Militärische Funktechnik Radiobote Jg. 8, Heft 45 ... - Cdvandt.org
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Werner Thote<br />
<strong>Militärische</strong> <strong>Funktechnik</strong><br />
Das Mikrofon und Fernhörer Prüfgerät a<br />
Als ich vor einigen Monaten mit Freunden die Gelegenheit hatte, Arthur<br />
Bauers beeindruckende Sammlung in Diemen (NL) zu sehen, fiel mir ein<br />
kleines, beinahe unscheinbares Gerätchen auf, das ich nicht kannte. Es war<br />
ein Mikrofon und Fernhörer Prüfgerät a mit der Gerätenummer 015 – 41<br />
auf dem Typschild. Daneben steht der Abnahmestempel Wa.A.798. Das ist<br />
die Firma Kapsch in Wien. Und richtig, im Auftragsbuch der Firma Kapsch 1<br />
für Behördenaufträge im Zeitraum August 1938 bis Frühjahr 1940 stehen<br />
neben 336 anderen zwei Einträge, die solch ein Prüfgerät betreffen.<br />
Wir können den Werdegang nachvollziehen: Reg. Baurat Dipl.-Ing. Appel,<br />
Leiter des Referats Wa Prüf 7/IIIb „Tragbares Funkgerät“ im Heereswaffenamt,<br />
hat am 31.<br />
März 1939 eine<br />
Anfrage an<br />
mehrere Firmen<br />
gegeben, solch<br />
ein Prüfgerät zu<br />
entwickeln. Die<br />
Firmen haben<br />
nach den beigefügten<br />
Bedingungen<br />
Entwürfe<br />
eingereicht. Vermutlich<br />
hat die<br />
Firma Kapsch in<br />
Wien gewonnen<br />
und am 15.8.39<br />
den Auftrag erhalten,<br />
ein<br />
Muster zu bauen.<br />
Herr Ing. Liebhart<br />
war der Verbindungsmann der Firma Kapsch zum Heereswaffenamt.<br />
Aber das betraf noch nicht das jetzt aufgefundene Gerät, denn Muster hatten<br />
keine Abnahmestempel. Es muß 1941 eine kleine Serie gegeben haben.<br />
1 Werner Thote, Auftragsbuch Behördenaufträge, <strong>Radiobote</strong> <strong>Heft</strong> 33 und 34<br />
<strong>Radiobote</strong> <strong>Jg</strong>. 8, <strong>Heft</strong> <strong>45</strong> Seite 21
<strong>Militärische</strong> <strong>Funktechnik</strong><br />
Werner Thote<br />
Das Mikrofon und Fernhörer Prüfgerat a dient der Funktionskontrolle der<br />
bei Wehrmachtfunkgeräten eingesetzten Mikrofone und Fernhörer und der<br />
Handapparate der Feldfernsprecher 33. Ein 2,4-V-Sammler liefert die<br />
Betriebsspannung. Die acht Mess-Stellungen gestatten folgende Messungen:<br />
Sammlerspannung, Querstrom durch das Mikrofon, Anschlussleitungen und<br />
Mikrofonschalter auf Durchgang, NF-Spannung bei einem langgesprochenen<br />
„A“ getrennt für Hand- und Kehlkopfmikrofone (die weniger Spannung<br />
abgeben), Durchsprechen vom Mikrofon zum Fernhörer, Normalton für Fernhörer<br />
zur Justierung des einstellbaren Membranabstandes und Maximalton<br />
zur Feststellung von Klirren und Kleben des Fernhörers. Hierfür steht ein<br />
Messinstrument mit den Messbereichen 3 Volt, 20 mA und NF-Spannung bis 9<br />
Volt zur Verfügung. Ein roter Bereich markiert die Sammlerspannung, ein<br />
blauer die akzeptable NF-Spannung. Der Prüfton für die Fernhörer wird mit<br />
einem kleinen Zerhacker aus der Sammlerspannung gewonnen. Der liefert<br />
einen brauchbaren Sinuston von etwa 550 Hz. Der Nennwert der NF-<br />
Spannung wird mit einem Potentiometer auf den grünen Strich am<br />
Messinstrument eingestellt.<br />
Es gibt unter den Druckvorschriften für Nachrichtengerät der Wehrmacht<br />
keine für die Hand- und Kehlkopfmikrofone. Nur an einer Stelle habe ich<br />
einen Sollwert gefunden, an dem man die Funktion messen kann: In der<br />
Prüfvorschrift „Tornisterfunkgerät b1“ vom Januar 1941 wird der Strom durch<br />
das Mikrofon im Betriebszustand gemessen: „Sollwert 10 … 15 mA“.<br />
Der Gedanke lag also nahe, die Schaltung des Prüfgerätes aufzunehmen und<br />
so in das Gerät hineinzumessen, dass man auf die ihm zugrundeliegenden<br />
Sollwerte zurückschließen kann. Besonders interessant ist dabei, welche NF-<br />
Seite 22 <strong>Radiobote</strong> <strong>Jg</strong>. 8, <strong>Heft</strong> <strong>45</strong>
Werner Thote<br />
<strong>Militärische</strong> <strong>Funktechnik</strong><br />
Spannung die Mikrofone bei nachvollziehbaren Bedingungen, wie beispielsweise<br />
einem langgedehnten „A“, abgeben sollen.<br />
Wozu das heute nützlich ist? Nun, es gibt durchaus eine Reihe von Sammlern,<br />
die (als Funkamateure) ihre Geräte im Gelände ausprobieren wollen. Vor zwei<br />
Jahren hat eine Gruppe in Oberösterreich solche Versuche mit dem 5 Watt<br />
Sender gemacht. Erstes Ergebnis: die Modulation war vollkommen ungenügend!<br />
Klopfen, Schütteln und Erwärmen der Mikrofone brachte nur geringen<br />
Erfolg. Einer hat einen kleinen Transistorverstärker eingebaut. Damit war die<br />
Modulation gut. Aber es muss doch seinerzeit ordentlich funktioniert haben!<br />
Die Lösung war unerwartet einfach: Zum 1932 eingeführten 5 Watt Sender<br />
gehört ein Stielmikrofon, in dem eine Mikrofonkapsel steckt, die schon im<br />
1.Weltkrieg und noch im<br />
Feldfernsprecher 26 der<br />
Reichswehr verwendet worden<br />
ist. Diese Kapsel ist wesentlich<br />
größer als die in den<br />
Handmikrofonen Hmf. a und<br />
Hmf. b verwendeten. Mit solch<br />
einem Mikrofon ist die<br />
Modulation des Senders sofort<br />
einwandfrei. Ich habe mir<br />
damals die Schaltbilder all der<br />
Funkgeräte und Sender<br />
angeschaut, die später mit den<br />
kleinen Hand- und Kehlkopfmikrofonen<br />
der Wehrmacht<br />
gearbeitet haben: die Sender<br />
haben alle eine Modulationsstufe,<br />
die die Spannung aus dem Mikrofon verstärkt, bevor sie der Endstufe<br />
zur Modulation zugeführt wird. Beim 5 Watt Sender geht es hingegen vom<br />
<strong>Radiobote</strong> <strong>Jg</strong>. 8, <strong>Heft</strong> <strong>45</strong> Seite 23
<strong>Militärische</strong> <strong>Funktechnik</strong><br />
Werner Thote<br />
Mikrofontransformator direkt aufs Gitter der Senderöhre RS 241. Aber auch<br />
bei den Tornisterfunkgeräten ist die Modulation mit den zugehörigen<br />
Mikrofonen meist nur schwach. Kurz: man sollte irgendwie messen können,<br />
ob die Mikrofone gut sind oder nicht!<br />
Arthur Bauer war so freundlich, mir das kleine Gerät zu leihen. Remco<br />
Caspers hat den Zerhacker durchgemessen, der zu dem zweiten heute<br />
bekannten Gerät mit der Nummer 011 - 41 gehört. Diese beiden Prüfgeräte<br />
sind gemeinsam aus England in die Niederlande gekommen und schließlich in<br />
zwei große Sammlungen eingeflossen. Vermutlich sind sie seinerzeit als<br />
Kriegsbeute nach England gelangt. Von weiteren Stücken ist mir nichts<br />
bekannt.<br />
Was tut das Prüfgerät also? Die Messung des Querstroms durch das<br />
Mikrofon bei 2,4 Volt ist einfach aber aussagefähig. Der grüne Strich auf der<br />
Skala markiert den Wert 15 mA. Die Anzeige verändert sich, wenn man das<br />
Mikrofon schüttelt zu höheren Strömen, kehrt aber zum Ausgangswert<br />
zurück. Für Durchgangsprüfungen wird ein Ersatzwiderstand von 150 Ohm<br />
eingeschaltet, so dass auch hier die Anzeige auf den grünen Strich geht. NF-<br />
Spannungen werden am hochohmigen Ausgang des 1:20-Transformators<br />
abgenommen und durch einen Sirutor gleichgerichtet. Gute Handmikrofone<br />
erreichen bei Vollausschlag 7 Volt, am grünen Strich 4,5 Volt NF, dabei<br />
stehen am Mikrofon 300 bzw. 200 mV. Kehlkopfmikrofone geben eine<br />
geringere Spannung ab, deshalb gibt es dafür eine gesonderte Messstellung.<br />
Hier markiert der grüne Strich 1,75 V (75 mV am Mikrofon). Bei<br />
„Durchsprechen“ wird die NF auf den Fernhörer geschaltet. Fernhörer<br />
werden mit einem relativ leisen Signal von 310 mV auf optimalen<br />
Membranabstand eingestellt und mit dem vollen NF-Signal von etwa 9 Volt<br />
auf Klirren und Kleben geprüft. Interessant ist hier als Vergleich das<br />
subjektive Lautstärkeempfinden an einem Tornisterempfänger b: Signale von<br />
0,5 Volt sind leise aber gut hörbar, als gute Lautstärke werden Signale von 2<br />
bis 4 Volt, als sehr laut 9 Volt empfunden. Die Handapparate der<br />
Feldfernsprecher werden sinngemäß geprüft. Für die niederohmigen<br />
Hörkapseln dieser Handapparate hat der Transformator eine entsprechend<br />
niederohmige Anzapfung. Die Einstellung der Nennspannung geschieht dabei<br />
weiter über die hochohmige Anzapfung.<br />
Seite 24 <strong>Radiobote</strong> <strong>Jg</strong>. 8, <strong>Heft</strong> <strong>45</strong>
Werner Thote<br />
<strong>Militärische</strong> <strong>Funktechnik</strong><br />
Der Zerhacker ist steckbar im Gerät eingeschoben. Er besteht aus einem<br />
magnetischen Schwingsystem mit einem fein justierbaren Kontakt, einem RC-<br />
Glied zur Funkenlöschung und aus einer hochohmigen Sekundärspule mit auf<br />
dem Kern des Erregersystems zur Erzeugung<br />
Prüftones. Diese Spule bildet mit<br />
einem Kondensator einen Resonanzkreis,<br />
der aus den Impulsen des Zerhackers ein<br />
annähernd sinusförmiges NF-Signal erzeugt.<br />
Die Besitzer der beiden bekannten Geräte<br />
haben beide einige Mühe darauf verwenden<br />
müssen, diese Zerhacker wieder zum<br />
Schwingen zu bringen. Ich glaube diese<br />
Elemente sind die Schwachstelle des<br />
Gerätes. Die Justage des Kontaktes ist<br />
derart diffizil, dass der Betrieb insbesondere<br />
bei längeren Phasen der Nichtbenutzung und<br />
unter wechselnden Umgebungsbedingungen<br />
nicht sicher zu sein scheint. Ich konnte zwar alle Funktionen bestimmungsgemäß<br />
nachweisen, der Ton klingt markant hörbar aber nicht ganz rein. Das<br />
Signal für die Einstellung der Membrane des Fernhörers ist leise, das für die<br />
Klirr-Probe sehr laut. Der Nennwert der NF-Spannung wird beim vorliegenden<br />
Muster selbst bei voll aufgedrehtem Potentiometer nur knapp erreicht.<br />
Abschließend einige Messergebnisse: Das Stielmikrofon des 5 Watt Senders<br />
übersteigt in allen Messstellungen den grünen Strich, ein tschechisches<br />
Handmikrofon (etwa 1960) erreicht den grünen Strich. Die Hand- und<br />
Kehlkopfmikrofone der Wehrmacht unterliegen je nach Lagerung offenbar<br />
einer gewissen Alterung. Von 20 gemessenen Handmikrofonen liegen 13 weit<br />
unter den Sollwerten bei etwa 5 mA Querstrom (Schütteln bis 20 mA) und<br />
NF-Spannungen um 1 V NF. In der Stellung „Durchsprechen“ ist das NF-<br />
Signal hörbar aber nicht laut. Sieben der geprüften Mikrofone haben<br />
Querströme von 10 bis 15 mA und erreichen die geforderten 4,5 Volt NF. Die<br />
Sprache klingt laut und klar. Alle geprüften Kehlkopfmikrofone sind weit unter<br />
ihren Nennwerten.<br />
Ich möchte Arthur O. Bauer und Remco Caspers für ihre außerordentlich<br />
bereitwillige Unterstützung und Herrn Gerhard Lippburger für den Scan der<br />
beiden Einträge aus dem Auftragsbuch sehr herzlich danken.<br />
<strong>Radiobote</strong> <strong>Jg</strong>. 8, <strong>Heft</strong> <strong>45</strong> Seite 25