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Anfrage Gernot Herrmann, Sekretariat der ... - KIBB

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Dr. Uta Weis<br />

Tel.: 0228 - 107 1781<br />

E-Mail: weis@bibb.de<br />

<strong>Anfrage</strong> vom 12.08.2004<br />

"Entwicklung nationaler Bildungsstandards in <strong>der</strong> beruflichen Bildung"<br />

a) Inwieweit ist <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Entwicklung nationaler Bildungsstandards für die<br />

Allgemeinbildung auf den Bereich <strong>der</strong> beruflichen Bildung transferierbar?<br />

b) Welche beruflich relevanten Kompetenzen sollten in allgemeine nationale<br />

Bildungsstandards einfließen?<br />

c) Welche Positionen hierzu werden außerhalb <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz vertreten<br />

(Bundesregierung, Bundesinstitut, Wissenschaft, Sozialparteien, Lehrerverbände ...)?<br />

d) Mess- und Überprüfungsproblematik?<br />

e) Lassen sich zu Bildungsstandards für die berufliche Bildung Niveaustufen finden? Ist das<br />

zielführend?<br />

f) Literatur und Forschungsvorhaben?<br />

Vorbemerkung<br />

Die Diskussion um „Nationale Bildungsstandards“ resultiert aus dem schlechten<br />

Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei <strong>der</strong> PISA-Studie 2002/2003. Sie<br />

bezieht sich fast ausschließlich auf das deutsche Schulsystem und im beson<strong>der</strong>en auf die<br />

allgemeinbildenden Schulen (vgl. zitierte Beispiele aus Teilfrage c). Aufgrund <strong>der</strong><br />

Organisation des deutschen Schulsystems lassen sich die Berufsschulen alleine relativ<br />

problemlos mit in die Diskussion einbeziehen. Die berufliche Bildung als Ganzes setzt sich<br />

jedoch aus mindestens drei Teilen zusammen:<br />

• <strong>der</strong> schulischen Berufsausbildung (einschließlich <strong>der</strong> beruflichen Vollzeitschule)<br />

• <strong>der</strong> betrieblichen Berufsausbildung und<br />

• <strong>der</strong> betrieblichen Weiterbildung (geregelt einschließlich <strong>der</strong> nicht geregelten<br />

Weiterbildung)<br />

Möchte man das Thema Bildungsstandards und berufliche Bildung ganzheitlich untersuchen,<br />

muss man auch alle drei Teile berücksichtigen. Die Anmerkungen zu den oben genannten<br />

<strong>Anfrage</strong>n verfolgen deshalb den Anspruch, jeweils den Blick auf die gesamte berufliche<br />

Bildung zu richten. Die Recherchen haben ergeben, dass sich die Diskussion<br />

erwartungsgemäß sehr stark auf die allgemeinbildenden Schulen bezieht und dass noch<br />

nicht sehr viele Arbeiten speziell zur Berufsbildung vorliegen. Deshalb können die Antworten<br />

nur erste Anregungen sein.<br />

a) Inwieweit ist <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Entwicklung nationaler<br />

Bildungsstandards für die Allgemeinbildung auf den Bereich <strong>der</strong><br />

beruflichen Bildung transferierbar?<br />

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Dr. Uta Weis<br />

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Herbst (2004) sieht in <strong>der</strong> Ausformulierung nationaler Bildungsstandards die Chance, aber<br />

auch die Verpflichtung, den „Schulterschluss von allgemeiner und beruflicher Bildung“ zu<br />

realisieren. Er weist darauf hin, dass jedoch beson<strong>der</strong>e Bedingungen bei <strong>der</strong> Diskussion um<br />

Bildungsstandards in <strong>der</strong> beruflichen Bildung gelten: Auf <strong>der</strong> einen Seite steht die<br />

bundeseinheitliche Verbindlichkeit <strong>der</strong> betrieblichen Ausbildung von mehr als 350<br />

Ausbildungsordnungen, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die Zuständigkeit von 16 Bundeslän<strong>der</strong>n auf<br />

<strong>der</strong> berufsschulischen Seite, die durch die von <strong>der</strong> KMK erstellten Rahmenlehrpläne über<br />

einen gemeinsamen Rahmen verfügen. Somit sind über die Ausbildungsordnungen und die<br />

Rahmenlehrpläne erste Ansatzpunkte für Berufsbildungsstandards gegeben.<br />

Nach Klieme (2003) konkretisieren Standards die in Bildungszielen formulierten Erwartungen<br />

an Kompetenzen. Kompetenzen beschreiben Dispositionen zur Bewältigung bestimmter<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen. Diese müssen erlernbar und ausformuliert sein, da Kompetenzen nur an<br />

bestimmten Inhalten erworben werden können. Standards konzentrieren sich auf<br />

überprüfbare, fachbezogene Kompetenzen, sie sind abgrenzbar und bestimmbar. Die<br />

Orientierung an Kompetenzen hat nach Klieme schließlich zur Folge, dass das Lernen auf<br />

die Bewältigung von Anfor<strong>der</strong>ungen und weniger auf den Aufbau von "trägem Wissen"<br />

ausgerichtet ist.<br />

Danach würden auch Ausbildungsordnungen Berufsbildungsstandards setzen, da in ihnen<br />

konkrete Erwartungen formuliert sind, über welche Kompetenzen ein Ausbildungsabsolvent<br />

verfügen sollte. In <strong>der</strong> Berufsausbildung geht es auch nicht um den Aufbau von "trägem<br />

Wissen" son<strong>der</strong>n um die Entwicklung von Handlungskompetenz, also <strong>der</strong> Bewältigung von<br />

beruflichen Anfor<strong>der</strong>ungen. Insoweit ist die Entwicklung nationaler Standards auch auf den<br />

Bereich <strong>der</strong> Berufsausbildung übertragbar. Das gilt auch für die geregelte berufliche<br />

Weiterbildung, da in den Weiterbildungsverordnungen in entsprechen<strong>der</strong> Weise Erwartungen<br />

über erfor<strong>der</strong>liche Kompetenzen formuliert sind.<br />

Für die schulische Berufsausbildung erfüllen die Rahmenlehrpläne diese Aufgabe.<br />

Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> erläuterten Beson<strong>der</strong>heiten in <strong>der</strong> beruflichen Bildung lassen sich<br />

somit die Prozesse zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards sehr gut auf die berufliche<br />

Bildung übertragen. Unzweifelhaft werden sich jedoch Unterschiede bei <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong><br />

inhaltlichen Bildungsstandards ergeben. Die nachfolgenden Fragen und Antworten gehen<br />

näher auf die Thematik ein.<br />

b) Welche beruflich relevanten Kompetenzen sollten in allgemeine<br />

nationale Bildungsstandards einfließen?<br />

Nach Tenorth (2003) liegt die Verbindung zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung in<br />

zweifacher Weise vor: erstens in <strong>der</strong> Organisation des Lernens über thematische Einheiten<br />

und zweitens in <strong>der</strong> kompetenzsichernden Qualität dieser thematischen Einheiten. Diese<br />

sind genau die Elemente, die in <strong>der</strong> Überprüfung von Bildungsstandards eingebunden<br />

werden sollen. Demnach ist es problemlos möglich, Bildungsstandards für den beruflich<br />

orientierten Bildungsweg zu definieren, aber Tenorth weist auch auf eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong><br />

Berufsausbildung hin:<br />

Kompetenzen <strong>der</strong> Berufsausbildung setzen sich aus zwei Komponenten zusammen:<br />

Berufsübergreifende (allgemein bildende) Kompetenzen PLUS berufliche (fachtheoretische<br />

und fachprakitsche) Kompetenzen. Die beruflichen Kompetenzen sind also eine<br />

Beson<strong>der</strong>heit, die in die Diskussion um allgemeine nationale Bildungsstandards einfließen<br />

müssten, sofern sie nicht enthalten sind.<br />

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Nach Watermann (2003) sind folgende Basiskompetenzen als Voraussetzung für den<br />

Übergang in die berufliche Erstausbildung notwendig:<br />

• Beherrschung <strong>der</strong> Verkehrssprache<br />

• mathematische Modellierfähigkeit<br />

• fremdsprachliche Kompetenz<br />

• informationstechnologische Kompetenz und<br />

• Selbstregulation des Wissenserwerbs.<br />

Wenn Watermann gefolgt wird, sind dies die relevanten Kompetenzen, die aus Sicht <strong>der</strong><br />

beruflichen Bildung in allgemeine nationale Bildungsstandards einfließen sollten.<br />

Tenorth führt dazu weiter aus: „In die nationalen Bildungsstandards müssen im Interesse <strong>der</strong><br />

Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung die berufsbezogenenen<br />

Kompetenzen niveaubezogen eingearbeitet werden.“ Die bisher verabschiedeten nationalen<br />

Bildungsstandards beziehen sich zu sehr auf die in allgemein bildenden Schulen erworbenen<br />

Kompetenzen. Dies lässt sich gut am Beispiel von Watermanns Basiskompetenzen<br />

verdeutlichen: Die fremdsprachliche Kompetenz z.B. aus Sicht <strong>der</strong> allgemein bildenden<br />

Schulen hat u.a. einen Schwerpunkt in <strong>der</strong> Lesekompetenz und literarischen<br />

fremdsprachlichen Bildung. Die Anfor<strong>der</strong>ungen aus beruflicher Sicht beziehen sich jedoch<br />

viel stärker auf die Wirtschaftssprache (z.B. Telefonkorrespondenz, Verhandlungsführung).<br />

Die Bildungsstandards <strong>der</strong> allgemeine Fremdsprachenausbildung sind somit nicht<br />

zwangsläufig identisch mit denen <strong>der</strong> Berufsbildung. Hier gilt es einen Ansatzpunkt zu finden,<br />

um<br />

a) diese beson<strong>der</strong>en beruflichen Bildungsstandards zu identifizieren und<br />

b) sie in die allgemeine Bildungsstandarddiskussion einzuarbeiten.<br />

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c) Welche Positionen hierzu werden außerhalb <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz<br />

vertreten (Bundesregierung, Bundesinstitut, Wissenschaft,<br />

Sozialparteien, Lehrerverbände ...)?<br />

Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich die Positionen primär mit den nationalen<br />

Bildungsstandards im schulischen Bereich beschäftigen. Die nationalen Bildungsstandards<br />

für die berufliche Bildung werden insofern für die Berufsschule zwar abgedeckt, weniger<br />

allerdings für die betriebliche Bildung thematisiert. Aus den einzelnen Positionen<br />

verschiedener Interessengruppen und Vertreter lassen sich jedoch Punkte extrahieren, die<br />

auch speziell die Frage <strong>der</strong> Bildungsstandards in <strong>der</strong> beruflichen Bildung betreffen. Dazu<br />

einige Beispiele:<br />

Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums des<br />

Bundesverbandes <strong>der</strong> Deutschen Industrie (BDI) betont, dass „die Bildungsstandards die<br />

Ausbildungsfähigkeit bzw. die Studienfähigkeit sichern müssen. Die grundlegenden<br />

Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Rechnen müssen beherrscht werden. Das bedeutet<br />

vor allem Problemerfassungs- und Lösungskompetenz in wichtigen Anwendungsfällen. Die<br />

Grundzüge <strong>der</strong> Naturwissenschaften, des Wirtschaftssystems und des politischen Systems<br />

sowie ein bis zwei Fremdsprachen müssen vertraut sein. Dazu gehören aber auch<br />

Sozialkompetenzen wie Teamfähigkeit, Kommunikation und <strong>der</strong> Umgang mit mo<strong>der</strong>nen IuK-<br />

Techniken. Die Standards können konkurrierend in den einzelnen Bundeslän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />

gemeinsam bearbeitet werden. Bei <strong>der</strong> Erarbeitung von gemeinsamen Bildungsstandards<br />

wird darauf zu achten sein, dass ein hohes Niveau und nicht die Einigung auf dem kleinsten<br />

gemeinsamen Nenner erreicht wird. So könnte eine Wettbewerbskultur an deutschen<br />

Schulen entstehen, mit freiwilligen nationalen und internationalen Leistungsvergleichen in<br />

allen Fächer.“<br />

Dr. Dieter Hundt, Arbeitgeberpräsident, meint dazu: „Bildungsstandards müssen<br />

Mindeststandards sein, die nicht auf Mini-Anfor<strong>der</strong>ungen und Schmalspurwissen, son<strong>der</strong>n<br />

auf ein hohes allgemeines Niveau abzielen. Sie sollen für jedes Fach und für jede Schulart<br />

formuliert werden. Logische Konsequenz ist die Einführung von zentralen<br />

Abschlussprüfungen am Ende <strong>der</strong> Schullaufbahnen. Für die Arbeitgeber ist es elementar,<br />

dass sie sich bei den Schulabgängern auf ein bestimmtes und bundesweit gewährleistetes<br />

Niveau an Grundwissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten verlassen können.“<br />

Die Position <strong>der</strong> Arbeitgeber for<strong>der</strong>t somit eine Definition von Bildungsstandards auf sehr<br />

hohem bundesweit gewährleistetem Niveau. Die berufliche Bildung wird nicht explizit betont,<br />

bzw. die Bildungsstandards werden als notwendige Voraussetzung für die<br />

Ausbildungsfähigkeit gesehen.<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßt die von Bildungsexperten<br />

vorgestellte Expertise zur Entwicklung von nationalen Bildungsstandards. Sie "können die<br />

Grundlage für die verstärkte individuelle För<strong>der</strong>ung in unserem Schulsystem sein", stellte die<br />

GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange im Anschluss an die von Prof. Dr. Eckhard Klieme<br />

(Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung/DIPF) präsentierte Studie<br />

in Berlin fest. Mit Bildungsstandards würde <strong>der</strong> Erwerb von verbindlichen Kompetenzen in<br />

den Mittelpunkt des Bildungsprozesses gestellt. Dies führe zu einer grundsätzlichen<br />

Verän<strong>der</strong>ung gegenüber Lehrplänen und Curricula. (...) Wenn vorgeschriebene<br />

Mindeststandards nicht erreicht würden, müsse nach den Ursachen gesucht und<br />

entsprechende För<strong>der</strong>maßnahmen eingeleitet werden. Zu einem solchen Konzept aber<br />

passe nicht länger ein System <strong>der</strong> frühen Auslese wie in Deutschland. Die GEW unterstütze<br />

deshalb die Feststellung <strong>der</strong> Wissenschaftler, die Funktion <strong>der</strong> Bildungsstandards nicht in<br />

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einer Verstärkung des individuellen Leistungs- und Selektionsdrucks auf Schülerinnen und<br />

Schüler zu sehen. Im internationalen Vergleich würden Schüler in Deutschland ohnehin<br />

mehr Leistungsdruck als Unterstützung wahrnehmen, hatten die Bildungsexperten um Prof.<br />

Klieme in ihrem Gutachten festgestellt. Bildungsstandards seien we<strong>der</strong> für die "individuelle<br />

Benotung, Zertifizierung und Auswahl, noch für die Zentralisierung von Prüfungen geeignet",<br />

erläuterte Stange.<br />

Auch die Gewerkschaft GEW stellt somit die allgemeine schulische Bildung bei <strong>der</strong><br />

Diskussion um die Bildungsstandards in den Mittelpunkt, warnt aber vor einer Verbindung<br />

<strong>der</strong> Bildungsstandards mit den Themen Zertifizierung und Auswahl und kritisiert die frühe<br />

Selektion im deutschen Schulsystem. Die Berufsbildung wird mit dem Thema nicht in<br />

Verbindung gebracht.<br />

Nach Dr. Matthias Rößler, Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst haben<br />

Bildungsstandards die Funktion, „verbindliche Zielvorgaben <strong>der</strong> Kenntnisse, Fertigkeiten und<br />

Fähigkeiten in den Fächern zu beschreiben. Hinzu kommen methodische, soziale und<br />

personale Kompetenzen, die entwickelt werden müssen. Wenn man festlegt, was ein<br />

Schüler o<strong>der</strong> eine Schülerin gelernt haben muss, kann man auch eine Qualitätskontrolle am<br />

Ende eines Bildungsabschnitts vornehmen. Bildungsstandards gehören schon in die<br />

Grundschule. Sie muss die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen so vermitteln,<br />

dass sie beim Schüler auch sitzen. Die weiterführenden Schulen bauen darauf auf. Zu den<br />

Standards für den mittleren Bildungsabschluss und die allgemeine Hochschulreife gehören<br />

die Kernfächer Mathematik, Deutsch, Geschichte, Fremdsprache und Naturwissenschaft.<br />

Beim Abitur sind die Kernfächer durchgehend zu belegen und einzubringen. Mathematik<br />

und Deutsch gehören zu den Pflichtprüfungsfächern. Mit Blick auf den Haupt- und<br />

Realschulabschluss kommt eine starke Berufsorientierung und beim Abitur die<br />

Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten hinzu.“<br />

Harald Schartau, Minister für Wirtschaft und Arbeit, NRW: „Die Diskussion um die<br />

Entwicklung von Bildungsstandards hat u.a. durch PISA einen neuen Impuls bekommen.<br />

Allerdings befindet sie sich erst am Anfang <strong>der</strong> Konkretisierung. Das Ministerium für<br />

Wirtschaft und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen begrüßt daher die Vorschläge <strong>der</strong><br />

KMK und des BMBF. Die weitere Entwicklung wird durch aktive Mitarbeit in den Gremien<br />

begleitet.<br />

Dieses geschieht vor dem Hintergrund, dass Bildungsstandards in den<br />

allgemeinbildenden Schularten auch Auswirkungen auf den Bereich <strong>der</strong> beruflichen<br />

Aus- und Weiterbildung haben werden. Für die Volkshochschulen, die u.a. Kurse zur<br />

Erlangung von allgemeinen Bildungsabschlüssen anbieten, ist die Entwicklung von<br />

beson<strong>der</strong>er Bedeutung.“<br />

An diesen beiden Positionen von Landesministerien ist interessant, dass sie eine Brücke von<br />

<strong>der</strong> schulischen hin zur beruflichen Bildung bauen und die schulischen Bildungsstandards als<br />

wichtige Voraussetzung für die berufliche Aus- und Weiterbildung sehen (ähnlich <strong>der</strong><br />

Position <strong>der</strong> Arbeitgeber).<br />

Wolfgang Herbst, Stellvertreten<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> des Bundesverbandes <strong>der</strong> Lehrerinnen und<br />

Lehrer an beruflichen Schulen e.V. (BLBS), thematisiert, wie oben bereits ausgeführt , als<br />

einer <strong>der</strong> wenigen explizit die Bildungsstandards in Bezug auf die berufliche Bildung und<br />

weist sowohl auf die Überschneidungen als auch auf die Unterschiede beruflicher im<br />

Vergleich zu allgemeinen Bildungsstandards hin.<br />

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die allgemeinen Bildungsstandards eher als<br />

Voraussetzung für die berufliche Aus- und Weiterbildung gesehen werden und die<br />

Diskussion um berufliche Bildungsstandard nicht gleichberechtigt daneben steht.<br />

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d) Mess- und Überprüfungsproblematik?<br />

Die Diskussion um die Einführung von Bildungsstandards wirft unwillkürlich die Frage nach<br />

<strong>der</strong> Mess- und Überprüfbarkeit solcher Standards aus. In Bezug auf Aus- und<br />

Weiterbildungsordnungen, die oben als ein Instrument für die Definition von beruflichen<br />

Bildungsstandards genannt worden sind, gibt es am Bundesinstitut für Berufsbildung einige<br />

Forschungsarbeiten zum Thema Prüfungsvorschriften in <strong>der</strong> Ausbildung, die dazu<br />

herangezogen werden können:<br />

Evaluation von Prüfungsvorschriften in Ausbildungsordnungen<br />

Aussagekraft und Validität ausgewählter traditioneller und neuer Prüfungen in <strong>der</strong><br />

Ausbildung<br />

Dokumentation über Weiterentwicklungen <strong>der</strong> in neuen Aus- und<br />

Fortbildungsordnungen enthaltenen Prüfungsregelungen<br />

e) Lassen sich zu Bildungsstandards für die berufliche Bildung<br />

Niveaustufen finden? Ist das zielführend?<br />

Für die nationalen Bildungsstandards sind generell drei Leistungsniveaustufen definiert:<br />

• ein Mindeststandard, <strong>der</strong> Basiswissen und -fähigkeiten beinhaltet<br />

• ein Regelstandard, <strong>der</strong> die Fähigkeit zur Verknüpfung des Gelernten mit neuen<br />

Sachverhalten und Problemen zu neuen Lösungen bescheinigt<br />

• ein Höchststandard für solche Schülerinnen und Schüler, die in <strong>der</strong> Lage sind,<br />

komplexe Sachverhalte selbstständig zu bewerten und mit dem Gelernten in<br />

Beziehung zu setzen.<br />

(http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/3/0,1367,POL-0-2086979,00.html)<br />

Wie bei den allgemeinen Bildungsstandards lassen sich natürlich auch für die berufliche<br />

Bildung Niveaustufen definieren. Als Beispiel sei das Common European Framework of<br />

Reference for Languages genannt, auf dem seit 1998 die von <strong>der</strong> KMK definierten<br />

Fremdsprachenzeritifkatsprüfungen aufsetzen. Diese sind für berufsbildende Schulen<br />

beispielsweise in Bayern erprobt<br />

(http://www.isb.bayern.de/bes/download/news/NewsletterVIII.pdf, S.3)<br />

Berufliche Bildungsstandards müssen zum Ziel haben, die Qualität <strong>der</strong> beruflichen Aus- und<br />

Weiterbildung zu sichern. Dazu müssen sie überprüfbar sein. Die Einführung von<br />

Niveaustufen kann hierbei unterstützen. Die Frage nach <strong>der</strong> Zielführung solcher<br />

Niveaustufen ist eng verbunden mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Überprüfungsproblematik aus Frage d).<br />

Definiert man beispielsweise das Erreichen einer Niveaustufe einzig und allein mit dem<br />

erfolgreichen Abschluss eines Multiple-Choice-Tests, so ist die Aussagekraft <strong>der</strong><br />

eingeführten Niveaustufe sicherlich in Frage zu stellen. Verknüpft man diese jedoch mit einer<br />

umfangreichen Messung (vgl. die oben genannten Forschungsprojekte) können sie sehr<br />

wohl aussagekräftig sein.<br />

Die Bildung von Niveaustufen von Bildungsstandards könnte auch im internationalen Kontext<br />

zielführend sein und zwar vor dem Hintergrund <strong>der</strong> insgesamt niedrigen Einstufung des<br />

dualen Systems <strong>der</strong> deutschen Berufsausbildung. Bildungsstandards inkl. <strong>der</strong> Niveaustufen<br />

könnten zu mehr Transparenz und auch einer Aufwertung führen. Prof. Josef Rützel von <strong>der</strong><br />

TU-Darmstadt merkt zu diesem Thema an: „International gibt es fünf Niveaustufen. Der Streit<br />

geht darum, ob die deutschen Facharbeiter o<strong>der</strong> Fachangestellten in <strong>der</strong> zweiten o<strong>der</strong> dritten<br />

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Niveaustufe angesiedelt sind. Bisher sind sie in <strong>der</strong> zweiten Stufe. Das Problem: In vielen<br />

an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n ist Berufsausbildung kein geregelter Bildungsweg. Deutschland ist mit dem<br />

geregelten System <strong>der</strong> Berufsausbildung in <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heit. Die Niveaustufen hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Qualität können nur schwer ohne wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge<br />

beurteilt werden. Hier sind die Ergebnisse <strong>der</strong> Forschung noch nicht aussagefähig.“ (aus<br />

Frankfurter Rundschau, 17.08.04)<br />

f) Literatur und Forschungsvorhaben?<br />

Studien und Forschungsergebnisse<br />

Famulla, G.-E. (2004), "Bildungsstandards in <strong>der</strong> Berufsorientierung" . Vortrag anlässlich<br />

<strong>der</strong> Verleihung des Qualitätssiegels "Schule mit vorbildlicher Berufsorientierung" am 22. Juni<br />

2004 in Hamburg.<br />

Herbst, W. (2003), „Nationale Bildungsstandards und berufliche Bildung“, in: „Die<br />

berufsbildende Schule (BbSch) 65, 2004.<br />

Klieme, E. et al. (2003), „Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards - Eine<br />

Expertise“, BMBF, Juni 2003.<br />

Tenorth, H.-E. (2003), “Lernfel<strong>der</strong> und Bildungsstandards in beruflicher und allgemeiner<br />

Bildung“, in SchulVerwaltung spezial Nr.4/2003, S. 13ff.<br />

Watermann, R. (2004), „Ausbildungsreife - Ergebnisse <strong>der</strong> neueren empirischen<br />

Bildungsforschung", MPI, Berlin 2003.<br />

Forschungsprojekte des Bundesinstituts für Berufsbildung zum Thema Prüfungen in <strong>der</strong><br />

Aus- und Weiterbildung<br />

Stellungnahmen zum Thema Bildungsstandards<br />

Stellungnahme <strong>der</strong> Bundesvereinigung <strong>der</strong> Deutschen Arbeitgeberverbände<br />

Stellungnahme des Bundesverbandes <strong>der</strong> Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen<br />

Schulen e.V. (BLBS)<br />

Stellungnahme <strong>der</strong> Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

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