè vescentes fuerunt appellati. [Randglosse: Monophagia<br />

Aeginetarum] (Z).]<br />

1803 KRÜNITZ 1773ff. Monophagus, der allein ißt, ohne andern etwas mitzutheilen (Z).]<br />

sarcophagus (1525/1526) ‘Fleischfresser’ und ‘fleischfresserisch’; sarcophagia (1549)<br />

‘Fleischfressen’; → oben carnivorus (1525) ‘Fleischfresser’ und → kreophagia (1561)<br />

‘Fleischfressen’; → auch unter 5.1.2.1 Fleisch(fr)essen (1526), Fleisch(fr)esser (1526),<br />

fleischfresserisch (1606)<br />

wie die anderen Ausdrücke der Reformationszeit sind sarcophagus und sarcophagia<br />

(zurückgehend auf griech. sarkofaßgow ‘fleisch(fr)essend’* (82), aus saßrc, sarkoßw<br />

‘Fleisch’ und -fagow (zu fageiqn ‘essen, fressen’, Infinitiv Aorist II zu eösjißv) bzw.<br />

sarkofagißa ‘Fleisch(fr)essen’, auch ‘Fleischspeise’)) als spezielle polemische Bezeichungen<br />

<strong>für</strong> Vertreter der altkirchlichen und lutherischen Abendmahlslehre und deren Festhalten<br />

am Glauben von der Realpräsenz Christi im Abendmahl nachgewiesen, während nlat. sarcolatra<br />

‘Fleischanbeter; falscher Anbeter der Menschennatur Christi’ (→ 3.1.2.2.1.1) in einen<br />

ähnlichen Zusammenhang, aber nicht unmittelbar in den <strong>des</strong> Abendmahlsstreits gehört.<br />

Zwingli 1525 Eucharistia (44) [Randglosse:] Credere uariant Sarcophagi (Z).<br />

Zwingli 1526 Ad Eccii Propositiones Responsio (Übers.) (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545) 576 v ) Quapropter<br />

& Eccius & omnes Sarcophagi concionatores Christi verbum adulterant & corrumpunt (Z).<br />

Witzel 1549 De Eucharistia I, 401 vtpote cùm nos Christophagos culpat & vocat, interim sibi suauiter blandiens<br />

in sua conficta illa sarcophagia (Z).<br />

Luther 1557 Sermones aliquot Pii (Übers.) (Opera omnia (1557)) 335 r [...] nobis relinquere putamina, hoc est,<br />

Christi Corpus & Sanguinem è Pane & Vino tollere, ut praeter simplicem panem à pistore confectum, nihil<br />

reliquum remaneat. Deridentque nos tandem pro animi sui libidine, Sarcophagos & Aemopotas nos ignominiose<br />

nominantes, quique Deum impanatum (ut ipsi loquuntur) adoremus (Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CINGLIUS. Qui Sarcophagi [Fleischfresser,<br />

Price]? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

theophagus ‘Gottfresser’ (1553); theophagia (1553) ‘Gottfressen’, → oben gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes<br />

deivorus (1592), → auch Christophagus (1549) ‘Christusfresser’; dazu<br />

→ gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes Gott(es)fresser (1606) mit Got-eten (1610) ‘Gottfressen’<br />

unter 5.1.2.1 sowie gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes frz. mangedieu (1560) unter 5.1.2.2<br />

theophagus und theophagia sind lehngebildet im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters aus<br />

the(o)- (letztlich zurückgehend auf griech. jeoßw ‘Gott’) und -(o)phagus bzw. -(o)phag/ia<br />

(zurückgehend auf griech. -fagow (zu fageiqn ‘essen, fressen’, Infinitiv Aorist II zu eösjißv)<br />

bzw. auf -fagia); die polemischen Bezeichnungen <strong>für</strong> die Vertreter der Lehre von der Realpräsenz<br />

Christi im Abendmahl bzw. <strong>für</strong> diese Lehre selbst sind vermutlich gebildet von dem<br />

Schweizer Calvinisten Viret; in französischer Form findet sich die Personenbezeichnung auch<br />

in den u.a. ihm zugeschriebenen Satiren.<br />

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80<br />

Das nomen actionis ist in der Folge und bis heute auch nachgewiesen als allgemeiner und<br />

üblicher religionswissenschaftlicher Terminus in Nationalsprachen <strong>für</strong> das von Heiden und<br />

Juden den Christen vorgeworfene Gottfressen (vgl. Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi,<br />

Bekenntnis“ (Werke III, 438/39) Wie kondten sonst die Heiden vnd JFden vnser spotten / vnd<br />

sagen / das die Christen fressen yhren Gott [...]?), auch – und im Deutschen neben dem Terminus<br />

Gottessen – <strong>für</strong> unterschiedliche Arten der Gotteinverleibung in religiösen Riten der<br />

Völker; spätere unabhängige, erneute Lehn-Wortbildung der Bezeichnung ist aber nicht ausgeschlossen;<br />

→ hierzu als Beispiel den Beleg aus 1950, speziell den Nachweis aus 2012 in<br />

eckigen Klammern. Schon <strong>für</strong> das 16. Jh. als solcher allgemein historischer Terminus der<br />

theologischen Wissenschaften verstanden, erscheint er in der Paraphrase von 1967 HUGUET<br />

1928ff.* (83); <strong>des</strong>sen Belege aber stammen allein aus den satirischen Anmerkungen <strong>des</strong> Calvinisten<br />

Henri Estienne d.J., die Gott (Christus) als Gegenstand altkirchlichen und lutherischen<br />

so genannten Gottfressens meinen, nicht – oder eben nur rhetorisch – „un dieu“;<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 34 r (De adulterata Coena et de Missae mysteriis, Lib. I, Cap. XIII) De<br />

religioso Missæ ientaculo, eiusdémque theophagia, ac de artificibus & creatoribus dei Papistici, ex panificio<br />

confecti (Überschr.) [---] Sed placuit nostris monophagis, cum sua monophagia, theophagiam coniungere. [---]<br />

Nihil enim tam absurdum & ab omni ratione, sensúque cōmuni, & Christiana fide atque religione alienū ab istis<br />

theoplastis & theophagis propositum est, quod cæco furore, magno cum applausu, tanquam diuinum oraculum<br />

nō amplexi sint, qui se Christianos iactãt (Z).<br />

Viret (?) 1560 Satyres 71/72 (Satyre V) [...] N’estre naiz / Mieux vous voudroit, Anthropophages / Pis il y a, o<br />

Theophages, / Que pour vostre dernier renfort / Vous mangez dieu cōme vn refort. [Randglosse:<br />

Anthropophages, s. Persecuteurs, & meurtriers <strong>des</strong> fideles. / Theophages, c’est a dire, Mãgedieux. / Le prestre<br />

mange tout.][---] Et puis en fin ietter sa patte / Dessous ce poure dieu de paste: / Faire dix mille tours d’escrime: /<br />

Parler a luy en prose, en rithme, / Iusqu’a tant que l’heure le presse / De le croquer, & de vistesse / S’en donner<br />

au trauers de dents (Z).<br />

Estienne 1566 Conformité <strong>des</strong> merveilles anciennes avec les modernes (Au lecteur) [o.Pag.] Considerons donc<br />

sans passion, que nous dirions si Herodote ou quelque autre historien ancien nous racontoit qu’en quelque pays<br />

les hommes seroyēt theophages (c’est a dire mangedieux) aussi bien qu’ils racontent de quelques<br />

anthropophages, elephantophages, acridophages, phthirophages, & autres: dirions-nous pas ceste theophagie<br />

estre incroyable, & que ces historiens auroyent controuué cela de ces hommes, encore qu’au demeurã ils fussent<br />

barbarissimes? (Z).<br />

(anonym) 1610 De theophagia papistica, dat is, Van t’ God-eten der papisten ende van den armen broot-godt der<br />

Missen XVI. clinck-dichten [...] (Titel) (Z).<br />

Baselius 1656 Sulpitius Belgicus 112 de quâ sic dictâ & habitâ hæresi nunc nobis agendum. Nam cum ut dictum<br />

est monstrum horrendum illud transsubstantiationis (quod vocabulum non adeo barbarum est ac quidem res eo<br />

significata) ipsum lumine carens, lucem vidisset jam, & inde enata Theophagia urgeretur [...] (Z).<br />

Ammon 1806 Christl.-religiöse Moral 341 Jesus betrachtet seinen Tod als ein Bun<strong>des</strong>opfer; er stellt ihn als schon<br />

vollendet dar; das Opferfleisch ist Brot, das Opferblut Wein; schon in dieser Ansicht lagen eine Menge Allegoreme.<br />

Aber nun geht <strong>für</strong> uns Abendländer das Bedeutungsvolle der Opfermahlzeit ganz verlohren; die Allegorie<br />

<strong>des</strong> Fleischessens und Bluttrinkens hat <strong>für</strong> uns keinen bestimmten Sinn; das Brechen, Segnen, die Verbindung<br />

der Handlung mit der Mahlzeit hat aufgehört; weder Jesus, noch die Apostel würden in unserem Abendmahle<br />

das ihrige wieder erkennen. Zugegeben, daß sich alle diese Veränderungen vertheidigen lassen, folgt doch hieraus<br />

unwidersprechlich, das [!] die Sacramente als symbolische Religionshandlungen den Bedürfnissen der Zeit<br />

beständig entsprechen müssen. Warum unterscheidet man nun nicht einmal öffentlich die Vergegenwärtigung<br />

<strong>des</strong> sterbenden Jesu und seines Geistes von grober Christo- und Theophagie (Mercier nouv. Paris III, 229.);<br />

warum gestattet man noch immer willkührliche Privatcommunionen zum Nachtheil der öffentlichen? (Z).<br />

Siegert 1950 (Artikel Theophagie) Theophagie, „Gott-Essen“ [...]. Theophagie zeigen u.a. „die nächtlichen<br />

dionysischen Orgien, in denen die heilige Speise ausdrücklich als der Heiland-Gott aufgefaßt wird, durch den<br />

Genuß die Teilnehmer ‚<strong>des</strong> Gottes voll’ werden“ (Beth in Handwörterbuch <strong>des</strong> deutschen Aberglaubens s.v.).<br />

Auch dem Christentum wird von seinen Gegnern Theophagie vorgeworfen (Z).<br />

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81<br />

1967 HUGUET 1925ff. Théophagie. Action de manger un dieu [...]; ebd. Théophage [Renvoi de: Théophagie]<br />

[die Belege im HUGUET <strong>für</strong> théophagie und théophage stammen aus → Estienne 1566] (Z).<br />

[FAS 17.2.2012 «God-eater, Devourer of God». Theophagie und Menschenfresserei, die damals auf den Inseln<br />

durchaus noch praktiziert wurde, fallen damit in eins. Willkommen in der Barbarei (Z).]<br />

|OPOTA|<br />

haem(at)opota (1557 (?))‘Blutsäufer’; → unter 5.1.2.1 gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes Blutsäufer<br />

(1526) mit Bluttrinker (1606); → dazu auch Weinsäufer (1544) als Gegenwort<br />

im Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s* (84) im Zusammenhang der Abendmahlskontroversen entlehnt aus<br />

griech. aiÖmatopvßthw ‘Bluttrinker’ (aus poßthw, auch pvßthw ‘Trinker’ und aiWma, aiÄmatow<br />

‘Blut’); <strong>für</strong> das neulateinische theologische Schrifttum der Zeit war die Bezeichnung im polemischen<br />

Sinne von ‘Säufer <strong>des</strong> Blutes Christi im Abendmahl’ nur durch eine von Luthers<br />

Repliken aus späterer Übersetzung und die Aufnahme in Frischlins „Phasma“ nachzuweisen;<br />

Luther 1557 (?) Sermones aliquot Pii (Übers.) (Opera omnia (1557)) 335 r [...] nobis relinquere putamina, hoc<br />

est, Christi Corpus & Sanguinem è Pane & Vino tollere, ut praeter simplicem panem à pistore confectum, nihil<br />

reliquum remaneat. Deridentque nos tandem pro animi sui libidine, Sarcophagos & Aemopotas nos ignominiose<br />

nominantes, quique Deum impanatum (ut ipsi loquuntur) adoremus (Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CINGLIUS. Quam horribiles Haematopotae<br />

[Blutsäufer, Price]? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

5.1.2 - und -Wörter: Bildungen mit indigenen Einheiten<br />

5.1.2.1 Deutsche Wortbildung mit -fresser/-fressen; -säufer, -trinker<br />

In deutschsprachigen Texten der Abendmahlskontroversen, auch in späterer kirchenhistorischer<br />

Beschreibung der Auseinandersetzung, sind die unter 5.1.1 aufgeführten entlehnten<br />

und lehngebildeten polemischen Bezeichnungen nur selten nachgewiesen.<br />

Bildungen mit indigenen Einheiten aber treten schon in den frühen deutschen Texten <strong>des</strong><br />

Abendmahlsstreits bei Gegnern Luthers und der Katholiken auf (Zwingli (Übers.)), Bullinger),<br />

wenn hier auch eher selten. Sie finden sich dann zahlreich in den deutschsprachigen<br />

Repliken von Angegriffenen und Verteidigern (bei Luther, bei „Papisten“ wie Georg Eder, bei<br />

anderen Reformatoren wie Nikolaus Selnecker, dem Anhänger Melanchthons), wo ihnen in<br />

der Regel der Status von Übersetzungssynonymen zu Lehnwörtern und Lehn-Wortbildungsprodukten<br />

neulateinischer Texte zukommt; vgl. hierzu unter 5.1.2.2 entsprechende französische<br />

Bildungen.<br />

Indigenes -fresser, das mit der Reformationszeit reihenbildend produktiv wird (Hoppe (ersch.<br />

demn.)) und allgemein zur Bildung pejorativer Bezeichnungen unterschiedlicher Bedeutung/Verwendung<br />

eintritt, ist auch in solchen der Abendmahlskontroverse vertreten, wie in<br />

überaus frequentem Fleischfresser und seltener nachweisbarem Gottfresser oder Götzenfresser.<br />

Fleischfresser der Abendmahlslehre erscheint kontinuierlich mit Luthers übersetzendzitierenden<br />

ironischen Repliken nach Mitte der 20er Jahre <strong>des</strong> 16. Jh.s* (85). Entsprechend<br />

tritt in seinen deutschsprachigen Werken dann das insgesamt seltenere* (86) Blutsäufer auf.<br />

Anspielungen auf den Brotgott, den gebackenen Gott, das Brot aus dem Backofen, vom<br />

Bäcker, wie sie dann auch in argumentativem Zusammenhang mit der polemischen Bezeichnung<br />

artolatria ‘Brotvergötzung; falsche Anbetung <strong>des</strong> Brotes’ stehen, finden sich hier in Luthers<br />

Entgegnungen in Kontext-Verbindung mit Fleischfresser. Solche polemischen Anspielungen<br />

gehören zum Reservoir an Phrasen der antikatholischen und antilutherischen latein-,<br />

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82<br />

deutsch- und französischsprachigen Schriften zur Abendmahlslehre und erscheinen in den<br />

Zurückweisungen der Angegriffenen; auch in der religiösen Dichtung treten sie auf; vgl. insgesamt<br />

dieu de paste, dei Papistici, ex panificio confecti (Viret), Brodt-GOtt (Frischlin<br />

(Übers.; 1671)), das nach einer späteren Luther-Übersetzung in diesem Sinne aufgenommene<br />

lateinische panem à pistore confectum und beispielsweise sein deutsches ein gebacken got.<br />

Auch diese abwehrend von Luther und seinen Anhängern, wie von Johannes Brentius* (87) in<br />

Frischlins „Phasma“, und von „Catholischen“, wie dem Katholiken Georg Eder* (88), wiederholten,<br />

quasi zitierten Phrasen und Syntagmen sind zahlreich schon bei Karlstadt in seinen<br />

die Abendmahlskontroversen eröffnenden Schriften von 1524 nachweisbar. Mit Phrasen und<br />

Syntagmen dieser Art hatte er polemisch die Materialität <strong>des</strong> Brotes, <strong>des</strong> angeblichen „Christusfleischs“,<br />

hervorgehoben:<br />

Karlstadt 1524 Gesprechbüchlin (24) ZG dem dritten würdt folgen / das ein brodt / das der becker gebacken / der<br />

leyb müst gewest seyn / von welchem die schriffte vil schreibet / das er <strong>für</strong> vns solt gegeben werden (Z).<br />

Karlstadt 1524 Auszlegung (9) Nemlich / es saget keyner / das Christusfleisch / das brodt sey, welches von<br />

weytze gemacht; ebd. (12) Das ist mein leib / hat Christus nit darumb geredt / das wir drauß verstunden / das <strong>des</strong><br />

beckerß brodt (welches er in seiner hand hete) sein leyb. Oder / das sein leib in dem selben brodt sein solt (Z);<br />

ebd. (15) <strong>des</strong> beckers brodt [...] ein brod inn dem ofen gebacken [...] ein gebacken brodt; ebd. (16) Denn ist der<br />

leib Christi / welcher <strong>für</strong> der welt sünd gegebē / ein brodt / von der erden vff gewachsen / vnd in <strong>des</strong> beckers<br />

ofen gebacken / volgt / das der natürlich vnd fleischlich leib Christi / auß Maria geborn / nit gelidten / noch <strong>für</strong><br />

vns gegeben ist. Ist aber das nit ketzerisch? (Z).<br />

-FRESSER, -FRESSEN<br />

Brotfresser (1544)<br />

wie → Weinsäufer von Luther im Abendmahlsstreit gerichtet gegen Karlstadt, Zwingli und<br />

andere, dabei in polemischer Umkehrung von deren Vorwurf <strong>des</strong> Fleischfressens und Blutsaufens<br />

eingesetzt zur Bezeichnung dieser „Schwärmer“ als solche, die Brot und Wein als bloße<br />

Materie in einem reinen Gedächtnismahl zu sich nehmen;<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 401 r ) Werde ich gezwungen / keines Schwermers / er heisse / Stenckefeld / Zwingel / Ecolampad /<br />

Carlstad / oder wer sie sind / die Schwermer / Brotfresser vnd Weinseuffer / das ist / Christus lesterer vnd<br />

feinde / Gemeinschafft anzunemen (Z).<br />

Fleisch(fr)essen (1526), Fleisch(fr)esser (1526), fleischfresserisch (1606); → unter 5.1.1<br />

die gleichbedeutenden/-verwendeten Wörter carnivorus (1525) ‘Fleischfresser’, kreophagia<br />

(1561) ‘Fleischfressen’, sarcophagus (1525/1526) ‘Fleischfresser’ und ‘fleischfresserisch’,<br />

sarcophagia (1549) ‘Fleischfressen’<br />

anfangs bei Gegnern der Luther’schen und katholischen Abendmahlslehre noch in den Formen<br />

Fleischessen und Fleischesser; dann übersetzt die Gruppe Fleischfressen, Fleischfresser,<br />

fleischfresserisch in deutschen Texten seit Luthers Repliken üblicherweise die genannten<br />

Lehnwörter aus dem Griechischen und Lateinischen und die im Neulatein lehngebildeten<br />

Wörter, wie sie in lateinsprachigen Schriften nachgewiesen sind; die polemische Personenbezeichnung<br />

Fleischfresser im Sinne von ‘Fresser <strong>des</strong> Fleisches Christi im Abendmahl’ <strong>für</strong> einen<br />

Anhänger der altkirchlichen und lutherischen Lehre von der Realpräsenz Christi im<br />

Abendmahl ist dabei am häufigsten nachgewiesen und auch in zwei der berücksichtigten<br />

deutschen Versionen von Frischlins „Phasma“ eingegangen;<br />

Zwingli 1526 Nachh¯t von dem Nachtmal (Übers.) (43/44) H(widerūb in diesem fleischessen findt es [das<br />

gl=ubig hertz] nüt anders dañ ein eewigen grüwel. [---] Hie gestellend sich aber etlich grusãmer denn alle<br />

Scythen (Z).<br />

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83<br />

Bullinger 1526 Verglichung der kätzeryen (16) Vorzyten warend allein Capernaiten / F[l]eisch esser. Jetzund<br />

aber ist es darzG kummen das alle welt Capernaitisch worden nitt anders dancket Christo / dann wie der gugger<br />

sinen v=glen / welche er zG letst ouch fryst / die inn aber zG vor gespyßt / vnd vom todt errettet habend [Randglosse:<br />

Dē lychnam Christi essen] (Z).<br />

Luther 1526 Sermon von dem Sacrament (WA 19, 484) Und spotten uns darnach, wie sie gelustet, das wir<br />

fleischfresser und blutseuffer sind und einen gebackenen Gott anbeten [den ausführlicheren Belegkontext → im<br />

Folgenden unter Blutsäufer] (Z).<br />

Luther 1527 Wider die Schwermgeister (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 222 v ) Hat er [Christus] fleisch vnd blut / So haben wir den Geist / so ist sein fleisch kein nFtz / vnser geist<br />

aber lebet / Wir w=llen jm wol ein anders singen / das er kurtz vmb dencke / vnd sage vns solche wort / vnd stelle<br />

vns solch werck fFr / die wir erkennen / das sie vns noth sind / Wo nicht / So haben wirs beschlossen / Er sol<br />

ein Capernait / Atreus [!] Thyeste vnd Fleischfresser sein / vnd wollen sehen / wie er sich vnser erwehre (Z).<br />

Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III, 382) Da / Da / yhr fleisch fresser vnd blut<br />

seuffer / Da h=ret / das Christus leib nicht ym sacrament zu suchen ist / denn das sacrament ist auff erden / so ist<br />

Christus droben zur rechten Gottes (Z).<br />

Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III, 453) Also sol man vns fleischfresser angreiffen /<br />

Also m=cht man vnsern broedtern Gott* (89) st=rtzen (Z).<br />

Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III, 466) Wir armen elenden fleischfresser / mFssen<br />

vns dennoch die weil verwundern / wie es zu gehe / das solche mechtige eisenfresser vnd hellenbrecher / widder<br />

diese elende arme funff wort [Einsatzworte] / so gar nichts auffbringen / denn ein blos / nacketes / hochmFtiges<br />

verachten (Z).<br />

Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III, 491) Mugen die armen fleischfresser nicht solchen<br />

verstand haben / sondern allein die herlichen schwermer? (Z).<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen<br />

Abendmal (1573) 395 r ) DEnn ich dencke noch wol / stehet auch noch in jrem BFchern / wie gar vberaus<br />

schendlich sie vns mit vnserm lieben HERRN vnd Heiland lesterten / hiessen in einen gebacken Gott / einen<br />

br=tern Gott / einen weinern Gott / ein gebrotenen Gott / etc. Vns hiessen sie / Fleischfresser / Blutseuffer /<br />

Anthropophagos / Capernaiten / Thyestas [den auch aus inhaltlichen Gründen ausführlich gebrachten Kontext →<br />

unter 5.1.1, anthropophagus] (Z).<br />

1574 Torgauer Artikel* (90) H 1v. [Beza und seine theologischen Freunde lehnten das sakramentliche oder<br />

mündliche Essen im Abendmahl als ein] „Capernaitisch oder Cyclopisch fleischfressen“ ab (Hund 2006, S. 642)<br />

(Z).<br />

Selnecker 1576 Schrifft vnd Warnung (54) Bezæ vnd seines anhangs schreckliche lesterung wider den HERRN<br />

Christum / vnd seine Allmacht vnd Warheit. (Überschr.) [...] 2. Alle die / so da sagen / das Christus Leib vnd<br />

Blut im Abendmal warhafftig geessen vnd getruncken werde / die sind vnreine / teufflische Capernaiten / Menschenfresser<br />

/ fleischfresser / zuzerrer / zukewer vnd verschlinger <strong>des</strong> fleisches Christi / Blutseuffer / vnd<br />

Henger Christi (Z).<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CINGLIUS. Was fFr<br />

Fleischfresser / wie die Scyther? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Nigrinus 1595 Anticalvinismus 454 rieff offentlich in der Kirchen Melchior Rinck [ein Wiedertäufer]: Schlage<br />

todt den Fleischfresser [Johann Timanno von Amstelrod] / darauff ein Tuzmult vnd Auffruhr worden / daß deß<br />

Graffen Diener mit Noth den AmstelRodanum / kondten mit dem Leben darvon bringen [s. ebd. S. 452 zur (auch<br />

wiedertäuferischen) Lehre, „daß nur Brot vnd Wein im Nachtmal sey / vnd nicht der wahre Leib vnd Blut Christi<br />

[...]“.] (Z).<br />

16. Jh. / Lepp 1908 Schlagwörter <strong>des</strong> Reformationszeitalters 3/4 (Einleitung) Fleisch-fresser [→ den Kontext<br />

unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CINGLIUS.<br />

Welch ein Fleischfresserische Rott? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

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84<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) CAROLSTADIUS. Jhr CULOPEN /<br />

CAMBALI und Gottesfresser / CAPERNAITEN / Blut S(uger / und Fleischfresser / mit euerem Brodt-GOtt [→<br />

den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Lohse 1995 Luther 190 Diejenigen, welche lehren, daß im Abendmahl Christi Leib gegessen werde, werden von<br />

Zwingli als Menschenfresser oder Fleischfresser bezeichnet [→ oben unter anthropophagus und carnivorus den<br />

eigentlichen neulateinischen Beleg aus 1525; auf die neulateinische Stelle (einer anderen als der von mir dann<br />

benutzten Ausg.) seiner Übersetzung verweist Lohse in Anm. 589 zu S. 190 ] (Z).<br />

Götzenfresser (1531)<br />

in der Reformationszeit aufgekommenes Götzenfresser lässt sich nicht immer eindeutig dem<br />

Bezeichnungsbereich der Abendmahlskontroversen im Sinne von ‘Fresser <strong>des</strong> vergötzten<br />

Brotes’ zuordnen* (91);<br />

1531 Küssenberger Chronik (Ausg. Huber) 41 Die Züricher schalten die Catholischen Götzenfresser, gotlos<br />

Bäbstler, Götzenknecht, Baurenklotze [...]. Hinwider nenneten die Catholischen die Züricher verzweifflete Ertzketzer<br />

und Kelchdieben (Lepp 1908, Einleitung, S. 4) (Z).<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CAROLSTADIUS.<br />

Welch Ketzerische G=tzenfresser? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Gott(es)fresser (1606), Got-eten (1610); → jeweils unter 5.1.1 die gleichbedeutenden/<br />

-verwendeten Personenbezeichnungen deivorus (1592) und theophagus (1553) mit theophagia<br />

(1553) ‘Gottfressen’ sowie Christophagus (1549) ‘Christusfresser’; → unter 5.1.2.2<br />

gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes frz. mangedieu<br />

im Unterschied zu gleichbedeutenden/-verwendeten neulateinischen Lehn-Wortbildungsprodukten<br />

in lateinsprachigen Texten ist Gott(es)fresser* (92) im deutschen theologischen<br />

Schrifttum <strong>des</strong> Abendmahlsstreits selbst nur vereinzelt nachweisbar;<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CAROLSTAD.<br />

Welch vngehewr Gottes fressr? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

(anonym) 1610 De theophagia papistica, dat is, Van t’ God-eten der papisten ende van den armen broot-godt der<br />

Missen XVI. clinck-dichten [...] (Titel) (Z).<br />

Lichtenberg 1789-1793 Sudelbücher Heft J (369) (Schriften und Briefe I, 707) Man könnte die katholische Religion<br />

die Gottfresserin nennen (Z).<br />

Lichtenberg 1789-1793 Sudelbücher Heft J (926) (Schriften und Briefe I, 782) Der Pater: Ihr seid Menschenfresser<br />

Ihr Neuseeländer. Neuseeländer: Und ihr seid Gottfresser ihr Pfaffen (Z).<br />

Menschenfresser (1576); → hierzu unter 5.1.1 gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes anthropophagus<br />

(1525) und die gleichverwendeten Eigennamen menschenfressender Völker und Gestalten<br />

der Antike unter 5.2<br />

als Personenbezeichnungen sind Menschenfraß seit mittelhochdeutscher Zeit, Menschenfresser<br />

seit dem früheren 16. Jh. in jeweils unterschiedlichen Bedeutungen/Verwendungen nachgewiesen;<br />

das seit der Frühen Neuzeit als Lehnübersetzung von anthropophagus auftretende<br />

Menschenfresser ethnologischer Bedeutung/Verwendung erscheint in den Abendmahlskontroversen<br />

vermutlich nur selten; es übersetzt hier seinerseits das Zwingli’sche anthropophagi;<br />

→ unten auch den Beleg aus Lohse (1995, S. 190) mit der übersetzenden Wiedergabe <strong>des</strong> von<br />

Zwingli verwendeten Lehnworts;<br />

Selnecker 1576 Schrifft vnd Warnung (54) Bezæ vnd seines anhangs schreckliche lesterung wider den HERRN<br />

Christum / vnd seine Allmacht vnd Warheit. (Überschr.) [...] 2. Alle die / so da sagen / das Christus Leib vnd<br />

Blut im Abendmal warhafftig geessen vnd getruncken werde / die sind vnreine / teufflische Capernaiten / Menschenfresser<br />

/ fleischfresser / zuzerrer / zukewer vnd verschlinger <strong>des</strong> fleisches Christi / Blutseuffer / vnd<br />

Henger Christi (Z).<br />

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Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CINGLIUS. Wie<br />

zerreist jhr / gleichsam mit Messer / Das fleisch mit Zeen / jr Menschenfresser? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CINGLIUS. Was<br />

seyt jhr auch fFr Menschen essr? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) ZWINGLIUS. Und die Menschen-<br />

Fresser / welche die Menschen fressen [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Lohse 1995 Luther 190 Diejenigen, welche lehren, daß im Abendmahl Christi Leib gegessen werde, werden von<br />

Zwingli als Menschenfresser oder Fleischfresser bezeichnet [→ oben unter anthropophagus und carnivorus<br />

den eigentlichen neulateinischen Beleg aus 1525; auf die neulateinische Stelle (einer anderen als der von mir<br />

dann benutzten Ausg.) seiner Übersetzung verweist Lohse in Anm. 589 zu S. 190] (Z).<br />

-SÄUFER, -TRINKER<br />

Blutsäufer, -trinker (1526 und 1606); → gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes haematopota<br />

(1557 (?)) unter 5.1.1, im Folgenden Weintrinker (1544) als polemisches Gegenwort<br />

von Luther im Abendmahlsstreit zitierend-übersetzend im Sinne von ‘Säufer <strong>des</strong> Blutes<br />

Christi im Abendmahl’ aufgenommen; später in die deutschen Übersetzungen von Frischlins<br />

„Phasma“ eingegangen, auch mit der bedeutungsähnlichen Variante Blutsäuger; Lepp (1908;<br />

Einleitung, S. 3/4) verzeichnet (ohne Beleg) Blutsäufer unter den „Schlagworten“ <strong>des</strong> Reformationszeitalters<br />

in der Auseinandersetzung über die Abendmahlslehre;<br />

Luther 1526 Sermon von dem Sacrament (WA 19, 484) Aber wer recht wil faren und nicht anlauffen, der hFte<br />

sich fur den spitzigen gedancken, die der Teuffel ynn der welt erreget ynn dem stuck, das er ja wolle das eye<br />

aussauffen und uns die schalen lassen, das ist, den leib und blut Christi aus dem brod und wein nemen, das es<br />

nicht mehr denn ein schlecht brod bleibe, wie der becker beckt. Und spotten uns darnach, wie sie gelustet, das<br />

wir fleischfresser und blutseuffer sind und einen gebackenen Gott anbeten. Wie auch verzeiten [!] der<br />

abtrunnige, verzweiffelte bube Averrois, der auch ein Christ gewesen war, der glewbigen spottet und lestert, Es<br />

were kein erger volck auff erden denn die Christen, darumb das sie yhren eigen Got fressen, wilchs kein ander<br />

volck yhe gethan hette [ohne die Varianten im Apparat] (Z).<br />

Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III, 382) Da / Da / yhr fleisch fresser vnd blut<br />

seuffer / Da h=ret / das Christus leib nicht ym sacrament zu suchen ist / denn das sacrament ist auff erden / so ist<br />

Christus droben zur rechten Gottes (Z).<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen<br />

Abendmal (1573) 395 r ) DEnn ich dencke noch wol / stehet auch noch in jrem [!] BFchern / wie gar vberaus<br />

schendlich sie vns mit vnserm lieben HERRN vnd Heiland lesterten / hiessen in einen gebacken Gott / einen<br />

br=tern Gott / einen weinern Gott / ein gebrotenen Gott / etc. Vns hiessen sie / Fleischfresser / Blutseuffer /<br />

Anthropophagos / Capernaiten / Thyestas [den auch aus inhaltlichen Gründen ausführlich gebrachten Kontext →<br />

unter 5.1.1, anthropophagus] (Z).<br />

Selnecker 1576 Schrifft vnd Warnung (54) Bezæ vnd seines anhangs schreckliche lesterung wider den HERRN<br />

Christum / vnd seine Allmacht vnd Warheit. (Überschr.) [...] 2. Alle die / so da sagen / das Christus Leib vnd<br />

Blut im Abendmal warhafftig geessen vnd getruncken werde / die sind vnreine / teufflische Capernaiten / Menschenfresser<br />

/ fleischfresser / zuzerrer / zukewer vnd verschlinger <strong>des</strong> fleisches Christi / Blutseuffer / vnd<br />

Henger Christi (Z).<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CINGLIUS. Welch<br />

Blutseuffer vnd Teuffls Gefesser? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

16. Jh. / Lepp 1908 Schlagwörter <strong>des</strong> Reformationszeitalters 3/4 (Einleitung) Blut-, Wein-säufer [→ den Kontext<br />

unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CINGLIUS. Wie<br />

grewliche Blutstr(nckr? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) CAROLSTADIUS. Jhr CULOPEN /<br />

CAMBALI und Gottesfresser / CAPERNAITEN / Blut S(uger / und Fleischfresser / mit euerem Brodt-GOtt [→<br />

den Kontext unter 5.] (Z).<br />

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Weinsäufer (1544)<br />

wie → Brotfresser von Luther im Abendmahlsstreit gerichtet gegen Karlstadt, Zwingli und<br />

andere, dabei in polemischer Umkehrung von deren Vorwurf <strong>des</strong> Fleischfressens und Blutsaufens<br />

eingesetzt zur Bezeichnung dieser „Schwärmer“ als diejenigen, die Brot und Wein als<br />

bloße Materie in einem reinen Gedächtnismahl zu sich nehmen;<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 401 r ) Werde ich gezwungen / keines Schwermers / er heisse / Stenckefeld / Zwingel / Ecolampad /<br />

Carlstad / oder wer sie sind / die Schwermer / Brotfresser vnd Weinseuffer / das ist / Christus lesterer vnd feinde<br />

/ Gemeinschafft anzunemen (Z).<br />

16. Jh. / Lepp 1908 Schlagwörter <strong>des</strong> Reformationszeitalters 3/4 (Einleitung) Blut-, Wein-säufer [→ den Kontext<br />

unter 5.] (Z).<br />

5.1.2.2 Französische Wortbildung mit mange-<br />

Im Französischen sind im Bezeichnungsbereich der Abendmahlskontroversen ebenfalls polemische<br />

Wortbildungsprodukte mit (<strong>für</strong> das Französische etwas problematisch so genannten)<br />

indigenen Konstituenten nachgewiesen; eindeutig ist eine Bildung aus initialem mange-, zu<br />

manger ‘essen’ (< lat. Manducare ‘(kauend) essen’) und dieu ‘Gott’, nämlich mangedieu<br />

‘Gottfresser’, das erkennbar als lehnübersetzen<strong>des</strong> Paraphrasenwort zu üblichem lehngebildeten<br />

theophagus eintritt (c’est à dire ...); zur Personenbezeichnung mit mange- vgl. auch das<br />

gelehrte, etymologisch und (hier) theologisch entsprechende nomen actionis manducation im<br />

Syntagma manducation de Christ au Sacrement (Aubertin, 1633; → oben den Belegkontext<br />

unter anthropophagus in 5.1.1).<br />

Auch die -Bildung mangedieu mit einer indigen-französischen Einheit findet<br />

sich bei Schweizer bzw. in der frankophonen Schweiz wirkenden Calvinisten;<br />

mangedieu (1560) ‘Gottfresser’; → jeweils unter 5.1.1 die gleichbedeutenden/-verwendeten<br />

Personenbezeichnungen deivorus (1592) und theophagus (1553) mit theophagia (1553) ‘Gottfressen’<br />

sowie Christophagus ‘Christusfresser’ (1549); → auch gleichbedeuten<strong>des</strong>/-verwendetes<br />

Gott(es)fresser (1606) unter 5.1.2.1<br />

Viret (?) 1560 Satyres 71/72 (Satyre V) [...] N’estre naiz / Mieux vous voudroit, Anthropophages / Pis il y a, o<br />

Theophages, / Que pour vostre dernier renfort / Vous mangez dieu cōme vn refort. [Randglosse: Anthropophages,<br />

s. Persecuteurs, & meurtriers <strong>des</strong> fideles. / Theophages, c’est a dire, Mãgedieux. / Le prestre mange<br />

tout.] [---] Et puis en fin ietter sa patte / Dessous ce poure dieu de paste: / Faire dix mille tours d’escrime: / Parler<br />

a luy en prose, en rithme, / Iusqu’a tant que l’heure le presse / De le croquer, & de vistesse / S’en donner au<br />

trauers de dents (Z).<br />

Estienne 1566 Conformité <strong>des</strong> merveilles anciennes avec les modernes (Au lecteur) [o.Pag.] Considerons donc<br />

sans passion, que nous dirions si Herodote ou quelque autre historien ancien nour racontoit qu’en quelque pays<br />

les hommes seroyēt theophages (c’est a dire mangedieux) aussi bien qu’ils racontent de quelques anthropophages,<br />

elephantophages, acridophages, phthirophages, & autres: dirions-nous pas ceste theophagie estre incroyable,<br />

& que ces historiens auroyent controuué cela de ces hommes, encore qu’au demeurã ils fussent<br />

barbarissimes? (Z).<br />

machedei (?) ‘Gottfresser’ (?)<br />

zur -Gruppe <strong>des</strong> Reformationszeitalters scheint, kontextfrei betrachtet, auch vereinzelt<br />

gebuchtes machedei zu gehören, das gebildet sein könnte aus dem zu mange- bedeutungsähnlichen<br />

mâche- (zu mâcher ‘kauen’ (< gleichbedeutendem lat. masticare, zurückgehend<br />

auf gleichbedeuten<strong>des</strong> griech. mastaßzv, zu maßstac, maßstakow ‘Mund’)). Ohne die<br />

(zutreffende?) Bedeutungserläuterung im Wörterbuch Lacombes würde es auf dem Hintergrund<br />

von frz. mangedieu und frz. théophage, théophagie und im Vergleich mit deivorus,<br />

Christophagus, theophagus, theophagia und Gott(es)fresser leicht gedeutet werden als zu<br />

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mangedieu teilsynonyme französische Bildung <strong>des</strong> Reformationszeitalters aus mâche- und<br />

einem dei ‘dieu’;<br />

Lacombe 1766 Dic. du vieux langage françois machedei, gourmand, glouton, vorax (Z).<br />

5.2 Eigennamen und Eigennamen-Ableitungen, die in inhaltlichem Zusammenhang mit<br />

stehen<br />

Vergleiche mit und Bezeichnungen nach menschenfressenden Völkern oder anthropophagen<br />

Gestalten der Antike haben in den deutsch- und lateinsprachigen Kontroversschriften zum<br />

Abendmahl (und natürlich auch in anderen Zusammenhängen) wohl seit Zwingli Tradition.<br />

Ohne gewisse Vorbilder sind sie nicht. In Karlstadts „Gesprechbüchlin“ waren es Einhörner<br />

und Löwen, mit denen die Fresser Christi, die Verteidiger der Lehre von der Realpräsenz<br />

Christi im Abendmahl, verglichen wurden; in seiner „Auszlegung“ sind dazu die Christus-<br />

Mörder * (93) mit Löwen, Bären, Wölfen und anderem Getier gleichgesetzt; auch diese Reihe<br />

hat Luther in abwehrender Aufnahme fortgeführt. Der Vergleich der Kontrahenten im Abendmahlsstreit<br />

mit gefährlichen, wilden, auch menschenfressenden Tieren ist hier nicht willkürlich-austauschbar<br />

zur üblichen Personenabwertung der Zeit (siehe Pensel 1978, besonders zu<br />

den „Tierbenennungen“, unter 3.1.3., S. 318ff.) eingesetzt, sondern eben funktional theologisch,<br />

auf biblischem Hintergrund und in typischer Spiegelung.<br />

Die oft erscheinenden Capernaiten, in Capharnaum versammelte Juden, darunter Jünger<br />

Christi, sind diejenigen, die Christi Worte als anthropophagisch missverstehen; sie gehören<br />

aus verschiedenen Gründen zur Gruppe.<br />

Canibales (1573)/Cambali<br />

als Personenbezeichnung ist Kannibale seit dem früheren 16. Jh. nachgewiesen in der Bedeutung<br />

„‘Menschenfresser’ eigtl. der Name eines Volksstammes in Westindien (karibische Inseln),<br />

dem schon in den frühsten Amerika-Berichten die Menschenfresserei nachgesagt<br />

wurde. Die Lautform Kannibale beruht auf span. Canibales, das aber seinerseits aus Caribes<br />

entstanden ist [...].“ (DFWB, Artikel Kannibale) [Kursivschreibungen von G.H.]; Canibales<br />

(verballhornt dt. Cambali) ist in den Abendmahlskontroversen als polemische Bezeichnung<br />

<strong>für</strong> die Vertreter der lutherischen und katholischen Lehre gelegentlich nachgewiesen;<br />

Beza 1573 Ad Nicolai Selnecceri Apologia (Volumen tractationum theologicarum 478) Tu quidem potiùs leo<br />

fueris vel ex feris illis Canibalibus quispiam, qui corpus ipsum Christi cui carnifices hactenus pepercerunt, ore<br />

ipso devorandum tanta contentione urgeas (Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CINGLIUS. Quales Canibales [Kannibalen,<br />

Price]? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) CAROLSTADIUS. Jhr CULOPEN /<br />

CAMBALI und Gottesfresser / CAPERNAITEN / Blut S(uger / und Fleischfresser / mit euerem Brodt-GOtt [→<br />

den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Capernaiten (1526), auch Capharnaiten; capernaitisch, auch capharnaitisch/Capernaitae,<br />

auch Capharnaitae; capernaiticus, auch capharnaitanus<br />

„Capharnait“ („Capernait“) evoziert die Stadt Capharnaum (Capernaum), wo nach Johannes<br />

6, 24-66 Christus, vor der Antragung der weltlichen Königswürde geflüchtet, sich als Brot <strong>des</strong><br />

Lebens offenbarte.<br />

Die abgeleitete Personenbezeichnung, die im Deutschen und Neulateinischen keinen Bewohnernamen<br />

darstellt, bezieht sich auf diejenigen unter den in Capharnaum anwesenden Juden,<br />

darunter auch Jünger Jesu, denen seine Rede befremdlich war, siehe besonders 6, 51-66:<br />

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„Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit.<br />

Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde <strong>für</strong> das Leben der Welt. Da<br />

zankten die Juden unter einander und sprachen: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben? [...] Viele seiner<br />

Jünger, die das höreten, sprachen: Das ist eine harte Rede, wer kann sie hören? [...] Von dem an gingen seiner<br />

Jünger viele hinter sich, und wandelten hinfort nicht mehr mit ihm.“ (zitiert nach Theile/Stier).<br />

Nachweisbar ist die polemische Personenbezeichnung mit zugehörigem Adjektiv seit der ersten<br />

Hälfte <strong>des</strong> 16. Jh.s im Frühneuhochdeutschen und Neulateinischen; wie andere vorhergehenden<br />

polemischen Bezeichnungen wird auch diese von Luther aufgenommen.<br />

In den inter- und innerkonfessionellen Kontroversen <strong>des</strong> Reformationszeitalters und der Nachreformationszeit<br />

wird das Wort von Vertretern aller Parteien zur Diffamierung von Verteidigern<br />

der jeweiligen Abendmahlslehre verwendet.<br />

Von reformierter Seite beispielsweise werden die Katholiken und Lutheraner in den empörten<br />

Juden und auch abgefallenen Jüngern Jesu in Capharnaum gespiegelt, ihnen dabei unterstellt,<br />

wie diese eine reale materielle Präsenz von Fleisch und Blut im Abendmahl anzunehmen; vgl.<br />

die entsprechenden polemischen Bezeichnungen der Reformatoren unter 5.1.1. und 5.1.2.1,<br />

5.1.2.2.<br />

Vertreter der katholischen und lutherischen Seite verwenden die polemische Bezeichnung<br />

ihrerseits gegen die Zwinglianer und Calvinisten, betrachtet als Nachfolger der irritierten Juden<br />

und der abtrünnigen Jünger nach der Rede Jesu in Capharnaum, die Christi Worte nicht<br />

verstehen können oder wollen. Luther hält in seiner „Defensio verborum coenae“ (nach der<br />

Übers., 1556) direkt dagegen: „Oecolampadius nos accusat Caphernaitas [...]: Ego vero econtra<br />

affirmo Sacramentarios veros Caphernaitas esse [...].“; in Frischlins lutherischer Komödie<br />

„Phasma“ (Actus V, Scena III) werden dem zur Hölle verdammten Calvin eben genau die<br />

„capernaitischen“ Worte aus Johannes 6, 52 in den Mund gelegt („CINGLIUS. At quomodo<br />

potest aliquis suam carnem aliis comendendam dare? / Durus hic sermo est, quis eum potest<br />

capere?“ (S. 290)), er damit indirekt als „Capernait“ gekennzeichnet, während der ebenfalls<br />

mit dem Höllenfeuer zu bestrafende Karlstadt den Begriff selbst schon verwendet (Actus III,<br />

Scena III, der Abendmahlsstreitszene), aber gegen die katholische und lutherische Abendmahlslehre<br />

geschleudert hatte;<br />

Bullinger 1526 Verglichung der kätzeryen (16) Vorzyten warend allein Capernaiten / F[l]eisch esser. Jetzund<br />

aber ist es darzG kummen das alle welt Capernaitisch worden nitt anders dancket Christo / dann wie der gugger<br />

sinen v=glen / welche er zG letst ouch fryst / die inn aber zG vor gespyßt / vnd vom todt errettet habend [Randglosse:<br />

Dē lychnam Christi essen] (Z).<br />

Zwingli 1527 Orthodoxa et Christiana responsio (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545) 409 v ) Atqui multo verborum<br />

splendore <strong>des</strong>cribis, quanto in pretio illud nobis habendum sit, quanti aestimandum, quod seipsum nobis in<br />

cibum manducandum praebuit. Et bene quidem haec diceres, siquidem humanis carnibus vesci nobis quoque in<br />

usu esset, quemadmodum apud Scythas & anthropophagos fieri solere scriptores tradiderunt. Quapropter nos<br />

quoque, dum illum manducare nolumus, nequaquam Capernaitae, sed discipuli Christi sumus, qui dicebant:<br />

Scimus & credimus quod tu es filius dei viventis (Z).<br />

Zwingli 1527 Das dise wort Iesu Christi: Das ist min lychnam 949 Lieber Luther [...]. [...] Ia trybst vil wort, wie<br />

wir’s so kostlich achten söllend, das er [Christus] sich uns zuo einer spyß gegeben. Ia wenn wir menschenfleysch<br />

im bruch hettinnd ze essen, als von Scythen unnd anthropophagen (lütesseren) gseyt wirt. Deßhalb ouch wir nit<br />

Capernaiten sind, so wir in [Christus] nit essen wellend (Z).<br />

Luther 1527 Wider die Schwermgeister (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 222 v ) Hat er [Christus] fleisch vnd blut / So haben wir den Geist / so ist sein fleisch kein nFtz / vnser geist<br />

aber lebet / Wir w=llen jm wol ein anders singen / das er kurtz vmb dencke / vnd sage vns solche wort / vnd<br />

stelle vns solch werck fFr / die wir erkennen / das sie vns noth sind / Wo nicht / So haben wirs beschlossen / Er<br />

sol ein Capernait / Atreus [!] Thyeste vnd Fleischfresser sein / vnd wollen sehen / wie er sich vnser erwehre (Z).<br />

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Zwingli/Oecolampadius 1528 Vber D. Martin Luthers „Bekentnuß“ 116 [= Teil II, Oecolampadius] Ob wir schon<br />

nit so fleischlich / so grob / so capernaitisch von sacramenten handlen / sind wir darumb nit sacramentstürmer<br />

(Z).<br />

Eck 6.1.1529 briefl. an Konrad v. Thüngen (Eck Briefwechsel, Nr. 226) Experimur nempe nostro hoc infoelici<br />

saeculo iconomastyges* (94), imaginum incendiarios, Capharnaitas, quibus venerabile corpus Christi in eucharistia<br />

durus est sermo. Catabaptistas, qui pueris baptismum negant et adultos tingunt, et horum omnium quottidie<br />

diversa sectio, ut nec cuniculi saepius pariant, quam haeretici (Z).<br />

Eck 21.10.1531 briefl. an Joh. v. Metzenhausen (Eck Briefwechsel, Nr. 248) Was seind die Lutherischen Capharnaiter,<br />

Bildstürmer, Widertauffer, Gayster etc. anders dann zuckend, reissend wölff? (Z).<br />

Eck 25.9.1534 briefl. an Matthias Zell (Eck Briefwechsel, Nr. 288) Blarer revocavit haeresia [!] Capharnaitana<br />

(Z).<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 395 r ) DEnn ich dencke noch wol / stehet auch noch in jrem [!] BFchern / wie gar vberaus schendlich<br />

sie vns mit vnserm lieben HERRN vnd Heiland lesterten / hiessen in einen gebacken Gott / einen br=tern Gott /<br />

einen weinern Gott / ein gebrotenen Gott / etc. Vns hiessen sie / Fleischfresser / Blutseuffer / Anthropophagos /<br />

Capernaiten / Thyestas [den auch aus inhaltlichen Gründen ausführlich gebrachten Kontext → unter 5.1.1, anthropophagus]<br />

(Z).<br />

Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio 8 v (... sacramentorum et Ecclesiae ministerio, Lib. II, Cap. XIII ) De<br />

Papistarū transsubstãtiatione & eorumdē cū Capernaitis collatione (Überschr.) [...] quãto absurdior iucãda est<br />

Papistarum de transsubstantiatione opinio, qui iure nouum Capernaitarum genus haberi possunt (Z).<br />

Luther 1556 Defensio verborum coenae (Übers.) (Opera omnia VII (1558), 401) NVnc age, exponas mihi quos<br />

putes veros Capernaitas esse. Oecolampadius nos accusat Caphernaitas, eo quod carnem Christi corporaliter in<br />

cœna comedamus: Ego vero econtra affirmo Sacramentarios veros Caphernaitas esse: Nam Caphernaitæ etiam<br />

separabant opus à verbo, & in corporali manducatione carnis toti erant, idem nostri Sacramentarij imitantur. Nam<br />

verba præcidunt & abijciunt, in quibus spiritualis manducatio consistit (Z).<br />

Beza 1567 Apologia 70 Sed aliud est Spiritualis, aliud Spiritus manducatio. Hoc enim quid manducetur declarat,<br />

nec à nobis vsurpari solet: per illud verò significatur manducationis genus quod corporali siue Capernaitico<br />

modo opponitur, nec substantiæ perceptioni repugnat, quum eam potius stabilat, quum nec caro à Spiritu, nec<br />

Spiritus à Carne sit separandus (Z).<br />

Beza 1567 Apologia 88 iste Capernaita (Z).<br />

1574 Torgauer Artikel* (95) H 1v. [Beza und seine theologischen Freunde lehnten das sakramentliche oder<br />

mündliche Essen im Abendmahl als ein] „Capernaitisch oder Cyclopisch fleischfressen“ ab (Hund 2006, S.<br />

642) (Z).<br />

Selnecker 1576 Schrifft vnd Warnung (54) Bezæ vnd seines anhangs schreckliche lesterung wider den HERRN<br />

Christum / vnd seine Allmacht vnd Warheit. (Überschr.) [...] 2. Alle die / so da sagen / das Christus Leib vnd<br />

Blut im Abendmal warhafftig geessen vnd getruncken werde / die sind vnreine / teufflische Capernaiten / Menschenfresser<br />

/ fleischfresser / zuzerrer / zukewer vnd verschlinger <strong>des</strong> fleisches Christi / Blutseuffer / vnd Henger<br />

Christi (Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CAROLSTADIUS. Quinam Capernaitae<br />

[Capernauiten [!], Price? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CAROLSTADIUS.<br />

Was seid jr grobe Capernaiter? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CAROLSTAD.<br />

Capernaitisch scheußlich Henckr? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Forer 1644 Antiquitas Papatus Lib. I, Cap. VIII, § XXI; 230/31 (unter Von der Transubstantiation) [Text Molinaeus,<br />

Übers. 72/73:] I. Die Capernaiten Ioan. 6 bildeten sich eine mündliche niessung deß Leibs Christi ein /<br />

vnd sagten / wie soll vns diser sein Fleisch zu essen geben? [...] [Text Forer:] 1. Die Capharnaiten haben jhnen<br />

eingebildet / als solten sie das Fleisch Christi vnder der natürlichen gestalt eines Fleischs / gleich wie das Fleisch<br />

/ so man auß der Metzg bringt/ vnd nicht vnder der gestalt eines Brots essen; diß aber ist nicht wider die Catholischen<br />

/ die nichts solches lehren (Z).<br />

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Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) CAROLSTADIUS. Jhr CULOPEN /<br />

CAMBALI und Gottesfresser / CAPERNAITEN / Blut S(uger / und Fleischfresser / mit euerem Brodt-GOtt<br />

[→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Lang 1692 Theologisch-Historischer Grund-Riß II, 3. Buch, Cap. VI; 242 Wann aber Dr. Hottinger uns Catholischen<br />

das Fleisch-essen der Capharnaiten / welche vermeint / Christus werde uns sein Fleisch zuessen geben<br />

in sichtbarlicher menschlicher Gestalt auff eine solche Weis / wie man das Fleisch in der Metzg verhawet etc.<br />

vorwerffen darff / ist er ein boßhaffter Schmäher / weil er ja wohl gewüßt / daß unsere Niessung deß HH. Leibs<br />

Christi / von der Capharnaitschē mehr als weit unterscheiden (Z).<br />

Haimbach 1722 Der Weselische Capharnait Joannes Fischer mit seiner anti-christischen Lehr gegen die Transubstantiation<br />

[!] in die catholische Schul geführt (Titel) (Z).<br />

Molitor 1756 Der Abgefertigte Capharnait, Oder Catholische Lehr, Von der Wesentlichen Wandlung Im<br />

Hochw. Sacrament <strong>des</strong> Altars Welche Gegen das Boden-lose Gedicht Lutherischer Einbrodung Bey Jährlichfeyerlichem<br />

Umgang An dem Heiligen Fronleichnams-Tag zu Mülheim am Rhein den 17 Brachmonat. 1756 In<br />

einer Glaubens-Streit-Predigt Verthädigte P. Joannes Molitor, der Gesellschaft Jesu Priester (Titel) (Z).<br />

Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. kapernaitisch (kapharnaitisch; Joh. 6, 52), materielles<br />

Verständnis der → Wandlung im Abendmahl (Z).<br />

Cyclops (1561), cyclopicus/cyclopisch<br />

„Cyclops“ und die abgeleiteten Adjektive nlat. „cyclopicus“, dt. „cyclopisch“ evozieren das<br />

riesenhafte einäugige Inselvolk der Homer’schen Kyklopen, speziell den menschenfresserischen<br />

Polyphem, der einige Gefährten <strong>des</strong> Odysseus verspeiste. Als polemische Bezeichnung<br />

<strong>für</strong> die Verteidiger der Realpräsenz Christi im Abendmahl bzw. der Transsubstantiationslehre<br />

ist Cyclops mit cyclopicus im Neulatein <strong>des</strong> 16. Jh.s bei dem Calvinisten Beza, dann in seiner<br />

Tradition nachgewiesen; auch <strong>für</strong> das Deutsche erscheint es in der Zeit und später hierzu in<br />

zitierender Verwendung, erweitert durch erläutern<strong>des</strong> polyphemisch;<br />

Beza 1561 KREVFAGIA siue Cyclops. ONOS SULLOGIZOMENOS siue Sophista. Dialogi dvo de vera communicatione<br />

corporis & sanguinis Domini, adversus Tilemanni Heshusii somnia (Titel) (Z).<br />

Beza 1573 Epistolae theologicae 296 Vt enim errorem esse demus ab ista Cyclopica, id est orali, ut ipsi loquuntur,<br />

sive reali carnis Christi manducatione abhorrere (RAMMINGER) (Z).<br />

1574 Torgauer Artikel* (96) H 1v. [Beza und seine theologischen Freunde lehnten das sakramentliche oder<br />

mündliche Essen im Abendmahl als ein] „Capernaitisch oder Cyclopisch fleischfressen“ ab (Hund 2006, S. 642)<br />

(Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CAROLSTADIUS. Quales Cyclopes<br />

[Zyklopen, Price]? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CAROLSTAD.<br />

Jhr m=get wol CYCLOPES heissn [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) CAROLSTADIUS. Jhr CULOPEN /<br />

CAMBALI und Gottesfresser / CAPERNAITEN / Blut S(uger / und Fleischfresser / mit euerem Brodt-GOtt [→<br />

den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Henke 1806 Allgem. Gesch. d. Christl. Kirche III, 423 Calvin selbst hütete sich wol, den zwischen Luthers und<br />

seiner Meynung in diesem Stück [Abendmahlslehre] obwaltenden Unterschied, der auch leicht zu finden war,<br />

aufzudecken, oder gar ihn wichtig zu machen und Streit darüber anzufangen. Auch enthielt er sich gänzlich der<br />

unartigen, ekelhaften und empörenden Benennungen Artolatrie, Kreophagie, Impanation, mit welchen Luthers<br />

Meynung von manchen andern bezeichnet zu werden pflegte. Selbst Beza vergaß sich, als man schon durch den<br />

Streit der beyden Seiten sehr erhitzt war, wol so sehr, daß er das Lutherische Abendmal ein cyklopisches, polyphemisches<br />

Essen schalt (Z).<br />

Scythae (1525)/Scythen<br />

„Die Einwohner waren grosse, starcke, barbarische und kriegerische Leute, welche nichts von<br />

Gesetzen und Wissenschafften wusten.“ (HÜBNER 1748, Artikel Scythia Europæa); „Men-<br />

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schenfresser, v. den Szythen usw.“ (GEORGES, Artikel anthropophagi); der Vergleich von<br />

Vertretern der lutherischen und katholischen Abendmahlslehre mit den Skythen ist schon bei<br />

Zwingli und auch in einer der drei berücksichtigten Übersetzungen von Frischlins Drama<br />

„Phasma“ nachweisbar;<br />

Zwingli 1525 Eucharistia (41/42) Hoc uerbū de lanianda carne, sic renuit mens, ut manducare non audeat, sed<br />

ore exerat. Hic tumultuantur quidam omnibus Scythis immanius, quod qui hic non delectetur perfidus sit (Z).<br />

Zwingli 1526 Nachh¯t von dem Nachtmal (Übers.) (43/44) H(widerūb in diesem fleischessen findt es [das<br />

gl=ubig hertz] nüt anders dañ ein eewigen grüwel. [---] Hie gestellend sich aber etlich grusãmer denn alle Scythen<br />

(Z).<br />

Zwingli 1527 Orthodoxa et Christiana responsio (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545) 409 v ) Atqui multo verborum<br />

splendore <strong>des</strong>cribis, quanto in pretio illud nobis habendum sit, quanti aestimandum, quod seipsum nobis in<br />

cibum manducandum praebuit. Et bene quidem haec diceres, siquidem humanis carnibus vesci nobis quoque in<br />

usu esset, quemadmodum apud Scythas & anthropophagos fieri solere scriptores tradiderunt. Quapropter nos<br />

quoque, dum illum manducare nolumus, nequaquam Capernaitae, sed discipuli Christi sumus, qui dicebant:<br />

Scimus & credimus quod tu es filius dei viventis (Z).<br />

Zwingli 1527 Das dise wort Iesu Christi: Das ist min lychnam 949 Lieber Luther [...]. [...] Ia trybst vil wort, wie<br />

wir’s so kostlich achten söllend, das er [Christus] sich uns zuo einer spyß gegeben. Ia wenn wir menschenfleysch<br />

im bruch hettinnd ze essen, als von Scythen unnd anthropophagen (lütesseren) gseyt wirt. Deßhalb ouch wir nit<br />

Capernaiten sind, so wir in [Christus] nit essen wellend (Z).<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CINGLIUS. Was fFr<br />

Fleischfresser / wie die Scyther? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Thyestes (1527)<br />

die Anhänger der Luther’schen und katholischen Abendmahlslehre wurden wohl polemisch<br />

mit dem Mythos der verfeindeten Brüder Atreus und Thyestes in Verbindung gebracht, speziell<br />

mit dem heuchlerischen Versöhnungsfest, das Atreus ausrichtet, dabei aber Thyestes <strong>des</strong>sen<br />

eigene Kinder zum Mahl vorsetzt (siehe Kl. Pauly 1979 (Artikel Artreus)); von Luther<br />

wird die Übertragung aufgenommen oder möglicherweise von ihm selbst erst auf dem allgemein<br />

menschenfresserischen Hintergrund eingebracht; sie findet sich dann auch in allen berücksichtigten<br />

Versionen von Frischlins „Phasma“, während andere -Bezeichnungen<br />

und Vergleiche wechseln;<br />

Luther 1527 Wider die Schwermgeister (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 222 v ) Hat er [Christus] fleisch vnd blut / So haben wir den Geist / so ist sein fleisch kein nFtz / vnser geist<br />

aber lebet / Wir w=llen jm wol ein anders singen / das er kurtz vmb dencke / vnd sage vns solche wort / vnd<br />

stelle vns solch werck fFr / die wir erkennen / das sie vns noth sind / Wo nicht / So haben wirs beschlossen / Er<br />

sol ein Capernait / Atreus [!] Thyeste vnd Fleischfresser sein / vnd wollen sehen / wie er sich vnser erwehre (Z).<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal<br />

(1573) 395 r ) DEnn ich dencke noch wol / stehet auch noch in jrem [!] BFchern / wie gar vberaus schendlich<br />

sie vns mit vnserm lieben HERRN vnd Heiland lesterten / hiessen in einen gebacken Gott / einen br=tern Gott /<br />

einen weinern Gott / ein gebrotenen Gott / etc. Vns hiessen sie / Fleischfresser / Blutseuffer / Anthropophagos /<br />

Capernaiten / Thyestas [den auch aus inhaltlichen Gründen ausführlich gebrachten Kontext → unter 5.1.1, anthropophagus]<br />

(Z).<br />

Selnecker 1576 Schrifft vnd Warnung (22/23) Bezæ schr=ckliche reden. (Überschr.) Wer da saget / das Christus<br />

mit seinem Leib vnd Blut gegenwertig auff erden sey / wo vnd wenn das Abendmal gehalten wird / bey den<br />

Christen / vnd das sein Leib vnd Blut geessen vnd getruncken werde / der ist ein Gotteslesterer / ein Thyestes<br />

(der seine eigene S=ne gefressen hat) ein Capernait, der das fleisch oder den Leib Christi mit seinen Zeenen zukewet<br />

/ verschlinget / in magen vnd bauch traijcirt (Z).<br />

Frischlin 1592 Phasma, Actus III, Scena III (Sämtl. Werke III, 2;152/54) CAROLSTADIUS. At quinam vos<br />

estis Thyestae [Thyestianer, Price]? Qui carnes humanas comeditis? [Randglosse: Horrenda Zwinglianorum<br />

doctrina] [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

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92<br />

Frischlin 1593 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Glaser)) (Sämtl. Werke III, 2; 363) CAROLSTADIUS. Pfu<br />

/ was seid jhr heßlich Thyesten? / Die jr mit Menschen Fleisch Euch thut mesten? [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1606 Phasma, Actus III, Scena III (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2; 389/90) CAROLSTAD.<br />

Was seyt jhr aber fFr Thestn / Die sich mit Menschen Fleisch thun mestn? [Randglosse:] Horrenda Zwinglianorum<br />

dicteria [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

Frischlin 1671 Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2; 402) CAROLSTADIUS. Und was THYESTES<br />

gethan / daß er Menschen Fleisch gessen [→ den Kontext unter 5.] (Z).<br />

6. Literatur<br />

siehe gegebenenfalls auch unter 7.1 Z-Primärquellen oder 7.2 Z-Sekundärquellen<br />

[Arnold, Gottfrid (1699):] Gottfrid Arnolds Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie/von Anfang <strong>des</strong> Neuen<br />

Testaments biß auff das Jahr Christi 1688, Frankfurt a.M.<br />

Autin, Albert (1921), → unter 7.1 [Calvin, Jean:] Advertissement.<br />

[Baillet, Adrien ((1689) 1725)]: Jugemens <strong>des</strong> savans sur les principaux ouvrages <strong>des</strong> auteurs, par Adrien Baillet;<br />

Revûs, corrigez, & augmentez par Mr. de la Monnoye. Nouvelle édition. [...] Tome sixième. Les Satires personnelles<br />

qui portent le titre d’Anti, Amsterdam [zitiert nach dem Nachdruck Hil<strong>des</strong>heim/New York 1971.<br />

(= Bd. V/VI von 8 Bde. in 4)].<br />

Blochwitz, Werner/Werner Runkewitz (1971): Neologismen der französischen Gegenwartssprache unter besonderer<br />

Berücksichtigung <strong>des</strong> politischen Wortschatzes, Berlin. (= Deutsche Akademie der Wissenschaften zu<br />

Berlin. Schriften <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> romanische Sprachen und Kultur, Bd. 6).<br />

Brunot, Ferdinand (1922): Histoire de la Langue Française <strong>des</strong> origines à 1900 [...], Bd. 2, Le Seizième Siècle<br />

(2 e édition revue et corrigée), Paris.<br />

[Chamay, Charles-Antoine (2005):] |Théodore de Bèze| Satyres chrestiennes de la cuisine papale, édition critique<br />

par Charles-Antoine Chamay, Genf. (= Textes littéraires français, 576), → auch unter 7.1 Viret, Pierre (anonym).<br />

Curtius, Ernst Robert (1954): Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 2., durchges. Aufl., Bern.<br />

Demerson, Guy (1973), → unter 7.1 [Rabelais, François:] Rabelais. Œuvres Complètes.<br />

Diekmannshenke, Hans-Joachim (1994): Die Schlagwörter der Radikalen der Reformationszeit (1520-1536).<br />

Spuren utopischen Bewußtseins, Frankfurt a.M. [et al.]. (= Europäische Hochschulschriften, Reihe I Deutsche<br />

Sprache und Literatur, Bd. 1445).<br />

Feine, Angelika (2003): Fußballitis, Handyritis, Chamäleonitis. -itis-Kombinationen in der deutschen Gegenwartssprache.<br />

In: Sprachwissenschaft, Bd. 28, H. 4, S. 437-466.<br />

[Forer, Laurentius (1644):] Antiquitas Papatus / Das Alt herkommene Pabstumb. Das ist / Daß die vhralte /<br />

rechtglaubige / Catholische Kirch von dem Pabstumb / vnd seiner Lehr gar wol gewüsst / eben dieselbe geführt<br />

/ vnd daß demnach dasselbe auff einem vesten Grund der Antiquitet, vnd auff keiner Newerung bestehe.<br />

Zu Widerlegung eines / in dieser Materi / vom Petro Molinæo* (97) [...] vnder dem Titul: Das Newlich<br />

auffgekommene Pabstumb / außgefertigten Buchs; Durch Lauretium Forerum der Societet Iesu Priesteren<br />

[...] dargethan vnd erwiesen. Der Erste Theil; Von der Kirch / heiligen Schrifft / vnd Traditionen [...], Dillingen.<br />

[Goertz, Hansjosef (1977):] Deutsche Begriffe der Liturgie im Zeitalter der Reformation. Untersuchungen zum<br />

religiösen Wortschatz zwischen 1450 und 1530 von Hansjosef Goertz, Berlin. (= Philologische Studien und<br />

Quellen, H. 88).<br />

[Hieronymus, Frank (2003):] Griechischer Geist aus Basler Pressen. Katalog der frühen griechischen Drucke aus<br />

Basel in Text und Bild von Frank Hieronymus, hrsg. und <strong>für</strong> das Internet aufbereitet v. Christoph Schneider<br />

und Benedikt Vögeli, unter Mitarbeit von Andres von Arx, Martin Cassani, Marie-Claire Crelier, Martin<br />

Leuenberger und Thierry Spampinato, Öffentliche Bibliothek der Universität Basel.<br />

Höfler, Manfred (1972): Zur Integration der neulateinischen Kompositionsweise im Französischen, dargestellt an<br />

den Bildungen auf -(o)manie, -(o)mane, Tübingen. (= Beihefte zur Zeitschrift <strong>für</strong> romanische Philologie, H.<br />

131).<br />

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Hoppe, Gabriele/Alan Kirkness/Elisabeth Link/Isolde Nortmeyer/Wolfgang Rettig/Günter Dietrich Schmidt<br />

(1987): Deutsche Lehnwortbildung. Beiträge zur Erforschung der Wortbildung mit entlehnten WB-Einheiten<br />

im Deutschen, Tübingen. (= Forschungsberichte <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> deutsche Sprache, Bd. 64).<br />

Hoppe, Gabriele (1987): Das Lehnpräfix ant(i)-, Manuskript aus dem Projekt „Lehn-Wortbildung“ <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s<br />

<strong>für</strong> Deutsche Sprache. In Bearbeitung von Elisabeth Link vorgelegt zur Sitzung <strong>des</strong> Beirats der Projektgruppe<br />

am 1.10.1987 [Der ant(i)-Artikel ist ohne Dokumentationsteil eingegangen in die Neubearbeitung <strong>des</strong> „Deutschen<br />

Fremdwörterbuchs“].<br />

Hoppe, Gabriele (1999): Das Präfix ex-. Beiträge zur Lehn-Wortbildung. Mit einer Einführung in den Gegenstandsbereich<br />

[Lehn-Wortbildung] von Gabriele Hoppe und Elisabeth Link, Tübingen. (= Studien zur deutschen<br />

Sprache, Bd. 15).<br />

Hoppe, Gabriele (2007): Für und wider: -fex ’wer etwas in leicht übertriebener Art liebt, auf etwas versessen ist.’<br />

Ergänzung zu III , „Semantisches Paradigma“, Teilsynonyme, Mannheim. (= OPAL 1/07).<br />

Hoppe, Gabriele (2009a): Die Herausbildung von ant(i)- + . ant(i)- + Ethnika. ant(i)- + Personennamen<br />

in der Buchtiteltradition. Für und wider: II ant(i)-. Ein Nachtrag, Mannheim. (= OPAL 2/09).<br />

Hoppe, Gabriele (2009b): Umdeutung, Fehldeutung, Mode. Neue Medizin und Entwicklung von ant(i)- +<br />

[Krankheit]icus im Neulateinischen, Französischen und Deutschen <strong>des</strong> 17. Jahrhunderts. In: Müller, Peter O.<br />

(Hg.): Studien zur Fremdwortbildung. (= Germanistische Linguistik 197-198), S. 397-433, Hil<strong>des</strong>heim/Zürich/New<br />

York.<br />

Hoppe, Gabriele (2010): „Reinigung und Fixierung“ – Etablierung neoklassischer Lehn-Wortbildung. Etymologisch-korrekte<br />

Wiederherstellung von fachsprachlichen |itis|-Lehnwörtern und ihren Ableitungen seit der<br />

Frühen Neuzeit – Herausbildung einer fachsprachlichen Lehn-Wortbildungseinheit -itis, Mannheim.<br />

(= OPAL 3/10).<br />

Hoppe, Gabriele (ersch. demn.): Lehn-Wortbildung im Kontrast. Wortbildungseinheiten der Bedeutung als gemeinsprachliche Synonyme und Antonyme der „Semantischer Paradigmata“ <strong>des</strong> Konfixes<br />

im Deutschen und Französischen. Mit Anmerkungen zur Herausbildung der Lehnsuffixe -(o)phag/<br />

und -(i)vor/ in Fachbereichen und einem Beitrag zur Entwicklung der reihenbildenden Produktivität von dt.<br />

Fresser.<br />

Hund, Johannes (2006): Das Wort ward Fleisch. Eine systematisch-theologische Untersuchung zur Debatte um<br />

die Wittenberger Christologie und Abendmahlslehre in den Jahren 1567 und 1574, Göttingen. (= Forschungen<br />

zur systematischen und ökumenischen Theologie, Bd. 114).<br />

Jaumann, Herbert (2004): Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit, 2 Bde., [erschienen:] Bd. 1: Biobibliographisches<br />

Repertorium, Berlin/New York.<br />

Kaminski, Nicola (2008): Polyglossie, Polysemie: zum konfesssionspolitischen Standort von Nicodemus Frischlins<br />

Phasma. In: Das lateinische Drama der Frühen Neuzeit. Exemplarische Einsichten in Praxis und Theorie,<br />

hrsg. v. Reinhold F. Glei und Robert Seidel, S. 165-181, Tübingen. (= Frühe Neuzeit, Bd. 129, Studien und<br />

Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext).<br />

Kinne, Michael (2000): Die Präfixe post-, prä- und neo-. Beiträge zur Lehn-Wortbildung, Tübingen. (= Studien<br />

zur deutschen Sprache, Bd. 18).<br />

Kirkness, Alan (1996): Zur lexikographischen Dokumentation eurolateinischer Wortbildungseinheiten: Vergleichende<br />

Beobachtungen am Beispiel aero-. In: Munske, Horst Haider/Alan Kirkness (Hg.): Eurolatein. Das<br />

griechische und lateinische Erbe in den europäischen Sprachen, S. 236-274, Tübingen. (= RGL 169).<br />

Kirkness, Alan ((2012) 2013): Eruditio interest – scholarship matters. The (neo-)latinate legacy in scholarly historical<br />

dictionaries of west-european vernaculars in the modern era – aktualisierte Fassung [Beitrag zum<br />

Workshop Künftige Standards wissenschaftlicher Lexikographie, 25.-27. März 2012, Berlin], http://<br />

edoc.bbaw.de/volltexte/2013/2388/pdf/Berlin_talk_final25.pdf (Stand: Januar 2014) [“The text represents an expanded<br />

version of the talk given in Berlin […]. Extensive footnotes and a select bibliography have been<br />

added.”].<br />

[Krause, Arnim (1990):] Zur Sprache <strong>des</strong> Reformators Andreas Bodenstein von Karlstadt. Untersuchungen zum<br />

Einfluß von Verstehens- und Sprachtraditionen auf die Ausprägung individuellen Sprach- und Schriftverständnisses,<br />

Sprachverhaltens und die Bedeutung ausgewählter Schlüsselwörter der Reformationszeit, von<br />

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94<br />

Arnim Krause, Stuttgart. (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik, Nr. 236) [erweiterte Fassung der Diss. phil.<br />

„Zur Sprache Karlstadts“, Leipzig 1985].<br />

[Kühlmann, Wilhelm/Joachim Telle (2004):] Der Frühparacelsismus. Zweiter Teil, hrsg. und erläutert v. Wilhelm<br />

Kühlmann und Joachim Telle, Tübingen. (= Corpus Paracelsisticum, Bd. 2. Dokumente frühneuzeitlicher<br />

Naturphilosophie in Deutschland). (= Frühe Neuzeit, Bd. 89. Studien und Dokumente zur deutschen Literatur<br />

und Kultur im europäischen Kontext. In Verbindung mit der Forschungsstelle „Literatur der Frühen<br />

Neuzeit“ an der Universität Osnabrück).<br />

Kuntz Leathers, Marion (1994): Rabelais, Postel et Utopie. In: Étu<strong>des</strong> Rabelaisiennes, Bd. 33, S. 55-64, Chinon-<br />

Tours.<br />

Lepp, Friedrich (1908): Schlagwörter <strong>des</strong> Reformationszeitalters, Leipzig. (= Quellen und Darstellungen aus der<br />

Geschichte <strong>des</strong> Reformationsjahrhunderts, Bd. 8).<br />

Link, Elisabeth (2011): Latinität im frühneuhochdeutschen Lexikon als Qualität der umfassenden Bezogenheit<br />

auf ein Modell. Aspekte sprachgeschichtlich transparenter Wahrnehmung und Beschreibung von Wortschatz<br />

jenseits punktuell festgestellter etymologischer Relationen. In: Lobenstein-Reichmann, Anja/Oskar Reichmann<br />

(Hg.): Frühneuhochdeutsch – Aufgaben und Probleme seiner linguistischen Beschreibung, S. 479-551,<br />

Hil<strong>des</strong>heim/Zürich/New York. (= GL 213-215).<br />

[Malherbe, Daniel F. (1906):] Das Fremdwort im Reformationszeitalter [Diss.] [...] vorgelegt von Daniel F.<br />

Malherbe, Freiburg i.Breisgau.<br />

Mazal, Otto (1997): Handbuch der Byzantinistik. Geschichte, Religion, Sprache, Kunst, Wiesbaden (Lizenzausg.).<br />

Nyrop, Christopher (1979 (1936)): Grammaire historique de la langue française [...], Bd. III [ 2 1936] Formation<br />

<strong>des</strong> mots, quatrième édition revue [zitiert nach dem Nachdruck aus den Ausgaben Paris/Kopenhagen,<br />

1914ff., Genf 1979].<br />

Pensel, Franzjosef (1978): Zur Personenabwertung. In: → Zur Literatursprache im Zeitalter der frühbürgerlichen<br />

Revolution, S. 219-340.<br />

Price, David H. (2007), → unter 7.1 [Frischlin, Nicodemus:].<br />

Rainer, Franz (2008): Neo- and Neo-Latin. In: Word Structure 1, 1, S. 53-64.<br />

Schmitt, Christian (2007): Zur Bedeutung <strong>des</strong> Lateins <strong>für</strong> die romanischen Sprachen. In: Steiner-Weber, Astrid/Thomas<br />

A. Schmitz/Marc Laureys (Hg.): Bilder der Antike, S. 17-56, Göttingen. (= Super alta perennis.<br />

Studien zur Wirkung der Klassischen Antike 1).<br />

Schmitz, Götz B. ((1994) 1997): Robert Ward, Fucus Histriomastix (Cambridge, 1623): ein satirisches Universitätsdrama<br />

auf die Vergnügungsfeindlichkeit der Puritaner. In: Geselligkeit und Gesellschaft im Barockzeitalter,<br />

S. 245-260, Wiesbaden. (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, Bd. 28, Teil I, hrsg. unter<br />

Mitwirkung von Knut Kiesant, Winfried Schulze und Christoph Strosetzki v. Wolfgang Adam (Vorträge und<br />

Referate gehalten anläßlich <strong>des</strong> 8. Kongresses <strong>des</strong> Wolfenbütteler Arbeitskreises <strong>für</strong> Barockforschung in der<br />

Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 31. August bis 3. September 1994)).<br />

[Spitzer, Leo (1910):] Die Wortbildung als stilistisches Mittel. Exemplifiziert an Rabelais. Nebst einem Anhang<br />

über die Wortbildung bei Balzac in seinen „Contes drolatiques“ von Leo Spitzer, Halle a.S. (= Beihefte zur<br />

Zeitschrift <strong>für</strong> Romanische Philologie, H. 29).<br />

[Stotz, Peter (2000):] Bedeutungswandel und Wortbildung, von Peter Stotz, München. (= Handbuch zur lateinischen<br />

Sprache <strong>des</strong> Mittelalters von Peter Stotz, Bd. 2).<br />

Zur Literatursprache im Zeitalter der frühbürgerlichen Revolution. Untersuchungen zu ihrer Verwendung in der<br />

Agitationsliteratur. Autorenkollektiv unter der Leitung von Gerhard Kettmann und Joachim Schildt (1978),<br />

Berlin. (= Bausteine zur Sprachgeschichte <strong>des</strong> Neuhochdeutschen, Bd. 58).<br />

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95<br />

7. Quellenverzeichnis<br />

Das Quellenverzeichnis enthält nur die Quellen zu Belegen aus der Materialsammlung (Z) der<br />

Autorin G.H.<br />

Das Quellenverzeichnis der Schulz-Baslerschen Belegsammlung (SB) <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong><br />

Deutsche Sprache wurde als Quellenverzeichnis <strong>des</strong> „Deutschen Fremdwörterbuchs“ (Bd. 7,<br />

1984) publiziert.<br />

Informationen zum Textbestand der maschinenlesbaren Korpora (CK) <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong><br />

Deutsche Sprache unter www.ids-mannheim.de/kl/projekte/korpora/archiv.html<br />

7.1 Z-Primärquellen<br />

siehe gegebenenfalls auch unter 6. Literatur<br />

Ist im Artikel nur der Titel eines Werks als Beleg aufgeführt, wird dieses hier in der Regel<br />

nicht bibliographiert.<br />

ADB. Allgemeine deutsche Bibliothek, hrsg. v. Friedrich Nicolai [zitiert nach dem diglib Bielefeld-Abbild], →<br />

aber ADB. Deutsche Biographie (NDB / ADB) unter 7.2, mit Anm. 103<br />

Zitierformel: ADB<br />

[Agapetus Diaconus:] Agapeti Diaconi / Ad Justinianum Imp. / Et Basilii Macedonis Imp. / Ad Leonem<br />

Philosophum Fil. / Adhortationes de benè administrando Imperio. Græcè & Latiné [!]. Bernhardus Damke<br />

Hamburgensis / Recensuit, & Notas adjecit, Basel 1633 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel zu: Damke 1633, → unter Damke, Bernhard<br />

Albus, Anita: Im Licht der Finsternis. Über Proust, Frankfurt a.M. 2011<br />

Zitierformel: Albus 2011 Im Licht der Finsternis<br />

[Ammon, Christoph Friederich:] [...] Christoph Friederich Ammons [...] vollständiges Lehrbuch der christlichreligiösen<br />

Moral, 4., verbesserte Ausg., Göttingen 1806 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Ammon 1806 Christl.-religiöse Moral<br />

Anhäuser, Uwe: Lothringen, Kunst. Geschichte. Landschaft [...], Köln 1985. (= Kunst-Reiseführer in der Reihe<br />

DuMont Dokumente)<br />

Zitierformel: Anhäuser 1985 Lothringen<br />

Annales de philosophie chrétienne, Bd. 12, Paris 1845 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: 1845 Annales de philosophie chrétienne XII<br />

[Anonym:] Zehn Briefe aus Österreich an den Verfasser der Briefe aus Berlin, 4. Aufl., gedruckt an der schlesischen<br />

Gränze, o.O. 1785<br />

Zitierformel: 1785 Briefe aus Österreich<br />

[Arnim, Bettina von:] Bettina von Arnim. Die Sehnsucht hat allemal Recht. Gedichte, Prosa, Briefe, hrsg. und<br />

mit einem Nachwort v. Gerhard Wolf, Frankfurt a.M. 1985 (Lizenzausg.). (= Märkischer Dichtergarten, hrsg.<br />

v. Günter de Bruyn und Gerhard Wolf, Bd. 5844)<br />

Zitierformel: [dat. Text] (B. v. Arnim, Gedichte, Prosa, Briefe)<br />

[Aubertin, Edmé:] L’Eucharistie de l’ancienne Eglise [...], par Edme [!] Aubertin [...], Genf 1633 [zitiert nach<br />

dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Aubertin 1633 L’Eucharistie de l’ancienne Eglise<br />

[Augusti, Johann Christian Wilhelm:] Die Feste der alten Christen. Für Religions-Lehrer und gebildete Leser aus<br />

allen christlichen Confessionen; von [...] Johann Christian Wilhelm Augusti, 3. Bd., Leipzig 1820 [zitiert<br />

nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Augusti 1820 Feste der alten Christen III<br />

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96<br />

[Augusti, Johann Christian Wilhelm:] Handbuch der christlichen Archäologie. Ein neugeordneter und vielfach<br />

berichtigter Auszug aus den Denkwürdigkeiten aus der christlichen Archäologie. Von [...] Johann Christian<br />

Wilhelm Augusti, 3. Bd., Leipzig 1837 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Augusti 1837 Handbuch christl. Archäologie III<br />

[Balzac, Honoré de:] Les contes drôlatiques colligez ez Abbayes de Touraine [...] par le Sieur de Balzac [...], 12.<br />

Aufl. [...], Paris (1921) [zitiert nach dem Wikisource-Abbild]<br />

Zitierformel: Balzac 1832-1837 (1921) Contes drôlatiques<br />

[Balzac, Honoré de:] Illusions perdues [1837-1843]. Introduction, notes et relevé de variantes par Antoine Adam<br />

[...]. Seconde édition revue, corrigée et illustrée, Paris 1961<br />

Zitierformel: Balzac 1837-1843 (1961) Illusions perdues<br />

[Balzac, Honoré de:] Appendice. Traité <strong>des</strong> excitans modernes. In: [Brillat-Savarin, Jean Anthelme (anonym):]<br />

Physiologie du goût, ou méditations de gastronomie transcendante [...], nouvelle édition [...], suivie d’un<br />

traité sur les excitans modernes, par M. de Balzac, S. 445ff., Paris 1839 [zitiert nach dem Abbild in Google<br />

Buchsuche]<br />

Zitierformel: Balzac 1839 Traité <strong>des</strong> excitans modernes<br />

[Balzac, Honoré de:] Tolldrastische Geschichten wie sie in den Abteien und Klöstern der Touraine gesammelt<br />

und ans Licht gebracht der edle Herr Honoré de Balzac zu Ergötzen, Kurzweil und Erbauung aller derer<br />

Pantagruelisten und mitnichten der Banausen und griesgrämigen Sauertöpfe, München 1956 (Ausg. 1966)<br />

Zitierformel: Balzac (1832-1837) 1956 Tolldrastische Geschichten (Übers.)<br />

[Baselius, Jacobus:] Jacobi Baseli [...] Sulpitius Belgicus, sive Historia Religionis, Instauratæ, Corruptæ &<br />

Reformatæ. In Belgio & à Belgis à nato Christo ad annum MD, Leiden 1656 [zitiert nach dem Abbild in<br />

Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Baselius 1656 Sulpitius Belgicus<br />

[Beer, Johann:] Die Andere Ausfertigung / Neu-gefangener / Politischer Maul-Affen [...] durch Florianum de<br />

Francomonte. Gedruckt Jm Jahr 1683 [zitiert nach: Johann Beer. Sämtliche Werke, hrsg. v. Ferdinand van<br />

Ingen und Hans-Gert Roloff, Bd. 9, Maul-Affen. Kleider-Affe, Bern [...] 1997]<br />

Zitierformel: Beer 1683 Polit. Maul-Affen (Sämtl. Werke Bd. 9)<br />

Behrisch, Heinrich Wolfgang: Einleitung zur allgemeinen Harmonie der Götterlehren aller Völker und Zeiten,<br />

Leipzig 1776 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Behrisch 1776 Götterlehren<br />

[Beza, Theodorus (Théodore de Bèze):] Confession de la foy chrestienne [...]. Par Theodore de Besze, (Genf)<br />

1559 [zitiert nach dem E-RARA-Abbild]<br />

Zitierformel: Bèze (Beza) 1559 Confession de la foy chrestienne<br />

[Beza, Theodorus (Théodore de Bèze):] Apologia Th. Bezæ Vezelii, ad libellum Sorbonici Theologastri F.<br />

Claudii de Xaintes, cui titulum fecit, Examen Caluinianæ & Bezanæ doctrinæ de Cœna Domini ex scriptis<br />

authorum eiusdem collectum, Genf 1567 [zitiert nach dem E-RARA-Abbild]<br />

Zitierformel: Beza 1567 Apologia<br />

[Beza, Theodorus (Théodore de Bèze):] Ad Nicolai Selnecceri [...] Apologia Tertia. In: Theodori Bezae Vezelii<br />

Volumen tractationum theologicarum, in quibus pleraque Christianae religionis dogmata adversus haereses<br />

nostris temporibus renovatas solidè ex verbo Dei defenduntur, Genf 1573 [zitiert nach der Abschrift in<br />

PROT. TEXTS]<br />

Zitierformel: Beza 1573 Ad Nicolai Selnecceri Apologia (Volumen tractationum theologicarum)<br />

[Beza, Theodorus (Théodore de Bèze):] Qvæstionum et responsionum christianarum pars prior [...] à Theodore<br />

Beza ante aliquot annos [...] conscripta, & nunc diligenter recognita, (Genf) 1601 [zitiert nach dem E-RARA-<br />

Abbild]<br />

Zitierformel: Beza 1601 Quaestiones et responsiones<br />

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97<br />

Bibel Edition (CD-ROM Bibel Edition). Septuaginta und Vulgata. Septuaginta, ed. Alfred Rahlfs. 2nd edition<br />

2006, ed. Robert Hanhart. Vulgata, ed. Robert Weber. 4th edition 1994, ed. Roger Gryson, Deutsche Bibelgesellschaft,<br />

Stuttgart 2006<br />

Zitierformel: Bibel Edition<br />

Bloch, Ernst: Thomas Münzer, [gegenüber der Erstausg. von 1921 geringfügig geänderte] Neuaufl., Frankfurt<br />

a.M. 1963<br />

Zitierformel: Bloch 1921 (1963) Münzer<br />

[Böttiger, Carl August:] Ideen zur Kunst-Mythologie. Erster Cursus. Stammbaum der Religionen <strong>des</strong> Alterthums<br />

[...]. Aus den <strong>für</strong> seine Zuhörer bestimmten Blättern hrsg. v. C.A. Böttiger [...], Dresden/Leipzig 1826 [zitiert<br />

nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Böttiger 1826 Ideen zur Kunst-Mythologie I<br />

[Bucer, Martin:] Metaphrasis et enarratio in Epist. D. Pauli Apostoli ad Romanos [...]. Per D. Martinum Bucerum<br />

[...]. Cum indice verborum & sententiarum copiosissimo, Basel 1562 ( 1 1536, Straßburg, Metaphrases et<br />

enarrationes [...]) [zitiert nach dem ULB-HALLE-Abbild der Ausg. Basel 1562]<br />

Zitierformel: Bucer 1562 Metaphrasis et enarratio<br />

[Bullinger, Heinrich (anonym):] VErglichung der vralten vnd vnser zyten k(tzeryen. ZG warnen die einfaltigen<br />

Christen / durch Octaviū Florentem beschriben, (Zürich, 1526) [zitiert nach dem E-RARA-Abbild]<br />

Zitierformel: Bullinger 1526 Verglichung der kätzeryen<br />

[Bullinger, Heinrich:] De origine erroris libri duo, Heinrychi Bullingeri, Zürich 1539 ( 1 1528, Basel) [zitiert nach<br />

dem E-RARA-Abbild der Ausg. Zürich 1539]<br />

Zitierformel: Bullinger 1539 De origine erroris<br />

[Bullinger, Heinrich:] De origine erroris libri duo, Heinrychi Bullingeri [...], ab ipso authore nunc demum<br />

recogniti, & aliquot locis præclarè aucti [...], Zürich 1568 ( 1 1528, Basel) [zitiert nach dem BSB-Abbild der<br />

Ausg. Zürich 1568)<br />

Zitierformel: Bullinger 1568 De origine erroris<br />

[Calvin, Jean:] Advertissement très utile du grand proffit qui reviendroit à la chrestienté s’il se faisoit inuuentoire<br />

de tous les corps sainctz et reliques qui sont en Italie qu’en France, Allemaigne, Hespaigne, et autres<br />

royaumes et pays, par M. Iehan Calvin, Genf 1543 [zitiert nach dem GALLICA-Abbild der Ausg.: Jean Calvin,<br />

Traité <strong>des</strong> reliques, suivi de l’excuse à Messieurs les Nicodémites, introduction et notes de Albert Autin<br />

[...], (Paris) 1921 (nur orthographische Angleichung)]<br />

Zitierformel: Calvin 1543 (1921) Traité <strong>des</strong> reliques<br />

[Calvin, Jean:] Von der Papisten Heiligthumb gründtlicher vnnd kurtzer Underricht / Erstlich in Latein<br />

beschriben durch Johannem Caluinum / vnd yetz dem Christlichen Läser zG gGt Verteütscht durch Jacobum<br />

Eysenberg, Pforzheim 1558 [= Nachdruck der Erstausg. Wittenberg 1557] [zitiert nach dem BSB-Abbild]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Calvin, Jean:] <strong>Institut</strong>ion de la religion Chrestienne. Nouvellement mise en quatre Liures: & distinguée par<br />

Chapitres, en ordre & methode bien propre: Augmentée außi de tel accroissement, qu’on la peut presque<br />

estimer vn liure nouueau. Par Iean Calvin, Genf 1560 [zitiert nach dem E-RARA-Abbild; spätere, veränderte<br />

und erweiterte französischsprachige Fassung seiner lateinischen „<strong>Institut</strong>io“ von 1559 (Ausg. letzter Hand)]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Calvin, Jean:] Dilucida explicatio sanae doctrinae de vera participatione carnis et sanguinis Christi in sacra<br />

Coena, ad discutiendas Heshusii nebulas. Ioanne Calvino autore, Genf 1561* (98)<br />

Zitierformel: Calvin 1561 Dilucida explicatio [die Stellen im Belegteil sind zitiert nach den Wiedergaben <strong>des</strong><br />

Originals innerhalb der englischen Übersetzung; → im Folgenden [Calvin, Jean:] The clear explanation [...]]<br />

[Calvin, Jean:] Claire exposition [...]. In: Recueil <strong>des</strong> Opuscules / C’est à dire Petis Traictez de M. Iean Calvin. Les<br />

uns reveus et corrigez sur le Latin; les autres translatez de Latin en françois. Deuxiesme edition [...]. Preface de<br />

M. Theodore de Besze [...], Sp. 1951ff., Genf 1611 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Calvin 1566 (?, → Anm. 98) (1611) Claire exposition (Übers.) (Petis Traictez)<br />

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98<br />

[Calvin, Jean:] Ioannis Calvini, magni theologi, <strong>Institut</strong>ionum Christianae religionis libri quatuor. Editio<br />

postrema, innumeris mendis quibus priores hactenus scatuere, liberata. (= Ioannis Calvini Noviodunensis opera<br />

omnia; in novem tomos digesta, Bd. 3, Amsterdam 1671) [zitiert nach der Abschrift in PROT. TEXTS]<br />

Zitierformel: [<strong>für</strong> die Anmerkungen:] 1671 / nota zu Calvin 1559 <strong>Institut</strong>iones (Opera (1671) III)<br />

[Calvin, Jean:] The clear explanation [...]. In: Theological Treatises, hrsg. v. J.K.S. Reid, S. 258ff., Philadelphia<br />

und London 2006 ( 1 1954). (= Library of Christian classics (Philadelphia, Pa.), Bd. 22) [zitiert nach dem Abbild<br />

in Google Buchsuche]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

Canard, → [Le] Canard<br />

[Challamel, Augustin:] Souvenirs d’un hugolâtre. La génération de 1830, par Augustin Challamel, Paris 1885<br />

[zitiert nach dem GALLICA-Abbild]<br />

Zitierformel: Challamel 1885 Souvenirs<br />

[Chemnitz, Martin:] Examinis Concilii Tridentini, per [...] Martinum Chemnicium scripti opus integrum: quatuor<br />

partes, in quibus præcipuorum capitum totius doctrinæ Papisticæ, firma & solida refutatio [...] collecta est<br />

[...], Frankfurt a.M. 1574 [(Teil 1) zitiert nach dem Abbild der Ausg. 1599 in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Chemnitz 1599 Concil. Trident. I<br />

[Comte, Auguste:] Système de politique positive, ou traité de sociologie, instituant la Religion de l’Humanité,<br />

par Auguste Comte [...], Bd. 2, Paris 1852 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Comte 1852 Système de politique positive II<br />

Cornwell, Patricia: Scarpetta, (Paris) 2009 (Titel der amerikanischen Originalausg.: Scarpetta, New York 2008)<br />

Zitierformel: Cornwell 2009 Scarpetta (Übers.)<br />

Cotelier, Jean Baptiste (Hg. / Übers.), → Ecclesiæ Græcæ Monumenta<br />

Damke, Bernhard, → [Agapetus Diaconus:]<br />

Zitierformel: Damke 1633 (Agapeti Adhortationes, Praefatio Lectorem candidum saluto / Bernhard Damke)<br />

Das Drama der Reformationszeit [...], hrsg. v. Richard Froning, Stuttgart 1894 [zitiert nach dem Nachdruck dieser<br />

Ausg., Darmstadt 1964]<br />

Zitierformel: [Autor, dat. Text] (Das Drama der Reformationszeit)<br />

[Davity (d’Aviti), Pierre:] Le monde ou la <strong>des</strong>cription generale de ses quatre parties, par Pierre Davity [...], Paris<br />

1660 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Davity 1660 Le monde<br />

[Degner, Jacob:] [...] Dissertatio inauguralis de rosario, sive Pater Noster / Quam [...] sub moderamine [...] Io.<br />

Friderici Mayeri [...] die 28. Januarii 1708. tuebitur Jacobus Degner [...], Greifswald 1710 [zitiert nach dem<br />

Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Degner 1710 De rosario<br />

[Der] Spiegel [Das deutsche Nachrichten-Magazin]<br />

Deutsche Flugschriften zur Reformation (1520-1525), hrsg. v. Karl Simon, Stuttgart 1980<br />

Zitierformel: [Autor, dat. Text] (Dt. Flugschr. zur Reformation)<br />

Deutsches Museum [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

[Du Pin, Louis Ellies :] Bibliotheque <strong>des</strong> auteurs separez de la communion de l’Eglise Romaine. Du XVI. et du<br />

XVII. siecle. Par Messire Louis Ellies Du Pin [...], 2 Bde. (1718-1719), Paris 1718f. [zitiert nach dem Abbild<br />

in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Du Pin [dat. Bd.] Auteurs separez de la communion de l’Eglise Romaine<br />

Du Préau, → [Prateolus (Du Préau), Gabriel:]<br />

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99<br />

Ecclesiæ Græcæ Monumenta [3 Bde., 1677-1688], Tomus tertius [posth.]. Pariter Editore & Interprete Johanne<br />

Baptista Cotelerio [...], Paris 1686 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: [Autor, dat. Text] (Eccl. Græcæ Monumenta Bd. 3 (1686))<br />

[Eck, Johannes:] Johannes Eck (1486-1543) Briefwechsel, hrsg. v. Vinzenz Pfnür, bearbeitet von Peter Fabisch<br />

und Hans Jörg Gerste unter Verwertung von Vorarbeiten von Joseph Greving und Klaus Rischar, Übersetzung<br />

ins Deutsche von Peter Fabisch [...]. (Internet-Edition in vorläufigem Bearbeitungsstand)<br />

Zitierformel: Eck briefl. [dat. Brief] (Eck Briefwechsel)<br />

[Eck, Johannes:] Opera Iohan. Eckii Contra Ludderum [...], Bd. 1, Ingolstadt 1530 [zitiert nach dem Abbild in<br />

Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Eck 1530 (Opera Johan. Eckii contra Ludderum Bd. 1)<br />

[Eder, Georg:] Euangelische Inqvisition / Wahrer vnd falscher Religion. Wider / Das gemain vnchristliche<br />

Claggeschray / Daß schier niemands mehr wissen kFnde / wie oder was er glauben solle: In Forma aines /<br />

Christlichen Rathschlags [...]). Durch H. Georgen Eder [...], (Dillingen) 1574 [zitiert nach dem Abbild dieser<br />

Ausg. in Google Buchsuche].<br />

Zitierformel: Eder 1574 Evangel. Inquisition<br />

[Estienne, Henri [II., d.J.]:] L’introduction au traité de la conformité <strong>des</strong> merveilles anciennes auec les modernes.<br />

Ou, traité préparatif à l’Apologie pour Herodote. L’argument est pris de l’Apologie pour Herodote, composee<br />

en Latin par Henri Estiene, & est ici continué par luy-mesme [...], (Genf ?) 1566 [zitiert nach dem Abbild in<br />

Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Estienne 1566 Conformité <strong>des</strong> merveilles anciennes avec les modernes<br />

(FAZ) Frankfurter Allgemeine / Zeitung <strong>für</strong> Deutschland; FAS <strong>für</strong> deren Sonntagsausg.<br />

Figaro, → [Le] Figaro<br />

Forer, Laurentius, → unter 6.<br />

[Frischlin, Nicodemus:] Phasma: Hoc est comoedia posthuma, nova et sacra: de variis haeresibus et haeresiarchis<br />

[...]. Auctore Nicodemo Frischlino [...]. Impressum in Iazygibus-Metanastis [...] 1592. Antichristi verò<br />

revelati 75 [zitiert nach: Nicodemus Frischlin. Sämtliche Werke. Dritter Band, Dramen III, 2. Teil,<br />

PHASMA, hrsg. und übersetzt v. David H. Price. Deutsche Übersetzung unter Mitarbeit von Volkhard Wels<br />

und Walter D. Wetzels, Stuttgart-Bad Cannstatt 2007. (= Berliner Ausgaben, Sektion Philologische Wissenschaften)]<br />

Zitierformel: Frischlin 1592 Phasma (Sämtl. Werke III, 2) sowie Frischlin 1593 Phasma (Übers. (Glaser))<br />

(Sämtl. Werke III, 2), Frischlin 1606 Phasma (Übers. (Bertesius)) (Sämtl. Werke III, 2) und Frischlin 1671<br />

Phasma (Übers. (anonym)) (Sämtl. Werke III, 2) <strong>für</strong> die Übersetzungen von Arnold Glaser (1593), Johannes<br />

Bertesius (1606) und eines Anonymus (1671), aus denen David H. Price Textproben beigegeben hat<br />

Girard de Rialle, Julien: La mythologie comparée, Paris 1878 [zitiert nach dem Ausschnitt-Abbild) in Google<br />

Buchsuche]<br />

Zitierformel: Girard de Rialle 1878 Mythologie comparée<br />

[Girard de Villethierry, Jean:] La vie <strong>des</strong> vierges, ou les devoirs et les obligations <strong>des</strong> vierges chrétiennes, par M.<br />

Girard de Villethierry [...]. Nouvelle Edition revue & corrigée, Paris 1776 [zitiert nach dem Abbild in Google<br />

Buchsuche]<br />

Zitierformel: Girard de Villethierry 1776 Vierges<br />

[Godeau, Antoine:] Antons Godeau [...] algemeine Kirchengeschichte [...], 24 Bde., (1768-1785), Augsburg<br />

1768ff. [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Godeau 1768ff. Algem. Kirchengesch. (Übers.)<br />

[Gretser, Jacob:] Iacobi Gretseri [...] De Cruce Christi rebusque ad eam pertinentibus libri quartuor (1598-1605)<br />

[...], Ingolstadt 1598ff. [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Gretser [dat. Buch] De Cruce Christi<br />

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100<br />

[Gretser, Jacob:] [Werke, 1608, Titel Nr. VI, S. 381-428:] Lithi [= Sten (Stein)] Miseni Calvinistae satyra<br />

palinodica, commentario jllustrata per Iacobum Gretserum [...], Ingolstadt 1608 [→ auch unter [Sten,<br />

Simon:]]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Heidegger, Johann Heinrich:] Joh. Henrici Heideggeri Sôd BÅabel rabat [transkribiert, = Mysterium Babylonis]<br />

seu in Divi Johannis Theologi Apocalypseos Prophetiam de Babylone Magna Diatribæ, 2 Bde., Leiden 1687<br />

[zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Heidegger 1687 Mysterium Babylonis<br />

[Heidegger, Johann Heinrich:] Joh. Henrici Heideggeri Tumulus Tridentini Concilii [...], secunda editione<br />

emendatior [...], Zürich 1690 [zitiert nach der Abschrift in PROT. TEXTS]<br />

Zitierformel: Heidegger 1690 Tumulus Tridentini Concilii<br />

[Henke, Heinrich Philipp Konrad:] Lineamenta institutionum fidei christianae historico-criticarum, auctore<br />

Henrico Philippo Conrado Henke [...], Helmstedt 1793 [zitiert nach dem WDB-Abbild]<br />

Zitierformel: Henke 1793 Lineamenta<br />

[Henke, Heinrich Philipp Konrad:] Allgemeine Geschichte der Christliche Kirche nach der Zeitfolge, von [...]<br />

Heinrich Philipp Konrad Henke, 4., durchaus verbesserte und beträchtlich vermehrte Aufl., 3. Theil, Braunschweig<br />

1806 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Henke 1806 Allgem. Gesch. d. Christl. Kirche III<br />

[Hieronymus de Sancta Fide (d.i. Joshua Lorki, getauft 1412):] Hebræomastyx, Vindex Impietatis, ac Perfidiæ<br />

Iudaicæ Liber, Qvo Detegvntvr, Ac Firmissimis Argvmentis Refvtantvr, Enormes & nefarij Iudæorum,<br />

eorumq[ue] Talmuth, errores atq[ue] superstitiones: / Iam Olim Ante Dvcentos Ferè annos, conscriptus, jussu<br />

& mandato Benedicti XIII. Pont. Max. à Venerabili D. Hieron. De Sancta Fide, quondam Iudæo, sed ad<br />

Christianismum converso, ipsiusq[ue] Papæ Medico [...], Frankfurt a.M. 1602 [Der fortlaufende Seitentitel*<br />

(99) dieser Druckausg. lautet: Hebræomastyx Hieron. De Sancta Fide]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Holberg, Ludwig Freiherr von:] Herrn Ludwigs / Freyherrn von Holberg / Allgemeine Kirchenhistorie [...], Erster<br />

Theil, Kopenhagen und Leipzig 1749 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Holberg 1749 Allgem. Kirchenhist. (Übers.) I<br />

[Hutten, Ulrich von:] Ulrichi de Hutten Equitis Germani Opera quæ extant omnia, collegit, edidit, annotationibus<br />

illustravit Ernestus Josephus Herm. Münch [...], 6 Bde. (1821-1825), Berlin 1821ff. [zitiert nach dem Abbild<br />

dieser Ausg. in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Hutten [dat. Text] (Opera omnia [Bd.])<br />

[Karlstadt (d.i. Bodenstein), Andreas]: Von abtuhung der Bylder / Vnd das keyn Betdler vnther den Christen<br />

seyn soll, Carolstatt [...], Wittenberg 1522 [zitiert nach dem Abdruck in: → Deutsche Flugschriften der Reformation,<br />

S. 231-279]<br />

Zitierformel [<strong>für</strong> den ersten Teil der Schrift]: Karlstadt 1522 Von abtuhung der Bylder (Deutsche Flugschriften<br />

zur Reformation)<br />

[Karlstadt (d.i. Bodenstein), Andreas:] Auszlegung dieser wort Christi. Das ist meyn leyb / welcher <strong>für</strong> euch gegeben<br />

würt. Das ist mein blGth / welches <strong>für</strong> euch vergossen würt. [...]. Wider die einfeltige vnnd zwyfeltige<br />

papisten / welche soliche wort / zG einem abbruch <strong>des</strong> kreützes Christi brauchen. Andres Carolstat, (Basel)<br />

1524 [zitiert nach dem BSB-Abbild]<br />

Zitierformel: Karlstadt 1524 Auszlegung [Die in Klammern angegebenen Zählungen beziehen sich auf die<br />

Seitennummern der Datei]<br />

[Karlstadt (d.i. Bodenstein), Andreas:] Dialogus oder ein gesprechbüchlin / Von dem grewlichen vnnd<br />

abg=ttischen mißbrauch / <strong>des</strong> hochwirdigsten sacraments Jesu Christi. Andres Carolstat, (Basel) 1524 [zitiert<br />

nach dem BSB-Abbild]<br />

Zitierformel: Karlstadt 1524 Gesprechbüchlin [Die in Klammern angegebenen Zählungen beziehen sich auf<br />

die Seitennummern der Datei]<br />

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101<br />

[Karlstadt (d.i. Bodenstein), Andreas:] Von dem Newen vnd Alten Testament. Antwurt auff disen spruch / Der<br />

Kelch das New Testament in meynem blut &c. [...] Andreas Carolstat. / wie Carolstat widerriefft, (Augsburg)<br />

1525 [zitiert nach dem BSB-Abbild]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Kolumbus-Brief:] Kolumbus. Der erste Brief aus der Neuen Welt. Lateinisch / Deutsch. Mit dem spanischen<br />

Text <strong>des</strong> Erstdrucks im Anhang. Übersetzt, kommentiert und hrsg. v. Robert Wallisch, Stuttgart 2006 [die lateinische<br />

Übersetzung beruht im Wesentlichen auf der Basler Ausg. von 1494]<br />

Zitierformel: 1494 Kolumbus-Brief (Übers.) (Ausg. Wallisch)<br />

Konrad von Megenberg. Das * (100), Bd. II: Kritischer Text nach den Handschriften, hrsg. v.<br />

Robert Luff und Georg Steer, Tübingen 2003<br />

Zitierformel: Konrad v. Megenberg um 1350 Buch der Natur (Luff/Steer)<br />

[Kortholt, Christian d.Ä.:] Christiani Kortholti [...] De calumniis Paganorum in veteres Christianos sparsis<br />

tractatus, Kiel 1668 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Kortholt d.Ä. 1668 De calumniis Paganorum<br />

Kremer, Thomas F.: Die „wissenschaftliche Rechtsphilosophie“ Carl Magnus Bergbohms. Versuch einer analytisch-kritischen<br />

Rekonstruktion, (Diss. Mannheim 2000), Frankfurt a.M. [et al.] 2001. (= Studien zum Internationalen,<br />

Europäischen und Öffentlichen Recht, Bd. 10)<br />

Zitierformel: Kremer 2001 „Wiss. Rechtsphilosophie“ Bergbohms<br />

[Lang, Caspar:] Theologisch-Historischer Grund-Riß / Der alt- und jeweiligen Christlichen Welt. [...] Zweyter<br />

Theil. Das ist: Grundlich-Theologisch-Historische Erweisung / Wie auff der gantzen Welt kein andere<br />

Christliche / als die Röm. Catholische Kirch / [...]. Verfasset [...] Durch [...] Casparum Lang [...], Einsiedel<br />

1692 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Lang 1692 Theologisch-Historischer Grund-Riß II<br />

[Le] Canard [enchaîné. Journal satirique paraissant le mercredi]<br />

[Le] Figaro [premier quotidien national français]; <strong>für</strong> die Fernsehbeilage Figaro TV magazine, <strong>für</strong> die beiliegende<br />

Frauenzeitschrift Figaro Madame<br />

[Leibniz, Gottfried Wilhelm:] Leibnitzens System der Theologie. Nach dem Manuskripte von Hannover (den<br />

lateinischen Text zur Seite) ins Deutsche übersetzt von Andreas Räß und Nikolaus Weis [...], mit einer Vorrede<br />

von [...] Lorenz Doller [...], 2. Aufl. [...], Mainz 1820 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Leibnitz 1820 System der Theologie (Übers.)<br />

[Leibniz, Gottfried Wilhelm:] Système de théologie, ou exposition de la doctrine de Leibnitz sur la religion,<br />

publié pour la première fois d’après le texte original [lateinisch, 1686], Löwen 1845 [zitiert nach dem Abbild<br />

in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Leibnitz 1845 Système de théologie (Übers.)<br />

[Leibniz, Gottfried Wilhelm:] Gottfried Wilhelm Leibniz. Sämtliche Schriften und Briefe. Erste Reihe: Allgemeiner<br />

politischer und historischer Briefwechsel Bd. 4: 1684-1687, Berlin/Leipzig 1950 (durchgesehener<br />

Nachdruck Berlin 1990). (= Gottfried Wilhelm Leibniz. Sämtliche Schriften und Briefe, hrsg. v. der Preußischen<br />

(jetzt Deutschen) Akademie der Wissenschaften, 1923-)<br />

Zitierformel: Leibniz [dat. Text] (Sämtl. Schriften u. Briefe, 1. Reihe, Bd. 4)<br />

Le Monde [ungeachtet diverser Titeländerungen ist die Beilage mit „(Télévision)“ zitiert]; Le Monde diplomatique<br />

[Le] Nouvel Observateur [zitiert nach den Bd.-Ausg. in Google Buchsuche]<br />

[Lessing, Gotthold Ephraim:] G.E. Leßings Bibliolatrie. In: Gotthold Ephraim Leßings theologischer Nachlaß, S.<br />

83ff., Berlin 1784 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Lessing 1779 Nachlassfragment Bibliolatrie (Theol. Nachlaß)<br />

Librairie de L’Amateur [Titel der Kataloge <strong>des</strong> Antiquariats Haegeli, Straßburg]<br />

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102<br />

[Lichtenberg, Georg Christoph:] Georg Christoph Lichtenberg, Schriften und Briefe, hrsg. v. Wolfgang Promies,<br />

4 Bde., mit einem Kommentarbd. zu den Bdn. 1 und 2 und einem Kommentarbd. zu Bd. 3 (Lizenzausg.<br />

1994), München (1968)<br />

Zitierformel: Lichtenberg [dat. Text] (Schriften und Briefe)<br />

[Lindanus, Wilhelm Damasus:] Apologeticum ad Germanos, pro religionis catholicæ pace, atque solida<br />

ecclesiarum in vero Christi Iesu Evangelio concordia [...]. Auctore [...] Wilh. Damasi Lindano [...], Antwerpen<br />

1568 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Lindanus 1568 Apologeticum ad Germanos<br />

Lohse, Bernhard: Luthers Theologie in ihrer historischen Entwicklung und in ihrem systematischen Zusammenhang,<br />

Göttingen 1995<br />

Zitierformel: Lohse 1995 Luther<br />

[Luther, Martin:] Sermon von dem Sacrament <strong>des</strong> leibs und bluts Christi, widder die Schwarmgeister. 1526. In:<br />

D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesammtausg., Bd. 19 [...], S. 474–523 [S. 482ff. <strong>für</strong> den eigentlichen<br />

Text], Weimar 1897 [WA 19] [zitiert nach dem LUTHERDANSK-Abbild]<br />

Zitierformel: Luther 1526 Sermon von dem Sacrament<br />

[Luther, Martin:] „Das diese Wort Christi (Das ist mein Leib etc.) noch fest stehen wider die Schwermgeister“.<br />

Mart. Luther. Wittemberg 1527. In: → [Luther, Martin:] DEs Ehrwirdigen vnd Geistreichen Mans Gottes /<br />

Doctoris Martini Lutheri Schrifften, S. 136 r -230 v<br />

Zitierformel: Luther 1527 Wider die Schwermgeister (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom<br />

heiligen Abendmal (1573))<br />

[Luther, Martin:] Luthers Werke in Auswahl. Unter Mitwirkung von Albert Leitzmann hrsg. v. Otto Clemen, 4<br />

Bde., 6., durchgesehene Aufl., Berlin 1966-1967 ( 1 1912, Bonn) [zitiert nach dem Faksimile-Nachdruck Berlin<br />

1983]<br />

Zitierformel: Luther [dat. Text] (Werke)<br />

[Luther, Martin:] „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (1528). In: → [Luther, Martin:] Luthers Werke in<br />

Auswahl, Bd. 3, Schriften von 1524-1528, S. 352-516 [siehe die bibliographischen Angaben <strong>des</strong> Hg., S. 352]<br />

Zitierformel: Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III)<br />

[Luther, Martin:] „Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe“ (1533). In: → [Luther, Martin:] Luthers Werke in<br />

Auswahl, Bd. 4, Schriften von 1529 bis 1545, S. 239-291 [siehe die bibliographischen Angaben <strong>des</strong> Hg.,<br />

S. 239]<br />

Zitierformel: Luther 1533 „Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe“ (Werke IV)<br />

[Luther, Martin:] Kurtz Bekentnis Doct. Mart. Luther. Vom heiligen Sacrament. Anno 1544. In: → [Luther,<br />

Martin:] DEs Ehrwirdigen vnd Geistreichen Mans Gottes / Doctoris Martini Lutheri Schrifften, S. 392 r -412 v<br />

Zitierformel: Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom<br />

heiligen Abendmal (1573))<br />

[Luther, Martin:] D. Martin Luther: Die gantze HeiligeSchrifft Deudsch 1545 / Auffs new zugericht, letzte zu<br />

Luthers Lebzeiten erschienene Ausg., 2 Bde., mit einem Anhang (im Beiheft), unter Mitarbeit von Heinz<br />

Blanke hrsg. v. Hans Volz, München 1972<br />

Zitierformel: Luther 1545 Hlg. Schrifft Deudsch, im Text Luther 1545<br />

[Luther, Martin:] Die Luther-Bibel. Originalausg. 1545 und revidierte Fassung 1912 [zitiert nach der elektronischen<br />

Volltextedition, Berlin 2002. (= Digitale Bibliothek, Bd. 29)]<br />

Zitierformel: [Text] (Die Luther-Bibel 1545 bzw. 1912)<br />

[Luther, Martin:] Defensio [...] verborum coenae: accipite, comedite: hoc est Corpus meum: Contra phanaticos<br />

Sacramentariorum Spiritus, ædita Germanice a Luthero, nunc vero in gratiam eorum, qui Germanice non sciunt,<br />

translata. Per Matthæum Iudicem. Anno M. D. LVI. In: [Opera omnia] Tomus septimus omnium operum<br />

[...] Martini Lutheri [...], S. 379-417, Wittenberg 1558 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Luther 1556 Defensio verborum coenae (Übers.) (Opera omnia VII (1558))<br />

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103<br />

[Luther, Martin:] Sermones aliquot Pii. A Martino Luthero lingua vernacula perscripti, Latinitate donati. In:<br />

Opera omnia Martini Lutheri, Wittenberg 1557 [zitiert nach der Abschrift in PROT. TEXTS]<br />

Zitierformel: Luther 1557 Sermones aliquot Pii (Übers.) (Opera omnia (1557))<br />

[Luther, Martin:] DEs Ehrwirdigen vnd Geistreichen Mans Gottes / Doctoris Martini Lutheri Schrifften / wider<br />

die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal vnsers HErrn Jesu Christi [...], Stettin 1573 [zitiert<br />

nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Luther [dat. Text] (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen Abendmal (1573))<br />

„Magdeburger Centurien“, erarbeitet v. Matthias Flacius, Matthaeus Iudex (Richter), Martin Köppe, Johann Wigand<br />

(1559-1574) [zitiert nach dem Abbild der Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica (Projekt, mit<br />

Unterstützung der Universitätsbibliothek München)]<br />

Zitierformel [<strong>für</strong> die Octava Centuria, Basel 1564]: „Magdeburger Centurien“. 1564 Octava Centuria Ecclesiasticae<br />

Historiae<br />

Marcus Minucius Felix: „Octavius“, spätes 2./ frühes 3. Jh. (?) (In: Migne, Patrologia Latina, MPL003,<br />

S. 231/232ff., Marci Minucii Felicis Octavius) [zitiert nach dem DCOI-Abbild]<br />

Zitierformel: Marcus Minucius Felix sp. 2./ fr. 3. Jh. (?) „Octavius“ (Migne PL (MPL003))<br />

[Matter, Jacques:] Histoire universelle de l’église chrétienne [...] par M. J. Matter, Bd. 4, Straßburg 1835 [zitiert<br />

nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Matter 1835 Hist. universelle de l’église chrétienne IV<br />

Maugey, Axel: Le roman de la francophonie. Essai, Paris 1993<br />

Zitierformel: Maugey 1993 Francophonie<br />

[Melanchthon, Philipp:] Philippi Melanchthonis opera quae supersunt omnia, edidit Carolus Gottlieb Bretschneider,<br />

Volumen IX, Philippi Melanchthonis Epistolae, praefationes, consilia, iudicia, schedae<br />

academicae [...] disposuit Carolus Gottlieb Bretschneider, Halle 1842. (= Corpus Reformatorum, Bd. 9)<br />

Zitierformel: Melanchthon [dat. Brief] briefl. (Opera omnia Bd. 9)<br />

Metz-Noblat, Alexandre de: Analyse <strong>des</strong> phénomènes économiques, Paris 1853 [zitiert nach dem Abbild in<br />

Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Metz-Noblat 1853 Phénomènes économiques<br />

[Mickiewicz, Adam:] L’église officielle et le messianisme, par Adam Mickiewicz, Paris 1845 [zitiert nach dem<br />

Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Mickiewicz 1845 L’église officielle et le messianisme<br />

[Mirus, Adam Erdmann:] M. Adam Erdmann Miri [...] Kurtze Fragen aus der Physica Sacra [...], Görlitz 1708<br />

[zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Mirus 1708 Physica Sacra<br />

[Müller, Gottlieb:] Gründliche Nachricht von einer begeisterten Weibesperson Annen Elisabeth Lohmannin [...]<br />

mitgetheilet von Gottlieb Müllern [...], Erster Theil, 2. Aufl., Wittenberg 1760 [zitiert nach dem Abbild in<br />

Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Müller 1760 Lohmannin I<br />

[Naogeorg, Thomas:] Tragoedia nova Pammachius, autore Thoma Naogeorgo Straubingensi [...], Wittenberg<br />

1538. (= Thomas Naogeorg. Sämtliche Werke, hrsg. v. Hans-Gert Roloff, Bd. 1, Dramen 1. Tragoedia nova<br />

Pammachius nebst der deutschen Übersetzung von Johann Tyrolff, Berlin/New York 1975. (= Ausgaben<br />

deutscher Literatur <strong>des</strong> 15. bis 18. Jahrhunderts))<br />

Zitierformel: Naogeorg 1538 Pammachius (Sämtl. Werke I, 1)<br />

[Naogeorg, Thomas:] Vom Bapstumb. Eine newe seer schone Tragedia / Thomae Naogeorgi / aus dem Latin<br />

verdeudscht / durch Justum Meni. sampt einer Vorrede, (Augsburg) 1539 [= „Pammachius“ (→ den vorigen<br />

Eintrag); zitiert nach dem Abdruck in: → Das Drama der Reformationszeit]<br />

Zitierformel: Naogeorg 1539 Pammachius (Übers., Menius) (Das Drama der Reformationszeit)<br />

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104<br />

[Nigrinus, Georg:] Anticalvinismvs, Das ist: Gründtliche Entdeckung deß gantzen Caluinischen Glaubens vnd<br />

Wesens / in XLIII. Vrsachen verfaßt / Warvmb man der Lehr vnd Lehrer der Caluinischen mFssig gehen /<br />

vnd sie meiden vnd bey der reinen lautern Lehr deß H. Euanglij / vnsers HERRN Jesu Christi / vnd vnser<br />

vnge(nderten Augspurgischen Confession / vnd der darbey auffgerichten Concordien / bleiben solle [...] Zu<br />

dienstlichem Gefallen an Tag gegeben [...] Durch Georgivm Nigrinvm [...], Frankfurt a.M. 1595<br />

Zitierformel: Nigrinus 1595 Anticalvinismus<br />

[Nikephoros, Kallistos Xanthopoulos:] Nicephori Callisti Xanthopuli, scriptoris vere Catholici, Ecclesiasticae<br />

historiae libri decem & octo: Sacratiss. Rom. Regis Ferdinandi liberalitate, opera vero ac studio doctiss. viri<br />

Ioannis Langi, Consiliarij Regij, e Graeco in Latinum sermonem translati, nuncque primum in lucem editi.<br />

Quorum eximia utilitas, prae ceteris Ecclesiasticorum scriptorum historijs hactenus editis, cum in Ioan. Langi<br />

ad S. R. Maiest. tum ipsius Nicephori, lucubrationis huius suae initio statim adiecta Praefatione, satis<br />

luculenter exponitur [...] Basel 1553* (101) [mehrere Nachdrucke, darunter 1588 (und 1597?) Frankfurt a.M.<br />

(Angaben nach Hieronymus 2003, GG 415)]<br />

Zitierformel, → den folgenden Eintrag<br />

[Nikephoros, Kallistos Xanthopoulos:], → den vorigen Eintrag [in der Monographie nach: Migne, Patrologia<br />

Graeco-Latina, Bd. 145, zitiert nach dem GARNIER-Abbild]<br />

Zitierformel: (<strong>für</strong> den griechischen Originaltext) Nicephorus vor ca. 1328 Eccles. Hist. (Migne, Bd. 145), (<strong>für</strong><br />

die neulateinische Übersetzung) Nicephorus 1553 (und ff.) Eccles. Hist. (Übers.) (Migne, Bd. 145)<br />

Nouvel Observateur, → [Le] Nouvel Observateur<br />

[Oecolampadius, Johannes:] Vom Nachtmal. Beweisung auß euangelischen schrifften / wer die seyen / so <strong>des</strong><br />

Herren Nachtmals wort vnrecht verstandē vnd außlegē [...] im Latein beschriben / durch Ioan. Ecolampadium<br />

/ Christlicher gemein zG nutz verdeutscht [...], (Basel) 1526 [zitiert nach dem BSB-Abbild]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Pfeiffer, August:] Theologiæ, Sive potius Mataiologißaw Judaïcæ Atque Mohammedicæ Seu Turcico-Persicæ<br />

principia sublesta et fructus pestilentes [...]. Autore Augusto Pfeiffero [...], Leipzig 1687 [zitiert nach dem<br />

Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Pfeiffer 1687 Theologiae sive Mataiologißaw Judaïcae, Mohammed., Turcico-Persicae Principia<br />

[Plinius d.Ä.:] Naturalis historiae libri XXXVII. G. Plinius Secundus, ed. Carolus Mayhoff, 5 Bde. (1897-1909),<br />

Leipzig 1897ff.<br />

Zitierformel: Plinius d.Ä. um 77 n.Chr. Naturalis historia<br />

[Plinius d.Ä.:] Cajus Plinius Secundus. Naturgeschichte. Uebersetzt und erläutert von [...] Ph[ilipp] H[edwig] [!]<br />

Külb [....], Erstes Bändchen, Stuttgart 1840 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Plinius d.Ä. um 77 n.Chr. Naturgeschichte (Übers. Ph. H. Külb)<br />

[Praetorius, Abdias:] Endlicher Bericht Abdiae Praetorij von Seiner Lere in den Artickeln / darin er von Doctore<br />

Andrea Musculo auffs hefftigste angegriffen wird [...], o.O 1563 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Praetorius 1563 Endlicher Bericht<br />

[Prateolus (Du Préau), Gabriel:] De vitis, sectis, et dogmatibus omnium haereticorum [...]. Per Gabrielem<br />

Prateolum [...], Köln 1569 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Du Préau 1569 De vitis, sectis, et dogmatibus omnium haereticorum<br />

Proust, Marcel: A la recherche du temps perdu, 15 Bde. (7 Teile), davon 5 Bde. (3 Teile) posth., 1913-1927, Paris<br />

1913ff. [zitiert nach der Gallimard-Ausg. in 15 Bde., Paris 1921ff.]<br />

Zitierformel: Proust [dat. Bd.] (Recherche)<br />

[Rabelais, François:] Rabelais. Œuvres Complètes, édition établie, annotée et préfacée par Guy Demerson [...],<br />

avec une translation due à Philippe Aubrée [et al.], texte latin établi, annoté et traduit par Geneviève<br />

Demerson, Paris (1973)<br />

Zitierformel: Rabelais [dat. Text] (Œuvres Complètes)<br />

© 2014 <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Deutsche Sprache, Mannheim. Alle Rechte vorbehalten.


Hoppe: Produktive Lehnkombineme im Neulatein <strong>des</strong> Reformationszeitalters (OPAL 1/2014)<br />

105<br />

Real-Zeitung [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Revue Britannique [Revue Britannique. Revue Internationale] [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Revue de Paris [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

[Roussel, Napoléon:] Le Jésus de M. Renan par Napoléon Roussel, Paris 1863 [zitiert nach dem Abbild in Google<br />

Buchsuche]<br />

Zitierformel: Roussel 1863 Le Jésus de M. Renan<br />

Rutkowski, Rainer: Literatur, Kunst und Religion im Fin de Siècle. Untersuchungen über das Werk <strong>des</strong> „Sar“<br />

Péladan (1858-1918) (Diss. Bonn 1988), Bonn 1989 [zitiert nach dem Ausschnitt-Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Rutkowski 1989 Péladan<br />

[Schleiermacher, Friedrich:] Der christliche Glaube nach den Grundsäzen der evangelischen Kirche im<br />

Zusammenhange dargestellt von [...] Friedrich Schleiermacher, 2., umgearbeitete Ausg., Bd. 1, Berlin 1830<br />

[zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Schleiermacher 1830 Christl. Glaube I<br />

[Schmid, Carl Christian Ehrhard:] Versuch einer Moralphilosophie, von Carl Christian Ehrhard Schmid [...].<br />

Zweyte, vermehrte Ausg., Jena 1792 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Schmid 1792 Moralphilosophie<br />

[Selnecker, Nikolaus:] Kurtze Schrifft vnd Warnung / sich fFr der Sacramentirer schwarm zuhFtten [...]. Durch<br />

Nicolaum Selneccerum [...], Dresden 1576 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Selnecker 1576 Schrifft vnd Warnung<br />

Spiegel, → [Der] Spiegel<br />

[Sten, Simon:] Palinodia Satyrica Simonis Stenii Lomacensis: Publice Recitata Heidelbergae In Jacobi Greitseri<br />

Jesuitae Et Universae Societatis Gratiam Et Honorem. VI. Ianuarii Anni [1607] [<strong>für</strong> eine andere Schreibweise],<br />

o.O. 1607 [Die Textstelle aus der „Palinodia Satyrica“ <strong>des</strong> Calvinisten Simon Sten ist zitiert nach dem<br />

Abdruck in einem der Werke → Jacob Gre(i)tsers]<br />

Zitierformel: Sten 1607 Palinodia Satyrica<br />

Stiberc, Andrea: Sauerkraut,Weltschmerz, Kindergarten und Co. Deutsche Wörter in der Welt, Freiburg i. Breisgau/Basel/Wien<br />

1999<br />

Zitierformel: Stiberc 1999 Deutsche Wörter in der Welt<br />

[Stucki, Johann Wilhelm:] Antiquitatum convivialium libri III. In quibus Hebraeorum, Graecorum, Romanorum<br />

aliarumque nationum antiqua conviviorum genera, mores, consuetudines, ritus ceremoniae[que] conviviales<br />

atque etiam alia genera explicantur [...]. Auctore Io. Guilielmo Stuckio [...], editio secunda [...] auctoris ipsius<br />

curâ auctior, melior & longè emendatior: Cum totius operis Indice novo [...], Zürich 1597 [zitiert nach dem<br />

Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Stucki 1597 Antiquitatum convivialium libri<br />

[Terzago, Paolo Maria:] Musaeum Septalium Manfredi Septalae [...] Pauli Mariae Terzagi [...] <strong>des</strong>criptum [...],<br />

Tortona 1664 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Terzago 1664 Musaeum<br />

[Theile, Carl Gottfried Wilhelm [Carolus Godofredus Guilielmus] / Rudolf[us] Stier:] Novum Testamentum tetraglotton.<br />

Archetypum graecum cum versionibus Vulgata latina, Germanicum Lutheri et Anglica authentica,<br />

in usum manualem edendum curaverunt C.G.G. Theile et R. Stier (Nachdruck der Ausg. 1858), Zürich 1981<br />

(ohne Zitierformel)<br />

Timotheus Presbyter (um 600): „De triplici receptione Hæreticorum“ (In: → Eccl. Græcæ Monumenta, Bd. 3<br />

(1686), S. 358ff.)<br />

Zitierformel: Timotheus Presbyter um 600 „De triplici receptione Hæreticorum“ (Eccl. Græcæ Monumenta<br />

Bd. 3 (1686))<br />

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106<br />

Vierset, Auguste et al.: Une cause littéraire, (Brüssel (?)) 1896 [zitiert nach dem Ausschnitt-Abbild in Google<br />

Buchsuche]<br />

Zitierformel: Vierset et al. 1896 Une cause littéraire<br />

[Vierthaler, Franz Michael:] Philosophische Geschichte der Menschen und Völker von Fr. Mich. Vierthaler, Bd.<br />

3, Salzburg 1789 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Vierthaler 1789 Philosoph. Gesch. der Menschen u. Völker III<br />

[Viret, Pierre:] De vero verbi Dei, Sacramentorum, & Ecclesiæ ministerio, Lib. II. / De adulterinis Sacramentis,<br />

Lib. I. / De adulterato Baptismi Sacramento, & de sanctorum oleorum vsu & consecratione, Lib. I. / De adulterata<br />

Cœna Domini, & De tremendis sacræ Missæ mysteriis, Lib. VI. / De theatrica Missæ saltatione Cento<br />

ex veteribus poetis Latinis consarcinatus. / Autore Petro Vireto, (Genf) 1553 [zitiert nach dem E-RARA-<br />

Abbild]<br />

Zitierformel: Viret 1553 De vero verbi Dei ministerio<br />

[Viret, Pierre (anonym):] Satyres Chrestiēnes de la cuisine Papale, (Genf) 1560 [zitiert nach dem GALLICA-<br />

Abbild] [→ aber unter 6. (Chamay, Charles-Antoine) die Zuschreibung an Beza: |Théodore de Bèze| Satyres<br />

chrestiennes de la cuisine papale, édition critique par Charles-Antoine Chamay, Genf 2005. (= Textes<br />

littéraires français, 576)]<br />

Zitierformel: Viret (?) 1560 Satyres<br />

[Voltaire:] Essay sur l’histoire générale, et sur les mœurs et l’esprit <strong>des</strong> nations [...], par M. de Voltaire [...], Bd.<br />

6, (Den Haag) 1757 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Voltaire 1757 Essay sur l’histoire générale VI<br />

[Weinrich, Melchior:] M. Melchioris Weinrichi Aerarium Poeticum, Hoc est, Phrases & nomina Poëtica, tàm<br />

Propria, tàm Appellativa [...] Titulis Latino-Germanicis ordine doctrinae [...]. Nunc septimum reiterata<br />

editione [...] M. Josephi Clauderi [...], Frankfurt a.M. 1677 [zitiert nach dem CAMENA-Abbild]<br />

Zitierformel: Weinrich 1677 Aerarium Poeticum<br />

[Weislinger, Johann Nikolaus :] Friß Vogel / oder stirb ! [...]. Zum Nutz der Catholischen, und Heyl der<br />

Uncatholischen herausgegeben / Durch / Joannem Nicolaum Weislinger [...], Straßburg 1726 ( 1 1723) [zitiert<br />

nach dem Abbild dieser Ausg. in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Weislinger 1726 Friß Vogel, oder stirb!<br />

[Witzel, Georg:] De Eucharistia sacrosanctissima ecclesiae Christi Iesu, authore Geor. Wicelio [...], Liber unus<br />

[...], Köln 1549 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Witzel 1549 De Eucharistia I<br />

[Zemb, Jean-Marie:] Collège de France. Chaire de Grammaire et Pensée Alleman<strong>des</strong> – Leçons terminales faites<br />

[...] par M. Jean-Marie Zemb [...], (Paris) 1998 [deutsch und französisch]<br />

Zitierformel: Zemb 1998 Leçons terminales<br />

Zimmermann, Matthias: Dorothei Asciani [...] Montes pietatis Romanenses historicè, canonicè, theologicè, detecti.<br />

Præmittitur justus tractatus de nervis rerum gerendarum Roman. Eccles. [...], Leipzig 1670 [zitiert nach<br />

dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Zimmermann 1670 Dorothei Asciani Montes pietatis<br />

[Zwingli, Ulrich:] De vera et falsa religione, Huldrychi Zuinglij Commentarius [...], Zürich 1525 [zitiert nach<br />

dem BSB-Abbild]<br />

Zitierformel: Zwingli 1525 De vera et falsa religione<br />

[Zwingli, Ulrich:] Subsidium sive coronis de eucharistia Huldrycho Zuinglio Autore, Zürich 1525 [zitiert nach<br />

dem E-RARA-Abbild]<br />

Zitierformel: Zwingli 1525 Eucharistia<br />

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107<br />

[Zwingli, Ulrich:] NAchhGt von dem Nachtmal oder der Dancksagung Christi / durch Huldrychen Zuinglin in<br />

Latin beschriben / vnd durch Georgen Binder vertütschet, (Zürich) 1526 [zitiert nach dem E-RARA-Abbild]<br />

Zitierformel: Zwingli 1526 Nachh¯t von dem Nachtmal (Übers.)<br />

[Zwingli, Ulrich:] D. Huldrychi Zuinglii responsio prima, qua septem Eccii propositiones confutantur. Latinitate<br />

donata Rod. Gualthero interprete (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545)) [zitiert nach der Abschrift in PROT.<br />

TEXTS]<br />

Zitierformel: Zwingli 1526 Ad Eccii Propositiones Responsio (Übers.) (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545))<br />

[Zwingli, Ulrich:] D. Huldrychi Zwinglii orthodoxa et Christiana responsio [...] (Opera D. Huldrychi Zuinglii<br />

(1545)) [zitiert nach der Abschrift in PROT. TEXTS]<br />

Zitierformel: Zwingli 1527 Orthodoxa et Christiana responsio (Opera D. Huldrychi Zuinglii (1545))<br />

[Zwingli, Ulrich:] Das dise wort Iesu Christi: Das ist min lychnam [...], Zürich 1527 [zitiert nach der Abschrift in<br />

Zwingli/Digit. Texte. (= Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, Bd. 5, Leipzig 1934 (Corpus Reformatorum<br />

92))]<br />

Zitierformel: Zwingli 1527 Das dise wort Iesu Christi: Das ist min lychnam<br />

[Zwingli, Ulrich/Johannes Oecolampadius:] Vber D. Martin Luthers BGch / Bekentnuß genant / zwo antwurten /<br />

Joannis Ecolampadij / vnd Huldrychen Zuinglis, Zürich 1528 [zitiert nach dem E-RARA-Abbild]<br />

Zitierformel: Zwingli/Oecolampadius 1528 Vber D. Martin Luthers „Bekentnuß“<br />

7.2 Z-Sekundärquellen<br />

siehe gegebenenfalls auch unter 6. Literatur<br />

Alberus, Erasmus: Novum Dictionarii genus. Mit einem Vorwort von Gilbert de Smet (Faksimile-Nachdruck der<br />

Ausg. Frankfurt 1540), Hil<strong>des</strong>heim/New York 1975. (= Documenta Linguistica. Quellen zur Geschichte der<br />

deutschen Sprache <strong>des</strong> 15. bis 20. Jahrhunderts, Reihe I, Wörterbücher <strong>des</strong> 15. und 16. Jahrhunderts, hrsg. v.<br />

Gilbert de Smet)<br />

Zitierformel: ALBERUS 1540<br />

[Bauer, Walter:] Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften <strong>des</strong> Neuen Testaments und der frühchristlichen<br />

Literatur von Walter Bauer, 6., völlig neu bearbeitete Aufl. im <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> neutestamentliche Textforschung<br />

/ Münster unter besonderer Mitwirkung von Viktor Reichmann hrsg. v. Kurt Aland und Barbara<br />

Aland, Berlin/New York 1988<br />

Zitierformel: BAUER/ALAND<br />

Bayle, Pierre: Œuvres diverses, volumes supplémentaires. Volume I,1, Volume I, 2. Choix d’articles tirés du<br />

Dictionnaire Historique et Critique, édité par Elisabeth Labrousse [Faksimile-(Teil-)Nachdruck der 5. Aufl.,<br />

Amsterdam (et al.) 1740], Hil<strong>des</strong>heim 1982<br />

(ohne Zitierformel)<br />

BBKL. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, hrsg. v. Friedrich-Wilhelm Bautz, ab Bd. 3 hrsg. v.<br />

Friedrich-Wilhelm Bautz, fortgeführt v. Traugott Bautz, 26 Bde. (1990-2006), ab Bd. 1 Hamm 1990, ab Bd.<br />

3 Herzberg 1992-2001, ab Bd. 19 Nordhausen 2001-2006 [zitiert nach der online-Version]<br />

Zitierformel: BBKL<br />

[Bescherelle, Louis-Nicolas:] Dictionnaire national ou Dictionnaire universel de la langue française [...], par M.<br />

Bescherelle aîné, 2 Bde., 4. Aufl., (Paris) 1856 [zitiert nach dem GALLICA-Abbild]<br />

Zitierformel: BESCHERELLE 1856<br />

Biographie universelle ancienne et moderne: histoire par ordre alphabétique de la vie publique et privée de tous<br />

les hommes [...], nouvelle édition publiée sous la direction de M. Michaud, 45 Bde. (1843-1865), Paris<br />

1843ff. [zitiert nach dem Abbild dieser Ausg. in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Biographie universelle 1843ff.<br />

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108<br />

Briefve Déclaration: D’aucunes dictions plus obscures contenues on Quatriesme Livre <strong>des</strong> faicts et dicts héroicques<br />

de Pantagruel, 1552 (und ff.); → [Rabelais, François:] Rabelais. Œuvres Complètes* (102)<br />

Zitierformel: Briefve Déclaration 1552 (in: Rabelais. Œuvres Complètes)<br />

[BROCKHAUS:] Kleineres Brockhaus’sches Conversations-Lexikon <strong>für</strong> den Handgebrauch, 4 Bde. (1854-<br />

1856), Leipzig 1854ff.<br />

Zitierformel: KL. BROCKHAUS 1854ff.<br />

[Brückner, Tobias/Christa Sauter:] Rückläufige Wortliste zum heutigen Deutsch, bearbeitet von Tobias Brückner<br />

und Christa Sauter, hrsg. vom <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> deutsche Sprache, 2 Bde., Mannheim 1984<br />

Zitierformel: Brückner/Sauter 1984 Rückl. Wortliste z. heutigen Deutsch<br />

Chiflet, Jean-Loup/Nathalie Kristy: Le dictionnaire <strong>des</strong> mots qui n'existent pas, o.O. 1992<br />

Zitierformel: Chiflet/Kristy 1992 Dic. <strong>des</strong> mots qui n'existent pas<br />

[Cottez, Henri:] Dictionnaire <strong>des</strong> structures du vocabulaire savant. Éléments et modèles de formation, par Henri<br />

Cottez, 4 e édition, revue et complétée, Paris 1988. (= les usuels du Robert)<br />

Zitierformel: COTTEZ 1988<br />

DDL. Datations et documents lexicographiques, publiés sous la direction de B. Quemada (<strong>Institut</strong> national de la<br />

langue française. Publications du Trésor général de la langue française)<br />

Zitierformel: DDL<br />

Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden. Auf der Grundlage von Pauly's Realencyclopädie der<br />

classischen Altertumswissenschaft unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bearbeitet und hrsg. v. Konrat<br />

Ziegler und Walter Sontheimer (Bde. 1-4), Konrat Ziegler, Walther Sontheimer und Hans Gärtner (Bd. 5, mit<br />

Nachträgen), München 1979<br />

Zitierformel: Kl. Pauly 1979<br />

Deutsche Biographie (NDB / ADB). Onlinefassung* (103)<br />

(ohne Zitierformel)<br />

Deutsches Fremdwörterbuch. (Von Hans Schulz, Straßburg 1913 (Bd. 1)); fortgeführt von Otto Basler (Berlin<br />

1942 (Bd. 2); Lieferung 1 zu Bd. 3); weitergeführt im <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> deutsche Sprache, bearbeitet von Alan<br />

Kirkness et al., ab Lieferung 2 zu Bd. 3 (1977) bis Bd. 7, Lieferung 1 (1984) (Quellenverzeichnis), Lieferung<br />

2/3 (1986) (Register), Berlin/New York<br />

Zitierformel: DFWB<br />

Deutsches Fremdwörterbuch. Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler, 2. Aufl., völlig neu erarbeitet<br />

im <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> deutsche Sprache von †Gerhard Strauß (Leitung bis 2006), Herbert Schmidt (Leitung<br />

seit 2006) et al., Berlin/New York 1994ff.<br />

Zitierformel: 2 DFWB<br />

Deutsches Wörterbuch (DWB), → Grimm, Jacob/Wilhelm Grimm<br />

Dictionnaire Français et Géographique [...], par M. Babault [...], Paris 1836 [zitiert nach dem GALLICA-Abbild]<br />

Zitierformel: Dic. Français et Géographique 1836<br />

Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch <strong>für</strong> Theologie und Religionswissenschaft, in Gemeinschaft<br />

mit Hans Freiherr von Campenhausen et al. hrsg. v. Kurt Galling, 3. Aufl., 6 Bde. (1957-1965)<br />

(RGG 3), Tübingen 1957ff. [zitiert nach der 2. Ausg. der elektronischen Volltextedition dieser Aufl., Leitung<br />

Mathias Bertram, Berlin 2004. (= Digitale Bibliothek, Bd. 12)]<br />

Zitierformel: RGG 3<br />

Digit. Bibl. Bd. 12, → Die Religion in Geschichte und Gegenwart<br />

Digit. Bibl. Bd. 41, → Lexikon der Renaissance<br />

Digitale Bibliothek Bd. 100, → [MEYER:] Meyers Großes Konversations-Lexikon<br />

Digitale Bibliothek Bd. 115, → Pierer's Universal-Lexikon<br />

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109<br />

Digit. Bibl. Bd. 133, → Herders Conversations-Lexikon<br />

[DU CANGE:] Caroli Du Fresne, Domini Du Cange [...] Glossarium ad scriptores mediae & infimae latinitatis<br />

[...], editio novissima, 4 Bde., Frankfurt a.M. 1710 [zitiert nach dem CAMENA-Abbild]<br />

Zitierformel: DU CANGE<br />

[Du CANGE:] Glossarium ad scriptores mediae et infimae Graecitatis auctore Carolo Du Fresne, domino Du<br />

Cange (Nachdruck der Erstausg. Lyon 1688), 2 Bde., Graz 1958<br />

Zitierformel: DU CANGE II<br />

[DUDEN:] DUDEN. Das große Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter, 2., neu bearbeitete<br />

und erweiterte Aufl., hrsg. und bearbeitet vom Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich<br />

2000<br />

Zitierformel: DUDEN GFWB 2000<br />

Encyclopaedia britannica [zitiert nach der elektronischen Volltextedition Encyclopaedia britannica 2001, London<br />

1994-2001]<br />

Zitierformel: Enc. brit. 2001<br />

[Ersch, Johann Samuel/Johann Gottfried Gruber:] Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste in<br />

alphabetischer Folge von genannten Schriftstellern bearbeitet und hrsg. v. J.S. Ersch und J.G. Gruber (3<br />

Sectionen mit ihren Bde., 1818-1889), Leipzig 1818ff. [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: ERSCH-GRUBER 1818ff.<br />

Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, hrsg. v. Ulrich Goebel und Oskar Reichmann, begründet v. Robert R. Anderson,<br />

Ulrich Goebel und Oskar Reichmann, Bd. 8, Lieferung 1 (i, j), bearbeitet von Vibeke Winge, Berlin/New<br />

York 1997<br />

Zitierformel: [<strong>für</strong> den benutzten Bd.:] 1997 FRÜHNHD. WB 1989ff.<br />

[Georges, Karl Ernst:] Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch [...] ausgearbeitet von Karl Ernst<br />

Georges (Nachdruck der 8., verbesserten und vermehrten Aufl. von Heinrich Georges, Hannover I, 1913; II,<br />

1916-1919), 2 Bde., Darmstadt 1998<br />

Zitierformel: GEORGES<br />

Grimm, Jacob/Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch [...], Leipzig 1854-1960 (Neubearbeitung 1965ff.)<br />

Zitierformel: DWB und 2 DWB<br />

[Hauck, Friedrich/Gerhard Schwinge:] Theologisches Fach- und Fremdwörterbuch, bearbeitet von Gerhard<br />

Schwinge, 11., veränderte Neuaufl., mit einem Verzeichnis von Abkürzungen aus Theologie und Kirche und<br />

einer Zusammenstellung lexikalischer Nachschlagewerke, Göttingen 2010<br />

Zitierformel: Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb.<br />

Herders Conversations-Lexikon. Kurze aber deutliche Erklärung von allem Wissenswerthen aus dem Gebiete der<br />

Religion, Philosophie, Geschichte, Geographie, Sprache, Literatur, Kunst, Natur- und Gewerbekunde, Handel,<br />

der Fremdwörter und ihrer Aussprache etc. etc., 5 Bde. (1854-1857), Freiburg i.Breisg. 1854ff. [zitiert<br />

nach der elektronischen Volltextedition dieser Erstausg. (Neusatz und Faksimile), Berlin 2005. (= Digitale<br />

Bibliothek, Bd. 133)]<br />

Zitierformel: HERDER 1854ff. [1854-1857]; d.h. Bd. 1 (A-Car) 1857 [!]; Bd. 2 (Cardatur-Fyt) 1854 [!]; Bd.<br />

3 (G-Lindenau) 1855; Bd. 4 (Lindenbrug-Ryut) 1856; Bd. 5 (Zytomierz und Nachträge) 1857<br />

Hierolexicon, → [Magri, Domenico/Carlo Magri:]<br />

[Hoffa, J.:] Erklären<strong>des</strong> Fremdwörterbuch oder Handbuch der, in der deutschen Schrift- und Umgangssprache<br />

mehr oder weniger gebräuchlichen, aus andern Sprachen entlehnten Wörter, Ausdrücke und Redensarten,<br />

nebst Angabe ihrer Betonung und Aussprache, bearbeitet v. [...] J. Hoffa, Marburg/Leipzig 1846<br />

Zitierformel: Hoffa 1846 Erklären<strong>des</strong> FWB<br />

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110<br />

[Hoffmann, Christian Gottfried:] Specimen conjecturarum politicarum, de origine et natura legum Germanicarum<br />

privatarum antiquarum [...] a M. Christiano Godofredo Hoffmanno, Leipzig 1715 [zitiert nach dem<br />

Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Hoffmann 1715 De origine et natura legum Germanicarum<br />

[Hofmann, Johann Jacob:] Joh. Jacobi Hofmanni [...] Lexicon universale, historiam sacram et profanam / Omnis<br />

aevi, omnium Gentium [...] / Explanans. Editio absolutissima [...], 4 Bde., Leiden 1698 [zitiert nach dem<br />

CAMENA-Abbild]<br />

Zitierformel: Hofmann 1698 Lexicon Universale<br />

Hoven, René: Lexique de la prose latine de la Renaissance, Leiden/New York/Köln 1994<br />

Zitierformel: HOVEN 1994<br />

[Hübner, Johann:] Johann Hübners Neu-vermehrtes und verbessertes Reales Staats-Zeitungs- und Conversations-<br />

Lexicon [...]. Die allerneueste Auflage [...], Regensburg 1748<br />

Zitierformel: HÜBNER 1748<br />

Huguet, Edmond: Dictionnaire de la langue française du seizième siècle, 7 Bde. (1928 [1925]-1967), Paris/Nogent-le-Rotrou<br />

1928 [1925]ff. [zitiert nach dem GARNIER-Abbild]<br />

Zitierformel: HUGUET 1928ff.<br />

[Kirsch, Adam Friedrich:] Adami Friderici Kirschii Abundantissimum Cornucopiae Linguae Latinae Et Germanicae<br />

Selectum: Quo Continentur Vocabula Latina omnis aevi, antiqui, medii ac novi, pariter ac Graeca Latinitate<br />

donata [...],. Editio Novissima [...], Leipzig 1774 [zitiert nach dem CAMENA-Abbild]<br />

Zitierformel: KIRSCH 1774<br />

KL. BROCKHAUS, → [BROCKHAUS:] Kleineres Brockhaus’sches Conversations-Lexikon<br />

Kl. Pauly, → Der Kleine Pauly<br />

Kretschmer, Paul/Ernst Locker: Rückläufiges Wörterbuch der griechischen Sprache, ausgearbeitet im Auftrag<br />

der Wiener Akademie der Wissenschaften, 2., unveränderte Aufl., mit Ergänzungen von Georg Kisser, Göttingen<br />

1963<br />

Zitierformel: KRETSCHMER/LOCKER<br />

Krünitz, Johann Georg: Oeconomische Encyclopädie [...], 242 Teile (1773-1858), Berlin 1773ff. [zitiert nach<br />

dem Abbild <strong>des</strong> OECONOM. ENC.-Projekts]<br />

Zitierformel: KRÜNITZ 1773ff.<br />

[Krug, Wilhelm Traugott:] Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur<br />

und Geschichte. Nach dem heutigen Standpuncte der Wissenschaft bearbeitet und hrsg. v. [...] Wilhelm<br />

Traugott Krug, 4 Bde. (1827-1828) (Suppl.-bde. 1829-1834), Leipzig 1827ff. [zitiert nach dem Abbild in<br />

Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Krug 1827ff. Handwb. phil. Wissenschaften; <strong>für</strong> Supplementbde.: Krug 1829ff. Handwb. phil.<br />

Wissenschaften (Suppl.-bd.) bzw. Krug 1832ff. Handwb. phil. Wissenschaften (Suppl.-bd. zur 2. Aufl.)<br />

[Lacombe, François:] Dictionnaire du vieux langage françois [...]. Par M. Lacombe, Paris 1766 [Supplément<br />

1767] [zitiert nach dem LEXILOGOS-Abbild]<br />

Zitierformel: Lacombe 1766 Dic. du vieux langage françois<br />

[LAROUSSE:] Grand dictionnaire universel du XIX e siècle, 15 Bde., 2 Supplementbde., Paris 1866-1876 [zitiert<br />

nach dem Nachdruck dieser Ausg., 24 Bde., 4 Supplementbde., Nîmes 1990-1992]<br />

Zitierformel: LAROUSSE DIC. UNIVERSEL DU XIX e S. 1866ff.<br />

LAROUSSE Universel en 2 volumes. Nouveau dictionnaire encyclopédique publié sous la direction de Claude<br />

Augé, Paris (1923)<br />

Zitierformel: LAROUSSE UNIVERSEL 1923<br />

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111<br />

Lexikon der Renaissance, hrsg. von Günter Gurst, Siegfrid Hoyer, Ernst Ullmann und Christa Zimmermann,<br />

Leipzig 1989 [zitiert nach der von den Herausgebern überarbeiteten und erweiterten elektronischen Ausg.,<br />

Berlin 2000. (= Digitale Bibliothek, Bd. 41) und deren Paginierung* (104)]<br />

Zitierformel: Lex. Renaissance 2000<br />

Lexikon zur byzantinischen Gräzität, besonders <strong>des</strong> 9.-12. Jahrhunderts, erstellt von Erich Trapp unter Mitarbeit<br />

von Wolfram Hörandner, Johannes Diethart et al. (Faszikel 1-4 (1994ff.), Bd. 1 (2001), A-K;Verzeichnis der<br />

Abkürzungen (2001); von Bd. 2, L-V bisher erschienen Faszikel 5 (2005), Faszikel 6 (2007), Faszikel 7 im<br />

Manuskript (2010) vorliegend), Wien (1994ff.) 2001ff.<br />

Zitierformel: LBG<br />

[Liddell, Henry George/Robert Scott:] A Greek-English Lexicon, compiled by Henry George Liddell [...] and<br />

Robert Scott [...], a new edition revised and augmented throughout by [...] Henri Stuart Jones [...] (= New<br />

(ninth) edition completed 1940, reprinted), 2 Bde., Oxford 1951<br />

Zitierformel: LIDDELL/SCOTT<br />

[Magri, Domenico/Carlo Magri [!]:] Hierolexicon sive Sacrum Dictionarium [...] auctoribus Dominico Macro [!]<br />

Melitensi [...] et Carolo eius fratre [...] Opus. Figuris ornatum, quod præcedit Index Criticus, ac subsequuntur<br />

Syllabus græcarum vocum exoticarum, de quibus in eo agitur [...], 3., [von Carlo Magri] verbesserte und ergänzte<br />

Aufl., Rom 1677<br />

Zitierformel: Hierolexikon 1677 bzw. Syllabus græcarum vocum exoticarum 1677<br />

[Mehlig, Johann Michael:] M. Johann Michael Mehligs [...] Historisches Kirchen- und Ketzer-Lexikon aus den<br />

besten Schriftstellern zusammen getragen, Chemnitz 1758 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Mehlig 1758 Hist. Kirchen- u. Ketzer-Lexikon<br />

Merle, Gabriel/Robert Perret/Jennifer Vince/Claudie Juilliard: Les mots nouveaux apparus depuis 1985, Paris<br />

1989<br />

Zitierformel: G. Merle et al. 1989 Mots nouveaux<br />

[MEYER:] Meyers Großes Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk <strong>des</strong> allgemeinen Wissens, 6., gänzlich<br />

neubearbeitete und vermehrte Aufl. [...], 20 Bde. (1905-1909), Leipzig und Wien 1905ff. [zitiert nach der<br />

elektronischen Volltextedition, Berlin 2003/04. (= Digitale Bibliothek, Bd. 100)]<br />

Zitierformel: MEYER 1905ff.<br />

[NIERMEYER:] Mediae Latinitatis Lexicon Minus. Lexique latin médiéval – Medieval Latin Dictionary – Mittellateinisches<br />

Wörterbuch, J.F. Niermeyer & C. van de Kieft, édition remaniée par – revised by – überarbeitet<br />

von J.W.J. Burgers, Leiden 2002<br />

Zitierformel: NIERMEYER<br />

Onasch, Konrad: Lexikon Liturgie und Kunst der Ostkirche unter Berücksichtigung der Alten Kirche, Berlin/München<br />

1993 (bearbeitete Ausg. der Erstausg. Leipzig/Berlin 1981, unter dem Titel „Liturgie und Kunst<br />

der Ostkirche in Stichworten“)<br />

Zitierformel: Onasch 1993 Lex. Ostkirche<br />

Pape, Wilhelm: Griechisch-deutsches Handwörterbuch (Faksimile-Nachdruck der 3., von M. Sengebusch bearbeiteten<br />

Aufl. von 1880), 2 Bde., Graz 1954<br />

Zitierformel: PAPE<br />

[Pekrun, Richard:] Das Deutsche Wort. Rechtschreibung und Erklärung <strong>des</strong> deutschen Wortschatzes sowie der<br />

Fremdwörter. Nach den amtlichen Regeln bearbeitet von Richard Pekrun, Leipzig 1933<br />

Zitierformel: Pekrun 1933<br />

Pierer's Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der<br />

Wissenschaften, Künste und Gewerbe, 4., umgearbeitete und stark vermehrte Aufl., 19 Bde. (1857-1865), Altenburg<br />

1857ff. [zitiert nach der elektronischen Volltextedition (Neusatz und Faksimile), Einleitung Nils<br />

Schiffhauer, Berlin 2005. (= Digitale Bibliothek, Bd. 115)]<br />

Zitierformel: PIERER 1857ff.<br />

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112<br />

Ramminger, Johann: Neulateinische Wortliste. Ein Wörterbuch <strong>des</strong> Lateinischen von Petrarca bis 1700 (online)<br />

Zitierformel: RAMMINGER [nach dem Stand von 2011]<br />

RGG 3, → Die Religion in Geschichte und Gegenwart<br />

[ROBERT:] Le Grand Robert de la langue française, deuxième édition dirigée par Alain Rey [...] (nouvelle<br />

édition augmentée), 6 Bde., Paris 2001<br />

Zitierformel: GR. ROBERT 2001<br />

[ROBERT:] Le nouveau Petit Robert, dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française […] texte<br />

remanié et amplifié sous la direction de Josette Rey-Debove et Alain Rey, nouvelle édition millésime 2009,<br />

Paris 2008<br />

Zitierformel: N. P. ROBERT 2009<br />

[Sanders, Daniel:] Fremdwörterbuch von [...] Daniel Sanders, 2 Bde., Leipzig 1871<br />

Zitierformel: SANDERS FWB 1871<br />

[Siegel, Carl Christian Friedrich:] Handbuch der christlich-kirchlichen Alterthümer in alphabetischer Ordnung [...].<br />

Von Carl Christian Friedrich Siegel [...], Bd. 4, Leipzig 1838 [zitiert nach dem Abbild in Google Buchsuche]<br />

Zitierformel: Siegel 1838 Handbuch christl.-kirchl. Alterthümer IV<br />

Siegert, Hans: Griechisches in der Kirchensprache. Ein sprach- und kulturgeschichtliches Wörterbuch, Heidelberg<br />

1950<br />

Zitierformel: Siegert 1950<br />

Sophocles, Evangelinus Apostoli<strong>des</strong>: Greek Lexicon of the Roman and Byzantine Periods [146 v. Chr. - 1100<br />

n.Chr., nach der Titelei der Originalausg.] (3., unveränderte Nachdruckaufl. der Ausg. Cambridge, Mass. und<br />

Leipzig 1914), Hil<strong>des</strong>heim/Zürich/New York 1992<br />

Zitierformel: SOPHOCLES<br />

[Stephanus, Henricus (d.i. Henri Estienne):] JHSAUROS THS ELLHNIKHS GLOSSHS. THESAVRVS<br />

GRAECAE LINGUAE. Ab Henrico Stephano constructus [...], 4 Bde., (Paris) 1572 [in der Folge weitere (erweiterte)<br />

Ausg.; zitiert nach dem unveränderten Nachdruck, Graz 1954, der Ausg.: Thesaurus Graecae<br />

Linguae ab Henrico Stephano constructus. Post editionem anglicam novis additamentis auctum, ordineque<br />

alphabetico digestum tertium ediderunt Carolus Benedictus Hase [...], G.R. Lud. de Sinner [...] et Theobaldus<br />

Fix, 8 Bde. in 9 (1831-1865), Paris 1831ff.]<br />

Zitierformel: ThGL<br />

Syllabus græcarum vocum exoticarum, → [Magri, Domenico/Carlo Magri:]<br />

Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, hrsg. v. Lothar Coenen, Erich Beyreuther und Hans<br />

Bietenhard, 1. Sonderausg., = 9. Aufl. der Gesamtausg., o.O. 1993<br />

Zitierformel: Theol. Begriffslex. 1993<br />

Trésor de la Langue Française [zitiert nach der online-Ausg. Trésor de la Langue Française informatisé (TLFi)]<br />

Zitierformel: TLFi<br />

[Vergili, Polidoro:] Polydori Vergilii Vrbinatis Presbyteri Prouerbiorum liber [...], Straßburg 1509 [zitiert nach<br />

dem BSB-Abbild]<br />

(ohne Zitierformel)<br />

[Werner, Clemens Fritz]: Wortelemente lateinisch-griechischer Fachausdrücke in den biologischen Wissenschaften<br />

von [...] Cl. F. Werner [...], 2., erweiterte und verbesserte Aufl., Leipzig 1961 [Erstausg. 1956 unter dem<br />

Titel: „Wortelemente lateinisch-griechischer Fachausdrücke in der Biologie, Zoologie und vergleichenden<br />

Anatomie“]<br />

Zitierformel: WERNER 1961<br />

Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständiges Universal Lexicon Aller Wissenschaften und Künste [...], Halle/Leipzig<br />

1732ff. [zitiert nach dem BSB-Abbild]<br />

Zitierformel: ZEDLER 1732ff.<br />

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113<br />

8. Siglen und Abkürzungen<br />

(ADB), → ADB. Allgemeine deutsche Bibliothek [...] unter 7.1<br />

(ADB), → Deutsche Biographie (NDB / ADB) unter 7.2 und Anm. 103<br />

(AT) Altes Testament<br />

(BBKL), → BBKL. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon unter 7.2<br />

(BG) „Buchungsgeschichte“ (= im Projekt „Lehn-Wortbildung“ <strong>des</strong> <strong>IDS</strong> angelegte Inventare der Buchungen von<br />

Wortbildungseinheiten in ausgewählten Wörterbüchern)* (105)<br />

(BSB) BSB. Bayerische Staatsbibliothek. Digitale Bibliothek (online)<br />

(BVH) BVH. Les Bibliothèques Virtuelles Humanistes, Université de Tours (online)<br />

(CAMENA) CAMENA. Corpus Automatum Multiplex Electorum Neolatinitatis Auctorum (Universitäten Heidelberg<br />

und Mannheim) (online)<br />

(CK) maschinenlesbare Textkorpora <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Deutsche Sprache (online)<br />

(cosmas), → (CK)<br />

(DCOI) Documenta Catholica Omnia / Omnium Paparum, Conciliorum, Ss. Patrum, Doctorum Scriptorumque<br />

Ecclesiae Qui Ab Aevo Apostolico Ad Usque Benedicti XVI Tempora Floruerunt (online)<br />

(DDL), → DDL. Datations et documents lexicographiques unter 7.2<br />

(DFWB, 2 DFWB), → Deutsches Fremdwörterbuch unter 7.2<br />

(diglib Bielefeld) Digitale Sammlungen der Universitätsbibliothek Bielefeld / diglib (online)<br />

(DWB), → Grimm, Jacob/Wilhelm Grimm, → Deutsches Wörterbuch unter 7.2<br />

(ENC. JUDAICA (JVL)) Encyclopedia Judaica und aus ihr übernommene Artikel in der JEWISH VIRTUAL<br />

LIBRARY) (online)<br />

(E-RARA) E-lib.ch. Elektronische Bibliothek Schweiz [...]. e-rara ([<strong>für</strong> die Monographie:] Schweizer Drucke<br />

<strong>des</strong> 16. Jahrhunderts) (online)<br />

(GALLICA) Gallica. Bibliothèque numérique de la Bibliothèque nationale de France (online)<br />

(GARNIER) Classiques Garnier Numérique (DFG-Projekt „Nationallizenzen“) (online)<br />

(GEA) GEA. Gran Enciclopedia Aragonesa (online)<br />

(JUDAICA) JUDAICA Sammlung Frankfurt (Universitätsbibliothek Frankfurt a.M.) (online)<br />

(LBG), → Lexikon zur byzantinischen Gräzität unter 7.2<br />

(LEXILOGOS) LEXILOGOS. [...] dictionnaire ancien français (online)<br />

(LUTHERDANSK) Martin Luther og hans skrifter. [WA]. Lutherdanks.dk (Finn B. Anderson) (online)<br />

(NDB / ADB), → Deutsche Biographie (NDB / ADB) unter 7.2 und Anm. 103 (online)<br />

(NT) Neues Testament<br />

(OECONOM. ENC.) [= Krünitz, → unter 7.2] Projekt „Oeconomische Encyclopädie online“ der Universitätsbibliothek<br />

Trier (Abteilung „Digitale Medien“) (online)<br />

(PROT. TEXTS) The Digital Library of Classic Protestant Texts (Alexander Street) (DFG-Projekt „Nationallizenzen“)<br />

(online)<br />

(RGG 3), → Die Religion in Geschichte und Gegenwart unter 7.2<br />

(ThGL), → [Stephanus, Henricus (d.i. Henri Estienne):] unter 7.2<br />

(TLFi), → Trésor unter 7.2 (online)<br />

(ULB-HALLE) Digitale Sammlungen <strong>des</strong> 16., 17. und 18. Jahrhunderts der Universitäts- und Lan<strong>des</strong>bibliothek<br />

Sachsen-Anhalt, Halle (online)<br />

(WDB) WDB. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek (online)<br />

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114<br />

(Z) „Zettelkasten“, Materialsammlung der Autorin G.H. der vorliegenden Publikation<br />

(Zwingli/Digit. Texte) Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, Berlin/Leipzig/Zürich 1905 (ff., -). (= Corpus<br />

Reformatorum 88ff.). Digitale Texte. <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Schweizerische Reformationsgeschichte, Universität Zürich,<br />

Realisation: Christian Moser (online)<br />

9. Anmerkungen<br />

Anm. 1 Kirkness (1996); Hoppe (2009a und b; 2010); Kirkness ((2012) 2013); speziell zur „Latinität“ eigener<br />

Qualität im Lexikon <strong>des</strong> Frühneuhochdeutschen Link (2011), am Beispiel fabel.<br />

In diesem Zusammenhang ist auf die konzeptionell ähnliche Kombinembehandlung in Rainer (2008) zu verweisen;<br />

die Darstellung <strong>des</strong> Lehnkombinems neo- und seiner Strukturtypen ist in ihrer (nah- und fern-)<br />

etymologisch-entwicklungsbezogenen Konzeption schon mit dem Titel „Neo- and Neo-Latin“ umrissen. Ausgehend<br />

von den neulateinischen Befunden erfolgt eine Übersicht <strong>für</strong> das Englische, Deutsche, Französische, Italienische<br />

und Spanische mit Angabe der Übereinstimmungen und Abweichungen <strong>des</strong> Interkombinems und seiner<br />

Strukturtypen in diesen Sprachen. Zu Rainers Untersuchung vgl. den neo-Beitrag in Kinne (2000) aus dem <strong>IDS</strong>-<br />

Projekt.<br />

Anm. 2 Hoppe (2007); (2010, 6. Anhang); zu bildungssprachlichem -itis siehe auch Feine (2003).<br />

Anm. 3 Baillet ((1689) 1725).<br />

Anm. 4 Bei zweisprachig schreibenden Autoren späterer medizinischer Abhandlungen waren im Falle eines unklaren<br />

Quellenstatus Zweifel über die primäre Sprachform (neulateinisch oder nationalsprachlich?) bestimmter<br />

ihrer Kombinationen angebracht.<br />

Nachweisbar war übrigens bei gesicherter nationalsprachlicher Paternité einer -itis-Bildung auch deren allgemeines<br />

späteres Auftreten im Neulatein und dem so genannten Medizinerlatein der (Folge-)Zeit. Ähnlich wie<br />

denn „neben dem grundsätzlichen Primat <strong>des</strong> Lateins <strong>für</strong> die früheren Epochen auch die generelle Möglichkeit<br />

der Beeinflussung <strong>des</strong> (Neu-)Lateins durch (romanische) Volkssprachen <strong>für</strong> Einzelfälle in späteren Epochen<br />

nicht ausgeschlossen bleibt [...].“ (Schmitt 2007, S. 33).<br />

Zweifelsfälle, die zu absichernden Formulierungen zwingen, und Fälle anzunehmender umgekehrter Entlehnungsrichtung<br />

Nationalsprache → Neulatein begegnen gleichermaßen im zweisprachig bestimmten Schrifttum<br />

<strong>des</strong> Reformationszeitalters (theologisch-fachinterne neulateinische Texte vs. nationalsprachliche Texte <strong>des</strong> allgemeineren<br />

theologischen Bereichs (beispielsweise laienadressiertes, laienproduziertes Schrifttum; literarische<br />

Formen)); vgl. das durch Virets (oder Bezas?) „Satyres chrestiennes de la cuisine papale“ verbreitete frz.<br />

papelastres (Plural) ‘Papstvergötterer’, das möglicherweise zu späterem nlat. papolatria geführt hat.<br />

Anm. 5 Hauck/Schwinge 2010 Theol. Fach- und Fremdwb. latreia (latria) gr., Dienst; kath.: Gott und Christus<br />

allein gebührende Anbetung [...] (Z); → unter 3.1.3.2.3, Gruppe 1, Belege aus 1644 in eckigen Klammern mit<br />

fachsprachlich-theologischem Latria <strong>des</strong> Deutschen.<br />

Anm. 6 Mit dem Mittellateinischen wird die haplologische Form idolatria geläufig (siehe Du CANGE,<br />

„idolatria, pro idololatria.“, mit dem Eintrag „idololatra, pro idola.“, dazu das entlehnte Verb „idololatrare, idola<br />

adorare [...]“ und NIERMEYER, idol(ol)atria, mit idol(ol)atres, -tra und idol(ol)atriare, -trare).<br />

Anm. 7 Eine eiödvlolatreißa- oder eiädvlon-Entsprechung ist zumin<strong>des</strong>t in der Textstelle der Septuaginta unter<br />

dem Sünden-Vergleich nicht vorhanden, in der Septuaginta findet sich nur kurz und mit oiövßnisma ‘Wahrsagerei’:<br />

[...] oÄti aÖrmatißa oiövßnismaß estin [...], in der Luther-Bibel (anderer Textgrundlage <strong>für</strong> das AT) ausführlicher<br />

und mit Teilsynonymen: Denn vngehorsam ist ein Zeuberey sunde / vnd widerstreben ist Abgötterey<br />

vnd Götzendienst. Weil du nu <strong>des</strong> HERRN wort verworffen hast / Hat er dich auch verworffen / das du nicht<br />

König seiest (Luther 1545) [Hervorhebungen von G.H.].<br />

Anm. 8 Das „Lexikon zur byzantinischen Gräzität, besonders <strong>des</strong> 9.-12. Jahrhunderts“ liefert (wie der ThGL)<br />

Nachweise, dass Bildungen mit den Sequenzen ...olatria und ...olatra, wie sie seit dem Neulatein der Frühen<br />

Neuzeit auftraten und erstem Anschein nach als Lehn-Wortbildungsprodukte zu analysieren waren, in Wirklichkeit<br />

aus dem Griechischen jüngerer Sprachstufen entlehnt sind. Das LBG enthält auch Ergänzungen zum spätantiken<br />

und frühbyzantinischen Griechisch <strong>des</strong> 4. bis 8. Jh.s und Einträge auch <strong>für</strong> das 13., 14. und 15. Jh.; im<br />

„Lexikon zur byzantinischen Gräzität“, bisher erschienen bis einschließlich Faszikel 6 (paliggenesißaprospelagißzv),<br />

ist das „13. Jh. [...] durch eine einigermaßen repräsentative Auswahl, die gesamte spätbyzantinische<br />

Dichtung annähernd vollständig berücksichtigt worden, die Prosaschriftsteller <strong>des</strong> 14.-15. Jhs hingegen<br />

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115<br />

konnten fast nur dann ausgewertet werden, wenn Indices vorlagen, d.h. daß sich in diesem Bereich (z.B. theologische<br />

Literatur) die größten Lücken finden werden.“ (Einführung) [Hervorhebungen von G.H.].<br />

Unsicherheiten <strong>für</strong> einen Teil der Bildungen gerade aus dem jüngeren theologischen und kirchenhistorischen<br />

Bereich, die in der vorliegenden Monographie den neulateinischen Lehn-Wortbildungsprodukten zugeordnet<br />

sind, bestehen also vorerst noch fort.<br />

Anm. 9 In KRETSCHMER/LOCKER finden sich (neben einer Präfixbildung) nur eiödvlolatrißa und eben<br />

yeudolatreißa.<br />

Anm. 10 Die Opera Omnia <strong>des</strong> Tertullian (ca.150-ca.230) wurden nach dem „Lexicum Proprium seu<br />

‘Concordances’“ (DCOI) überprüft. Für die beiden Schriften Tertullians, und sein Werk überhaupt, war nur, aber<br />

recht zahlreich, die idololatr/-Wortfamilie (nomen actionis, Personenbezeichnung, Adjektiv) nachweisbar. Auch<br />

in der genannten Schrift <strong>des</strong> Marcus Minucius Felix finden sich keine spezifizierenden -(o)latr/-Bildungen.<br />

Anm. 11 „Die Epoche der Spätreformation, also die Jahre zwischen dem Tod Luthers 1546 und dem Erscheinen<br />

der Konkordienformel 1580 [...].“ (Hund 2006, S. 14).<br />

Anm. 12 Die speziellen Bezeichnungen der reformatorischen Polemik gegen Phänomene <strong>des</strong> Heiligenkults finden<br />

sich hier noch nicht. In der gesamten Darstellung tritt nur das im Französischen zumin<strong>des</strong>t im theologischen<br />

Bereich schon integrierte oberbegriffliche idolâtrie auf, mit idolâtre und idolâtrer (vgl. „Gallis Idolatrer“ (DU<br />

CANGE)). In der zeitgenössischen deutschen Übersetzung <strong>des</strong> Theologen Jacob Eysenberg „Von der Papisten<br />

Heiligthumb“ (1557), die ihrerseits eine lateinische Ausgabe der Calvin’schen Schrift („Ioannis Calvini<br />

Admonitio [...]. E Gallico per Nicolaum Gallasium in sermonem Latinum conversa“, Genf 1548) als Vorlage hat<br />

(Autin 1921, S. 70/71), ist dann diese Lehnwort-Wortfamilie neben G¥tzendiener (mit G¥tze) und Abg¥tterey<br />

(mit abg¥ttisch) nicht belegt.<br />

Anm. 13 1857 Biographie universelle 1843ff. (Artikel Henke (Henri-Philippe-Conrad)) [zu seinem 1793 (1795)<br />

erschienenen lateinsprachigen Werk „Lineamenta institutionum fidei christianæ“] [...] ouvrage dont le but est<br />

d’éliminer de la théologie chrétienne toute doctrine étrangère aux théories de religion rationelle accréditées dans<br />

les écoles de Leibnitz et de Wolf. Dans la préface il s’élève contre ce qu’il appelle deux erreurs ou superstitions<br />

pernicieuses, la Christolatrie, ou l’adoration superstitieuse de Jesus-Christ, et la Bibliolatrie, ou la vénération<br />

exagérée pour la lettre de l’Écriture sainte (Z).<br />

Anm. 14 Zu den Auseinandersetzungen um die bildliche Darstellung seit dem frühen Christentum, besonders zu<br />

den Phasen <strong>des</strong> Bilderstreits in Byzanz, siehe Onasch (1993), Artikel Bild.<br />

Anm. 15 Auch in dieser Schrift Karlstadts tritt selbst idol(ol)atria/idol(ol)atrie nicht auf.<br />

Krause (1990, S. 110ff., 4.4.2.4, Fremdwortgebrauch) hat angemerkt, Karlstadt verwende „[...] in seinen Schriften<br />

immer wieder einen begrenzten Fremdwortschatz, der zum weithin verfügbaren Fremdwortrepertoire seiner<br />

Zeit gehört.“ (ebd., S. 113). Auch diesem begrenzten, d.h. bildungssprachlich integrierten, nicht-fachinterntheologischen<br />

Fremdwortschatz kommt nur geringe Frequenz zu. „Gemessen am Gesamtwortschatz scheinen die<br />

Fremdwörter mit einem Anteil von 1, 4% [..] in Karlstadts Schriften nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.“<br />

(ebd., S. 110).<br />

Anm. 16 Pensel (1978, S. 223), der solche Schimpfbezeichnungen untersucht hat, versteht „unter dem Begriff<br />

‘direkte Personenabwertung’ jede durch Nomina (Substantive und Adjektive) realisierte Abwertung und Herabsetzung<br />

einer Person oder Personengruppe“.<br />

Die Untergliederung in „Kritische Abwertungen“ (1.) als „normalsprachliche Ausdrücke“, „scharfe Verurteilungen“<br />

(2.) <strong>des</strong>selben Vokabulars, „drastisch-derbe Bezeichnungen“ (3.) als „normalsprachliche und vulgäre grobe“<br />

Ausdrücke und (Tier-)Vergleiche, besonders die „Ironisierungen“ (4.) und „Karikierungen“, „karikierende<br />

Verdrehung und Entstellung von Namen, speziell Eigennamen“ (5.) macht deutlich, dass hier – außerhalb der<br />

Namenkarikierungen – ein allgemeines, weithin auch auswechselbares, von der theologischen Position unabhängiges,<br />

normal- und volkssprachliches, eben „direktes“ Schimpf- und Schmähvokabular der Zeit im Vordergrund<br />

steht, wie die falschen Propheten, Ketzer, Gotteslästerer, Narren, Teufel aus der Hölle, Lügner, Betrüger, Buben,<br />

Mörder, Säufer und schließlich bestimmte Tiervergleiche (Schwein, Hund, Schaf, Esel). Auf die Verwendung<br />

von Tiernamen in der Personenabwertung geht Pensel in seiner Zusammenfassung sehr ausführlich ein<br />

(3.1.1., S. 317ff.). Zu seiner Darstellung <strong>des</strong> Tiervergleichs sei noch angemerkt, dass aber spezielle Tiere (Einhorn,<br />

Bär, Löwe etc.), auch unter Rückgriff auf Bibel-Stellen, im Zusammenhang der Abendmahlspolemik vergleichend<br />

herangezogen werden, → hierzu die Hinweise unter 5.2 <strong>des</strong> Anhangs.<br />

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116<br />

Anm. 17 Auch deutsche Entsprechungen erfahren zwar in Lepp keine eigene Schlagwort-Darstellung. Aber die<br />

konkurrierenden Wörter treten immerhin in Erscheinung: Einige wenige, und ausnahmslos Personenbezeichnungen,<br />

sind von Lepp in der Einleitung als Beispiel-Schlagwörter zu verzeichneten Themen bzw. Objekten der<br />

Polemik verzeichnet, im weiteren Zusammenhang der einleitenden Darstellung auch aus beigegebenen Belegen<br />

genommen; so erscheinen sie auch im Register, wie beispielsweise Götzendiener, -knecht, Ölgötze. Dazu kommen<br />

noch Komposita spezieller Bedeutung wie Götzenpfaff, -stürmer, Papstgötzen. Über diese von Lepp angeführten<br />

Beispielwörter hinaus waren aus Textbelegen (bis zur Spätreformation) zu seinen tatsächlich systematisch<br />

behandelten Schlagwörtern noch weitere Wörter zu nicht behandeltem zu ermitteln,<br />

die von Lepp nicht einleitend erwähnt und entsprechend auch ohne Registereintrag geblieben sind: Abgott (S. 49<br />

(unter Apostat), aus Cochläus 1528), ebenso abgöttisch (Abgoettisch) (S. 51 (unter Mameluk), aus Nas 1577),<br />

<strong>des</strong>gleichen Götze (götzen oder bilder) (S. 39, (unter Christisch), aus Ryff 1528); andere zugehörige Wörter, wie<br />

Abgötterei, ließen sich in diesen sekundär genutzten Belegen – zufällig – nicht finden.<br />

idol(ol)atria (-ie) und idol(ol)atra (-ter) treten wie andere im Neulatein fachtheologisch zentrale Lehn- und<br />

lehngebildete Wörter mit |olatria| und |olatra| bzw. -(o)latria, -(o)latra unter den deutschen „Fremdwörtern“<br />

auch in Malherbe (1906) nicht auf, siehe „Hauptverzeichnis“, S. 60ff.<br />

Diekmannshenke (1994, S. 152ff.) hat nun dieser Gruppe, entsprechend der Bedeutung ihrer schlagwortartigen<br />

Bezeichnungen/Charakterisierungen, unter dem Eintrag „Abgötterei“ eine eigene Darstellung gewidmet (4.1.10),<br />

auf zugehörige Lexeme und Syntagmen wird im Zusammenhang mit Literaturangaben verwiesen (S. 152, Anm.<br />

238, abgöttisch, abgöttische Christen, Götzenknechte, Götze). „Eine klare Programmatik vermittelt [...] das<br />

Schlagwort Abgötterei (gr. eidololatria, lat. idolatria). Ist dieses Wort per se schlagwortträchtig, da es in Verbindung<br />

mit einer Negation (Abgott) eine ideologisch relevante Haltung markiert, so ist es naheliegend, daß es<br />

im Streit um das richtige Verständnis von Religion und göttlicher Offenbarung eine Rolle spielt.“ (S. 152) [ohne<br />

Anm. <strong>des</strong> Verf.]. Der Bezug auch von Abgötterei auf Gegenstände der theologischen Auseinandersetzungen,<br />

seine Verbindung mit Bezeichnungen <strong>für</strong> solche Entitäten ist bei Diekmannshenke gemäß seinen Befunden besonders<br />

<strong>für</strong> die „Bilder“ dargestellt und belegt, wie abgöttry der bilder (S. 153) (aus: Artikel der Rebleute zu<br />

Schaffhausen (Mai 1525)). Dass dt. idol(ol)atria (-ie) selbst fehlt, erklärt sich offenbar nicht nur aus dem engeren<br />

Thema der Untersuchung, den „Schlagwörter[n] der Radikalen“ und aus deren Texten. In den von Kettmann<br />

(1978) untersuchten Texten der Agitationsliteratur um 1525 ist, falls ich nichts überlesen habe, dt. idol(ol)atria<br />

(-ie) mit Wortfamilie ebenfalls nicht bzw. noch nicht nachgewiesen.<br />

Zum Problem → auch Anm. 12, frz. idolâtrie, idolâtre, idolâtrer in Calvins französischsprachiger Satire gegen<br />

den Reliquienkult von 1543 vs. (Syntagmen mit) Abgoetterey und G¥tzendiener, dazu abg¥ttisch und G¥tze, in<br />

der deutschen Übersetzung von 1557 (nach einer lateinischen Ausg.).<br />

Anm. 18 Zur y-Schreibung siehe den ausführlichen Buchstabenartikel y <strong>des</strong> DWB.<br />

Für das Französische der Zeit <strong>des</strong> 16. Jh.s wird die anhaltende Uneinheitlichkeit von Schreibweisen bezeugt,<br />

dabei auch auf die Besonderheiten der y-Graphie eingegangen: „Aucune amélioration sensible ne peut donc<br />

vraiment être signalée dans l’emploi <strong>des</strong> lettres grecques. On peut dire même que l’y jouit d’une faveur plus<br />

grande que jamais, étant dans certains cas lettre étymologique, ailleurs présentant une forme ornamentale,<br />

spécialement appropriée à une écriture où les ligatures sont plus importantes que le corps de la lettre. Aussi<br />

trouve-t-on y aussi bien dans aymer que dans byblyothèque.“ (Brunot, II, 2, 1 (Essais de simplification et<br />

d’unification de l’orthographe); S. 121) [Hervorhebungen von G.H.].<br />

Anm. 19 Zur Abwehr schon heidnischen Vorwurfs der christlichen Kreuzesverehrung überhaupt siehe: Marcus<br />

Minucius Felix sp. 2./ fr. 3. Jh. (?) „Octavius“ (Migne PL (MPL003), Cap. XXIX, S.332) Cruces etiam nec<br />

colimus, nec optamus (Z).<br />

Vgl. hierzu auch unter Anm. 31 die Hinweise auf ein antikes Spottbild der Anbetung <strong>des</strong> Gekreuzigten.<br />

Anm. 20 Zur Forderung der Abschaffung der Kreuze beispielsweise Oecolampadius im „Nachtmal“ (1526, (58))<br />

One zweyfel wenn Christus die figur <strong>des</strong> Creützes gerFmpt hette so were <strong>des</strong> g=tzen wercks kein end / seydmal<br />

du doch ondiß vil schlechter leüt findst / die da ye schetzen das holtz vnd die biltnuß <strong>des</strong> Creützs verm=gen vil<br />

dings / vnnd sy hand dennocht kein wort gottes drumb. Wo har kompts? Dahar kompts / Der teufel fatzet sy also<br />

/ damit er die warhaffte Eer <strong>des</strong> Creützes auß vnd abl=sche. [Randglosse:] Darumb solt mãs auch hin weg thō.<br />

Anm. 21 Zur späteren Kritik am Kreuzes-, Heiligen- und Reliquienkult Konstantins in Arnolds Kirchen- und<br />

Ketzer-Historie (1699, I, 143): „[...] da er sich zum exempel schon mit den reliquien und cörpern der Heiligen<br />

geschleppet / mit dem creutz CHristi und den nägeln viel gauckeleyen getrieben [...]. [Randglosse:] Sein aberglaube<br />

und abgötterey.“<br />

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Anm. 22 Das katholische „Hierolexikon“ und der beigegebene „Syllabus græcarum vocum exoticarum“ enthalten<br />

neben integriertem idolatra, idolatria nur diesen Terminus aus der Kirchen- und Ketzergeschichte, wie er aus<br />

dem Werk <strong>des</strong> Nicephoros Kallistos schon bekannt war.<br />

Anm. 23 1909 MEYER 1905ff. (Artikel Sabäismus) Sabäismus (Sterndienst, Gestirnkult), Anbetung der Gestirne,<br />

eine Kultform, die sich besonders in Babylon und Assyrien, woselbst die Stufentempel Sternwarten waren,<br />

und dann bei den Sabäern [...] Arabiens, auch in Syrien und Kleinasien ausbildete. Außer einigen Fixsternen<br />

verehrte man besonders die Planeten, denen man eine Einwirkung auf alles Irdische, auf Natur und Menschen,<br />

beilegte, so daß auch Magie, Wahrsagung und Talismane, die nach astrologischen Regeln gefertigt wurden, mit<br />

dem S. in Verbindung traten. Der Name S. ist als irreführend aus der modernen Religionsphilosophie verbannt,<br />

welche die scharfe Trennung dieser Kulte von denen andrer Naturwesen vermeidet. [...] (Z).<br />

Anm. 24 Zum Stern wird in der Einleitung <strong>des</strong> KIRSCH angemerkt, dass „Astericus verba mere graeca indicat“;<br />

gemeint sind damit vermutlich auch (neu)lateinische Lehn-Wortbildungsprodukte mit rein griechischen Einheiten.<br />

Anm. 25 Vgl. bei Arnold (1699, I, 168, (c)) (<strong>für</strong> das 4. Jh.) eine der aufgeführten fortbestehend-heidnischen<br />

Praktiken, nämlich „Die Bilder der Heiligen auffzusetzen / unter der absicht einer guten erinnerung und dergleichen.“<br />

Anm. 26 Als historische Bezeichnung <strong>des</strong> angeblichen Marienkults einer christlichen Sekte <strong>des</strong> 4. Jh.s<br />

(Collyridianer) ist die Bildung im neulateinischen und nationalsprachlichen Schrifttum offenbar nicht verwendet;<br />

„[...] kätzerinnen / welchen man nachsagte / daß sie an gewissen tagen pflegten eine art kuchen [...] zu backen /<br />

sie auff einen stuhl zu legen / und im namen der Marien zu opffern / davon sie hernach alle essen sollen. [...]<br />

Wiewol andere lieber noch was wichtigers darunter suchen und vorgeben / sie hätten der Marien eine Göttliche<br />

natur zugeeignet.“ (Arnold 1699, I, S. 194) [Hervorhebungen von G.H.].<br />

Die theologischen Auseinandersetzungen um Wesenheit und Kult der Maria hatten also schon Tradition. Sie<br />

stehen zum Teil auch mit den christologischen Kontroversen in Zusammenhang; vgl. hierzu beispielsweise<br />

die Diskussion zur Zeit <strong>des</strong> beginnenden Patriarchats (428) von Nestorius (dem → aönjrvpolaßtrhw/<br />

anthropolatra) um die Ehrentitel Mariens, „[...] die als Theotokos (Gottesmutter) anzusprechen er ablehnte und<br />

nur als Christotokos bezeichnen wollte.“ (Mazal 1997, S. 75).<br />

Anm. 27 In Chap. XIIII (XIV) seiner „<strong>Institut</strong>ion“ (1560) mit dem bezeichnenden Titel „Comment par la creation<br />

du monde & de toutes choses, l’Escriture discerne le vray Dieu d’auec ceux qu’on a forgé“ geht Calvin auch<br />

auf die Engel ein, die als Boten Gottes betrachtet, vielen den Gedanken nahelegen, „qu’il n’y a hōneur qu’il ne<br />

leur faille attribuer“ (ebd., S. 60 (Absatz 10)). <strong>Diese</strong> Ehre gebührt aber allein Gott und Christus. Die Glorie<br />

Christi wurde in dem Maße verdunkelt, „qu’on magnifioit les Anges outre mesure“ (ebd.). Erneut aufgekommene<br />

falsche Anschauungen, wie sie schon im frühen Christentum bekämpft wurden, haben auch Menschen vertreten,<br />

„qui exaltoyent tellement les Anges, que Iesus Christ estoit abaissé quasi à estre d’vne mesme condition“<br />

(ebd.). Weil die Glorie Gottes in den Engeln leuchtet, „il n’y a rien plus aisé que de nous faire transporter en vne<br />

stupidité pour les adorer, & de leur attribuer les choses qui ne sont deues qu’à vn seul Dieu“ (ebd., S. 61 (Absatz<br />

10)). Die „stupidité pour les adorer“ fand offenbar erst im frühen 17. Jh. ihre Terminologisierung im polemischen<br />

neulateinischen Begriff der angelolatria. [Hervorhebungen von G.H.].<br />

Anm. 28 Gemeint ist die Sache, nicht das Wort; in den Zitaten aus der älteren Kirchengeschichte findet sich, wie<br />

im hier wiedergegebenen Kommentar, oberbegriffliches idololatria.<br />

Anm. 29 Vgl. das Lehnkombinem aedoe(o)- (aedo(o)-) moderner europäischer Sprachen (Medizin) in heute<br />

meist veralteten Termini, wie beispielsweise in dt. Ädoïtis „Entzündung der Ädöa“, Ädöoblennorhöe „weißer<br />

Fluß“, Ädöographie „Beschreibung der Ädöa“, Ädöopsophie „Mutterwindsucht“ (jeweils SANDERS FWB<br />

1871)).<br />

Anm. 30 In der christlich-apologetischen lateinischen Schrift „Octavius“ (in Form eines Streitgesprächs) <strong>des</strong><br />

Marcus Menucius Felix (spätes 2., frühes 3. Jh.?) findet sich in Cap. IX, aus dem Kortholts Zitat über die angebliche<br />

Anbetung der Genitalien der christlichen Gemeindevorsteher genommen ist, der Terminus aedoelatria<br />

selbst nicht, auch nicht das im Kontext Kortholts auftretende onolatria <strong>für</strong> die behauptete Anbetung eines Eselkopfes<br />

durch die Christen, → onolatria (1668). Die erste Druckausg. <strong>des</strong> Werks, auf das sich Kortholt hier<br />

stützt, erschien 1560 (Heidelberg);<br />

Marcus Minucius Felix sp. 2./ fr. 3. Jh. ( ?) „Octavius“ (Migne PL (MPL003), Cap. IX, S. 261) Audio eos turpissimæ<br />

pecudis caput asini consecratum, inepta nescio qua persuasione, venerari [...]. Alii eos ferunt ipsius antistitis<br />

ac sacerdotis colere genitalia et quasi parentis sui adorare naturam (Z).<br />

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Wiederholt in einem späteren Kapitel <strong>des</strong> „Octavius“ bei ähnlichem Wortlaut: (Migne PL (MPL003), Cap.<br />

XXVIII, S. 329/330 [...] quod audire te dicis, caput asini rem nobis esse divinam. Etiam ille qui de adoratis<br />

sacerdotis virilibus adversum nos fabulatur, tentat in nos conferre quæ sua sunt (Z).<br />

Anm. 31 Vgl. hierzu auch ein antikes Spottbild, die auf dem Palatin aufgefundene, auf das 2. oder 3. Jh. datierte<br />

Ritzzeichnung, das so genannte Alexamenos-Grafitto, das einen Gekreuzigten mit Eselkopf und einen Adoranten<br />

mit verehrend erhobener Hand zeigt, dazu die griechische Inschrift ALECAMENOC [= ALECAMENOS]<br />

CEBETE [= SEBETE] JEON ‘Alexamenos verehrt Gott’.<br />

Anm. 32 In Arnold (1699), II, S. 270, unter Von denen Wiedertäuffern, ist die von diesen in ähnlicher Weise als<br />

Abgötterei zurückgewiesene tradierte Christus-Theologie aus einer Schrift zitiert: „Wer anders von Christo hält /<br />

der macht aus Christo einen Götzen: welches denn alle Doctores Theologiæ und falsche Evangelisten mit der<br />

gantzen welt thun.“ [Hervorhebung von G.H.].<br />

Anm. 33 „Sie [die Ophiten] haben den namen von der schlangen / (oäfiw) dabey aber die Scribenten abermal<br />

einander entgegen sind. Etliche bilden sich ein / es hätten diese leute die schlange im Paradis höher denn CHristum<br />

selbst gehalten / weil von ihr die erkäntnüß <strong>des</strong> guten und bösen herkäme. [...] Andere sagen gar / sie hätten<br />

selbige vor CHristum angenommen / und dahero eine natürliche schlange in einer hölen / oder / wie andere sagen<br />

/ in einem kasten erhalten und geehret. [...] Wiederum wollen sie einige nicht einmal unter den Christen leiden<br />

/ welches auch am gewissesten ist [...].“ (Arnold 1699, I, S. 68).<br />

Anm. 34 Hoffmann 1715 De origine et natura legum Germanicarum 161 idiolatriae [!?] & paganismo deditissimos<br />

(Z).<br />

Als eindeutiges Fehler-Beispiel: „De idololatria magica, dissertatio, Ioannis Filesaci Theologi Parisiensis“,<br />

Frankfurt a.M. 1670, ist bis heute auch fälschlich als „De idiolatria [...]“ bibliographiert. Zum so verzeichneten<br />

Titel erfolgte schon in einem bibliographischen Werk von 1930 die Anmerkung: „(sic; lire sans doute:<br />

Idololatria)“ (GALLICA).<br />

Anm. 35 Die von Blochwitz/Runkewitz dargelegte und tatsächlich geringe Produktivität von frz. -âtre widerspricht<br />

dabei der bis zum Beschreibungszeitraum kontinuierlich schon ausgeprägten Produktivität <strong>des</strong> richtigen<br />

Lehnsuffixes -(o)lâtre, <strong>für</strong> das sie ja, bei falscher Zuordnung, Kombinationen bringen („Das Suffix<br />

-âtre (< lt. -aster) spielt im Französischen eine bescheidene Rolle. Es wird an Substantive und Adjektive angehängt<br />

und bildet selbst vorwiegend Adjektive. -âtre drückt den Gedanken <strong>des</strong> Annähernden aus, die nicht vollständige<br />

Ähnlichkeit mit der im Stamm ausgesprochenen Idee. Von daher ergibt sich auch eine leicht pejorative<br />

oder ironisierende Färbung.“ (ebd., S. 123) [Hervorhebung von G.H.]).<br />

Anm. 36 Vgl. schon spätlat. philosophaster, von Augustin gebildet (siehe GEORGES). „Was herabsetzende<br />

Personenbez’en angeht, hat Augustins Wortschöpfung philosophaster anscheinend nur geringe Nachfolge gefunden.<br />

[...]. In der Renaissance hat man das Suffix erneut zur Bildung vieler abwertender Bez’en genutzt; Beispiele<br />

da<strong>für</strong> sind grammaticaster und theologaster.“ (Stotz II (2000, S. 281) [ohne die Anm., Hervorhebung von<br />

G.H.], unter § 39. -aster/-astra). Im Mittellatein war insgesamt das auf lat. -aster zurückgehende Suffix, <strong>des</strong>sen<br />

„Grundfunktion ist, die annäherungsweise Ähnlichkeit auszudrücken“ (ebd.), „Nur mäßig produktiv“ (ebd.,<br />

S. 280).<br />

theologaster findet sich schon bei Erasmus; HOVEN 1994 (Artikel theologaster) un théologien (avec connot.<br />

péjor.): ER., Allen I, n o 64, 88; LUTH., WA Br. II, n o 24, 12 [...] [mit weiterem Beleg aus anderem Autor]; Eck<br />

2.2.1518 briefl. an Erasmus (Eck Briefwechsel, Nr. 52) Cucullatis paucis demptis et Theologastris (Z).<br />

grammaticaster ist ebenfalls schon <strong>für</strong> die erste Hälfte <strong>des</strong> 16. Jh.s belegt; Eck 1530 (Opera Johan. Eckii contra<br />

Ludderum, Bd. 1, Fol. CCVII) Grammaticaster ille (Z).<br />

In den lateinsprachigen Schriften <strong>des</strong> Paracelsus findet sich schon medicaster (entgegen der Darstellung <strong>des</strong><br />

DFWB, → unter 3.1.3.2, Anm. 43); Paracelsus 1553 (Labyrinthus medicorum errantium) Dialogus haud iniucundus<br />

in quo Philosophus Medicastrum quendam super erroribus in medendo commissis, coram Prætore accusat<br />

(Titel) (Z). Auch poetaster ist eine neulateinische Bildung, möglicherweise <strong>des</strong> Erasmus (vor 1536); HOVEN<br />

1994 poetaster, -tri poète (connot. péjor.): ER., Allen IV, n o 1195, 134 [auch weitere Belege aus anderen Autoren].<br />

Erst im jüngeren Neulatein scheint criticaster aufgekommen zu sein; Damke 1633 (Agapeti Adhortationes,<br />

Praefatio Lectorem candidum saluto / Bernhard Damke) 4 Grammaticus, Grãmaticaster, Criticus, CRITI-<br />

CASTER (Z).<br />

Anm. 37 Die Frage nach der Sequenz ...aste stellt sich im Zusammenhang möglicher- und zusätzlich verwirrenderweise,<br />

wie <strong>für</strong> pédéraste und cinéaste (besonders als deutsches Lehnwort Cineast in seiner vom Französischen<br />

abweichenden usuellen Bedeutung (2) ‘Filmbegeisterter’). -aste ist ein französisches Personalsuffix, wie<br />

in älterem (vielleicht auch im Italienischen lehngebildetem) cinéaste und den modernen französischen Bildungen<br />

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téléaste und vidéaste <strong>des</strong> Sachparadigmas. Übernommen aus griechischen Lehnwörtern, geht -aste letztlich zurück<br />

auf das griechische Suffix -asthßw. „Avec la désinence de mots grecs comme gymnaste, dynaste, etc., on a<br />

récemment formé cinéaste [...].“ (Nyrop 1936, III, 306 bis. ASTE, S. 155). Griech. -asthßw liegt vor in eör/asthßw<br />

‘Liebhaber’ (zu eöraßv ‘lieben’), seinerseits zweite Konstituente im Kompositum paid//er/asthßw ‘Knabenliebender;<br />

Päderast’ (mit paiqw, paidoßw ‘Kind, Knabe’ als erster Konstituente). -aste hat trotz tatsächlicher formaler<br />

Ähnlichkeit und entgegen scheinbarer inhaltlicher Übereinstimmung, die ausschließlich durch Kombinationsbzw.<br />

Kompositionsbedeutungen gestützt ist, keinen Bezug zu den oben behandelten neulateinischen und französischen<br />

Einheiten der Wortbildung.<br />

Anm. 38 Nach Spitzer hat Rabelais „der frz. Wortbildung keine neuen Wege gewiesen (wie etwa die Plejade),<br />

sondern alle in der frz. Sprache vorhandenen Bildungstypen ausgenutzt, dazu noch die Bildungsschemen <strong>des</strong><br />

Lt. und Griech. [Hervorhebung von G.H.] verwertet – aber all dies im Dienste seiner Dichtung, nicht eines Programms;<br />

zu künstlerischen Zwecken, gelegentlich, als Stilist, nicht als Spracherneuerer. Die komplexe Natur <strong>des</strong><br />

Humanisten, zu <strong>des</strong>sen Ideal der homo trilinguis gehört, befähigt ihn, alle [im Original gesperrt] Wortbildungsschemen<br />

auszunutzen und eine schillernde Mannigfaltigkeit zu erreichen, die vor und nach ihm nicht einmal<br />

erstrebt wurde.“ (Spitzer 1910, S. 119).<br />

Anm. 39 Wie -(o)lâtrie und -(o)lâtre geht auch -ite (-itis) letztlich zurück auf das Griechische; es ist ebenfalls<br />

zunächst produktiv geworden im fachsprachlichen Neulatein, hier <strong>des</strong> Bereichs der Medizin, auf dem Hintergrund<br />

der auf lateinischen Sprachstufen tradierten Lehnwörter aus dem Griechischen, dann auch im Fachbereich<br />

der Nationalsprachen; wie im Deutschen und Englischen hat sich auch im Französischen gegen Ende <strong>des</strong> 19.,<br />

Anfang <strong>des</strong> 20. Jh.s eine konnotierte bildungssprachlich produktive Lehn-Wortbildungseinheit -itis bzw. -ite<br />

entwickelt; siehe Feine (2003), Hoppe (2010).<br />

Anm. 40 Offenbar verlesen; <strong>für</strong>: Johannes Cluverius (Stormarius), Johannes Clüver (1593-1633). Die genannte<br />

lateinsprachige Schrift, hier in französischer Wiedergabe („Zitatwort/Fremdbezeichnung“), ließ sich <strong>für</strong> Clüver<br />

allerdings nicht nachweisen, im Unterschied zu anderen von Du Pin „Jean Olivier“ zugeordneten Schriften.<br />

Anm. 41 Die Gastrolâtres beherrschen bis zu ihrem Rückzug, chap. 61, S. 746, die Szene. Auf weitere Belege<br />

wird verzichtet. Ein längerer Abschnitt aus chap. 59, mit den Gastrolâtres beim Manduce/Maschecroutte-Umzug,<br />

ihrem Dieu Ventripotent opfernd, ist aber in anderem Zusammenhang gebracht (Hoppe, ersch. demn.).<br />

Anm. 42 Es ist <strong>für</strong> die Produktivität von frz. -(o)lâtre bezeichnend, dass dieses „Wörterbuch“ bei seinen scherzhaften<br />

Wortbildungsversuchen <strong>für</strong> erst bewusst gemachte, bislang daher unbezeichnete kuriose Alltagsentitäten<br />

auch auf dieses Lehnsuffix zurückgegriffen hat.<br />

Anm. 43 Einige frühe deutsche Nachweise in alphabetischer Aufführung zu den |aster|-Lehnwörtern aus dem<br />

Spätlatein, Neulatein und Englischen als pejorative Bezeichnungen <strong>für</strong> minderwertige, schlechte, verächtliche<br />

Vertreter der in den Basiseinheiten genannten Personen(gruppen) in ihren Tätigkeiten, Grammatikaster, Kritikaster,<br />

Medikaster, Philosophaster, Poetaster, Politikaster und Theologaster (→ oben unter 3.1.3.1.2, Anm. 36):<br />

Grammatikaster (< nlat. grammaticaster); im Deutschen erst im späten 18. Jh. nachweisbar; 1786 Deutsches<br />

Museum II (Julius bis Dezember) 238 nicht als bloße Grammatikaster, sondern als vernünftige Männer (Z);<br />

nicht im DFWB.<br />

Kritikaster (< nlat. criticaster); Kritikaster war im Deutschen erst in der 2. Hälfte <strong>des</strong> 18. Jh.s, aber rasch mit<br />

hoher Frequenz nachweisbar (s. hierzu DFWB (Artikel Kritik), mit Belegen ab Lessing 1767); dazu mit Subst.<br />

Kritikasterei: 1785 Briefe aus Österreich 164 Sie wenigstens haben sich schon herbey gellassen [!], der hiesigen<br />

Predigerkritik, wie man die Wahrheiten über die Prediger allgemein zu nennen pflegt, einen derben Querhieb im<br />

Vorbeygehen zu geben; Sie sehen die ganze Schrift <strong>für</strong> Kritikasterey an [...] und geben Ihre Meinung an den<br />

Tag, daß die Kritikaster, die Verfasser der Predigerkritik, zu ihrem Geschäft eigends aufgestellt sind (Z).<br />

Medikaster (< nlat. medicaster); DFWB (Artikel Medikament) Medikaster M. verächtliche Bezeichung <strong>für</strong> einen<br />

schlechten Arzt; eine willkürliche Bildung der romanischen Sprachen zu lat. medicus ‘Arzt’, die auch ins<br />

Engl. und Deutsche drang, wo sie seit dem 17. Jahrh. (vgl. Kritikaster) belegt ist [mit Nachweisen, „Erstbeleg“<br />

aus 1675]; → oben unter 3.1.3.1.2, Anm. 36, aber schon im 16. Jh. belegtes nlat. medicaster; dazu jetzt <strong>für</strong> das<br />

Dt. früher: Hörnigk 1631 Medicaster Apella oder Juden Artzt (Titel) (nach Kühlmann/Telle II (2004), S. 502)<br />

(Z). Nachweisbar ist das Lehnwort nicht nur im Englischen und Deutschen; vgl. frz. médicastre (Proust 1921-23<br />

Sodome et Gomorrhe (II) (Recherche X, 264/65) Je suis président de la ligue antialcoolique, répondit Cottard. Il<br />

suffirait que quelque médicastre de province passât, pour qu’on dise que je ne prêche pas d’exemple (Z)).<br />

Philosophaster (< spätlat. philosophaster); Michael Toxites 1577 an Erasmus Neustetter (Kühlmann/Telle II<br />

(2004), 466) Derhalben sollen die grossen Philosophastri / so von Theophrasti büchern vrteilen wöllen / die<br />

Brillen auffsetzen / vnd dieses hohen Teutschen Philosophi scripta besehen vnd erwegen / ehe dann sie jhne ver-<br />

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dammen [ohne die Ang. der Originalpaginierung der Hg.; Hs. A hat Philosophi] (Z). Kühlmann/Telle haben bei<br />

der Erläuterung der Stelle über die scharfen Kontroversen und die theologischen Dimensionen <strong>des</strong><br />

Frühparacelsismus (S. 471, Nr. 57-60) das Wort pharaphrasiert: „Antwort <strong>des</strong> Toxites an ungenannte <br />

(Pseudophilosophen, Schwätzer)“; nicht im DFWB.<br />

Poetaster (< nlat. poetaster); DFWB (Artikel Poet) Poetaster ‘Dichterling’ seit Ende <strong>des</strong> 16. Jahrh. [...] nachgewiesen<br />

[ohne Belege, Verweis auf Literatur]; Weinrich 1677 Aerarium Poeticum 1213 Poëtaster, ein böser<br />

Poet. (Überschr.) [...] versifex. [...] Versificatorum de furfure vulgus. Medio qualis de grege quivis carminifex<br />

(Z). Beer 1683 Polit. Maul-Affen Geneigter Leser 6 v (Sämtl. Werke Bd. 9, 13) daß es ihm nicht gehet/wie unlängst<br />

einem Poetaster (Z).<br />

Politikaster (< engl. politicaster); zurückgehend auf eine 1659 in London erschienene satirische Schrift von<br />

James Harrington (“Politicaster: or, A comical discourse, in answer unto Mr. Wren’s book, intituled, Monarchy<br />

asserted, against Mr. Harrington’s Oceana. By J.H.”); im Deutschen erst seit dem späten 18. Jh. als Lehnwort im<br />

eigentlichen Sinne nachweisbar; 1781 Real-Zeitung Nr. 2, 11 Was [...] von den Politikastern [...] verargt wird<br />

(Z); nicht im DFWB.<br />

Theologaster (< nlat. theologaster); im Deutschen erst spät nachweisbar; DFWB (Artikel Theologe) im 18./19.<br />

Jh. bezeugtes, pejorativ verwendetes Theologaster [mit Belegen ab Lessing vor 1781]; dazu nun früher:<br />

Weislinger 1726 Friß Vogel, oder stirb! 173 daß der Grammaticalische Theologaster Melanchton dazumahlen<br />

nicht gewust / was die Novitianer gelehrt (Z).<br />

Von diesen Lehnwörtern sind <strong>für</strong> das Deutsch der Gegenwart Grammatikaster und (das im Neulatein so häufige)<br />

Theologaster in den maschinenlesbaren Korpora <strong>des</strong> <strong>IDS</strong> (cosmas) nicht mehr belegt; von den anderen Lehnwörtern<br />

sind (gegebenenfalls mit Ableitungen und Zusammensetzungen) nachgewiesen: vereinzelt Medikaster, gelegentlich<br />

Poetaster und Philosophaster, häufiger Politikaster, nach wie vor am häufigsten Kritikaster.<br />

Anm. 44 <strong>Diese</strong> rückläufige Wortliste ist hauptsächlich erstellt aus der maschinenlesbaren Version <strong>des</strong> „Deutschen<br />

Wörterbuches“ von Lutz Mackensen (6. Aufl., Baden-Baden 1970) und der Basisliste <strong>des</strong> am <strong>IDS</strong> entwickelten<br />

Morphologischen Lexikons (MOLEX), auch aus einigen damals schon vorhandenen <strong>IDS</strong>-Textkorpora<br />

und weiteren <strong>IDS</strong>-Listen.<br />

Anm. 45 Für diesen und weitere Belege (1541 (zu Idol(ol)ater) und 1784 (zu idol(ol)atrisch)) aus dem<br />

demnächst erscheinenden Bd. 8 der Neubearbeitung <strong>des</strong> DFWB habe ich Dominik Brückner zu danken.<br />

Anm. 46 Zu dem hier als Quelle benutzten und zu anderen Briefen <strong>des</strong> Pirnaer Superintendenten Johann Stössel<br />

sowie denen <strong>des</strong> Hofpredigers Schütz siehe Hund (2006, S. 605): „Da diese Schreiben nicht mehr im Original<br />

vorliegen, sondern lediglich in einer Zusammenfassung, die <strong>für</strong> die Landstände angefertigt wurde, an die sie am<br />

24. Mai 1574 geschickt wurden, bleibt die Darstellung dieser Briefe fragmentarisch.“ Die Datierung vor 1572<br />

<strong>des</strong> Belegs wurde gewählt nach dem bei Hund (ebd.) angegebenen To<strong>des</strong>datum <strong>des</strong> Hofpredigers Wagner. Die<br />

Erläuterung in eckigen Klammern findet sich a.a.O. bei Hund.<br />

Anm. 47 Die so genannten Torgauer Artikel sind die Ergebnisse der kursächsischen Kommission von Theologen<br />

zur rechten Abendmahlslehre, die am 31. Mai [1574] dem Kur<strong>für</strong>sten überreicht und von diesem gebilligt wurden.<br />

„<strong>Diese</strong> Torgauer Artikel sollten die Grundlage <strong>für</strong> die nachfolgenden Verhöre abgeben, in denen die Rechtgläubigkeit<br />

der <strong>des</strong> Calvinismus verdächtigten Theologen geprüft werden sollte.“ (Hund 2006, S. 631).<br />

Anm. 48 Den aufgeführten Kritikpunkten <strong>des</strong> Petrus Molinaeus lässt Forer (→ die bibliographischen Angaben<br />

unter 6., Anm. 97) als „Antwort“ die Darstellung und Verteidigung der altkirchlichen Standpunkte folgen. Die<br />

<strong>für</strong> die vorliegende Arbeit relevanten Textteile mit dem Vorwurf von Götzendienst und abgöttischer Anbetung<br />

und <strong>des</strong>sen Zurückweisung durch Forer, unter Berufung auch auf die alte Unterscheidung von latria und dulia,<br />

finden sich im VIII. Capitel, Ob der Römischen Kirchen Lehr vnd Ceremonien von den alten Ketzeren / auch<br />

Jüdischem vnd Haidnischem Tandt entsprungen, §. II. Von den Bilderen GOttes, §. III. Von den Bilderen deß<br />

Herrn Christi vnd der Heyligen, §. IV. Vom dienst oder verehrung der Engel, §. V. Von der anbettung der H.<br />

Jungkfrawen MARIA, §. VI. Von der anbettung vnlebhaffter dinge [Reliquien]. [anbettung referiert dabei die<br />

Vorwürfe <strong>des</strong> Molinaeus, entspricht also keineswegs der Darstellung und Terminologie in Forers Antworten,<br />

wenngleich er an anderer Stelle auch auf die im theologischen katholischen Sinne nicht immer korrekte Verwendung<br />

von anbetten verweist, wie S. 236]. §. XXVII. Von den Reliquien, deren sich die schwangere Weiber gebrauchen<br />

[hier zeigt Forer nicht nur Verständnis <strong>für</strong> Traditionen der Volksfrömmigkeit, sondern bezeugt auch<br />

seinen Glauben an mögliche Reliquienwunder], § XXI. Von der Transubstantiation [!] [Ein Vorwurf <strong>des</strong> Glaubens<br />

an die materiale Präsenz von Christi Fleisch und Blut im Abendmahl könne die Katholiken nach Forer nicht<br />

treffen, das sei die irrige Vermutung der Capharnaiten (Capernaiten), → hierzu die Belege unter 5.2]<br />

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Anm. 49 Hier mitaufgeführtes Kreophagie ‘Fleischessen’ ist in seiner griechischen Schreibform sogar der Eingangstitel<br />

eines Beza’schen Werks:<br />

KREVFAGIA siue Cyclops. ONOS SULLOGIZOMENOS siue Sophista. Dialogi dvo de vera communicatione<br />

corporis & sanguinis Domini, adversus Tilemanni Heshusii somnia [...]. Per Theodorum Bezam Vezelium, Genf<br />

1561.<br />

Zum Wort → den Artikel kreophagia (1561) unter 5.1.1 <strong>des</strong> Anhangs.<br />

Anm. 50 Ein neulateinischer Terminus idiolatria findet sich nicht neben bzw. zum Syntagma (semetipsam<br />

adorasse, Cap. III, Lemmata, S. 47, „Absurdo 1. Mariam semetipsam adorasse”) in der Greifswalder Dissertation<br />

(1708) von Jacob Degner gegen das Tragen und Beten <strong>des</strong> Rosenkranzes, „Dissertatio inauguralis de Rosario,<br />

sive Pater Noster [...]“, die er „sub moderamine“ <strong>des</strong> orthodoxen lutherischen Theologen Johann Friedrich<br />

Mayer verteidigt hat; im Kontext der Dissertation insgesamt tritt nur idololatr/ auf. Dass die Argumentationsstruktur<br />

von Siegel im Zusammenhang (Cap. III, Thes. I, S. 48) ebenso unrichtig wiedergegeben wurde wie<br />

der Verfasser, sei am Rande vermerkt.<br />

Anm. 51 Hier, wie heute in DUDEN GFWB 2000, werden keine Hinweise gebracht auf die tradierten Bedeutungen<br />

/ Verwendungen <strong>des</strong> Wortes Onomatolatrie (onomatolatria) im Bereich der Religionswissenschaft, nämlich<br />

auf ‘Idolatrie <strong>des</strong> Schreibens oder Aufsagens von Namen/Begriffen im alten jüdischen Kult’ (Leibniz) und<br />

der protestantischen Theologie, ‘Vergötterung überkommener Begriffe’ (Henke).<br />

Textbelege <strong>für</strong> bildungssprachliche Bedeutungen/Verwendungen (<strong>des</strong> alten Lehnworts oder einer unabhängigen<br />

Neubildung?), wie sie die Wörterbuch-Paraphrasen vermuten lassen, ließen sich bisher nicht finden. Belegquellen<br />

sind auch in SANDERS FWB 1871 zu diesem Eintrag nicht angegeben.<br />

Ohnehin ist nicht ganz auszuschließen, dass es sich wenigstens noch in SANDERS FWB 1871 um missverständlich<br />

formulierte Paraphrasen zu den fachsprachlichen Begriffen handelt, dass mit „götzendienerische Verehrung<br />

eines berühmten Namens“ der Leibniz’sche, mit „Auktoritätsgläubigkeit“ der Hencke’sche Begriff der<br />

onomatolatria gemeint ist; <strong>für</strong> DUDEN GFWB 2000 mit seiner Paraphrase „übermäßige Verehrung <strong>des</strong> Namens<br />

einer berühmten Persönlichkeit“ träfe diese Einschränkung wohl nicht mehr zu.<br />

→ oben unter 3.1.2.2.1.2 die lateinsprachigen onomatolatria-Belege (1686), wo auch auf nationalsprachliche<br />

Entlehnung oder Übersetzung dieser Bildung eingegangen wurde; → im Folgenden den Beleg aus BBKL (2010)<br />

(zu Henke): [...] „Onomatolatrie“, [...] Bestreben, veraltete Lehrformen und Begriffe festzuhalten.<br />

Anm. 52 Wörter mit der Sequenz ...olatr sind in Meyer 1905ff. zahlreich lemmatisiert. Von ihnen wird hier nur<br />

eine kleine, unter bestimmten Aspekten relevante Auswahl gebracht.<br />

Anm. 53 Die Angabe „gr.“ oder deren Fehlen besagt nichts über die tatsächliche Etymologie und (Lehn-)Wortbildungsproduktion<br />

der folgenden in Hauck/Schwinge aufgeführten Wörter.<br />

Anm. 54 Josephin (Joseph) Péladan, genannt „Sâr“ Péladan, französischer Schriftsteller (1858-1918), Wagnerverehrer<br />

und Verfasser einer Darstellung der Wagner-Opern.<br />

Anm. 55 „Bardolatry is a term that refers to the excessive adulation of William Shakespeare, combining the<br />

words “bard” and “idolatry”. Shakespeare has been known as “the Bard” since the nineteenth century. [...] The<br />

term “Bardolatry” derives from George Bernard Shaw's coinage of the word “Bardolator”, in the preface to his<br />

play The Devil's Disciple, published in 1901“ (Wikipedia).<br />

Anm. 56 Die folgende Darstellung <strong>des</strong> neulateinischen Lehnsuffixes beruht vor allem auf dem neulateinischen<br />

Beleg-Wörterbuch von Johann Ramminger; zu Wörterbuch und Einträgen → dann ausführlich unter 4.2.2.2.<br />

Anm. 57 In Kl. Pauly 1979 (Artikel Zoilos, 4.) wird ein Titel &Omhromaßstic ausdrücklich ausgeschlossen: „jedenfalls<br />

war &Omhromaßstic nicht Titel <strong>des</strong> Werks, sondern Beiname <strong>des</strong> Vf.“. Zum Werk <strong>des</strong> Zoilus’ (4. Jh. -<br />

ca. 330 v.Chr.) über Homers Epen, zu seinen Absichten, den Missverständnissen und Anfeindungen, die sich<br />

schon in der polemischen Beinamengebung ausdrückten, letztlich auch zur späteren Würdigung in der altphilologischen<br />

Fachliteratur siehe ebd.<br />

Anm. 58 Zu Ausonius und speziell zu diesem Gedicht siehe E.R. Curtius (1954, S. 288, Kap. 15 Manierismus):<br />

„Eine Fundgrube spätlateinischer Wortkünstelei ist Ausonius. Er benennt sie mit einem Terminus, den Platon<br />

einmal im Vorübergehen <strong>für</strong> die manierierte sophistische Rhetorik geprägt hatte: logodaedalia [...]. Eine Abteilung<br />

der Werke <strong>des</strong> Ausonius ist Technopaegnion betitelt. Sie vereinigt Gedichte, in denen verschiedene sinnreiche<br />

Arten, einsilbige Wörter im Vers zu verwenden, vorexerziert werden. [...] In dem letzten Stück (Grammaticomastix)<br />

macht Ausonius Anleihen bei Ennius und Virgil [...]. Die Beispiele, die er ihnen entnimmt (gau <strong>für</strong><br />

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gaudium, tau <strong>für</strong> taurus, min <strong>für</strong> minium u.ä.), sind aber nicht von Hause aus einsilbig, sondern künstlich abgehackte<br />

erste Silben mehrsilbiger Wörter [...].“ [ohne die Anmerkungen von Curtius].<br />

Anm. 59 Für (bio-)bibliographische Angaben habe ich mich hier und im Folgenden auf RAMMINGER gestützt,<br />

dazu auch auf das BBKL, Jaumann (2004), Lex. Renaissance (2000) und RGG 3.<br />

Anm. 60 In Baillets Gesprächen ((1689) 1725, S. 33) zu den „Satires personnelles“, den Invektiven ad<br />

personam, werden ant(i)-Titel etwas ironisch als ein deutsches Phänomen (deutsch- und lateinsprachiger) Schriften<br />

betrachtet. Auch berühmte Titel von Werken anderer Nationen haben nach Baillet, entsprechend den Ländern<br />

Europas selbst, „<strong>des</strong> origines tout-à-fait Alleman<strong>des</strong>, ou du moins Germaniques, pour parler un peu plus juste“.<br />

Anm. 61 Wie Capniomastix ‘Kritiker <strong>des</strong> Capnius’ (= der graecolatinisierte Name Reuchlins), im griechischen<br />

Textteil (eine Zitatabwandlung?) eines Briefes in<br />

Hummelberg 1514 Ep. p. 13 H. 2 quod doctis faues et Capnionem Germaniae nostrae unicum decus uere diligis<br />

kai? touqw Kapniomastißgaw xamaipeteiqw kai? xamaizhßlouw vÖw kaka? jhri?a ouö fileiqw alla? miseiqw<br />

(RAMMINGER) [... und die Capniomastiges niedriger und übler Gesinnung wie böse Tiere nicht liebst, sondern<br />

hasst (G.H.)].<br />

Anm. 62 Im 19. Jh. tritt die Einheit scheinbar erneut auf. Es handelt sich aber um ein (2) -(o)mastix, das in einer<br />

der eigentlichen griechischen Bedeutung ‘Geißel’ nahen Verwendung im Sinne von ‘Geißel, Stachel, Dorn’ vereinzelt<br />

in der Fachsprache der Zoologie nachgewiesen ist. Verwendet ist es nur zur Bildung <strong>des</strong><br />

Nomenklaturnamens Uromastix, zusammen mit dem schon seit dem 18. Jh. (Linné) fachsprachlich (Zoologie<br />

und Botanik) produktiven, ebenfalls auf das Griechische zurückgehenden Konfix der vielfältigen Bedeutungen/Verwendungen<br />

im Sinne von ‘Schwanz’ (COTTEZ 1988); die Kombination spezieller syntaktischsemantischer<br />

Struktur mit (2) -(o)mastix benennt ein Reptil als ‘Dornschwanz-’ (siehe dt. Dornschwanzagame);<br />

vgl. Uromastix acanthinurus (Bell, 1825).<br />

<strong>Diese</strong>s vereinzelte (2) -(o)mastix steht neben der schon im frühen 19. Jh. zur fachsprachlichen Lehn-Wortbildung<br />

genutzten Einheit mastig(o)- (COTTEZ 1988, mit dem Eintrag „PROD. Mastigobryum, lat. scient. 1814<br />

(Nees).“). Gebucht ist auch in WERNER 1961 mastig-. Hier wird unter 2. Körperfortsätze vielzelliger Tiere<br />

auch das vereinzelte Uromastix aegypticus („= Dornschwanz einer Eidechse, die bei Erregung den stacheligen<br />

Schwanz nach rechts und links schleudert.“) mitaufgeführt; siehe in WERNER 1961 auch das in zahlreichen<br />

fachsprachlichen Bedeutungen/Verwendungen lemmatisierte ur-, unter 1. Der postnatale (hinter dem After gelegene)<br />

Körperteil der Wirbeltiere mit Endteil der Wirbelsäule, bezeugt <strong>für</strong> Namen; darunter erscheint als Eintrag<br />

auch wieder Uromastix.<br />

Anm. 63 Zum Autor siehe nochmals unter 4.2.1, Artikel Ciceromastix, die Angaben <strong>des</strong> Kl. Pauly; die Bildung<br />

Ciceromastix ist dann nachgewiesen in der Adagia-Sammlung <strong>des</strong> italienischen Humanisten Polidoro Vergili<br />

unter dem auch noch Vergiliomastix enthaltenden Eintrag Homeromastix, der in den einleitenden Teilen von<br />

4.2.2.1 zitiert ist.<br />

Anm. 64 Als Eingangstitel in Form eines sprechenden Pseudo-Namens war „Hebræomastyx“ ‘Judengeißel,<br />

-kritiker’ erst <strong>für</strong> diese Ausg. von 1602 eindeutig nachweisbar. Die Behauptung, dass Hieronymus de Sancta<br />

Fide selbst die beiden polemischen antijüdischen Abhandlungen nach 1412 (ediert Augsburg 1468, Zürich 1552)<br />

schon unter dem (hier positiv selbstbenennenden) Namen „Hebraeomastix“ geschrieben habe, „Lorki wrote two<br />

polemics against Judaism: Contra perfidiam Judaeorum [...] and De Judaeis erroribus ex Talmuth (Augsburg, c.<br />

1468; Zurich, 1552; later Hamburg, n.d.; both in Bibliotheca Maxima Veterum Patrum, vol. 3, Frankfurt, 1602),<br />

under the name Hebraeomastix.“ (ENC. JUDAICA (JVL), Artikel Lorki (i.e., of Lorca), Joshua), ließ sich nicht<br />

nachprüfen. Wahrscheinlich ist aber, dass seine Schriften erst später und eben mit der Ausg. von 1602 – also<br />

auch nicht mit den ersten Drucken – ihren Eingangstitel „Hebræomastyx“ als vereintes Werk erhielten: „Unidos<br />

bajo el nombre de Haebraeomastix [...] fueron impresos en el vol. 3 de la Bibliotheca Maxima Veterum Patrum<br />

(Frankfurt, 1602).“ (GEA, Artikel Ha-Lorki, Joshua, mit Verweis u.a. auf Landau, L.: „Das Apologetische<br />

Schreiben <strong>des</strong> Josua Lorki“, 1906). <strong>Diese</strong> Benennung von 1602 entspräche dann ja auch der Hoch-Zeit der -<br />

(o)mastix-Produktivität.<br />

Anm. 65 Auf die Tendenz <strong>des</strong> Stücks verweist schon der Titel <strong>des</strong> Aufsatzes von Götz Schmitz (1997,<br />

S. 245ff.), „Robert Ward, Fucus Histriomastix (Cambridge, 1623): ein satirisches Universitätsdrama auf die<br />

Vergnügungsfeindlichkeit der Puritaner“. Noch weitere -(o)mastix-Kombinationen der Satire, d.h. die dem Fucus<br />

gleichfalls zugeteilten Prädikate und Spottnamen → maypolemastix ‘Gegner <strong>des</strong> Maibaums’ und →<br />

Vtriculariomastix ‘Gegner <strong>des</strong> (Dudelsackpfeifers) Utricularius’, dann → festomastix ‚Feind von Festen’, nennen<br />

in ihren Basen Sachen/Sachverhalte, gegen die puritanische ...mastiges zu Feld ziehen („Öffentliche Vergnügungen<br />

gerieten im Vorfeld <strong>des</strong> englischen Bürgerkriegs zunehmend ins Kreuzfeuer puritanischer Kritik. <strong>Diese</strong> Kri-<br />

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123<br />

tik fand auf mehreren Ebenen statt. Bekannt sind die Angriffe auf das Schauspielwesen in London, die auch vor<br />

den Dramen Shakespeares nicht haltmachten und zu Beginn <strong>des</strong> Bürgerkriegs zur Schließung der Theater führten<br />

[...]. Weniger bekannt sind ähnliche Auseinandersetzungen auf höherer und niedrigerer Ebene: der Streit um das<br />

Universitätsdrama [...] oder der Kampf um ländliche Bräuche, wie den Tanz um den Maibaum [...].“ (ebd.,<br />

S. 245)); → Anm. 67 zu maypolemastix und Anm. 68 zu Vtriculariomastix.<br />

Anm. 66 Der <strong>für</strong> Toleranz gegenüber abweichenden Lehrmeinungen innerhalb der reformatorischen und katholischen<br />

Gemeinschaften eintretende Zwicker hatte seine Thesen unter dem bezeichnenden Titel „Irenicum<br />

Irenicorum, sive Reconciliatoris christianorum hodiernorum norma triplex, sana ratio, scriptura sacra et<br />

traditiones, exemplo doctrinae de Christo ob oculos posita“ 1658 (anonym) veröffentlicht. Gegen den ihn angreifenden<br />

Amos Comenius und andere Vertreter der Orthodoxie schrieb Zwicker dann seine „Irenico-Mastix [...]“<br />

-Entgegnungen (1662 [1661?]ff.); Titel und Angaben weitgehend nach Deutsche Biographie (Artikel aus ADB);<br />

zur Sache vgl. den Artikel in Hauck/Schwinge (2010): „irenisch gr. friedfertig [...]; Irenik Friedfertigkeit, bewußt<br />

ausgleichende Tendenz; Richtung in der luth. → Orthodoxie <strong>des</strong> 17. Jh., um Ausgleich mit kath. Theologie<br />

u. Kirche bemüht [...].“<br />

Anm. 67 → unter Anm. 65 die Ausführungen von Schmitz (1997, S. 245) zum Histriomastix im Zusammenhang<br />

der puritanischen Streitigkeiten, auch Anm. 68 zu Vtriculariomastix. Maibaum und Maibaumtanz gehörten nach<br />

Schmitz (1997, S. 245) zu den Elementen <strong>des</strong> ländlichen Brauchtums, gegen das sich im Vorfeld <strong>des</strong> englischen<br />

Bürgerkriegs die Vergnügungsfeindlichkeit der Puritaner wie gegen jede öffentliche Vergnügung richtete. „König<br />

James beobachtete mit Sorge, wie die alten ländlichen Festtagsbräuche, die Kirchweihfeste und Maifeiern,<br />

unter dem Druck puritanisch gesinnter Geistlicher zunehmend verschwanden. Für die Puritaner waren die an<br />

Feiertage gebundenen Bräuche eine Entheiligung <strong>des</strong> Sabbats [...].“ (ebd., S. 256).<br />

Anm. 68 → unter Anm. 65 die Ausführungen von Schmitz (1997, S. 245) zum Histriomastix im Zusammenhang<br />

der puritanischen Streitigkeiten, auch Anm. 67 zu maypolemastix. Gegen Maibaum, Maibaumtanz und -musik<br />

wendet sich der (heuchlerische) Fucus. „[...] er hat auf dem Land da<strong>für</strong> gesorgt, daß Utricularius, der Dudelsackpfeifer,<br />

an den Pranger gestellt wurde, weil er zu einem Tanz um den Maibaum aufspielte. Am Ende wird Fucus<br />

gezwungen, zu ebensolcher Musik an einem Morris Dance (das ist ein Schellentanz, wie er bei den Maifeiern<br />

aufgeführt wurde) teilzunehmen, und er bekommt zu seiner Schande die Spitznamen Utriculariomastix und<br />

„maypolemastix“ umgehängt [...].“ (ebd. 255).<br />

Anm. 69 Faksimile-Nachdruck 1912, wieder anonym, unter dem Titel „Histrio-Mastix 1610“, John S. Farmer,<br />

Kessinger Legacy Reprints (= The Tudor Facsimile Texts). Den oben angeführten Originaltitel habe ich dem<br />

Faksimile-Titelblatt entnommen, das in der Ausg. von 1912 beigegeben ist.<br />

Anm. 70 „William Prynne stellt an den Anfang seiner erschöpfenden Polemik gegen das Schauspielwesen die<br />

Beobachtung, daß die Werke Shakespeares auf kostbarerem Papier gedruckt würden als die meisten Bibeln;<br />

Histriomastix. The Players Scourge (London, 1633) [...].“ (Schmitz 1997, S. 245).<br />

Anm. 71 Speziell zum eingeschränkten Fremdwortgebrauch Karlstadts vgl. Anm. 15; zu den vermutlich auf<br />

Karlstadt zurückgehenden und in der Reformationszeit üblich gewordenen Wendungen zur polemischen Beschreibung<br />

der Materialität <strong>des</strong> Abendmahl-Brotes vgl. die einführende Darstellung unter 5.1.2.1.<br />

Anm. 72 Auf die theologisch-politischen Positionen in der Auseinandersetzung sei hier kurz mit Hund (2006,<br />

S. 13 (Einleitung)) verwiesen: „Die identitätsbildende Frage <strong>für</strong> das Luthertum bestand dabei darin, ob man sich<br />

abendmahlstheologisch dem Calvinismus öffnen sollte, um dem Protestantismus eine möglichst große Basis zu<br />

sichern, oder ob man sich auch gegen die Abendmahlslehre Calvins, die inhaltlich näher bei der Luthers angesiedelt<br />

war als die <strong>des</strong> Zürcher Theologen Zwingli, abgrenzen sollte. [...] Während von Theologen, die sich in<br />

der Abendmahlsfrage vor allem auf die Schriften Luthers stützten, der Ruf nach Abgrenzung auch gegen den<br />

Calvinismus laut wurde, setzten sich Melanchthon und viele seine Schüler <strong>für</strong> einen Kurs <strong>des</strong> Dialogs und der<br />

Toleranz gegenüber dem Calvinismus ein und gerieten damit ins Kreuzfeuer der theologischen Kritik.“<br />

Anm. 73 In Brunot II ist die Sprache der Theologie <strong>des</strong> 16. Jh.s nicht behandelt, theologische Werke von Calvin,<br />

Beza und Viret finden sich nicht unter den Quellen dieses Ban<strong>des</strong> zur französischen Sprachgeschichte <strong>des</strong><br />

16. Jh.s.<br />

Anm. 74 Luther 1528 „Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis“ (Werke III, 460) Vnd wer dis brod isset / der isset<br />

Christus leib / wer dis brod mit zenen odder zungen zu drFckt / der zu drFckt mit zenen odder zungen den leib<br />

Christi / Vnd bleibt doch allwege war / das niemand Christus leib sihet / greifft / isset / odder zubeisset / wie man<br />

sichtbarlich ander fleisch sihet vnd zubeisset (Z); vgl. beispielsweise Viret (?) 1560 Satyres 71/72 (Satyre V) [...]<br />

N’estre naiz / Mieux vous voudroit, Anthropophages / Pis il y a, o Theophages, / Que pour vostre dernier renfort<br />

/ Vous mangez dieu cōme vn refort. [...] Et puis en fin ietter sa patte / Dessous ce poure dieu de paste: / Faire dix<br />

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mille tours d’escrime: / Parler a luy en prose, en rithme, / Iusqu’a tant que l’heure le presse / De le croquer, & de<br />

vistesse / S’en donner au trauers de dents (Z).<br />

Anm. 75 David H. Price hat seiner „Phasma“-Ausgabe Textteile aus drei der vier älteren deutschen „Phasma“-<br />

Übersetzungen (1593, 1606, 1671 und 1839) beigegeben. Aus gutem Grunde – und von Nutzen <strong>für</strong> unseren vorliegenden<br />

Zusammenhang – ist jeweils Actus III, Scena III, der drastische Streit um das Abendmahlverständnis,<br />

gewählt; denn diese „[...] Szene erwies sich <strong>für</strong> die Textprobe als besonders geeignet, nicht nur weil sie die<br />

Schlüsselszene in der konfessionellen Zersplitterung [Hervorhebung von G.H.] bildet, sondern auch, weil sie<br />

in allen deutschen Versionen zu den besten Leistungen der Übersetzer gehört.“ (Price 2007, S. 411). Es handelt<br />

sich um Actus III, Scena III aus den Übersetzungen <strong>des</strong> 16. und 17. Jh.s von Arnold Glaser (1593), Johannes<br />

Bertesius (1606) und der Prosaversion eines Anonymus (1671).<br />

Der 3. Akt, 3. Szene versammelt denn auch mit Ausnahme <strong>des</strong> ‘gelehrteren’ artolatria übliche polemische Bezeichnungen,<br />

die Henke (1806 (III), S. 423), mit ausdrücklicher Erwähnung der Wortverwendungen Bezas, zu<br />

den „unartigen, ekelhaften und empörenden Benennungen“ <strong>des</strong> Abendmahlsstreits zählt. Dass Frischlin (und<br />

seinen möglichen Mitautoren) Benutzer und Wortschöpfer solcher polemischen Bezeichnungen vertraut waren,<br />

zeigt die Erwähnung von Karlstadt, Zwingli, Oecolampadius, Calvin, Viret und wiederum von Beza, die als „à<br />

Satana afflati LOGODAEDALI“, als „vom Satan angehauchte Wortschmiede“ (Prolog (S. 8 und 9)) dargestellt<br />

werden.<br />

Neben Fragen schon der (alleinigen) Autorschaft Frischlins (siehe Price 2007, S. 405f.), der das Stück nicht in<br />

die Ausgabe seiner neulateinischen Dramen aufgenommen hat, bietet auch der theologische Standort dieses als<br />

Pro-Luther-Drama erscheinenden Stücks Probleme („[...] daß der lateinische Sprachduktus unzweideutig der von<br />

Frischlin ist, während die religiöse und konfessionelle Intoleranz dem Ton anderer Dramen von Frischlin gänzlich<br />

widerspricht.“ (Price 2007, S. 405)). Ein „alles andere als lutherisch-orthodoxes Stück“ sieht aber Kaminski<br />

(2008, S. 180) in Frischlins „Phasma“; ihre Argumente kann ich hier nicht im einzelnen aufführen, möchte aber<br />

auf den Aufsatz verweisen.<br />

Anm. 76 Zu den einzelnen Stichwörtern werden im Folgenden (5.2.1.1) die Textstellen aus den älteren deutschen<br />

„Phasma“-Übersetzungen <strong>des</strong> 16. und 17. Jh.s der Price’schen Ausgabe in Kurzform gebracht, die Übersetzung<br />

von David H. Price selbst wird nicht eigens berücksichtigt. Seine relevanten Wort-Übersetzungen werden<br />

aber jeweils in Klammern beigegeben.<br />

Anm. 77 Die Schrift ist bezeugt in Bayles „Dictionnaire Historique et Critique“ (1740, I, 1, S. 550) – unter den<br />

beiden Dialogen gegen Tilemannus Heshusius – mit dem Eingangstitel „Krevfagißa“. Als Kreophagia wird<br />

dieser heute in der Regel in Katalogen, Verzeichnissen etc. und auch in der Literatur wiedergegeben. Dass Beza<br />

den Eingangstitel in griechischer Schrift gesetzt hat, ist <strong>für</strong> seine Zeit mit ihrer Wertschätzung <strong>des</strong> Griechischen<br />

nicht ungewöhnlich; vgl. hierzu die griechische Schreibung <strong>für</strong> die aus dem Griechischen entlehnten und selbst<br />

<strong>für</strong> die mit griechischen Einheiten lehngebildeten Wörter auf |olatria| bzw. mit -(o)latria. Verhüllende Absicht<br />

aufgrund der thematischen Brisanz lässt sich zudem <strong>für</strong> die Titelgebung und -schreibung nicht ausschließen.<br />

Anm. 78 Eigentlich ‘Ein/bröt/ung’, theologische Bezeichnung der Bedeutung ‘Eingang <strong>des</strong> Leibes Christi in das<br />

geweihte Brot’; in diesem Sinne schon <strong>für</strong> das Mittellatein behauptet, aber wohl erst <strong>für</strong> das Neulatein gebucht<br />

(nicht in DU CANGE, nicht in NIERMEYER); Belege <strong>für</strong> nlat. im/pan/atio (zu panis ‘Brot’) der Reformationszeit<br />

in RAMMINGER; → auch hier im Anhang <strong>für</strong> Deus im/pan/atus den Beleg aus Luther 1557 (Übers.) unter<br />

sarcophagus und haem(at)opota.<br />

Anm. 79 Einen abweichenden Strukturtyp mit anderer Wortbedeutung der Bildungen weisen latein- und nationalsprachliche<br />

Termini von Bereichs- und Fachsprachen auf: ( 2 )monophagia/( 2 )monophagus der Bedeutung ‘das<br />

Essen/Fressen allein [<strong>des</strong> im Kontext Genannten]; das alleinige Essen’ bzw. ‘allein, nur [das im Kontext Genannte]<br />

essend/fressend; allein das eine, nur einmal essend’, die keinen Ursprung im Griechischen selbst haben<br />

und Lehn-Wortbildungsprodukte zu sein scheinen; einige ihrer Bedeutungen/Verwendungen sind aber möglicherweise<br />

in Zusammenhang zu sehen mit strukturähnlichen griechischen Wörtern aus den verwandten Gruppen<br />

monofageßv und monositeßv; <strong>für</strong> einzelne ihrer Vertreter ist wenigstens eine solche Entsprechung bezeugt; vgl.<br />

monofageßv = monositeßv „eat but one meal in the day“ (LIDDELL/SCOTT). Auf diese Termini komme ich in<br />

anderem Zusammenhang zurück.<br />

Anm. 80 Wie in Luthers „De abroganda missa privata“ (1522) und „Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe“<br />

(1533); zum Alleinfressen siehe in der deutschen Schrift S. 244 (Werke IV): „Nu weis die Christliche gemeine<br />

von deiner Messe nichts / h=ret von dir nichts / empfehet von dir nichts / Sondern du schweigest dort im winckel<br />

vnd frissest es [das Sacrament] allein [...].“<br />

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Anm. 81 Danach feierten, speisten und opferten die wenigen aus dem Trojanischen Krieg heimgekehrten Ägineten<br />

mit ihren Angehörigen wegen der trauernden Mitbürger nur heimlich und unter sich und verwehrten anderen<br />

den Zutritt zum Hause. <strong>Diese</strong>n Gebrauch sollen sie dann auch <strong>für</strong> das Poseidon-Fest übernommen haben, das sie<br />

in Abgeschiedenheit und ohne Bedienung durch Sklaven abhielten.<br />

Anm. 82 Vgl. hierzu am Beispiel <strong>des</strong> Deutschen das seit etwa Mitte <strong>des</strong> 14. Jh.s nachweisbare Sarkophag<br />

‘Steinsarg’, das über adjektivisches spätlat. sarcophagus im Syntagma lapis sarcophagus ‘fleischfressender<br />

Stein’ <strong>für</strong> einen zu Särgen benutzten Kalkstein, der Tote in kurzer Zeit zu Asche werden lässt, letztlich zurückgeht<br />

speziell auf das Syntagma lißjow sarkofaßgow, wobei schon <strong>für</strong> das Griechische und entsprechend das<br />

Spätlateinische auch die daraus entwickelten substantivischen Bezeichnungen sarkofaßgow bzw. sarcophagus<br />

im Sinne von ‘Steinsarg’ nachgewiesen sind;<br />

Konrad v. Megenberg um 1350 (Luff/Steer 498, 17-20) (unter VI. 71 Von dem leych stain) Sarcophagus haizt<br />

leich stain. Der di art, sam Ysydorus spricht, waz leich man dar ein legt, di erfauln vnd werden verzert in<br />

dreizzich tagen, wann sarcos in chriechisch haizt ain arch vnd phagos haizt ezzen. Von den zwain worten chFmt<br />

der gesammt nam sarcophagus (Z).<br />

Die eigentliche, nahrungsbezogene griechische Wortbedeutung von sarkofaßgow ‘fleisch(fr)essend’ tritt <strong>für</strong><br />

sarcophagus offenbar erst auf späterer Sprachstufe <strong>des</strong> Latein <strong>für</strong> Lehnwörter wieder in Erscheinung; zu den<br />

genannten polemischen Übertragungen vgl. auch nlat. sarcophagia, nachgewiesen bei Erasmus im Sinne von<br />

„fait de manger de la viande (les jours maigres)“: ER., Allen VI, n o 1620, 45. - ← sarkofagißa.“ (HOVEN<br />

1994). Sie ist aber heute in Nationalsprachen vermutlich nur in zoologischen Nomenklaturnamen bewahrt:<br />

Sarcophaga „= Fleischfliege (Gttg. der Diptera)“ (WERNER 1961); sarcophage „Grosse mouche qui pond sur<br />

les matières organiques en décomposition“ (N. P. ROBERT 2009)).<br />

Anm. 83 Zu diesem Spezialwörterbuch der französischen Sprache <strong>des</strong> 16. Jh.s ist anzumerken, dass außer dem<br />

– allgemeiner interpretierten – théophagie (mit théophage) sich noch keines der hier insgesamt behandelten<br />

Wörter aus dem engeren theologischen Bereich der Reformation als Eintrag findet; gebucht sind weder Bildungen<br />

aus dem -Zusammenhang noch solche auf |olâtrie|. Vereinzelt erscheint bei der Recherche im<br />

HUGUET nicht-lemmatisiertes mangedieu ‘Gottfresser’, innerhalb eines Belegs zu théophagie. Von den in der<br />

Reformationszeit relevanten neulateinischen Wörtern auf |olatria| bzw. -(o)latria, die ab dem 16. Jh. erst vereinzelt<br />

in das Französische kommen und auch später nicht häufig belegt und gebucht sind, wie angelolâtrie,<br />

artolâtrie, hagiolâtrie, iconolâtrie, ist keines im HUGUET behandelt; die Gruppe von altentlehntem (als oberbegrifflich<br />

zu betrachtendem) idolâtr/ ist aber lemmatisiert.<br />

Anm. 84 Im 18. Jh. dann erneut entlehnt in der neulateinischen Fachsprache der Zoologie und als Nomenklaturname<br />

verwendet (Haematopota pluvialis L. (= Linné, 1758), dt. Regenbremse).<br />

Anm. 85 Luthers Abentfressen aus der Schrift „Bulla Cene domini, das ist, die bulla vom Abentfressen <strong>des</strong><br />

allerheyligsten hern, <strong>des</strong> Bapsts, vordeutscht durch Martin Luther“, Wittenberg 1522 (WA 8, S. 688-720) spielt<br />

vielleicht mit dem Zusammenhang, gehört aber nicht direkt hierher. Gegenstand ist die Aufnahme Luthers und<br />

seiner Anhänger in das Ketzerverzeichnis der so genannten „Bulla coenae domini“ (1521), wie sie üblicherweise<br />

am Gründonnerstag feierlich verlesen wurde (siehe in WA 8, S. 688, die Einführung <strong>des</strong> Hg.).<br />

Anm. 86 Trotz <strong>des</strong> veränderten reformierten Abendmahlsritus, <strong>des</strong> Empfangs <strong>des</strong> Abendmahls unter beiderlei<br />

Gestalt, steht auch in der innerreformatorischen Auseinandersetzung weiterhin Brot <strong>für</strong> das Abendmahl und bestimmt<br />

auch die polemischen Bildungen; vgl. auch das im Unterschied zu verbreitetem artolatria ‘Brotvergötzung;<br />

falsche Anbetung <strong>des</strong> Brotes’ vereinzelt gebliebene oenolatria ‘Weinvergötzung; falsche Anbetung<br />

<strong>des</strong> Weines’. Goertz (1977, S. 307) hat auf diesen Widerspruch, die sprachlich weitgehend an der Tradition, also<br />

der Brot-Bezogenheit orientierte, sachlich nicht mit der Neuerung <strong>des</strong> Laienkelches einhergehende Bedeutung<br />

und Verwendung <strong>des</strong> Wortes Sakrament im reformatorischen Sprachgebrauch hingewiesen, <strong>für</strong> ihn auch „ein<br />

Anzeichen <strong>für</strong> den Konservativismus der Sprache der Liturgie“ (ebd.).<br />

Anm. 87 BRENTIUS. Christus non iussit / hordeum / Comedere, sed corpus suum; Es hat vns Christus nicht<br />

geheissn / Zu essen Gersten oder Weissn... (1592, dt. 1606). An der Seite Luthers tritt im Drama der schwäbische<br />

Reformator Johannes Brenz (Brentius) auf, der <strong>für</strong> die lutherische Abendmahlslehre mit seiner „Schwäbischen<br />

Vereinbarung“ (1525) im nördlichen Schwaben und Franken den Sieg errang (nach BBKL, Artikel<br />

BRENZ, Johannes).<br />

Anm. 88 Eder 1574 Evangel. Inquisition 84 Aber die Euangelischen haben der TFrcken abg=tterey weit<br />

vbertroffen / vnd vil grewlicher dauon geschriben als Mahumet. Weyl die Caluinisten lehren / Das man in disem<br />

Sacrament anders nichts entpfahe / als ein schlechts Beckenbrot (Z).<br />

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Anm. 89 Vgl. auch das „Brot im Backofen“, ebd., S. 462: es ist nu nicht mehr schlecht brod ym backofen / sondern<br />

fleischsbrod odder leibsbrod / das ist / ein brod so mit dem leibe Christi / ein sacramentlich wesen vnd ein<br />

ding worden ist [...].<br />

Anm. 90 Zu den so genannten Torgauer Artikeln → Anm. 47.<br />

Anm. 91 Nach Arnolds Worten (1699, II, S. 135) warfen die Reformierten den Lutheranern wegen ihrer Lehre<br />

von der Realpräsenz Christi im Abendmahl vor, „als machten sie aus dem äusserlichen Element <strong>des</strong> brods und<br />

weins fast eben wieder so einen abgott / als im Papstthum geschehen.“ [Hervorhebungen von G.H.].<br />

Karlstadt („Gesprechbüchlin“, 1524 (S. 58)) hatte schon die Hostie als „g=tzen brodt“ bezeichnet.<br />

Allerdings werden vielfältige Sachen/Sachverhalte und Personen <strong>des</strong> christlichen Glaubens in der Reformationszeit<br />

üblicherweise als neue Götter, Abgötter oder Götzen bezeichnet, gemacht durch die jeweils falsche Lehre; so<br />

ist Götzenfresser zumin<strong>des</strong>t im vorliegenden Zusammenhang (und auf dem Hintergrund entsprechender Komposita<br />

der Reformationszeit) auch denkbar im allgemeineren Sinne von ‘wer sich den Götzendienst, die Götzenlehre,<br />

die heidnische Lehre einverleibt’. Im „Pammachius“ von Naogeorg werden Sachen/Sachverhalte der Römischen<br />

Kirche als einige dieser Götzen von Christus aufgezählt, von Paulus staunend vernommen:<br />

Naogeorg 1539 Pammachius (Übers., Menius) 8 a /8 b , 280-305 (Das Drama der Reformationszeit 194) Der<br />

G=tzen ist so viel on zal, / Das ich sie nicht kann nennen all! [...] Zum Gott viel machen jre werck [wie Klosterleben,<br />

Rosenkrentz, Walfart, Fasten, Ablas, Vigil der todten, Weyrauch, Chresam, Osterfewr und andere von<br />

Christus genannte] HERR Meister, seltzam G=tt sind das! (Z).<br />

Der direkte Abendmahlbezug erscheint im Frischlin-Beleg aus 1593 eindeutig.<br />

Anm. 92 Bezeugt sind aber -mörder in Gottesmörder und Christusmörder im Zusammenhang <strong>des</strong> Abendmahlsstreits<br />

in ähnlicher Bedeutung/Verwendung; gespiegelt sind auch hier wieder die als Gottes- und Christusmörder<br />

angeschuldigten Gegner <strong>des</strong> Abendmahlsstreits in Gestalten älterer Zeit, diesmal in den Christusmördern<br />

<strong>des</strong> NT; vgl. auch Anm. 93.<br />

Luther 1544 Kurtz Bekentnis vom Sacrament (Wider die Sacramentirer vnd falsche Lerer vom heiligen<br />

Abendmal (1573) 410 r ) IN dem ich so dencke vnd bleibe / poltert vnd rumpelt wider mich herein Hans<br />

vnuernunfft D. Carlstad mit seinen Himlischen Propheten / vnd lesst wider vns ein BFchlin ausgehen / darin<br />

schalt er vns Wittemberger / Christusmörder / Christcreutziger / newe Papisten / etc. vnd machts seer grob [...].<br />

Hatte doch keine andere vrsachen / denn das wir das Sacrament auffhFben. Solch auffheben deutet er geopffert.<br />

Weiter deutet er geopffert / so viel als Christum gecreutzigt / ermordet / geschlachtet / vnd viel erger gehandelt /<br />

weder die JFden je gethan hatten. [Randglosse:] Carlstads BFchlin wider die Wittemberger (Z).<br />

Eder 1574 Evangel. Inquisition 84 Vnd gleich wie Auerroes die Christen vnbarmhertzige leut nennet / das sie<br />

jren aigen Gott essen / also darff Carlstad die Catholischen fFr Gottes m=rder außschreyen / das sie Gott seinen<br />

Sun auffressen w=llen (Z).<br />

Anm. 93 Vgl. Anm. 92, Gottesmörder, Christusmörder, zu Gott(es)fresser.<br />

Karlstadt 1524 Gesprechbüchlin (33) die jhene so Christū leiblich fressen woltē / alß die einh=rner vñ l=whē (Z).<br />

Karlstadt 1524 Auszlegung (28) Christus nach der menscheyt ist die selbige lebendige creatur [wie der Teraph]<br />

gewest / dañ er ist von den vnsinnigen <strong>für</strong>sten vnd tyrannischen pfaffen / vnd grimmigē püffel volck zerbissen<br />

vnnd erwürgt. Die schrifft aber nennet s=lche leüth / wilde thier der erden / nemlich / l=wen / bern / w=lff /<br />

greiffen / adler vnnd der gleichen. Soliche thier scherpfften ir zene / sper vñ negel / kreütz vñ verflGchung / vñ<br />

erwürgetē Christū (Z).<br />

Anm. 94 Zu iconomastyges ‘Bilderfeinde’ → den kurzen Hinweis auf die Schreibform in 4.2.2.2, 2), unter<br />

iconomastix, dazu → in Anm. 99 die Angaben zu Hebraeomastix/Hebraeomastyx und in Anm. 18 die allgemeinen<br />

Ausführungen zu y- vs. i-Schreibungen.<br />

Anm. 95 Zu den so genannten Torgauer Artikeln → Anm. 47.<br />

Anm. 96 → Anm. 47.<br />

Anm. 97 Reformierter französischer Theologe (1568-1658). In der „Vorred an den Christlichen Leser“ seiner<br />

„Gegencensur“ beschreibt Forer Molinaeus und <strong>des</strong>sen Buch gegen die altkirchliche Verteidigungsschrift <strong>des</strong><br />

Kardinals Perronius: „[...] also hat sich Petrus Molinæus ein bekandter Caluinischer Diener am Wort / vnd Professor<br />

zu Sedan her<strong>für</strong> gethan / deß Cardinals Perronij Buch vnder sein Censur genommen / vnd in<br />

Frantzösischer Sprach ein sehr prächtigen / vnd dicken Tractat mit folgendem Titul (Novitas Papismi, oder /<br />

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Newlich auffgekommenes Pabstumb / das ist / Daß die alte Christliche Kirch vom Pabstumb vnd seiner Lehr<br />

nichts gewüßt / vnd daß demnach daselbe auff keinem Grunde der rechten Antiquitet, sondern auff blosser<br />

Newerung bestehe) geschmidet / vnd außlauffen lassen. Welcher Tractat so lang in gedachter Frantzösischer<br />

Sprach herumb geschwebt / biß er durch Martinum Stüzing Chur: Brandeburgischen Secretarium, in das<br />

Teutsche vbersetzt / vnd im Jahr 1632. zu Wesel [...] getruckt / mit grossem Jubel vnd Frolocken / auff<br />

Caluinischer Seitten / durch das gantze Röm. Reich ist außgestrewet worden.“<br />

Anm. 98 Titel der „Dilucida explicatio“ und Datierung der ersten Übersetzung ins Französische (→ den folgenden<br />

Eintrag) nach Baum, Guilielmus/Eduardus Cunitz/Eduardus Reuss (Hg.), Ioannis Calvini opera quae<br />

supersunt omnia, Bd. 9 (Bd. 5 der Tractatus theologici minores), Prolegomena [kein Textabdruck !], Cap. XLII,<br />

S. XLI-XLIII, Braunschweig 1870. Ob diese französische Erstausg. („Claire exposition“) unverändert in die<br />

Opuscula-Sammlung von 1611 eingegangen ist, konnte nicht überprüft werden.<br />

Anm. 99 Der fortlaufende Seitentitel ist zitiert nach dem JUDAICA-Abbild eines Exemplars der Druckausg.<br />

(zweier Schriften), Frankfurt a.M. 1602, dem allerdings das Titelblatt fehlt. Ein Eingangstitel in Form und Graphie<br />

Hebræomastyx <strong>für</strong> die Ausg. Frankfurt 1602 ist durch bibliothekarische Einträge bezeugt. JUDAICA<br />

selbst gibt den Eingangstitel in der Schreibform Hebraeomastix an, entsprechend dem Eintrag von alter Hand<br />

zum fehlenden Titelblatt <strong>des</strong> Exemplars. Die y-Graphie (statt der üblichen i-Schreibung), wie sie <strong>für</strong> Lehnwörter<br />

und Lehn-Wortbildungsprodukte in der Zeit nicht selten ist, lässt sich übrigens auch <strong>für</strong> andere -(o)mastix-<br />

Kombinationen nachweisen.<br />

Anm. 100 Daz ist daz pGch von den naturleichen dingen ze d(utsch bracht von maister Cunrat von Megenberch<br />

(Luff/Steer 2003, S. 23, einer der verschiedenen ‘Titel’).<br />

Anm. 101 Ausgabe „in einer neuen - <strong>für</strong> die Folgezeit massgebenden lateinischen Übersetzung, nachdem sie in<br />

einer älteren anonymen Übersetzung schon seit 1535 in die Drucke der Autores historiae ecclesiasticae von Froben<br />

und Episcopius [...] aufgenommen worden und kleinere Schriften 1536 griechisch als zweiter Teil zusammen<br />

mit den Epigrammata <strong>des</strong> Kyros Theodoros Prodromos bei Johannes Bebel [...] erschienen waren.“ (Hieronymus<br />

2003, GG 415) [Hervorhebung von G.H.].<br />

Anm. 102 Zur nicht gesicherten Zuschreibung: «Ce glossaire, qui ne se trouve que dans quelques exemplaires de<br />

l’édition de 1552, a toujours été reproduit à la suite du Quart L. dans les éditions suivantes; on l’attribue<br />

généralement à Rabelais, mais il faut reconnaître que certaines explications concordent mal avec l’érudition de<br />

l’auteur du Quart L.» (Demerson 1973, S. 775, Anm. 1).<br />

Anm. 103 Digitale Volltexte von historisch-biographischen Artikeln der Allgemeinen Deutschen Biographie<br />

(ADB, 56 Bände, 1875-1912) und der Neuen Deutschen Biographie (NDB, online bisher 23 Bände, seit 1953)<br />

mit weiteren Verlinkungen.<br />

Anm. 104 Die digitale Edition <strong>des</strong> „Lexikons der Renaissance“ basiert auf der 1989 im Bibliographischen <strong>Institut</strong><br />

in Leipzig erschienenen Buchausgabe. Die Texte wurden von den Herausgebern überarbeitet und, wo erforderlich,<br />

korrigiert bzw. ergänzt. Die Seitenkonkordanz zwischen der elektronischen und der gedruckten Ausgabe<br />

weist daher mitunter Abweichungen auf (Vorbemerkung).<br />

Anm. 105 Für die vorliegende Monographie wurden Buchungen von |zoo|-/zo(o)-Wörtern aus der entsprechenden<br />

„Buchungsgeschichte“ verwendet; die Nachschlagewerke als Quellen der „Buchungsgeschichte“ sind bibliographiert<br />

in Hoppe/Link, Einführung (Hoppe 1999, S. 37ff.).<br />

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