Subjektive und objektive Indikatoren der ... - ISF München
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Manfred<br />
Moldaschl<br />
SUBJEKTIVE UND OBJEKTIVE INDIKATOREN<br />
DER ARBEITSKOMPLEXITÄT.<br />
Ein empirischer Vergleich<br />
BERLINER HEFTE ZUR ARBEITS- UND<br />
SOZIALPSYCHOLOGIE<br />
HEFT 5 - August 1986<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Abstract<br />
Der vorliegende Beitrag befaßt sich mit <strong>der</strong> Frage, inwieweit<br />
<strong>objektive</strong> Arbeitsbedingungen aus <strong>der</strong>en subjektiver Perzeption<br />
durch die Betroffenen selbst, das heißt aus Befragungsdaten<br />
<strong>der</strong> Arbeitenden erschlossen werden können. Dabei geht es vorrangig<br />
um die Frage <strong>der</strong> Validität des KOHN'schen Instrumentariums<br />
zur Analyse <strong>der</strong> Arbeitssituation.<br />
Ausgehend von einem interaktionistischen Ansatz werden zunächst<br />
einige Implikationen <strong>der</strong> an quantitativen Methoden orientierten<br />
Sozialisationsforschung zum Verhältnis von Person <strong>und</strong> Umwelt<br />
diskutiert. Als Möglichkeit zur Validierung standardisierter<br />
subjektiver Erhebungsmethoden werden Verfahren zur personenunabhängigen<br />
Erfassung <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen vorgestellt,<br />
welche auf <strong>der</strong> Handlungsregulationstheorie beruhen.<br />
Auf <strong>der</strong> theoretischen Gr<strong>und</strong>lage dieser Verfahren werden in<br />
einem ersten Auswertungsschritt die Definition <strong>und</strong> die Gegenstandsangemessenheit<br />
(Konstruktvalidität) <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong><br />
KOHN's beurteilt. In einem zweiten Schritt wird anhand empirischer<br />
Daten eines Forschungsprojekts zur Sozialisation jun-<br />
2<br />
ger Facharbeiter die Realitätsangemessenheit (ökologische<br />
Validität) <strong>der</strong> subjektiven Urteile über die Arbeit geprüft.<br />
Dies geschieht durch eine separate sek<strong>und</strong>äranalytische Auswertung<br />
<strong>der</strong> in diesem Projekt objektiv (durch Beobachtung)<br />
<strong>und</strong> subjektiv (durch Befragung <strong>der</strong> Arbeitenden) erhobenen Daten<br />
mittels <strong>der</strong> KOHN'schen Kategorien.<br />
Für vielfältige Anregungen zur Ausarbeitung des vorliegenden<br />
Beitrags danke ich Ernst-Hartmut HOFF, Melvin Kohn,<br />
Lothar Lappe, Wolfgang Lempert <strong>und</strong> Rainer Oesterreich.<br />
Es handelt sich dabei um das Projekt "Arbeitsbiografie <strong>und</strong><br />
Persönlichkeitsentwicklung" am Max-Planck-Institut für<br />
Bildungsforschung, Berlin (vgl. LEMPERT/HOFF/LAPPE 1980,<br />
2. Aufl.; <strong>und</strong> HOFF/LAPPE/LEMPERT 1982).<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
1. Vorbemerkungen zur Bedeutung KOHN's in <strong>der</strong><br />
Sozialisationsforschung 2<br />
2. Gegenstand, Ziel <strong>und</strong> Methode zweier Forschungsansätze<br />
6<br />
3. Probleme <strong>der</strong> Erhebung von Massendaten zur Arbeitssituation<br />
10<br />
4. Gr<strong>und</strong>lage des Vergleichs: Arbeitsanalyseverfahren<br />
auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Handlungsregulationstheorie 17<br />
5. Theoretische Evaluation des arbeitsanalytischen<br />
Konzepts "Berufliche Selbstbestimmung" 24<br />
5.1 Die Validierung des Instrumentariums bei KOHN 24<br />
5.2 Personen- <strong>und</strong> verfahrensbedingte Beschränkung<br />
<strong>der</strong> Validität 27<br />
5.3 Die Operationalisierung <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong> 35<br />
6. Empirische Evaluation: Sek<strong>und</strong>äranalyse objektiv<br />
<strong>und</strong> subjektiv erhobener Arbeitsplatzdaten 45<br />
6.1 Erwartungen hinsichtlich <strong>der</strong> Verzerrungstendenzen<br />
45<br />
6.2 Materialgr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Evaluation 4 7<br />
6.3 Ergebnisse 49<br />
6.3.1 Ubereinstimmungsmaße 49<br />
6.3.2 Ubereinstimmungen 51<br />
6.3.3 Abweichungen 54<br />
6.4 Beurteilung weiterer <strong>Indikatoren</strong> 63<br />
6.5 Resümee 66<br />
7. Weiterführende Überlegungen <strong>und</strong> Vorschläge 6 9<br />
Anmerkungen 73<br />
Anhang 78<br />
(1) Das 10-Stufenmodell des VERA 78<br />
(2) Das 5-stufige SOFI-Schema zur Analyse<br />
kognitiver Anfor<strong>der</strong>ungen 81<br />
(3) KOHN's Operationalisierung "inhaltlicher<br />
Komplexität" 83<br />
(4) Checkliste für die Arbeitsbeobachtung 87<br />
(5) Interview: Arbeitserfahrungen 95<br />
Literaturverzeichnis 99<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
1. Vorbemerkungen zur Bedeutung KOHN's in <strong>der</strong> Sozialisationsforschung<br />
In bezug auf empirische Studien zum Verhältnis von Arbeit <strong>und</strong><br />
familialer Sozialisation hat BERTRAM 1976 von einem " Z i t i e r <br />
k a r t e l l " gesprochen. Er tadelte damit den unkritischen Bezug<br />
auf nur zwei Forschungsarbeiten, vor allem die von Melvin<br />
KOHN. Diese Beschränkung i s t inzwischen überw<strong>und</strong>en worden,<br />
auch auf dem Gebiet <strong>der</strong> beruflichen Sozialisation.<br />
Dennoch dürfte Melvin KOHN auf diesem wie auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />
beruflichen Sozialisation insgesamt auch heute noch zu den<br />
meistzitierten Autoren gehören. Ich w i l l aber meine Beschäftigung<br />
mit KOHN's Analyse <strong>der</strong> Arbeitswelt nicht mit diesem<br />
zunehmend verwendeten Bewertungskriterium wissenschaftlicher<br />
Leistungsfähigkeit begründen; vielmehr w i l l ich hier Aspekte<br />
nennen, die aus meiner Sicht die "historische" <strong>und</strong> aktuelle<br />
Bedeutung von KOHN's Forschungsbeitrag ausmachen <strong>und</strong> die immer<br />
mitbedacht werden sollten, auch wenn die nachfolgenden<br />
Ausführungen vor allem auf einige problematische Punkte zielen.<br />
Es kann <strong>und</strong> s o l l mit den folgenden Überlegungen, dies<br />
sei hier nachdrücklich betont, überhaupt nicht <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Erkenntnisgewinn <strong>der</strong> KOHN'schen Arbeiten in Frage ges<br />
t e l l t werden - im Gegenteil. Gerade wegen ihrer unbestrittenen<br />
Bedeutung for<strong>der</strong>n einige Konzeptualisierungen <strong>und</strong> Operationalisierungen<br />
zur Reinterpretation im Lichte neuerer theoretischer<br />
Ansätze heraus.<br />
KOHN's Ausgangspunkt i s t die Fragestellung, ob die Beziehungen<br />
zwischen Arbeit <strong>und</strong> Persönlichkeit lediglich auf selektiven<br />
Rekrutierungsprozessen beruhen, o<strong>der</strong> ob auch die erwachsene<br />
Persönlichkeit sich noch unter dem Einfluß ihrer Berufserfahrungen<br />
entwickeln kann.<br />
Dank <strong>der</strong> inzwischen fast 30jährigen Forschungen <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />
um Melvin KOHN kann man sich heute <strong>der</strong> Untersuchung von<br />
Gewicht <strong>und</strong> Wirkungsprozeß spezifischer entwicklungsrelevanter<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Arbeits- <strong>und</strong> Berufsdimensionen widmen, ohne einen Großteil <strong>der</strong><br />
Energie auf den Nachweis verwenden zu müssen, daß diese überhaupt<br />
einen Einfluß auf die psychische Entwicklung Erwachsener<br />
ausüben.<br />
Richtungsweisend zum Beispiel für die schichtspezifische Sozialisationsforschung<br />
waren KOHN's Arbeiten nicht nur, weil<br />
sie Zusammenhänge zwischen einer Vielzahl sozialstruktureller<br />
Variablen aufdeckten, son<strong>der</strong>n auch, weil sie als bestimmendes<br />
Moment die gesellschaftliche Arbeit benannten <strong>und</strong> diese vor<br />
allem operationalisierten. Sozialisation wurde nicht mehr l e <br />
diglich als "schichtspezifisch" deklariert, also im Rahmen<br />
eines wesentlich ahistorischen Schichtkonzepts untersucht,<br />
son<strong>der</strong>n als Element <strong>der</strong> Reproduktion <strong>der</strong> Schichtstruktur dargestellt.<br />
In den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> rückte eine Betrachtungsweise<br />
von lebenslanger Sozialisation im Beruf, die dann über die<br />
Vermittlung <strong>der</strong> Familie die Sozialsation <strong>der</strong> folgenden Generation<br />
für den Beruf k o n s t i t u i e r t .<br />
Weiterhin i s t bemerkenswert, in welcher Weise KOHN bereits in<br />
den sechziger Jahren die gebräuchlichen, aber diffusen soziologischen<br />
Kategorien "soziale Machtausübung" beziehungsweise<br />
"Autonomie" reinterpretierte <strong>und</strong> empirischer Analyse zugängl<br />
i c h machte. In seiner Konzeption zur Untersuchung <strong>der</strong> Auswirkungen<br />
beruflicher Erfahrungen auf Aspekte des Denkens s t e l l t<br />
das Konstrukt <strong>der</strong> "beruflichen Selbstbestimmung" <strong>und</strong> hierin<br />
wie<strong>der</strong>um die "inhaltliche<br />
Komplexität <strong>der</strong> Arbeit" die zentrale<br />
berufliche Determinante "geistiger Beweglichkeit" dar, die<br />
wie<strong>der</strong>um als gr<strong>und</strong>legend für an<strong>der</strong>e Aspekte des Denkens aufgefaßt<br />
wird (Wertvorstellungen, Selbstkonzeption <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Orientierung; vgl. KOHN 1973; 1981, S. 119 f f .<br />
2<br />
<strong>und</strong> S. 124 ff.) . Dieser Gr<strong>und</strong>gedanke wird auch auf an<strong>der</strong>e<br />
Bereiche menschlicher Arbeitstätigkeit übertragen, zum Beispiel<br />
auf Schul-"Arbeit", Ausbildung <strong>und</strong> Hausarbeit (vgl. KOHN<br />
1981, S. 215 f f . ) , so daß man KOHN's Arbeit als umfassend angelegtes<br />
Forschungsprogramm betrachten kann.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
KOHN hat diese Konzeptualisierungen <strong>und</strong> Operationalisierungen<br />
zu einem Zeitpunkt vorgenommen, als in <strong>der</strong> Arbeitswissenschaft,<br />
<strong>der</strong> Arbeitspsychologie <strong>und</strong> -Soziologie keine Ansätze zur Erfassung<br />
<strong>und</strong> Bewertung kognitiver Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen verfügbar<br />
waren. Auch hierzulande dominierten Konzepte wie etwa <strong>der</strong><br />
Indikator "Arbeitszufriedenheit", nicht nur als Einstellung,<br />
son<strong>der</strong>n auch als Maßstab für die Qualität <strong>der</strong> Arbeit selbst<br />
(vgl. BRUGGEMANN u.a. 1975).<br />
KOHN ging <strong>und</strong> geht es also um eine personenunabhängige Erfassung<br />
<strong>der</strong> wirklichen Arbeitstätigkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> beruflichen Kontextbedingungen.<br />
Daß er sich dennoch ausschließlich subjektiver<br />
Zugänge zur Arbeitswirklichkeit bedient o<strong>der</strong> aus forschungsökonomischen<br />
Gründen bedienen muß, wird im folgenden<br />
Abschnitt problematisiert.<br />
Die Arbeitsrealität <strong>und</strong> ihr Entwicklungspotential wurden von<br />
ihm aber zumindest auf theoretischer Ebene subjektunabhängig<br />
gefaßt. "Reziproke Effekte", Interaktionen werden anschließend<br />
kausalanalytisch untersucht, so zum Beispiel in <strong>der</strong> Längsschnitt-Nachfolgestudie<br />
von 1978 (vgl. KOHN 1981, S. 173 f f . ) .<br />
Wenn auch bei Längsschnitten eine kausale Interpretation statistischer<br />
Meßzahlen schwierig i s t , so konnte KOHN doch Belege<br />
dafür anführen, daß eine wesentliche Form <strong>der</strong> Interaktion von<br />
Person <strong>und</strong> Arbeit die berufliche Mobilität i s t (was die Annahme<br />
impliziert, dieser Weg sei eher offen als eine beliebige<br />
Verän<strong>der</strong>ung des eigenen Arbeitsplatzes).<br />
Weiter konnten KOHN/SCHOOLER schon mit <strong>der</strong> "Washington Study"<br />
(1964) gegen den von konservativer Seite vorgetragenen globalen<br />
Anspruch einer "Kompensationshypothese" argumentieren,<br />
wonach Restriktivitätserfahrungen im Arbeitsbereich durch beson<strong>der</strong>s<br />
interessante <strong>und</strong> kreative Tätigkeiten im Nichtarbeitsbereich<br />
ausgeglichen werden sollten (zum Beispiel McKINLEY<br />
1964). Man kann KOHN's Ansatz schließlich insofern als "ökologisch"<br />
bezeichnen, als er (ungleiche) sozialstrukturelle<br />
Bedingungen in jeweils konkrete Handlungs- <strong>und</strong> Entwicklungs-<br />
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möglichkeiten übersetzt. Diese Konzeption i s t jedoch keine<br />
"sozialökologische" im Sinne einer "Lebensumwelt"-Psychologie<br />
(vgl. BRONFENBRENNER 1976) , die eine Prüfung "gleichzeitiger"<br />
Konstellationen von Handlungs- <strong>und</strong> Entwicklungschancen auf<br />
unterschiedlichen sozialen <strong>und</strong> gegenständlichen Aggregationsniveaus<br />
(zum Beispiel Arbeitsmarkt-Betrieb-Arbeitsplatz) anstrebt<br />
(vgl. zum Beispiel BERTRAM 1979).<br />
Damit wird allerdings bereits ein zentraler Kritikpunkt berührt.<br />
So lange komplexere, auch diskontinuierlich auftretende<br />
Kontexteffekte nicht berücksichtigt <strong>und</strong> ins Verhältnis<br />
zu aktuellen Handlungspotentialen gesetzt werden können, werden<br />
notwendig direkte, lineare <strong>und</strong> kontinuierliche Entwicklungseinflüsse<br />
von Umweltaspekten auf Persönlichkeitsaspekte<br />
unterstellt. Daß Entwicklungsprozesse auch linear <strong>und</strong> kontinuierlich<br />
verlaufen, wird nicht bezweifelt, hingegen die Annahme,<br />
daß dies in allen Fällen so sei. Auch die Annahme e i <br />
ner "Direkteinwirkung" dürfte in biographischer Perspektive<br />
nur selten zutreffen.<br />
Bevor nun einige an<strong>der</strong>e Ansatzpunkte <strong>der</strong> K r i t i k an KOHN'S<br />
Forschungsstrategie genannt werden, die für die folgende Evaluation<br />
bedeutsam sind, sollen in Kürze Standpunkte <strong>und</strong> Perspektiven<br />
des Projekts kontrastierend dargestellt werden, in<br />
dessen Rahmen <strong>der</strong> vorliegende Beitrag entstanden i s t . Dadurch<br />
sollen die Richtung <strong>der</strong> Einwände offengelegt <strong>und</strong> die Ansprüche<br />
definiert werden, die sinnvoll an KOHN's Konzept herangetragen<br />
werden können. Zuvor möchte ich aber noch einmal betonen, daß<br />
<strong>der</strong> Standpunkt, von dem aus die Einwände vorgetragen werden,<br />
seine Entwicklung in entscheidenden Punkten dem k r i t i s i e r t e n<br />
Autor selbst verdankt.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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2. Gegenstand, Ziel <strong>und</strong> Methode zweier Forschungsansätze<br />
Zentrale Fragestellung <strong>und</strong> Ziel <strong>der</strong> Arbeiten KOHN's i s t die<br />
Analyse von Kausalzusammenhängen zwischen Arbeit <strong>und</strong> Persönlichkeit<br />
o<strong>der</strong> genauer: zwischen Dimensionen des Berufs <strong>und</strong><br />
Aspekten des Denkens. Gegenstand <strong>der</strong> Analyse sind nicht die<br />
vermittelnden Prozesse zwischen <strong>objektive</strong>n <strong>und</strong> subjektiven<br />
Dimensionen. Hier wird ein einfacher <strong>und</strong> direkter Generalisierungsprozeß<br />
<strong>der</strong> arbeitsbedingten Lernerfahrungen angenommen<br />
(vgl. KOHN 1981, S. 231 f . ) . Es geht vielmehr um den<br />
Nachweis, ob beziehungsweise daß hier ein Kausalzusammenhang<br />
besteht.<br />
Im Gegensatz dazu liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt des Projekts "Arbeitsbiografie<br />
<strong>und</strong> Persönlichkeitsentwicklung" auf <strong>der</strong> Analyse von<br />
Interaktionsprozessen von Person <strong>und</strong> Umwelt, Beruf <strong>und</strong> Biographie.<br />
Die zentrale Fragestellung i s t hier, in welcher Weise<br />
sich die Dynamik <strong>der</strong> wechselseitigen Beeinflussung vollzieht.<br />
Gegenstand <strong>der</strong> Untersuchung sind <strong>objektive</strong> Handlungsspielräume<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Verän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Arbeitsbiographie als Ursache <strong>und</strong><br />
Folge <strong>der</strong> Entwicklung von Handlungspotentialen; o<strong>der</strong> umgekehrt<br />
formuliert: Handlungspotentiale, das heißt handlungsleitende<br />
Vorstellungsmuster (zum Beispiel generalisierte Ursachenzuschreibungen<br />
o<strong>der</strong> Strukturen des moralischen Argumentierens)<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Entwicklung als Ursache <strong>und</strong> Folge von <strong>objektive</strong>n<br />
Handlungsspielräumen beziehungsweise <strong>der</strong> Restriktivität <strong>der</strong><br />
Arbeit.<br />
Beide Ansätze versuchen also, Person <strong>und</strong> Umweltmerkmale zueinan<strong>der</strong><br />
in Beziehung zu setzen. Ein weiterer wesentlicher Unterschied<br />
aber, neben demjenigen zwischen Zusammenhangs- <strong>und</strong> Prozeßorientierung,<br />
besteht im Grad <strong>der</strong> Integriertheit <strong>der</strong> Untersuchungsdimensionen.<br />
KOHN verfolgt mit <strong>der</strong> Aufglie<strong>der</strong>ung von Arbeits- <strong>und</strong> Persönlichkeitsdimensionen<br />
eine relativ spezifische Zielsetzung.<br />
Diese besteht vorrangig im Nachweis <strong>der</strong> Beeinflussung kogniti-<br />
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- 7 -<br />
ver Kompetenz (geistige Beweglichkeit beziehungsweise " i n t e l <br />
lectual f l e x i b i l i t y " ) <strong>und</strong> damit zusammenhängen<strong>der</strong> kognitiver<br />
S t i l e <strong>und</strong> Einstellungen (Selbstbestimmtheit beziehungsweise<br />
"valuation of self-direction") durch Arbeitsparameter (berufliche<br />
Selbstbestimmung beziehungsweise "occupational selfdirection"),<br />
<strong>der</strong>en jeweilige Bedeutung eingeschätzt werden<br />
s o l l .<br />
Im Vergleich hierzu i s t die auf die Vermittlungsprozesse zent<br />
r i e r t e Zielsetzung komplexer. Erfaßt werden sollen die Gesamtheit<br />
<strong>der</strong> je spezifischen Arbeitsbedingungen im Verhältnis<br />
zu den je aktuellen Handlungspotentialen (motivationalen <strong>und</strong><br />
kognitiven) <strong>und</strong> die aus diesen Konstellationen folgenden,<br />
differentiellen berufsbiographischen Verläufe. Indem "Beruf"<br />
als strukturierte Ganzheit in biographischer Perspektive betrachtet<br />
wird, s o l l die konkrete "Entwicklungslogik" des Subjekts<br />
nachvollziehbar werden.<br />
Es i s t unmittelbar einleuchtend, daß diese unterschiedlichen<br />
Fragestellungen aus inhaltlichen wie aus forschungsökonomischen<br />
Gründen eine unterschiedliche Spezifität des Untersuchungsbereichs<br />
<strong>und</strong> des Instrumentariums bedingen.<br />
Der Spezifität von KOHN's zentraler Fragestellung steht die<br />
Universalität seines Untersuchungsbereichs <strong>und</strong> seines Instrumentariums<br />
gegenüber. Da dem Kausalzusammenhang von beruflicher<br />
Sebstbestimmung <strong>und</strong> kognitiver Komplexität universelle<br />
Gültigkeit unterstellt wird (KOHN 1981, S. 22 f f . ) , werden<br />
die Erhebungsverfahren mit dem Ziel einer Anwendbarkeit auf<br />
alle Berufsgruppen operationalisiert. (Auf die theoretischen<br />
Implikationen dieses Vorgehens wird in Abschnitt 5 eingegangen.)<br />
Zunächst jedenfalls bedeutet dies, daß nur eine relat<br />
i v geringe Merkmalsstichprobe r e l a t i v grob erfaßt werden<br />
kann.<br />
Zugleich erfor<strong>der</strong>t die Uberprüfung jener universellen Gültigkeit<br />
die Ziehung einer möglichst großen <strong>und</strong> repräsentativen<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Personenstichprobe aus <strong>der</strong> berufstätigen Gr<strong>und</strong>gesamtheit. Aus<br />
forschungsökonomischen Gründen i s t daher eine Standardisierung<br />
unumgänglich. Insbeson<strong>der</strong>e wenn die Daten multivariaten Analysemethoden<br />
unterzogen werden sollen, müssen so große Stichproben<br />
gewählt werden, daß - selbst bei bestehenden theoretischen<br />
Bedenken - auf standardisierte subjektive Erhebungsmethoden<br />
zurückgegriffen werden muß. Solche Bedenken führt<br />
KOHN jedoch nicht an (vgl. Abschnitt 4 dieses Beitrags).<br />
Ist man nun an einer weiteren Aufklärung <strong>der</strong> von KOHN dargestellten<br />
Zusammenhänge interessiert <strong>und</strong> verfolgt die Fragestellung<br />
nach den Wirkmechanismen dieser Zusammenhänge, so<br />
ergibt sich eine umgekehrte Schwerpunktverteilung. Um beurteilen<br />
zu können, welche wechselseitigen Beziehungen zwischen<br />
den je historisch konkreten Ganzheiten von Arbeit <strong>und</strong> Subjekt<br />
den weiteren Berufsweg <strong>und</strong> die Persönlichkeitsentwicklung bestimmen,<br />
i s t die Erhebung einer großen Merkmalsstichprobe mit<br />
einem möglichst differenzierten Instrumentarium erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Dem explorativen Charakter <strong>der</strong> biographischen Forschung wird<br />
durch hermeneutische Erhebungs- <strong>und</strong> Auswertungsverfahren (Gesprächsleitfäden,<br />
Checklisten) Rechnung getragen (vgl. die<br />
Methodenbände von HOFF/LAPPE/LEMPERT 1983).<br />
Da außerdem die Interaktion zwischen Arbeit <strong>und</strong> Arbeitendem<br />
strenggenommen nur bei unabhängiger Erhebung bei<strong>der</strong> Seiten,<br />
<strong>der</strong> <strong>objektive</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong> subjektiven untersucht werden kann,<br />
werden sowohl personenunabhängige als auch personenbezogene<br />
Verfahren eingesetzt (Beobachtung, Expertengespräche <strong>und</strong> Interview<br />
des Arbeitenden).<br />
Es i s t klar, daß bei diesem Aufwand aus forschungsökonomischen<br />
Gründen die Personenstichprobe nur klein <strong>und</strong> nicht im s t a t i -<br />
3<br />
stischen Sinne repräsentativ sein kann . Dieses Dilemma i s t<br />
unumgänglich <strong>und</strong> bedeutet für unser Projekt, daß die Übertragbarkeit<br />
<strong>der</strong> Ergebnisse auf an<strong>der</strong>e Subpopulationen beziehungsweise<br />
auf die Gesamtpopulation nur mit Hilfe weiterer Studien<br />
beurteilt werden kann.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Aus den unterschiedlichen Fragestellungen ergeben sich unterschiedliche<br />
methodische Erfor<strong>der</strong>nisse, die in jeweils spezifischer<br />
Weise mit dem forschungsökonomischen Dilemma des Verhältnisses<br />
von Personen- <strong>und</strong> Merkmalsstichprobe konfrontiert<br />
sind. Daher dürfen die Ansätze beziehungsweise die Probleme<br />
hier nicht gegeneinan<strong>der</strong> ausgespielt werden.<br />
Unter dem T i t e l "Arbeit <strong>und</strong> Persönlichkeit: ungelöste Probleme<br />
<strong>der</strong> Forschung" hat jüngst Melvin KOHN (1985) einen selbstkritischen<br />
<strong>und</strong> sehr anregenden Aufsatz vorgelegt, in welchem er<br />
Forschungsprobleme anführt, die t e i l s mit seiner bisherigen<br />
methodologischen Strategie, teilweise aber auch nur mit an<strong>der</strong>en<br />
Herangehensweisen zu lösen wären (vgl. auch KOHN 1981,<br />
S. 219).<br />
Einige dieser Probleme sollen im folgenden Abschnitt unter<br />
Bezugnahme auf diesen Aufsatz dargestellt werden.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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3. Probleme <strong>der</strong> Erhebung von Massendaten zur Arbeltssituation<br />
Zur Erhebung <strong>objektive</strong>r Arbeitsbedingungen durch Befragung<br />
Wenn KOHN den Arbeitenden selbst als "Datenquelle" über dessen<br />
eigene Arbeitsbedingungen heranzieht, so nimmt er notwendig<br />
eine "Interaktionsmessung" vor, das heißt er erhebt die subjektiven<br />
Perzeptionen <strong>und</strong> Bewertungen von Arbeitsplätzen durch<br />
die Arbeitenden. In diese Bewertungen gehen aber immer bereits<br />
"Merkmale" <strong>der</strong> Person mit ein, so daß nicht entschieden werden<br />
kann, ob eben diese Personenmerkmale <strong>und</strong> ihre Verän<strong>der</strong>ungen<br />
nun auf die betreffenden Umweltmerkmale selbst zurückgehen<br />
o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong>en subjektive Interpretation (vgl. Abschnitt 4).<br />
So könnte man etwa vermuten, daß es gerade in Arbeitssituationen<br />
mit langfristig geringen Verän<strong>der</strong>ungschancen (wie sie für<br />
Ungelernten-Arbeitsplätze typisch sind) zur "Anpassung" <strong>der</strong><br />
Person in Form systematisch "verzerrter" Wahrnehmung <strong>und</strong> Einschätzung<br />
<strong>der</strong> Arbeit kommt, zum Beispiel zur "Übertreibung"<br />
o<strong>der</strong> auch zur Leugnung <strong>der</strong> vorhandenen, wenngleich minimalen<br />
Handlungsspielräume.<br />
HOFF hat mehrfach darauf hingewiesen (zum Beispiel 1982; 1985,<br />
S. 30), daß diese konzeptionelle Unklarheit auf <strong>der</strong> mangelnden<br />
Abgrenzung eines eigenständigen Bereichs <strong>der</strong> Person-Umwelt-<br />
Interaktion von den Bereichen Person <strong>und</strong> Umwelt beruht.<br />
KOHN weist auf diesen Mangel unter dem Aspekt <strong>der</strong> beschränkten<br />
Validität des Urteils <strong>der</strong> Arbeitenden über ihre Arbeit<br />
selbst hin (zum Beispiel 1985, S. 42 f . ) . Es i s t allerdings<br />
die Frage, ob sich die Fehlereinflüsse im statistischen Sinne<br />
ausgleichen o<strong>der</strong> etwa kumulieren. Man kann aber in <strong>der</strong> Regel<br />
davon ausgehen, daß die Perzeption <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen näher<br />
an <strong>der</strong> "Realität" liegen als die Evaluationen, die zum<br />
Beispiel als "Arbeitszufriedenheit" erhoben werden.<br />
Dennoch ließe sich hier nur durch unabhängige Erhebung <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen<br />
<strong>und</strong> ihrer Perzeption <strong>und</strong> Evaluation durch die<br />
Arbeitenden Klarheit schaffen.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Zeitabhängige<br />
Person-Umwelt-Interaktionen<br />
Ein weiterer Einwand richtet sich gegen die Kontinuitätsannahme,<br />
das heißt die eingangs erwähnte implizite Vorstellung<br />
gleichsinniger beziehungsweise kumulativer Entwicklungsverläufe<br />
(Weiterentwicklung, Stagnation, Regression). Diese Annahme<br />
wird mit statistischen Verfahren impliziert, insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei nur zwei Meßzeitpunkten wie in KOHN's Längsschnittuntersuchung.<br />
Sie wird von KOHN (im Unterschied zu 19 78) neuerdings<br />
nicht mehr nur auf <strong>der</strong> methodischen, son<strong>der</strong>n auch auf<br />
<strong>der</strong> theoretisch-konzeptuellen Ebene problematisiert (vgl.<br />
1985, S. 53) .<br />
So gehen KOHN <strong>und</strong> SCHOOLER bezüglich des Verhältnisses von<br />
Selektions- <strong>und</strong> Sozialisationseffekten zum Beispiel von unabhängigen<br />
Einflüssen <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Berufsposition aus<br />
<strong>und</strong> stellen nach dem Ubergang Lehre/Beruf eine lineare Bedeutungsabnahme<br />
<strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Ausbildung fest (1973; vgl.<br />
1981, S. 139). Daß dies so i s t , überrascht nicht sehr. Unklar<br />
bleibt, ob sich hinter diesem Durchschnitt nicht sehr heterogene<br />
Berufsbiographien verbergen, <strong>der</strong>en Verläufe langfristig<br />
vom strategischen Handeln (o<strong>der</strong> auch Nicht-Handeln) <strong>der</strong> Lehrabsolventen<br />
mitbestimmt werden (vgl. Abschnitt 5).<br />
KOHN i s t heute "weniger zuversichtlich, ob man den jeweiligen<br />
Beitrag zweier hochkorrelieren<strong>der</strong> Variablen auseinan<strong>der</strong>halten<br />
<strong>und</strong> genau abschätzen kann" (1981, S. 205).<br />
Ebensowenig kann seiner Ansicht nach, trotz vieler Belege in<br />
dieser Richtung, die Frage nach dem Charakter <strong>der</strong> aktiven Ant<br />
e i l e des Arbeitenden - berufliche Mobilität o<strong>der</strong> Modifizierung<br />
<strong>der</strong> Arbeit - im Rahmen <strong>der</strong> von ihm bisher bevorzugten<br />
empirischen Vorgehensweise stringent beantwortet werden<br />
(1985, S. 48 f . ) . Folglich seien auch Verlauf <strong>und</strong> zeitliche<br />
Erstreckung kumulativer Prozesse unklar (1985, S. 53; vgl.<br />
auch FRESE 1983). Hier sieht KOHN den entscheidenden Beitrag<br />
von Intensivstudien mit kleineren Stichproben (1985, S. 43),<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
<strong>und</strong> es wäre hinzuzufügen: biographischer Fallstudien. KOHN's<br />
Forschungsstrategie extensiver Studien zu spezifischen Fragestellungen<br />
wird damit nicht generell überflüssig, wie ein<br />
Blick auf die noch offenen Punkte von KOHN's Forschungsprogramm<br />
zeigt (vgl. 1985, S. 50 f f . ) .<br />
Interaktionen auf Subjekt- <strong>und</strong> Objektseite<br />
Die prinzipielle Beschränkung statistischer, auch multivariater<br />
Analysemethoden, die darin l i e g t , daß sie Person-Umwelt-<br />
Interaktionen nicht hinreichend abzubilden vermögen (vgl.<br />
KÖCKEIS-STANGL 1980), g i l t - zumindest gegenwärtig - auch jeweils<br />
für Merkmalskonstellationen auf Seiten <strong>der</strong> Umwelt <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Person. Zur Möglichkeit nichtlinearer <strong>und</strong> nichtadditiver<br />
"Variablen" bemerkt KOHN selbst (1985, S. 55), daß etwa die<br />
von KARASEK nachgewiesene Interaktion <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen<br />
Beanspruchung <strong>und</strong> Handlungsspielraum nicht auf diese Weise<br />
statistisch i d e n t i f i z i e r t werden könne. Auf <strong>der</strong> subjektiven<br />
Seite können etwa kognitive Handlungspotentiale erst dann<br />
praktisch (<strong>und</strong> auch "selbstsozialisierend") werden, wenn sie<br />
mit entsprechenden motivationalen Potentialen verknüpft sind<br />
(vgl. DÖRNER u.a. 1983). Beide Dimensionen sind zwar Bestandt<br />
e i l von KOHN's Instrumentarium, doch können sie dort nur<br />
additiv verknüpft werden.<br />
<strong>Indikatoren</strong>bildung<br />
Der letzte Einwand schließt sich an das konstatierte Theoried<br />
e f i z i t bei <strong>der</strong> Konzeptualisierung<br />
<strong>der</strong> Wirkungsprozesse an.<br />
Sind Begriffe, Kategorien <strong>und</strong> Hypothesen nicht aus e x p l i z i t<br />
vorliegenden wissenschaftlichen Rahmentheorien abgeleitet, so<br />
bestimmen notwendig implizite Vorannahmen über den Gegenstand<br />
<strong>und</strong> darüber, welche seiner Aspekte in welcher Weise erhoben<br />
5 . . .<br />
werden . Dies g i l t gleichermaßen für die Operationalisierung,<br />
das heißt für die Bildung <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong>, mittels <strong>der</strong>er die<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Begriffe empirisch erfaßt werden sollen (vgl. LOHAUS 1983,<br />
S. 27 f f . ) . Die <strong>Indikatoren</strong>ausbildung geschieht dann gewissermaßen<br />
unkontrolliert.<br />
So bemerkt zum Beispiel KOHN wie<strong>der</strong>um selbst einen ungleichgewichtigen<br />
Operationalisierungsaufwand bei den <strong>Indikatoren</strong><br />
"beruflicher Selbstbestimmung". Es wird die "inhaltliche Komplexität"<br />
mit sieben Skalen erfaßt , während die "Routinisierung"<br />
<strong>der</strong> Arbeit nur mittels eines Indikators erhoben wird,<br />
das heißt sogar nur einer einzigen "noch dazu ziemlich subjektiven<br />
Frage" (KOHN 1985, S. 52).<br />
Deutlicher wird die Problematik etwa an <strong>der</strong> früheren Konzeptualisierung<br />
von Komplexität (vgl. 1981, S. 178 f f . ) : In dem<br />
noch 19 74 verwendeten Meßmodell wurde die Komplexität im Umgang<br />
mit Dingen (im Gegensatz zu dem mit Daten <strong>und</strong> Menschen)<br />
als Negativbeitrag zur Gesamtkomplexität verrechnet. Dieses<br />
kurz darauf revidierte Modell beruhte auf dem früheren dichotomen<br />
Schichtbegriff (Hand- <strong>und</strong> Kopfarbeit), das heißt auf<br />
einem Alltagsverständnis von "Handarbeit" (vgl. KOHN 1981,<br />
S. 19 <strong>und</strong> S. 182 f . ) .<br />
Wenn hier von einem Theoriedefizit die Rede i s t , so muß a l <br />
lerdings hinzugefügt werden, daß hier ein unterschiedliches<br />
Theorieverständnis zum Tragen kommt. In <strong>der</strong> auf quantitative<br />
Auswertungen orientierten Sozialforschung heißt "Theorie"<br />
meist: ein möglichst umfassendes System von Variablen <strong>und</strong><br />
denkbaren Verknüpfungen vorzulegen, welches dann einer empirischen<br />
Prüfung unterzogen wird.<br />
Das gr<strong>und</strong>legende Problem dieser Forschungstradition sehe ich<br />
darin, daß dabei methodische Überlegungen die gegenstandsbezogenen<br />
beherrschen (<strong>und</strong> Fragen <strong>der</strong> Datenanalyse die <strong>der</strong> Datenerhebung)<br />
, so daß eine Metrisierung des Gegenstands e r f o l <br />
gen kann, die seinem Wesen völlig fremd i s t . Da auf diese<br />
Weise nahezu je<strong>der</strong> Forschungsgegenstand "assimiliert" werden<br />
kann, l i e g t an<strong>der</strong>erseits die beson<strong>der</strong>e Stärke dieses Ansatzes<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
in <strong>der</strong> möglichen heuristischen Erschließung noch weitgehend<br />
unerhellter Forschungsfel<strong>der</strong> (soweit die Methode den Gegenstand<br />
nicht völlig verfehlt, was nur auf an<strong>der</strong>e Weise zuverlässig<br />
geprüft werden kann).<br />
Gerade in <strong>der</strong> Sozialisationsforschung i s t aber zunehmend Skepsis<br />
gegenüber durchgängiger Standardisierung <strong>der</strong> Erhebung <strong>und</strong><br />
Quantifizierung <strong>der</strong> Auswertung angebracht.<br />
Quantitative Definitionen von Entwicklungsbedingungen o<strong>der</strong><br />
-stufen sind gegenüber einem Gegenstand, <strong>der</strong> eine eigene Entwicklungslogik<br />
besitzt, meist unspezifisch. Anstelle einer<br />
Theorie über mögliche qualitative Zustände eines Gegenstands<br />
steht die implizite Annahme eines Kontinuums größerer o<strong>der</strong><br />
geringerer Ausprägung eines Zustands (o<strong>der</strong> auch nur eines<br />
seiner Merkmale). So kann nicht angegeben werden, wann quant<br />
i t a t i v e Unterschiede in neue Qualitäten umschlagen.<br />
Es i s t zum Beispiel durchaus fraglich, ob die Dauer <strong>der</strong> Tätigkeit<br />
auf einem bestimmten Anfor<strong>der</strong>ungsniveau (je Arbeitstag)<br />
linear <strong>der</strong>en Gesamtkomplexität mitbestimmt, wie das in<br />
KOHN's Meßmodell unterstellt wird - o<strong>der</strong> ob nicht die Tatsache<br />
entscheidend i s t , daß dieses Niveau beherrscht werden<br />
muß, selbst wenn es de facto nur selten beansprucht wird.<br />
Als Beispiel für eine theoretisch bestimmte "Skalenbildung",<br />
<strong>der</strong>en Rangordnung durch primär qualitative, das heißt gegenstandsbezogene<br />
Kriterien definiert i s t , kann PIAGET's Stufenmodell<br />
<strong>der</strong> kognitiven Entwicklung angeführt werden.<br />
Ähnliche Einwände lassen sich gegen KOHN'S personenbezogene<br />
<strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> geistigen Beweglichkeit anführen. Hierfür<br />
finden in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>Indikatoren</strong> Verwendung, die aus <strong>der</strong><br />
psychometrischen Intelligenzforschung bekannt sind (vgl.<br />
7<br />
S. 28) . Die Praxisrelevanz beziehungsweise die ökologische<br />
Validität dieser Testleistungen in bezug auf erfolgreiches<br />
Alltagshandeln muß aber aufgr<strong>und</strong> neuerer Untersuchungen stark<br />
in Zweifel gezogen werden (vgl. DÖRNER u.a. 1983) .<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Ein überholtes methodisches Paradigma?<br />
Geht man davon aus, daß die genannten Einwände auf alle Sozialisationsstudien<br />
dieser Art zutreffen, kann die geringe Höhe<br />
<strong>der</strong> gef<strong>und</strong>enen Korrelationen nicht verw<strong>und</strong>ern.<br />
Man könnte daher mit BERTRAM (1976, S. 106) argumentieren, daß<br />
etwa eine Kovariation von .26 zwischen Arbeitskomplexität <strong>und</strong><br />
geistiger Flexibilität (vgl. KOHN/SCHOOLER 1973; vgl. 1981,<br />
S. 123 <strong>und</strong> S. 142) 93 Prozent Varianzanteil unerklärt läßt <strong>und</strong><br />
daher mit gleichem Recht die geringe Bedeutung beruflicher Be-<br />
9<br />
dingungen belegt werden könnte .<br />
Man könnte aber auch, KOHN folgend, umgekehrt argumentieren,<br />
indem man die Durchgängigkeit dieses Ergebnisses in fast allen<br />
Studien hervorhebt (zum Beispiel 1985, S. 47). Die Tendenz<br />
setzt sich also trotz a l l e r intervenierenden <strong>und</strong> interagierenden<br />
Variablen <strong>und</strong> trotz Operationalisierungsschwächen durch,<br />
weil die wesentlichen Variablen getroffen wurden.<br />
Alles spricht für die zweite Argumentation. Beispielsweise<br />
zeigte sich in Untersuchungen zur familialen Sozialisation,<br />
daß Unterschiede <strong>der</strong> Eltern in den Erfahrungen beruflicher<br />
Restriktivität auf <strong>der</strong> Handlungsebene v i e l stärker in Erscheinung<br />
treten als auf <strong>der</strong> abgehobenen Einstellungsebene<br />
(vgl. GRÜNEISEN/HOFF 1977).<br />
Man könnte also geneigt sein, mit zunehmendem Bestätigungsgrad<br />
dieses Zusammenhangs den Erkenntnisfortschritt weiterer<br />
Studien als gering einzuschätzen. Meiner Meinung nach t r i f f t<br />
diese Einschätzung auf die Forschungsdisziplin nicht insgesamt<br />
zu. Ein Blick auf die aufschlußreiche Hausfrauenstudie<br />
(KOHN/SCHOOLER 1983), auf die offenen Punkte seines Forschungsprogramms<br />
(KOHN 1985, S. 50 ff.) <strong>und</strong> auf die noch bestehenden<br />
immanenten Entwicklungsmöglichkeiten zeigt, daß<br />
das generative Potential dieses Programms noch lange nicht<br />
erschöpft i s t .<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Die Diskussion einiger Ansatzpunkte zur internen Weiterentwicklung<br />
von KOHN's arbeitsbezogenem Erhebungsinstrument s o l l<br />
in den Abschnitten 4 <strong>und</strong> 5 erfolgen. An dieser Stelle scheint<br />
es mir jedoch wie<strong>der</strong>um sinnvoll, einige Gr<strong>und</strong>gedanken <strong>und</strong> Begriffsklärungen<br />
voranzustellen. Sie betreffen die arbeitspsychologische<br />
Konzeption, aus <strong>der</strong>en Perspektive die Diskussion<br />
erfolgen s o l l .<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
4. Gr<strong>und</strong>lage des Vergleichs: Arbeitsanalyseverfahren auf <strong>der</strong><br />
Basis <strong>der</strong> Handlungsregulationstheorie<br />
Die vieldeutige Verwendung <strong>der</strong> Worte "subjektiv" <strong>und</strong> "objektiv"<br />
macht zunächst eine Vorklärung notwendig.<br />
Die bisherige Verwendung des Wortes "subjektiv" im Text bezog<br />
sich auf biographisch bestimmte Weisen <strong>der</strong> Wahrnehmung von Umwelt<br />
<strong>und</strong> auf die Möglichkeiten des Subjekts zu zielgerichtetem<br />
Handeln im Gegensatz zu situationsbestimmtem Verhalten.<br />
Geht es um den Gegenstand von Arbeitsanalysen, so sind mit<br />
"<strong>objektive</strong>n" die überindividuell gültigen Handlungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
gemeint. Man könnte hier auch von "aufgabenbezogener"<br />
Analyse sprechen, doch sind die Arbeitsbedingungen selten<br />
vollständig von <strong>der</strong> Aufgabe definiert. Die Bezeichnung "arbeitsbezogen"<br />
impliziert im psychologischen Kontext dagegen<br />
zu sehr die konkrete Arbeitstätigkeit eines Subjekts.<br />
OESTERREICH (1986, im Druck) schlägt hierfür die Bezeichnung<br />
"bedingungsbezogen" vor, welcher ich mich hier anschließen<br />
w i l l .<br />
Demgegenüber i s t <strong>der</strong> Gegenstand "subjektiver" Arbeitsanalyse<br />
die individuelle Arbeitstätigkeit beziehungsweise die i n d i <br />
viduelle Perzeption <strong>und</strong> Evaluation von Handlungsanfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Wir ziehen hier die Bezeichnung "personenbezogen" vor.<br />
Weiterhin von "subjektiv" sprechen wir, wenn es um die Erhebungsmethodik<br />
geht. Hierunter verstehen wir die Erfassung von<br />
Arbeitsaspekten durch Befragung <strong>der</strong> Arbeitenden. Bei subjekt<br />
i v erhobenen handelt es sich um "perzipierte Arbeitsbedingungen"<br />
(vgl. HOFF u.a. 1983, S. 139 f f . ) . "Objektiv" hingegen<br />
nennen wir subjektunabhängige Erhebungsmethoden wie Beobachtung<br />
<strong>und</strong> Expertengespräche. Natürlich sind diese Methoden<br />
nicht "subjektlos"; wesentlich i s t , daß nicht Bewertungen<br />
durch den Arbeitenden die Quelle <strong>der</strong> Arbeitsplatzdaten sind<br />
(vgl. GABLENZ-KOLAKOVIC u.a. 1981).<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Darüber, ob Handlungsanfor<strong>der</strong>ungen überindividuelle Gültigkeit<br />
besitzen, gibt es vor allem auf psychologischer Seite<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzungen. UDRIS beispielsweise (1981) v e r t r i t t<br />
im Anschluß an HACKMAN/LAWLER (19 71) die Auffassung, erst<br />
durch die "subjektive Redéfinition" eines Arbeitsauftrages bestimmten<br />
sich im Verhältnis zum aktuellen Fähigkeitspotential<br />
die konkreten Anfor<strong>der</strong>ungen. Eine bedingungsbezogene Analyse<br />
10<br />
i s t daher nach dieser Auffassung sinnlos<br />
Ein Modell überindividuell gültiger Anfor<strong>der</strong>ungen enthält jedoch<br />
nur darüber Aussagen, was ein Arbeiten<strong>der</strong> können muß. Es<br />
impliziert hingegen nicht, daß die Arbeitsbedingungen durch<br />
jeden Arbeitenden in gleicher Weise wahrgenommen <strong>und</strong> bewertet<br />
würden.<br />
Sollen Arbeitsbedingungen nun nicht nur als Durchschnitt verschiedener<br />
subjektiver Einschätzungen erfaßt werden, müssen<br />
die Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen theoretisch als allgemeine, überindividuelle<br />
bestimmt werden. Auf diesem Hintergr<strong>und</strong> lassen sich<br />
dann auch differentielle Interaktionsformen von Person <strong>und</strong><br />
Arbeitsbedingungen abbilden.<br />
Die theoretische Gr<strong>und</strong>lage, an <strong>der</strong> ich mich bei <strong>der</strong> Bestimmung<br />
überindividueller Anfor<strong>der</strong>ungen orientiere <strong>und</strong> die auch<br />
die nachfolgend beschriebenen Arbeitsanalyseverfahren f<strong>und</strong>iert,<br />
i s t die Handlungsregulationstheorie (vgl. die gr<strong>und</strong>legende<br />
Arbeit von HACKER 1973, 1980, <strong>und</strong> ihre Weiterentwicklung<br />
in Westdeutschland durch VOLPERT, zum Beispiel 1974,<br />
19 79; OESTERREICH 1981).<br />
Das<br />
"VERA"<br />
In dem bedingungsbezogenen "Verfahren zur Ermittlung kognitiver<br />
Regulationserfor<strong>der</strong>nisse in <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit" ("VERA",<br />
VOLPERT u.a. 1983) wird von einem idealtypischen Arbeitenden<br />
ausgegangen, <strong>der</strong> die Ausführung <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe vollstän-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
dig beherrscht. Es wird weiterhin angenommen, daß dieser dem<br />
jeweils Eingearbeiteten hinreichend ähnlich sei, so daß von<br />
den Leistungen vollgeübter Arbeiten<strong>der</strong> auf die tatsächlichen<br />
Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen geschlossen werden könne. Das impliziert<br />
weiterhin, daß die Arbeitsaufgabe (in nicht-selbständiger Arbeit)<br />
im allgemeinen vorgegeben i s t <strong>und</strong> nicht vom Arbeitenden<br />
entsprechend seinen sich entwickelnden (kognitiven) Kompetenzen<br />
modifiziert werden kann.<br />
Der Gr<strong>und</strong>gedanke dieser Prämissen i s t , daß die (technisch <strong>und</strong><br />
arbeitsorganisatorisch) fremdbestimmten Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
auf theoretisch definierten Niveaus menschlicher Handlungsregulation<br />
abbildbar sind <strong>und</strong> ein Arbeiten<strong>der</strong> nicht unterhalb<br />
dieser kognitiven Niveaus planen <strong>und</strong> handeln kann, ohne vom<br />
Auftrag abweichende Produkte herzustellen.<br />
Nach "oben" hin sind Abweichungen während <strong>der</strong> Lernphase (Einarbeitungszeit)<br />
charakteristisch, weshalb als Anwendungsbedingung<br />
des Verfahrens "<strong>der</strong> hinreichend geübte Arbeitende"<br />
gefor<strong>der</strong>t wird. Damit wird nicht ausgeschlossen, daß die<br />
Dauer <strong>der</strong> Einarbeitungszeit (als Ausdruck des Verhältnisses<br />
von Mindestqualifikation <strong>und</strong> Kompetenzstadium) einen wichtigen<br />
entwicklungsrelevanten Arbeitsaspekt darstellt. Die zur<br />
Einarbeitung vorausgesetzten Mindestqualifikationen werden<br />
normalerweise durch entsprechende Selektions- <strong>und</strong> Bildungsprozesse<br />
gewährleistet, so daß die Annahme eines idealtypischen<br />
Arbeitenden als populationsspezifische gerechtfertigt<br />
werden kann (das heißt <strong>objektive</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen sind nur für<br />
bestimmte Personengruppen potentielle Anfor<strong>der</strong>ungen).<br />
Der Lernprozeß selbst wird mit dem Modell <strong>der</strong> "Superierung"<br />
beschrieben. Darunter wird <strong>der</strong> Prozeß <strong>der</strong> "psychischen Automatisierung"<br />
durch wie<strong>der</strong>holte Ausführung <strong>der</strong>selben Handlung-<br />
(-sequenz) verstanden, in <strong>der</strong>en Verlauf Sequenzen von Operationen<br />
zu abrufbaren Bausteinen größerer Handlungszusammenhänge<br />
zusammengefaßt werden. Regulationsprozesse, die ehemals<br />
höhere kognitive Ebenen beansprucht hatten, werden damit auf<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
die Ebene <strong>der</strong> "nicht bewußtseinspflichtigen" sensumotorischen<br />
Regulation "delegiert". Die Aufmerksamkeit wird f r e i für höhere<br />
Regulationsprozesse.<br />
Das wesentliche persönlichkeitsentwickelnde Moment dieses Lernprozesses,<br />
dies sei hier nur nebenbei angemerkt, wird darin<br />
gesehen, daß die superierten Handlungsteile dem Individuum<br />
auch über die Arbeitsaufgabe hinaus in seiner Lebenstätigkeit<br />
zur Verfügung stehen. Dies um so mehr, je "höher", das heißt<br />
je situationsunabhängiger <strong>und</strong> komplexer diese Handlungssequenzen<br />
organisiert sind.<br />
Als "<strong>objektive</strong> Regulationserfor<strong>der</strong>nisse" einer Arbeitsaufgabe<br />
gelten diejenigen, welche trotz wie<strong>der</strong>holter Ausführung bestehen<br />
bleiben, weil sie auf ständigen Variationen o<strong>der</strong> neuen<br />
Konstellationen von Gegebenheiten <strong>der</strong> Arbeit beruhen.<br />
Nachfolgend werden die Regulationsebenen des VERA, die jeweils<br />
noch durch die Einführung einer restringierten Stufe differenziert<br />
sind, kurz vorgestellt (vgl. OESTERREICH/VOLPERT 1983).<br />
Sie sind ausführlich dokumentiert im Anhang 1.<br />
Ebene 1 "Sensumotorische Regulation"<br />
Für den Entwurf <strong>der</strong> zu regulierenden Abfolge von Arbeitsbewegungen<br />
bedarf es keiner bewußter Planung, obwohl mitunter ein<br />
an<strong>der</strong>es Werkzeug verwendet werden muß.<br />
Ebene 2 "Handlungsplanung"<br />
Die Abfolge <strong>der</strong> Arbeitsschritte muß vorab geplant werden, die<br />
Planung reicht jedoch von vornherein bis hin zum Arbeitsergebnis.<br />
Ebene 3 "Teilzielplanung"<br />
Es kann vorab nur eine grob bestimmte Abfolge von Teiltätigkeiten<br />
geplant werden. Jede Teiltätigkeit erfor<strong>der</strong>t eine e i <br />
gene Planung (im Sinne <strong>der</strong> Stufe 2). Nach Abschluß einer T e i l <br />
tätigkeit muß erneut das weitere Vorgehen durchdacht werden.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Ebene 4 "Koordination mehrerer Handlungsbereiche"<br />
Mehrere Teilzielplanungen (im Sinne <strong>der</strong> Stufe 3) von sich gegenseitig<br />
bedingenden Teilen des Arbeitsprozesses sind miteinan<strong>der</strong><br />
zu koordinieren.<br />
Ebene 5 "Erschließung neuer Handlungsbereiche"<br />
Neu einzuführende, ineinan<strong>der</strong>greifende Arbeitsprozesse, ihre<br />
Koordination <strong>und</strong> materiellen Bedingungen sind zu planen.<br />
Ein Beispiel s o l l die Bedeutung <strong>der</strong> theoretischen Stufendefinition<br />
verdeutlichen.<br />
Ein Fräser in unserem Sample bedient eine komplexe computergesteuerte<br />
Fräsmaschine, die mit einer aufwendigen Werkzeugwechseleinrichtung<br />
arbeitet. Der Arbeiter muß hohe Qualitätsstandards<br />
beim Einrichten <strong>und</strong> Rüsten <strong>der</strong> Maschine einhalten.<br />
Dennoch sind ihm bei seiner Arbeitsplanung die Teilziele im<br />
Einrichteblatt vorgegeben, so daß er im Sinne des VERA nur<br />
das Niveau <strong>der</strong> "Handlungsplanung" (Ebene 2 beziehungsweise<br />
Stufe 4) erreicht.<br />
Ein an<strong>der</strong>er Arbeiter bedient eine vergleichsweise einfache<br />
nockengesteuerte ("halbautomatische") Fräsmaschine, auf <strong>der</strong><br />
auch im Durchschnitt weniger komplexe Teile hergestellt werden.<br />
Außer <strong>der</strong> Teilezeichnung <strong>und</strong> dem Werkstück-Rohling bekommt<br />
er jedoch keine weiteren Vorgaben von <strong>der</strong> Arbeitsvorbereitungsabteilung,<br />
so daß er seine Arbeitsschritte <strong>und</strong> T e i l <br />
tätigkeiten (beim Besorgen des Werkzeugs, beim Rüsten, Einrichten<br />
<strong>und</strong> Bearbeiten) selbst planen muß. Die Arbeitsaufgabe<br />
erfor<strong>der</strong>t daher im Sinne des VERA "Teilzielplanung" (Ebene 3<br />
beziehungsweise Stufe 6).<br />
Es dürfte hier bereits deutlich werden, daß Operationalisierungen<br />
dieser Art weit entfernt sind vom üblichen Weg <strong>der</strong><br />
Skalenkonstruktion in <strong>der</strong> quantitativen Sozialforschung. Im<br />
Prinzip i s t jedes Item qualitativ definiert <strong>und</strong> eindeutig in<br />
<strong>der</strong> Theorie verortet.<br />
Abschließend noch ein Wort zur inhaltlichen Spezifität dieses<br />
Verfahrens. Ähnlich wie KOHN den Schwerpunkt auf die Komplexität<br />
<strong>der</strong> Arbeit legt, beschränkt sich das VERA auf kognitive<br />
Regulationserfor<strong>der</strong>nisse (ein Verfahren zur Belastungsanalyse<br />
i s t in Vorbereitung). Diese haben sich auch in unserem Projekt<br />
als vali<strong>der</strong> Prädiktor an<strong>der</strong>er Arbeitsbedingungen erwie-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
sen (vgl. HOFF 1985, S. 37). Das i s t nicht überraschend, da<br />
durchschnittlich mit zunehmen<strong>der</strong> Aufgabenschwierigkeit die<br />
zeitliche Kalkulierbarkeit <strong>und</strong> damit die Überwachungsmöglichkeiten<br />
abnehmen, die Verknüpfungen zu an<strong>der</strong>en Arbeitsprozessen<br />
sich intensivieren (Bewegungsraum, Kooperation) <strong>und</strong> aus<br />
erweiterten Handlungsspielräumen bessere Möglichkeiten zur<br />
Belastungskontrolle resultieren.<br />
Wir können unsere obige Argumentation also insofern einschränken,<br />
als man eine Vernachlässigung von Interaktionen dann hinnehmen<br />
kann, wenn <strong>der</strong>art zentrale Arbeitsdimensionen theoretisch<br />
<strong>und</strong> empirisch bestimmt werden können. Dennoch i s t es bezüglich<br />
<strong>der</strong> Erfassung d i f f e r e n t i e l l e r berufsbiographischer Verläufe<br />
von Interesse, unterschiedliche Konstellationen von Arbeitsbedingungen<br />
zu berücksichtigen, wobei zum Beispiel Gesichtspunkte<br />
<strong>der</strong> Lohnform <strong>und</strong> -höhe <strong>und</strong> gegebenenfalls damit<br />
verb<strong>und</strong>ene kognitive Anfor<strong>der</strong>ungen eine bedeutende Rolle spielen<br />
können (zum Beispiel maximale Nutzung von Leistungslohnkriterien,<br />
zeitweiliger Verzicht auf q u a l i f i z i e r t e Tätigkeit<br />
zugunsten hoher Entlohnung).<br />
Das<br />
SOFI-Instrument<br />
Um den Vergleich zwischen KOHN's Skalen <strong>und</strong> psychologischen<br />
Arbeitsanalyseverfahren in Abschnitt 6 noch etwas zu erweitern<br />
<strong>und</strong> eine weitere Möglichkeit zur Operatonalisierung kognitiver<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen vorzustellen, wird noch <strong>der</strong> entsprechende<br />
Teil des breit angelegten Verfahrens zur Deskription von Arbeitsbedingungen<br />
mit einbezogen, welches vom SOFI entwickelt<br />
worden war (vgl. MICKLER u.a. 1977). Es erfaßt in an<strong>der</strong>en Teilen<br />
zum Beispiel auch Lohnaspekte. Wir haben dieses auch bei<br />
unseren Arbeitsplatzbeobachtungen eingesetzt. Dieses Schema<br />
zur Bestimmung von Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen war aus einer<br />
K r i t i k an <strong>der</strong> Undifferenziertheit des HACKER'schen Schemas<br />
hervorgegangen, welches nur eine einzige "intellektuelle Regulationsebene<br />
vorsah". Das 5-stufige SOFI-Schema i s t jedoch<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
nicht auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage eines allgemeinpsychologischen Modells<br />
modifiziert, son<strong>der</strong>n "empirisch-adaptiv" für die Untersuchungspraxis<br />
industrieller Arbeitsplätze entwickelt worden.<br />
In dieser Hinsicht besitzt die Operationalisierung, die vorwiegend<br />
an qualitativen Kriterien orientiert i s t , hohe Plausibilität<br />
(vgl. Anhang 2). Auf höheren Regulationsebenen<br />
i s t die Ubereinstimmung <strong>der</strong> SOFI-Items mit den theoretisch<br />
definierten VERA-Stufen unbefriedigend (vgl. Abschnitt 5.3).<br />
Hinzu kommt, daß das Beobachtungsinstrument unstandardisiert<br />
<strong>und</strong> nicht mit Orientierungs- <strong>und</strong> Einstufungshilfen versehen<br />
i s t , so daß <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> stärker auf an<strong>der</strong>weitig zu erlangende<br />
Kenntnisse über die untersuchten Arbeitsplätze angewiesen<br />
i s t .<br />
Ich werde daher im folgenden Vergleich vor allem auf das VERA<br />
Modell Bezug nehmen. Zunächst sollen jedoch KOHN's eigene übe<br />
legungen zur Validierung dargestellt <strong>und</strong> einige Faktoren aufgeführt<br />
werden, die p r i n z i p i e l l die Validität von Befragungsdaten<br />
zur Arbeitssituation beeinträchtigen können.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
5. Theoretische Evaluation des arbeitsanalytischen Konzepts<br />
"Berufliche<br />
Selbstbestimmung"<br />
5.1 Die Validierung des Instrumentariums bei KOHN<br />
KOHN's Anstrengungen zur Validierung <strong>der</strong> Indizes sind dadurch<br />
gekennzeichnet, daß er die Erschließung <strong>objektive</strong>r Arbeitsbedingungen<br />
aus subjektiven Einschätzungen <strong>der</strong> Arbeit hauptsächlich<br />
als Problem <strong>der</strong> Objektivität <strong>der</strong> Messungen auffaßt,<br />
als Meßproblem auf <strong>der</strong> Erhebungsebene also.<br />
Sollen hingegen Arbeits-(Umwelt-)Gegebenheiten a l l e i n durch<br />
Befragung erschlossen werden, sind Überlegungen notwendig,<br />
welche subjektiven Einflüsse das Bild systematisch "verzerren"<br />
<strong>und</strong> von denen nicht angenommen werden kann, daß sie sich gemäß<br />
testtheoretischer Axiome gegenseitig aufheben. Dazu a l l e r <br />
dings muß von <strong>der</strong> Operationalisierungs- auf die Konzeptualisierungsebene<br />
übergegangen werden.<br />
Letztlich i s t es gerade die Kenntnis <strong>und</strong> konzeptionelle Berücksichtigung<br />
"ökologischer" Bedingungsfaktoren des subjektiven<br />
Urteils, die es erlauben, jene nicht nur als "Störvariablen",<br />
son<strong>der</strong>n als funktional für die Bewältigung des (Arbeits-)<br />
Alltags zu erkennen <strong>und</strong> damit den Arbeitenden als Experten<br />
ernst zu nehmen.<br />
Doch zunächst zur Validierung, die KOHN auf zwei unterschiedlichen<br />
Wegen anstrebte. Die Inhaltsvalidität <strong>der</strong> arbeitsbezogenen<br />
<strong>Indikatoren</strong> wurde überprüft, indem die (in <strong>der</strong> Untersuchung)<br />
häufigsten Berufsbezeichnungen hinsichtlich <strong>der</strong> jeweils<br />
definierten Arbeitsbedingungen in eine Rangreihenfolge<br />
gebracht wurden. Dazu hatte man die Einschätzungen von jeweils<br />
einer Berufsgruppe zugehörigen Befragten zu je<strong>der</strong> Arbeitsbedingung<br />
zusammengefaßt <strong>und</strong> den Median ermittelt (KOHN 1985,<br />
S. 50). Man kennt dann also die übliche (also nicht die durchschnittliche)<br />
Einschätzung eines Arbeitsmerkmals in einem Beruf.<br />
Auf diese Weise müßte für jeden Arbeitsaspekt eine nach<br />
Ausprägung geordnete Rangfolge von Berufen existieren.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Diese Rangpositionen wurden verglichen mit den Einschätzungen<br />
<strong>der</strong> Untersucher über die jeweilige Arbeitsrealität. Die interindividuellen<br />
Bewertungen von Seiten <strong>der</strong> Befragten wurden a l <br />
so quasi als Gruppenexpertise aufgefaßt <strong>und</strong> mit den eigenen<br />
Kenntnissen, die vermutlich auch auf diesen Befragungen beruhen,<br />
verglichen.<br />
Erstaunlicherweise wurde aus den guten Übereinstimmungen auf<br />
die wahrscheinliche Abwesenheit "systematischer Verzerrungen"<br />
geschlossen (KOHN 1985, S. 50). Gerade wenn aber die Kenntnisse<br />
über die jeweiligen Arbeitsplätze nicht aus erster Hand,<br />
das heißt aus eigenen Erhebungen an solchen Arbeitsplätzen<br />
stammen, so i s t entwe<strong>der</strong> zu vermuten, daß diese Kenntnisse<br />
auf "Berufsimages" <strong>der</strong> Untersucher o<strong>der</strong> eben auf den Darstellungen<br />
ihrer Befragten beruhen.<br />
Im zweiten F a l l blieben gerade die systematischen Verzerrungen,<br />
wie zum Beispiel die Überbewertungstendenz bei geringen<br />
tatsächlichen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus (siehe Abschnitt 5.2) unentdeckt.<br />
Eine weitergehende Validierung an einem Außenkriterium wurde<br />
für den wichtigsten Arbeits-Indikator, die "inhaltliche Komplexität"<br />
vorgenommen. Die subjektiven Einschätzungen <strong>der</strong> Befragten<br />
über die Komplexität ihrer Arbeit wurden verglichen<br />
mit den Anfor<strong>der</strong>ungsbewertungen des "Dictionary of Occupational<br />
Titles" (US-Department of Labor, 1965). Dieses Lexikon beruht<br />
auf Einschätzungen "geschulter Arbeitsanalytiker" (KOHN 1985,<br />
S. 50) <strong>der</strong> für den jeweiligen Beruf durchschnittlichen Komplexität<br />
des Umgangs mit Daten, Dingen <strong>und</strong> Menschen.<br />
Die multiple Korrelation (über die verschiedenen Komplexitäten)<br />
<strong>der</strong> subjektiven <strong>und</strong> <strong>objektive</strong>n Bewertungen betrug .78<br />
(KOHN 1985, S. 50). Dieser Wert i s t überraschend hoch, da die<br />
Arbeitsinhalte sich innerhalb eines Berufs doch bekanntlich<br />
sehr stark unterscheiden können <strong>und</strong> selbst in diesem großen<br />
Sample (3.100 Personen) sicher nicht für jeden Beruf Reprä-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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sentativität erreicht werden konnte - von Meßfehlern einmal<br />
ganz abgesehen. Hinzu kommt ja noch die eigentlich zentrale<br />
Problematik <strong>der</strong> unvollkommenden Darstellung <strong>der</strong> Arbeitsrealität<br />
durch die Befragten.<br />
Man könnte hier auf eine nur sehr globale Erfassung des relevanten<br />
Arbeitsaspekts schließen. Wir werden darauf zurückkommen.<br />
Die Höhe <strong>der</strong> Korrelation wird aber auch verständlicher,<br />
wenn man berücksichtigt, daß gerade die Kategorien dieses Lexikons<br />
<strong>der</strong> Berufsbezeichnungen für die Bildung <strong>der</strong> Indizes kons<br />
t i t u t i v waren, wie zwei Fußnoten in KOHN (1981, S. 146 <strong>und</strong><br />
1983, S. 321) zu entnehmen i s t , beziehungsweise bis auf eine<br />
Skala vollständig aus dem "Dictionary" übernommen wurden. Als<br />
externe Validierung des Erhebungsinstruments beziehungsweise<br />
<strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong> wäre dieser Weg also zirkulär, da es sich<br />
nicht um ein echtes Außenkriterium handelt. Es geht also auch<br />
hier primär um die innere Validität von Befragungsdaten, wobei<br />
nun nicht mehr die Urteile <strong>der</strong> Befragten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Auswerter<br />
verglichen werden, son<strong>der</strong>n die <strong>der</strong> Auswerter mit den Urteilen<br />
von Experten über den Beruf. Alle Urteile beruhen auf<br />
denselben Beurteilungskategorien.<br />
Damit wird ein Problem berührt, welches wir zuvor schon einmal<br />
angeschnitten hatten. Die Ableitung <strong>der</strong> Indizes <strong>und</strong> ihre Operationalisierung<br />
erfolgt nicht anhand einer Theorie über die<br />
zu messenden Eigenschaften. Eine Konstruktvalidität (im Sinne<br />
von CRONBACH/MEEHL 1955) i s t daher nicht überprüfbar.<br />
Dieser Schluß g i l t wohl gleichermaßen für das Berufs-Lexikon.<br />
Denn auch zum Beispiel die hierzulande verbreitetsten Arbeitsanalyseverfahren<br />
aus den USA (zum Beispiel <strong>der</strong> PAQ von<br />
McCORMICK u.a. 19 69 o<strong>der</strong> das JDS von HACKMAN/OLDHAM 19 74) beruhen<br />
nicht auf psychologisch relevanten Kategorien, son<strong>der</strong>n<br />
auf einer beliebigen Zerglie<strong>der</strong>ung des äußeren Tätigkeitsvollzugs<br />
in "Elemente".<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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So auch <strong>der</strong> vom PAQ abgeleitete FAA (FRIELING/HOYOS 1978) , <strong>der</strong><br />
mit rein phänomenologischen Items wie "Verwendung von Tastaturen",<br />
Schreibkräfte, Pianisten <strong>und</strong> Programmierer auf eine<br />
Stufe s t e l l t , wie FISCHBACH/NULLMEIER (1983, S. 64) ironisch<br />
bemerken. Daß sich an dieser Situation nichts wesentliches<br />
geän<strong>der</strong>t hat, zeigt auch das Ubersichtsreferat von KANNHEISER/<br />
FRIELING (1982) über den Stand <strong>der</strong> Arbeitsanalyseverfahren in<br />
den USA. KOHN hätte also 1974, auch wenn er nicht im Rahmen<br />
des Längsschnittes an die Erstuntersuchung geb<strong>und</strong>en gewesen<br />
wäre, kaum ein psychologisch f<strong>und</strong>iertes Verfahren auftreiben<br />
können.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Gültigkeit kann daher auch KOHN's Hinweis<br />
auf die "Geschultheit" <strong>der</strong> Arbeitsanalytiker kaum überzeugen.<br />
Von <strong>der</strong> im Dienste <strong>der</strong> Unternehmerseite stehenden Arbeitspsychologie<br />
"alleingelassen", das heißt ohne auf ein Instrument<br />
zurückgreifen zu können, welches die Arbeitstätigkeit im Hinblick<br />
auf ihre Entwicklungsrelevanz für die Persönlichkeit<br />
erfaßt, waren KOHN <strong>und</strong> Mitarbeiter also auf außerpsychologische<br />
Quellen wie das Klassifikationsschema des amerikanischen<br />
Arbeitsministeriums angewiesen.<br />
KOHN begründet seinen Verzicht auf personenunabhängige Arbeitsanalyse<br />
nicht mit diesem Mangel. Seine Hoffnungen auf<br />
eine Verbesserung <strong>der</strong> Gültigkeit des Instrumentariums konzentrieren<br />
sich daher a l l e i n auf die Erhebungsebene, das heißt<br />
auf Identifizierung <strong>und</strong> Kontrolle subjektiver Störvariablen.<br />
5.2 Personen- <strong>und</strong> verfahrensbedingte Beschränkung <strong>der</strong><br />
Validität<br />
Response-sets <strong>und</strong><br />
Interaktionsstrategien<br />
Die Zahl <strong>der</strong> "Störbedingungen", die lediglich auf <strong>der</strong> Erhebungsebene<br />
angesiedelt sind, i s t r e l a t i v gering. Als solche<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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wären "response-sets" <strong>und</strong> Interaktionsstrategien <strong>der</strong> Befragten<br />
zu nennen (vgl. KÖCKEIS-STANGL 1980, S. 326; UDRIS 1981,<br />
11<br />
S. 287). Dazu gehören etwa die Zustimmungstendenz , die<br />
Orientierung an sozialer Erwünschtheit <strong>und</strong> das Bedürfnis nach<br />
Selbstpräsentation (Arbeitsbedingungen auf- o<strong>der</strong> abwertend,<br />
"Unter"- o<strong>der</strong> "Übertreiber"). Beson<strong>der</strong>s für standardisierte<br />
Interviews gelten Probleme <strong>der</strong> Reaktanz (offenes o<strong>der</strong> verdecktes<br />
Handeln gegen Restriktionen <strong>der</strong> Untersuchungsbedingungen)<br />
<strong>und</strong> Gleichgültigkeit (<strong>der</strong> Befragte hat außerhalb <strong>der</strong> vorgegebenen<br />
Alternativen keine Möglichkeit zur Formulierung eigener<br />
Antworten <strong>und</strong> "antwortet"<br />
gleichgültig, ob begriffliche <strong>und</strong><br />
inhaltliche Ubereinstimmung besteht o<strong>der</strong> nicht, vgl. LOHAUS<br />
1983, S. 55 f f . ) .<br />
Verbalisierbarkeit <strong>und</strong> Bewußtseinsfähigkeit<br />
Auf <strong>der</strong> Analyseebene liegen dagegen Probleme <strong>der</strong> Verbalisierbarkeit<br />
<strong>und</strong> Bewußtseinsfähigkeit. Diese stellen sich vor allem<br />
aufgr<strong>und</strong> handlungstheoretischer Überlegungen <strong>und</strong> werden von<br />
KOHN nicht gesehen. Sie sind von Bedeutung bei <strong>der</strong><br />
Untersuchung<br />
psychoregulativer Prozesse, insbeson<strong>der</strong>e bei stark routinisierten<br />
Tätigkeitsvollzügen. Für diese i s t eine weitgehende<br />
"psychische Automatisierung" <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong>kehrenden Handlungsabfolge<br />
charakteristisch, so daß die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Regulationsprozesse nicht mehr bewußtseinspflichtig, oft auch<br />
12<br />
nicht mehr bewußtseinsfähig verlaufen<br />
Eine problembewußte Befragung hätte daher an solchen Arbeitsplätzen<br />
auch die Aufgabe, vermutete nicht-bewußtseinspflichtige<br />
Prozesse in geeigneter Form zu aktualisieren. Selbst bei<br />
theoriegeleitetem Vorgehen erscheinen standardisierte Verfahren<br />
hierzu ungeeignet, denn die interessierenden Tätigkeiten<br />
sind so unterschiedlich, daß kaum konkret-prozeßorientiert<br />
<strong>und</strong> zugleich standardisiert gefragt werden kann.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Das VERA i s t unter an<strong>der</strong>em aus dem genannten Gr<strong>und</strong>e als - nur<br />
teilstandardisiertes - Beobachtungs-Interview konzipiert worden,<br />
um die Defizite <strong>der</strong> jeweiligen Erhebungsmethodik kompensieren<br />
zu können. So bestehen Probleme zum Beispiel in <strong>der</strong><br />
Nicht-Beobachtbarkeit psychischer Prozesse <strong>und</strong> auch langzyklischer<br />
Tätigkeitsvollzüge. Zur Überprüfung von Befragungsproblemen<br />
war das VERA-Stufenmodell in einer Parallelversion<br />
auch als Befragungsinstrument operationalisiert worden. Die<br />
Übereinstimmung <strong>der</strong> Einstufung zweier Arbeiten<strong>der</strong> mit gleichem<br />
Arbeitsplatz betrug lediglich .51, diejenige zwischen Befragten-<br />
<strong>und</strong> Untersuchereinstufung .47. Die Korrelation unabhängiger<br />
Untersuchereinstufungen desselben Arbeitsplatzes lag<br />
hingegen bei .85 (vgl. VOLPERT u.a. 1983, S. 77 f f . ) 1 3 .<br />
Überbewertungstendenz bei geringen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus<br />
Die angeführte geringe Übereinstimmung belegt die Notwendigkeit<br />
weiterer Validierungsüberlegungen. So wurde, um gegebenenfalls<br />
systematische Verzerrungen aufzuspüren, in <strong>der</strong> VERA-<br />
Entwicklung die Validität <strong>der</strong> Fragebogeneinschätzung für verschiedene<br />
Subgruppen von Arbeitenden untersucht (hinsichtlich<br />
verschiedener Stufenhöhen <strong>und</strong> subjektiver Belastungsaspekte).<br />
14<br />
Es konnte dabei nur auf geringen Stufenhöhen eine subjektive<br />
Tendenz zur Überschätzung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen festgestellt werden<br />
(VOLPERT u.a. 1983, S. 79). Diese kann jedoch we<strong>der</strong> mit<br />
<strong>der</strong> Selbstdarstellungsproblematik i d e n t i f i z i e r t werden (Überbewertung<br />
in diesem Sinne scheint mir aufgr<strong>und</strong> eigener Erfahrungen<br />
in einem Büroarbeits-Projekt eher für untere Angestelltenebenen<br />
charakteristisch zu sein als für "aufstiegslose"<br />
Arbeiterpositionen) noch mit <strong>der</strong> Verbalisierungsproblematik 1 5 .<br />
Es liegt nahe, anzunehmen, daß das Maß an Vergleichsmöglichkeiten<br />
hier eine Rolle spielt. Sowohl für Experten wie auch<br />
für q u a l i f i z i e r t Arbeitende g i l t , daß sie einen größeren Überblick<br />
über verschiedene Tätigkeitsinhalte <strong>und</strong> -anfor<strong>der</strong>ungen<br />
besitzen. Da Tätigkeiten auf höheren Regulationsebenen immer<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
auch die unteren Ebenen beinhalten, dürften sie realistischere<br />
Einschätzungen<br />
ermöglichen.<br />
Ein weiteres, für die Validität <strong>der</strong> subjektiven Einschätzung<br />
relevantes Personenmerkmal i s t die Qualifizierungsbereitschaft.<br />
Einige <strong>der</strong> Facharbeiter unseres Samples nutzen zum Beispiel<br />
aktiv die Möglichkeiten, Informationen über an<strong>der</strong>e Arbeitsplätze<br />
zu erlangen, o<strong>der</strong> sie wechseln bei Gelegenheit gezielt<br />
die Arbeitsplätze, selbst wenn damit keine Erhöhung des Regulationsniveaus<br />
verb<strong>und</strong>en i s t . Sie haben damit bessere Vergleichsmöglichkeiten,<br />
meist aber auch eine kritischere Sicht<br />
ihrer Arbeitsbedingungen.<br />
Ebenfalls eine Rolle beim Zustandekommen <strong>der</strong> Tendenz zur Überbewertung<br />
dürften "psychohygienische Funktionen" spielen, also<br />
"defensive" Mechanismen beziehungsweise Coping-Strategien<br />
(vgl. zum Beispiel LAZARUS/LAUNIER 1983; HOHNER 1985). Diese<br />
innerpsychischen Prozesse, welche die Identität <strong>und</strong> die Handlungsfähigkeit<br />
unter entwicklungshemmenden Bedingungen stabil<br />
i s i e r e n , sind vor allem <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> dafür, daß die Arbeitszufriedenheits-Forschung<br />
als irreführend <strong>und</strong> gegen legitime Interessen<br />
<strong>der</strong> abhängig Beschäftigten gerichtet charakterisiert<br />
werden muß.<br />
Aspekte<br />
<strong>der</strong> Subjektivität<br />
Beson<strong>der</strong>s aus interaktionistischer Sicht s t e l l t sich ein weiteres<br />
theoretisches Problem, welches KOHN hauptsächlich erhebungsmethodisch<br />
zu lösen hofft: das <strong>der</strong> Subjektivität <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />
beziehungsweise ihrer Bewertung. KOHN faßt Aspekte <strong>der</strong><br />
Subjektivität (zum Beispiel Selbstvertrauen, Fatalismus) - um<br />
in <strong>der</strong> methodenbezogenen Terminologie zu bleiben - lediglich<br />
als abhängige, nicht auch als Mo<strong>der</strong>atorvariablen von Umweltbeziehungsweise<br />
Arbeitsbewertung. In <strong>der</strong> subjektorientierten<br />
Sozialforschung wird <strong>der</strong> Arbeitende dagegen als Subjekt mit<br />
eigener Lebensgeschichte betrachtet, auf <strong>der</strong>en Hintergr<strong>und</strong><br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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die jeweils aktuellen Zustände, Prozesse <strong>und</strong> Ereignisse "gedeutet",<br />
das heißt wahrgenommen <strong>und</strong> bewertet werden (vgl.<br />
LEMPERT/HOFF/LAPPE 1980, 2. Aufl., S. 387 f f . <strong>und</strong> S. 425 f f . ) .<br />
"Die vorberuflich akkumulierten Deutungsmuster liefern zusammen<br />
mit betrieblichen Alltagserfahrungen, dem soziopolitischen<br />
Klima <strong>und</strong> den ökonomischen Krisen wesentliche Vermittlungsinhalte<br />
für die subjektive Einschätzung von Arbeitssituationen."<br />
(HEINZ 1980, S. 517)<br />
Soziale Deutungsmuster werden in beruflichen <strong>und</strong> außerberuflichen<br />
Kontexten angeeignet <strong>und</strong> betreffen etwa Erfahrungen<br />
von Normalität, Verän<strong>der</strong>ungsbedürftigkeit <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>barkeit<br />
dieser Kontexte. Sie bestimmen damit auch die motivationale<br />
<strong>und</strong> emotionale Situationsbewertung <strong>und</strong> individuelle Handlungsorientierung.<br />
So i s t zum Beispiel bei einer Einschätzung, in<br />
<strong>der</strong> restriktive Arbeit als völlig normal erscheint, eine weniger<br />
kritische Darstellung <strong>der</strong> zu erfragenden Arbeitssituation<br />
zu erwarten (siehe auch das Vergleichbarkeitsargument<br />
auf S. 29).<br />
Die subjektive Relevanz bestimmter Arbeitsbedingungen i s t auch<br />
eine Funktion biographischer Kontinuität beziehungsweise Diskontiniutät.<br />
Dauerhaft restriktive Sozialisations- beziehungsweise<br />
Arbeitserfahrungen (zum Beispiel schon in <strong>der</strong> Ausbildung)<br />
erscheinen den Betroffenen häufig "normal", werden von<br />
ihnen eher nicht problematisiert <strong>und</strong> dürften ein geringes i n <br />
dividuelles Anspruchsniveau begründen. Kontinuierlich "nichtrestriktive"<br />
berufliche Sozialisationserfahrungen beziehungsweise<br />
gravierende Wechsel in <strong>der</strong> Restriktivität von Arbeitssituationen<br />
dürften eine differenziertere Situationsbewertung<br />
ermöglichen <strong>und</strong> gegebenenfalls eine negativere Bewertung aktueller<br />
Arbeitsparameter nach sich ziehen (vgl. BRUGGEMANN<br />
u.a. 1975; HOFF/LAPPE/LEMPERT 1983) .<br />
Situationsdarstellung <strong>und</strong> -bewertung stehen nicht zuletzt in<br />
Beziehung zum jeweils akkumulierten Fähigkeitspotential. Auch<br />
wenn betriebliche Selektionsprozesse im Durchschnitt für "funk-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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tionale" Besetzung von Arbeitsplätzen sorgen, können Person/<br />
Arbeit-"Passungen" beziehungsweise "misfits" auftreten, die<br />
in gewissem Rahmen durch Uber- <strong>und</strong> häufiger durch Unterfor<strong>der</strong>ung<br />
gekennzeichnet sind, beson<strong>der</strong>s häufig vermutlich bei Pha-<br />
16<br />
senübergängen <strong>und</strong> Positionswechseln<br />
Deutlich treten Erfahrungen <strong>der</strong> bisherigen Berufsbiographie<br />
auch im "Aspirationsniveau" in Erscheinung, in <strong>der</strong> Erwartung<br />
künftiger beruflicher Entwicklungen. Diese Antizipation<br />
scheint schon für die Beurteilung des gegenwärtigen Arbeitsplatzes<br />
bedeutsam zu sein, wobei Faktoren wie das Alter <strong>und</strong><br />
die Dauer <strong>der</strong> Betriebszugehörigkeit eine Rolle spielen (BEYNON/<br />
BLACKBURN 1972, ref. in HEINZ 1980, S. 517; vgl. auch KOHN<br />
1985, S. 58).<br />
Hinsichtlich dieser <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Faktoren bestehen für unterschiedliche<br />
Gruppen <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten in betrieblich<br />
<strong>und</strong> überbetrieblich "segmentierten Arbeitsmärkten" (vgl.<br />
SENGENBERGER 1978) unterschiedliche Entwicklungschancen <strong>und</strong><br />
-risiken. Diese überindividuellen Entwicklungs- <strong>und</strong> Berufsverlaufsmuster<br />
beinhalten daher immer auch unterschiedliche<br />
"Subjektivitätsformen" (vgl. BECK/BRATER 1977, Bd. 2, S. 10).<br />
Für die subjektive Erhebung <strong>objektive</strong>r Arbeitsbedingungen bedeutet<br />
dies, daß die eigentlich untersuchte Ebene <strong>der</strong> Person/<br />
Arbeit-Interaktion sowohl durch individuelle als auch überindividuelle<br />
Verhältnisse von Arbeitsrealität, Arbeitswahrnehmung<br />
<strong>und</strong> Arbeitsbewertung gekennzeichnet i s t . Beson<strong>der</strong>s<br />
problematisch i s t die personenabhängige Erhebung personenunabhängiger<br />
Arbeitsmerkmale in <strong>der</strong> Retrospektive, wie sie in<br />
KOHN's Längsschnittstudie vorkommt (vgl. 1981, S. 184). Hierbei<br />
sind unter an<strong>der</strong>em Tendenzen zur nachträglichen Herstellung<br />
von biographischer Kontinuität (beziehungsweise Konsistenz<br />
im dissonanztheoretischen Sinne) zu berücksichtigen<br />
(vgl. HEINZ/WACHTVEITEL/WITZEL 1980).<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Werden mit dieser Methodik große <strong>und</strong> heterogene Samples untersucht,<br />
muß man damit rechnen, daß sie Subpopulationen enthalten,<br />
für die unterschiedliche Interaktionsformen - o<strong>der</strong><br />
erhebungsmethodisch - jeweils spezifische Verhältnisse von<br />
Arbeitsrealität, Perzeption <strong>und</strong> Evaluation zu erwarten sind.<br />
Um diese Argumentation abzuschließen, sei noch einmal auf das<br />
Ausgangsproblem, <strong>der</strong> Subjektivität auf <strong>der</strong> Analyse- <strong>und</strong> auf<br />
<strong>der</strong> Erhebungsebene verwiesen. Hierbei ging es uns um die Hervorhebung<br />
charakteristischer, Persönlichkeits- <strong>und</strong> berufsgruppenspezifischer<br />
Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Verarbeitungsmuster von<br />
beruflichen Bedingungen, die auf <strong>der</strong> Erhebungsebene als Meßfehler<br />
erscheinen, die auf <strong>der</strong> Analyseebene aber als psychologisch<br />
funktional zu betrachten sind.<br />
Bezogen auf KOHN's zentrale Fragestellung muß die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Subjektivität auf <strong>der</strong> Analyseebene wie<strong>der</strong> r e l a t i v i e r t<br />
werden.<br />
<strong>Subjektive</strong> Relevanzstrukturen einzubeziehen i s t dann unumgänglich,<br />
wenn <strong>der</strong> Beitrag des Subjekts zur Herstellung seiner<br />
Identität <strong>und</strong> Biographie untersucht werden s o l l , das heißt<br />
wenn es darum geht, subjektive Strategien <strong>und</strong> Handlungspotent<br />
i a l e zur Nutzung <strong>der</strong> gegebenen Handlungsspielräume zu erfassen.<br />
Die "Wirkungen" <strong>der</strong> Arbeit sind hier notwendig über die subjektive<br />
Bedeutung "vermittelt". Es spricht jedoch auch e i n i <br />
ges für KOHN's Annahme, daß die Wirkung <strong>der</strong> Arbeitskomplexität<br />
auf den Arbeitenden "unvermittelt" i s t <strong>und</strong> auf einem direkten<br />
Generalisierungsprozeß unmittelbarer Lernerfahrung beruht.<br />
Diese Annahme ergibt dann einen Sinn, wenn man - wie KOHN -<br />
"geistige Beweglichkeit" zunächst als "psychische Eigenschaft"<br />
auffaßt (KOHN 1981, S. 231 f . ) , die auch ohne "Umweg" über<br />
die subjektive Bewertung von Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen direkt durch<br />
das ihnen gemäße Arbeitshandeln beeinflußt wird.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Handlungsbezogen o<strong>der</strong> gar reproduktionsbezogen relevant wird<br />
diese relativ i s o l i e r t e kognitive Leistung vermutlich aber<br />
erst dann, wenn sie mit an<strong>der</strong>en Potentialen (zum Beispiel<br />
"Selbstachtung") <strong>und</strong> Orientierungen (zum Beispiel "Bewertung<br />
von Selbstbestimmung") konzeptuell verknüpft i s t (vgl. auch<br />
hierzu DÖRNER u.a. 1983; REITHER 1985). Auch diese werden<br />
aber bei KOHN als unabhängige Variable direkt mit den "strukturellen<br />
Imperativen" <strong>der</strong> Arbeit verknüpft <strong>und</strong> in den mathematischen<br />
Modellen nur additiv berücksichtigt.<br />
Es geht hier also darum, den Subjektivismus des Passungsmodells<br />
zu vermeiden, wonach nicht nur die Wahrnehmung von Umweltgegebenheiten,<br />
son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>en Auswirkung für jedes<br />
Subjekt eine an<strong>der</strong>e sei, ohne in die gegenteilige, objektivistische<br />
o<strong>der</strong> "external-deterministische" Position zu verfallen.<br />
Zumindest gegenwärtig fehlt noch eine Theorie des<br />
Erfahrungslernens, die es erlauben würde, "unmittelbare"<br />
Generalisierungseffekte abzugrenzen von "Auswirkungen", die<br />
nur als durch einen aktiven Prozeß <strong>der</strong> "erweiterten Reproduktion"<br />
des Subjekts (Erweiterung seines Handlungsrepertoirs)<br />
betrachtet werden können.<br />
Anwendungsbreite von Erhebungsverfahren<br />
Nach den Aspekten systematischer Verzerrung auf Seiten <strong>der</strong><br />
Befragten sei abschließend noch ein primär verfahrenabhängiges<br />
Problem behandelt. Die Anwendungsbreite eines Verfahrens<br />
i s t eine weitere Variable, die die Validität eines Verfahrens<br />
zur Arbeitsanalyse beeinflußt, <strong>und</strong> zwar mit steigendem Standardisierungsgrad<br />
um so nachhaltiger. Psychologische Arbeitsanalyseverfahren<br />
können sich nicht damit begnügen, a l l e i n den<br />
phänomenalen Tätigkeitsvollzug zu unterglie<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n richten<br />
sich auf kognitve, also nicht unmittelbar beobachtbare<br />
"Regulationserfor<strong>der</strong>nisse" <strong>und</strong> -prozesse. Um diese erschließen<br />
zu können, sind möglichst spezifische, auf vergleichbare Tätigkeitsgruppen<br />
bezogene Indizes anzulegen, was einer branchen-<br />
17<br />
übergreifenden Ersetzbarkeit des Verfahrens im Wege steht<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Werden Verfahren <strong>und</strong> <strong>Indikatoren</strong> dennoch mit universalistischem<br />
Anspruch entwickelt, geraten sie entwe<strong>der</strong> konkretistischbeliebig<br />
wie <strong>der</strong> erwähnte PAQ o<strong>der</strong> unspezifisch, das heißt,<br />
sie besitzen nur geringe Trennschärfe bezüglich unterschiedlicher<br />
Arbeitsplätze <strong>und</strong> -bedingungen. Letzteres t r i f f t , wie<br />
wir oben vermutet haben, auch auf KOHN's Indizes zu (vgl.<br />
HOFF u.a. 1983, S. 54). Wir halten sie, unter den gegebenen<br />
Umständen <strong>und</strong> gemessen an an<strong>der</strong>en gängigen Konstrukten, dennoch<br />
für sehr gut gelungen (siehe unten). KOHN hat vor kurzem<br />
selbst (1985, S. 52) auf die notwendige Spezifität von Beobachtungsverfahren<br />
hingewiesen <strong>und</strong> nimmt daher im Interesse<br />
universeller Gültigkeit (für alle Berufsgruppen o<strong>der</strong> gar Tätigkeiten)<br />
die beschränkte Validität subjektiv erhobener Arbeitsplatzdaten<br />
bewußt in Kauf. Hier i s t die verfahrensökonomische<br />
Begründung einleuchtend, denn das Dilemma i s t unumgänglich.<br />
5.3 Die Operationalisierung <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong><br />
Nachfolgend s o l l die Operationalisierung von KOHN's <strong>Indikatoren</strong><br />
nachvollzogen <strong>und</strong> anhand <strong>der</strong> in unserem Projekt verwendeten<br />
psychologischen Konstrukte diskutiert werden. Das Ergebnis<br />
als Einschätzung <strong>der</strong> Angemessenheit <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong> für<br />
die von uns untersuchten industriellen Arbeitsplätze s o l l den<br />
Ausgangspunkt für den sek<strong>und</strong>äranalytischen Vergleich <strong>der</strong> subjektiven<br />
<strong>und</strong> <strong>objektive</strong>n Arbeitsplatzdaten bilden.<br />
Die theoretische Evaluation s o l l dabei exemplarisch auf den<br />
Index <strong>der</strong> "substantive complexity of work" beschränkt werden,<br />
da dieser <strong>der</strong> zentrale <strong>und</strong> differenzierteste des KOHN'schen<br />
18<br />
Instrumentariums i s t <strong>und</strong> am ehesten kognitive Regulationserfor<strong>der</strong>nisse<br />
<strong>der</strong> Arbeit repräsentiert. Die als Indikator unbedeutende<br />
"Routinisierung" <strong>und</strong> die "Strenge <strong>der</strong> Überwachung"<br />
(closeness of supervision) können als weitere Maße <strong>der</strong> beruflichen<br />
Selbstbestimmung eher dem Konzept des Handlungsspielraums<br />
(vgl. BAITSCH/FREI 1980) zugeordnet werden, welches<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Entscheidungsmöglichkeiten im Sinne personaler Autonomie er-<br />
19<br />
faßt . Zunächst kurz zur Betrachtung von KOHN's Instrument<br />
für<br />
sich.<br />
<strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> "inhaltlichen Komplexität"<br />
Der Fragebogen von 1974 enthält drei offene, jeweils unterglie<strong>der</strong>te<br />
Fragen zur Komplexität verschiedener Arbeitsinhalte.<br />
Sie sind bedingungsbezogen formuliert ("was tun Sie", "womit",<br />
"welcher Zeitanteil"), das heißt sie zielen auf perzeptive<br />
Gegebenheiten <strong>und</strong> weniger auf evaluative Antworten ab. Im<br />
Fragebogen erscheinen sie relativ unspezifisch; die Antworten<br />
werden aber sehr differenziert vercodet (Codebook 1975,<br />
S. 58-70; vgl. 1983, S. 321-325, siehe Anhang). Sie wurde jeweils<br />
getrennt für die Komplexität im Umgang mit Daten, mit<br />
Dingen <strong>und</strong> mit Menschen vorgenommen. Auf jeweils<br />
sieben bis<br />
neun Stufen wird versucht, mit Bezug auf sektorenspezifische<br />
20<br />
Charakteristika Planungs- <strong>und</strong> Urteilsprozesse zu erfassen<br />
(vgl. die Übersicht auf S. 39). Mit dieser Segmentierung s o l l<br />
eine bessere Anpassung an das universelle Berufsspektrum erreicht<br />
werden. Daneben gibt es eine vierte Skala zur Bewertung<br />
<strong>der</strong> Gesamtkomplexität. Sie beruht nicht auf einem Fragebogen-Item,<br />
son<strong>der</strong>n auf einer Gesamteinschätzung durch die<br />
Interviewer.<br />
Die ersten drei Skalen werden mit geringen Modifikationen aus<br />
dem zitierten "Lexikon <strong>der</strong> Berufe" übernommen, während die<br />
Gesamtskala von KOHN selbst stammt (vgl. 1983, S. 321). Sie<br />
i s t abstrakter <strong>und</strong> stärker an den kognitiven Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
orientiert, wogegen die an<strong>der</strong>en Subskalen eher deskriptive<br />
Züge aufweisen. Die Subskala "Umgang mit Dingen" (im folgenden<br />
als "Gegenstandskomplexität" bezeichnet) kommt den für unseren<br />
Untersuchungsbereich entwickelten Kategorien r e l a t i v nahe, so<br />
daß sie etwas eingehen<strong>der</strong> betrachtet werden s o l l . Da ledigl<br />
i c h eine ordinale Unterscheidbarkeit <strong>der</strong> Arbeitsplätze angestrebt<br />
wird <strong>und</strong> keine theoretischen Ebenendefinitionen vorlie-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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gen, wird vorwiegend mit Beispielen gearbeitet. Auf begrifflicher<br />
Ebene tauchen Adjektive wie "beträchtliche", "gewisse"<br />
o<strong>der</strong> "geringe" Urteilsprozesse auf ("consi<strong>der</strong>able": Stufe 7,<br />
"some latitude": Stufe 4, " l i t t l e or no judgement": Stufe 1).<br />
Solche unbestimmten Quantifizierungen werden erst anhand von<br />
Beispielen verständlich. An<strong>der</strong>erseits finden sie sich auch<br />
nicht in allen Stufendefinitionen, so daß l e t z t l i c h vom geschulten<br />
Interviewer abhängt, inwieweit er seine Fragen konk<br />
r e t i s i e r t . Es wäre daher wünschenswert, daß <strong>der</strong> Interviewer<br />
über gewisse Gr<strong>und</strong>kenntnisse <strong>der</strong> Arbeitsabläufe im jeweiligen<br />
Bereich verfügt 1 .<br />
Ist dies <strong>der</strong> F a l l , kann <strong>der</strong> Interviewer beziehungsweise <strong>der</strong><br />
Auswerter bereits mit den Codes selbst etwas anfangen. So i s t<br />
etwa Stufe 8 mit "Instandsetzung" (setting-up), Stufe 7 mit<br />
"Präzisionsarbeit" (precision working), Stufe 5 mit "Bedienen"<br />
(driving-operating) <strong>und</strong> Stufe 4 mit "Handhabung" (manipulating)<br />
überschrieben.<br />
Teilweise bekommt <strong>der</strong> Interviewer/Auswerter auch Einstufungshilfen<br />
in Form gängiger industriesoziologischer Kategorien wie<br />
"repetitive, short duration work actions are usually paced by<br />
the machine" (Stufe 2). Dieser Beurteilung entspräche in <strong>der</strong><br />
SOFI-Begrifflichkeit die "kurzzyklische Maschinenarbeit" mit<br />
enger "Takt- <strong>und</strong> Maschinenbindung", das heißt geringer zeitlicher<br />
<strong>und</strong> räumlicher Autonomie.<br />
Zum Vergleich mit den handlungstheoretischen<br />
Stufenmodellen<br />
Zur Vorbereitung <strong>der</strong> weiteren Diskussion <strong>der</strong> Operationalisierung<br />
von KOHN w i l l ich an dieser Stelle zum Vergleich mit den<br />
beiden handlungstheoretischen Stufenmodellen übergehen. Damit<br />
sollen einerseits Eigenheiten von KOHN's Skalen veranschaul<br />
i c h t werden, die man v i e l l e i c h t auch ohne diesen Vergleich<br />
konstatieren könnte, die jedoch auf diese Weise schärfer hervortreten.<br />
An<strong>der</strong>erseits s o l l damit die Frage untersucht wer-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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den, ob sich die Ordinalskalen KOHN's auf die theoretischen<br />
Stufenmodelle beziehen lassen <strong>und</strong> ob sie die kognitiven Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
vertikal hinreichend differenzieren. In Tabelle<br />
werden zu diesem Zweck die Items <strong>der</strong> vier Komplexitätsindikatoren<br />
KOHN's den Stufendefinitionen des VERA gegenüberges<br />
t e l l t , so daß die Zuordnungen nachvollzogen werden können.<br />
In Tabelle 2 hingegen werden nur noch die Codeziffern <strong>der</strong><br />
einan<strong>der</strong> entsprechenden Stufen <strong>der</strong> Skalen KOHN'S, des VERA<br />
<strong>und</strong> des SOFI-Instruments p a r a l e l l i s i e r t . Dadurch treten die<br />
ordinalen Relationen - nun zwischen allen Skalen - deutlich<br />
hervor.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Vergleichen.: Beurteilung einfach zu<br />
beobachten<strong>der</strong> funktioneller o<strong>der</strong><br />
struktureller Charakteristika<br />
Übereinstimmung o<strong>der</strong> Abweichung)<br />
von Daten, Dingen, Personen<br />
(VERA<br />
Kopieren : überschreiben aufrufen<br />
o<strong>der</strong> ablesen von Daten (einschl.<br />
"Instruktionen lesen") (VERA 2-3}<br />
Berechnen: Ausführen arithmetischer<br />
Operationen, Berichte darüber<br />
o<strong>der</strong> anschließende Handlungen<br />
(Zählen: nicht eingeschlossen)<br />
3. Sprechen o<strong>der</strong> Signalisieren mit<br />
an<strong>der</strong>en,<br />
um Info's zu vermitteln<br />
Einfache Handhabung (von Maschinen):<br />
o<strong>der</strong> auszutauschen. Schließt ein,<br />
(VERA 4-6;<br />
Zuführung <strong>und</strong> Abnahme des<br />
Assistenten<br />
<strong>und</strong> Hilfskräften Hinweise<br />
Arbeitsgegenstands an automat.o<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Anweisungen zu geben.<br />
Zusammenstellen : beschaffen, sammeln<br />
o<strong>der</strong> klassifizieren von In<br />
( -<br />
von an<strong>der</strong>en Personen bedienten Maschinen,<br />
kurzzyklische maschinengeb<strong>und</strong>ene<br />
Arbeit, maschineneigene<br />
Beeinflussung an<strong>der</strong>er<br />
)<br />
formationen, über Überzeugen: Daten, Personen,<br />
Dinge, häufig verb<strong>und</strong>en mit Melden o<strong>der</strong> Ausführen von Handlungen im<br />
Handlungsvorgaben (VERA )<br />
zugunsten eines Produkts, eines<br />
Service<br />
o<strong>der</strong> eines Standpunkts<br />
Zusammenhang mit diesen Informationen<br />
Anwendung vor. Routinetests Start/Stop , Beobachten, einfache<br />
Einfache Bedienung (von Maschinen):<br />
- )<br />
(<br />
zur Sicherstellung <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />
Beispiel:<br />
richten von Material, beinhaltet<br />
halten an<strong>der</strong>er<br />
Regulationen auf Meßanzeige, Aus<br />
5. Unterhalten: Ablenken <strong>und</strong> unter<br />
)<br />
Fehlerprüfung bei elektr . u.mechan. Einheiten, Pläne nach Skizzer. herstellen.<br />
Keine wesentlichen Verän<br />
<strong>der</strong>ungen vor. inputs <strong>und</strong> Outputs<br />
einfache Urteilsprozesse (VERA 2)<br />
Handhabung: Benutzung von Körper<strong>der</strong>ungen<br />
vor. inputs <strong>und</strong> 6. Beaufsichtigen:<br />
(VERA 4-6)<br />
Analysieren.: Prüfen <strong>und</strong> Auswerten<br />
von Daten, häufig mit verschiedenen.<br />
Auswertemodi verknüpft. Beispiele:<br />
Artikel für den Erwert bestimmen;<br />
Erk<strong>und</strong>e r. von ModifIKAtionen,<br />
<strong>und</strong> Adaptionen bestehen<strong>der</strong><br />
Anordnungen/Konstruktionen <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong>en Test; Ausführen einfacher<br />
Studien (VERA ()<br />
Koordinieren: Bestimmung vor. Zeit,<br />
Ort <strong>und</strong> Abfolge von Handlungen an<br />
<strong>der</strong> Basis von Datenanalysen.<br />
Bestimmungen vertragen o<strong>der</strong> über<br />
Vorfälle berichten; entscheiden,<br />
ob Leistung zu erhöhen ist <strong>und</strong> o<strong>der</strong><br />
ob Probleme neue Ziele, Verfahren<br />
o<strong>der</strong> Strategien erfor<strong>der</strong>n<br />
(VERA<br />
'Synthetisieren": Auswertung von<br />
Datenanalysen, um neue Fakten,<br />
Wissen, Konzepte o<strong>der</strong> Interpretationen<br />
zu entwickeln. Neue Zugänge<br />
zu Problemen gewinnen einschließlich<br />
ihrer Neuformulierung; neue<br />
Fakten o<strong>der</strong> Beziehungen entdecken;<br />
neue Pläne o<strong>der</strong> Geräte erfinden;<br />
originelle (einmalige) Kunstwerke<br />
erschaffen; Reinterpretation beste-<br />
Einfache Handarbeit: Verwendung 1. Dienen: Beachten von Bedürfnissen,<br />
gung etc. (VERA 6-8)<br />
von Körperteilen, Handwerkzeugen <strong>und</strong> Vorrichtungen zur Bearbeitung Anfor<strong>der</strong>ungen, Wünschen an<strong>der</strong>er<br />
(ausdrückliche o<strong>der</strong> implizite) sofortige<br />
Reaktion erfor<strong>der</strong>lich.<br />
o<strong>der</strong> 3ewegung von Objekten/Materialien.<br />
Geringe o<strong>der</strong> keine Urteilsprozesse<br />
( - )<br />
beim Einhalten von Normen o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Auswahl geeigneter<br />
Arbeitsmittel (Beisp.:Aussungen<br />
2. Befehlsempfang: 3eachten von Anwei<br />
des Arbeitsauftrags o<strong>der</strong> des<br />
Vorgesetzten (keine direkten<br />
Reaktionen<br />
wahl unter geringer Anzahl offensichtlich<br />
zweckgeb<strong>und</strong>ener Werkzeuge<br />
wie Besen, Schraubenschlüssel,<br />
notwendig), Hilfsgesuche an<br />
einfache Hilfskräfte (VERA 2)<br />
Passungslehre (VERA 1-2)<br />
Bestimmen o<strong>der</strong> auslegen<br />
von Arbeitsaufgaben für eine<br />
teilen, Werkzeugen, Hilfsmitteln Reihe von Arbeiten, Zuordnung bestimmter<br />
zur Bewegung von Objekten <strong>und</strong> Materialien.<br />
Funktionen. Erhalten har<br />
Gewisse Urteilsprozesse monischer Beziehungen unter ihnen<br />
bei Auswahl <strong>und</strong> Einsatz <strong>der</strong> Werkzeuge.<br />
bei gleichzeitiger För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
(VERA 2-4) Effektivität. (VERA 8)<br />
5. Bedienen: Herstellen von Produkten 7. Unterrichten (Instructing): Vermittlung<br />
o<strong>der</strong> bewegen von Dingen o<strong>der</strong> Personen<br />
von Fachwissen an an<strong>der</strong>e,<br />
mit Hilfe von Maschinen/Ausrüstung<br />
Training an<strong>der</strong>er durch Erklärung,<br />
, Kontrolle (Beobachtung) Demonstration <strong>und</strong> überwachte Pra<br />
des Prozesses, v.a. manuelle<br />
xis; o<strong>der</strong> erarbeiten von Empfehlungen<br />
(Schalt-, Stelle-)Operationen z.<br />
auf Basis technischer Dis<br />
B. Kräne, Straßenmasch.)(VERA 4-6! ziplinen. (VERA 8)<br />
- Kontrol Bedienung 8. Verhandeln : Austausch von Ideen,<br />
zur Herstellung von Objekten, Rü-<br />
Informationen <strong>und</strong> Meinungen, um<br />
sten <strong>und</strong> Einrichten <strong>der</strong> Maschine Pläne o<strong>der</strong> Programme zu entwickeln<br />
Kontrolle des Prozesses <strong>und</strong> des<br />
<strong>und</strong> o<strong>der</strong> um gemeinsam zu Entscheidungen,<br />
Ergebnisses (VERA 5)<br />
Schlüssen o<strong>der</strong> Lösungen zu<br />
Präzisi sarbeit Hohe Verantwortlichkeit<br />
kommen (VERA 10)<br />
für di Einhaltung von 9."Mentoring":<br />
Standards beim Bewegen, Führen<br />
Umgang mit Individuen als<br />
etc. von Objekten <strong>und</strong> Maschinen. ganzen Persönlichkeiten zum Zwecke<br />
Auswahl <strong>der</strong> richtigen Werkzeuge,<br />
ihrer Anleitung, Beratung, Führung<br />
Objekte, Maße etc. (VERA 6)<br />
bei Problemlösung mittels rechtlicher<br />
, klinischer, wissenschaftlicher,<br />
Instandsetzung: Wie<strong>der</strong>herstellung<br />
geistiger<br />
o.a. professiogung<br />
etc. (VERA 6-8)<br />
o<strong>der</strong> Ersetzen von Maschinen, Werkzeugen<br />
, Verrichtungen, Befesti<br />
1. Überhaupt nicht komplex: Routine, 1. Stufe 1R: Wie Stufe 1, jedoch sind<br />
keine Denkanfor<strong>der</strong>ungen. Kann tagträumen.<br />
(VERA 1)<br />
erfor<strong>der</strong>lich.<br />
stets nur die gleichen Werkzeuge<br />
2. Minimales Denken: gewisses Maß an 2. Stufe 1: Für den Entwurf <strong>der</strong> zu regulierenden<br />
Abfolge von Arbeitsbe<br />
Aufmerksamkeit. Kein Planen, Kalkulieren,<br />
Verausdenken.(VERA 2-3) wegungen bedarf es keiner bewußten<br />
3. Einfache Urteilsprozesse, Handlungs Planung, obwohl mitunter ein an<strong>der</strong>es<br />
Werkzeug verwendet werden muß.<br />
einteilungen, PIanungen, doch alle<br />
Überlegungen sind offensichtlich, 3. Stufe 2R: Die Abfolge <strong>der</strong> Arbeitsschritte<br />
ist festgelegt. Sie ist<br />
vorhersagbar <strong>und</strong> selten. (VERA 4)<br />
4. Problemlösen : relativ einfache Abhilfen<br />
für unvorherges. Umstände,<br />
daß sie vorab gedanklich ver<br />
jedoch immer wie<strong>der</strong> sc unterschiedlich,<br />
Anwendung eines gewissen gegenwärtigt werden muß.<br />
nichttheoretischen<br />
, empirischen Wissens 4. Stufe 2: Die Abfolge <strong>der</strong> Arbeitsschritte<br />
muß vorab geplant werden,<br />
praktischer <strong>und</strong> technischer Art<br />
(Praxiserfahrung) (VERA 4)<br />
die Planung reicht jedoch bis hin<br />
5. Problemlösen einschließlich Umgang zum Arbeitsergebnis.<br />
mit Personen o.a. relativ unvorhersehbaren<br />
o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>ständigen<br />
von Teiltätigkeiten fest. Jede<br />
5. Stufe 3R: Vorab liegt eine Abfolge<br />
"Dingen" (z.B. recht komplexen)<br />
Teiltätigkeit erfor<strong>der</strong>t eine eigen-<br />
Maschinen . Erfor<strong>der</strong>t mäßigen Grad Planung .<br />
an Einfühlungsvermögen, Einsicht<br />
<strong>und</strong> Einfallsreichtum, um 6. Stufe<br />
kleine<br />
3: Es kann vorab nur eine<br />
grob bestimmte Abfolge<br />
o<strong>der</strong> mäßige Ergebnisverän<strong>der</strong>ungen<br />
von Teiltätigkeiten<br />
geplant werden- Jede<br />
zu bewirken. Beispiel: Rcutineverkauf;<br />
KFZ-Reparatur. (VERA 6)<br />
Teiltätigkeit erfor<strong>der</strong>t eine eigen'<br />
Planung (im Sinne <strong>der</strong> Stufe 2).<br />
6. Komplexes Problemlösen: erfor<strong>der</strong>t Nach Abschluß einer Teiltätigkeit<br />
wesentlichen, aber nicht außergewöhnlichen<br />
Grad an Einsicht, Ori<br />
durchdacht werden.<br />
muß erneut das weitere Vorgehen<br />
ginalität o<strong>der</strong> Denken. Berücksichtigung<br />
vieler Variablen, <strong>der</strong>en Be<br />
4R: Zwar ist nur eine Teil-<br />
7. Stufe<br />
ziehungen aber nicht außerordentlich<br />
komplex sind jedoch Bedingungen für an<strong>der</strong>e<br />
zielplanung erfor<strong>der</strong>lich, hierbei<br />
sind. (VERA 6-8)<br />
(nicht selbst zu leistende) Teilzielplanungen<br />
zu beachten.<br />
7. Erstellen eines komplexen Analysesystems<br />
o<strong>der</strong> einer Synthese, in <strong>der</strong><br />
8. Stufe<br />
wenig vorausfixiert ist. Impliziert<br />
4: Mehrere Teilzielplanungen<br />
(im Sinne <strong>der</strong> Stufe<br />
viele Variablen mit komplexen Beziehungen<br />
; schwer vorhersagbare<br />
bedingenden Teilen des<br />
3) von sich<br />
gegenseitig<br />
Ergebnisse. (VERA 6-10) Arbeitsprozesses sind miteinan<strong>der</strong><br />
zu koordinieren.<br />
9. Stufe 5R: Wie Stufe 5, die neuen<br />
Arbeitsprozesse sind Ergänzungen<br />
zu bereits laufenden Arbeitsprozessen<br />
, welche möglichst wenig<br />
verän<strong>der</strong>t werden seilen.<br />
10. Stufe 5: neu einzuführende, ineinan<strong>der</strong>greifende<br />
Arbeitsprozesse,<br />
ihre Koordination <strong>und</strong> materiellen<br />
Bedingungen sind zu planen.<br />
neller Prinzipien (VERA 10)<br />
Bei <strong>der</strong>. vorliegenden items handelt es sich um von<br />
mir (Moldaschl) etwas gekürzte <strong>und</strong> übersetzte Fassung<br />
Die Numerierung ist gegenüber dem Original aus Gründen<br />
<strong>der</strong> Vergleichbarkeit um einer. Skalenwert nach unten versetzt<br />
(vgl. Anhang ).
Dieses Vorgehen i s t natürlich insofern abstrakt, als es sich<br />
um "Übersetzungen" auf <strong>der</strong> Operationalisierungsebene ohne Bezug<br />
auf konkrete Arbeitsplätze handelt. An<strong>der</strong>erseits befinden<br />
wir uns dabei aber in <strong>der</strong> Situation eines Interviewers/Auswerters,<br />
<strong>der</strong> Arbeitsplatzcharakteristika, die ihm als allgemeine<br />
mitgeteilt werden, mittels <strong>der</strong> KOHN'schen Indizes einstufen<br />
s o l l .<br />
Tabelle 2: Vergleich <strong>der</strong> ordinalen<br />
Stufenrelationen<br />
Komplexität im Umgang<br />
a Einstufungsbereiche: KOHN's Operationalisierung läßt keine eindeutige<br />
Zuordnung zu, auch wenn diese nur schwerpunktmäßig erfolgt.<br />
b ( ): In gewissen Fällen auch höher o<strong>der</strong> geringer.<br />
c - bei diesen Items ergab sich keine sinnvolle Zuordnungsmöglichkeit.<br />
Zur Illustration dieser Ubersetzung sei noch ein Item aus <strong>der</strong><br />
Gesamtkomplexitätsskala herausgegriffen, welches eine recht<br />
eindeutige Zuordnung erlaubt (Codebook, S. 55; KOHN 1983,<br />
S. 325) .<br />
Code 5: "Problem Solving: involving the necessity of dealing<br />
with people or other relatively unpredictable or<br />
obstinate things ... where a mo<strong>der</strong>ate degree of empathy,<br />
insight or ingenuity is needed ... e.g. ...<br />
auto repairing".<br />
Dies entspricht Stufe 6 (beziehungsweise Stufe 3 auf Ebene 3)<br />
im VERA (VOLPERT u.a. 1983, S. 43):<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Stufe 6: "Das Resultat <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe i s t nicht in allen<br />
Einzelheiten festgelegt. Seine Herstellung i s t nicht<br />
durch ein vorab erstelltes vollständiges Handlungsprogramm<br />
möglich. Das Arbeitsresultat kann erst über<br />
eine Abfolge von ebenfalls nicht in allen Einzelheiten<br />
festgelegten Teilzielen, die auf dem Weg zum Arbeitsresultat<br />
liegen, erreicht werden."<br />
Wie bereits bei einem internen Vergleich <strong>der</strong> Skalen auffällt,<br />
beginnt <strong>und</strong> endet die Subskala "Umgang mit Dingen" mit geringeren<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus. Dies äußert sich auch sehr deutl<br />
i c h in den VERA-Vergleichswerten. (Bis zum Skalenwert 3 wird<br />
bei dieser Skala nur VERA-Stufe 2 erreicht, bei den an<strong>der</strong>en<br />
Skalen 4-6.)<br />
Diese Skala erscheint also gegenüber den an<strong>der</strong>en Skalen überbewertet.<br />
Hierin spiegelt sich KOHN's (frühere) Auffassung<br />
wi<strong>der</strong>, alleiniger Umgang mit Dingen könne nur weniger komplex<br />
sein als an<strong>der</strong>e Tätigkeitsinhalte. Tendenziell setzt sich<br />
hier ein Vorverständnis von "Handarbeit" als Gegenstück zu<br />
"Kopfarbeit" durch.<br />
Unterbewertet im Verhältnis zu den an<strong>der</strong>en Skalen erscheint<br />
dagegen die Skala "Umgang mit Menschen". Bei ihr fallen die<br />
anspruchsvollen Items <strong>der</strong> höchsten Skalenwerte auf, die darauf<br />
zurückzuführen sind, daß mit dem Instrument auch Leitungstätigkeiten<br />
erfaßbar sein sollen. Gleiche Stufenhöhen bezeichnen<br />
also unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus. Das "Mentoring"<br />
als höchste Kooperationsanfor<strong>der</strong>ung (Beratung, Anleitung <strong>und</strong><br />
Führung von Individuen bei Problemlösung mittels rechtlicher,<br />
klinischer, wissenschaftlicher o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er professioneller<br />
Prinzipien; Skalenwert 9, VERA-Stufe 10) i s t kaum zu vergleichen<br />
mit <strong>der</strong> "Instandsetzung" als höchster Stufe <strong>der</strong> Gegenstandkomplexität<br />
(Wie<strong>der</strong>herstellen o<strong>der</strong> Ersetzen von Maschinen,<br />
Werkzeugen usw.; Skalenwert 8, VERA-Stufe 6-8).<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Subskala "Dinge" fällt noch eine weitere Beson<strong>der</strong>heit<br />
auf. Zumindest die Items 1-2 <strong>und</strong> 5-6 unterscheiden<br />
sich deutlich durch den in den Formulierungen implizierten<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Automationsgrad <strong>der</strong> Arbeitsmittel. In die Operationalisierung<br />
scheint die Annahme eingegangen zu sein, daß <strong>der</strong> jeweils höher<br />
technisierte Arbeitsplatz die höheren Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
beinhalte. Möglicherweise geht dies auf eine vereinfachende<br />
Übernahme <strong>der</strong> Tendenzaussage von BLAUNER's Automations-<br />
22<br />
Studie (1963) beziehungsweise auf die auch damals breit diskutierte<br />
"Höherqualifizierungsthese" zurück. Deutlich erkennbar<br />
i s t die Auswirkung dieser (impliziten) Vorannahme auch im<br />
zahlenmäßigen Vergleich zum VERA (Tabelle 2), das diese Voraussetzung<br />
nicht macht. Die Skalenwerte 5 <strong>und</strong> 6 differenzieren<br />
die Anfor<strong>der</strong>ung praktisch nicht, Skalenwert 1 wird als<br />
"reine Handarbeit" sogar tendenziell höher bewertet (VERA 1-2)<br />
als Skalenwert 2 (VERA 1).<br />
Eine fehlende Diskrimination zeigt sich auch in <strong>der</strong> Subskala<br />
"Daten" (Items 1-2, 3-4) wie<strong>der</strong>um konsistent in <strong>der</strong> VERA- <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> SOFI-Bewertung. Ein Blick auf die Items-Formulierungen<br />
macht deutlich, daß diese jeweils rein deskriptiven Charakter<br />
besitzen, das heißt Arbeitsinhalte beschreiben statt Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
hinsichtlich ihres kognitiven Gehalts unterscheiden.<br />
Noch auffälliger t r i t t das Fehlen theoretischer Bestimmungskriterien<br />
in <strong>der</strong> Subskala "Umgang mit Menschen" zutage.<br />
Während die ordinale Relation zwischen den Items 9-5 noch<br />
plausibel i s t ( "mentoring" , "negotiating" , "instructing" ,<br />
"supervising"), geht diese Plausibilität bei den unteren<br />
Items weitgehend verloren (Ablenken <strong>und</strong> Unterhalten an<strong>der</strong>er,<br />
Überzeugen, Sprechen, Befehlsempfang, Dienen).<br />
Lediglich die letzten beiden Items können als unterstes Anfor<strong>der</strong>ungsniveau<br />
akzeptiert werden. Das Unterhalten o<strong>der</strong> auch<br />
das Überzeugen an<strong>der</strong>er kann jedoch eine hochkomplexe Tätigkeit<br />
sein, die über dem "Beaufsichtigen" <strong>und</strong> "Unterrichten" steht.<br />
Im Falle des "Uberzeugens" scheint aber das Negativ-Image e i <br />
nes Vertreters die Formulierung bestimmt zu haben. Das Unterrichten<br />
wie<strong>der</strong>um kann vom einfachsten Anlernvorgang bis zur<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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komplexen Dozententätigkeit reichen. Und das "Sprechen"<br />
schließlich dürfte Bestandteil jedwe<strong>der</strong> Tätigkeit sein, die<br />
nicht in völliger Isolation vollzogen wird.<br />
Zu dieser Skala i s t außerdem festzustellen, daß ihre Items<br />
kaum in den handlungstheoretischen Modellen abbildbar sind.<br />
Das liegt einerseits an <strong>der</strong> theoretischen Unklarheit <strong>der</strong><br />
Skala <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits daran, daß die handlungstheoretischen<br />
Modelle nicht e x p l i z i t für die Analyse von Kooperationspro-<br />
23<br />
zessen entwickelt wurden . Und schließlich wird an dieser<br />
Skala noch einmal beson<strong>der</strong>s die Schwierigkeit deutlich, ein<br />
alle Berufssparten übergreifendes Erhebungsinstrument zu konstruieren.<br />
Als Ergebnisse dieser theoretischen Evaluation mit Hilfe e i <br />
nes handlungstheoretischen Arbeitsanalyseinstruments lassen<br />
sich folgende Punkte festhalten:<br />
Der erste Eindruck einer stellenweise wenig plausiblen Skalierung<br />
verstärkt sich bei einem eingehenden Vergleich von<br />
KOHN's Komplexitätsindices mit kognitionspsychologisch definierten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus im Sinne des VERA. Danach können<br />
jeweils nur etwa vier Niveaus deutlich voneinan<strong>der</strong> unterschieden<br />
werden. Das wäre ein recht geringer Differenzierungsgrad<br />
gegenüber dem gesamten beruflichen Anfor<strong>der</strong>ungsspektrum.<br />
Im Vergleich zu solchen Ansätzen, die lediglich an Statusmerkmalen,<br />
Berufs-"Images" o<strong>der</strong> an einem diffusen Autonomiebegriff<br />
orientiert sind, i s t dies jedoch ein erheblicher Vorzug.<br />
Für die Reliabilität <strong>der</strong> Interviewer-Einschätzungen wären da-<br />
2 4<br />
her a p r i o r i r e l a t i v geringe Werte zu erwarten . Es i s t zwar<br />
damit zu rechnen, daß die Interviewer sich von den konkreten<br />
Itemformulierungen lösen <strong>und</strong> die Anfor<strong>der</strong>ungen " i n t u i t i v " ,<br />
aufgr<strong>und</strong> eigener Erfahrungen ordinal differenzierter bewerten<br />
(ganz im Sinne <strong>der</strong> operationistischen Herangehensweise). Damit<br />
wird aber vermutlich die Konstanz beziehungsweise Ver-<br />
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gleichbarkeit <strong>der</strong> interviewerspezifischen Rangfolgen beschränkt<br />
sein, sowohl interindividuell wie auch i n t r a i n d i v i <br />
duell (über die Branchen hinweg).<br />
Wenn man die Unzuverlässigkeit dieser Erhebungsdaten berücksichtigt,<br />
dann erscheinen die gef<strong>und</strong>enen Korrelationen zwischen<br />
"inhaltlicher Komplexität" <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> geistiger<br />
Beweglichkeit unterschätzt.<br />
Im Anschluß an die Überlegungen in Abschnitt 2 (S. 7 ff.)<br />
könnte man allerdings umgekehrt folgern, daß die Gültigkeit<br />
<strong>der</strong> Ergebnisse beziehungsweise die Höhe <strong>der</strong> ermittelten Korrelationen<br />
überschätzt wurde, da in die Erhebung systematisch<br />
subjektive Parameter Eingang gef<strong>und</strong>en haben. Es wurden ja in<br />
einer Interaktionsmessung perzipierte Arbeitsmerkmale mit Personenmerkmalen<br />
in Beziehung gesetzt. Diese Korrelation i s t<br />
aber mit Sicherheit höher als die eigentlich interessierende.<br />
Allerdings i s t <strong>der</strong> Schluß nicht zwingend, daß diese höhere<br />
Korrelation von Person <strong>und</strong> Arbeit in genau gleicher Weise auf<br />
a l l e Aspekte dieses Verhältnisses z u t r i f f t , also zum Beispiel<br />
"inhaltliche Komplexität" <strong>und</strong> "geistige Beweglichkeit". So<br />
kann ja gerade <strong>der</strong> depriviert Arbeitende seine Arbeitsbedingungen<br />
resignativ aufwerten.<br />
Es kann hier also l e t z t l i c h - zumindest auf theoretischer<br />
Ebene - nicht festgestellt werden, wie die Einflüsse des Erhebungsinstruments<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Person im Ergebnis zusammenwirken -<br />
ob sie sich ausgleichen o<strong>der</strong> kumulieren.<br />
Exemplarisch, das heißt an Fallbeispielen sollen aber im f o l <br />
genden Abschnitt - anhand des Datenmaterials aus unserem Projekt<br />
- einige <strong>der</strong> subjektiven Einflüsse in ihrer Wirkungsrichtung<br />
untersucht werden.<br />
Dieses Vorgehen erlaubt es, die Entstehung von Meß-"Fehlern"<br />
im konkreten F a l l nachzuvollziehen, um die Ergebnisse anschließend<br />
auf größere Subpopulationen zu übertragen.<br />
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6. Empirische Evaluation: Sek<strong>und</strong>äranalyse objektiv <strong>und</strong> subjektiv<br />
erhobener Arbeitsplatzdaten<br />
6.1 Erwartungen hinsichtlich <strong>der</strong> Verzerrungstendenzen<br />
Im vorigen Abschnitt wurde <strong>der</strong> Bezug des Komplexitätskonstrukts<br />
bei KOHN zur handlungstheoretisch bestimmten Anfor<strong>der</strong>ungshöhe<br />
hergestellt. Nachfolgend s o l l versucht werden, das Verhältnis<br />
<strong>der</strong> Perzeption <strong>der</strong> Arbeitenden (als Person-Umwelt-Interaktionsmessung)<br />
zu den <strong>objektive</strong>n Anfor<strong>der</strong>ungen (als "Umwelt"-<br />
Messung) zu bestimmen. Dabei geht es auf <strong>der</strong> einen Seite um<br />
systematische Verzerrungen zwischen Arbeit <strong>und</strong> Perzeption.<br />
Daneben werden auch Personenmerkmale berücksichtigt, welche<br />
- von <strong>der</strong> Arbeit her gesehen - als unsystematische Verzerrungseinflüsse<br />
in Rechnung zu stellen sind (als Verhältnis<br />
von Personenmerkmalen, die nicht unmittelbar auf die Arbeitsbedingungen<br />
zurückzuführen sind, zu <strong>der</strong>en Perzeption).<br />
Die Frage, inwieweit Analysen <strong>der</strong> <strong>objektive</strong>n Arbeitsbedingungen<br />
auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von Befragungsdaten ausgeführt werden<br />
können, muß hier eingegrenzt werden auf die Analyse von zwei<br />
o<strong>der</strong> drei aktuellen Arbeitsaspekten.<br />
In Abschnitt 5.2 hatten wir auf die r e l a t i v geringe Übereinstimmung<br />
<strong>der</strong> Bewertung durch Befragte mit gleichen Arbeitsplätzen<br />
(unter Verwendung des VERA in <strong>der</strong> Befragungsversion)<br />
<strong>und</strong> auf mögliche Ursachen subjektiver Verzerrungen hingewiesen.<br />
Von diesen möglichen Ursachen her kann vorhergesagt werden,<br />
in welchem Ausmaß Übereinstimmungen <strong>und</strong> Abweichungen zu<br />
erwarten sind <strong>und</strong> in welche Richtung die zu erwartenden Abweichungen<br />
liegen dürften.<br />
Bezüglich <strong>der</strong> systematischen Abweichungen<br />
erwarten wir:<br />
- eine Überbewertungstendenz bei geringen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus,<br />
- Verbalisierungs-/Differenzierungsprobleme bei geringen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus<br />
(Abweichung nach oben o<strong>der</strong> unten),<br />
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- biographische Einflüsse, das heißt Einflüsse <strong>der</strong> "<strong>objektive</strong>n<br />
Vergangenheit" im Sinne typischer Berufsverlaufsmuster<br />
auf allen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus (Beispiele: nach unten abweichende<br />
Einschätzungen bei früher weniger restriktiven<br />
beziehungsweise qualifizierteren Positionen, ebenso bei in<br />
Aussicht stehenden besseren Positionen; nach oben abweichende<br />
bei vormals geringeren Anfor<strong>der</strong>ungs-/Fähigkeitspotentialen).<br />
Bezüglich <strong>der</strong> unsystematischen Verzerrungen erwarten wir:<br />
- die Überbewertung im Sinne sozialer Erwünschtheit,<br />
- Uber- o<strong>der</strong> Unterbewertung als Mittel <strong>der</strong> Selbstpräsentation,<br />
- Deutungsmuster-Einflüsse: zum Beispiel (auch dissonanzreduzierende)<br />
höhere Bewertung bei stark internaler Attribuierung,<br />
negativere Einschätzung bei gewerkschaftlicher Orientierung<br />
o<strong>der</strong> "Klassenbewußtsein". Soziale Deutungsmuster<br />
dürften zwar mit den Berufsbiographischen Verläufen zusammenhängen,<br />
können aber nicht einfach aus diesen abgeleitet<br />
werden, weshalb sie hier "analytisch" eher <strong>der</strong> Personenseite<br />
zugeordnet werden.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> "unsystematischen" Einflüsse <strong>der</strong> "responsesets"<br />
<strong>und</strong> Interaktionsstrategien gehen wir allerdings davon<br />
aus, daß diese in <strong>der</strong> Interview-Interaktion gering gehalten<br />
werden konnten. Diese Annahme kann hier nicht ausführlich begründet<br />
werden (vgl. aber die Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse). Wir<br />
vertreten sie jedoch bewußt gegenüber einer Position, die eine<br />
Standardisierung immer auch mit dem (testtheoretischen) Argument<br />
einer Sicherung <strong>der</strong> Objektivität durch Minimierung des<br />
Interviewer-Einflusses begründet. Gerade hierdurch werden aber<br />
die Situations- <strong>und</strong> Instrument-Einflüsse verstärkt <strong>und</strong> damit<br />
Probleme <strong>der</strong> Inhaltsvalidität geschaffen. Je weniger theoriegeleitet<br />
die Operationalisierung <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong> erfolgte, um<br />
so mehr wird <strong>der</strong> "spontanen Operationalisierung" des Interviewers<br />
überlassen, das heißt seiner Übersetzung <strong>der</strong> konkreten<br />
Situation in die Sprache des Instuments. Allerdings wird<br />
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dieser eigene Beitrag bei stark standardisierter Erhebung in<br />
den Daten nicht sichtbar. Im übrigen können wir angesichts<br />
<strong>der</strong> geringen Stichprobengröße <strong>und</strong> ihrer Zusammensetzung auch<br />
nicht erwarten, Effekte a l l e r aufgeführten Einflußfaktoren zu<br />
finden.<br />
6.2 Materialgr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Evaluation<br />
Überprüft werden sollen die angeführten Hypothesen anhand <strong>der</strong><br />
Arbeitsplatzdaten <strong>der</strong> 21 Befragten unseres Samples. Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>der</strong> Evaluation sind jeweils zwei Leitfadengespräche mit den<br />
Arbeitenden; personenunabhängige Daten wurden mittels einer<br />
Arbeitsbeobachtung, eines stärker standardisierten Beobachtungs-Interviews<br />
(VERA) <strong>und</strong> eines Vorgesetzten-Interviews gewonnen<br />
.<br />
Die Leitfadengespräche von jeweils etwa zweistündiger Dauer<br />
wurden zur besseren Kontrolle <strong>der</strong> Interview-Interaktion von<br />
zwei Interviewern durchgeführt. Sie beruhen auf detaillierten<br />
Leitfäden zur Erhebung verschiedener aktueller Arbeitsaspekte<br />
(vgl. HOFF u.a. 1983, Bd. I I , S. 111 f f . <strong>und</strong> S. 179 f f . ) .<br />
Das Protokoll <strong>der</strong> Arbeitsplatzbeobachtung beruht auf einer<br />
teilnehmenden Beobachtung während eines ganzen Arbeitstages,<br />
die ebenfalls meist zu zweit durchgeführt wurde <strong>und</strong> die die<br />
Möglichkeit einer Klärung von Verständnisfragen mit dem Beobachteten<br />
vor Ort einschloß (vgl. Anhang 4).<br />
Anhand <strong>der</strong> Leitfaden-Interviews mit den Vorgesetzten (HOFF<br />
u.a. 1983, Bd. I I , S. 152 f f . ) , <strong>der</strong> Personalleitungen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Betriebsräte (S. 99 ff.) konnten die Angaben <strong>der</strong> Befragten<br />
weiter validiert werden.<br />
Diese Unterlagen beziehen sich unter an<strong>der</strong>em auf dieselben<br />
Aspekte, die auch in KOHN's Konstrukte (Selbstbestimmung beziehungsweise<br />
Komplexität) eingegangen sind. Von daher wie<br />
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auch aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> "Überschüssigkeit" unserer Daten erscheint<br />
es möglich, diese mittels <strong>der</strong> KOHN'schen Kategorien, getrennt<br />
für objektiv <strong>und</strong> subjektiv erhobene Daten, sek<strong>und</strong>äranalytisch<br />
auszuwerten.<br />
Man könnte an dieser Stelle die Frage stellen, warum aus Gründen<br />
<strong>der</strong> methodischen Exaktheit <strong>und</strong> Kontrolle nicht bereits d i <br />
rekt eine Datenerhebung sowie -auswertung sensu KOHN, son<strong>der</strong>n<br />
hier erst a posteriori vorgenommen wird. Analoge Fragen tauchen<br />
immer dann auf, wenn wie hier nur einzelne Bereiche aus <strong>der</strong><br />
insgesamt großen Merkmalsstichprobe herangezogen werden. Der<br />
an Moral interessierte Rezipient unserer Arbeiten fragt zum<br />
Beispiel, warum wir nicht zur Kontrolle unserer spezifischen<br />
Messungen den "geringen" Aufwand unternommen haben, den Befragten<br />
KOHLBERG'sche Dilemmata o<strong>der</strong> ein standardisiertes Instrumentarium<br />
sensu REST o<strong>der</strong> LIND vorzulegen; o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<br />
Kontrollüberzeugungen interessierte Rezipient fragt nach <strong>der</strong><br />
Vorlage einer <strong>der</strong> schnellbearbeitbaren üblichen Kontrollskalen<br />
sensu ROTTER o<strong>der</strong> LEVENSON.<br />
Eine Antwort auf diese Frage ergibt sich daraus, daß dann<br />
mehr Erhebungsinstrumente hätten eingesetzt werden müssen,<br />
als den Befragten zuzumuten waren. Wenn auch nicht schon die<br />
Verwendung von einzelnen Items in multiple-choice-Format (die<br />
wir zu einem Aspekt auch vorgelegt haben) den Rahmen unserer<br />
Untersuchung gesprengt hätte, so wäre das <strong>der</strong> F a l l gewesen,<br />
sobald wir mit einer ganzen Batterie standardisierter Instrumente<br />
ins Feld gegangen wären. Außerdem hätte <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holte<br />
Wechsel von mehr <strong>und</strong> min<strong>der</strong> standardisierten Frageweisen nach<br />
unseren Erfahrungen zumindest einen Teil <strong>der</strong> Befragten so i r <br />
r i t i e r t , daß ihre Bereitschaft, unsere Fragen "nach bestem<br />
Wissen <strong>und</strong> Gewissen" zu beantworten, stark zurückgegangen<br />
wäre.<br />
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6.3 Ergebnisse<br />
6.3.1 Übereinstimmungsmaße<br />
Im Hinblick auf die Übereinstimmung <strong>der</strong> Beobachtungs- <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Befragungsdaten wurden nur zwei <strong>Indikatoren</strong> des Komplexitätsindex<br />
einer Korrelationsrechnung unterzogen. Dies waren die<br />
"Komplexität im Umgang mit Dingen" <strong>und</strong> die "Gesamtkomplexität".<br />
Der erste Indikator s t e l l t ja den Schwerpunkt <strong>der</strong> in unserem<br />
Forschungsbereich untersuchten Fähigkeiten dar. Der zweite<br />
hatte sich in <strong>der</strong> theoretischen Evaluation als beste Skala<br />
zur branchenunabhängigen Bestimmung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen herausgestellt.<br />
Die an<strong>der</strong>en Tätigkeitsanteile anhand <strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong><br />
"Umgang mit Dingen" <strong>und</strong> "Umgang mit Menschen" mitzubewerten,<br />
erwies sich dagegen als schwierig bis fruchtlos.<br />
Unsere Befragten hatten teilweise v i e l mit "Daten" zu tun: mit<br />
Konstruktionszeichnungen, Maschinen-, Werkzeug- <strong>und</strong> Werkstückdaten<br />
usw., welche Gegenstand verschiedener kognitiver Transformationsprozesse<br />
sind. Beispielsweise müssen beim Programmieren<br />
von NC-Maschinen (Befragter 162) <strong>der</strong> Werkstückzeichnung<br />
geometrische <strong>und</strong> technologische Daten entnommen <strong>und</strong> in ein<br />
Bearbeitungsprogramm umgesetzt werden. Die Items <strong>der</strong> "Daten"-<br />
Skala von KOHN sind jedoch so spezifisch auf Büro- <strong>und</strong> Verwaltungstätigkeiten<br />
zugeschnitten, daß eine sinnvolle Zuordnung<br />
zu gewerblichen Funktionen kaum möglich i s t .<br />
So war beispielsweise oft schwer festzustellen, ob es sich<br />
lediglich um ein "Berechnen" (Skalenwert 3) o<strong>der</strong> um ein "Analysieren"<br />
(Skalenwert 5), das heißt um ein "Prüfen <strong>und</strong> Auswerten<br />
von Daten" handelt, welches teilweise mit "Modifikationen<br />
<strong>und</strong> Adaptionen bestehen<strong>der</strong> Anordnungen" verb<strong>und</strong>en war,<br />
o<strong>der</strong> ob gar "Koordinieren" (Skalenwert 6) erfor<strong>der</strong>t wurde, da<br />
Handlungsabfolgen geplant werden mußten <strong>und</strong> schwierige T e i l <br />
programme neue Verfahrensweisen verlangten (vgl. Tabelle 1<br />
beziehungsweise Anhang).<br />
Ein gravieren<strong>der</strong> Mangel s t e l l t e sich bei <strong>der</strong> Subskala "Komplexität<br />
im Umgang mit Menschen" heraus. War in Abschnitt 5.3<br />
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schon auf den deskriptiven Charakter etlicher Itemformulierungen<br />
hingewiesen worden, wurde bei <strong>der</strong> Anwendung auf Kooperationsbeziehungen<br />
deutlich, daß eine zentrale Interaktionsform<br />
überhaupt nicht erfaßt wurde: die gleichberechtigte, "teamartige"<br />
Kooperation (charakteristisch zum Beispiel für Instandhaltungsarbeit)<br />
. Hierfür steht nur das Item "Speaking-<br />
Signaling" , (Skalenwert 5) zur Verfügung, ohne Bezug zu Charakter<br />
<strong>und</strong> Komplexität <strong>der</strong> Interaktion. Unseres Erachtens<br />
dürfte die Gültigkeit dieser Skala - als Indikator für kognitive<br />
Regulationserfor<strong>der</strong>nisse - am niedrigsten liegen. Aufgr<strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> "Inhaltlichkeit" <strong>der</strong> Skala kann die Beurteiler-<br />
Reliabilität dennoch recht günstig ausfallen.<br />
Da uns bei diesen Skalen in mehreren Fällen keine sinnvolle<br />
Zuordnung möglich erschien <strong>und</strong> es in <strong>der</strong> vorliegenden empirischen<br />
Evaluation primär um den Subjektiv-Objektiv-Vergleich<br />
<strong>und</strong> weniger um Gütekriterien des Instruments geht, wurde auf<br />
die Berechnung ihrer Übereinstimmungsmaße verzichtet.<br />
Damit i s t natürlich ein zentrales methodisches Anliegen KOHN's,<br />
nämlich die Bestimmung <strong>der</strong> Gesamtkomplexität durch multiple<br />
<strong>Indikatoren</strong>, nicht realisierbar. Dessen Ziel i s t es, mittels<br />
<strong>der</strong> konfirmatorischen Faktorenanalyse die gemeinsame Varianz<br />
<strong>der</strong> <strong>Indikatoren</strong> als "wahre" Varianz des Komplexitätsmaßes aufzuklären.<br />
Das Ausmaß <strong>der</strong> Kovariation <strong>der</strong><br />
Einzelindikatoren<br />
wird dabei als Gütekriterium verwendet, die Restvarianzen wer-<br />
25<br />
den als Ausdruck von Meßfehlern aufgefaßt<br />
Demgegenüber bevorzugen wir eine direkte Meßfehlerbestimmung<br />
im konkreten E i n z e l f a l l , <strong>der</strong>en Ergebnisse wir im letzten Abschnitt<br />
zumindest für diejenigen Subpopulationen in KOHN's<br />
Sample verallgemeinern wollen, die unserer Stichprobe entsprechen.<br />
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Als erstes Ergebnis i s t festzuhalten, daß die Abweichungen <strong>der</strong><br />
auf subjektiver Seite erhobenen Arbeitsplatzdaten von den subjektunabhängig<br />
erhobenen relativ gering sind, gemessen an unserer<br />
kritischen Argumentation sogar überraschend niedrig<br />
liegen. Die Berechnung <strong>der</strong> Übereinstimmung zwischen subjektiver<br />
<strong>und</strong> <strong>objektive</strong>r Bewertung ergab einen Rangkorrelationskoeffizienten<br />
von R = .70 für den Indikator "Komplexität im Umgang<br />
mit Dingen" <strong>und</strong> von R = .78 für die "Gesamtkomplexität"<br />
(als Interviewereinschätzung). Insgesamt liegen die Abweichungen<br />
im Rahmen jener Streubreite, die durch die Unklarheit <strong>der</strong><br />
Items gegenüber den kognitiven Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen vorgegeben<br />
i s t (vgl. Tabelle 2).<br />
Diese Übereinstimmung i s t unter methodischen <strong>und</strong> inhaltlichen<br />
Gesichtspunkten zu interpretieren.<br />
Methodisch gesehen resultieren Auswertungseinflüsse aus <strong>der</strong><br />
relativen "Überschüssigkeit" unserer Daten. Wir besitzen aufgr<strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> ausführlichen Interviews eine recht genaue Kenntnis<br />
des jeweiligen Arbeitsplatzes, unter an<strong>der</strong>em im Gesamtzusammenhang<br />
seiner Charakteristika (Qualifikation, Handlungsspielraum,<br />
Belastung, Lohnaspekte usw.). Unsere Erfahrung zeigt,<br />
daß Arbeitsplatzmerkmale häufig erst im Zusammenhang mit an<strong>der</strong>en<br />
Arbeitsaspekten zuverlässig beurteilt werden können, da<br />
die subjektive Darstellung umgangssprachlich mehrdeutig <strong>und</strong><br />
oft scheinbar wi<strong>der</strong>sprüchlich i s t . Der Auswerter schließt daher<br />
"automatisch" vom Gesamtzusammenhang auf die Anfor<strong>der</strong>ungshöhe.<br />
Auch dies i s t ein Vorzug gering standardisierter Verfahren<br />
.<br />
Hinzu kommt, daß wir als Auswerter die betreffenden Arbeitsplatztypen<br />
aus praktischer Anschauung gut kennen <strong>und</strong> auch mit<br />
<strong>der</strong> Erhebungsproblematik (objektiv-subjektiv) auf theoretischem<br />
Hintergr<strong>und</strong> gut vertraut sind. Viele potentielle Täuschungen<br />
werden daher " i n t u i t i v geglättet" - wir können uns schwer in<br />
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KOHN's Interviewer versetzen. Natürlich könnte man aber zur<br />
Ausschaltung dieses Einflusses "Fremde" mit <strong>der</strong> Auswertung des<br />
Materials betrauen.<br />
Auch das Fehlen einer weiteren "unsystematischen" Fehlerquelle<br />
i s t unter an<strong>der</strong>em methodisch zu erklären. Bewußte "Unter- o<strong>der</strong><br />
Ubertreiber" o<strong>der</strong> auch "Beschöniger" konnten wir unter diesen<br />
Befragten ebenfalls nicht identifizieren. Der Beziehungsaspekt<br />
in den ausführlichen Interviews dürfte dazu wie auch zur Vermeidung<br />
bestimmter response-sets beigetragen haben; ebenso<br />
das Wissen des Befragten um eine bevorstehende, in einzelnen<br />
Fällen auch schon vollzogene Arbeitsbeobachtung. Für subjektiv<br />
standardisierte Instrumente darf daher nicht ohne weiteres<br />
auf eine generelle Abwesenheit dieser "Meßfehler" geschlossen<br />
werden.<br />
Inhaltlich betrachtet (im Hinblick auf die Erhebungsdaten) muß<br />
man natürlich auf die Qualität des Untersuchungsinstruments,<br />
eventuell auch auf die "Unempfindlichkeit" des Untersuchungsgegenstands<br />
gegenüber Erhebungsvarianten schließen. Zur guten<br />
Übereinstimmung hat auch die bedingungsbezogenene Formulierung<br />
<strong>der</strong> Fragebogenitems <strong>und</strong> <strong>der</strong> entsprechenden Codierung beigetragen.<br />
Es wird nicht gefragt, wie eine Aufgabe sei ("schwierig",<br />
"monoton" usw. o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong> Befragte: "zufrieden" usw.), son<strong>der</strong>n<br />
was getan wird. Die Bewertung liegt beim Interviewer,<br />
damit zum Teil auch das "Subjektivitäts-Problem" (im Sinne<br />
des Güte-Kriteriums Objektivität). Die geringe Übereinstimmung<br />
in <strong>der</strong> VERA-Fragebogenversion (vgl. Abschnitt 4, S. 18)<br />
i s t daher eher auf die Anfor<strong>der</strong>ungs-Bewertung durch die Arbeitenden<br />
selbst zurückzuführen als auf ihre Darstellung <strong>der</strong><br />
kognitiven Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Dieses Ergebnis läßt sich gut vereinbaren mit unserer generellen<br />
Unterscheidung zwischen Perzeption, welche näher an <strong>der</strong><br />
"<strong>objektive</strong>n" Realität liegt <strong>und</strong> Evaluation, die mehr mit <strong>der</strong><br />
"subjektiven Realität" zu tun hat (HOFF u.a. 1983a, S. 139 f f .<br />
vgl. Abschnitt 3).<br />
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Ein zweiter inhaltlicher Gr<strong>und</strong> für die hohe Übereinstimmung<br />
i s t zugleich in einer Schwäche des Instruments, das heißt von<br />
KOHN's Operationalisierung <strong>der</strong> Komplexität zu suchen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des teilweise stark deskriptiven Charakters <strong>der</strong> Items<br />
i s t <strong>der</strong> Auswerter gezwungen, einen Arbeitsplatz in das qualitativ<br />
passende Item einzuordnen, auch dann, wenn er eine quant<br />
i t a t i v (beziehungsweise ordinal) höhere o<strong>der</strong> geringere Einstufung<br />
für r i c h t i g halten würde (was <strong>der</strong> F a l l war zum Beispiel<br />
bei den Arbeitsplätzen 106, 163 <strong>und</strong> 166, vgl. Tabelle 3). Ein<br />
Beispiel dafür i s t die oben erwähnte Binnendifferenzierung des<br />
Indikators "Umgang mit Dingen" durch den Mechanisierungsgrad.<br />
Dem Auswerter stehen dadurch praktisch zwei nominal unterschiedene<br />
Ordinalskalen mit je drei Werten zur Verfügung. Einen<br />
Arbeitsplatz mit einer von nur drei Ausprägungen bewerten zu<br />
müssen, erhöht zwar die Zuverlässigkeit dieser Bewertung, vermin<strong>der</strong>t<br />
aber die Gültigkeit <strong>der</strong> Gesamtskala, da den ordinalen<br />
Relationen von acht Skalenwerten nur vier unterscheidbare kognitive<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus (im Sinne des VERA) entsprechen.<br />
Schließlich sei noch auf einen spezifischen Aspekt hingewiesen.<br />
Daß wir, entgegen einer <strong>der</strong> Hypothesen, keine systematische<br />
Uberbewertungstendenz bei geringen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus entdekken<br />
konnten, läßt sich durchaus im Sinne <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hypothesen<br />
interpretieren. So besitzen die jungen Facharbeiter unseres<br />
Samples gute Vergleichsmöglichkeiten aufgr<strong>und</strong> des Kontrastes<br />
von Lehre <strong>und</strong> inadäquatem Erstarbeitsplatz. Bei jungen<br />
Ungelernten o<strong>der</strong> dequalifizierten älteren Facharbeitern könnte<br />
dies ganz an<strong>der</strong>s aussehen.<br />
Uber- o<strong>der</strong> Unterbewertungstendenzen waren auch für das gesamte<br />
Sample, also über alle Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus hinweg, nicht festzustellen<br />
Allerdings waren durchaus systematische Diskrepanzen in einzelnen<br />
Fällen nachzuweisen, die ja - so unsere generelle Ar-<br />
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gumentationsfigur, auf große Stichproben beziehungsweise die<br />
Gesamtpopulation übertragen, erhebliche Personengruppen betreffen<br />
.<br />
6.3.3 Abweichungen<br />
In die Übersicht auf <strong>der</strong> folgenden Seite (Tabelle 3) wurden<br />
diejenigen Fälle aufgenommen, welche ausgeprägte <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />
charakteristische Abweichungen aufweisen. Diese Tabelle enthält<br />
in den ersten beiden Spalten jeweils die KOHN'schen Stufencodes,<br />
mit welchen die Arbeitsaufgabe jeweils anhand <strong>der</strong><br />
subjektiv <strong>und</strong> <strong>der</strong> objektiv erhobenen Arbeitsplatzdaten bewertet<br />
wurde. Für die dritte <strong>und</strong> vierte Spalte wurden diese Werte<br />
einfach anhand Tabelle 2 in die entsprechenden VERA-Codes übersetzt,<br />
um diese mit <strong>der</strong> Bewertung zu vergleichen, die dieser<br />
Arbeitsplatz bei Anwendung des VERA-Verfahrens erhalten hatte<br />
(Spalte 5).<br />
"Systematische"<br />
Abweichungen<br />
Eine deutlich "systematische" Abweichung kann in diesem Vergleich<br />
beim Arbeitsplatz beziehungsweise beim Befragten 126<br />
festgestellt werden.<br />
Trotz intensiver Befragung gerät ihm die Darstellung dieses<br />
restriktivsten <strong>der</strong> aufgeführten Arbeitsplätze nur <strong>und</strong>ifferenziert<br />
<strong>und</strong> lückenhaft, so daß auch die schematisch lösbaren<br />
Aufgabenanteile untergehen, die eine etwas höhere Einstufung<br />
gerechtfertigt hätten (Wartungs- <strong>und</strong> Rüstfunktionen). Dies<br />
i s t plausibel auf die Problematik <strong>der</strong> Verbalisierung psychisch<br />
hochautomatisierter Regulationsprozesse zurückzuführen. In<br />
vergleichbarer Weise t r i f f t dies auch auf den Befragten 108<br />
zu.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Tabelle 3: Vergleich subjektiver <strong>und</strong> <strong>objektive</strong>r Bewertung<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Bei den angegebenen Werten handelt es sich um die Stufencodes <strong>der</strong> Skalen<br />
Kohns (vgl- Tab. 1, S. ). Werte in Klammern deuten die Schwierigkeit an,<br />
diesen Arbeitsplatz überhaupt anhand <strong>der</strong> items einzustufen.<br />
'Dieser Wert ist eine "Übersetzung" des Kohn'schen Stufencodes in die entsprechende<br />
VERA-Stufe, Tabelle 2 entnommen.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Mögliche Interaktionen<br />
zwischen diesen Einflußfaktoren<br />
werden im Text<br />
besprechen.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719<br />
"Systematische" (arbeitsseitige) Abweichungen<br />
Verbalisierungsprobleme<br />
Befr.126, Dreher (VERA Stufe 2)<br />
Unterbewertung: Der Befragte<br />
"vergißt", den wichtigsten Arbeitsaspekt<br />
zu nennen, welcher<br />
überhaupt eine Bewertung über<br />
Stufe 1 zuläßt. Die Tätigkeit<br />
ist so stark psychisch automatisiert,<br />
daß alle Aspekte<br />
des Arbeitsvollzugs explizit<br />
erfragt werden müssen.<br />
Befr. 108, Maschinenschlosser<br />
(VERA Stufe 5) Unterbewertung:<br />
Auch personbedingte Schwierigkeiter,<br />
bei <strong>der</strong> Darstellung<br />
abstrakter (Rechen-)Operationen<br />
Abweichungen in bei<strong>der</strong>, Richtungen<br />
wurden erwartet.<br />
Überbewertungstendenz bei<br />
geringen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus Berufsbiographische Einflüsse<br />
Befr. 101, Dreher (VERA<br />
Stufe 2):Komplex erscheinende<br />
Arbeitssituation im Meßraum.<br />
Uberbetonung abstrakter Denkvorgänge<br />
Befr. 106, Maschinenschlosser<br />
(VERA Stufe 2): Starke Betonung<br />
vor, Präzision <strong>und</strong> Verantwortlichkeit<br />
bei geringen Planungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
(Montagearbeit)<br />
Befr. 124, Dreher (VERA Stufe<br />
3 R): Überbetonung von Verantwortlichkeit<br />
für Dinge bei<br />
Streß: Intensive Thematisierung<br />
von informeller Kommunikation<br />
am Einzelarbeitsplatz<br />
ohne kooperative Bindungen<br />
Befr. 165, Werkzeugmacher<br />
(VERA Stufe 1): Ebenfalls<br />
Kompensation <strong>der</strong> Isolation<br />
durch starke Betonung bzw.<br />
intensive Nutzung informeller<br />
Kommunikationschancen<br />
Die Richtung <strong>der</strong> Abweichungen<br />
ist erwartungsgemäß .<br />
Befr. 103, Maschinenschlosser<br />
(VERA Stufe 7) Unterbewertung<br />
: hohes Anspruchsniveau<br />
durch qualifizierte Ausbildung,<br />
jedoch dequalifizierter<br />
Einsatz. Geringschätzung<br />
<strong>der</strong> gegenwärtigen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
.<br />
Befr. 104, Maschinenschlosser<br />
(VERA Stufe 7) Unterbewertung:<br />
wie oben.<br />
Außerdem: hohe Bewertung<br />
von Selbstbestimmung<br />
(berufstypisch) Unterbewertung<br />
des kommunikativen<br />
Handlungsspielraums bzw.<br />
<strong>der</strong> Komplexität im Umgang<br />
mit Menschen (u.a. mit Vorgesetzten)<br />
Befr. 163, Werkzeugmacher<br />
(VERA Stufe 4) Unterbewertung:<br />
wie oben<br />
Abweichungen erwartungsgemäß<br />
.<br />
Befr. 162, Werkzeugmacher<br />
(VERA Stufe 5) Überbewertung:<br />
trotz dequalifiziertem Einsatz<br />
als Fräser.<br />
"unsystematische" (personseitige) Abweichungen<br />
(individuelles)<br />
Aspirationsniveau Deutungsmuster sonstige Merkmale<br />
Befr. 164, Werkzeugmacher (VERA Befr. 162, Werkzeugmacher (VERA<br />
Stufe 8) Überbewertung: Der<br />
Stufe 5) Überbewertung: Arbeitet<br />
Befragte hat sich zwar zum Ausbil<strong>der</strong><br />
hochgearbeitet, hatte aber den eigenen Arbeitsplatz als den<br />
zwar dequalifiziert, stellt aber<br />
höhergesteckte Berufsziele<br />
unter gegebenen Umständen besten<br />
(Ingenieurstudium)(Identitätsstabilisierung)<br />
durch Überbewer<br />
Externales Kontrollbewußtsein,<br />
erreichbaren.<br />
tung statt Anspruchsreduktion resignative Arbeitszufriedenheit<br />
als Identitätsstabilisierung.<br />
Abweichungen in beiden Richtungen<br />
erwartet (auch "überkritische"<br />
Sicht wäre möglich)<br />
Anteile auch bei den Befr.<br />
<strong>und</strong> 167<br />
165<br />
Befr. 165, Werkzeugmacher<br />
(VERA Stufe 2) Überbewertung:<br />
Primäres Lohninteresse, jedoch<br />
wird die Qualität auch jedes<br />
an<strong>der</strong>en Arbeitsaspekts als Resultat<br />
eigener Leistung <strong>und</strong> Anstrengung<br />
dargestellt. Extreme<br />
Aufstiegsorientierung, "internales"<br />
Kontrollbewußtsein<br />
Befr. 167, Werkzeugmacher<br />
(VERA Stufe 4) Überbewertung:<br />
wie oben; weniger starke Aufstiegs-,<br />
aber stärkere Leistungsorientierung<br />
. "Internales"<br />
KB.<br />
Befr. 16?, Werkzeugmacher (VERA<br />
Stufe 4) Unterbewertung: Kritische<br />
Sicht <strong>der</strong> eigenen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitsbedingungen an<strong>der</strong>er als<br />
Gewerkschafter (Betriebsjugendvertreter)<br />
Befr. 123, Dreher (VERA<br />
Stufe 5) Unterbewertung:<br />
Personspezifische Nachlässigkeit<br />
auch in <strong>der</strong><br />
Darstellung <strong>der</strong> Arbeitssituation<br />
Befr. 167, Werkzeugmacher<br />
Überbewertung (vgl. Spalte<br />
5) auch aufgr<strong>und</strong> starken<br />
Bedürfnisses nach Selbstpräsentation<br />
Abweichung nicht erwartungsgemäß.<br />
Hypothese: Überlagerung<br />
durch Deutungsmustereinfluß
Bei den Befragten 103 <strong>und</strong> 104 sind die Diskrepanzen zwischen<br />
Beobachtungs- <strong>und</strong> Befragungsdaten in zweierlei Hinsicht auf<br />
berufsbiographische Einflüsse zurückzuführen.<br />
Beide Befragten arbeiten als Instandhalter in Großbetrieben.<br />
Von <strong>der</strong> Ausbildung her gehören die Maschinenschlosser zu den<br />
qualifiziertesten, von den Arbeitsbedingungen her zu den Facharbeitergruppen<br />
mit den größten Handlungsspielräumen. Diese<br />
Bedingungen erlauben den Arbeitenden die positive Entwicklung<br />
einer "beruflichen Identität" <strong>und</strong> eines ausgeprägten Facharbeiter<br />
( selbst) bewußtseins . Zwei <strong>der</strong> drei Reparaturschlosser<br />
unseres Samples neigen bei <strong>der</strong> Darstellung ihrer Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
auch eher zur Unterbewertung. Der dritte (hier<br />
nicht aufgeführte) Befragte (102) wird hingegen von seinem<br />
Vorgesetzten als relativ "schwach" beurteilt, er i s t von seiner<br />
Arbeit stark beansprucht, ohne daß sich dies in einer<br />
Überbewertung ausdrücken würde.<br />
Unter einem an<strong>der</strong>en Aspekt i s t die Betrachtung <strong>der</strong> Diskrepanz<br />
des Befragten 104 beim Indikator "Umgang mit Menschen" interessant,<br />
die beim Befragten 103 nicht a u f t r i t t . Der Befragte<br />
schil<strong>der</strong>t Kompetenzkonflikte mit dem Meister <strong>der</strong>art, daß <strong>der</strong><br />
Eindruck<br />
entsteht, die Arbeitsbeziehung mit Vorgesetzten sei<br />
auf reinen "Befehlsempfang" seinerseits reduziert. Dies i s t<br />
jedoch keineswegs <strong>der</strong> F a l l , da <strong>der</strong> Befragte verschiedene Absprachen<br />
sowohl mit Vorgesezten als auch mit Kollegen zu tref-<br />
27<br />
fen hat<br />
Dieser Kompetenzkonflikt <strong>und</strong> die daraus resultierende Unzufrie<br />
denheit des Facharbeiters i s t "objektiv" angelegt im betrieblichen<br />
Interesse, die Flexibilität des Facharbeiters (für stän<br />
dig erfor<strong>der</strong>liche eigene Entscheidungen) zu nutzen <strong>und</strong> sie<br />
gleichzeitig unter die betriebliche Kontrolle zu bringen.<br />
Nun t r i t t aber eine Diskrepanz speziell bei diesem Indikator<br />
beim Befragten 103 nicht auf. Neben personenspezifischen<br />
("unsystematischen") Bedingungen (zum Beispiel Verhaltensten-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
denzen des Meisters), dürften hier unterschiedliche berufsbiographische<br />
Verläufe eine Rolle spielen. Während die Berufsbiographie<br />
des Befragten 104 "bruchlos" verlaufen war, hatte <strong>der</strong><br />
Befragte 103 einen dequalifizierten Ersteinsatz nach <strong>der</strong> Lehre<br />
erfahren. Seine anschließende Entwicklung s t e l l t sich demgegenüber<br />
positiv dar, insbeson<strong>der</strong>e schätzt er die Möglichkeiten,<br />
selbständiger arbeiten zu können als am restriktiven<br />
Eingangsarbeitsplatz. Daß er die Anfor<strong>der</strong>ungen trotz dieser<br />
positiven Entwicklung nicht über-, son<strong>der</strong>n eher unterbewertet,<br />
stützt unsere Annahme <strong>der</strong> größeren Kritikfähigkeit bei höherer<br />
Selbstbestimmtheit.<br />
War eine Uberbewertungstendenz bei geringen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus<br />
auch nicht durchgängig nachzuweisen, so sind doch einzelne Abweichungen<br />
durchaus in diesem Sinne zu interpretieren. So i s t<br />
etwa beim Befragten 124 einer <strong>der</strong> am intensivsten thematisierten<br />
Arbeitsaspekte die Kooperation beziehungsweise Interaktion<br />
mit den Kollegen. Die Analyse <strong>der</strong> personenunabhängig gewonnenen<br />
Daten zeigte jedoch, daß am Arbeitsplatz des Befragten keinerl<br />
e i kooperative Bindungen bestehen. Der Arbeiter versucht daher,<br />
seine Isolation durch Intensivierung seiner informellen<br />
Beziehungen zu kompensieren. In wieweit hier seine Darstellung<br />
unzulänglich i s t o<strong>der</strong> seine Perzeption "verzerrt", i s t dabei<br />
schwer zu beurteilen. Ähnliche Abweichungen sind bei den Befragten<br />
101, 106 <strong>und</strong> 165 festzustellen.<br />
"Unsystematische<br />
Abweichungen"<br />
Wenn die nachfolgend<br />
untersuchten Subjektiv-Objektiv-Diskrepanzen<br />
als "unsystematisch" bezeichnet werden, so i s t gemeint,<br />
daß sie sich nicht auf personenunabhängige Kategorien (wie<br />
etwa "Berufsverlaufsmuster") beziehen. Sie sind charakteri-<br />
2 8<br />
stisch für bestimmte Personengruppen . Eine Berücksichtigung<br />
ihres Einflusses auf die Validität <strong>der</strong> Arbeitsdaten wäre<br />
"systematisch" nur durch eine zusätzliche Erhebung <strong>der</strong> jeweils<br />
relevanten Merkmale möglich.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Ein solches Merkmal i s t zum Beispiel das "Aspirationsniveau",<br />
also das ursprüngliche o<strong>der</strong> gegenwärtige Ziel <strong>der</strong> persönlichen<br />
Berufskarriere. Hierdurch bedingte Abweichungen sind dabei in<br />
beiden Richtungen zu erwarten. Die beim Befragten 164 über<br />
alle <strong>Indikatoren</strong> hinweg erkennbare Überbewertung <strong>der</strong> Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
dürfte zu einem erheblichen Teil auf seinen ursprünglich<br />
höher gesteckten Berufswunsch zurückgehen. Zwar hat<br />
er sich vom Werkzeugmacher zum Ausbil<strong>der</strong> emporgearbeitet, doch<br />
hatte er dafür seine Pläne für ein Ingenieurstudium aufgeben<br />
müssen.<br />
An<strong>der</strong>s gelagert sind die Fälle <strong>der</strong> Befragten 162 <strong>und</strong> 163, die<br />
wie <strong>der</strong> Befragte 164 gelernte Werkzeugmacher sind, jedoch beide<br />
dequalifiziert arbeiten. Zwar hatte <strong>der</strong> Befragte 162 keine weitergehenden<br />
Vorstellungen, doch s t e l l t seine <strong>der</strong>zeitige Maschinenarbeit<br />
als NC-Fräser im Verhältnis zur Ausbildung erheblich<br />
geringere Anfor<strong>der</strong>ungen. Auch dieser Befragte neigt zur Überbewertung,<br />
allerdings hätten wir eine eher kritische Sicht erwartet.<br />
Die Vermutung liegt in seinem F a l l nahe, daß ein "Deutungsmuster-Effekt"<br />
den berufsbiographischen Anspruch überlagert<br />
hat. So a t t r i b u i t i e r t er die Übernahme <strong>und</strong> das Beibehalten des<br />
jetzigen Arbeitsplatzes als bewußte Entscheidung ("internal"),<br />
<strong>und</strong> gibt doch gleichzeitig an, keine bessere Chance gehabt zu<br />
haben. Er hat sich allerdings we<strong>der</strong> ausreichend über Alternativen<br />
informiert noch sich bei an<strong>der</strong>en Firmen beworben. Er<br />
zeigt also l e t z t l i c h ein "externales" Kontrollbewußtsein <strong>und</strong><br />
hebt - im Sinne "psychohygienischer Funktionen" (vgl. HOHNER<br />
1985) beziehungsweise "resignativer Arbeitszufriedenheit" die<br />
wenigen noch werkzeugmacherspezifischen Tätigkeitsanteile beson<strong>der</strong>s<br />
hervor.<br />
In an<strong>der</strong>er Weise interagieren berufsbiographische mit Deutungsmustereinflüssen<br />
beim Befragten 163. Dieser arbeitet zwar noch<br />
als Werkzeugmacher <strong>und</strong> hatte ebenfalls keine weitergehenden<br />
Berufsziele, doch wird ihm nur ein schmaler Ausschnitt aus<br />
seinem Qualifikationsspektrum abgefor<strong>der</strong>t - nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong><br />
seiner Beanspruchung durch Gewerkschaftsarbeit.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Seine Unzufriedenheit <strong>und</strong> seine sehr kritische Darstellung <strong>der</strong><br />
Arbeitssituation speisen sich zum einen aus einer - berufsbiographisch<br />
im Verhältnis zur Ausbildung (die ihrerseits unterhalb<br />
seines ursprünglichen Aspirationsniveaus liegt) - dequal<br />
i f i z i e r t e n Position, zum an<strong>der</strong>en aus seiner kritischen Sicht<br />
("Deutung") als Gewerkschafter (Betriebsjugendvertreter). Seine<br />
durch die Lehre erworbene Qualifikation dürfte ihm einerseits<br />
eine realistische Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage bieten, die damit erworbenen<br />
Ansprüche lassen ihn aber an<strong>der</strong>erseits die aktuellen<br />
Arbeitsbedingungen geringschätzen. Auch als Betriebsjugendvertreter<br />
müßte er einen guten Uberblick haben, während er<br />
gleichzeitig eher hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Qualität von Arbeitsplätzen<br />
s t e l l t .<br />
Beim Befragten äußern sich diese Konstellationen in einer eher<br />
negativen <strong>und</strong> unterbewertenden Darstellung seines Arbeitsplatzes.<br />
Dies konnte jedoch in <strong>der</strong> Einstufung so nicht wie<strong>der</strong>gegeben<br />
werden, da die Stufenbeschreibung <strong>der</strong> "Dinge"-Skala "zwingend"<br />
zu seinem Arbeitsplatz paßte. (Gerade in einem solchen<br />
F a l l i s t aber schwer zu beurteilen, wie sich wohl KOHN's Interviewer/Auswerter<br />
verhalten haben: Bewerteten sie nach <strong>der</strong> Itemformulierung<br />
o<strong>der</strong> i n t u i t i v im Sinne ordinaler Vergleichbarkeit<br />
<strong>der</strong> Arbeitsplätze?) Ähnliches g i l t für den befragten Werkzeugmacher<br />
166, dessen Unterbewertung aber weniger auf unerfüllte<br />
Erwartungen zurückgeht als auf seine Neigung zu bescheidenem<br />
Un<strong>der</strong>statement.<br />
In den zug<strong>und</strong>eliegenden Faktoren sind sich die beiden deutlichsten<br />
Abweichungen des Samples (Befragte 165 <strong>und</strong> 167) sehr ähnl<br />
i c h . In beiden Fällen sind starke Deutungsmuster-Einflüsse in<br />
Form ausgeprägt "internaler" Kontrollorientierungen wirksam.<br />
Beide Befragte besitzen eine q u a l i f i z i e r t e Werkzeugmacherausbildung,<br />
arbeiten aber erheblich unter ihrem Qualifikationsniveau.<br />
Ein wesentlicher Unterschied besteht in <strong>der</strong> Zukunftsorientierung:<br />
Die konkreten beruflichen Ziele des Befragten 167<br />
sind nicht sehr hoch gesteckt, sie reichen kaum über das <strong>der</strong>-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
zeit erreichte Niveau hinaus. Dennoch s t e l l t er praktisch alle<br />
relevanten Arbeitsparameter als von ihm bestimmt o<strong>der</strong> mitbestimmt<br />
dar. Insbeson<strong>der</strong>e die wenigen arbeitsbestimmten sozialen<br />
Kontakte werden als von ihm angeleitet charakterisiert;<br />
er "unterrichtet" nicht nur den anzulernenden Kollegen, son<strong>der</strong>n<br />
auch seine Vorgesetzten, die "keine Ahnung" hätten. A l <br />
lerdings zeigt er auch verschiedentlich Eigeninitiative, die<br />
nicht Aufgabenbestandteil i s t (so hat er bereits mehrere technische<br />
Verbesserungsvorschläge gemacht, die auch von seinem<br />
Betrieb prämiert worden sind).<br />
Der Befragte 165 arbeitet motiviert durch sein starkes Lohninteresse<br />
an einem gering qualifizierten, jedoch gut entlohnten<br />
Arbeitsplatz. Hierher gelangte er aufgr<strong>und</strong> seiner Anstrengungen,<br />
von dem noch restriktiveren Arbeitsplatz wegzukommen,<br />
den er zuvor innehatte. Zugleich betrachtet er den neuen Arbeitsplatz<br />
schon als Sprungbrett für eine attraktivere Position.<br />
Alle Entwicklungen s t e l l t <strong>der</strong> Befragte als von ihm selbst<br />
i n i t i i e r t dar <strong>und</strong> zeigt eine extreme Aufstiegsorientierung.<br />
Diese läßt ihn jeden aktuellen Arbeitsaspekt als bedeutsam <strong>und</strong><br />
dessen Qualität als Produkt seiner eigenen Leistung darstellen<br />
(Leitmotiv: "immer besser").<br />
Es zeigt sich hier wie<strong>der</strong>um einerseits, daß das mit dem Werkzeugmacherberuf<br />
- ehemals gerne als "Krone <strong>der</strong> Metallfacharbeit"<br />
bezeichnet - verb<strong>und</strong>ene relativ hohe Anspruchsniveau<br />
beim Erreichen beruflicher Ziele eher mit sehr positiver<br />
Selbst- <strong>und</strong> Arbeitsbewertung einhergeht, während nicht erfüllte<br />
Ansprüche eine "überkritische" Sicht <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen<br />
bewirken können.<br />
An<strong>der</strong>erseits wird deutlich, daß die Wahrscheinlichkeit subjektiver<br />
Verzerrungen bei "extremen" Ausprägungen von Persönlichkeitsmerkmalen<br />
(in diesem F a l l des Kontrollbewußtseins) relat<br />
i v groß i s t <strong>und</strong> die Verzerrungen eher in Richtung auf eine<br />
Überbewertung zu gehen scheinen. Allerdings spielt hier noch<br />
ein weiterer Faktor von theoretischer Bedeutung ein Rolle: die<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
"informellen" Handlungsmöglichkeiten beziehungsweise selbstgeschaffenen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen. Der Befragte 165 versucht, die<br />
Monotonie zu bekämpfen <strong>und</strong> gleichzeitig seinen Aufstieg voranzutreiben,<br />
indem er sich ständig neue Maschinen "aneignet"<br />
sowie kleinere Reparaturen ausführt, die nicht zu seiner Aufgabe<br />
gehören o<strong>der</strong> ihm sogar verboten sind. Hinzu kommt, daß<br />
er wie im Akkordlohn üblich <strong>und</strong> intendiert, viele Überlegungen<br />
anstellt, um die Verdienstmöglichkeiten auszuschöpfen (das<br />
wichtigste an <strong>der</strong> Arbeit sei "das Abrechnen lernen"). In geringerem<br />
Umfang t r i f f t dies auch für den Befragten 167 zu.<br />
Diese reproduktionsbezogenen Anfor<strong>der</strong>ungen existieren zum Teil<br />
objektiv, also in gewissem Maße für a l l e (Akkord-)Lohnarbeiter,<br />
darüber hinaus aber nur in Interaktion mit bestimmten Subjekten<br />
(zum Beispiel solchen, die fähig <strong>und</strong> motiviert sind, ihre<br />
Arbeitsaufgaben selbständig zu erweitern). Eine <strong>objektive</strong> Aufgabenanalyse<br />
müßte eigentlich "Reproduktionsanfor<strong>der</strong>ungen"<br />
einbeziehen, eine <strong>objektive</strong> Arbeitsanalyse mit Sozialisationsperspektive<br />
muß das auf jeden F a l l tun.<br />
Die Schwierigkeit für die Analyse aktueller Arbeitsbedingungen<br />
liegt dabei darin, festzustellen, in welchem Ausmaß bestimmte<br />
Individuen bereits bestehende organisationsseitige<br />
Spielräume in ihrem Interesse nutzen <strong>und</strong> die bestehende Aufgabendefinition<br />
in ihrem Interesse modifizieren konnten (Interaktions-Ergebnis)<br />
. Dieses Problem birgt sicher noch ein<br />
ernstzunehmendes Verzerrungspotential - <strong>und</strong> es verlangt nach<br />
theoretischer Klärung.<br />
6.4 Beurteilung weiterer <strong>Indikatoren</strong><br />
Trotz <strong>der</strong> oben geäußerten theoretischen Vorbehalte gegen die<br />
<strong>Indikatoren</strong> "Strenge <strong>der</strong> Überwachung" <strong>und</strong> "Routinisierung"<br />
lag ihre Anwendung auf unser Material bei <strong>der</strong> Gelegenheit<br />
dieser Auswertung nahe.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Dabei wurde erst in vollem Umfang deutlich, wie sehr die rein<br />
personale Konzipierung von "Überwachung" an <strong>der</strong> tatsächlichen<br />
Situation industrieller Arbeitsplätze vorbeigeht. Nicht nur<br />
für unseren, son<strong>der</strong>n auch für weite Bereiche des "Umgangs mit<br />
Dingen" ("Handarbeit") wie auch mit Daten, i s t charakteristisch,<br />
daß Herrschaftsausübung materiell o<strong>der</strong> symbolisch<br />
(etwa durch EDV) vergegenständlicht <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> subjektiven<br />
Einsicht häufig schwer zugänglich i s t . Durch die Einfügung<br />
<strong>der</strong> Teilarbeiten in den Arbeitsprozeß, den Takt <strong>der</strong> Maschine<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>es, vor allem aber durch Leistungslohnsysteme werden<br />
Handlungszwänge geschaffen, <strong>der</strong>en Erfüllung nur noch mittelbarer<br />
Kontrolle bedarf. Der erreichbare Akkordsatz, oft als einzige<br />
Variable <strong>der</strong> eigenständigen Planung dem Arbeitenden überlassen,<br />
i s t sein bester "Uberwacher". Personale Kontrolle<br />
setzt erst dort ein, wo die Leistung des Arbeitenden den bet<br />
r i e b l i c h garantierten Mindestlohn unterschreitet o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Produktionsprozeß gestört wird (zum Beispiel durch Erzeugung<br />
von Ausschuß). Wird <strong>der</strong> Handlungsspielraum in solchen Fällen<br />
dennoch a l l e i n durch das Ausmaß <strong>der</strong> personalen Kontrolle definiert,<br />
dann werden die subjektiven Entscheidungskompetenzen<br />
erheblich überschätzt (zum Beispiel wenn Befragte davon berichten,<br />
wie sie ihren Vorgesetzten "demontiert" haben).<br />
Die "Routinisierung" wird in den Untersuchungen von KOHN durch<br />
eine Ratingskala zur Vorhersagbarkeit <strong>der</strong> täglichen Arbeitsaufgaben<br />
erfaßt. Unsere Ergebnisse zeigen aber, <strong>und</strong> damit sind<br />
wir bei stärker subjektabhängigen Arbeitsaspekten, daß diese<br />
Vorhersagbarkeit o<strong>der</strong> Schematisierung von den Arbeitenden auf<br />
sehr unterschiedliche Regulationsniveaus bezogen wird - je<br />
nach Anspruchsniveau. Dem einen Arbeiter "genügen" kleinere<br />
Abweichungen vom üblichen Arbeitsgegenstand, um eine zufriedenstellende<br />
Variabilität anzugeben (zum Beispiel Befragter 126),<br />
ein an<strong>der</strong>er beklagt sich über die Vorhersagbarkeit von Schäden<br />
<strong>der</strong> zu reparierenden Werkzeugmaschinen, die doch alle im<br />
Prinzip ähnlich aufgebaut seien (Befragter 163).<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Viel aussagekräftiger erscheint hier die darauffolgende Fragestellung:<br />
sie richtet sich auf einen Zeitwert, nämlich die<br />
Zyklusdauer (Fertigstellung eines Werkstücks, Auftrags o<strong>der</strong><br />
ähnliches).<br />
Allgemein unterscheiden sich subjektive <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> Einschätzungen<br />
also eher bezüglich <strong>der</strong> Freiheitsgrade beziehungsweise<br />
Handlungsspielräume, zu welchen auch die Variabilität <strong>der</strong> Tätigkeiten<br />
zu zählen i s t , als in bezug auf die Komplexität <strong>der</strong><br />
Arbeitsaufgaben beziehungsweise die zu ihrer Bewältigung nötigen<br />
intellektuellen Leistungen.<br />
Beson<strong>der</strong>s deutlich i s t dies beim Interaktionsspielraum, zum<br />
Beispiel beim Umgang mit Vorgesetzten. Hier wird gern übertrieben:<br />
Uber Auseinan<strong>der</strong>setzungen wird selbstbewußt <strong>und</strong> mit Genuß<br />
berichtet. Diese Tendenz i s t "psychohygienisch" verständlich<br />
angesichts <strong>der</strong> systematischen "Beschädigung <strong>der</strong> Identität"<br />
durch die Subsumtion <strong>der</strong> Arbeitenden unter die Bedürfnisse<br />
profitabler Produktion.<br />
Dies b e t r i f f t auch die Gültigkeit des Überwachungsindex einerseits<br />
<strong>und</strong> die Gültigkeit des Vorgesetzten-Interviews als Quelle<br />
<strong>objektive</strong>r Arbeitsplatzdaten an<strong>der</strong>erseits. Wir konnten mehrfach<br />
beobachten, daß bei Rollenkonflikten zwischen Arbeitenden <strong>und</strong><br />
Vorgesetzten letztere nicht nur den Arbeitenden, son<strong>der</strong>n auch<br />
dessen Arbeitsplatz unterbewerten.<br />
Abweichungen fanden wir weiterhin bei <strong>der</strong> Leistungsbewertung<br />
(zum Beispiel erreichbarer Akkordsatz, notwendiger <strong>und</strong> tatsächlicher<br />
Anlernzeit), wobei Aspekte sozialer Erwünschtheit<br />
mitspielen.<br />
Als stark subjektabhängig erwies sich auch die Darstellung<br />
von Verän<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz (zum Beispiel<br />
Hinzunahme qualifizierterer Tätigkeitsanteile, Aufstiegsmöglichkeiten<br />
usw.). Zu einem gewissen Teil sind diese Aspekte<br />
zwar "objektiv subjektabhängig", zum Teil hängt ihre Wahrneh-<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
mung <strong>und</strong> Bewertung aber auch davon ab, wie gezielt sich <strong>der</strong><br />
Arbeitende über entsprechende Möglichkeiten informiert.<br />
6.5 Resümee<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Ausgangsfragestellung, inwieweit <strong>objektive</strong> Arbeitsbedingungen<br />
mittels Befragungsmethoden erhoben werden<br />
können, i s t als Ergebnis dieses Fallstudienvergleichs zunächst<br />
festzuhalten, daß die Darstellung von Gegebenheiten des Arbeitsplatzes<br />
durch den Arbeitenden selbst relativ hoch übereinstimmte<br />
mit Resultaten von eher <strong>objektive</strong>n Erhebungsweisen,<br />
während größere Diskrepanzen bei <strong>der</strong> Bewertung auftraten, wie<br />
zu erwarten war.<br />
Für Fragestellungen wie die <strong>der</strong> KOHN-Gruppe scheinen subjektive<br />
Erhebungsmethoden daher als vertretbar - unter <strong>der</strong> Voraussetzung,<br />
daß die Frageform tatsächlich die Trennung von<br />
Darstellung <strong>und</strong> Bewertung unterstützt, wie das bei "aktualisierendem",<br />
gegenstands- <strong>und</strong> prozeßbezogenem, ablauforientiertem<br />
Fragen <strong>der</strong> F a l l i s t .<br />
Allerdings sind hier nochmals die Beson<strong>der</strong>heiten einer Sek<strong>und</strong>äranalyse<br />
hervorzuheben, die in <strong>der</strong> vorliegenden Evaluation<br />
dem Zutagetreten größerer Abweichungen entgegengewirkt haben<br />
<strong>und</strong> damit auf die Beurteilung <strong>der</strong> Reliabilität des Instruments<br />
einen günstigen Einfluß hatten.<br />
Die Gültigkeit des recht positiven Evaluationsergebnisses bet<br />
r i f f t außerdem nur den "Umgang mit Dingen". Für den "Umgang<br />
mit Daten" <strong>und</strong> "Menschen" können wir uns größere Diskrepanzen<br />
vorstellen, da <strong>der</strong> Arbeitsprozeß hier v i e l weniger als gegenständlicher<br />
nachvollzogen werden kann.<br />
Weiterhin beschränkt sich die Gültigkeit beziehungsweise die<br />
Verallgemeinerbarkeit <strong>der</strong> Ergebnisse auf Facharbeiter <strong>und</strong> genaugenommen,<br />
nur auf junge Metallfacharbeiter. Ob sich bei <strong>der</strong><br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Gruppe <strong>der</strong> Un- <strong>und</strong> Angelernten nicht an<strong>der</strong>e Verhältnisse von<br />
Perzeption <strong>und</strong> Realität ergeben, ebenso bei älteren Arbeitern<br />
mit ganz an<strong>der</strong>er beruflicher Perspektive, kann hier nicht entschieden<br />
werden. Gerade ältere Arbeiter sehen sich einem erheblich<br />
reduzierten Spektrum von Arbeits-, Entwicklungs- <strong>und</strong><br />
Reproduktionsmöglichkeiten gegenüber, so daß man bei ihnen zum<br />
Beispiel ein reduziertes Anspruchsniveau o<strong>der</strong> weniger "Realismus"<br />
bei mehr "psychohygienischer" Evaluation von Arbeits- <strong>und</strong><br />
Existenzbedingungen erwarten könnte.<br />
Doch auch innerhalb des Samples gab es ja deutliche Abweichungen,<br />
<strong>der</strong>en Zustandekommen plausibel mit Deutungsmustereinflüssen<br />
bei noch weitgehend offenen berufsbiographischen Perspektiven<br />
erklärt werden konnte. Diese mögen in einem so kleinen<br />
Sample als "Ausreißer" erscheinen, dürften aber in umfangreichen<br />
Stichproben wie bei KOHN beträchtliche Subpopulationen<br />
betreffen (etwa die Gruppen <strong>der</strong> Dequalifizierten <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Aufstiegsorientierten).<br />
Letzlich sind diese Fragen zu vermuteten Verzerrungen erst<br />
durch den zusätzlichen Einsatz von Arbeitsbeobachtungen bei<br />
repräsentativen Samples zu klären. Dieser würde sich jedoch<br />
erst dann lohnen, wenn die Kategorien <strong>der</strong> subjektiven mit<br />
denen <strong>der</strong> <strong>objektive</strong>n Erhebung übereinstimmten <strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
valide abbildeten. Im F a l l <strong>der</strong> überprüften Komplexitätsskalen<br />
aber waren die Ungenauigkeiten, die sich aus <strong>der</strong> Operationalisierung<br />
ergeben hatten, im Durchschnitt größer als<br />
die durch subjektive Einflüsse verursachten.<br />
Die Arbeitspsychologie hat hier jedenfalls Fortschritte gemacht<br />
<strong>und</strong> kann <strong>der</strong> Soziologie besser geeignete Instrumente anbieten.<br />
Doch universell in dem von KOHN's Arbeitsgruppe gefor<strong>der</strong>ten<br />
Sinn sind diese nicht. Die Frage, ob auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>der</strong> bisherigen Forschungsergebnisse weiterhin universelle berufliche<br />
Sozialisationsstudien ausgeführt o<strong>der</strong> mit Intensivstudien<br />
diese Ergebnisse untermauert, v i e l l e i c h t korrigiert, in<br />
jedem Falle aber weiter differenziert werden sollten, i s t eine<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
forschungspragmatische (unter Finanzierungsgesichtspunkten<br />
eventuell auch eine forschungskonjunkturelle). Werden beide<br />
Strategien für nützlich gehalten, müssen noch erhebliche Anstrengungen<br />
zur Entwicklung universeller (o<strong>der</strong> auch bausteinförmiger)<br />
Instrumentarien zur Analyse <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit<br />
unternommen werden.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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7. Weiterführende Überlegungen <strong>und</strong> Vorschläge<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Intensivstudie<br />
Vor einer Übertragung <strong>der</strong> Evaluationsergebnisse auf KOHN's<br />
Studien seien noch einige Möglichkeiten zur heuristischen<br />
Hypothesenprüfung in unserem Projekt aufgeführt.<br />
Eine Möglichkeit, die oben beschriebenen Effekte einer Sek<strong>und</strong>äranalyse<br />
zu umgehen, wäre <strong>der</strong> direkte Einsatz von KOHN's Instrumentarium<br />
in unserer Studie. So könnte etwa bei einem Arbeitsplatzwechsel<br />
von Befragten vor dem Leitfadengespräch <strong>der</strong><br />
Fragebogen KOHN's vorgelegt werden. Dabei könnten zugleich Erfahrungen<br />
mit <strong>der</strong> Erhebungssituation des standardisierten Interviews<br />
gesammelt werden.<br />
Sofern sich hier zuverlässigere Ergebnisse als bei <strong>der</strong> Sek<strong>und</strong>äranalyse<br />
einstellen sollten, wäre an eine längsschnittbezogene<br />
Analyse zu denken. Es könnte untersucht werden, in welcher<br />
Weise sich Übereinstimmungen <strong>und</strong> Diskrepanzen im Berufsverlauf<br />
verän<strong>der</strong>n. Bei diesem Vorgehen würden neben personenspezifischen<br />
stärker auch die verlaufsspezifischen Charakteristika<br />
<strong>der</strong> Perzeption von Arbeitsbedingungen hervortreten, aber auch<br />
gegebenenfalls <strong>der</strong>en verän<strong>der</strong>te Bedeutung in <strong>der</strong> Biographie.<br />
Was in unserem Projekt mit Sicherheit näher untersucht werden<br />
wird, i s t die Perzeption <strong>und</strong> vor allem die subjektive Relevanz,<br />
die auch an<strong>der</strong>e Arbeitsaspekte <strong>und</strong> <strong>der</strong>en jeweilige Konstellation<br />
für die Arbeitenden besitzen. So war beim Befragten 165<br />
deutlich geworden, wie über einen mehrjährigen Zeitraum sehr<br />
restriktive Arbeitsbedingungen im Lohninteresse in Kauf genommen<br />
werden, diese Situation aber an<strong>der</strong>erseits ganz eindeutig<br />
als Übergangsstadium zu privilegierteren Positionen wahrgenommen<br />
<strong>und</strong> bewertet wird. Bei an<strong>der</strong>en Befragten spielen zum Beispiel<br />
das Betriebsklima <strong>und</strong> Belastungsfaktoren (zum Beispiel<br />
Arbeitshetze) eine wichtige Rolle - sowohl für ihre Bewertung<br />
des Anfor<strong>der</strong>ungsaspekts als auch für ihre weiteren Berufsentscheidungen<br />
.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Schließlich könnten Deutungsmustereinflüsse, die sich in <strong>der</strong><br />
Evaluation ja gerade hinsichtlich des Kontrollbewußtseins als<br />
wirksam erwiesen haben, zur Übereinstimmung <strong>der</strong> Beobachtungs<strong>und</strong><br />
Befragungsdaten ins Verhältnis gesetzt werden.<br />
So könnte man das Kontrollbewußtsein als intervenierende Variable<br />
kontrollieren bei einem subjektiv-objektiv-Vergleich mittels<br />
des KOHN'schen Instruments o<strong>der</strong> aber mittels des VERA.<br />
Der p r i n z i p i e l l auch mögliche Vergleich <strong>der</strong> mit KOHN ermittelten<br />
Befragungsdaten <strong>und</strong> <strong>der</strong> mit dem VERA ermittelten Beobachtungsdaten<br />
erscheint aber aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> begrifflichen Inkonsistenz<br />
<strong>der</strong> Verfahren als Kontrollmethode wenig sinnvoll.<br />
Das Verhältnis von Perzeption <strong>und</strong> Kontrollbewußtsein i s t natürl<br />
i c h ein zentraler Forschungsgegenstand unseres Projekts, wenn<br />
auch nicht im Sinne <strong>der</strong> Korrelationsstatistik, denn das Kontrollbewußtsein<br />
i s t unserer Auffassung nach ja keine homogene,<br />
bipolare Dimension. Hierin liegen a l l e i n schon gewisse Grenzen<br />
für das oben vorgeschlagene Vorgehen, denn bei unserer Stichprobengröße<br />
sind die Zellenbesetzungen zu gering. Sollte man<br />
aber dennoch einen Versuch machen, so wären zuerst präzise Annahmen<br />
über a l l e zu erwartenden Zusammenhänge zu treffen, von<br />
welchen dann allerdings nur die tatsächlich auftretenden überprüft<br />
werden könnten.<br />
Möglichkeiten bei KOHN's Studien<br />
Im Anschluß an unsere theoretische Argumentation <strong>und</strong> das Evaluationsergebnis<br />
würden wir eine stärkere Subgruppen-Spezifizierung<br />
von KOHN's Vorgehen für sehr vielversprechend halten.<br />
Unter dem Aspekt <strong>der</strong> Validitätsprüfung könnten bei weiteren<br />
Studien KOHN's Stichproben bestimmter Populations-Subgruppen<br />
gezogen werden (zum Beispiel nach dem Alter <strong>und</strong> nach dem Beruf<br />
beziehungsweise Berufsverlaufsmuster), die charakteristische<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Differenzen in <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Arbeitssituation erwarten<br />
lassen. Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von Arbeitsbeobachtungen ließe sich<br />
dann eventuell unterscheiden, inwieweit aktuelle Differenzen<br />
zwischen den Subpopulationen eher auf unterschiedliche Evaluationen<br />
<strong>der</strong> Arbeitenden o<strong>der</strong> auf unterschiedliche <strong>objektive</strong><br />
Wirkungszusammenhänge zurückzuführen sind.<br />
Der Aufwand solcher solcher Untersuchungen spezieller Stichproben<br />
dürfte sich im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn relativ<br />
gering ausnehmen.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit wäre eine Reanalyse <strong>der</strong> vorliegenden<br />
empirischen Daten in diesem Sinne. So könnten bestimmte Berufsgruppen<br />
mit geringer innerer Varianz zusammengefaßt werden hins<br />
i c h t l i c h verschiedener berufsbiographisch relevanter Kriterien<br />
(zum Beispiel Arbeitsmarktsegmente mit hohem Beschäftigungsrisiko<br />
o<strong>der</strong> guten Aufstiegsmöglichkeiten), die für diese<br />
Subpopulationen spezifischen Korrelationen von Arbeits- <strong>und</strong><br />
Persönlichkeitsaspekten ermittelt <strong>und</strong> miteinan<strong>der</strong> verglichen<br />
werden.<br />
Dieses Vorgehen würde sich unter an<strong>der</strong>em auch unter einer Fragestellung<br />
anbieten, die KOHN (1985, S. 55) als "ungelöstes<br />
Problem" aufgreift. So könnte nicht nur bei neuen Studien <strong>der</strong><br />
Einfluß <strong>der</strong> Arbeitsplatzsicherheit auf die Perzepton <strong>der</strong> übrigen<br />
Arbeitsaspekte untersucht, son<strong>der</strong>n auch schon bei einer<br />
Reanalyse vorliegen<strong>der</strong> Daten ihr Einfluß als intervenierende<br />
Variable auf die Stärke des Zusammenhangs von Arbeits- <strong>und</strong><br />
Persönlichkeitsaspekten i d e n t i f i z i e r t werden.<br />
So hatten wir ja angenommen, daß dieser Arbeitsaspekt bei k r i <br />
senhaften Arbeitsmarktentwicklungen für bestimmte Branchen, Berufe<br />
<strong>und</strong> Altersgruppen (sogar schon für Lehrlinge, vgl. WAHLER/<br />
WITZEL 1985) zunehmend zum zentralen Bewertungskriterium wird,<br />
was kaum ohne Folgen für die Perzeption <strong>und</strong> auch die Auswirkungen<br />
<strong>der</strong> übrigen Arbeitsaspekte bleiben wird.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Die Berücksichtigung <strong>der</strong> spezifischen Arbeits- <strong>und</strong> Lebensverhältnisse<br />
von Beschäftigtengruppen<br />
i s t selbstverständlich<br />
nicht nur unter dem Validitätsaspekt eines Forschungsinstruments<br />
relevant. Die Praxisrelevanz eines solchen Vorgehens<br />
ergibt sich aus <strong>der</strong> Anwendbarkeit <strong>der</strong> Forschungsergebnisse<br />
für die soziale Praxis (zum Beispiel im Rahmen <strong>der</strong> Beratung<br />
o<strong>der</strong> Rehabilitation). Sind es etwa nur "falsche Kognitionen",<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong>er Menschen ihren beruflichen Anfor<strong>der</strong>ungen oft<br />
2 8<br />
nicht standhalten - o<strong>der</strong> umgekehrt - aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong>er sie<br />
ihnen überhaupt standhalten können?<br />
In vielen Fällen von beruflicher Aussichtslosigkeit (zum Beispiel<br />
in "Randbelegschaften") <strong>und</strong> Bedrohung durch Arbeitslosigkeit<br />
(zum Beispiel in Krisenbranchen) sind die "Verzerrungen"<br />
in <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Realität für die Betroffenen hochgradig<br />
funktional - im Sinne <strong>der</strong> Identitätsstabilisierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufrechterhaltung<br />
ihrer Handlungsfähigkeit (vgl. HOHNER/HOFF 1983).<br />
Für Praktiker des psychosozialen Bereichs i s t es daher unumgänglich,<br />
ein Verständnis für die Klienten eben auch in <strong>der</strong>en<br />
offenbar realitätsinadäquaten Perzeptionen <strong>und</strong> Evaluationen<br />
zu entwickeln. Sie stellen daher berechtigte For<strong>der</strong>ungen an<br />
die praktische Anwendbarkeit von Forschungsergebnissen.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Anmerkungen<br />
1 Noch in <strong>der</strong> "Turin Study" (1963) hingegen wurde mit <strong>der</strong><br />
Schichtungsvariable "Berufsprestige" gearbeitet. Daß <strong>der</strong><br />
Schichtbegriff auch später noch beibehalten wurde, hat mit<br />
zur teilweise inadäquaten Rezeption auch <strong>der</strong> späteren Arbeiten<br />
beigetragen (vgl. STEINKAMP 1983).<br />
2 Diese Literaturangabe bezieht sich auf den von LÜSCHER herausgegebenen<br />
Sammelband von Aufsätzen <strong>der</strong> KOHN-Gruppe<br />
(1981) , die im folgenden häufig z i t i e r t wird. Dieser Band<br />
enthält die wichtigsten Originaltexte in deutscher Übersetzung.<br />
3 Gerade kleine Stichproben erfor<strong>der</strong>n aber konsequent theoriegeleitete<br />
Auswahlkriterien <strong>und</strong> -Prozeduren (detaillierte<br />
Angaben vgl. HOFF u.a. 1983a, S. 11 f f . ) . In unser Sample<br />
wurden nur Facharbeiter hereingenommen, da diese bei relat<br />
i v homogenem Bildungsniveau im Vergleich zu Un- <strong>und</strong> Angelernten<br />
gewisse Aufstiegschancen haben <strong>und</strong> da bei ihnen häuf<br />
i g entwicklungsrelevante Diskrepanzen zwischen Ausbildung<br />
<strong>und</strong> Arbeit bestehen (Uber- beziehungsweise Unterqualifizierung)<br />
. Es fand außerdem eine Begrenzung auf die Metallbranche<br />
statt, da hier die größte Facharbeitergruppe beschäft<br />
i g t i s t , <strong>und</strong> auf drei Metallberufe, die als typische ein<br />
breites Tätigkeitsspektrum <strong>der</strong> Branche abdecken <strong>und</strong> auch<br />
drei Niveaus von Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Qualifizierungschancen<br />
repräsentieren. Außerdem können so jeweils unterschiedliche<br />
biographische Verläufe bei gleichen beruflichen Ausgangsbedingungen<br />
verfolgt werden. Schließlich i s t auch die A l <br />
tersgruppe beschränkt auf Facharbeiter 2 bis 5 Jahre nach<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung, denen beruflich <strong>und</strong> privat noch wichtige<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Übergänge bevorstehen.<br />
4 Demgegenüber unterscheiden zum Beispiel HACK u.a. (1979)<br />
zwei prinzipielle Formen individuellen Reproduktionshandelns<br />
beziehungsweise -Verhaltens: "Strategien" <strong>und</strong> "Blindläufe".<br />
Die erste Form zeichnet sich durch vorausplanendes<br />
biographiebezogenes Handeln zur Nutzung <strong>der</strong> Chancen o<strong>der</strong><br />
gar zur Durchbrechung vorgegebener "Entwicklungsmuster",<br />
die zweite durch weitgehend situationsbestimmtes Verhalten<br />
aus; sie i s t mit einem hohen Risiko beruflicher Diskontinuität<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
5 Gerade komplexe statistische Analyseverfahren wie etwa die<br />
Pfadanalyse erfor<strong>der</strong>n ein umfassendes theoretisches Bezugssystem<br />
zur vorgängigen Bestimmung von Einflußgrößen <strong>und</strong> Abhängigkeitsbeziehungen<br />
(vgl. zum Beispiel OPP/SCHMIDT 1976;<br />
PETERMANN 1983).<br />
6 Im einzelnen: Komplexität im Umgang mit Dingen, mit Daten,<br />
mit Menschen; zu je<strong>der</strong> <strong>der</strong> drei Skalen wird die Dauer <strong>der</strong><br />
entsprechenden Tätigkeit erhoben; als siebenter Indikator<br />
wird ein zusammenfassendes Interviewerurteil über die Arbeitskomplexität<br />
gebildet.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
7 KOHN's Index <strong>der</strong> "geistigen Beweglichkeit" i s t auf sieben<br />
<strong>Indikatoren</strong> aufgebaut, <strong>der</strong>en vier psychometrische I n t e l l i <br />
genz messen; ein weiterer wird durch die Einschätzung <strong>der</strong><br />
Intelligenz des Befragten durch die Interviewer gebildet<br />
<strong>und</strong> zwei stellen jeweils "eine Berechnung <strong>der</strong> Angemessenheit<br />
<strong>der</strong> Antwort auf ein verhältnismäßig einfaches Problem"<br />
dar (KOHN/SCHOOLER 1978; vgl. 1981, S. 185). Wie <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong><br />
welcher Kriterien diese "Berechnung" <strong>und</strong> ihre Verrechnung<br />
mit den an<strong>der</strong>en <strong>Indikatoren</strong> erfolgt, wird nirgends<br />
erläutert. KOHN nimmt jedoch an, daß alle <strong>Indikatoren</strong> die<br />
Fähigkeit, "mit den intellektuellen Anfor<strong>der</strong>ungen einer<br />
komplexen Situation umzugehen" (1985, S. 64), messen.<br />
8 Die weit über DÖRNER's Fachgrenzen hinaus bekannten Versuche<br />
zum Poblemlösen in komplexen <strong>und</strong> unbestimmten, aber<br />
r e l a t i v alltagsnahen Situationen haben gezeigt, daß Intelligenztest-Leistung<br />
ein völlig invali<strong>der</strong> Prädikator für<br />
Problemlöseerfolg i s t . Oberhalb eines Mindest-IQ von etwa<br />
80 standen beide Kriterien in keinerlei erkennbarem Zusammenhang<br />
(1983, S. 302 f f . ) .<br />
9 In <strong>der</strong> Publikation von 1978 werde für die Regressionskoeffizienten<br />
(Pfade) Werte von .18 (Arbeitskomplexität 1974<br />
geistige Flexibilität 1974) <strong>und</strong> .45 (geistige F l e x i b i l i <br />
tät 1964 Arbeitskomplexität 1974) angegeben (vgl. KOHN/<br />
SCHOOLER 1983, S. 120).<br />
10 Ein ähnliches Passungsmodell vertreten LAZARUS <strong>und</strong> LAUNIER<br />
(zum Beispiel 1981) . In ihrem "transaktionalen" Streßmod<br />
e l l erscheinen alle Umweltgegebenheiten als "potentielle<br />
Stressoren", je nachdem, auf welches konkrete Individuum<br />
mit welchen Bewältigungskompetenzen sie treffen. Objektiv<br />
"stressende", das heißt personenunabhängig jedes Individuum<br />
(einer bestimmten Population) überfor<strong>der</strong>nde Umweltanfor<strong>der</strong>ungen<br />
sind so per definitionem nicht existent. Diese<br />
Argumentationsfigur i s t zum Beispiel bei <strong>der</strong> Nicht-Anerkennung<br />
von Berufskrankheiten beliebt.<br />
Aus <strong>der</strong> Sicht eines überindividuell orientierten Ansatzes<br />
spricht natürlich nichts gegen eine Berücksichtigung konkreter<br />
Person-Umwelt-Passungen. Alternativ diskutiert werden<br />
diese Möglichkeiten nur aus subjektivistischer Sicht.<br />
Hierzu gehört zum Beispiel auch die Arbeit von OSTERLOH<br />
(1983).<br />
11 Diese wird von KOHN als Negativindikator zur Bestimmung<br />
intellektueller Beweglichkeit verwendet (vgl. zum Beispiel<br />
1981, S. 121).<br />
12 Dieser für den weiteren Kompetenzerwerb gr<strong>und</strong>legende Prozeß<br />
(vgl. Abschnitt 3) macht sich zum Beispiel bei betrieblichen<br />
Qualifizierungs- <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e Anlernprozessen<br />
auch negativ bemerkbar. Die routinierten Praktiker<br />
sind oft kaum noch in <strong>der</strong> Lage, die psychisch "verkürzten"<br />
Abläufe zu rekonstruieren <strong>und</strong> dem Lernenden zu vermitteln.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
13 Man vergleiche hiermit das relativ grobe Ubereinstimmungsmaß<br />
von Arbeitsplatz <strong>und</strong> berufsspezifischen Durchschnitt<br />
bei KOHN mit einem Wert von .78.<br />
14 Unter "gering" beziehungsweise "nicht persönlichkeitsför<strong>der</strong>lich"<br />
werden dabei a l l e Anfor<strong>der</strong>ungen unterhalb des<br />
Niveaus <strong>der</strong> Teilzielplanung (Ebene 3 beziehungsweise<br />
Stufe 6) gefaßt.<br />
15 Dazu ein Beispiel: Einen krassen F a l l ungewollter "Irreführung"<br />
erlebten die Beobachter an einer riesigen, komplexen<br />
Vierfarbdruckmaschine. Der Beobachtete führte die<br />
Untersucher an verschiedene Stationen <strong>der</strong> Maschine, i n <br />
formierte über funktionelle Zusammenhänge <strong>und</strong> über die<br />
Notwendigkeit komplexer Abstimmungsprozesse zwischen den<br />
Druckwerken, die eine hohe Einstufung gerechtfertigt hätten.<br />
Erst nach über einer St<strong>und</strong>e s t e l l t e sich heraus, daß<br />
er lediglich Beschickungsfunktionen zu erfüllen hatte<br />
(zum Beispiel die Farbbehälter <strong>der</strong> Druckwerke aufzufüllen).<br />
16 Gerade für jüngere Facharbeiter scheint, beson<strong>der</strong>s im<br />
Ubergang von <strong>der</strong> Lehre in den Beruf, eine solche Qualifikations-/Anfor<strong>der</strong>ungs-Diskrepanz<br />
mit entsprechenden Unterfor<strong>der</strong>ungserfahrungen<br />
charakteristisch zu sein. Sie gehört<br />
offenbar zu "betriebsstrategisch" vorgegebenen Berufsverlaufsmustern<br />
, wie die Berufsbiographien in unserem<br />
Projekt nahelegen (vgl. LAPPE 1985).<br />
17 Die Bedeutung dieser Problematik zeigte sich in einem Forschungsprojekt,<br />
welches unter an<strong>der</strong>em die "Übersetzung"<br />
des VERA vom gewerblichen in den Büro- <strong>und</strong> Verwaltungsbereich<br />
zum Ziel hatte (vgl. RÖDIGER, im Druck). Gerade die<br />
Untersuchung dieses Bereichs von Arbeitstätigkeiten i s t<br />
verstärkt konfrontiert mit <strong>der</strong> Nicht-Beobachtbarkeit von<br />
psychoregulativen Prozessen <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Notwendigkeit,<br />
diese anhand einer theoriegeleiteten Befragung zu erschließen.<br />
18 In den bisher vorliegenden Studien <strong>der</strong> KOHN-Gruppe wurde<br />
lediglich <strong>der</strong> Zusammenhang eines Aspekts <strong>der</strong> Arbeit (Komplexität)<br />
mit einem Aspekt des Denkens (geistige Beweglichkeit)<br />
im Meßmodell abgebildet. Erst seit 1980 liegt<br />
ein Meßmodell für alle drei Determinanten beruflicher<br />
Selbstbestimmung vor (vgl. KOHN 1981, S. 185 <strong>und</strong> S. 219).<br />
Die Beschränkung bietet sich auch deshalb an, weil in<br />
den Vergleichskonstrukten dieser Aspekt ebenfalls am<br />
besten ordinal skaliert i s t .<br />
19 Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für die Beschränkung i s t die ausschließl<br />
i c h personale Definition von Überwachung, während in unserem<br />
Untersuchungsbereich gegenständliche <strong>und</strong> organisatorische<br />
Leistungskontrolle beziehungsweise -determination<br />
vorherrschen (vgl. Abschnitt 6).<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
20 Die Einteilung entspricht gängigen Vorstellungen üblicher<br />
Tätigkeiten in den Beschäftigungssektoren: gewerblich/<br />
produzierend = Umgang mit Dingen; verwaltend = Umgang mit<br />
Daten; dienstleistend = Umgang mit Menschen.<br />
21 Möglicherweise s t e l l t sich das Problem auch erst für den<br />
Auswerter. Es i s t KOHN's Angaben zur Methode zwar nicht<br />
eindeutig zu entnehmen, jedoch wahrscheinlich, daß die<br />
vom National Opinion Research Center erhobenen Daten (vgl.<br />
KOHN 1981, S. 60 f.) erst an KOHN's Institut ausgewertet<br />
wurden. Allerdings wäre damit ein weiterer Informationsverlust<br />
verb<strong>und</strong>en beziehungsweise eine weitere Fehlerquelle<br />
eröffnet, da dem Auswerter die notwendigerweise<br />
nur knappen Notizen über die Äußerungen des Arbeitenden<br />
zur Bewertung <strong>der</strong> Arbeit vorlagen.<br />
22 BLAUNER's empirische Studie zur Qualifikationsentwicklung<br />
im Zuge <strong>der</strong> Automatisierung wurde häufig umstandslos <strong>der</strong><br />
(Höher-)"Qualifizierungsthese" zugeordnet. Anhand seiner<br />
Mechanisierungs-Dimension hatte sich jedoch das ursprüngl<br />
i c h angenommene Kontinuum Handarbeit - Automation hatte<br />
sich empirisch hinsichtlich <strong>der</strong> Qualifikationsentwicklung<br />
als nicht-linear erwiesen. Die beiden mittleren Stadien<br />
(maschinelle <strong>und</strong> Fließbandarbeit) zeigten eine gegenläufige<br />
(Dequalifizierungs-)Tendenz.<br />
23 Das SOFI-Instrumentarium enthält, ausgebaut in unserem<br />
Beobachtungsleitfaden, mehrere Kategorien, die weit stärkeren<br />
Bezug zum Index <strong>der</strong> "closeness of supervision" aufweisen<br />
(vgl. HOFF u.a. 1983, Bd. I I , S. 122 f f . ) . Im VERA<br />
wird davon ausgegangen, daß Kooperationsanfor<strong>der</strong>ungen auf<br />
dem Niveau produzieren<strong>der</strong> Tätigkeiten sich als kognitive<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen stellen (zum Beispiel Koordination, Stufe<br />
7-8). In einem neueren Beitrag von OESTERREICH/RESCH (1985)<br />
werden Überlegungen zur Entwicklung eines Verfahrens vorgestellt,<br />
welches ergänzend zum VERA ermöglichen s o l l ,<br />
kommunikative Akte als Handlungen zur Koordination mater<br />
i e l l e r Tätigkeiten zu analysieren.<br />
24 Hierzu konnten wir bei KOHN nirgends irgendwelche Angaben<br />
auffinden.<br />
25 Daß diese Fehlerdefinition nicht unproblematisch i s t , läßt<br />
sich zum Beispiel <strong>der</strong> Tabelle 3 auf S. 55 entnehmen. An<br />
den unterschiedlichen Skalenwerten für eine Person über<br />
die einzelnen <strong>Indikatoren</strong> hinweg zeigt sich die Fragwürdigkeit<br />
<strong>der</strong> Homogenitätsannahme, wonach die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
hinsichtlich verschiedener Arbeitsaspekte auf vergleichbarem<br />
Niveau liegen müßten. Dies mag bei wenig anspruchsvollen<br />
Arbeitsplätzen noch <strong>der</strong> F a l l sein. Bei zunehmenden<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen nimmt die Stärke dieses Zusammenhangs jedoch<br />
ab. Beispielsweise hat ein Ausbil<strong>der</strong> - etwa <strong>der</strong> Befragte<br />
164 - nur mit relativ einfachen Werkzeugmaschinen<br />
zu tun.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
26 Meßwertsumme für "Umgang mit Dingen": subjektiv 121, objektiv<br />
113. Für die "Gesamtkomplexität" subjektiv 91, objektiv<br />
89.<br />
27 Die Bewertung mit dem Wert 6 <strong>der</strong> Skala erfolgte dabei aufgr<strong>und</strong><br />
einer Schätzung entsprechend den übrigen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
(also " i n t u i t i v " ) , da die Items, wie oben ausgeführt,<br />
keine eindeutige Zuordnung zuließen.<br />
28 Der einzige F a l l "unsystematischer" Abweichung im üblichen<br />
Sinne von individueller Beson<strong>der</strong>heit i s t in Tabelle 3 mit.<br />
dem Befragten 123 aufgeführt. Seine Unterbewertung <strong>der</strong><br />
"Komplexität im Umgang mit Daten" geht a l l e i n auf seine<br />
- bei ihm durchgängige - "Luschigkeit" beziehungsweise<br />
Nachlässigkeit zurück, die ihm auch in <strong>der</strong> Arbeit selbst<br />
schon manche Scherereien eingebracht hat.<br />
29 Solche "falschen Kognitionen" o<strong>der</strong> "irrational beliefs"<br />
müßten daher folgerichtig einfach "korrigiert" werden,<br />
wie dies von einigen kognitivistischen Therapieansätzen<br />
gefor<strong>der</strong>t wird (vgl. zum Beispiel ELLIS 1977).<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
(1) Das 10-Stufenmodell des VERA (aus: VOLPERT u.a. 1983, S. 42-45)<br />
Ebene<br />
1: Sensumotorische Regulation<br />
Das Resultat <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe ist durch schon oft ausgeführte Abfolgen<br />
von Arbeitsbewegungen herzustellen.<br />
Stufe 1 R:<br />
Das Aktionsprogramm besteht aus einem Bewegungsprogramm, das in bewußter Zuwendung<br />
- eventuell auch ohne bewußte Zuwendung - ausgelöst wird <strong>und</strong> dann<br />
automatisiert bis hin zum Arbeitsresultat abläuft, wenn nicht <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e<br />
Fall eintritt, daß es fehlerhaft ausgeführt wurde o<strong>der</strong> Fehler in den Arbeitsmaterialien<br />
vorliegen. Innerhalb des Bewegungsprogramms können Variationen in<br />
den Arbeitsmaterialien berücksichtigt werden. Es kommt jedoch nicht vor, daß<br />
auch solche Variationen zu berücksichtigen sind, die zu an<strong>der</strong>en Varianten des<br />
Arbeitsergebnisses führende Bewegungsabläufe o<strong>der</strong> die Benutzung an<strong>der</strong>er Arbeitsgeräte<br />
erfor<strong>der</strong>n.<br />
Stufe 1:<br />
Das Aktionsprogramm besteht aus einem Bewegungsprogramm, das in bewußter Zuwendung<br />
ausgelöst wird <strong>und</strong> dann automatisiert bis hin zum Arbeitsergebnis<br />
abläuft, wenn nicht <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Fall eintritt, daß es fehlerhaft ausgeführt<br />
wurde o<strong>der</strong> Fehler in den Arbeitsmaterialien vorliegen. Innerhalb des Bewegungsprogramms<br />
müssen Variationen in den Arbeitsmaterialien berücksichtigt<br />
werden. Es kommt vor, daß auch solche Varianten zu berücksichtigen sind, die<br />
zu an<strong>der</strong>en Varianten des Arbeitsergebnisses führende Bewegungsabläufe o<strong>der</strong><br />
die Benutzung an<strong>der</strong>er Arbeitsgeräte erfor<strong>der</strong>n.<br />
Ebene 2: Handlungsplanung<br />
Das Resultat <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe ist nicht durch ein Bewegungsprogramm allein<br />
herzustellen. Verschiedene Bewegungsprogramme müssen in neuartiger Weise<br />
miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden.<br />
Stufe 2 R:<br />
Das Aktionsprogramm besteht aus einer Abfolge verschiedener Bewegungsprogramme,<br />
die Abfolge soll als Handlungsprogramm bezeichnet werden. Das Handlungsprogramm<br />
ist vorab bis zum Arbeitsresultat festgelegt. Das Handlungsprogramm<br />
wird nicht vom Arbeitenden selbst geplant, es ist ihm vielmehr<br />
durch Externe o<strong>der</strong> durch die Konstruktion <strong>und</strong> Anordnung <strong>der</strong> Arbeitsmaterialien<br />
vorgegeben. Der Arbeitende muß daher das vorgegebene Handlungsprogramm<br />
antizipatorisch reflektieren, jedoch nicht entwerfen. Während <strong>der</strong> Ausführung<br />
wird das Handlungsprogramm nur dann abgeän<strong>der</strong>t, wenn <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Fall eintritt,<br />
daß es fehlerhaft geplant war o<strong>der</strong> daß es fehlerhaft ausgeführt wurde<br />
Stufe 2:<br />
Das Aktionsprogramm besteht aus einem Handlungsprogramm, das als eine Abfolge<br />
verschiedener Bewegungsprogramme definiert ist. Das Handlungsprogramm<br />
wird vom Arbeitenden selbst geplant. Er hat unterschiedliche Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Verknüpfung verschiedener Bewegungsprogramme vorher antizipatorisch<br />
durchgespielt <strong>und</strong> dann eine Möglichkeit ausgewählt. Das Handlungsprogramm<br />
ist vorab bis zum Arbeitsergebnis festlegbar. Während <strong>der</strong> Ausführung wird<br />
das Handlungsprogramm nur dann abgeän<strong>der</strong>t, wenn <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Fall eintritt,<br />
daß es fehlerhaft geplant war o<strong>der</strong> daß es fehlerhaft ausgeführt wurde.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Ebene 3;<br />
Teilzielplanung<br />
Das Resultat <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe ist nicht in allen Einzelheiten festgelegt.<br />
Seine Herstellung ist nicht durch ein vorab erstelltes vollständiges Handlungsprogramm<br />
möglich. Das Arbeitsresultat kann erst über eine Abfolge von<br />
ebenfalls nicht in allen Einzelheiten festgelegten Teilzielen, die auf dem<br />
Weg zum Arbeitsresultat liegen, erreicht werden.<br />
Stufe 3 R:<br />
Das Aktionsprogramm ist nicht vorab vollständig festgelegt, son<strong>der</strong>n besteht<br />
aus einer nur grob bestimmten Abfolge von Teilzielen. Diese Abfolge ist jedoch<br />
nicht vom Arbeitenden selbst geplant, sie ist ihm vielmehr durch Externe<br />
o<strong>der</strong> durch die Konstruktion <strong>und</strong> Anordnung <strong>der</strong> Arbeitsmaterialien vorgegeben.<br />
Der Arbeitende muß daher die vorgegebene Teilzielabfolge antizipatorisch reflektieren,<br />
nicht jedoch generieren. Der Arbeitende bestimmt zunächst das<br />
erste Teilziel exakt. Er plant dann immer nur ein Handlungsprogramm, das bis<br />
zum nächsten Teilziel reicht, auf <strong>der</strong> Stufe 2. Dann wird vom Arbeitenden das<br />
nächste Teilziel exakt bestimmt <strong>und</strong> das bis zu ihm reichende Handlungsprogramm<br />
entworfen usw. Dieser Prozeß wird abgebrochen, wenn <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Fall<br />
eintritt, daß während <strong>der</strong> Ausführung Fehler auftreten o<strong>der</strong> daß sich während<br />
<strong>der</strong> Ausführung herausstellt, daß die vorgegebene Teilzielabfolge nicht eingehalten<br />
werden kann.<br />
Stufe 3:<br />
Das Aktionsprogramm ist nicht vorab vollständig festgelegt, son<strong>der</strong>n besteht<br />
aus einer nur grob bestimmten Abfolge von Teilzielen, die <strong>der</strong> Arbeitende<br />
selbst geplant hat. Zunächst wird das erste Teilziel exakt bestimmt <strong>und</strong> ein<br />
Handlungsprogramm, das bis zum nächsten Teilziel reicht, auf Stufe 2 geplant.<br />
Nach <strong>der</strong> Ausführung - eventuell auch während <strong>der</strong> Ausführung - des Handlungsprogramms<br />
wird jeweils auf Stufe 3 die Planung <strong>der</strong> weiteren Teilziele überprüft<br />
<strong>und</strong> - sofern nötig - korrigiert. Dann wird vom Arbeitenden das nächste<br />
Teilziel exakt bestimmt <strong>und</strong> das bis zu ihm reichende Handlungsprogramm entworfen<br />
usw.<br />
Ebene 4: Koordination mehrerer Handlungsbereiche<br />
Das Resultat <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe ist nicht in allen Einzelheiten festgelegt.<br />
Es besteht in <strong>der</strong> Aufrechterhaltung o<strong>der</strong> Initiierung eines mehrere Bereiche<br />
umfassenden Arbeitsprozesses, kann aber auch die Konstruktion eines Gegenstandes<br />
sein, dessen Funktion es ist, daß mehrere Funktionseinheiten in neuartiger<br />
Weise kombiniert sind <strong>und</strong> aufeinan<strong>der</strong> wirken.<br />
Stufe 4 R;<br />
Das Aktionsprogramm ist nicht vorab vollständig festgelegt. Es besteht aus<br />
einer vom Arbeitenden entworfenen Teilzielplanung, die berücksichtigt, daß<br />
die Realisierung an<strong>der</strong>er Teilzielplanungen nicht gefährdet wird. Diese an<strong>der</strong>en<br />
Teilzielplanungen werden nicht vom Arbeitenden selbst entworfen, er muß<br />
sie jedoch reflektieren <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Abarbeitung seiner Teilziele über bedeutsame<br />
Auswirkungen auf an<strong>der</strong>e Teilzielplanungen Informationen weitergeben.<br />
Stufe 4:<br />
Das Aktionsprogramm ist nicht vorab vollständig festgelegt. Es besteht aus<br />
mehreren vom Arbeitenden entworfenen Teilzielplanungen, die in <strong>der</strong> Weise<br />
aufeinan<strong>der</strong> bezogen sind, daß ihre Realisierungen sich nicht gegenseitig<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
gefährden, son<strong>der</strong>n ergänzen. Bei den sukzessiven Überprüfungen <strong>und</strong> eventuell<br />
Korrekturen <strong>der</strong> Teilzielplanungen in einem Bereich müssen vom Arbeitenden<br />
gleichzeitig seine Teilzielplanungen in an<strong>der</strong>en Bereichen beachtet, überprüft<br />
<strong>und</strong> unter Umständen korrigiert werden.<br />
Ebene 5: Schaffung neuer<br />
Handlungsbereiche<br />
Das Resultat <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe ist nicht festgelegt <strong>und</strong> nur durch Schaffung<br />
neuer Möglichkeiten <strong>der</strong> Produktion zu erreichen, wobei noch offen ist, was<br />
genau produziert werden soll. Es geht also um die Schaffung o<strong>der</strong> Erschließung<br />
eines neuen Produktionsbereiches.<br />
Stufe 5 R:<br />
Es werden Bedingungen für die Entwicklung von Aktionsprogrammen bestimmt.<br />
Dies geschieht durch antizipatorisches Erproben völlig neuer Teilzielplanungen,<br />
wobei Bedingungen für an<strong>der</strong>e Teilzielplanungen in bereits bestehenden<br />
Produktionsbereichen möglichst wenig verän<strong>der</strong>t werden sollen.<br />
Stufe 5:<br />
Es werden Bedingungen für die Entwicklung von Aktionsprogrammen bestimmt.<br />
Dies geschieht durch antizipatorisches Erproben völlig neuer Teilzielplanungen,<br />
wobei auch Bedingungen für an<strong>der</strong>e Teilzielplanungen in bereits bestehenden<br />
Produktionsbereichen so verän<strong>der</strong>t werden sollen, daß diese Produktionsbereiche<br />
in neuartiger Weise ergänzt o<strong>der</strong> integriert werden.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
(2) Das 5-stufige SOFI-Schema zur Analyse kognitiver Anfor<strong>der</strong>ungen (aus:<br />
Mickler u.a. 1977, S. 25-28)<br />
Zur Entwicklung von Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungskategorien wird nun zunächst<br />
analog dem HACKER'schen Konzept <strong>der</strong> hierarchischen Regulationsebenen von<br />
drei wesentlich verschiedenen, aber aufeinan<strong>der</strong> aufbauenden Anfor<strong>der</strong>ungsarten<br />
an das Arbeitsvermögen ausgegangen:<br />
1. Die Anfor<strong>der</strong>ungen an sensumotorisches Verhalten, die als verfestigte <strong>und</strong><br />
psychisch automatisierte Tätigkeitselemente, ohne ständige Steuerung <strong>und</strong><br />
Kontrolle durch das Bewußtsein ausgeführt werden.<br />
2. Die Anfor<strong>der</strong>ungen an perzeptiv-routinisiertes Verhalten entstehen in weitgehend<br />
bekannten Arbeitssituationen, in denen auf wechselnde Arbeitsfolgen<br />
durch sensorische Aufnahme informationshaltiger Signale (sprachlicher beziehungsweise<br />
vorsprachlicher Art) <strong>und</strong> <strong>der</strong>en kognitive Verarbeitung anhand<br />
von Kenntnissen <strong>und</strong> Beurteilungsmustern (nicht notwendig in bewußter Form)<br />
sowie durch flexiblen Einsatz passen<strong>der</strong>, weitgehend festgelegter Aktionsprogramme<br />
reagiert wird. Die Art <strong>der</strong> Aufgaben läßt dabei eine psychologische<br />
Automatisierung im Sinne <strong>der</strong> "sensumotorisehen Fertigkeiten" nicht<br />
zu, son<strong>der</strong>n verlangt ständig die "Mitwirkung" des Bewußtseins bei <strong>der</strong><br />
Arbeitsausführung .<br />
- Denkanfor<strong>der</strong>ungen als Anfor<strong>der</strong>ungen an diagnostisch-planendes Verhalten<br />
werden notwendig, wenn neuartige Bedingungen des Arbeitsvollzugs, wie verän<strong>der</strong>te<br />
Aufgabenstellung, unbekannte Störungen <strong>und</strong> Fehler im Arbeitsablauf,<br />
noch nicht bekannte Problemlösungen erfor<strong>der</strong>n. Charakteristisch für<br />
diese Art von "produktionspraktischem Denken" ist weniger die Form des<br />
"diskursiven Denkens" als vielmehr die Verbindung von abstrakt-begrifflichen<br />
mit anschaulichen, aus <strong>der</strong> praktischen Manipulation des Gegenstands<br />
resultierenden Denkoperationen . Dies geschieht auf <strong>der</strong> Basis eines Bestands<br />
an allgemeinen Regeln des Beurteilens, Entwerfens <strong>und</strong> Planens, <strong>der</strong><br />
zusammen mit <strong>der</strong> Aktualisierung von produktions-relevantem Wissen sowie<br />
dem Abrufen von routinisierten Fähigkeiten <strong>der</strong> untergeordneten Ebenen den<br />
erfahrungs- <strong>und</strong> lernbedingten Hintergr<strong>und</strong> für die Analyse <strong>und</strong> Lösung <strong>der</strong><br />
Problemlage bildet.<br />
Eine weitergehende Differenzierung <strong>der</strong> Denkanfor<strong>der</strong>ungen erscheint für<br />
diese Untersuchung als notwendig, um dem eingangs erhobenen Anspruch<br />
einer systematischen Erfassung von komplexen geistigen Tätigkeiten genügen<br />
zu können. Im Anschluß an Hacker wird daher eine Einteilung von produktionspraktischen<br />
Denkvorgängen nach "Aufgabentypen" gewählt, welche diese in<br />
"Beurteilung", "intellektuelle Transformation", "Verfahrenswahl" <strong>und</strong> "individuelle<br />
Arbeitsplanung" unterglie<strong>der</strong>t . Diese vier Formen von Denkanfor<strong>der</strong>ungen<br />
lassen sich nun unter dem Aspekt zunehmen<strong>der</strong> Abstraktion <strong>und</strong> wach-<br />
1 Volpert bezeichnet diese Anfor<strong>der</strong>ungsart in Anlehnung an gängige Begriffe<br />
<strong>der</strong> Berufsforschung als "Können". Vgl. Volpert, ebd., S. 39.<br />
2 Vgl. Hacker, ebd., S. 209 ff. In Anlehnung an Popitz/Bahrdt erscheint<br />
uns die Bezeichnung "technische Intelligenz" für diese Art von praktischgegenständlichem<br />
Denken zutreffend zu sein; vgl. Popitz/Bahrdt u.a., ebd.,<br />
S. 204.<br />
3 Vgl. Hacker, ebd., S. 215-270.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
sen<strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an die Bewußtheit <strong>der</strong> Problemlage weiter in mehrere<br />
qualitativ abgrenzbare übereinan<strong>der</strong> liegende Ebenen nach dem Prinzip <strong>der</strong><br />
hierarchischen Verschachtelung staffeln, wobei uns eine Graduierung in drei<br />
Ebenen als zweckmäßig erscheint:<br />
3. Empirisch-adaptive Denkanfor<strong>der</strong>ungen werden notwendig, wenn sich neuartige<br />
Konstellationen im Arbeitsprozeß durch ein überwiegend empirisches, unsystematisches<br />
Vorgehen aufklären <strong>und</strong> durch bloße Modifikation <strong>und</strong> Anpassung<br />
schon bekannter Verfahren <strong>und</strong> Aktionsprogramme lösen lassen.<br />
4. Systematisch-optimierend seien Denkanfor<strong>der</strong>ungen genannt, die eine auf konkreter<br />
Erfahrung fußende systematische Analyse <strong>der</strong> neuartigen Problemlage<br />
<strong>und</strong> eine umfassende Kombination <strong>und</strong> Abstimmung verschiedener bekannter Verfahren<br />
<strong>und</strong> Aktionsprogramme zur rationellen Lösung des Problems voraussetzen.<br />
5. Strategisch-innovative Denkanfor<strong>der</strong>ungen treten auf, wenn sich schwierige,<br />
neuartige Problemlagen nur durch die Entwicklung <strong>und</strong> Anwendung von Suchstrategien<br />
richtig beurteilen lassen <strong>und</strong> ihre Bewältigung die Entwicklung neuer<br />
Verfahren <strong>und</strong> Aktionsprogramme o<strong>der</strong> das Aufstellen von Plänen vor Beginn<br />
des Arbeitsablaufs (Vorplanen) erfor<strong>der</strong>t.<br />
Tabelle IV.4/1: Schema zur Charakterisierung <strong>der</strong> Denkanfor<strong>der</strong>ungen<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
(3) KOHN's Operationalisierung "inhaltlicher Komplexität" <strong>der</strong> Arbeit (aus:<br />
KOHN/SCHOOLER 1983, S. 321-325)<br />
Complexity of Work with<br />
Data<br />
Data are defined as information, knowledge, and conception obtained by observation,<br />
investigation, interpretation, visualization, mental creation. Written<br />
data take the form of numbers, words, symbols; other data are ideas, concepts,<br />
oral verbalization.<br />
1. No Significant Relationship.<br />
2. Reading Instructions: Following written instructions, generally of a simple<br />
and highly specific nature.<br />
3. Comparing: Judging the readily observable functional, structural, or compositional<br />
characteristics (whether similar to or divergent from obvious standards)<br />
of data, people, or things.<br />
4. Copying: Transcribing, entering, or posting data.<br />
5. Computing: Performing arithmetic operations and reporting on and/or carrying<br />
out a prescribed action in relation to them. Does not include counting.<br />
6. Compiling: Gathering, collating, or classifying information about data,<br />
people, or things. Reporting and/or carrying out a prescribed action in<br />
relation to the information is frequently involved. Applying routine<br />
standard tests to determine conformance to specifications. Reporting<br />
and/or carrying out prescribed actions to attain specifications called<br />
for by tests may also be involved. Examples are routine testing, checkout,<br />
and troubleshooting of circuits, mechanical units, and subsystems; drafting<br />
plans and blueprints from sketches; fabrication from blueprints; and<br />
scheduling events within known conditions. Does not involve f<strong>und</strong>amental<br />
changes of input and output.<br />
7. Analyzing: Examining and evaluating data. Presenting alternative actions<br />
in relation to the evaluation is frequently involved. Examples are: evaluating<br />
items for purchase; exploring modifications and adaptations of<br />
existing designs and testing them; carrying out feasibility studies of<br />
revised inputs, including developing new tests or extending range of old<br />
ones.<br />
8. Coordinating: Determining time, place, and sequence of operations or<br />
action to be taken on the basis of analysis of data; executing determinations<br />
and/or reporting on events. Deciding whether emerging performance<br />
and/or problems call for new goals, policies, or procedures.<br />
9. Synthesizing: Integrating analyses of data to discover facts and/or develop<br />
knowledge, concepts, or interpretations. Conceiving new approaches to<br />
problems, including their restatement; discovering new facts and relationships;<br />
inventing new devices; creating original works of art; or reinterpreting<br />
existing information and ideas.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Complexity of Work with Things<br />
Things are defined as inaminate objects as distinguished from human beings;<br />
substances or materials; machines, tools, equipment; products. A thing is<br />
tangible and has shape, form, and other physical characteristics.<br />
1. No Significant Relationship.<br />
2. Handling: Using body members, hand tools, and/or special devices to work,<br />
move, or carry objects or materials. Involves little or no latitude for<br />
judgment with regard to attainment of standards or in selecting appropriate<br />
tool, object, or material. Examples include situations that involve a small<br />
number or special tools obvious as to purpose, such as a broom, a special<br />
purpose end wrench, a grass shears, go/nogo gauges. Dimensional precision<br />
can vary from rough to fine, being built into the structure of the task(s).<br />
3. Feeding-Offbearing: Inserting, throwing, dumping, or placing materials in<br />
or removing them from machines or equipment which are automatic or tended<br />
or operated by other workers. Repetitive, short duration work actions are<br />
usually paced by the machine. The standards depend on the existence of<br />
appropriate controls in the machine.<br />
4. Tending: Starting, stopping, and observing the functioning of machines<br />
and equipment. Involves adjusting materials or controls of the machine,<br />
such as changing guides, adjusting timers and temperature gauges, turning<br />
valves to allow flow of materials, and flipping switches in response to<br />
lights. Little judgment is involved in making these adjustments.<br />
5. Manipulating: Using body members, tools, or special devices to work, move,<br />
guide, or place objects or material. Involves some latitude for judgment<br />
with regard to precision attained and selecting appropriate tool, object,<br />
or material, although this is readily manifest.<br />
6. Driving-Operating: Starting, stopping, and controlling the actions of<br />
machines or equipment for which a course must be steered, or which must<br />
be guided, in or<strong>der</strong> to fabricate, process, and/or move things or people.<br />
Involves such activities as observing gauges and dials; estimating distances<br />
and determining speed and direction of other objects; turning<br />
cranks and wheels; pushing clutches or brakes; and pushing or pulling<br />
gear lifts or levers. Includes such machines as cranes, conveyor systems,<br />
tractors, furnace charging machines, paving machines, and hoisting machines.<br />
Excludes manually powered machines such as handtrucks and dollies, and<br />
power assisted machines such as electric wheelbarrows and handtrucks.<br />
7. Operating-Controlling: Starting, stopping, controlling, and adjusting the<br />
progress of machines or equipment designed to fabricate and/or process<br />
objects or materials. Operating machines involves setting up the machine<br />
and adjusting the machine or material as the work progresses. Controlling<br />
equipment involves observing gauges, dials, etc., and turning volves and<br />
other devices to control such factors as temperature, pressure, flow of<br />
liquids, speed of pumps, and reactions of materials. Several variables<br />
are involved and adjustment is more frequent than in tending.<br />
8. Precision Working: Using body members and/or tools or work aids to work,<br />
move, guide, or place objects or materials in situations where ultimate<br />
responsibility for the attainment of standards occurs and selection of<br />
appropriate tools, objects, or materials, and the adjustment of the tool<br />
to the task require exercise of consi<strong>der</strong>able judgment.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
9. Setting Up: Adjusting machines or equipment by replacing or altering<br />
tools, jigs, fixtures, and attachments to prepare them to perform their<br />
functions, change their performance, or restore their proper functioning<br />
if they break down. Workers who set up one or a number of machines for<br />
other workers or who set up and personally operate a variety of machines<br />
are included here.<br />
Complexity of Work with<br />
People<br />
People are defined as human beings; also animals dealt with on an individual<br />
basis as if they were human.<br />
1. No Significant Relationship.<br />
2. Serving: Attending to the needs or request of people or animals or the<br />
expressed or implicit wishes of people. Immediate response is involved.<br />
3. Receiving Instructions-Helping: Attending to the work assignment instructions<br />
or or<strong>der</strong>s of supervisors. (No immediate response required unless<br />
clarification of instruction or or<strong>der</strong> is needed.)<br />
4. Speaking-Signaling: Talking with and/or signaling people to convey or<br />
exchange information. Includes giving assignments and/or directions to<br />
helpers or assistants.<br />
5. Persuading: Influencing others in favor of a product, service, or point<br />
of view.<br />
6. Diverting: Amusing others.<br />
7. Supervising: Determining or interpreting work procedures for a group of<br />
workers, assigning specific duties to them, maintaining harmonious relations<br />
among them, and promoting efficiency.<br />
8. Instructing: Teaching subject matter to others, or training others (including<br />
animals) through explanation, demonstration, and supervised<br />
practice; or making recommendations on the basis of technical disciplines.<br />
9. Negotiating: Exchanging ideas, information, and opinions with others to<br />
formulate policies and programs and/or arrive jointly at decisions, conclusions,<br />
or solutions.<br />
10. Mentoring: Dealing with individuals in terms of their total personality<br />
in or<strong>der</strong> to advise, counsel, and/or guide them with regard to problems<br />
that may be resolved by legal, scientific, clinical, spiritual, and/or<br />
other professional principles.<br />
Overall Complexity of the Job<br />
1. Not at all complex. Altogether routine and takes no thought - individual<br />
can daydream and still perform his work satisfactorily.<br />
2. Minimal thought. A certain degree of attention is required; for example,<br />
to keep from getting hands caught in machinery, to be certain to pick up<br />
the right pieces, to remember where something was put. But no planning,<br />
scheduling, calculating, or prolonged thought is required.<br />
3. Simple measurements, scheduling of activities, or rudimentary planning<br />
may be required, but most or all consi<strong>der</strong>ations are readily apparent and<br />
predictable and not very many consi<strong>der</strong>ations are needed for any decision.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
Problem-solving, involving relatively simple remedies for unforeseen<br />
circumstances and/or the application of some practical or technical knowledge<br />
(not theoretical, but the type known to an experienced practitioner<br />
of the trade) to an atypical situation. Does not extend to very complex<br />
problems requiring much originality, theoretical knowledge, or foresight.<br />
Problem-solving, involving the necessity of dealing with people or other<br />
relatively unpredictable or obstinate things - animals, for example, or<br />
fairly complex machines - where a mo<strong>der</strong>ate degree of empathy, insight,<br />
or ingenuity is needed to effect small to mo<strong>der</strong>ate changes in outcome.<br />
Routine selling and auto repairing would fit here.<br />
Complex problem-solving, requiring a substantial but not an exceptional<br />
degree of insight, originality, or thought. This may involve many variables,<br />
but the relationships among the variables will not be extremely<br />
complex.<br />
The setting up of a complex system of analysis and/or synthesis in which<br />
little is fixed beforehand, many variables are involved, their relationships<br />
are complex, and outcomes are hard to predict.<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
(4) Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Projekt "Berufstätigkeit <strong>und</strong><br />
Persönlichkeitsentwicklung" (in: Hoff u.a. 1983, S. 148-151)<br />
Checkliste für die Arbeitsbeobachtung<br />
I. Allgemeine Daten<br />
1. Bezeichnung des Arbeitsplatzes<br />
2. Arbeitsbereich<br />
3. Besetzung des Arbeitsbereichs (horizontale <strong>und</strong> vertikale Qualifikationsstruktur;<br />
Frauenanteil)<br />
4. Anzahl <strong>der</strong> Schichten<br />
5. Besetzung des Arbeitsbereichs in den einzelnen Schichten<br />
6. Name des Beobachters<br />
7. Datum <strong>und</strong> Zeit <strong>der</strong> Beobachtung<br />
8. Datum <strong>der</strong> Protokollabfassung<br />
II. Technische Ausrüstung des Arbeitsplatzes, Produktionsablauf <strong>und</strong> Arbeitsteilung<br />
1. Kennzeichnung <strong>der</strong> Maschine/Anlage<br />
1.1 Name, Typ, firmeninterne Bezeichnung<br />
1.2 kurze Beschreibung des gesamten Maschinensystems, grobe Skizze<br />
1.3 kurze Beschreibung des beobachteten Arbeitsplatzes als Teil des Maschinensystems,<br />
Lageskizze<br />
1.4 Zusätzliche Maschinen, Geräte am Arbeitsplatz - kurz kennzeichnen<br />
<strong>und</strong> beschreiben<br />
2. Beschreibung <strong>der</strong> Instrumentierung am Arbeitsplatz<br />
2.1 Kontrollinstrumente<br />
- mittelbar, dezentral (Anzeigeninstrumente an Maschine/Anlage)<br />
- mittelbar, fernwirkend<br />
2.2 Interventionsinstrumente<br />
- dezentrale Manipulationsinstrumente (unmittelbare Maschine/Anlage)<br />
- fernwirkende Einrichtungen<br />
3. Beschreibung des Produktionsablaufs (soweit zum Verständnis des beobachteten<br />
Arbeitsprozesses notwendig)<br />
3.1 Einzelne Abläufe<br />
3.1.1 Zuführung <strong>und</strong> Abnahme des Arbeitsgegenstands<br />
- ständige menschliche Arbeitshandlungen bei fehlenden technischen<br />
Einrichtungen<br />
- ständige menschliche Arbeitshandlungen über Bedienungsinstrumente<br />
- gelegentliche menschliche Eingriffe<br />
- keine menschlichen Eingriffe<br />
3.1.2 Gestaltung des Arbeitsgegenstands<br />
- ständige menschliche Arbeitshandlungen bei fehlenden technischen<br />
Einrichtungen mit Hilfe von Werkzeugen o<strong>der</strong> Quasiwerkzeugen<br />
- ständige menschliche Arbeitshandlungen bei Aggregaten mit<br />
regelmäßigen Steuerungs-, Schalt- <strong>und</strong> Umstellungsansprüchen,<br />
permanente gestaltende Eingriffe über Bedienungsinstrumente<br />
- gelegentliche menschliche Eingriffe<br />
- keine menschlichen Eingriffe<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100719
3.1.3 Kontrolle des Arbeitsergebnisses<br />
- unmittelbar<br />
- mittelbar an <strong>der</strong> Maschine/Anlage<br />
- mittelbar, zentral<br />
- automatisch<br />
3.1.4 Korrektur des Arbeitsergebnisses<br />
- unmittelbar<br />
- mittelbar, dezentral<br />
- mittelbar, zentral<br />
- automatisch<br />
3.2 Mechanisierungsniveau des Gesamtablaufs<br />
(vorherrschende Mechanisierungsstufe)<br />
4. Arbeitsteilung<br />
4.1 Hierarchie<br />
4.2 Funktionsteilung<br />
III. Arbeitsablauf, chronologisch<br />
IV. Arbeitsablauf, systematisch<br />
1. Funktionen<br />
1.1 Arbeitsvorbereitung<br />
1.2 Produktion<br />
1.3 Kontrolle<br />
1.4 Wartung<br />
1.5 Instandsetzung<br />
1.6 Soziale Funktionen<br />
2. Funktionsstruktur<br />
2.1 Produktionszustand<br />
2.2 Programmän<strong>der</strong>ung<br />
2.3 Produktionsstörung<br />
2.4 An- <strong>und</strong> Abstellen <strong>der</strong> Produktion<br />
3. Zeitstruktur<br />
3.1 Arbeitszeit<br />
3.1.1 regelmäßige o<strong>der</strong> turnusmäßig wechselnde Arbeitszeit<br />
3.1.2 Gesamtzahl <strong>der</strong> wöchentlichen Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />
3.1.3 Arbeitsbeginn <strong>und</strong> Arbeitsende (bei Mehrschichtarbeit: Beginn<br />
<strong>der</strong> Frühschicht)<br />
3.1.4 gleitende Arbeitszeit<br />
3.1.5 Einschicht-, Mehrschicht- o<strong>der</strong> Nachtschichtarbeit<br />
3.1.6 Überst<strong>und</strong>en (im Wochendurchschnitt)<br />
3.2 Pausenregelung<br />
3.2.1 Anzahl <strong>und</strong> Gesamtdauer <strong>der</strong> Essenspausen<br />
3.2.2 Erholzeiten (Häufigkeit, Gründe)<br />
3.2.3 ablaufbedingte Wartezeiten (Häufigkeit, Gründe)<br />
3.3 Zeitstruktur <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe<br />
3.3.1 repetitive Arbeit<br />
3.3.1.1 taktgeb<strong>und</strong>en<br />
3.3.1.2 nicht taktgeb<strong>und</strong>en<br />
3.3.2 zyklische Arbeiten<br />
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3.3.3 Arbeiten ohne (o<strong>der</strong> mit geringer) Zeitstruktur, jedoch mit<br />
Zeitbindung<br />
3.3.4 Durchführen von Tätigkeiten anhand einer Checkliste<br />
3.3.5 Arbeiten ohne Struktur- <strong>und</strong> Zeitbindung<br />
3.3.6 Die Tätigkeit setzt sich aus Tätigkeitselementen mit unterschiedlicher<br />
Zeitstruktur zusammen<br />
3.3.7 quantitative Angaben zur Zeitstruktur<br />
3.3.7.1 Dauer eines Arbeitsganges<br />
3.3.7.2 zeitlicher Zwischenraum zwischen einzelnen Arbeitsgängen<br />
3.3.8 Tätigkeiten in <strong>der</strong> Übergangszeit zwischen zwei Arbeitsgängen<br />
3.3.9 Wird die zeitliche Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeit durch Nebenverrichtungen<br />
beeinflußt?<br />
V. Arbeits-Bewegungsraum<br />
1. Ortsgeb<strong>und</strong>ene Arbeitssysteme<br />
1.1 Einzel-Einstellenarbeit<br />
1.2 Einzel-Mehrstellenarbeit<br />
1.3 Gruppenarbeit<br />
2. Ortsverän<strong>der</strong>liche Arbeitssysteme<br />
2.1 Einzelarbeit<br />
2.2 Gruppenarbeit<br />
3. Genauere Angaben zur Ortsverän<strong>der</strong>lichkeit ausgehend vom Hauptstandort<br />
3.1 Mobilität innerhalb des Hauptstandortes (Angaben zur Reichweite)<br />
3.1.1 zur Erledigung zentraler Aufgaben<br />
3.1.2 zur Erledigung von Hilfstätigkeiten<br />
3.2 Mobilität über den Bereich des Hauptstandortes hinaus (Angaben<br />
zur Reichweite)<br />
3.2.1 zur Erledigung zentraler Aufgaben<br />
3.2.2 zur Erledigung von Hilfstätigkeiten<br />
4. Festzuhalten ist auch noch, ob die Ortsvariabilität in <strong>der</strong> Erfüllung<br />
einer Arbeitsfunktion erfolgt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Auflockerung beziehungsweise<br />
<strong>der</strong> Wahrnehmung informeller Kontakte dient<br />
VI. Soziale Beziehungen, kooperationsrelevante Faktoren<br />
1.Kooperations formen<br />
1.1 Arbeiten mit geringen kooperativen Bindungen<br />
1.2 Arbeitssituationen, in denen die Kooperation weitgehend über die<br />
technische Apparatur vermittelt ist<br />
1.3 enge Kooperationsformen bei arbeitsintensiven Produktionsprozessen<br />
(teamartige Kooperation)<br />
2. Innerhalb dieser Kooperationsformen ist dann darauf zu achten:<br />
2.1 ob eine gegenseitige Determinierung <strong>der</strong> Arbeitsvollzüge im Sinne<br />
wechselhafter Einflußnahme auf den Zeitpunkt (Arbeitseinsatz) <strong>und</strong><br />
die Ausführungsweise <strong>der</strong> Tätigkeit (Inhalt <strong>der</strong> Arbeit) vorliegt<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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2.2 wie hoch das Ausmaß an gegenseitiger Hilfeleistung, in direkter Form<br />
o<strong>der</strong> vermittelt über die Modifikation des eigenen Arbeitsvollzuges<br />
ist (notwendig, möglich)<br />
3. Ausmaß <strong>der</strong> arbeitsbestimmten Kommunikation bei<br />
3.1 dem Austausch von arbeitsrelevantem Wissen <strong>und</strong> Erfahrung durch Ratschläge<br />
unter Kollegen<br />
3.2 <strong>der</strong> Weitergabe von Arbeitsdaten<br />
3.3 gemeinsamen Problemlösungen <strong>und</strong><br />
3.4 bei <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erteilung von Arbeitsanweisungen<br />
durch den Vorgesetzten (welcher Vorgesetzter, wann, wie)<br />
4. Anfor<strong>der</strong>ungen an Organisationsfähigkeiten<br />
Bewältigung von<br />
4.1 regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden Koordinationsaufgaben bei übersichtlich<br />
strukturierter betrieblicher Arbeitsorganisation<br />
4.2 regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden Aufgaben <strong>der</strong> Koordination <strong>und</strong> Verteilung<br />
von Arbeit bei großer, differenzierter betrieblicher Arbeitsorganisation<br />
4.3 neuartigen Kooperations- <strong>und</strong> Koordinationsproblemen<br />
5. Anfor<strong>der</strong>ungen an "Rollenübernahme"<br />
6. Informelle Beziehungen/soziales Klima im Arbeitsbereich des Beobachteten<br />
VII. Verantwortung für die Sicherheit an<strong>der</strong>er Personen <strong>und</strong> für Sachwerte,<br />
Einhaltung von Normen<br />
1. Verantwortung für die Sicherheit an<strong>der</strong>er Personen<br />
1.1 keine o<strong>der</strong> geringe Gefährdung an<strong>der</strong>er<br />
1.2 Der Arbeiter hat nur begrenzt darauf zu achten, daß keine Personen<br />
gefährdet o<strong>der</strong> verletzt werden<br />
1.3 Der Arbeiter muß darauf achten, daß an<strong>der</strong>e Personen nicht verletzt<br />
werden<br />
1.4 Der Beschäftigte muß dauernde <strong>und</strong> gründliche Vorsorge treffen, um<br />
ernsthafte Verletzungen an<strong>der</strong>er zu vermeiden<br />
2. Verantwortung für Sachwerte<br />
Folgeschäden/-kosten beim sorglosen Umgang mit dem<br />
Arbeitsmittel<br />
3. Einhaltung von Normen<br />
3.1 Qualitätsnormen<br />
(Fertigungstoleranzen, Einfluß des Arbeiters auf die Arbeitsqualität<br />
Folgeschäden/-kosten bei Normverletzungen)<br />
3.2 technische Normen<br />
(Art <strong>der</strong> Normen, Art ihrer Durchsetzung, Folgen ihrer Verletzung)<br />
3.3 Organisationsnormen<br />
(Art <strong>der</strong> Normen <strong>und</strong> ihrer Durchsetzung, Folgen ihrer Verletzung)<br />
3.4 weitere Verfahren betrieblicher Leistungs- <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle<br />
(soweit im Rahmen <strong>der</strong> Beobachtung erfaßbar: positionsspezifische<br />
Kontrollmaßstäbe, Kontrollinstrumente <strong>und</strong> Sanktionen)<br />
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VIII.<br />
Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
1. Anfor<strong>der</strong>ungen an sensumotorische Fertigkeiten<br />
1.1 Art <strong>der</strong> Bewegung (geführt/gelenkt vs. gezielt)<br />
1.2 Feinheit <strong>der</strong> Bewegungsgenauigkeit<br />
1.3 Koordination <strong>der</strong> Hand-, Arm- <strong>und</strong> Fußbewegungen<br />
1.4 Art <strong>der</strong> sensorischen Kontrolle (direkt o<strong>der</strong> indirekt, durchgängig<br />
o<strong>der</strong> regelmäßig wechselnd visuell, auditiv, taktil,<br />
kinästhetisch, Häufigkeit des Wechsels)<br />
2. Routiniertes Abarbeiten von Handlungsprogrammen<br />
2.1 Beurteilungsprozesse<br />
2.1.1 einfach<br />
2.1.2 wenig kompliziert<br />
2.1.3 kompliziert<br />
2.2 Transformationsmuster<br />
2.1.1 einfach<br />
2.1.2 wenig kompliziert<br />
2.1.3 kompliziert<br />
2.3 Aktionsprogramme<br />
2.3.1 einfach<br />
2.3.2 wenig kompliziert<br />
2.3.3 kompliziert<br />
3. Planungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
3.1 Handlungsplanung mit Teilzielvorgabe<br />
3.1.1 empirisch-adaptiv<br />
a) empirisches Vorgehen bei <strong>der</strong> Diagnose<br />
b) Modifikation bekannter Transformationsregeln<br />
c) Anpassung <strong>und</strong> Variation bekannter Aktionsprogramme<br />
3.1.2 systematisch-optimierend<br />
a) systematisches Vorgehen bei <strong>der</strong> Diagnose<br />
b) Transformationserfor<strong>der</strong>nisse in Son<strong>der</strong>fällen<br />
c) Kombination bekannter Verfahren zur Lösungsoptimierung<br />
d) Planen in <strong>der</strong> Tätigkeit<br />
3.2 Teilzielplanung<br />
3.2.1 systematisch-optimierend<br />
3.2.2 strategisch-innovativ<br />
a) Entwicklung <strong>und</strong> Anwendung von Suchstrategien<br />
b) Entwicklung neuer Verfahren <strong>und</strong> Aktionsprogramme<br />
c) Vorplanen<br />
3.3 Planung komplexer Handlungszusammenhänge<br />
3.3.1 systematisch-optimierend<br />
3.3.2 strategisch-innovativ<br />
4. Anfor<strong>der</strong>ungen an die Wahrnehmungsfähigkeit<br />
4.1 relatives Unterscheiden<br />
4.2 absolutes Identifizieren<br />
4.3 Sinnesmodalitäten <strong>und</strong> Anzahl <strong>der</strong> Reizdimensionen<br />
4.3.1 Sinnesmodalitäten<br />
- visuell (optisch)<br />
- auditiv (akustisch)<br />
- propriozeptiv (kinästhetisch)<br />
- haptisch (taktil)<br />
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4.3.2 Anzahl <strong>der</strong> Reizdimensionen<br />
- eindimensionale Ausprägung<br />
- Dimensionskombinationen innerhalb einer Modalität<br />
- Dimensionskombinationen in verschiedenen Modalitäten<br />
4.4 Feinheit <strong>der</strong> Merkmalsausprägung<br />
4.5 Kodierung<br />
4.5.1 keine Kodierung (= Bedeutung anschaulich/konkret)<br />
- einfache Signale<br />
- komplexe Signale<br />
4.5.2 Kodierung (abstrakte Bedeutungen)<br />
- einfach<br />
- komplex<br />
4.6 Signalumfang (Anzahl <strong>der</strong> Bauteile o<strong>der</strong>/<strong>und</strong> Signale)<br />
5. Anfor<strong>der</strong>ungen an Sprachverstehen <strong>und</strong> -gebrauch<br />
5.1 Kommunikationsfunktion<br />
5.1.1 Kommunikationsziel<br />
5.1.2 Kommunikationsmedium<br />
5.1.3 Kommunikationsdichte <strong>und</strong> -komplexität<br />
5.2 kognitive Funktion<br />
5.2.1 Entverbalisierung (mit o<strong>der</strong> ohne Ersatz durch ein an<strong>der</strong>es<br />
Medium)<br />
5.2.2 Verbalisierung<br />
6. Anfor<strong>der</strong>ungen an Kenntnisse<br />
6.1 Materialkenntnisse (Quantität <strong>und</strong> Qualität <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse)<br />
6.2 Verfahrenskenntnisse<br />
- elementar<br />
- komplex, empirisch<br />
- komplex, systematisch<br />
6.3 Kenntnisse des Arbeitsmittels<br />
- Anlagengeographie<br />
- Signal- <strong>und</strong> Interventionseinrichtungen<br />
- Bedeutung <strong>der</strong> Signal- <strong>und</strong> Interventionseinrichtungen<br />
- Kenntnis <strong>der</strong> Stör- <strong>und</strong> Fehlerquellen <strong>der</strong> Apparatur<br />
- Kenntnis <strong>der</strong> Funktions- <strong>und</strong> Konstruktionsweise <strong>der</strong> Apparatur (zu<br />
Reparaturzwecken)<br />
6.4 Kenntnisse <strong>der</strong> Arbeitsorganisation<br />
- Einordnung des eigenen Arbeitsplatzes in die Arbeitsorganisation<br />
- Kenntnis des gesamten Fertigungsablaufs <strong>und</strong> seiner Kooperationserfor<strong>der</strong>nisse<br />
einschließlich seiner Engpässe <strong>und</strong> Störmöglichkeiten<br />
- Kenntnis alternativer Organisations- <strong>und</strong> Fertigungskonzepte<br />
IX. Belastung<br />
1. Physische Belastung<br />
1.1 statische Arbeit<br />
1.1.1 Haltungsarbeit (Art, Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung)<br />
1.1.2 Haltearbeit (Art, Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung)<br />
1.2 dynamische Arbeit<br />
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1.2.1 schwer dynamische Muskelarbeit (Art, Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung<br />
<strong>der</strong> Beanspruchung)<br />
1.2.2 einseitig dynamische Muskelarbeit (Art, Dauer <strong>und</strong> zeitliche<br />
Verteilung)<br />
Belastung des Organismus durch die Arbeitsumgebung<br />
2.1 Lärm, Erschütterung<br />
2.2 ungenügende Beleuchtung, Blendung<br />
2.3 Kälte, Hitze; Feuchtigkeit, Trockenheit<br />
2.4 Staub, Gas, Flüssigkeitseinwirkung<br />
Psychische Belastung<br />
3.1 durch sensorische Anteile <strong>der</strong> Arbeit<br />
3.1.1 Art <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
- zeitliches Auflösevermögen<br />
- räumliches Auflösevermögen<br />
- Adaptionsvorgänge (vom Hellen ins Dunkle, vom freien Sehen<br />
zum Sichtgerät <strong>und</strong> umgekehrt)<br />
- Akkomodation (vom Nahen zum Fernen <strong>und</strong> umgekehrt)<br />
3.1.2 Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
3.2 durch diskriminatorische Anteile <strong>der</strong> Arbeit<br />
3.2.1 Anzahl <strong>der</strong> Signaldimensionen<br />
3.2.2 Feinheit <strong>der</strong> Merkmalsausprägungen<br />
3.2.3 Gruppierung <strong>der</strong> Instrumente<br />
3.2.4 absolutes/relatives Unterscheiden<br />
3.2.5 Kodierung<br />
3.2.6 Anzahl <strong>der</strong> Signale/Bauteile<br />
3.2.7 Signalhäufigkeit<br />
3.2.8 Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
3.3 durch signalisatorisch-motorische Anteile <strong>der</strong> Arbeit (Art, Dauer<br />
<strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung)<br />
3.4 durch Denkleistungen<br />
3.4.1 Art <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
- Beurteilungsprozesse<br />
- Transformationsleistungen<br />
- Aktionsprogramme<br />
- Planungsanfor<strong>der</strong>ungen (mit/ohne Teilzielvorgabe, in <strong>der</strong><br />
Lernphase/immer wie<strong>der</strong>)<br />
3.4.2 Komplexität <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
3.4.3 Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
3.5 durch monotonieför<strong>der</strong>nde Arbeitssituationen<br />
3.6 durch Virgilanz (Wachsamkeitsmin<strong>der</strong>ung)<br />
3.7 durch zeitliche Verdichtung <strong>der</strong> Arbeit/Hetzarbeit<br />
3.7.1 Art <strong>der</strong> Vermittlung des Zeitdrucks<br />
- personell (Vorgesetzte, Kollegen)<br />
- technisch (Bandgeschwindigkeit)<br />
- organisatorisch (Vorgabezeiten)<br />
3.7.2 Dauer <strong>und</strong> zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Beanspruchung<br />
3.8 durch soziale Konflikte<br />
Eigenkontrolle belastungsrelevanter Arbeitsbedingungen<br />
(hinsichtlich aller unter 1 bis 3 angeführten Belastungen)<br />
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X. Lohnstruktur<br />
1. Lohnform<br />
2. Lohnhöhe<br />
2.1 Lohngruppe<br />
2.2 Lohnsatz<br />
2.3 Minutenfaktor (bei Akkord)<br />
3. Monatsverdienst<br />
3.1 Bruttoverdienst<br />
3.2 Nettoverdienst<br />
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(5) Interview: Arbeitserfahrungen (aus: Hoff u.a. 1983, S. 114-117)<br />
Fragen an den Interviewten<br />
Hinweise für den Interviewer<br />
1.1 Arbeitserfahrungen<br />
1.1.1 Wahrnehmung/Beschreibung<br />
(1) Als was arbeiten Sie im Augenblick?<br />
(2) Wie lautet die genaue Anschrift<br />
des Betriebs, in dem Sie jetzt<br />
arbeiten?<br />
In welcher Abteilung arbeiten<br />
Sie dort?<br />
Arbeiten Sie in Wechselschicht?<br />
(3) Können Sie uns einfach mal<br />
schil<strong>der</strong>n, wie Ihr typischer,<br />
Ihr normaler Arbeitstag von Anfang<br />
bis Ende verläuft? (U.U.<br />
ergänzen: Vielleicht hilft es,<br />
wenn Sie an heute o<strong>der</strong> gestern<br />
denken, mit dem Arbeitsanfang<br />
morgens beginnen <strong>und</strong> dann<br />
hintereinan<strong>der</strong>weg erzählen.)<br />
Diese Frage zielt auf Antworten wie<br />
"Maschinenschlosser in <strong>der</strong> Endmontage<br />
von Turbinen". Neben <strong>der</strong> beruflichen<br />
Funktion sollte die berufliche Stellung<br />
erfaßt werden. Dabei sollten folgende<br />
Positionen identifiziert werden:<br />
Arbeiter<br />
Kolonnen- o<strong>der</strong> Gruppenführer<br />
Vorarbeiter<br />
Meister<br />
sonstiger Angestellter<br />
Beamter<br />
Diese Fragen bringen uns die Information,<br />
wo (<strong>und</strong> wann) wir den Befragten<br />
bei seiner Arbeit beobachten können;<br />
ihm helfen sie, sich an seinen Arbeitsplatz<br />
zu versetzen.<br />
Hierbei sollte <strong>der</strong> Befragte soweit wie<br />
möglich zusammenhängend berichten.<br />
Nachfragen sollten nur soweit gestellt<br />
werden, wie er nicht von sich aus<br />
- die zeitliche Abfolge,<br />
- den Bewegungsraum <strong>und</strong><br />
- die Inhalte seiner Tätigkeit<br />
für den Interviewer verständlich darstellt.<br />
(4) Soweit noch nötig: Was sehen<br />
Sie dabei als Ihre Haupttätigkeit<br />
o<strong>der</strong> Haupttätigkeiten an?<br />
Und was würden Sie eher als<br />
Nebentätigkeit bzw. Nebentätigkeiten<br />
bezeichnen?<br />
Fallen Ihnen, wenn Sie jetzt Auch hier sollten Zeitstruktur, Benicht<br />
nur an einen typischen wegungsraum <strong>und</strong> Tätigkeitsinhalte<br />
Arbeitsalltag, son<strong>der</strong>n an den wenigstens umrißhaft klar werden.<br />
Ablauf <strong>der</strong> ganzen Woche denken,<br />
noch Tätigkeiten ein, die Ihnen<br />
aus irgendeinem Gr<strong>und</strong>e wichtig<br />
erscheinen - auch wenn sie vielleicht<br />
nicht typisch sind?<br />
Und wenn Sie an die letzten<br />
drei Monate denken: Kommen<br />
dann noch an<strong>der</strong>e Tätigkeiten<br />
hinzu?<br />
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(5) Soweit noch nötig:<br />
Was würden Sie insgesamt sagen:<br />
Ist Ihre <strong>der</strong>zeitige Tätigkeit<br />
eher abwechslungsreich o<strong>der</strong><br />
besteht sie meist aus denselben<br />
Handgriffen <strong>und</strong> Vorgängen?<br />
Wird Ihnen dabei alles vorgeschrieben<br />
o<strong>der</strong> haben Sie einen<br />
gewissen Freiheitsspielraum?<br />
Wird das Ergebnis Ihrer Arbeit<br />
kontrolliert o<strong>der</strong> bleibt es<br />
Ihnen selbst überlassen, wie<br />
genau <strong>und</strong> wie gut Sie arbeiten?<br />
Diese Fragen sollen eine grobe Einschätzung<br />
<strong>der</strong> subjektiv wahrgenommenen<br />
Restriktivität <strong>der</strong> gegenwärtigen Arbeitstätigkeit<br />
(en) erlauben. Bei <strong>der</strong><br />
Frage nach dem Freiheitsspielraum<br />
sollten Befragte, die das nicht von<br />
sich aus tun, durch Nachfragen angeregt<br />
werden, wie folgt zu differenzieren:<br />
- zeitlich<br />
° Einteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />
° Variation <strong>der</strong> Reihenfolge von Arbeitsschritten<br />
<strong>und</strong> Einzeltätigkeiten<br />
- räumlich (Verlassen des Arbeitsplatzes<br />
außerhalb <strong>der</strong> Pausenzeiten)<br />
- inhaltlich (Ausprobieren eigener<br />
Ideen <strong>und</strong> Vorstellungen)<br />
(6) Seit wann tun Sie diese Arbeiten)?<br />
(7) Wie sind Sie in diese Arbeiten)<br />
eingeführt worden?<br />
(8) Wie lange braucht man nach <strong>der</strong><br />
Lehre, bis man diese Tätigkeit<br />
(en) beherrscht?<br />
1.1.2 Bewertung<br />
(1) Können Sie jetzt anschließend<br />
auf Anhieb sagen: Diese Tätigkeit<br />
würde ich gefühlsmäßig<br />
eher positiv einschätzen?<br />
(welche? warum?)<br />
(weitere positiv bewertete<br />
Tätigkeiten?)<br />
(2) Gibt es auch eine Tätigkeit,<br />
die Sie gefühlsmäßig eher<br />
negativ einschätzen?<br />
(welche? warum?)<br />
(weitere negativ bewertete<br />
Tätigkeiten?)<br />
Wie werden Sie damit fertig?<br />
(3) Wenn ja: Was würden Sie dabei<br />
am liebsten än<strong>der</strong>n?<br />
(wie? warum?)<br />
Diese Fragen sind - entsprechend den<br />
Antworten auf die vorhergehenden Fragen<br />
- flexibel zu stellen. Wenn z.B.<br />
nur eine Haupttätigkeit ausgeübt wird,<br />
wäre nach <strong>der</strong>en positiven <strong>und</strong> negativen<br />
Aspekten zu fragen.<br />
Soweit die Befragten nicht spontan auf<br />
alle zuvor genannten Tätigkeiten eingehen,<br />
sind zumindest die wichtigeren<br />
<strong>der</strong> von ihnen selbst nicht berücksichtigten<br />
Tätigkeiten <strong>und</strong> Tätigkeitsaspekt<br />
vom Interviewer aufzugreifen. Soweit<br />
die Befragten nicht spontan Belastungen<br />
anführen, die unmittelbar mit <strong>der</strong> Tätig<br />
keit verb<strong>und</strong>en sind (im Unterschied zu<br />
Umgebungseinflüssen, nach denen unter 6<br />
gefragt wird), wären die wichtigsten<br />
dieser Belastungsfaktoren - um die Befragten<br />
auf diese Faktoren zu bringen,<br />
ohne sie allzu sehr zu beeinflussen -<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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(4) Was würden Sie am liebsten an<br />
Ihrem gesamten Tageslauf än<strong>der</strong>n,<br />
wenn Sie die Möglichkeit<br />
dazu hätten?<br />
(wie? warum?)<br />
als "Beispiele" zu nennen:<br />
- physische Belastung<br />
- psychische Belastung<br />
- Belastung durch monotonieför<strong>der</strong>nde<br />
Arbeit<br />
- Belastung durch Wachsamkeitsmin<strong>der</strong>ung<br />
<strong>und</strong><br />
- Belastung durch Zeitdruck<br />
Kann man Ihre Arbeit auch machen,<br />
wenn einen die Sache selber gar<br />
nicht interessiert, son<strong>der</strong>n wenn<br />
man damit nur sein Geld verdienen<br />
will; o<strong>der</strong> muß man schon ein<br />
gewisses Interesse ("Lust <strong>und</strong><br />
Liebe") für die Sache mitbringen?<br />
(6) Gibt es bei Ihrer Arbeit etwas,<br />
was Sie wichtig finden, <strong>und</strong> zwar<br />
in einem ungünstigen Sinn: weil<br />
das schlimme Folgen hat, haben wird<br />
o<strong>der</strong> haben könnte?<br />
(was? warum?)<br />
(7) Wenn Sie jetzt einmal nicht so<br />
sehr an die Art <strong>und</strong> den Ablauf<br />
Ihrer Arbeit, son<strong>der</strong>n mehr an<br />
ständige Bedingungen, die Umgebung,<br />
die Atmosphäre an Ihrem<br />
Arbeitsplatz denken: Fällt Ihnen<br />
da spontan etwas ein, was Sie<br />
für beson<strong>der</strong>s erwähnenswert halten<br />
würden, weil es<br />
- beson<strong>der</strong>s angenehm o<strong>der</strong> unangenehm,<br />
belastend o<strong>der</strong> auch<br />
- wichtig ist?<br />
(was? warum?)<br />
Wenn Unangenehmes genannt wird:<br />
Wie werden Sie damit fertig?<br />
Was würden Sie dabei am liebsten<br />
än<strong>der</strong>n?<br />
(wie? warum?)<br />
(8) Wenn Sie an Ihre <strong>der</strong>zeitige Arbeit<br />
insgesamt denken, können Sie da<br />
so etwas wie ein Gesamturteil abgeben?<br />
Können Sie da sagen, ich<br />
bin insgesamt zufrieden o<strong>der</strong> mehr<br />
unzufrieden, ich würde lieber<br />
eine an<strong>der</strong>e Arbeit machen?<br />
Wenn ja: Woran denken Sie dabei<br />
beson<strong>der</strong>s?<br />
Was gibt bei dieser Gesamteinschätzung<br />
den Ausschlag?<br />
Denken Sie dabei auch an frühere<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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Arbeitsplätze, an denen Sie gearbeitet<br />
haben?<br />
An Kollegen?<br />
An Fre<strong>und</strong>e, Verwandte o<strong>der</strong> Bekannte?<br />
An wen sonst?<br />
Bei Unzufriedenheit: Empfinden Sie<br />
das als Benachteiligung?<br />
(warum?)<br />
Was würden Sie daran am liebsten<br />
än<strong>der</strong>n?<br />
Gibt es an Ihrem Arbeitsplatz<br />
o<strong>der</strong> in Ihrem Betrieb Situationen,<br />
die Ihnen aus irgendeinem<br />
Gr<strong>und</strong> Kopfzerbrechen bereiten?<br />
Wo Sie sich fragen:<br />
Wie kann ich das bewältigen?<br />
Wo es Probleme gibt?<br />
Es handelt sich also um ...?<br />
Wie oft kommt so etwas vor?<br />
Was ist dabei die Hauptschwierigkeit?<br />
Was belastet Sie am meisten?<br />
Wie versuchen Sie damit fertig<br />
zu werden?<br />
Kommt so was (jeweils situationsspezifisch<br />
formulieren)<br />
bei an<strong>der</strong>en, bei Kollegen auch<br />
vor?<br />
Geht denen das auch so?<br />
Wie sehen Sie das bei jüngeren<br />
Kollegen?<br />
Und bei älteren?<br />
Je nachdem, ob zuerst sachliche Schwierigkeiten<br />
o<strong>der</strong> soziale Konflikte genannt<br />
werden, wird erst auf das eine <strong>und</strong> danach<br />
auf das an<strong>der</strong>e eingegangen. Dabei<br />
werden, wenn spontan nicht genug "kommt",<br />
als "Beispiele" angesprochen:<br />
- für sachliche Schwierigkeiten<br />
beson<strong>der</strong>s anspruchsvolle Arbeitsaufgaben<br />
0<br />
° Störungen des normalen Arbeitsablaufs<br />
° zugleich schnell <strong>und</strong> gut arbeiten<br />
- für soziale Konflikte<br />
° Verantwortung (für Materialien, Maschinen,<br />
Gel<strong>der</strong>, Personen: unfallfreies<br />
Arbeiten, Sicherheit an<strong>der</strong>er,<br />
Arbeit <strong>und</strong> Entlohnung an<strong>der</strong>er)<br />
° "Knatsch" (mit Kollegen, Vorgesetzten,<br />
Untergebenen, Lehrlingen, Älteren,<br />
Jüngeren, Außenstehenden)<br />
Inter- <strong>und</strong> Intra-Rollenkonflikte,<br />
0<br />
double-bind-artige Situationen (Diskrepanzen<br />
zwischen formellen betrieblichen<br />
Vorschriften <strong>und</strong> informellen<br />
Gruppennormen, zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
von Vorgesetzten <strong>und</strong> Kollegen usw.)<br />
Moldaschl (1986): <strong>Subjektive</strong> <strong>und</strong> <strong>objektive</strong> <strong>Indikatoren</strong> <strong>der</strong> Arbeitskomplexität.<br />
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