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Bachelorklausur vom 16. Januar 2013 (pdf, 314KB) - Institut für ...

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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Strafrecht und Kriminologie<br />

Rechtswissenschaftliche Fakultät<br />

Universität Bern<br />

Prof. Dr. Jonas Weber<br />

<strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht<br />

<strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Hilfsmittel: StGB und StPO<br />

Zeit: 5 Stunden<br />

Formelle Hinweise<br />

1. Vorgehen: Analysieren Sie zuerst den Sachverhalt; d.h. identifizieren Sie die wesentlichen<br />

Probleme und Fragen des Sachverhalts. Legen Sie dann beim Verfassen der Lösung die<br />

Schwerpunkte auf die sachverhaltsrelevanten Probleme und Fragen. Verzichten Sie auf allgemeine<br />

Ausführungen ohne Bezug zum Sachverhalt.<br />

2. Tipp: Erstellen Sie vor dem Verfassen der Lösung eine Gliederung und ein Zeitbudget <strong>für</strong> die<br />

Bearbeitung der einzelnen Fragen und Probleme. Richten Sie die Ausführlichkeit der Bearbeitung<br />

an der zur Verfügung stehenden Zeit aus.<br />

3. Auf die Begründung kommt es an! Arbeiten Sie mit den Informationen aus dem Sachverhalt.<br />

Stellen Sie jeweils den Bezug her zwischen dem Sachverhalt und den Tatbeständen bzw. den<br />

Tatbestandsmerkmalen, die Sie prüfen. Achten Sie darauf, dass Sie nicht bloss behaupten,<br />

sondern subsumieren und argumentieren. Stützen Sie sich bei der Begründung Ihrer Lösung<br />

wo immer möglich auf das Gesetz und geben Sie die einschlägigen Gesetzesartikel genau an.<br />

4. Achten Sie auf eine übersichtliche Gliederung.<br />

5. Formulieren Sie Ihre Überlegungen aus und schreiben Sie nicht bloss stichwortartig.<br />

6. Notieren Sie auf jedem Blatt, das korrigiert werden soll, Ihre Matrikelnummer (keine Namen!).<br />

Falls Sie eine andere Muttersprache als Deutsch haben, notieren Sie dies auf dem ersten<br />

Blatt. Versehen Sie die Seiten mit Seitenzahlen.<br />

7. Bitte schreiben Sie leserlich und nicht mit Bleistift.<br />

8. Die Bearbeitung des Sachverhalts zum materiellen Strafrecht wird bei der Bewertung mit 80<br />

Prozent gewichtet; die Bearbeitung des Sachverhalts zum Strafprozessrecht mit 20 Prozent.<br />

Viel Erfolg!


<strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht Seite 2 von 4 <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Materiellrechtlicher Teil<br />

Judith und Karl fassen gemeinsam den Entschluss, in das Uhrengeschäft "Zeitmesser" einzubrechen<br />

und die in den Vitrinen ausgestellten Uhren mitzunehmen. Gemäss ihrem Tatplan soll die technisch<br />

versierte Judith die Alarmanlage ausser Kraft setzen, dann soll der kräftige Karl die Eingangstüre mit<br />

einer Axt einschlagen und die Vitrinen öffnen. Des Weiteren vereinbaren sie, die Beute zu teilen.<br />

In einer Nacht von Samstag auf Sonntag fahren Judith und Karl zum Uhrengeschäft "Zeitmesser" und<br />

dringen wie geplant in das Geschäftslokal ein. Dort stellen sie enttäuscht fest, dass die Vitrinen leer<br />

sind. Als sie sich im Verkaufsraum umsehen, stossen sie in einer Ecke auf einen Tresor, der mit einem<br />

Zahlenschloss gesichert ist. Sie vermuten zu Recht, dass die Uhren wohl über Nacht in den Tresor<br />

gelegt werden. Da Karl nicht das richtige Werkzeug dabei hat, um den Tresor zu öffnen, beschliessen<br />

die beiden, sich unverrichteter Dinge wieder aus dem Staub zu machen. In diesem Moment öffnet<br />

sich die Türe zum Hinterraum, in dem sich die Werkstatt befindet. Die Uhrmacherin Georgette und<br />

ihr Lehrling Leo, die bis tief in die Nacht damit beschäftigt sind, eine alte Standuhr zu reparieren, und<br />

nun <strong>vom</strong> Lärm aufgeschreckt worden sind, betreten den Verkaufsraum. Karl reagiert blitzschnell,<br />

packt Leo und hält ihm die scharfe Seite (Schneide) der Axt an den Hals. Judith versteht sofort, was<br />

Karl will, und schreit Georgette an: "Los, den Tresor öffnen, sonst ist der Junior einen Kopf kürzer."<br />

Georgette, die als Einzige den Zahlencode kennt, öffnet umgehend den Tresor. Als Judith sieht, dass<br />

sich im Tresor unter anderem drei wertvolle Uhren der Marke "Rolex" befinden, zeigt sie darauf und<br />

bemerkt zu Georgette: "Wir nehmen die hier." Georgette übergibt Judith die drei Uhren, worauf<br />

Judith und Karl aus der Bijouterie davon rennen.<br />

Nun reagiert Georgette ihrerseits blitzschnell, öffnet die oberste Schublade des Verkaufstresens und<br />

ergreift ihre Pistole, die sie <strong>für</strong> solche Fälle dort verstaut hat. Als weder Judith noch Karl auf Zurufe<br />

und einen Warnschuss reagieren, zielt Georgette aus 40 Metern Entfernung auf die Beine des davon<br />

rennenden Karls und gibt mehrere Schüsse ab. Georgette hat mit der Pistole seit Jahren nicht mehr<br />

geschossen und war auch früher nie eine gute Schützin. Zudem zittern ihre Hände bei der Schussabgabe<br />

aufgrund der Aufregung. Karl wird in den linken Unterschenkel getroffen, bleibt verletzt liegen<br />

und wird in der Folge von der avisierten Polizei verhaftet. Bei Karls Verletzung handelt es sich um<br />

einen Durchschuss, der innerhalb von vier Monaten komplikationslos und ohne bleibende Beeinträchtigungen<br />

verheilt.<br />

Judith hat mehr Glück als Karl und entkommt mit den Uhren. Mit Hilfe des Computerprogramms<br />

"Photoshop" und eines Farblaserdruckers erstellt sie zuhause <strong>für</strong> die Uhren Kaufquittungen, auf<br />

welchen die tatsächlich existierende "Exklusivuhr AG" als Verkäuferin der Uhren angegeben wird.<br />

Unter Vorlage der Kaufquittungen bietet Judith die drei Uhren in der Folge dem Uhrenhändler Urban<br />

zum Kauf an. Aufgrund der Tatsachen, dass Judith ihm einen Kaufpreis vorschlägt, der deutlich unter<br />

dem aktuellen Marktwert liegt, und er in der Presse <strong>vom</strong> Überfall auf das Uhrengeschäft "Zeitmesser"<br />

gelesen hat, geht Urban davon aus, dass es sich bei den ihm angebotenen Uhren um Diebesgut<br />

handelt. Da er jedoch <strong>für</strong> sich selbst ein gutes Geschäft wittert, lässt er sich nichts anmerken und


<strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht Seite 3 von 4 <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

kauft die drei Uhren zu dem von Judith vorgeschlagenen Preis. Kurze Zeit später verkauft Urban die<br />

drei Uhren zum doppelten Preis an drei verschiedene Kunden, denen er nichts von der vermuteten<br />

Herkunft der Uhren erzählt und die auch keinen Verdacht schöpfen.<br />

Nachdem Karl seine Freiheitsstrafe abgesessen hat, nimmt er mit Judith Kontakt auf und fragt nach<br />

der Beute. Judith erklärt ihm, sie habe die Uhren leider auf der Flucht wegwerfen müssen und sie<br />

seither nicht mehr gefunden. Karl geht davon aus, dass ihm Judith die Wahrheit sagt, weshalb er es<br />

unterlässt, von Judith seinen Anteil an der Beute heraus zu verlangen.<br />

Prüfen Sie die Strafbarkeit von Judith, Karl, Georgette und Urban gemäss StGB.<br />

Gegebenenfalls erforderliche Strafanträge sind gestellt worden.<br />

Strafprozessualer Teil (Prof. Dr. Hans Vest)<br />

Der Beschuldigte Benno betäubte gegen Ende einer Party bei ihm in der Wohnung die 18-jährige<br />

Jennifer mit KO-Tropfen; in der Folge verstarb Jennifer. Nach den in solchen Fällen üblichen gerichtsmedizinischen<br />

Abklärungen wurde gegen Benno am 1. Dezember 2010 ein Verfahren wegen<br />

vorsätzlicher Tötung eingeleitet. Benno befand sich in diesem Zeitpunkt wegen Vollzugs einer <strong>für</strong><br />

eine frühere Straftat ausgesprochenen Freiheitsstrafe im Strafvollzug. Gegenüber der ihn einvernehmenden<br />

Polizei gab er zu, am fraglichen Abend mit der Verstorbenen zusammen gewesen zu<br />

sein, bestritt aber die Tat und teilte mit, er werde auf Anraten seines Verteidigers von seinem<br />

Schweigerecht Gebrauch machen und erst nach Akteneinsicht aussagen.<br />

Der Staatsanwalt sah keine anderen Ermittlungen mehr als erfolgsversprechend an und beantragte<br />

daher den Einsatz eines verdeckten Ermittlers. Das Zwangsmassnahmengericht genehmigte den<br />

Einsatz gestützt auf Art. 286 i.V.m. 289 StPO <strong>für</strong> zwölf Monate und verlängerte ihn vor Ablauf dieser<br />

Frist um weitere sechs Monate. Der Erstkontakt zwischen dem gemäss Art. 290 StPO instruierten<br />

verdeckten Ermittler und dem Beschuldigten Benno fand entsprechend den Abmachungen mit der<br />

Staatsanwaltschaft bei einem arrangierten Gefangenentransport statt. In der Folge besuchte der<br />

verdeckte Ermittler Benno mehrfach im Gefängnis, wo er mit ihm ein Vertrauensverhältnis aufbaute.<br />

Bei einem mit Blick auf Bennos bevorstehende Entlassung im Frühjahr 2012 gewährten dreitägigen<br />

Hafturlaub gelang es dem verdeckten Ermittler, der Benno in seiner Wohnung übernachten liess,<br />

diesen zu einem detaillierten Geständnis zu überreden, indem er Benno unter Hinweis auf das Vertrauensverhältnis<br />

wiederholt bedrängte, wahrheitsgemässe Angaben zu machen. Dabei stellte er<br />

Benno eine Vielzahl von detaillierten Fragen.


<strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht Seite 4 von 4 <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Der verdeckte Ermittler schilderte das Geständnis von Benno sowohl in der Untersuchung als auch in<br />

der Hauptverhandlung als Zeuge. Benno wurde gestützt darauf wegen vorsätzlicher Tötung zu einer<br />

Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Das Obergericht bestätigte diese Strafe. Benno, der<br />

gegen die Einführung des verdeckten Ermittlers als Belastungszeugen protestiert hatte, erhob Strafrechtsbeschwerde<br />

ans Bundesgericht und rügte, dass die Aussagen des verdeckten Ermittlers nicht<br />

hätten gegen ihn verwertet werden dürfen.<br />

Begründen Sie den Beschwerdeentscheid des Bundesgerichts.


<strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Korrekturblatt Materieller Teil<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Strafrecht und Kriminologie<br />

Rechtswissenschaftliche Fakultät<br />

Universität Bern<br />

Prof. Dr. Jonas Weber<br />

Matrikelnummer:<br />

Korrekturperson:<br />

1. SV-Abschnitt: Einbruch ins Uhrengeschäft<br />

Strafbarkeit Judith und Karl<br />

A. Mittäterschaft (ursprüngl. Tatplan: Einbruch in das Uhrengeschäft u. Mitnahme von Uhren) (+)<br />

• gemeinsamer Tatentschluss: Entschluss wird gemeinsam gefasst<br />

• gemeinsame Tatausführung; wesentliche Beiträge: arbeitsteilige (ausser Kraft setzen der Alarmanlage; Einschlagen<br />

der Eingangstüre; Öffnen der Vitrinen) und gemeinsame (Mitnahme der Uhren) Vorgehensweise<br />

• (Hinweis: die Mittäterschaft kann auch im Rahmen Prüfung der einzelnen Tatbestände geprüft werden)<br />

B. Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1) (Eingangstüre mit einer Axt einschlagen) (+)<br />

C. Hausfriedensbruch (Art. 186) (in das geschlossene Geschäftslokal eindringen) (+)<br />

• Meinungsstreit betreffend das Betreten von Räumen, die dem Publikum offenstehen, wie z.B. Verkaufsgeschäfte,<br />

in krimineller bzw. nicht den Räumlichkeiten entsprechenden Absichten spielt hier keine Rolle, da Judith und<br />

Karl das Geschäftslokal nicht zu Geschäftszeiten betreten<br />

D. Versuchter Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 22) (+)<br />

• Vorprüfung: Tat nicht vollendet; Versuch strafbar (Art. 139 i.V.m. Art. 10 Abs. 2: Verbrechen)<br />

• Tatentschluss (subj. TB): Vorsatz und Bereicherungsabsicht (+)<br />

• Beginn der Tatausführung (obj. TB): Einschlagen der Eingangstüre und Eindringen in das Geschäftslokal "als letzter<br />

entscheidender Schritt, von dem es gemäss Tatplan kein Zurück mehr gibt, es sei denn wegen äusserer Umstände"<br />

(+)<br />

• kein Rücktritt gemäss Art. 23 Abs. 1: Judith u. Karl führen den Diebstahl nicht aus eigenem Antrieb nicht zu Ende,<br />

sondern weil die Uhren über Nacht in den Tresor gelegt worden sind, den sie nicht selber öffnen können<br />

E. Qualifikationen: Bandenmässigkeit (Ziff. 139 Ziff. 3 Abs. 2) (-) und Mitsichführen einer gefährlichen Waffe (Art.<br />

139 Ziff. 3 Abs. 3) (-)<br />

• Bandenmässigkeit: gemäss BGer wären zwei Personen <strong>für</strong> eine Bande bereits ausreichend; dem SV kann jedoch<br />

nicht entnommen werden, dass sich Judith u. Karl zusammengefunden haben, um <strong>für</strong> die Verübung mehrerer<br />

Diebstähle oder Raubtaten zusammenzuwirken<br />

• die Axt ist keine Waffe, sondern ein gefährlicher Gegenstand, was jedoch bei Art. 139 <strong>für</strong> die Qualifikation nicht<br />

von Belang ist (im Unterschied zu Art. 123)<br />

• (Hinweis: die Qualifikationen von Ziff. 3 Abs. 2 und 3 können auch direkt im Rahmen der Prüfung von Art. 139<br />

i.V.m. Art. 22 besprochen werden) (8)<br />

F. Mittäterschaft (modifizierter Tatplan: Drohung, Leo umzubringen, damit Georgette Tresor öffnet) (+)<br />

• konkludenter gemeinsamer Tatentschluss; Judith schliesst sich Karls konkludent zum Ausdruck gebrachten Tatentschluss<br />

an<br />

• gemeinsame Tatausführung; wesentliche Tatbeiträge: arbeitsteilige Vorgehensweise (Festhalten von Leo; Aufforderung<br />

an Georgette)<br />

• (Hinweis: die Mittäterschaft kann auch im Rahmen Prüfung der einzelnen Tatbestände geprüft werden)<br />

• (Hinweis: denkbar ist auch eine differenzierende Gesamtprüfung der Mittäterschaft <strong>für</strong> den ursprünglichen sowie<br />

den modifizierten Tatplan zu Beginn des 1. SV-Abschnitts)<br />

G. Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1) (-)<br />

• alternative Begründung, um den obj. TB von Art. 140 zu verneinen<br />

o es ist von Alleingewahrsam der Georgette auszugehen, denn sie ist die offensichtlich die Chefin und nur sie<br />

kennt den Zahlencode des Tresors; unter diesen Umständen richtet sich die Drohung nicht gegen eine Person<br />

mit zumindest faktischer Schutzposition hinsichtlich der zu raubenden Sachen, weshalb Art. 140 ausscheidet<br />

o Wahlfreiheit als hauptsächliches Kriterium <strong>für</strong> die Abgrenzung zw. Raub u. Erpressung: kann Georgette den<br />

Gewahrsamswechsel verhindern, indem sie der Drohung widersteht? Ja, denn Judith u. Karl sind darauf angewiesen,<br />

dass Georgette den Zahlencode eingibt u. so den Tresor öffnet; d.h., Georgette verbleibt eine Wahlfreiheit,<br />

weshalb Art. 140 ausscheidet<br />

H. Räuberische Erpressung (Art. 156 Ziff. 3 i.V.m. Art. 140) (+)<br />

• Hinweis: da sich die Drohung unzweifelhaft gegen Leib und Leben richtet, kann direkt die räuberische Erpressung<br />

gemäss Art. 156 Ziff. 3 geprüft werden; es ist jedoch auch korrekt, zuerst Art. 156 Ziff. 1 als Grundtatbestand zu<br />

prüfen.<br />

• Erpressung setzt, im Unterschied zu Art. 140, lediglich eine Nötigung im Sinne des Grundtatbestands von<br />

Art. 181 voraus; die Drohung kann sich hier auch gegen Drittpersonen richten<br />

• Wahlfreiheit liegt vor: Georgette könnte den Gewahrsamswechsel verhindern; dass sie faktisch dazu gezwungen<br />

ist, der gegenüber ihres Lehrlings ausgeübten Drohung nachzugeben, ändert nichts an der (theoretischen) Wahlfreiheit<br />

• Erpressung ist mit der Übergabe der Uhren vollendet<br />

• (falls Rechtswidrigkeit, die in casu unbestritten ist, separat geprüft wird: Drohung, Leo umzubringen: rechtswidriges<br />

Mittel; Mitnahme der Uhren: rechtswidriges Ziel)


Korrekturblatt materiellrechtlicher Teil Seite 2/5 <strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

I. Qualifikationen: Mitsichführen einer gefährlichen Waffe (Art. 140 Ziff. 2) (-) und Lebensgefahr (Art. 140 Ziff. 4)<br />

(+/-)<br />

• die Axt ist keine Waffe, sondern ein gefährlicher Gegenstand, was jedoch bei Art. 139 <strong>für</strong> die Qualifikation nicht<br />

von Belang ist (im Unterschied zu Art. 123)<br />

• Lebensgefahr liegt gemäss BGer vor, "wenn schon ein Zufall, eigenes unbedachtes Verhalten… oder eine Intervention<br />

Dritter, ohne weitere Handlungen des Täters" zum Tode des Opfers führen kann. Kriterium in casu wohl<br />

erfüllt, da Karl dem Leo die scharfe Seite (Schneide) der Axt an den Hals hält, so dass bereits etwa ein Handgemenge<br />

oder eine Panikreaktion Leos zu einer tödlichen Verletzung führen kann. (+)<br />

Anderes Ergebnis vertretbar: scharfe Seite (Schneide) einer Axt betr. Schärfe nicht mit scharfem Messer vergleichbar;<br />

ruckartige Bewegung kann bei Axt in der Regel keine gefährliche Schnittverletzung herbeiführen (-)<br />

• Da in Art. 140 Ziff. 4 die Lebensgefährdung bereits als qualifizierendes Merkmal enthalten ist, tritt Art. 129 gegenüber<br />

dem Raub zurück. Eine separate Prüfung von Art. 129 kann daher unterbleiben. Wird Art. 129 separat<br />

geprüft und bejaht, so scheidet Art. 129 gegenüber Art. 140 Ziff. 4 über die Konkurrenzen wieder aus.<br />

J. Qualifizierte Geiselnahme (Art. 185 Ziff. 2) (oder Freiheitsberaubung mit Lösegeldforderung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1<br />

i.V.m. 184 Abs. 2)) (+/(-))<br />

• Art. 185<br />

o obj. TB: das Festhalten des Leos entspricht einem "sonst wie bemächtigen" im Sinne der Generalklausel von<br />

Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1 (+)<br />

o subj. TB: Vorsatz (unbestritten); Absicht eine Drittperson zu nötigen<br />

Meinung BGer u. Teil der Lehre: ein Drittperson ist jede mit der Geisel nicht identische Person, d.h. z.B. auch<br />

Familienangehörige und erst recht Lehrlinge (+)<br />

abweichende Lehrmeinung (Stratenwerth; Trechsel): Geisel muss eine Person sein, mit welcher der zu nötigende<br />

Dritte nichts oder wenig zu tun hat; zum Lehrling Leo besteht eine persönliche Verbundenheit, weshalb<br />

gemäss dieser Meinung eine Geiselnahme nicht in Betracht käme (dann weiter mit Art. 183 i.V.m. Art.<br />

184 Abs. 2) (-)<br />

o wenn subj. TB von Art. 185 bejaht: Qualifikation gemäss Ziff. 2 = Drohung, das Opfer zu töten; muss restriktiv<br />

ausgelegt werden wegen hoher Mindeststrafdrohung<br />

Drohung muss ernsthaft erscheinen<br />

Drohung muss obj. erheblich schwerer wiegen als zur Annahme des Grundtatbestands erforderlich ist; relevant:<br />

Wirkung auf Geisel (z.B. Todesangst, Schockrisiko) oder auf Dritten (erheblich grösserer Druck)<br />

in casu ist Qualifikation von Ziff. 2 erfüllt, da Leo durch Drohung bzw. konkrete Verwendung der Axt als Drohungsmittel<br />

tatsächlich in eine Lebensgefahr gebracht worden ist<br />

• Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 184 Abs. 2 (wenn oben subj. TB von Art. 185 verneint worden ist) (+/-)<br />

o Freiheitsberaubung gemäss Grundtatbestand von Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1: da die Bedrohung von Leo nur ein bis<br />

zwei Minuten gedauert haben dürfte, ist fraglich, ob die <strong>für</strong> die Annahme einer Freiheitsberaubung erforderliche<br />

Mindestdauer erfüllt ist. Zwei Varianten vertretbar.<br />

1. Lösung: Neben der Zeitdauer ist immer auch die Intensität der Freiheitsberaubung zu berücksichtigen, die<br />

in casu zweifelsohne sehr hoch ist, weshalb die Freiheitsberaubung in casu trotz geringer Dauer zu bejahen<br />

ist.<br />

Wenn Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 bejaht: Qualifikation der Lösegelderlangung gemäss<br />

Art. 184 Abs. 2 (+)<br />

2. Lösung: Die Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 ist wegen zu geringer Zeitdauer zu verneinen.<br />

Folglich erfüllt das Festhalten von Leo in Kombination mit der Drohung mittels Axt den Tatbestand der<br />

Nötigung gemäss Art. 181 sowohl gegenüber Leo (wird genötigt, an Ort und Stelle stehen zu bleiben sowie<br />

die Haltegriff zu dulden) als auch gegenüber Georgette (wird genötigt, den Tresor zu öffnen).<br />

Die Nötigung gegenüber Georgette ist bereits in der räuberischen Erpressung enthalten und durch diese abgegolten.<br />

Die Nötigung gegenüber Leo ist als zusätzliche Straftat zu ahnden.<br />

[eine separate Prüfung der Drohung gemäss Art. 180 gegenüber Leo ist nicht falsch; Art. 180 scheidet jedoch<br />

bei den Konkurrenzen im Verhältnis zu Art. 181 auf jeden Fall wieder aus, weshalb eine separate Prüfung von<br />

Art. 180 unterbleiben kann]<br />

Konkurrenzen<br />

• Verhältnis zw. versuchtem Diebstahl (Art. 139 i.V.m. Art. 22) u. qual. räuberischer Erpressung (Art. 156 Ziff. 3<br />

i.V.m. Art. 140 Ziff. 4): gemäss Praxis wäre hier von Handlungseinheit mit modifiziertem Tatplan auszugehen;<br />

unechte Konkurrenz: Bestrafung wg. qual. räuberischer Erpressung umfasst auch versuchten Diebstahl; a.M. vertretbar:<br />

echte Konkurrenz, da neuer Tatentschluss.<br />

• Verhältnis zw. qual. räuberischer Erpressung (Art. 156 Ziff. 3 i.V.m. Art. 140 Ziff. 4) u. qual. Geiselnahme (Art. 185<br />

Ziff. 2) bzw. Freiheitsberaubung mit Lösegeldforderung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 184 Abs. 2)<br />

o BGer: echte Idealkonkurrenz weg. unterschiedl. Rechtsgüter; Art. 185 schütz auch Geisel<br />

o Lehre: Art. 185 Ziff. 2 bzw. Art. 183 i.V.m. Art. 184 Abs. 2 gehen Art. 156 Ziff. 3 i.V.m. Art. 140 Ziff. 4 vor<br />

• zu den anderen Tatbeständen besteht wegen unterschiedlichen Rechtsgüter echte Konkurrenz<br />

Zwischenergebnis (gemäss BGer)<br />

• Judith und Karl haben sich im 1. SV-Abschnitt wegen qualifizierter Geiselnahme gemäss Art. 185 Ziff. 2, qualifizierte<br />

Erpressung gemäss Art. 156 Ziff. 3 i.V.m. Art. 140 Ziff. 4, Schabeschädigung gemäss Art. 144 Abs. 1 sowie<br />

Hausfriedensbruch gemäss Art. 186, alles begangen in Mittäterschaft strafbar gemacht.<br />

(anderes Zwischenergebnis bei abweichender vorangegangener Prüfung der Tatbestände folgerichtig)<br />

(20)


Korrekturblatt materiellrechtlicher Teil Seite 3/5 <strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

2. SV-Abschnitt: Schüsse auf Karl<br />

Strafbarkeit Georgette<br />

K. Versuchte vorsätzliche Tötung (Art. 111 i.V.m. Art. 22)<br />

• Vorprüfung: Erfolg ist nicht eingetreten; Versuch ist strafbar<br />

• Tatentschluss (subj. TB): Eventualvorsatz gemäss Art. 12 Abs. 2? (+/-)<br />

o gemäss SV handelt es sich bei Georgette um eine ungeübte, schlechte ("nie eine gute Schützin") Schützin, deren<br />

Hände aufgrund der Aufregung zittern; zudem gibt sie mehrere Schüsse in der Nacht (Sichtverhältnisse?),<br />

aus relativ grosser Distanz (40 Meter) auf die Beine des davon rennenden Karls (bewegliches Ziel) ab. Aufgrund<br />

dieser Umstände lässt sich vertreten, dass Georgette damit rechnen musste, Karl in den Oberkörper od. in den<br />

Kopf zu treffen, auch wenn sie auf die Beine zielt. Es entspricht Allgemeinwissen, dass ein Schusstreffer in den<br />

Leib oder in den Kopf eines Menschen zum Tod des Getroffenen führen kann.<br />

o entscheidend: fundierte und sachverhaltsbezogene Argumentation <strong>für</strong> und gegen die Annahme des EV; beide<br />

Ergebnisse vertretbar<br />

o falls die Tatbestandsmässigkeit der eventualvorsätzl. versuchten Tötung bejaht, anschliessend deren Rechtswidrigkeit<br />

(Notwehr) zu erörtern; falls verneint, ist versuchte schwere Körperverletzung zu prüfen<br />

• Beginn der Tatausführung (obj. TB): Schussabgabe (+)<br />

• RW: Notwehr gemäss Art. 15<br />

o Notwehrsituation: gegenwärtiger rechtswidriger Angriff (+)<br />

Gegenwärtigkeit: Erpressung/Geiselnahme noch nicht beendet, da Eigentumsverschiebung noch nicht abgeschlossen;<br />

Angriff dauert noch an (damit ist insb. der sog. extensive Notwehrexzess in casu kein Thema)<br />

o Notwehrhandlung: den Umständen angemessene Abwehr<br />

gegen den Angreifer gerichtet (+)<br />

Subsidiarität: mildestes erfolgsversprechendes Mittel (+)<br />

• Zurufe und Warnschüsse haben nichts bewirkt; kein anderes milderes Mittel ersichtlich; die Verständigung<br />

der Polizei hätte die Flucht, die bereits im Gang war, nicht verhindert<br />

Angemessenheit/Proportionalität (-)<br />

• Praxis u. Lehre: Verteidigung von Vermögensinteressen ausgeschlossen, wenn mit ihr die Gefahr einer<br />

schweren Verletzung oder Tötung des Angreifers verbunden ist, was im Zus. mit Eventualvorsatz bereits<br />

bejaht worden ist<br />

• zudem: "Diebesgut" umfasst "bloss" drei, wenn auch wertvolle, Uhren, was Georgette bekannt ist; durch<br />

diesen Verlust droht Georgette wohl kein unersetzbarer bzw. existenzgefährdender Schaden; Angriff auf<br />

Freiheit (Androhung ernstlicher Nachteile) im Moment der Notwehr beendet (insb.: Geisel bereits frei)<br />

• Schuld: Notwehr gemäss Art. 16 (+/-)<br />

o Strafmilderung wegen intensivem Notwehrexzess (Abs. 1) zweifelsohne gegeben<br />

o fraglich, ob Georgette die Grenzen der Notwehr in "entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff"<br />

(Abs. 2) überschreitet (= entschuldbarer Notwehrexzess); beide Ergebnisse vertretbar; die zitternden<br />

Hände wären ein Indiz <strong>für</strong> das Vorliegen eines entsprechenden Affekts; allerdings kann dem SV nicht entnommen<br />

werden, ob die Aufregung durch den Überfall oder die Schussabgabe begründet ist<br />

L. Versuchte schwere Körperverletzung (Art. 122 i.V.m. Art. 22) (+)<br />

• zu prüfen falls, TB der versuchten eventualvorsätzliche Tötung verneint<br />

• Vorprüfung: Ausmass der tatsächl. eingetretenen Gesundheitsschädigung entspricht keiner der Varianten von<br />

Art. 122, sondern bloss einf. Kv. gemäss Art. 123, deshalb Art. 122 nicht vollendet; Strafbarkeit des Versuchs<br />

• Tatentschluss (subj. TB): Eventualvorsatz gemäss Art. 12 Abs. 2? (+)<br />

o aufgrund der oben bei Art. 111 geschilderten Umstände nimmt Georgette durch die mehrfache Schussabgabe<br />

auf Karls Beine einen Schusstreffer bspw. ins Knie oder in den Fuss in Kauf, was zu einem Taterfolg im Sinne<br />

von Art. 122 führen kann<br />

• Beginn der Tatausführung (obj. TB): Schussabgabe (+)<br />

• RW und Schuld: siehe oben bei Art. 111<br />

M. Einfache Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1)<br />

• Obj. TB: eingetretene Schussverletzung entspricht einer einfachen Kv. im Sinne von Art. 123<br />

• Subj. TB: direkter Vorsatz<br />

• RW: Notwehr gemäss Art. 15<br />

o Notwehrlage (+) (siehe oben bei Art. 111)<br />

o Notwehrhandlung<br />

Subsidiarität (+) (siehe oben bei Art. 111)<br />

Angemessenheit/Proportionalität<br />

• da die auf dem Spiel stehenden Vermögensinteressen (drei wertvolle Uhren) in casu nicht von völlig untergeordneter<br />

Natur sind, ist die Zufügung einer einfachen Kv. noch als angemessene Abwehr zu betrachten<br />

• dass es sich aufgrund der Verwendung der Pistole um eine gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 2 qualifizierte einfache<br />

Körperverletzung handelt, ändert wohl nichts daran, dass die einf. Kv. gerechtfertigt ist<br />

[Konkurrenzen (falls die Notwehr in Abweichung zur Hauptlösung bei Art. 123 verneint wird)]<br />

• [Verhältn. zw. versuchter Tötung bzw. versuchter schw. Kv. einerseits u. vollendeter einf. Kv. andererseits]<br />

o BGer: unechte Konkurrenz; die schwerer Straftat geht vor, auch wenn sie nur versucht worden ist<br />

o Teil der Lehre (Stratenwerth): echte Konkurrenz, da mit der versuchten schwereren Straftat nur der Handlungsunwert<br />

ausgeglichen wird; der Erfolgsunwert wird über die vollendete Straftat erfasst<br />

Zwischenergebnis<br />

• Georgette hat sich im 2. SV-Abschnitt wegen versuchter vorsätzlicher Tötung gemäss Art. 111 i.V.m. Art. 22<br />

strafbar gemacht, wobei ihre Strafe gemäss Art. 16 Abs. 1 wegen Notwehrexzess zu mildern ist.<br />

(anderes Zwischenergebnis bei abweichender vorangegangener Prüfung der Tatbestände folgerichtig)<br />

(17)


Korrekturblatt materiellrechtlicher Teil Seite 4/5 <strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

3. SV-Abschnitt: Verkauf der drei Uhren<br />

Strafbarkeit Judith<br />

[Mittäterschaft]<br />

• [fraglich ist, ob auch hinsichtlich der "Versilberung" der Beute ein gemeinsamer Tatentschluss vorliegt; der SV<br />

enthält keine Angaben dazu, was Karl und Judith mit der Beute geplant hatten; vor diesem Hintergrund ist die<br />

Mittäterschaft Karls sowie allgemeine eine strafrechtliche Verantwortung Karls im 3. SV-Abschnitt zu verneinen]<br />

N. Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2) (in der Variante der Urkundenfälschung i.e.S.) (Erstellung der Kaufquittungen)<br />

(+)<br />

• Obj. TB<br />

o Urkundeneigenschaften (Art. 110 Abs. 4) (+)<br />

die Kaufquittungen <strong>für</strong> die drei Uhren verkörpern auf einem substantiell festen Träger (Papier) angebrachte<br />

menschliche Gedankenerklärungen ("<strong>für</strong> die Uhr X ist der Preis Y am [Datum] bezahlt worden"), die ihren<br />

vermeintlichen Aussteller (Exklusivuhr AG) erkennen lässt. Kaufquittungen sind (durch den Aussteller<br />

subjektiv) zum Beweis geeignet als auch (nach dem Geschäfts- und/oder Rechtsverkehr) dazu (objektiv)<br />

geeignet, da sie eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung (legaler Erwerb; Übergang des Eigentums) festhalten.<br />

o Herstellen einer unechten Urkunde: Abweichen des in der Urkunde angegebenen Austeller <strong>vom</strong> tatsächlichen<br />

Aussteller der Urkunde; Exklusivuhr AG wird als Ausstellerin angegeben, obwohl die Kaufquittung von<br />

Judith ausgestellt worden ist (+)<br />

• Subj. TB<br />

o Vorsatz und Absicht, sich einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen bzw. den nachmaligen Käufer am<br />

Vermögen zu schädigen<br />

O. Gebrauch der gefälschten Urkunde (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3) (+)<br />

P. Betrug (Art. 146 Abs. 1) (-)<br />

• Täuschung (+): Vorspiegeln falscher Tatsachen; Judith gibt sich als legale Eigentümerin der Uhren aus; d.h.<br />

Täuschung über Eigentumsverhältnis<br />

• Arglist (+): Verwendung einer gefälschten Urkunde als besondere Machenschaft; (keine ausreichenden Hinweise<br />

<strong>für</strong> eine Opfermitverantwortung, die der Arglist entgegensteht)<br />

• Irrtum (-): Urban geht davon aus, dass es sich bei den Uhren um Diebesgut handelt<br />

Q. Versuchter Betrug (Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 22) (+)<br />

• Vorprüfung: keine Vollendung der Haupttat; Strafbarkeit des Versuchs<br />

• Tatentschluss (subj. TB)<br />

o Vorsatz und Bereicherungsabsicht<br />

• Beginn der Ausführungshandlung (obj. TB)<br />

R. Geldwäscherei (Art. 305 bis Ziff. 1 Abs. 1) (-/+)<br />

• Obj. TB<br />

o Tatobjekt: Vermögenswert, der aus einem Verbrechen herrührt<br />

Rolex-Uhren sind Vermögenswerte<br />

sie stammen aus einer räuberischen Erpressung und damit aus einem Verbrechen gegen das Vermögen<br />

o Tathandlung: Handlung, die geeignet ist, die Einziehung zu vereiteln<br />

Weiterverkauf und Weitergabe an eine Drittperson erschwert die Auffindung und damit auch die Einziehung<br />

der Uhren<br />

o entscheidend: Täterperson; kann der Vortäter (zusätzlich) auch Täter einer Geldwäscherei sein?<br />

BGer: Ja<br />

h.L.: Nein<br />

Konkurrenzen<br />

• Verhältnis zwischen Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2) und Gebrauch einer gefälschten Urkunde<br />

(Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3): unechte Konkurrenz, wenn der Ersteller der gefälschten Urkunde diese anschliessend<br />

gebraucht; Abs. 3 als mitbestrafte Nachtat von Abs. 2)<br />

• Verhältnis zwischen Urkundenfälschung und versuchtem Betrug (Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 22)<br />

o BGer und Teil der Lehre: echte Konkurrenz, da unterschiedl. Rechtsgüter geschützt werden<br />

o Teil der Lehre (Stratenwerth): unechte Konkurrenz; wenn eine gefälschte Urkunde ausschliesslich zur Begehung<br />

eines bestimmten Betrugs erstellt wurde, erscheint die Falschbeurkundung (oder die Urkundenfälschung<br />

i.e.S.) als blosse Vorbereitungshandlung des Betrugs und geht folglich (wertungsmässig) im Betrug<br />

auf (bzw. die Urkundenfälschung ist in diesen Fällen eine mitbestrafte Vortat des Betrugs)<br />

o u.U. Verhältnis zwischen versuchtem Betrug und Geldwäscherei bzw. zwischen Urkundenfälschung und<br />

Geldwäscherei: echte Konkurrenz wegen unterschiedlichen Rechtsgüter<br />

Zwischenergebnis<br />

• Judith hat sich im 3. SV-Abschnitt wegen einer Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1, eines versuchten<br />

Betrugs Art. 146 Abs. 1 und Geldwäscherei gemäss Art. 305 bis Ziff. 1 Abs. 1 strafbar gemacht (alles gemäss<br />

Bundesgericht).<br />

(anderes Zwischenergebnis bei abweichender vorangegangener Prüfung der Tatbestände folgerichtig) (15)


Korrekturblatt materiellrechtlicher Teil Seite 5/5 <strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Strafbarkeit Urban<br />

S. Hehlerei (Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1) (+)<br />

• Tatobjekt: die drei Uhren hat Judith durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen (Räuberische Erpressung)<br />

erlangt<br />

• Tathandlung: Erwerb<br />

• Subj. TB: EV bezügl. Herkunft der Sachen ausreichend; Urban geht davon aus, dass es sich bei den ihm angebotenen<br />

Uhren um Diebesgut handelt; genaue Subsumtion unter einen bestimmten StGB-TB nicht erforderlich<br />

T. Geldwäscherei (Art. 305 bis Ziff. 1 Abs. 1) (+)<br />

• Tatobjekt: Vermögenswert, der aus einem Verbrechen herrührt<br />

o Rolex-Uhren sind Vermögenswerte<br />

o sie stammen aus einer räuberischen Erpressung und damit aus einem Verbrechen gegen das Vermögen<br />

• Tathandlung: Handlung, die geeignet ist, die Einziehung zu vereiteln<br />

o An- und Weiterverkauf der Uhren erschwert die Auffindung und damit auch die Einziehung der Uhren<br />

• Subj. TB: Vorsatz<br />

U. Mehrfacher Betrug (Art. 146 Abs. 1) (+)<br />

• Täuschung: illegale Herkunft wird verschwiegen<br />

• Arglist: nicht nachprüfbar<br />

• Irrtum: die Käufer kaufen die Uhren in der Annahme, es handle sich um Uhren legaler Herkunft<br />

• Vermögensdisposition: Bezahlung des Kaufpreises<br />

• Vermögensschaden: insb. Risiko, auf Herausgabe der Uhren verklagt zu werden<br />

• Subj. TB (+): Vorsatz; Bereicherungsabsicht<br />

• mehrfache Tatbegehung: da Urban die drei Uhren an verschiedene Personen verkauft, macht er sich des mehrfachen<br />

Betrugs schuldig<br />

Konkurrenzen<br />

• Verhältnis Hehlerei und Geldwäscherei<br />

o gemäss Praxis u. h.L. schützen Art. 160 und Art. 305 bis unterschiedliche Rechtsgüter (Art. 160: Restitutionsanspruch<br />

des durch die Vortat Geschädigten; Art. 305 bis : öffentliches Interesse an der Einziehung); deshalb<br />

besteht zwischen Art. 160 und 305 bis StGB echte Konkurrenz<br />

o andere Meinung vertretbar: Schutz des Restitutionsanspruchs des direkt Betroffenen geht dem öffentlichen<br />

Interesse an der Einziehung vor; bzw.: Art. 305 bis schützt das öffentliche Interesse quasi als Auffangtatbestand<br />

<strong>für</strong> den Fall, dass Art. 160 nicht zur Anwendung kommt<br />

Zwischenergebnis (alles gemäss BGer)<br />

• Urban hat sich im 3. SV-Abschnitt strafbar gemacht wegen Hehlerei gemäss Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1, Geldwäscherei<br />

gemäss Art. 305 bis Ziff. 1 Abs. 1 sowie mehrfachem Betrug gemäss Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 49 Abs. 1.<br />

(anderes Zwischenergebnis bei abweichender vorangegangener Prüfung der Tatbestände folgerichtig) (9)<br />

4. SV-Abschnitt: Aufteilung der Beute<br />

Strafbarkeit Judith<br />

V. Betrug (Art. 146 Abs. 1) (+/-)<br />

• Täuschung: tatsachenwidrige Erklärung, wonach Judith die Uhren auf der Flucht habe wegwerfen müssen<br />

• Arglist: Judiths Angaben sind <strong>für</strong> Karl nicht überprüfbar<br />

• Irrtum: Karl irrt über den Verbleib bzw. das "Schicksal" der Uhren bzw. über den Erlös, den Judith in Tat und<br />

Wahrheit mit dem Verkauf der Uhren erzielt hat<br />

• Vermögensdisposition: Karls Verzicht, seinen Anteil der Beute geltend zu machen<br />

• Vermögensschaden: fraglich<br />

o gemäss dem nach BGer herrschenden wirtschaftlich-juristischen Vermögensbegriff ist <strong>für</strong> Karl kein Schaden<br />

entstanden, da Karls Anteil an der Beute zwar einen wirtschaftlichen Wert verkörpert, dieser Wert jedoch<br />

durch die Rechtsordnung nicht geschützt wird<br />

o gemäss einer Lehrmindermeinung (z.B. Arzt BSK) ist von einem rein wirtschaftlichen Vermögensbegriff auszugehen;<br />

danach wäre in casu ein Vermögensschaden eingetreten<br />

[Veruntreuung] (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)<br />

Zwischenergebnis<br />

• Judith hat sich im 4. SV-Abschnitt nicht strafbar gemacht (gemäss Bundesgericht und herrschender Lehre).<br />

(anderes Zwischenergebnis bei abweichender vorangegangener Prüfung folgerichtig) (5)<br />

Endergebnis (alles gemäss BGer)<br />

• Judith und Karl sind wegen qualifizierter Geiselnahme gemäss Art. 185 Ziff. 2, qualifizierte Erpressung gemäss<br />

Art. 156 Ziff. 3 i.V.m. Art. 140 Ziff. 4, Schabeschädigung gemäss Art. 144 Abs. 1 sowie Hausfriedensbruch gemäss<br />

Art. 186, alles begangen in Mittäterschaft zu verurteilen;<br />

Judith zusätzlich wegen einer Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1, eines versuchten Betrugs Art. 146<br />

Abs. 1 und Geldwäscherei gemäss Art. 305 bis Ziff. 1 Abs. 1<br />

• Georgette ist wegen versuchter vorsätzlicher Tötung gemäss Art. 111 i.V.m. Art. 22 zu verurteilen, wobei ihre<br />

Strafe gemäss Art. 16 Abs. 1 wegen Notwehrexzess zu milden ist.<br />

• Urban ist zu verurteilen wegen Hehlerei gemäss Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1, Geldwäscherei gemäss Art. 305 bis Ziff. 1<br />

Abs. 1 sowie mehrfachem Betrug gemäss Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 49 Abs. 1.<br />

(andere Endergebnisse bei abweichender vorangegangener Prüfung der Tatbestände folgerichtig) (2)<br />

Formelles; allgemeiner Eindruck<br />

Subsumtion, Übersichtlichkeit (u.a. Titelsetzung), Darstellung, Gliederung, Sprache…<br />

(5)<br />

Punkte insgesamt (materiellrechtlicher Teil)<br />

(80)


<strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

Korrekturblatt StPO-Teil<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Strafrecht und Kriminologie<br />

Rechtswissenschaftliche Fakultät<br />

Universität Bern<br />

Prof. Dr. Jonas Weber<br />

Matrikelnummer:<br />

Korrekturperson:<br />

Strafprozessualer Teil<br />

1. Beweiserhebung<br />

a) Anordnung der verdeckten Ermittlung<br />

• Voraussetzungen (Art. 286 Abs. 1): einfacher (h.L.; ggf. hinreichender gem. Art. 197 Abs. 1 lit. b<br />

StPO) Tatverdacht auf eine Katalogtat gem. Abs. 2; Schwere der Straftat rechtfertigt die verdeckte<br />

Ermittlung; bisherige Untersuchungshandlungen sind erfolglos geblieben oder die Ermittlungen wären<br />

sonst aussichtslos oder würden unverhältnismässig erschwert<br />

• Subsumtion<br />

o Benno hat zugegeben, dass die an einer Überdosis von KO-Tropfen verstorbene Jennifer am<br />

fraglichen Abend mit ihm zusammen gewesen ist. Das Zusammensein begründet u.a. aufgrund<br />

der schnellen Wirkung von KO-Tropfen und des Umstandes, dass die Party bei Benno stattgefunden<br />

hat, einen einfachen (hinreichenden) Tatverdacht gegen Benno.<br />

o Art. 111 StGB ist Katalogtat.<br />

o Schwereklausel: vorsätzl. Tötung grundsätzl. als schwere Straftat zu qualifizieren.<br />

o Gemäss SV hat StaA Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft (Subsidiaritätsklausel von lit. c)<br />

o Formell: verdeckte Ermittlung auf Antrag der StaA durch ZMG genehmigt u fristgemäss verlängert<br />

(3)<br />

b) Durchführung der verdeckten Ermittlung<br />

• Art. 286 bis 298 StPO: keine Bestimmungen, gegen die der verdeckte Ermittler verstossen hat. Insb.<br />

wurde Art. 293 StPO (Mass der zulässigen Einwirkung betr. Konkretisierung des Tatentschlusses)<br />

nicht verletzt, zumal die Tat bereits vor Anordnung des Einsatzes begangen. (2)<br />

2. Beweisverwertung<br />

Beizug von Art. 3 Abs. 2 lit. a, b und d, Art. 113, Art. 140 f. und Art. 143 sowie 158 StPO.<br />

a) Art. 3 StPO bindet strafprozessuales Handeln an Achtung der Menschenwürde und Fairnessgebot;<br />

diese Grundsätze sind als allg. Auffangprinzipien zu verstehen; heranzuziehen, wenn konkretere<br />

Normen zu keiner Lösung führen.<br />

b) Zwar qualifiziert Art. 140 StPO u.a. Täuschungen als verbotene Beweiserhebungsmethoden, doch<br />

ist vE die Täuschung über die Identität als (zumindest vorübergehender) Angehöriger eines schweizerischen<br />

oder ausländischen Polizeikorps i.S.v. Art. 287 StPO inhärent. Im Einsatz eines vE als solchem<br />

liegt demnach keine verbotene Täuschung. (3)<br />

c) Art. 143 StPO regelt Durchführung der Einvernahme (im Allgemeinen) u. sieht in Abs. 1 lit. b, c Information<br />

über den Gegenstand des Strafverfahrens u. Eigenschaft, in der Person einvernommen<br />

wird, sowie umfassende Belehrung über Rechte und Pflichten vor. Art. 158 Abs. 1 StPO sieht vor,<br />

dass beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme neben dem Verfahrensgegenstand und<br />

den Strafvorschriften über ihr Aussageverweigerungsrecht und das Recht zur Verweigerung der<br />

Mitwirkung sowie das Recht auf Beizug eines (gegebenenfalls amtlich zu bestellenden) Verteidigers<br />

sowie – wenn nötig – eines Übersetzers zu belehren ist. VE führte jedoch ersichtlich keine amtliche<br />

polizeiliche Vernehmung gemäss Art. 158 StPO durch. Er entlockte Benno vielmehr als dessen vermeintliche<br />

Vertrauensperson in einem vorgeblich rein privaten Rahmen Angaben über eine Straftat.<br />

Frage: kann Art. 158 analog herangezogen werden? Anlass dazu könnte bestehen, weil vE Benno<br />

durch gezielte Fragen in vernehmungsähnliche Situation bringt – und es ihm gerade darum geht,<br />

die auf dem prozessual vorgegebenen Weg der Einvernahme infolge Aussageverweigerung nicht<br />

erhaltenen Angaben auf andere Weise zu erlangen. (4)


Korrekturblatt StPO-Teil Seite 2/2 <strong>Bachelorklausur</strong> Strafrecht <strong>vom</strong> <strong>16.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong><br />

d) Gemäss Art. 113 Abs. 1 StPO muss sich beschuldigte Person nicht selbst belasten. Sie hat namentlich<br />

das Recht, die Aussage und ihre Mitwirkung zu verweigern. Die Selbstbelastungsfreiheit (nemo<br />

tenetur se ipsum proedere vel accusare) ist grundrechtlich geschützt (Art. 6 Abs. 1 EMRK). Sie ist<br />

Ausdruck einer rechtsstaatlichen und fairen Strafverfolgung.<br />

Freiheit von Selbstbelastung zählt zu Grundprinzipien des Strafverfahrens; in ihr verkörperter<br />

Grundgedanke liegt (u.a.) den Vorschriften von Art. 140, Art. 143 Abs. 1 lit. c, Art. 158 Abs. 1 lit. b<br />

StPO zugrunde.<br />

In der deutschen Rechtsprechung wird ein Verstoss gegen die Selbstbelastungsfreiheit (zumindest<br />

dann) angenommen, wenn vE bzw. Informant den Beschuldigten anlässlich der staatl. gesteuerten<br />

Selbstbelastungsprovokation durch Ausnutzung des Vertrauensverhältnisses beharrlich zur Aussage<br />

drängt und ihm in einer vernehmungsähnlichen Situation Äusserungen zum Tatgeschehen entlockt<br />

(BGHSt 52, 11 ff.). Das Vorgehen des vE entspricht im vorliegenden Fall in allen Teilen diesen Voraussetzungen.<br />

Hinzu kommt der Umstand, dass Benno in der amtlichen Einvernahme erklärt hat, auf Anraten seines<br />

Verteidigers bis zur Gewährung voller Akteneinsicht keine Angaben zu machen.<br />

Im deutschen Schrifttum wird z.T. weitergehend eine Verletzung des nemo tenetur schon dann geltend<br />

gemacht, wenn insgesamt eine staatliche Steuerung vorliegt, wobei gleichgültig sei, ob die Initiative<br />

von den Ermittlungsbehörden oder von privater Seite ausgehe. Eine solche Steuerung sei<br />

beim Einsatz eines vE stets der Fall, treffe aber auch dann zu, wenn die Ermittlungsbehörden private<br />

Informanten Anweisungen geben oder diesen auch nur Vergünstigungen <strong>für</strong> sich, Angehörige<br />

oder Freunde gewähren. Das Geständnis sei dann entlockt, wenn der Beschuldigte sich dazu "herausgefordert"<br />

oder auch nur "aufgefordert" gefühlt habe. (4)<br />

3. Rechtsfolge<br />

a) Art. 113 StPO enthält <strong>für</strong> den Fall der Verletzung der Selbstbelastungsfreiheit keine Rechtsfolge.<br />

Art. 158 Abs. 2 StPO hält fest, dass Einvernahmen, die ohne die Hinweise gemäss Abs. 1 gemacht<br />

worden sind, nicht verwertbar sind. Damit statuiert Art. 158 Abs. 2 ein i.S.v. Art. 141 Abs. 1 Satz 2<br />

absolutes Beweisverbot (mit Fernwirkung).<br />

Art. 158 Abs. 2 StPO sowie die übrigen Vorschriften der StPO enthalten keine Rechtsfolge betreffend<br />

die Verwertbarkeit nach prozessordnungswidriger Durchführung einer einvernahmeähnlichen<br />

Befragung. Es fragt sich, ob Art. 158 Abs. 2 StPO analog herangezogen werden kann. Dies ist in Anwendung<br />

eines Erst-recht-Schlusse (a minore ad majus) deshalb anzunehmen bzw. zu postulieren,<br />

weil in casu eine Umgehung sämtlicher Einvernahmeregeln (und nicht bloss der Belehrungspflichten)<br />

in Frage steht.<br />

Zum gleichen Resultat gelangt man, wenn man das Verhalten des VE als Verstoss gegen das Prinzip<br />

des fair trial gem. Art. 6 Abs. 1 EMRK (ggf. auch Art. 3 StPO oder Art. 30 Abs. 1, 32 Abs. 2 BV) einstuft.<br />

b) Die Annahme eines relativen Beweisverbots gem. Art. 141 Abs. 2 StPO ist im Ergebnis kaum vertretbar.<br />

4. Ergebnis<br />

StPO-Teil insgesamt<br />

(3)<br />

(1)<br />

(20)

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