31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

HORST TIWALD 

31. 10. 2009 

www.horst-tiwald.de 

Eine ‚fragwürdig einseitiges’ Protokoll 

Eine offene Dialog-Spur 

1. Teil

2 

Offener Inhalt 

• Wie sich im dialogischen Begegnen das Andere im Eigenen abzeichnet 4 

• Die ersten Mails der Aufzeichnung 5 

• Über die loslassende Demut 29 

• Demut und Mut 33 

• Demut 36 

• Die „Demut“ lässt mich nicht ruhen 39 

• Denkmodell und Wirklichkeit 41 

• Über Demut 45 

• Loslassen 48 

• Über den sog. freien Eigenwillen 52 

• Selbstlosigkeit 57 

• Sie haben mich missverstanden 59 

• Mein Satz im letzten Mail 61 

• Gegenwart 66 

• Dialog 67 

• Sprache und Bewusstsein 70 

• Sprache 71 

• Wirtschaftskrise 73 

• Befreiung 74 

• Loslassen und Dialog 76 

• Vorstellung und Ding 79 

• Alte Schläuche 81 

• Erkenner – Erkennen – Erkanntes 82 

• Nicht-Ich 88 

• Sein und Seiendes 91 

• Zeitstruktur 94 

• Alter Text (31.03.2005): 

• Unsicherheitsbedürfnis und Mut zum kreativen Wagnis 100 

• Alter Text (24.10.2002): 

• Achtsamkeit im sog. ‚Hier und Jetzt’ – 

• Anmerkungen zu Texten von Thich Nhat Hanh 108 

• Alter Text (SS 2002): Bewegen und Erleben 147 

• Text vom 23.03.2009: Selbstheilungskraft und Inneres Verbinden 164 

• Hegel und die Tragik des Abendlandes 183 

• Maya 185 

• Über RABINDRANATH TAGORE 189 

• Ungeborenes und Schwangerschaft 193 

• Landkarte und Landschaft 195 

• Landkarte und Wissen 197 

• Bild, Wissen und Wirklichkeit 199 

• Kippen von Bildern 203 

• Verstehen von Texten 205 

• Person und Persönlichkeit 206 

• Zulassen 208 

• Qi und Li – Kraft und ordnende Form 211 

• Körper und Leib 213 

• Empfindungen und Gefühle 216 

• Im Erleben die Gefühle empfinden und die Empfindungen fühlen 220 

• Impressionismus - Expressionismus 223 

• konkret und vage 224 

• Leib und Soheit 228 

• Begreifen – angreifen – austeilen 230 

• „ist nichts anderes“ bedeutet nicht „ist das selbe“ 236 

• Rückblick und Voraussicht 238 

• Hüfte 240 

• Erleben 243

• Schmerz 246 

• Bemühen um Eindeutigkeit 248 

• Bewertungen 250 

• Kulturelles Symbolsystem 251 

• Gleichnisse 253 

• Erfolgstrainer 255 

• Ausweichen und Balancieren 259 

• Höhlengleichnis 263 

• Chance und Gefahr der Selbstermächtigung 267 

• Gewohnheit 270 

• Wirbel 272 

• Depression 273 

• Schön wäre es 274 

• Leibanschauung als Anfang der Weltanschauung 277 

• Danebenstehen 282 

• Weltflucht 286 

• Unterschied und Grenzen 287 

• Potentiale des Seienden nutzen 291 

• Wissen 294 

• Schmetterling-Gleichnis 298 

• Die Not wenden 300 

• sat-chit-ananda 303 

• Über das Verachten der Widersprüche 305 

• ZENON und NAGARJUNA 307 

• Ur-Bewegen 309 

• Wie Gleichnisse auch irreführen 312 

• Steilvorlage 314 

• Über das Nicht-Seiende 317 

• Über Objektivierungen 319 

• Karma 320 

• Die Brauchbarkeit von Gleichnissen 322 

• Fünf pathische Kategorien 325 

• Klettergarten 329 

• Balancieren als Pendeln 332 

• „flow“-Erlebnis 334 

• Schlafwandler 337 

• Im Klettergarten von KANT 339 

• Tod und Nichts 342 

• Grundgedanken zu einem nicht-unmöglichen mathematischen Spiel 343 

• Janusköpfige Zeit 347 

• Gegen-Wart 349 

• Stille 354 

• Weltbilder 358 

• Unbewusstes Denken 362 

• Raumzeit 364 

• Aurobindo 366 

• Werkzeug und Werkstück 369 

• Das Weltbild der Balance zwischen Gegensätzen 371 

• Glasperlenspiel 378 

• Wildbachverbauung 381 

• Neurowissenschaft 383 

• Die fünf Skandhas 386 

• Nichtwissen 388 

• Jesus Sirach 391 

• Eingipfeliges Bewusstsein 397 

• Sammlung 399 

• Verschmelzen und Gegenstandslosigkeit 402 

3

4 

Wie sich im dialogischen Begegnen das Andere im Eigenen abzeichnet 

In Ihrem letzten Text sprechen Sie davon, wie das Subjekt als identisches und erkennendes 

gleichsam außerhalb der Welt steht, aber gleichzeitig sich auch als in ihr befindlich 

und von ihr abhängig erfährt, wie die Privatheit des Subjektes fragwürdig wird und 

wie durch das Durchschauen der Einseitigkeit auch die Gegensätzlichkeit fragwürdig 

wird. 

Ich frage mich nun, ob sich der letzte Satz auch umkehren lässt. Was würde die Aussage 

bedeuten, dass das Durchschauen der Gegensätzlichkeit auch die Einseitigkeit 

fragwürdig mache? 

In unserem Dialog bin ich nämlich ebenfalls: 

• einerseits so etwas wie ein identisches und erkennendes Subjekt; 

• andererseits aber auch im Dialog befindlich und abhängig von ihm. 

Meine „Handschrift“ zeichnet sich in Ihrem Denken ab, aber auch umgekehrt. Ihr Denken 

prägt mein Mitdenken, und in dem Maße, wie mir die Gegensätzlichkeit zu Ihrem Denken 

im Dialog bewusst gemacht wird, in dem Maße fühle ich mich weniger monologisch 

einseitig. 

In jenem Maße, in welchem ich auf Ihr gegensätzliches Denken "eingehe", in dem Maße 

"geht ihr Denken in mein Denken ein", wodurch ich die "Einseitigkeit" verliere. 

Ich habe daher "meine Spur" unseres Dialoges aneinander "geknüpft", um so im Ü- 

ber-Blick mein mir zugefallenes Werden gewahren zu können. 

Wenn ich häufig die Ich-Form benutze, so soll dies nicht auf ein ego-bezogenes Verdienst 

hinweisen, sondern bloß deutlich machen, dass einschränkend die dargelegte 

Überzeugung bloß mir deutlich wurde, ein Anderer dies aber u.U. auch anders sehen 

kann, was dann seine Sache ist. „Für mich“ ist diese andere Meinung aber deswegen 

noch nicht gleichberechtigt. Wäre sie dies nämlich, dann hätte ich nicht meine Meinung 

vorgezogen.

5 

Die ersten Mails der Aufzeichnung 

I. 

Beim Stöbern auf meinem PC habe ich Zitate von HERDER gefunden, die ich 

mir seinerzeit herausgeschrieben habe. 

Auch ein Text aus dem Internet über das DAO ist mir da über den Weg 

gelaufen. 

Er passt ganz gut zu unserem Dialog über Sein, Seiendes und 

Nichts. In jenem Text über das DAO wird nämlich deutlich, wie 

schwer es für das Denken wird, wenn man sprachlich nicht zwischen 

Sein und Seiendem unterscheidet. 

Setzt man in jenen Text an die Stelle des Wortes "Sein" das Wort "Seiendes", 

dann wird vieles deutlicher und klarer. Es wird dann der in dem Text 

vermutete Weg über das "Nichts" (als das "Nicht-Seiende") zum "Geheimnis" 

(dem "Sein") deutlich, wie ihn auch HEIDEGGER sieht. 

Ich meine dagegen: nicht im Seienden sollte man "definierende Grenzen 

des Soseins" suchen, um diese zu überschreiten, sondern das in der Realität 

da-seiende Gravitations-Zentrum der jeweiligen "Soheit" (Buddhanatur, 

Tathata) sollte man als Geheimnis gewahren. (vgl. mein Zitat von 

MATISSE) 

Die Soheit sollte man also gleichsam als das "Schlüsselloch" 

zum alles verbindenden Sein gewahren. Also im Gravitationszentrum 

der Soheit sollte man sich im kraftvollen "Sein des Seienden", 

in der "Fülle" (Leere) verbinden. 

tat tvam asi: So gesehen sind dann Atman, Buddhanatur, Soheit [Dharma, 

Tathata] einerseits und Brahman, Sein und Dao andererseits nichts 

Verschiedenes.) Dies ist daher ein anderer Weg als bei HEIDEGGER, der über 

das "Nichts" das "Sein" sucht, so als würde das „Sein“ im "Seienden" 

nicht zu finden sein und erst über den Tod erreicht werden. 

Die CHINESEN meinen aber mit dem "Nichts" eher die buddhistische 

"Leere", aber als Geheimnis im Seienden.

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II. 

Ich setzte an bei Ihrer Feststellung über mich: "was Sie konkret in Unterschied-Differenz 

auszudrücken wagen". 

Dieses "wagen" könnte Verschiedenes meinen: 

• es könnte ausdrücken, dass Sie mir hier nicht folgen; 

• es könnte ausdrücken, dass Sie meinen, dass dies von mir mutig 

sei; 

• es könnte ausdrücken, dass meine Behauptung ungesichert 

sei; 

man könnte aber auch meinen: 

• dass ich es "wage"; dass ich, um Balance ringend, es auf die 

"Waage" bringe. 

Man könnte sich dabei auch daran erinnern, dass ich in meinen Texten immer 

wieder von einem "trotzdem" und einem "Wagnis" spreche, oft mit 

Hinweis auf PETER WUST. 

Sie schreiben dann: "...Sie einen weiteren Versuch, beide Seiten 

der Münze: Geheimnis (das, was man nur ohne Wünsche erkennen 

kann) und Äußerung (das mit Wünschen feststellbare) zu liefern, 

und damit das unausdrückbare Dao doch zum Ausdruck zu 

bringen." 

Hier könnten man es "wagen" das Wünschen auf die "Waage" zu bringen. 

Im da-seienden Wünschen ist nämlich immer ein Sosein mit einem 

Wertsein verknüpft. Das Geheimnis erreicht man aber nicht in einer 

Wunschlosigkeit, etwa wie "im Walde ging ich so für mich hin, nichts zu 

finden war mein Sinn" (oder so ähnlich). Das wäre eine schlaffe Fehlinterpretation, 

welche auch im "nicht Suchen, dann findet man" zum Ausdruck 

kommt. 

Wer sein "Wünschen", bzw. das "Begehren" nicht auf die "Waage" 

bringen kann, für den ist es allerdings besser, das ganze Wünschen 

zu lassen und dann das Kind mit dem Bade auszuschütten 

und "gelassen" zu "warten". Es "fällt" einem dann aber bloß "er-

7 

innernd" So-Seiendes "ein"! Vielleicht sogar als "Soheit". Anstatt 

aber durch dieses "Schlüsselloch" zu schauen, vergoldet man es 

ringsum! Und sagt dann bestenfalls "negierend" etwas "über" 

das "Schlüsselloch", dass es nämlich die "seiende Goldeinfassung 

gerade nicht sei"! 

Kein Geheimnis erfasst man aber ohne "ernstes Streben", was bei 

BUDDHA immer wieder betont wird. Es geht daher darum, beim Suchen des 

„Geheimnisses“ loszulassen von jedem erwarteten Sosein. Es stellt sich 

dann ein Suchen und Wünschen ein, das offen ist. 

Diese Vorurteilslosigkeit ist beim Suchen des Geheimnisses nicht 

deswegen erforderlich, weil das Vorurteil das Gewahrte 

verfälscht, wie beim Gewahren der "so-seienden Kehrseite des 

Geheimnisses", sondern weil es im Geheimnis gar kein Sosein 

gibt!. Dies alleine ist das Geheimnis! 

Mit Bescheidenheit hat dies überhaupt nichts zu tun. Das Sein ist eben 

das alles Seiende formlos, wertlos und maßlos Verbindende, dies in 

der seienden Raum-Zeit. Das Sein verbindet sowohl das Nebeneinander 

als auch das Nacheinander. Es ist zeitlos ewig. Dies bedeutet aber 

nicht, dass es zeitlich unendlich, d.h. ohne Anfang und ohne Ende 

sei. Diese Frage stellt sich im Geheimnis gar nicht. Solche Fragen sind bloß 

Extrapolationen im Seienden mit raumzeitlichem Sinn, den es im 

Geheimnis gar nicht gibt. 

Es ist deswegen verfehlt, das Geheimnis als das Nicht- 

Seiende zu betrachten und als den "Beginn" des Seienden 

anzusehen. Die kraftvolle All-Möglichkeit (das Sein) ist nicht isoliert 

vom Seienden und geht auch in der Wirklichkeit nicht 

zugrunde. Es erfüllt vielmehr als Kehrseite die Wirklichkeit. Es ist 

die Kraft-Fülle und Leere an Sosein. Es ist der permanente Grund 

der Wirklichkeit. Deshalb ist es verkehrt, einen zeitlichen Ü- 

bergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit im aristotelischen 

Sinn anzunehmen. Das "Sein" ist nicht das "Nichtseiende". 

Das Nichtseiende ist bloß das "zur Zeit" eben "noch nicht 

Wirkliche" aber im "Ganzen des Seienden" sehr wohl wirkliche. 

Das "Ganze des Seienden" (als das Dao) ist aber nicht das "Sein des Seienden" 

(nicht die geheimnisvolle alles verbindende, die alles widerspiegeln-

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de, die alles kraftvoll erfüllende Kehrseite des Seienden). Diese Kehrseite 

des Dao, wird oft als Wuji bezeichnet. 

In dieser Sicht wäre also das Dao das „Ganze des Seienden“, 

während das Wuji das Sein wäre, das alles „kraftvoll erfüllt“, 

selbst aber „leer an Form“ ist. 

So ist auch das "Ganze als Soheit" (als Qualität) noch nicht das "Sein 

der Soheit". Das formlose, wertlose und maßlose "Sein der Soheit" ist 

ihr "Schlüsselloch zum Sein". Sie ist das "Geheimnis im Seienden". Das 

"Geheimnis" ist daher keine "Negation eines Seienden" oder die "Negation 

des Ganzen Seienden"! 

III. 

In dieser Hinsicht ist hier jede Negation zwar knapp daneben, 

aber trotzdem total vorbei! 

Ich gehe Ihrem Text entlang. 

Dort heißt es: 

"Dass im Loslassen nicht das ganze Wagnis liegen kann, ist ein 

Satz, den ich sofort einsehe. Es muss mehr verkraftet werden als 

das fehlende Gestütztwerden durch die Dinge, die mit der Unterscheidung 

erst entstanden sind. " 

Ich gewinne hier den Eindruck, dass hier die Ansicht vertreten wird, dass 

beim sog "Loslassen" von den Dingen losgelassen wird. 

Meiner Ansicht nach wird aber von den Vorstellungen losgelassen, 

welche sich als Gedanken-Welt zwischen den Menschen 

und die Welt der Dinge schieben. 

Man kann weder von den Dingen noch vom Sein (Gott) loslassen. Wie sollte 

man dies machen? Die Vorstellungen schieben sich doch bloß, wenn sie 

nicht zu den Dingen passen, vor die Dinge. 

Hinsichtlich Gott, der ja kein Ding ist, ist jede Vorstellung unpassend. 

Deswegen ist es ja wichtig, um Gottes Willen von einem 

vorgestellten Gott zu lassen. 

Weiter heißt es:

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"Schwierig, darüber zu reden, weil die Rede wieder zum Abschwung 

führt." 

Weil Rede schwierig ist, kann sie zum Abschwung führen. Aber: die Rede 

ist nicht deswegen schwierig, weil sie zum Abschwung führt. 

"Loslassen-können oder Gelassenheit bezeichnet offenbar nur eine 

Seite der Liebe und auch der Wahrnehmung, wo alle Unterschiede 

verschwinden, weil die Projektionen zurückgenommen 

werden. " 

Warum sollten die Unterschiede der Dinge verschwinden, wenn Projektionen 

zurückgenommen werden? Es scheint so, als würden Sie der Ansicht 

sein, dass die Dinge nur deswegen unterschieden seien, weil sie mittels 

subjektiver Projektionen erst würden unterschieden werden. 

Warum soll Gelassenheit ein Unterlassen der Unterscheidungen 

sein? Gelassenheit hat doch nichts mit Sosein, sondern mit 

Wertsein zu tun. 

Man könnte zwischen den „Unterscheidungen im Bewusstsein“ und dem 

„Akt des Unterscheidens“ unterscheiden. Dann könnte man formulieren: 

Man sollte von den Unterscheidungen seines Bewusstseins (von 

den Projektionen) loslassen, damit das im Selbst ständige Unterscheiden 

gelingen kann, das aber nicht aktiv die Dinge unterscheidet, 

sondern den Fugen der Wirklichkeit folgt und die 

objektiven Unterschiede der Dinge aufnimmt. Damit sich also das 

Gewahren den Dingen überlassen kann. 

Wenn ich mir selbst verzeihe, dann lasse ich los von den „Bewertungen 

des von mir Bewirkten“ und folge den „Fugen meines Bewirkten“, um 

das Bewirkte zu verstehen. Dann wende ich mich „meinem Wirken“ zu 

und folge dessen „Fugen“. 

Wenn die „Bewertungen“ als Projektionen zurückgenommen werden, 

verschwinden nicht die „Unterschiede des Bewirkten“, sondern 

die „Fugen der Wirklichkeit“ werden im Verbundensein (Liebe) 

erst klar und können dann unmittelbar aufgenommen werden. 

Nicht die Projektionen machen Unterschiede, sondern Projektionen 

sind aufgenommene Unterschiede, die eben nicht immer passen.

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Beim Verzeihen dessen, was mir angetan wurde, geht es ebenfalls um das 

Loslassen von der „Bewertung des mir Angetanenen“, damit ich die 

„Wirklichkeit des Mir-Antuns“ überhaupt verstehen und dann „im 

Selbst ständig“ neu bewerten kann. 

IV. 

Sprechen ist ein Wagnis, weil es nicht nur um logisch-grammatikalische 

Richtigkeit, sondern letztlich um Zutreffen auf die gemeinte Sache und um 

Verstehen im Dialog geht. 

Deswegen ist Sprechen schwierig, denn es kann dazu führen, dass man 

daneben steht, bzw. abstürzt. 

Sprechen ist aber nicht deswegen schwierig, weil man abstürzen 

kann! Dies ist eine "wichtige Mit-Teilung". 

Man stelle sich ein Kantholz von 8 cm Breite vor, das am Fußboden liegt 

und dort verankert ist. Über diesen Balken zu balancieren, ist nicht besonders 

schwierig, aber auch nicht ganz einfach. Mancher muss nämlich üben, 

um im Fort-Bewegen über diesen Balken immer wieder Balance herstellen 

zu können. 

Von Absturzgefahr ist aber keine Spur vorhanden, die das Balancieren 

schwierig machen könnte. Den nahen Fußboden nimmt 

man beim Fortbewegen gar nicht wahr. Man kann ihn praktisch 

vergessen. 

Nun fixiere man den selben Balken in 10 Meter Höhe. Nun ist das Balancieren 

für den "Fußboden-Könner" zwar nicht schwieriger geworden, aber angesichts 

der Höhe verlässt ihn der Mut und das Zutrauen. Dies deswegen, 

weil er um die Absturzgefahr weiß, also eine Vorstellung ihn behindert, 

von der er loslassen müsste, um sein Wagnis zu schaffen. 

Ich hatte einmal im Skilauf eine Anfängergruppe. Am ersten Tag war starker 

Nebel. Da bin ich mit den Anfängern im dichten Nebel, bei ca. 15 Meter 

Sicht, einen ganz steilen Hang, den ich aber selbst gut kannte, mit der

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Gruppe hinuntergefahren. Immer nur einige Bögen und dann Zusammenwarten. 

So brachte ich die ganze Gruppe sturzfrei den Hang hinunter. 

Am nächsten Tag war bester Sonnenschein. Keiner der Anfänger, die das 

Gelände nun zum ersten Mal sahen, glaubte mir, dass wir gestern alle diesen 

Hang hinuntergefahren sind. Keiner war nun aber bereit, dies bei klarer 

Weit-Sicht nochmals zu tun, obwohl es jeder nachweislich konnte und mir 

dies auch glaubte und zu mir Vertrauen hatte. 

V. 

Das Selbstvertrauen, das durch die Vorstellung der möglichen 

Folgen beeinträchtigt wurde, war nämlich geschwächt. 

Ein kleiner Nachtrag: 

Wir sprechen nicht deswegen, weil wir eine Sprache haben, sondern wir 

haben eine Sprache, weil wir sprechen, weil wir etwas zu sagen haben 

und jemanden haben, den wir mit unserer Mit-Teilung erreichen 

wollen: 

• wir tanzen nicht, weil wir Tänze haben, sondern wir haben 

Tänze, weil wir getanzt haben; 

• Wir bewegen uns nicht, weil wir Bewegungen haben, sondern 

wir haben Bewegungen erworben, weil wir uns bewegt 

haben; 

• wir denken nicht, weil wir Gedanken haben, sondern wir haben 

Gedanken, weil wir gedacht haben; 

• wir machen uns Gedanken, weil wir unsere Erfahrung in 

das Denken einbringen wollen und uns damit das Denken 

teilweise erleichtern, aber nicht immer, sondern nur so lange, 

als die Gedanken zu dem passen, was uns zu denken 

aufgegeben ist. 

Kinder erwerben ihre Muttersprache, bzw. wenn sie mehrsprachig aufwachsen 

auch mehrere Sprachen, vorerst über das Sprechen und Hören. 

Erwachsene und Kinder müssen nun heute im "verschulten Europa" (und 

dort, wo die europäische Pädagogik hin exportiert wurde) aber umgekehrt 

lernen:

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• sie müssen die Gedanken anderer nachdenken, um Denken 

zu lernen; 

• sie müssen Sprachen lernen, um sprechen zu lernen; 

• sie müssen Tänze nachhopsen, um Tanzen zu lernen; 

• alles beginnt mit "vorbildlich Fertigem" in der Hoffnung, dass 

man dadurch ein „im Selbst ständiges“ Anfertigen erlernt. 

Dies ist auch eine Folge des Idealismus, der fertige Ideen vorweg annimmt, 

die nachgeahmt werden, was natürlich einer Theologie genehm ist, 

die einen "Handwerker-Gott" als "Erstem-Anfertiger" über Alles setzt. 

Eigentlich absurd! 

VI. 

Die Demut ist kein Mut-Ersatz und auch nichts, was man vorsätzlich "machen" 

kann. Demut erkämpft sich im Mut, in die Welt einzutreten und sich 

in der Welt zu verantworten. „Verzeihen“ ist wichtig für das "eintretende 

Aufnehmen des Wirkens der Welt", d.h. der „Wirklichkeit“. 

Erst nach dem „Eintreten“ beginnt der echte Dialog, der "mutige 

Demut", bzw. "demütigen Mut" verlangt. 

So gesehen begünstigt nicht der Dialog das Verzeihen, sondern das Verzeihen 

den Dialog. 

Man tritt auch nicht über Zuhören in die Welt ein, sondern das 

Eintreten in die Welt ermöglicht das Zuhören. 

Es geht also auch hier um das "eintretende Zuhören", bzw. um das "zuhörende 

Eintreten", was physiologisch im Gestaltkreis von VIKTOR VON WEIZ- 

SÄCKER als „Einheit von Bewegen und Wahrnehmen“ zum Ausdruck kommt. 

VII. 

Einige Punkte sind mir besonders aufgefallen: 

1. Viele versuchen, alle Gedanken in ein "Subjekt-Objekt-Modell" hineinzubringen. 

Dadurch wird für sie die Wirklichkeit wichtiger als das Wirken. 

Man könnte es doch versuchsweise vorerst einmal mit dem "Balance-

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Modell" versuchen und sich exemplarisch das Beispiel des eigenen Balancierens 

auf einem schmalen Balken vorstellen. Hier steht das Wirken im 

Vordergrund und keine Wirklichkeit. 

Was bedeutet dann in diesem Modell die Frage: "Wenn wir also 

uns bewegt haben und hierdurch Bewegungen erworben haben, 

was ist dann das durch weiteres Bewegen Gesuchte? Warum dann 

wieder-bewegen, wenn es doch schon genügend Spuren dieses 

Bewegens als Bewegungen gibt? " 

2. Leicht kann man verliebt sein in das Wort "verzeihen", was aber dazu 

führt, dass man dieses Wort zu wenig hinterfragt und so gebraucht, als 

würde allgemein deutlich sein, was man mit diesem Wort meint. 

Ich habe schon die Frage gestellt, ob eine Tatsache als soseiende 

Ursache verziehen wird, und/oder ob es dabei um eine 

wert-seiende Schuld geht. 

Das Wort „verzeihen“ wird aber auch als ein "Loslassen vom Vorstellen" 

verstanden, um das "Verstellen der Wirklichkeit durch nicht passende Vorstellungen" 

zu bewältigen. 

Hier wäre ganz wichtig, zu beachten, dass ein "Loslassen vom Vorstellen" 

nicht auch ein "Loslassen von Erfahrungen" bedeutet. 

Tiere können zum Beispiel von ihren Erfahrungen gar nicht loslassen. Ihnen 

verstellen auch Vorstellungen nicht ihre Wirklichkeit. Bei ihnen kommen 

behindernd nur "unpassende Gewohnheiten" zum Zug. 

Dies ist nun aber auch beim Menschen noch zusätzlich der Fall. 

Ein "Loslassen vom Vorstellen" bedeutet daher noch in keiner 

Weise, dass man damit auch die "unpassenden Gewohnheiten" 

loswird. 

Das ganze Meditationsgeschäft erzeugt daher in keiner Weise bessere oder 

treffendere Fertigkeiten als vorübergehend brauchbare Gewohnheiten, sondern 

beseitigt bloß einen Störfaktor "Bewusstsein". 

Gehen muss man dann leidvoll in der Welt selbst lernen, dies erspart 

keine Gottesschau!

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Gewohnheiten wird man nur durch "denkende Selbsterkenntnis" los, oder 

durch Konditionierung wie bei den Tieren, denen der Weg der denkenden 

Überprüfung der Erfahrungen noch nicht gegeben ist. 

3. Wenn Sie Ihr Wort "Verzeihen" gedanklich umkreisen, dann sollten Sie 

drei Wörter zusammenschauen: 

• "zeihen"; 

• "prophezeien" 

• und "verzeihen". 

Das "Zeihen" weist in die Vergangenheit und zeigt auf eine vermutliche 

Ursache eines beobachtbaren Wirkens. Das Zeihen bezichtigt, beschuldigt, 

klagt an, zeigt an. 

Das "Prophezeien" weist dagegen auf die Zukunft eines beobachtbaren 

Wirkens, es vermutet, es sagt vorher, es verkündet. 

Das "Verzeihen" entschuldigt rückblickend, es verzichtet, es vergibt, 

es gibt auf, es verweigert, es versagt, es schlägt ab, es verlässt, es 

geht auf. 

Alle drei Tätigkeiten: Zeihen, Prophezeien und Verzeihen sind a- 

ber alle drei Tätigkeiten des vorstellenden Bewusstseins und 

führen vorerst nicht aus diesem hinaus. Im Gegenteil, es besteht 

die Gefahr, in einer Selbstbespiegelung sich selbst im Bewusstsein 

bekennend zu beweihräuchern, statt erkennend tatsächlich die 

wirkende Kurve zu nehmen. 

Was bedeuten in diesem gedanklichen Feld Ihre Sätze: 

"Die Wirklichkeit bewegend zu verkraften, indem man zulässt, 

dass man nun Träger wird, auf dem sich nunmehr die Spur der 

Welt zeigen kann, das wäre Verzeihen." 

"Vor dem Bedeutungshintergrund des Verzeihens besteht Vertrauen 

eigentlich darin, Gelassenheit 'leisten' zu können, weil das 

Kalkül der Bestätigung infolge der Selbstlosigkeit der Hingabe 

nicht gemacht werden muss. "

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Aus meiner Sicht ist das Wort "Verzeihen" ein Wort wie "Demut", für das 

man kulturell gar nichts vorzubringen braucht, bzw. gegen das man nichts 

vorbringen darf. 

Es fungiert als etwas moralisch Wünschenswertes, das ungeprüft 

hingenommen wird, und das wie ein "Kennwort" wirkt, das als 

Lippenbekenntnisse vorgebracht wird, damit man passieren, bzw. 

unbehelligt leben darf. 

Dadurch entsteht offensichtlich die Annahme, als wäre "Verzeihen und Demut" 

der archimedische Punkt, mit dem man die Welt aus den Angeln heben 

könnte. 

VIII. 

Wenn ich manche Sätze in einem aktuellen Dialog-Zusammenhang vorgesetzt 

bekomme, dann bocke ich oft und wehre meine (bisher akzeptierte) 

Meinung ab. 

Dies allerdings oft nicht aus dem Recht heraus, weil ich immer 

schon dagegen war, sondern weil ich es mir nun nicht mehr leisten 

kann, weiter dafür zu sein. 

Dies geschah, als mir die Meinung entgegengebracht wurde, dass das Denken 

auf einer Subjekt-Objekt-Unterscheidung beruhe. Unser Bild vom westlichen 

Denken beruht doch auf der Grammatik jener Sprachen, die zum 

Vorbild für das wurden, was wir traditionell als "Logik" bezeichnen. 

Man betrachte die Tatsache, dass das Denken etwas ist, das uns unmittelbar 

in unserer inneren Erfahrung gegeben ist. 

Aus der inneren Erfahrung heraus wissen wir aber nur, dass wir 

denken und was wir denken (d.h. wir kennen unsere Gedanken), 

aber wir haben keine innere Erfahrung darüber, wie wir denken 

(d.h. über das Sosein des Denkens als Akt, als Bewegen). 

Wir sind daher auf die äußere Erfahrung angewiesen und schließen von dieser 

auf das "Wie" des Denkens.

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Es verhält sich hier ganz ähnlich, wie wir von den Spuren im Sand auf die 

vorher dort gelaufenen Tiere schließen. Wenn wir diese aber nie direkt 

gesehen haben, dann machen wir uns Vorstellungen entsprechend unterschiedlicher 

Fahrzeuge, die wir selbst angefertigt haben und die 

auch im Sand Spuren hinterlassen. 

So ist die Sprache eine solche Spur im Sand, welche die denkend 

angefertigten Gedanken und das denkende Bewegen 

der Gedanken dort hinterlassen haben. 

So ging auch ARISTOTELES von der Grammatik der griechischen Sprache 

aus und hat daraus die Logik herausgefiltert. So gibt es eben bei uns 

die diese Sprache prägenden Unterscheidungen in Subjekt, Prädikat, Objekt 

usw. 

Mit der Sprache werden natürlich „Fugen der Wirklichkeit“ 

aufgenommen, die dort tatsächlich gegeben sind und das 

Wechselwirken im Verbundensein richten. 

Wenn man also vom Denken spricht, dann kann ganz Unterschiedliches im 

Fokus stehen: 

• meine ich das direkt erfahrende Denken, das mit seiner Erfahrung 

den Fugen der Wirklichkeit folgt, sie aufnimmt und in 

Gedanken zur Sprache bringt? 

• oder meine ich das denkende innere Probehandeln im Bewusstsein, 

welches vorstellend kontrolliert, antizipiert, erinnert 

usw.? 

Auch dies Zweite ist Wirklichkeit, nur bloß eine andere als jene, "über" 

die gedacht wird. 

Auch dieses Denken erfolgt in der Gegenwart und hat sein echtes 

Sein. Die dort vorgestellte und antizipierte ( u.U. auch egoistische) 

Lebensweise ist als Vorstellen (als Wahn) daher sehr 

wohl Wirklichkeit und Sein! 

Dieses Vorstellen "trifft" aber oft nicht das, was es vorgibt tatsächlich zu 

sein.

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Es erfolgt in diesem Wähnen aber gar keine Trennung von der 

Gegenwart, vom Sein (sondern bloß vom Sosein der tatsächlichen 

Lebenswirklichkeit). 

Wie sollte jenes vermutete Trennen vom Sein auch möglich sein? Es steht 

bloß ein Wahn im Fokus, der die Lebenswirklichkeit oft verstellt und gar 

keine brauchbar-leitende Antizipation mehr ist, der also von der Lebenswirklichkeit 

abgehoben, bzw. als "gewagte" Vermutung, als Wunsch 

oder Befürchtung zu stark "verschoben" ("verrückt") ist, so dass er zur aktuellen 

Lebenswirklichkeit nicht mehr "passt". 

Die Lebenswirklichkeit erschließt sich daher nicht jenseits eines 

Denkens, sondern jenseits, bzw. "neben" den "verrückten" 

Gucklöchern, mit welchen der denkende Wahn auf die Lebenswirklichkeit 

schaut. 

Das Problem ist daher nicht das Denken und auch nicht das "Wähnen", 

sondern deren Hybris, die das "Augenmaß" verloren hat, die wähnend 

ins Kraut schießt und das Denken vor ihren Karren spannt. 

Also auch hier ist nichts jenseits des Denkens und Wähnens, 

aber auch nicht ohne Denken und Wähnen, sondern Denken 

und Wähnen in der Balance mit der Lebenswirklichkeit. 

Wenn mir zum Beispiel die folgende Meinung vorgelegt wird: 

"Da das Denken auf der Subjekt-Objekt Unterscheidung beruht, 

taucht diese Unterscheidung auch immer wieder auf. Da Identität 

von der Differenz her gedacht wird, fällt das Einfache auch immer 

wieder auseinander. Daher gibt es auch nie passende Vorstellungen, 

denn die Idee der Passung ist die gleiche Idee der Identität 

und zerreißt folglich jede Einheit der Wirklichkeit. Das unterscheidende 

Denken kann schließlich so weit führen, dass der Mensch 

aus der Gegenwärtigkeit des Lebens herausfällt, also dem, was 

jedem Tier selbstverständlich ist. Denken kann krank machen. Die 

Verstrickung in ungeheure Netze ist möglich, daher ist es empfehlenswert, 

sich aus den Paradoxien von Ursache und Wirkung, 

Wirklichkeit und Wirken auch zu befreien." 

So widerspreche ich eben nicht nur, dass das Denken auf der Subjekt- 

Objekt-Unterscheidung beruht, sondern ich widerspreche auch, dass Identität 

von der Differenz her gedacht wird.

18 

Identität wird nämlich überhaupt nicht gedacht, sondern als Sein 

nur unmittelbar erfasst. Erst das Wort "Identität" wird in der 

Sprache von der Differenz her "definiert", was aber keineswegs 

"treffend" ist. 

Man muss dann in der Sprache immer unterscheiden: 

• ob man von der Identität zu sprechen versucht; 

• oder ob man über das Wort "Identität" spricht; 

• oder ob man über die hoch-gewähnte "Idee der Identität" fabuliert. 

Alle diese drei Vorhaben finden aber in der Gegenwart statt und haben 

ihr Sein, das eben dem Fokus der Achtsamkeit entsprechend jeweils ein 

anderes Sosein im Visier hat, weil es sich eben in einem anderen Wirklichkeitsbereich, 

bzw. in einer anderen Wirklichkeitsebene akzentuiert. 

Man denke auch hinsichtlich der "passenden Vorstellungen" weniger an eine 

Isomorphie, sondern an "Gucklöcher" mit "Spielraum", in den das Geschaute 

passen könnte. 

Statt an "Gucklöcher mit Spielraum" könnte man auch an "Soheit" 

denken, wie ich dies zu erläutern versuchte. 

Die „Fugen der Wirklichkeit“ könnten in die "Freiheit" der vermuteten 

"Spielräume der Gucklöcher" passen, bzw. beim "Passen", bewegt sich das 

aktuell Aufgenommene in den herangetragenen Gucklöchern. 

IX. 

Solche Gucklöcher können aber auch "konstruktivistisch" zum 

"Maß der Wirklichkeit" hochphantasiert werden, wovor schon die 

alte Geschichte vom "Prokrustes-Bett", bzw. der Misserfolg 

beim Täuschungsversuch im Märchen vom "Aschenputtel" 

warnt. 

Es gibt einen Unterschied zwischen der idealistisch gefärbten Mystik des 

Westens und der östlichen Geisteshaltung, der sich auch in den westlichen 

Übersetzungen östlicher Texte niederschlägt.

19 

Im Westen schlummert die Idee vom Geist als Widersacher der Seele. Das 

Wissen, die Meinung, das Denken usw. schränken hier angeblich die Erkenntnis 

der "Wahrheit" ein. 

So kommt es dann zu Annahme, dass man das, was man nicht für 

möglich hält, einem auch nicht erscheinen könne. Immer geistert 

der aristotelische Übergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit 

durch die westliche Weltanschauung. 

Dies wird dann so gedacht, dass dann die Möglichkeit nicht mehr eine 

formlose Kraft, sondern eine "vorgeformte Noch-Nicht-Wirklichkeit" ist: 

• einerseits soll dann in Gott diese Vorgeformtheit vorweg eingefaltet 

sein und der Mensch soll dann analog nur erkennen können, 

was er vorweg schon für möglich hält; 

• andererseits darf aber dieses „Vorweg“ im Menschen noch nicht 

als Vorstellung ausgeformt sein, weil dadurch die Wirklichkeit 

verstellt werden würde. 

Also geht es dann im westlichen Konzept darum, nicht voreilig die angeblich 

im Geist schlummernde und vorgeformte Möglichkeit zur Vorstellung 

werden zu lassen, da sonst das Erscheinen der Dinge entmöglicht werden 

würde. 

Nun sind aber in unserem Geiste keine schlummernden vorgeformten 

Möglichkeiten, wie es der Idealismus und die Theologie 

bräuchte, sondern nur Erfahrungen, d.h. aufgehobene "Nichtmehr-Wirklichkeiten", 

welche dann als Chancen (als "Noch-nicht- 

Wirklichkeiten") angesehen werden können. 

Was bei ECKHART ähnlich ist wie in östlichen Texten, das ist die innere 

Erfahrungen von zwei Modi des Begegnens mit der Wirklichkeit, d.h. dem 

Seienden: 

• einerseits ein "unmittelbares Begegnen" 

• und andererseits ein "durch Erfahrung und Denken vermitteltes 

Begegnen". 

Wobei aber meiner Ansicht nach: 

gerade die "Schau" naturhaft ist im Gegensatz zum "reflexiv 

vermittelten Erkennen", das "nicht unmittelbar naturhaft", sondern 

"erfahrungshaft" und daher nur "mittelbar naturhaft" ist.

20 

Es ist nicht der Fall, dass das, was ich nicht für möglich halte, mir nicht erscheinen 

könne. 

Es kann sogar in einem "Ausbleiben" dessen "erscheinen", was ich 

für "nicht-möglich" halte und dadurch meine Vermutung bestätigen. 

Aber selbst, wenn ich von der Erfahrung als der mir bekannten "Nicht- 

Mehr-Wirklichen" ausgehe, können sich im Spielraum dessen, was ich für 

möglich halte, immer wieder neue Spielräume entdecken, die ich weder für 

möglich noch für unmöglich gehalten habe. Das Leben ist voller Überraschungen! 

Den Text von DSCHUANG DSI würde ich ganz "gewagt" so umformulieren 

(Das in blaue Klammern gesetzte sollte man jetzt überlesen): 

"Es gibt kein Ding, (das nicht vom Standpunkt des Nicht-Ichs aus 

angesehen werden könnte. Es gibt auch kein Ding, das nicht vom 

Standpunkt des Ichs aus angesehen werden könnte.) das nur 

entweder unmittelbar oder nur mittels der Erfahrung (vom Ich- 

Standpunkt) gesehen werden kann. Es gibt nicht zwei Ding- 

Welten. (Nur daß ich die Dinge vom Standpunkt des Nicht-Ichs 

aus nicht sehen kann, sondern nur vorstellungsmäßig darum wissen 

kann.) Es gibt aber im Ich-Standpunkt entstandene Dinge, 

über die ich vorstellungsmäßig etwas wissen kann. Diese Dinge 

kann ich aber vom Nicht-Ich-Standpunkt nicht als Dinge außer 

mir sehen. (So wird nun von Menschen behauptet, daß das Nicht- 

Ich aus dem Ich hervorgehe und daß das Ich seinerseits vom 

Nicht-Ich bedingt werde.) Im Ich-Standpunkt weiß ich vom zeitlichen 

Entstehen und Vergehen der Dinge. Ich habe dann auch von 

mir selbst als Ding ein Wissen und kann dann behaupten, dass einerseits 

das Wissen aus dem 'unmittelbaren (Nicht-Ich) Bezug zur 

Welt' hervorgegangen ist, dass aber andererseits ‚mein Wissen 

über einen Nicht-Ich-Bezug zur Welt' im 'Wissen von mir' (im 

Wissen vom Ich-Standpunkt) unterschieden wurde. Beides kann 

ich behaupten, weil ich ein zeitliches Wissen (Erfahrung) habe. 

Das ist die Theorie von der gegenseitigen Erzeugung dieser Gegensätze 

in der Zeit. Nun wohl! So kommt man darauf, daß das, 

was nun lebt, im Lauf der Zeit stirbt; was nun tot ist, im Lauf der 

Zeit lebt; was nun möglich ist, im Lauf der Zeit unmöglich wird; 

was nun unmöglich ist, im Lauf der Zeit möglich wird; und daß 

dadurch die Bejahung und die Verneinung einer Behauptung jeweils 

begründet wird. (Damit kommt man aber über die Relativi-

21 

tät nicht hinaus.) Dadurch entsteht der Wahn, alles entstehe im 

Kreislauf des Wissens. 

Deshalb macht sich der Berufene frei von dieser Betrachtungsweise 

und sieht die Dinge auch an im Lichte der (Ewigkeit) Zeitlosigkeit 

(Unmittelbarkeit, Achtsamkeit). (Allerdings bleibt er subjektiv 

bedingt.) Allerdings wird dadurch das Wissen nicht über Bord geworfen. 

So dass jedes Wissen seine Berechtigung im unmittelbaren 

Dasein (im Seienden) findet. Auf diese Weise haben Unterschiede 

des Wissens ihr Sein, ihre da-seiende Form. 

Aber das Ich ist auf diese Weise zugleich Nicht-Ich, das Nicht-Ich 

ist auf diese Weise zugleich Ich. So zeigt sich, daß von zwei entgegengesetzten 

Betrachtungsweisen jede in gewissem Sinne 

Recht und in gewissem Sinne Unrecht hat. Gibt es nun auf diesem 

Standpunkt in Wahrheit noch diesen Unterschied von Ich und 

Nicht-Ich, oder ist in Wahrheit dieser Unterschied von Ich und 

Nicht-Ich aufgehoben? Der Zustand, wo Ich und Nicht-Ich keinen 

Gegensatz mehr bilden, heißt der Angelpunkt (die Balance) des 

SINNS. Das ist der Mittelpunkt, um den sich nun die Gegensätze 

drehen können, so daß jeder seine Berechtigung im (Unendlichen) 

Seienden findet. Auf diese Weise hat sowohl das Ja als das Nein 

(unendliche) seiende Bedeutung." [Chinesische Philosophie: 

DSCHUANG DSÏ: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland, S. 52. 

Digitale Bibliothek Band 94: Asiatische Philosophie, S. 27442 (vgl. 

DSCHUANG DSÏ, S. 43)] 

X. 

Beim nochmaligen Lesen Ihres letzten Mails bin ich an folgender Stelle hängen 

geblieben. Die mich fassenden Haken habe ich fett markiert. Die 

blauen Markierungen sind Übersetzungen in meine Sprache: 

"Bei MEISTER ECKHART ist also das Überschreiten der Vernunft zur 

Offenheit hin gefordert, was durch das dialektische Paar Liebe 

und Demut ermöglicht wird, so dass sie mögliche Vernunft (Soheit) 

werden kann. In dieser möglichen Vernunft (Soheit) wird 

nichts Bestimmtes gewußt. Das Charakteristikum dieser möglichen 

Vernunft (Soheit) ist Offenheit (Feld als Spielraum), die auch 

nicht durch Kontakt mit Wissen (mit sinnlichen Empfindungen und 

bildlichen Erinnerungen) 'verklebt' wird. In ihr wird nicht, wie in 

der wirkenden Vernunft (in der die Handlungen planvoll durch 

Vorstellungen vorbereitenden Vernunft), Zeit durch Unterscheidung 

angehäuft, sondern alle zeitliche Verfasstheit und räumliche 

Trennung überschritten, so dass die drei für die Erkenntnis festgestellten 

Hindernisse verschwinden. Der Kurzschluss von wirkender 

Vernunft (in der die Handlungen planvoll durch Vorstellun-

22 

gen vorbereitenden Vernunft) durch die Überformung durch 

Strukturen möglicher Vernunft kann daher nicht gewünscht 

sein. Wirkende Vernunft (die Handlungen planvoll durch Vorstellungen 

vorbereitende Vernunft) hat auch gegenüber der Wahrnehmung 

wesentliche haushaltende Funktionen. Sie bestimmt die 

Wirklichkeit (das Wirken), so dass auf der anderen Seite die 

negativen Folgen von allen Konzepten und Annahmen 

entsprechend durchgreifend sind." 

Anmerkung: 

Überformung durch Strukturen möglicher Vernunft: Die "Soheit" ist 

als "noch nicht verwirklichte Wirklichkeit" eine Chance. Sie ist als Feld 

(Spielraum) eine "zentrierte spezifische Qualität" mit "ordnender Gewalt". 

(Was diese Ordnung verlässt, das erleidet seinen Tod) 

Sie ist aber als ein "Ganzes" mehr, bzw. anders als die "Summe 

aller ihrer Chancen für konkrete so-seiende Strukturen". 

Das in der Wirklichkeit alles Wirkliche (alle jetzt seiende, alle gewesene und 

alle noch nicht seiende Wirklichkeit) mächtig ordnende umfassende Ganze 

ist bei ECKHART "Gott". 

Seine "Gottheit" ist aber das formlose und alles mit Kraft erfüllende 

Sein. 

Es ist nun zu unterscheiden: 

• ob man in der äußeren Erfahrung auf die "übersinnliche Hierarchie 

von Soheiten“ und letztlich auf die „alles raum-zeitlichumfassende 

Soheit“ (Gott) "hinhören" lernt und von dort das 

jeweilige "Einstellwirken" vernimmt; 

• oder ob man in der inneren Erfahrung in einer "Erfüllung" sein 

Verbundensein mit dem Sein (mit der Gottheit) gewahrt, um 

letztlich in diesem "Erfüllt-Sein" sein Verbundensein mit den 

Mitmenschen in der "Liebe" (Sohn) zu erfahren und dann diese 

Liebe mit Vernunft erfüllt, um diese Nächstenliebe auch Wort 

und Tat (Sohn) werden zu lassen. 

Das, was hier "Überformung" heißen könnte, ist daher nicht in jedem Fall 

das Gleiche. 

"dialektisches Paar Liebe und Demut":

23 

• so gesehen sind Liebe und Demut nie ein dialektisches Paar. Es 

geht vielmehr um die Balance zwischen Demut und Übermut; 

"Offenheit": 

• die "Offenheit zu Gott" ist also eine andere als die "Offenheit 

zur Gottheit". Im "Offensein zu Gott" verstelle ich mich nicht mit 

zu viel eigener Meinung, um in meinem Hinhören sein Einstellwirken 

zu "vernehmen" (Geist als "Vernunft"); 

In der "Offenheit zur Gottheit" lasse ich mich dagegen erfüllen von einer 

Kraft (Geist als Potenz, als Kraft) um auf Gott "vernünftig hinhören" zu 

können, und um aus der "kräftigen" Liebe heraus den Mut zur "vernünftigen 

mitmenschlichen Tat" zu gewinnen, damit das Wagnis in der Welt gelingen 

kann. 

Wobei dann die "Offenheit zum Mitmenschen" (Sohn) im liebenden 

"Hinhören auf das Menschsein" erst "wirklich" zur Welt kommt. 

XI. 

Nun lässt sich auch leichter verstehen, warum ich die "Zusammengehörigkeit 

in der Dauer des zeitlosen Seins" (im Widerspiegeln) als "Verbinden" 

bezeichne, um es von der "wert- und so-seienden Zusammengehörigkeit im 

Wechselwirken des Seienden", das ich mit "Verknüpfen" benenne, sprachlich 

zu unterscheiden. 

XII. 

Probleme entstehen, wenn das Gewahren einer "Soheit im Seienden" 

(die nicht sinnlich anschaulich ist) mit dem ebenfalls 

"nicht sinnlich anschaulichen Sein" verwechselt bzw. gleichgesetzt 

wird. 

Die Gedankenstruktur von ECKHART (mit den eingewobenen theologischen 

Legitimationen) finden Sie auch in der "Theologia deutsch", welche LU- 

THER ausgegraben hat. Dort heißt es im 13. Kapitel: 

"Es spricht TAULER, es seien etliche Menschen in der Zeit, die den 

Bildern zu früh Urlaub geben, eh dass sie Wahrheit und Unter-

24 

schied davon nehmen. Darum, so können sie die rechte Wahrheit 

gar kaum oder vielleicht gar nicht begreifen. Denn solche Menschen 

die wollen niemandem folgen und bestehen auf ihrem eigenen 

Sinne und wollen fliegen eh sie Federn gewinnen. Sie wollen 

in einem Zuge gen Himmel fahren, das doch CHRISTUS nicht tat; 

denn nach seiner Auferstehung blieb er wohl vierzig Tage bei seinen 

Jüngern. Es mag niemand in Einem Tag vollkommen werden. 

Der Mensch soll sich zuerst seiner selbst ganz verleugnen und alle 

Dinge williglich durch Gott lassen und soll seinen eigenen Willen 

und alle natürlichen Neigung aufgeben und sich gänzlich läutern 

und reinigen von allen Untugenden und Sünden. Danach soll man 

demütiglich auf sich nehmen das Kreuz und soll Christus nachfolgen. 

Man soll auch Vorbild und Unterschied, Weise, Rat und Lehr 

nehmen und empfangen von den andächtigen und vollkommenen 

Diener Gottes und nicht folgen seinem eigenen Kopfe. So mag es 

Bestand haben und zu einem guten Ende kommen. Und wenn der 

Mensch also durchbricht und überspringt alle zeitlichen Dinge und 

Kreaturen, so mag er danach in einem beschaulichen Leben vollkommen 

werden. Denn wer Eines will haben, der muss das Andere 

fahren lassen, da bleibt nichts anderes übrig." 

Im 14. Kapitel wird fortgesetzt: 

"Und soll man wissen, dass Niemand kann erleuchtet werden, er 

sei denn zuvor gereinigt oder geläutert und geledigt. Auch kann 

Niemand mit Gott vereinigt werden, er sei denn zuvor erleuchtet. 

Und darum gibt es drei Wege. Zum, ersten die Reinigung; zum 

andern Mal die Erleuchtung; zum dritten Mal die Vereinigung. Die 

Reinigung gehört dem anfangenden oder büßenden Menschen zu 

und geschieht auf dreifache Weise: mit Reue und Leid um die 

Sünde, mit ganzer Beichte, mit vollkommener Buße. Die Erleuchtung 

gehört dem zunehmenden Menschen zu und geschieht auf 

dreifache Weise, das ist: in Verschmähung der Sünde, in Ausübung 

der Tugend und guter Werke und im willigem Leiden aller 

Anfechtung und Widerwärtigkeit. Die Vereinigung betrifft die vollkommenen 

Menschen und geschieht auch in dreifacher Weise, das 

ist: in Reinigkeit und Lauterkeit des Herzens; in göttlicher Liebe 

und in Betrachtung Gottes, des Schöpfers aller Dinge." 

Hinsichtlich der Soheit und deren Spielraum sind die Gedanken des 

JOHANNES VON DAMASKUS interessant, die er in der "Darlegung des orthodoxen 

Glaubens" aussprach, um eine Theodizee zu erübrigen. 

In meiner Terminologie sieht dies so aus: 

• im Spielraum der Soheit gibt es Freiheit, so dass das tatsächlich 

verwirklichte Exemplar von der Soheit nicht ursächlich be-

25 

wirkt, sondern bloß im Rahmen ihres Spielraumes zugelassen 

wird. 

Dies ist im gedanklichen Kern eine ganz andere Überführung einer realen 

Chance in die Wirklichkeit als der idealistische Gedanke vom linearkausalen 

Übergang der Möglichkeit zur Wirklichkeit. 

Jene Freiheit im Spielraum wird aber nicht nur verwirklicht von 

einem freien Individuum, sondern auch von äußeren Einflüssen, 

die auch zufällig sein können, mitbewirkt, bzw. mit-zugelassen. 

Es geht also nicht nur um ein Verhältnis zwischen Gott und freiem 

Individuum! Dies ignoriert allerdings die Theologie. 

Bei JOHANNES VON DAMASKUS heißt es im 19. Kapitel des 4. Buches: 

"Gott ist nicht Urheber der Übel. 

Man muß wissen, daß die göttliche Schrift die Zulassung Gottes 

dessen Wirksamkeit zu nennen pflegt. So, wenn der Apostel im 

Briefe an die Römer sagt: ‚Oder hat nicht der Töpfer Gewalt über 

den Ton, um aus derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre, das 

andere aber zur Unehre zu machen ?’ 

Denn er macht sowohl dies wie das, nur er ist der Schöpfer aller 

Dinge. Aber nicht er selbst macht geehrte oder ungeehrte [Gefäße], 

sondern der eigene Wille eines jeden. Das erhellt aus dem, 

was derselbe Apostel im zweiten Briefe an Timotheus sagt: ‚In einem 

großen Hause gibt es nicht nur goldene und silberne Gefäße, 

sondern auch hölzerne und irdene; die einen zur Ehre, die andern 

zur Unehre. Wenn sich nun jemand von diesen (letzteren) rein 

hält, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, brauchbar für 

den Herrn, zu jedem guten Werke bereit.’ Offenbar geschieht die 

Reinhaltung freiwillig, denn er sagt: ‚Wenn jemand sich rein hält.’ 

Der folgerichtige Gegensatz dazu lautet: Wenn jemand sich nicht 

rein hält, wird er ein Gefäß zur Unehre sein, unbrauchbar für den 

Herrn, wert, zerbrochen zu werden. Der vorliegende Ausspruch 

also, ferner die Stelle: ‚Gott hat sie alle unter den Ungehorsam 

beschlossen (gebracht)', ebenso die: ‚Gott gab ihnen den Geist 

der Betäubung, Augen, mit denen sie nicht sehen, und Ohren, mit 

denen sie nicht hören’ - dies alles ist nicht im Sinne von göttlicher 

Wirksamkeit, sondern im Sinne von göttlicher Zulassung zu nehmen, 

weil der Wille frei und das Gute ohne Zwang ist. 

Die göttliche Schrift pflegt also seine Zulassung als sein Wirken 

und Tun zu bezeichnen. Ja, auch wenn sie sagt, ‚Gott schaffe Übles’, 

und es gebe in einer Stadt kein Übel, das nicht der Herr gemacht, 

stellt sie Gott nicht als Urheber der Übel hin, sondern 

[sagt so], weil der Name Übel zweideutig ist, zweierlei ausdrückt. 

Bisweilen bedeutet er nämlich das durch seine Natur Schlechte, 

was der Tugend und dem Willen Gottes entgegen ist, bisweilen

26 

das für unser Empfinden Schlimme und Lästige, d. i. die Trübsale 

und Mißgeschicke. Diese sind zwar scheinbar schlimm, da sie 

schmerzlich sind, in Wirklichkeit aber gut. Denn sie gereichen den 

Einsichtigen zur Bekehrung und Rettung. Diese, sagt die Schrift, 

geschehen durch Gott. 

Man muß jedoch wissen, daß auch an diesen wir Schuld sind. 

Denn aus den freiwilligen Übeln entspringen die unfreiwilligen. 

Auch das muß man wissen, daß die Schrift manches, was 

ausgangsweise gesagt werden sollte, ursachsweise auszudrücken 

pflegt. So an der Stelle: ‚Gegen dich allein habe ich gesündigt und 

Böses vor dir getan, damit du gerecht erscheinst in deinen Worten 

und siegest, wenn man dich richtet.’ Denn der, der gesündigt, hat 

nicht deshalb gesündigt, damit Gott siege, noch bedurfte Gott unserer 

Sünde, um dadurch als Sieger zu erscheinen - denn er trägt 

in unvergleichlicher Weise über alle, auch über die, die nicht sündigen, 

den Sieg davon, weil er Schöpfer ist und unerfaßbar und 

ungeschaffen, und die natürliche Herrlichkeit, nicht eine erworbene 

hat -, nein, weil er, wenn wir sündigen, nicht ungerecht ist, sofern 

er zürnt, und verzeiht, wenn wir uns bekehren, deshalb zeigt 

er sich als Sieger über unsere Bosheit. Aber nicht zu diesem Zwecke 

sündigen wir, sondern die Sache geht eben so aus. Z. B.: Es 

sitzt jemand an der Arbeit, und ein Freund kommt dazu. Da sagt 

er: Damit ich heute nichts arbeite, ist der Freund gekommen. 

Doch der Freund ist nicht gekommen damit er nichts arbeite, sondern 

es ist eben so geschehen. Weil er mit dem Empfang des 

Freundes beschäftigt ist, arbeitet er nicht. Es wird auch dieses 

ausgangsweise gesagt, weil die Dinge einen solchen Ausgang 

nehmen. Gott will aber nicht allein gerecht sein, sondern [er will], 

daß alle ihm möglichst ähnlich werden.“ 

Erstaunlich ist bei der ganzen mystischen Diskussion, dass "letztlich" immer 

nur von "Gott" geredet wird, also mehr im platonischen Geiste von ARIUS 

mit bloß kosmetischem Lippenbekenntnis zur Trinität. So hat rückblickend 

zwar ATHANASIUS im Konzil gegen die ARIANER gesiegt, aber nicht "nachhaltig" 

den christlichen Geist geprägt. 

Wenn man von einem Einswerden mit der Gottheit spricht, dann 

spricht man bloß einen Gedanken aus, beschreibt aber damit 

keine Tatsache! 

Im sog. Einswerden mit dem Sein (Gottheit) wird doch weder der einswerdende 

Mensch verlassen, noch die Welt, die ihn umgibt. 

Es ist immer nur die Einheit meines eigenen Seins mit dem Sein 

der Welt zu gewahren. Alles andere ist bloß Produkt eines Den-

27 

kens, welches das isolierend weiter träumt, was es bloß akzentuiert 

erlebt hat. 

So gibt es nur Balance, so lange es etwas gibt. Sowohl in der Demut, als 

auch im Übermut kann man aus der Balance geraten und abstürzen: in den 

Tod, aber nicht in die Gottheit. 

XIII. 

Gott, Gottheit und mich selbst gibt es für mich nur in meiner 

Balance, die mehr oder weniger gelingen kann. 

Sie schreiben: 

"In Sachen Offenheit zur Gottheit stimme ich Ihnen zu, indem allerdings 

Gott in der Erkenntnis des Menschen erscheint (hier kann 

die Gottheit nicht erscheinen), ist bereits die Selbstentfremdung 

durch Selbstverwirklichung eingetreten. Gott erscheint dann wie 

ein Gegenstand. Die Einung muss vielmehr weiselos (ohne Bild + 

Form), zeitlos und durch das Überschreiten aller Maße bestimmungslos 

erfolgen. Bis dahin ist die Unmittelbarkeit nicht gegeben, 

so dass der Geist als Vernunft immer mit dieser hindernden 

Struktur zu kämpfen hat und nur Verknüpfung gelingt." 

Die Gottheit kann sicherlich nicht erscheinen, denn Erscheinen kann uns 

nur sinnlich vermitteltes Seiendes. (Eine "Soheit" erscheint uns ebenfalls 

nicht durch sinnlichen Vermittlung, sondern immer nur wenn, dann im 

sinnlich Vermittelten! 

Sie muss dort als ein seiendes Ganzes "praktisch übersinnlich" 

achtsam "gewahrt" werden.) 

So kann ich auch im Seienden (allerdings ohne Soheit!) die Gottheit mit 

meiner Achtsamkeit (ohne sinnliche Vermittlung!) gewahren, und nur 

im Seienden! 

Wie sollte eine Gottheit jenseits des Seienden, also auch jenseits 

von mir als dem seiend Gewahrenden überhaupt gewahrt werden? 

Das ist reine Phantasie.

28 

Ich kann mich nur achtsam auf das "Sein im mir gegebenen Seienden" fokussieren. 

Das Seiende verstellt nie das Sein, sondern es ist ja gerade nur, 

weil es Sein hat, weil es vom Sein erfüllt ist. 

Meine Vorstellungen sind auch Seiendes und haben in mir ihr 

Sein. Auf dieses Sein (selbst von Irrtümern) kann ich meine 

Achtsamkeit fokussieren, wodurch die irrtümlichen Vorstellungen 

in den Hintergrund treten (Figur-Hintergrund) und nichts 

mehr "verstellen", d.h. wodurch das Sein im Seienden zur "formlosen 

Figur" (zum Guckloch!) wird. 

Es geht daher weniger darum, selbst Scheibenwischer zu sein, um Vorstellungen 

wegzuschieben, sondern die Fähigkeit zu erlangen, achtsam das 

"Sein des Seienden" zu fokussieren. 

Wie soll auch ein relativ ruhiges Fokussieren des "Seins des Seienden" 

möglich sein, wenn ich ständig in der Luft herumschlage, um lästige Fliegen 

zu verjagen? Dies ist nämlich sehr schwierig, aber nicht unmöglich. 

Einfacher ist es, in eine ruhige seiende Gegend zu gehen und dort 

das "unzeitliche und raum-zeitlich offene (und daher alles ‚verbindende’) 

Sein im Seienden" achtsam zu fokussieren. 

Nur untätig schlaff zu glotzen führt nicht zum "Sein im Seienden", sondern 

bestenfalls zum "seienden Rausch", der allerdings auch nicht zu verachten 

ist. Aber knapp daneben ist eben auch vorbei!

29 

Über die loslassende Demut 

I. 

Auffallend ist, dass christliche Theologen oft: 

• von einem „Menschenbild des übermütigen Sünders“ ausgehen; 

• und nicht von einem „Ebenbild Gottes“. 

Ihre fordernden Ratschläge sind daher oft nicht: 

• auf ein „hinhörendes“ Besinnen auf die Ebenbildlichkeit; 

• sondern auf eine Negation des selbstherrlichen Übermutes 

bezogen. 

Diese Theologen meinen offensichtlich: 

• dass sich die „Ebenbildlichkeit Gottes“ einstellen würde; 

• wenn Demut als „Negation des Übermutes“ erreicht werden 

würde. 

Dieser Ratschlag ähnelt den vor einiger Zeit auch bei uns Mode gewordenen 

„Entspannungsmethoden“, die davon ausgingen: 

• dass in unserer Gesellschaft zu viele Menschen „verspannt“ 

seien; 

• und dass sich Gesundheit einstelle, wenn diese Verspannung 

(die aber bloß ein Symptom ist) beseitigt, d.h. negiert werden 

würde. 

Den Gesundheit- bzw. den Präventions-Markt beherrschten daraufhin mystisch 

angehauchte sog. „Entspannungsmethoden“: 

• welche aber bloß zur „Negation der Entspannung“, d.h. vorübergehend 

zur „erbaulich-angenehmen Erschlaffung“; 

• aber keinen Schritt näher zur „gesunden Spannung“ führten. 

So wird bei jenem „Kult der Demut“ genau so das Kind mit dem Bade 

ausgeschüttet, wie bei der Mode der bloß erholsamen „Entspannung“, die 

faktisch nur eine „Erschlaffung“ herbeiführt. 

II. 

Oft wird die Demut auch als Partner der Liebe dargestellt: 

• so als würde auf der Ebene der Liebe überhaupt eine Alternative 

existieren. 

Aus dieser gedanklichen Partnerschaft kommt dann so etwas wie eine Dialektik 

heraus. Dabei wird suggeriert:

30 

• dass sich Liebe einstellen würde; 

• wenn die erreichte Demut dialektisch in die Liebe umschlage. 

Dies ist aber bloß eine gutgemeinte Phantasie: 

• genau so, wie das Seiende keine Alternative zum Sein ist; 

• so ist auch die bloße Negation des tätigen Mutes keine 

Alternative zum untätigen Sein; 

• das Sein ist kein Gegensatz zum Seienden, sondern erfüllend 

im Seienden. 

Liebe gehört zum widerspiegelnden, verbindenden und alles mit Kraft 

erfüllenden Sein. 

Mut, Übermut und Demut sind dagegen etwas Seiendes im Bereich des 

verknüpfenden Wechselwirkens. 

Das Sein ist aber kein Gegen-Bereich des Seienden, sondern das das Seiende 

Erfüllende. 

III. 

Im Bereich des „wechselwirkenden Seienden“ gibt es das, was gedanklich 

vorerst als linear-kausales Wirken ausgemacht wird. Daraus entsteht 

dann der Gegensatz von Notwendigkeit und Freiheit, bzw. Zufall. 

Gottes „Wirken“ ist aber, was bereits JOHANNES VON DAMASKUS aufgezeigt 

hat, nicht als kausales Wirken, sondern als ein „mächtig-ordentliches“ 

Zulassen aufzufassen. 

Wenn man nun den Menschen ebenbildlich (dem Gott) auffasst, 

dann ist auch seine sog. Freiheit kein Wirken, sondern ebenfalls 

nur ein einen Rahmen steckendes, bzw. ein ein Zentrum 

haltendes Zulassen. 

Aus dieser Sicht ergibt sich dann für den Menschen auch hinsichtlich seiner 

Sünde ein dem Gott ebenbildliches Verantworten, für das er aber 

auch selbst etwas tun kann und sollte. 

Ein „demütiges Loslassen von sich“ und „hingeben in Gottes Wille“ durchkreuzt 

daher den „Plan“ Gottes, der alles mit Sein erfüllt, auch die Sünde 

und deren Folgen, solange sie existieren. 

Gott baut in gewisser Hinsicht auf den ebenbürtigen Menschen, 

der sich nicht demütig bettelnd aus seiner Verantwortung

31 

stiehlt, sondern Mut gewinnt zum Wagnis, eigenverantwortlich 

neue Spielräume für Balancen aufzuziehen. 

Dass sein Schwanken hin zur „übermütigen Selbstherrlichkeit“ hierbei ihm 

selbst und der ganzen Menschheit zum „Verhängnis“ (das eben das „Hinhören“ 

auf Anderes und letztlich auf das umfassende Ganze „verhängt“) 

werden kann, ist historisches Faktum. 

Dies rechtfertigt aber nicht eine sich aus der Verantwortung 

stehlende Demut. 

IV. 

Im „Wahrnehmen und Denken“ hat der Mensch viel mehr Freiheit als in seinem 

„mit dem Umfeld wechselwirkenden Tätig-Sein“. 

In jener Phase (im akzentuierten „Wahrnehmen und Denken“) ist 

auch seine eigener Beitrag am leichtesten möglich, nämlich in der 

Selbsterkenntnis und im Hinhören auf das Andere und das Ganze. 

Aber auch die Chance einer sündigen Selbsttäuschung ist hier in 

seine besondere Freiheit geworfen. 

Viel schlechtere Karten hat der Mensch in seinem Tun. 

Hier kann er „zulassend“ nur Spielräume für Balancen aufmachen 

und hoffen, dass er in seinem „Hinhören“ (nach außen und 

innen) richtig, d.h. richtend, „vernommen“ („Vernunft“) hat. 

Das sog. Loslassen, das immer in der Nähe der Demut gesehen wird, ist 

daher differenzierter zu betrachten. 

Unsere Sprache kann uns dabei helfen: 

• so können wir vorerst das Wörter-Paar „lassen – fassen“ ins 

Auge fassen; 

• das „Lassen“ erscheint uns hier als das Passive; 

• und das „Fassen“ als das Aktive. 

Dies ist auch so richtig, weil wir insbesondere im Fassen unserer verantwortenden 

Freiheit begegnen. 

Nun ist es aber, wie schon angemerkt, so: 

• dass dieser „aktive Bereich des Fassens“ jener „Bereich des 

Wahrnehmens und Denkens“ ist, d.h. der „Bereich des hinhörenden 

Auffassens“ und „gedanklichen Erfassens“; 

• während der „passive Bereich des Lassens“ gerade der „Bereich 

unserer scheinbaren Aktivität“, unseres wechselwirkenden Tuns

32 

ist; hier geht es aber um das „Loslassen von Gewohnheiten“ 

und um das „Zulassen im Spielraum gegebener Chancen“. 

Dass diese beiden Bereiche nur gedanklich getrennt werden können und im 

Grunde und in den Tatsachen eine untrennbare Einheit bilden, sei abschließend 

noch erwähnt. 

In unserem Atmen können wir dieses Pulsieren von Loslassen (Ausatmen, 

geben) und Zulassen (Einatmen, nehmen) relativ leicht achtsam studieren.

33 

Demut und Mut 

Sie kämpfen ja ohne Demut, was gut ist, um in Ihrem seienden Gedanken-Modell 

die Balance zu halten, und um die im seienden Dialog rückwirkenden 

seienden Einflüsse abzuwehren. Ihr Mut ist (und auch Ihre Demut 

wäre es) etwas Seiendes. 

Sowohl Ihr Mut, als auch Ihre Demut sind also etwas Seiendes, das 

kommt und wieder geht. 

Sowohl Ihr Mut, als auch ihre Demut, aber auch Ihr Übermut haben 

ihr Sein. 

Die Demut ist vielleicht vorerst empfänglicher für das Gewahren seines 

Seins als der Mut, aber diese Empfänglichkeit nützt nur Ihrem beschaulichen 

Ausruhen, bzw. um überhaupt erstmals einen Geschmack vom 

Sein zu bekommen, nämlich vom "Sein der Demut". 

In der Demut können Sie aber nichts Gutes tun, in ihr können Sie bloß beten, 

dass Gott Ihnen Ihre Tat aus der Hand nimmt und für Sie tätig 

wird, bzw. dass er das Umfeld so schickt, dass Ihre Taten auch eine 

Chance haben. 

Aber nichts ist gut, es sei denn, man tut es! 

Wer in der Balance nur auf sein Inertialsystem schaut, der hat bald verspielt. 

Balancieren ist nur möglich, wenn man den "Wind" spürt. Die "Einbildung 

eines Ichs" ist ja gerade dann weg, wenn man in wogenden Wellen sich 

einschmiegend in die "Fugen der Wirklichkeit" hinein balanciert. 

Deswegen ist ja auch das technisch hergestellte Schaukeln so erbaulich, 

weil man hier in einer Geborgenheit sein Ich leicht vergessen kann 

und "eins wird" damit, dass "es" mich schaukelt.

34 

Hier ist die Demut aber in keiner Weise "ohne Ich", sondern gerade 

"im Dienste des Ich". 

Dies ist auch bei der "Demut vor Gott" so, die oft insgeheim als "Prämie für 

eine Glücks-Versicherung" bigott "geopfert" wird. 

In dieser Hinsicht ist aber das "Aufgeben des Tun" im Schaukeln, welches 

dann das Sein spüren lässt, gerade etwas, was im Dienste des Ego- 

Wohlfühlens dazu dient, dass sich das Ich "im Dienste des Ich" ausruhen 

kann. 

Dies hat auch seine Funktion im Leben. 

Aber: Das "ausruhbedürftige Ich", das extrem im Ego-Interesse "tätig" 

wird, bzw. im Dienste der Ich-Erholung "un-tätig" werden soll, darf 

nicht verwechselt werden, mit dem "um Balance ringenden Ich", welches 

bei einem extremen Ego-Interesse letztlich vom Leben betraft wird. 

Um Balance zu gewinnen, muss das Ich seine Antennen für die 

"Fugen der Wirklichkeit" ausfahren und auf das umfassende 

Seiende "hinhören", was nur in einer Empfänglichkeit des Seins 

möglich ist. 

Hier gibt es aber keine Ich-Vergessenheit, sondern nur eine "aktive 

Ich-Partnerschaft mit dem Seienden", die nur über das verbindende 

Sein möglich ist. 

Nicht die Ich-Vergessenheit ist daher erforderlich, sondern das "Sein im 

Seienden", das "Sein im seienden Ich". 

Im Leben auf die Selbsttätigkeit zu verzichten, ist nicht im Sinne Gottes, 

sondern bloß im Interesse seiner selbsternannten Vermittlungsagenturen, 

die wie Versicherungen dem Menschen alle Sorge aus der Hand zu nehmen 

versprechen. 

Damit dieses Geschäft floriert, bedarf es nun der "demütigen Menschen". 

Gott braucht bloß den mutigen Menschen. Sowohl der "ständig 

Übermütige" als auch der "ständig Demütige" sind meiner Ansicht

35 

nach irregeleitet. Dies bedeutet aber nicht, dass Demut und Ü- 

bermut als "phasenweise Experimente" dem Menschen nicht von 

Nutzen wären. 

Mir gingen heute früh folgende Sätze durch den Kopf, die mir eigentlich 

schon vieles sagen: 

• Etwas ist nicht deswegen wirklich, weil es möglich ist 

• Etwas ist wirklich, weil es auch möglich ist. 

• Nichts ist aber wirklich, was nicht möglich ist. 

• Etwas ist deswegen wirklich, weil etwas bestimmtes Anderes 

wirklich war (bzw. noch wirklich ist) und es auch möglich ist. 

• Das Mögliche lässt das Wirkliche im Rahmen einer bestimmten 

Chance zu, aber es bewirkt nicht das Wirkliche.

36 

Demut 

Ich weiß eigentlich gar nicht mehr, was Sie unter "Demut" verstehen. Die 

"Negation von Übermut" meinen Sie wohl nicht damit. 

Mit einem "einsichtigen Akzeptieren einer aktuellen oder dauernden Hierarchie" 

hat in Ihrem Verständnis die "Demut" offensichtlich auch nichts zu 

tun. 

Im Seienden (in der auseinandersetzenden Wirklichkeit) gibt es für Sie 

auch keinen Bedarf an Demut. 

Wo gibt es aber sonst, als im Seienden, einen Gehorsam? 

Ist für Sie "Demut als Gehorsam" das, was ich mit "Hinhören" bezeichne? 

Wäre dann ein "demütiger Gehorsam" jener Gehorsam, der auf "hinhörender 

Einsicht" beruht, im Unterschied zu einem blinden, spekulierenden oder 

verschreckten Gehorsam? 

Diesen Satz verstehe ich gar nicht: 

"Es geht ums Ganze. Schließlich führen irgendwann einmal alle 

sich auf Hierarchie stützende Systeme ins Chaos, spätestens 

dann, wenn das Nicht-ausbalanciert-sein nur eines Teiles den Erfolg 

des Ganzen für alle verhindert. Jetzt wird das Denkmodell der 

auseinander-gesetzten Wirklichkeit fraglich, mit Balance kommt 

man nicht mehr weiter, denn es muss ja alles hierbei mitspielen". 

Woher wissen Sie, dass es ohne "hinhörendes Balance-Bemühen" im Seienden 

überhaupt weitergehen kann? 

Was sollte die Alternative zum System von hierarchisch geschichteten 

"Balance-Bemühungen" im Seienden überhaupt 

sein? 

Oder meinen Sie, dass die irdische Welt nicht wieder zu Grunde geht, wie 

bisher jede Kultur? 

Was meinen Sie mit diesem Satz:

37 

"Dass jedoch eine Vermittlung möglich ist und die Wirklichkeit 

nicht etwa allein durch einen Sprung in sie hinein Wahrheit wird, 

blieb bisher unhinterfragt. 

Damit liegt die Zumutung des Modells nicht erst in seiner Repräsentation 

und damit Verdoppelung einer Wirklichkeit, sondern 

schon in der behaupteten Vermittlung. Doch jetzt ist der Augenblick 

gekommen, wo das Hinhören auf das Ganze beginnt, wo sogar 

der erfahrenere, kenntnisreichere, aus einer möglichen Vernunft 

heraus demütig wird gegenüber dem, der keine Ahnung hat, 

dessen Einsichtsfähigkeit vielleicht sogar beschränkt ist, denn nur 

in Demut hat man die Chance, die zusammengesetzte Situation 

und den Anderen Menschen als Ganzes zu verstehen, indem man 

sein ganzes intensionales Konzept fallen lässt. Jetzt kommt das 

Bekenntnis: Dein Wille geschehe! Und damit sind wir bei einer 

anderen Erscheinungsweise dieser Wirklichkeit angekommen." 

Wenn der "Erfahrene und Kenntnisreiche" auf jene "hinhört", die keine Ahnung 

haben, mit denen er aber im ganzen Seienden auf Gedeih und Verderb 

verknüpft ist, dann bedarf dieses Hinhören eines besonderen Mutes, 

der gerade aus der eigenen Kompetenz erwächst. 

Man muss den Leistungsschwächeren, bzw. den Lernenden überhaupt, 

immer als "ganzen Menschen" verstehen, um für ihn und 

für das gemeinsame Ganze einen Weg zu finden. 

Es macht aber keinen Sinn, wenn es um das Ganze geht, den Willen des 

Uneinsichtigeren "geschehen zu lassen". So etwas hat nur pädagogischen 

Sinn beim Sammeln von Erfahrungen. 

Hinsichtlich des Ganzen kommt daher das den Schwachen einschließende 

Bekenntnis: "Unser Wille geschehe innerhalb unserer 

gemeinsamen realen Chancen!" 

Wenn nun Demut etwas "in einer Hierarchie akzeptierend Aufblickendes" 

sein sollte, dann wäre das soeben Gemeinte ein "Mut zur barmherzigen 

Sorge", dieser ist aber ein "in einer Hierarchie auch nach unten Hinhörendes 

und für das Ganze mutig Sorgendes". 

Diese soeben getane Aussage ist ein Modell, das dann meinem Handlungskonzept 

zu Grunde liegt. Dieses Konzept ist aber aus meinem Handeln 

(im Hinhören auf das eigene Handeln) entstanden. Warum sollte ich

38 

nun dieses Konzept "fallen lassen", damit ich ein Handeln dem Konzept 

entsprechend realisieren kann? 

Wobei das Konzept (in meinem Fall) meinem Handeln entspricht 

und nicht mein Handeln meinem Konzept! 

Lebens-Konzepte "sprechen" nicht! 

Konzepte halten bloß fest, wie man im "Hinhören" das "Sprechen der 

Wirklichkeit" einigermaßen "vernommen" hat. Lebens-Konzepte "lassen 

begleitend zu" und fordern ständiges "Hinhören" Sie "schreiben nicht 

vor", wie technische Pläne! 

In einer technischen Roboterwelt regeln hierarchische Pläne die 

Fertigung, hier ist der Mensch überflüssig. 

Ganz anders ist es beim Pflastern des Hofes, wie Sie es treffend beschrieben 

haben. Hier "läuft" nichts ohne "Hinhören auf jeden" und auf das Umfeld. 

Hierarchien sind aber auch hier notwendig, weil eine "hierarchielose 

Kette" nur so stark ist, wie ihr schwächstes Glied, wenn 

man technisch denkt und es verabsäumt, durch "Hinhören" 

(den "Fugen der Wirklichkeit" entsprechend) auch jene "dem 

Ganzen dienliche Chancen" entdeckt, wo schwächere Glieder 

sehr wohl den ihnen möglichen Beitrag leisten und sich dadurch 

auch qualifizieren können. 

Was meinen Sie damit, dass ein einziges Denkmodell nicht für die Wirklichkeit 

reiche? Das klingt so, als wären Sie der Meinung, dass ein einzelner 

Mensch mehrere Denkmodelle haben könne. 

Ja, als Bescheid-Wissen kann er solche "haben", aber er kann, 

wenn überhaupt, nur ein einem, nämlich in seinem eigenen 

Denkmodell selbständig denkend "sein". Dieses eine "seiend 

werdende" Denkmodell muss ihm reichen!

39 

Die "Demut" lässt mich nicht ruhen 

Also frag ich mich, was ich eigentlich darunter verstehe. Bisher habe ich ja 

nur etwas Quantitatives zur Sprache gebracht, so als wäre die Balance 

nur ein quantitatives Problem, welches eine geometrische Mitte sucht. 

In diesem Blickwinkel erscheint dann allerdings der Übermut als 

ein Zuviel und die Demut als ein Zuwenig. 

Mut erscheint äußerlich auch als emotionale Erregung, die sich dann oft 

affektartig realisiert. Körpersprachlich zeigt sich dabei, dass man erregt ist, 

nach "an-mutenden" Zielen strebt und sich zu "mühen" bereit ist. Ein Zuviel 

in dieser Hinsicht wäre dann Übermut, ein eher verzichtendes Zuwenig 

dann Demut. 

Für meine Bedeutung dieser Wörter kommt aber als ganz wesentlich 

hinzu, dass der Mut vorerst "ent-scheidet" (er beseitigt die 

gedankliche "Scheidung" in Alternativen des Handelns) und richtet 

dadurch das Streben aus. 

Damit es aber zur Tat kommt, muss er sich auch "ent-schließen", er 

muss seine "Vorstellungs-Geschlossenheit des Ent-Scheidens" zur Welt 

"öffnen" und seinen Mut "tat-sächlich" auch "wagen". 

Nun kommt der für mich "ent-scheidende" (mich in meinem Denk-Modell 

festlegende) Unterschied: Der Mut ist "hinhörend" auf die Welt "im Selbst 

ständig". 

Die Demut folgt dagegen, sich herabsetzend dienstwillig einem Anderen. 

Die Demut entscheidet nicht ihr Tun, sondern folg "be-scheiden", "läuft 

mit" als Gefolgsmann und zeigt die Bereitschaft, in Treue zu dienen. 

Um also "treue Gefolgsleute" zu rekrutieren, muss man vorerst "ihren 

Mut brechen", sie "demütigen", "herabsetzen" und "erniedrigen". 

Demut ist daher ohne Akzeptieren einer Hierarchie gar nicht 

möglich.

40 

So gesehen gibt es natürlich auch in jedem "selbständig einsichtigen und 

mutigen Menschen" auch dann Demut, wenn sich eine sachlich einsichtige 

Überlegenheiten, bzw. dementsprechende Hierarchien zeigen, bzw. wenn 

man den "Fugen der Wirklichkeit" folgt. 

Diese Demut ist aber keine Alternative zum Mut, sondern die Einbindung 

des eigenen Mutes in einen umfassenden Mut. 

Diese Geborgenheit des eigenen Mutes negiert diesen nicht, 

sondern im Gegenteil, in der "gemeinsamen Sache" wird dieser 

sogar "kräftiger". Dies sogar in der Gefahr, sich zu einem massenpsychotisch 

„mitlaufenden Übermut“ euphorisch aufzublähen, 

was dann bei „demütigen Windschattenfahrern“ oft zum Fanatismus 

führt.

41 

Denkmodell und Wirklichkeit 


"Dass ein Denkmodell nicht alle Aspekte der Wirklichkeit zu beschreiben 

vermag, sondern ein Wechsel der Betrachtungsweise 

erforderlich ist, weil alles, was die Wirklichkeit zeigt durch die 

Sichtweise des Beobachters mitkonstituiert ist und damit verzerrt 

wird, liegt auf der Hand". 

Wenn Sie so einen Satz formulieren, dann müssen Sie akzeptieren, dass 

solch ein Gedanke auch eine Wirklichkeit ist (die ebenfalls von der 

Sichtweise des Beobachters mitkonstituiert ist), über die Sie wiederum mit 

einem weiteren Denkmodell, das für Sie vielleicht noch versteckt ist, aktuell 

denken. 

Dies bedeutet, dass für das Verstehen des oben zitierten Satzes 

erneut ein Wechsel der Betrachtungsweisen nötig wäre, usw. usw. 

Sie schieben also Ihr Problem nur vor sich her. 

Es liegt nämlich gar nichts auf der Hand, auch wenn dies eine 

weitverbreitete Behauptung ist. 

Die Erzählung von dem Elefanten, der von Blinden abgetastet wird, wobei 

jeder Blinde eine andere Stelle des Elefanten abtastet, stellt ja nicht in 

Frage, dass jede einzelne Behauptung auf den Elefanten zutrifft. 

Es geht daher in diesem Beispiel gar nicht darum, das subjektive Vorgehen 

zu ändern, sondern im Objekt eine andere Stelle zu betasten und dabei 

die eigene Bewegung von einem zum anderen Tast-Ort mit zu berücksichtigen, 

damit die Tast-Orte räumlich zusammengesetzt werden 

können. 

Auf der Hand liegt daher bloß, dass Blinde nicht Sehen können 

und daher die Tast-Erfahrungen nicht visuell, sondern nur kinästhetisch 

integrieren können. 

Es wird also gar nicht daran gezweifelt, dass die Sinneswahrnehmung jeweils 

"wahr" ist.

42 

Wie wäre es für den einzelnen Menschen auch möglich, das Nicht-Zutreffen 

festzustellen? Wie sollte er seinen Irrtum eigentlich feststellen? 

Sie schreiben ja selbst: 

"Entscheidend ist, dass sich die Sichtweisen nicht negieren, sondern 

ergänzen und der Versuch gemacht wird, hierüber eine Annäherung 

an die phänomenale Wirklichkeit zu erreichen". 

Dies bedeutet ja gerade, dass jede einzelne Sichtweise wahr ist, aber bloß 

noch nicht die ganze Wahrheit zeigt. 

Wenn Sie nun 3 Sichtweisen differenzieren, so ist aber in der von Ihnen als 

Erste bezeichneten gerade keine Balance möglich. Hier geht es doch bestenfalls 

um ein Entweder-Oder. 

Balance gibt es nur in einer Einheit. 

Es kommt immer nur darauf an, wie umfassend ich diese Einheit in 

meinem Balancieren sehe und was Mittel und was Zweck ist. 

Was soll unter den gegebenen Bedingungen ein Maximum werden? 

Was wird angesichts dieses Maximum als das zu optimierende Mittel 

angesehen? 

Da ein Organismus in sich viele Teilsysteme hat und außer sich 

ebenfalls Systeme, von denen er abhängt, ändert sich situativ 

der zu maximierende Focus, in dessen Dienst sich dann alle 

anderen Systeme als Mittel stellen, die auf ihr Maximieren verzichten 

und nur mehr optimal zuarbeiten. 

Ist das Individuum in Gefahr, dann gilt es dieses zu retten mit optimaler 

Hilfe durch die helfenden Systeme. 

Ist das Umfeld in Gefahr, dann wechselt der zu maximierende Fokus 

und das Individuum arbeitet optimal zu. 

Ein Optimum bezieht sich immer nur auf ein Mittel in Hinblick 

auf ein bestimmtes (unter den aktuell gegebenen Bedingungen zu 

maximierendes) Ziel.

43 

Ein Ziel optimal erreichen zu wollen, ist eine unsinnige Aussage, die a- 

ber ständig zu hören ist. 

Ziele werden nie optimiert! 

Optimiert werden immer nur Mittel für bestimmte Ziele! 

Balance kann man daher nur verstehen, wenn man den Unterschied 

zwischen Mittel und Ziel und dementsprechend zwischen 

Optimieren und Maximieren vor Augen hat und erkennt, dass 

es eigentlich um ein balancierendes Jonglieren geht, das "im 

Hinhören auf das Ganze und Jedes", jeweils rechtzeitig den 

aktuellen Maximierungs-Bedarf aufspürt, dem sich dann aktuell 

alles Andere "optimal" in den Dienst stellt. 

Dieses Balancieren kann natürlich unterschiedlich eng sein. 

Ich kann meinen individuellen Körper ausbalancieren und werde 

merken, dass dies isoliert nicht besonders funktioniert. 

Dann werde ich den Bogen weiter fassen, z.B. die Familie ausbalancieren 

und merken, dass dies nicht geht, wenn die Gesellschaft nicht ebenfalls 

mitberücksichtigt wird, usw. bis auch Menschheit, Natur usw. mit ins Auge 

gefasst werden sollen. 

Es wird aber immer Situationen geben, wo einem akut die Decke 

auf den Kopf fällt, und man vieles, was man unter anderen Umständen 

mitberücksichtigen kann, ausblenden muss. 

Das Revier, in welchem man jeweils im Dreieck springt ist daher immer 

wieder ein anderes. 

Wenn ein Mitmensch in arger Not ist, dann wird es vorkommen, dass das 

eigene Leben aufs Spiel gesetzt wird, um den anderen zu retten. 

Es geht also gar nicht um ein ständiges Hinhören auf das umfassendste 

Seiende. 

Es kommt immer darauf an, was "seiend" der Fall ist! 

Immer von Vorteil ist aber, im "Sein des Seienden" klar verbunden zu 

sein, damit unter den jeweils gegebenen Bedingungen das Springen im 

Dreieck nicht ganz chaotisch wird.

44 

Es geht daher eigentlich gar nicht um die Alternative einer Einstellung auf 

das "Seiende", es geht nicht um die Alternative „Egoismus oder Altruismus“, 

sondern um das Gegründet-sein im Sein, was Grundlage für das 

Hinhören ist, welches vernimmt, ob aktuell das Individuum oder etwas Anderes 

zu fördern bzw. zu retten ist. 

Es geht nicht um "Demut vor einem Seiendem", sondern darum, 

"das Sein im Herzen zu haben", es geht um "hinhörende 

Barmherzigkeit". 

Es geht nicht um "vollkommenes Aufgeben des Deinen". Das seiende Ich 

ist nämlich in die Barmherzigkeit eingeschlossen! 

Den "Ich-Wahn" aufzugeben, das hat aber mit Demut nichts zu tun. Sondern 

bestenfalls damit, so etwas wie eine Verspannung zu beseitigen. 

Ein Mittel hierfür kann die Erschlaffung (Demut) sein, dadurch 

kehrt aber noch keine Barmherzigkeit ein.

45 

Über Demut 

I. 

Ich glaube nun zu wissen, d. h. für mich zur Sprache bringen zu können, 

was Sie vermutlich mit dem Wort „Demut“ benennen. 

In diesem Sinne will ich nun in meinen Worten einige Sätze formulieren: 

„Es geht nicht darum, immer „übermütig“ sich selbst als Zentrum 

festzusetzen und dieses „maximieren“ zu wollen, d.h. alles Andere 

zu „demütigen“ und es in den Dienst des eigenen Maximums zu 

stellen. 

Das heißt, alles Andere in eine „Dienst-Hierarchie“ zwingen zu 

wollen, um mich, den Selbstherrlichen zu „maximieren“, und 

bewirken zu wollen, dass alle Anderen im Aufblicken zu mir, mir 

„optimal“ dienen. 

Auch ich muss bereit sein, mich selbst als „optimales Mittel“ für 

Ziele außer und über mir in „selbstbestimmter und hinhörender 

Demut“ einzubringen. 

Auch ich muss als „optimales Mittel“ Anderen „dienen“.“ 

Im Wechselwirken der Welt ist alles auf wechselnde (sich wandelnde) 

Gegenseitigkeit, auf den „gegenseitigen Nutzen“, wie es MO-ZI ausdrückte, 

angelegt. 

Es geht hier aber: 

• nicht vorwiegend um das „Richtigstellen eines offensichtlich 

zu eng gefassten Wissens über das Soseins“, und nicht 

vorwiegend um das „Weiten meines das Seiende in ihrem Sosein 

erfassenden Blickes“; 

• denn ein aufklärendes Wissen führt selten zur entsprechenden 

Tat, welche immer Mut verlangt. 

II. 

Das Thema der jeweils „mit Augenmaß angemessenen Zielsetzung“ und 

des „Findens eines Mutes für die Sinn-Realisierung“ ist letztlich eine „Frage 

des Wertseins“: 

• es geht daher hier nicht nur um das „die Fugen der Wirklichkeit 

erfassende Gewahren des Soseins des Seienden“; 

• sondern um dessen „pulsierendes und auch in seiner Hierarchie 

aktuell bewegtes Wertsein des Seienden“.

46 

Für das „Gewahren des Wertseins des Seienden“ ist ebenfalls „das Verbundensein 

mit dem Sein“ die Not wendend: 

• in diesem Falle geht es aber nicht um das „Sein des Wissens“, 

sondern um das „Sein des Mutes“. 

• Im Chinesischen, aber nicht nur dort, wird der Mut im Herzen (Xin) 

angesiedelt. 

• Im sogenannten „Inneren Verbinden“ von (Achtsamkeit, Wissen und 

Mut, d.h. von Shen, Yi und Xin) in der „inneren seienden Realität des 

Körpers“ (Jing) geht es nun darum: 

• das Sein in das Herz zu bringen, also die Achtsamkeit in 

den Mut, also die alles verbindende Liebe (nach MO-ZI) in 

das Herz (also in den Mut, in die Emotion, in den Willen, in 

das Wertsein) zu bringen. 

Es geht darum, das „Sein im Mut“, das „Brahma im Herzen“ zu gewahren, 

d.h. mit ihm zu gewahren. 

Es geht hier vorwiegend: 

• nicht um ein Verbessern und Richtigstellen des aufklärenden 

„soseienden“ Wissens; 

• sondern um ein „Hinhören“ und um ein „un-mittelbares Vernehmen“ 

eines Wertseins. 

III. 

Insofern wäre bei der „Diskussion der Demut“: 

• das „Gedankenmodell des Umganges mit dem Gewahren des 

Soseins“ zu ergänzen; 

• durch ein „Gedankenmodell des hinhörend achtsamen Umgangs 

mit dem real bewegten Wertsein“. 

Hier würde sich dann zeigen: 

• dass es im Seienden (Gott) nur bewegte Hierarchien gibt, die 

sich auch immer wieder auf den Kopf stellen; 

• wo also heute das das Ziel sein muss, was gestern noch als Mittel 

„demütig“ im Dienst des damals aktuellen Zieles zu optimieren 

war; 

• wodurch das Seiende nur in einem „allseitig hinhörenden jonglierenden 

Balancieren“ zu „bewahren“ ist. 

Es wäre daher zu unterscheiden:

47 

• dass im Hinhören auf das (im fokussiert-isolierenden Gewahren) 

„vom Seienden fast entblößte Sein“ (auf die Gottheit), nur Ruhe 

und Hierarchielosigkeit gewahrt wird; 

• während im „Gewahren des Seienden“ aber nie eine „ruhende 

Hierarchie“ erscheint, wo das umfassende Oben starr ruht; 

• dies gibt es nur in theologischen Gedanken-Spielen deswegen, 

weil man im Gedanken-Modell nur das Sosein extrahiert hat; 

• und es vom bewegenden Wertsein, vom E-Motionalen abstrahiert 

hat. 

Unsere Erkenntnistheorie ist ein Torso, der nur das Gewahren des sinnlich 

vermittelten Soseins hinterfragt. Dies ist offensichtlich auch KANT als Verdacht 

aufgestiegen, so dass er noch eine Kritik der Praktischen Vernunft 

nachgeschoben hat, die aber letztlich die Kritik der sog. reinen Vernunft 

mehr oder weniger bloßgestellt hat. 

Im theologischen scholastischen Denken erzeugt diese Abstraktion vom E- 

Motionalen, vom Bewegenden, dann ein scheinbar stabiles Weltbild und 

einen ruhend thronenden Gott mit einem starr-hierarchischen 

Wertsein. 

Der Gott rückt dann auch in die umfassende Ferne, bzw. auch gedanklich 

leicht in ein Jenseits. 

IV. 

Wenn nun MO-ZI zum „Bild des gegenseitigen Nutzens im Wechselwirken 

des Seienden“, wo alles und jedes, je nach Umstand und Voraussicht: 

• sowohl ein zu maximierendes Ziel; 

• aber auch ein im Dienste eines anderen Zieles bloß ein zu optimierendes 

Mittel sein muss; 

ergänzend das „Verbundensein in der gegenseitigen Liebe“ zum Ausdruck 

bringt, dann wird diese Liebe als Barmherzigkeit zum „Instrument der 

Sinn-Suche“ (Wertsuche), zum Instrument, welches hinhörend dem 

Mut, (d.h. dem Willen, der „e-Motion“) seine Richtung und das Maß der 

Kraft gibt.

48 

Loslassen 

Wenn man von beharrlichen "vorurteilenden Vorstellungen" loslässt, 

dann stellt sich die Welt doch nicht selbst vor, so dass man mit Erfahrung 

auf sie gezielt zugehen könnte. 

Das "Beseitigen eines Irrtums" ist doch noch nicht das "Erreichen der 

Wahrheit". 

Vom "Dasein des realen Ich" kann man nicht loslassen. 

Man kann nur loslassen vom "eingebildeten Bild (Sosein)" und dem "eingebildeten 

Wert (Wertsein)" des Ich. 

Lasse ich von diesen "Einbildungen" los, dann stellt sich doch nicht deswegen 

schon das "aktuell zutreffende Bild" und der "aktuell zutreffende 

Wert" des Ich als "zutreffendes Bild des seienden Ich" im Bewusstsein ein. 

Den "Ich-Wahn" beseitigen, das ist oft Voraussetzung, aber immer das 

Ergebnis der Selbsterkenntnis, aber nicht deren Ursache! 

Wenn ich einen Unsinn von der Schultafel lösche, dann erscheint 

doch auf der Tafel deswegen noch kein Sinn. 

Dieser muss erst im Selbst ständig (im Hinhören auf das Seiende) mit 

den Werkzeugen der Erfahrung neu erarbeitet werden. 

Wer sich "ent-verspannt", der erschlafft bestenfalls und kann dann gut ruhen. 

Um im Seienden zu leben, bedarf es aber einer "beweglichen 

Spannung". 

Diese muss aber erst im Begegnen mit der Welt neu gefunden, bzw. auch 

erarbeitet werden.

49 

Diesem Finden steht allerdings eine Verspannung (eine 

"unbewegliche Spannung") entgegen. 

Eine Verspannung ist nicht durch den "Grad der Anspannung" charakterisiert, 

sondern durch die "Breite und Schnelligkeit ihrer Beweglichkeit"! Das 

heißt, wie schnell und wie weit sich eine aktuelle Spannung (ob nun stark 

oder schwach!) in beide Richtungen hin verändern kann, also den jeweils 

gegebenen Bedingungen und Vorhaben entsprechend balancieren kann. 

(Das synergetischen Spiel der Muskeln ist zum Beispiel ein abgestimmtes 

Konzert. Muskeln reißen oft nicht deswegen, weil sie sich selbst zu schnell 

und stark kontrahieren, sondern weil sie nicht entsprechend loslassen. Sie 

werden dann vom Antagonisten durch dessen Anspannen verletzt.) 

Nicht der Anspannungsgrad ist also entscheidend, sondern die Beweglichkeit 

der Spannung. 

Es gibt auch eine "nahezu schlaffe Verspannung". 

Die Härte des Muskels, welche der Masseur sucht und knetet, bearbeitet 

nur eine besonders auffällige und energieraubende Form der Verspannung. 

So kann es sowohl einen "fanatisch intensiven Ich-Wahn", als 

auch einen "schlaff demütigen Ich-Wahn" geben, der genau so 

unter seiner Unbeweglichkeit leidet, wie der "fanatischeuphorische 

Ich-Wahn". 

Was nun den "Ich-Wahn" betrifft, so ist für ihn nicht tragisch, dass er ein 

aus der Erfahrung heraus vorurteilendes Bild ist, sondern dass er ein "unbewegliches 

Bild" ist, das alles verstümmelt und in ein Prokrustesbett 

steckt. 

Wenn also Unbeweglichkeit so etwas wie Verspannung ist, dann geht es 

auch beim Ich-Wahn weniger darum, welches Bild ich von mir habe und 

welche Ziele ich verfolge, sondern um die "intolerante Unbeweglichkeit und 

Unbelehrbarkeit" dieses Bildes, das sich selbstherrlich zum "ruhenden Maß" 

über alles andere ausbreitet.

50 

Es gibt aber auch jenen "schlaffen Ich-Wahn", der sich von Anderen 

nach deren Belieben kneten und biegen lässt. 

Dieser "schlaffe Ich-Wahn" ist selbst unbeweglich und bloß Wachs in den 

Händen Anderer. 

Dieser "schlaffe Ich-Wahn", der überhaupt kein eigenes Bild 

mehr hat, das "mutig" verteidigt und verantwortet wird, ist wie 

eine gelöschte Tafel, wie ein "gedemütigter Ich-Wahn" ohne 

Rückgrat. Er ist "ent-verspannt". 

Sie denken häufig mit dem Unterschied von "Form und Stoff". 

Was soll denn der "Stoff" sein? 

Meinen Sie mit "Stoff" die "Materie" (die "Masse")? 

Diese löst sich doch in "Bewegen" (in "Energie") auf. 

Es bleibt also nur das seiende "Bewegen" übrig. 

Hier müssen Sie daher Ihre Frage nach "Form" und "Stoff" erneut stellen. 

Dieses seiende Bewegen hat ein "sich veränderndes Sosein" (dies 

könnte mit dem Wort "Form" gemeint sein) und ein "kontinuierliches 

Dasein" (einen Inhalt, eine Erfüllung mit Sein), welches 

dann der "Stoff" wäre. 

Sie landen also gedanklich bei einer "formlosen Materie" als "Kraft" (als 

"All-Potenz"), etwa wie die "materia prima". 

Sie landen (konsequent weiterdenkend) also bei einer "Form des 

Bewegens" und dem "Sein des Bewegens". 

Also beim Unterschied "Sosein-Dasein". 

Was Sie als Stoff meinen, das bleibt dann als Sein übrig, das jedes 

Seiende erfüllt und alle Seienden verbindet. 

Jedes Bewegen hat nun aber nicht nur eine "verbindende Kontinuität" 

und ein "sich veränderndes Sosein", sondern auch eine Trägheit, einen 

"Wert", der "will", dass die Richtung des Bewegens (das Ziel, der Sinn) 

beibehalten wird.

51 

Dies trifft auf jedes Bewegen zu, so dass im wechselwirkenden 

Begegnen im Seienden "Wert-Konflikte" und "Wert-Symbiosen" 

entstehen können.

52 

Über den sogenannten freien Eigenwillen 

I. 

Man könnte die Theorie aufstellen, dass der Gedanke einer „Subjekt- 

Objekt-Spaltung“, welcher das „Handwerker-Modell“ prägt, ein Kind der 

naiven Annahme der Existenz eines sogenannten „freien Willens“ ist. 

Also nicht die Annahme einer „Subjekt-Objekt-Spaltung“ führt gedanklich 

zur Annahme eines „freien Willens“, sondern die spekulative 

Annahme eines „freien Willens“ zieht das „Denkmodell einer Subjekt- 

Objekt-Spaltung“ nach sich. 

Wobei diese „phantastische Freiheit“ eine mehrfache sein solle: 

• der Wille sei als das eigentliche Subjekt des Handelns „isoliert“ 

von allen möglichen Objekten, er sei also „ohne beeinflussendes 

Wechselwirken mit den Objekten“; 

• der Wille sei auch „frei“, sich „frei wählend“ dieses oder jenes 

Objekt zum Ziel des Willens zu setzen; 

• er sei auch frei, zu wollen, dass er auch überhaupt nichts 

will; 

• er sei also nicht verurteilt, permanent irgendetwas zu wollen. 

II. 

Ein solcher Wille, der frei vom beeinflussenden Wechselwirken des Seienden 

wäre, könnte aber nur das Sein sein. 

Dies würde dann aber unterstellen: 

• dass das Sein auch „wollen kann, nicht zu wollen“; 

• dass das Sein aber, wenn es „wollen will“ auch „wirkt“; 

• das Sein wäre dann aber keine „form und wirkungslose 

Kraft“, die alles „verbindet und erfüllt“; 

• sondern das Sein wäre dann eine bereits „gerichtete Kraft“, eine 

„Energie“, ein „Bewegen“; 

• dieses bewegte Sein wäre dann aber bestenfalls das „seiende 

Ganze des Seienden“; 

• da aber dieses eigenartige Sein auch „wollen kann nicht zu wollen“, 

würde es „auch den Tod wollen können“, bzw. im Nicht- 

Wollen „zulassen“ können; 

• also letztlich könnte es auch das Verschwinden des „seienden 

Ganzen des Seienden“ im Nichts wollen. 

Diese Spekulation würde also dazu führen: 

• das Sein als Wirken;

53 

• als ausrichtend; 

• also als „einseitig wirkendes Seiendes“ anzusehen, das selbst nicht 

bewirkt ist. 

II. 

Dieses Gedanken-Modell wäre dann die theoretische Stütze eines deistischen 

Gottesbegriffes. 

Das Sein würde dann als „frei wirkende Energie“ (als actus purus) aufgefasst 

werden: 

• welche sich in die Welt hinein immer wieder, dem Anfangs- 

Willen entsprechend, aufsplittet; 

• und so die Welt der Unterschiede erzeuge. 

In diesem Denkmodell wäre dann allerdings der Satz formulierbar: 

„Natürlich wäre es fatal, wenn die Empfänglichkeit für Bewegung 

durch das Versiegen einer die Unterschiede hervorbringenden, 

bewahrenden Kraft der Eindeutigkeit nicht erneuert würde“. 

Bei dieser gedanklichen Annahme bleibt dann aber die Frage offen, was 

dann der „frei Wille“ des Menschen noch sein soll. 

Diesen „freien Willen des Menschen“ braucht man doch nur aus theologischen 

Gründen: 

• um einen Sündenbock für das Unheil der Welt, das ja auch 

aus dem angeblich „allmächtigen freien Willen Gottes“ ausfließt, 

verantwortlich machen zu können. 

Dieser Eigenwille muss dann immer kurioser werden, um Gott die Verantwortung 

für die Folgen seines angeblich „allmächtigen Willens“, abzunehmen, 

den man im „Handwerker-Modell“ in ihn hineininterpretiert 

hat. 

III. 

In diesem Gedanken-Modell kann sich dann sogar der „im Mensch angenommene 

freie Eigenwille“ auch „willentlich“ zurückziehen, wodurch dann 

auch angeblich das Bewusstsein verloren gehen soll. Hier stellt sich dann 

aber sofort eine neue Frage: 

• welcher „eigene Ober-Wille“ ist es aber, der den „alltäglichen 

Eigenwillen“ kontrolliert und gegebenenfalls auch zurückzieht?

54 

Dieser angeblich zurückgezogene und kontrollierte „alltägliche freie Eigenwille“: 

• wäre ja dann ja gar nicht „frei“ und hätte auch nichts zu verantworten; 

• wenn ein subjektiver Ober-Wille ihn hätte ja zügeln können. 

Dann wäre es ja auch im Alltag letztlich nur ein freier Ober-Eigenwille: 

• der als „isoliertes und freies Subjekt“ im „seienden Subjekt- 

Objekt-Wechselwirken“ dahinbalanciert; 

• um sich wie MÜNCHHAUSEN am eigenen Schopfe aus dem Sumpf 

zu ziehen. 

IV. 

Gegen dieses Denk-Modell könnte man aber einwenden: 

„Man will, weil man achtet, und man achtet nicht, weil man will!“ 

Man kann nämlich: 

• weder „das Wollen wollen“; 

• noch „das Achten wollen“. 

„Nicht Ich achte, sondern ich bin achtend“ 

„Ich achte, also bin ich!“. 

Das „Achten“ (ob nun von Objekten fasziniert oder im Selbst ständig) 

führt zum „Vernehmen“, d.h. zur „Vernunft“. 

Man kann nicht gegen das, was man für vernünftig hält (und sei es ein 

Irrtum) etwas wollen. 

Entscheidet man sich gegen das für einen offensichtlich Vernünftige, 

dann ist bloß die eigentliche eigene Vernunft unbewusst verdeckt, o- 

der man ist verlockt, gezwungen oder man hält das Würfeln für vernünftig. 

V. 

Der praktische Fall ist, dass immer Vielerlei des Seienden gleichzeitig „vernommen“ 

wird, was, wenn man „im Achten bleibt“ sich dann fokussiert: 

• dies entweder durch selbständiges Balancieren im „Hinhören“ 

(„Achten“); 

• oder fremdbestimmt, z.B. durch fasziniertes Anhangen an Gewohnheiten. 

Da Problem bezieht sich daher gar nicht die „Frage nach einem Willen“, 

sondern auf das „unbewegliche Fixiert-Sein“, z.B. auf hausgemachte innere

55 

Vorstellungen, auf verängstigende, bzw. verlockende und Einflüsterungen 

oder auch auf reale Mauselöcher des außen Seienden. 

Die unbewegliche Fixierung auf Vorstellungen oder auf ein eingegrenztes 

(nicht offenes) Wirklichkeits-Feld ist daher das zu lösende Problem. 

VI. 

Nun kommt aus dem realen Selbsterleben die Frage nach dem Willen. Ich 

erlebe mich nämlich auf den ersten Blick hin als freies Subjekt, das der 

Willkür im Guten oder Bösen fähig ist. 

Die Theologen lösen dieses Problem mit dem Begriff „Gnade“: 

• die einem zukommen muss, um im guten Sinne die Balance zu 

finden; 

• im anderen Falle erfolgt die Faszination, bzw. die Verführung 

durch den Teufel. 

Gedanklich kann ich mir dies in meinem Denk-Modell so zur Sprache bringen: 

In der Tiefe des eigenen Selbsterfahrens begegne ich keinem „freien Subjekt“; 

sondern: 

• entweder einem verführten Ich, das sich über seine selbständige 

Ich-Stärke täuscht; 

• oder einem offenen gar nicht isolierten Selbst, das sein 

balancierendes Ich im hinhörenden Vernehmen verantwortet. 

Diese „Freiheit“ erlebt sich dann in meinem Handeln: 

• aber nicht isoliert; 

• sondern auch als dankbar vom helfenden Umfeld nehmend. 

Dieses Ich erlebt sich: 

• relativ frei von gewohnten Verführungen; 

• aber voll verantwortlich für die Welt; 

• was eine Verantwortung für das Ich selbstredend einschließt. 

Weit und breit entdecke ich in der Tiefe der Inneren Empirie: 

• weder ein vom Wechselwirken „isoliert-freies“ Subjekt; 

• noch ein „im Wählen freies“ Subjekt; 

• der sog. freie Wille folgt vielmehr der Vernunft in dem Maße, 

als die hinhörende Vernunft schon geworden ist; 

• dies hat mit Wissen und Bildung aber gar nichts zu tun;

56 

• die achtsam hinhörende und tätig verantwortende Liebe ist kein 

Kind des Denkens.

57 

Selbstlosigkeit 

So wird es auch bei ECKHART und vielen anderen, insbesondere 

bei den den Markt pflegenden BUDDHISTEN, gewesen sein und 

noch sein. Die "Selbstlosigkeit" ist bloß eine faszinierende Verpackung 

oder eine Selbsttäuschung. 

Als BUDDHA später merkte, dass seine Anhängerschaft sich klösterlich organisierte, 

Streit um Marktanteile führte und sich um süßliche und mundgerechte 

Verpackung ihrer "geistigen Waren" bemühte, hat er seine Anhängerschaft 

verlassen und ist mit ANANDA erneut auf Wanderschaft gegangen. 

So wird es berichtet. Irgendwann ist er dann an einer Vergiftung gestorben, 

wie es auch christlichen Querdenkern "zufällig" geschah. 

Wenn Sie schreiben: 

"Das sind 3 Beschreibungen ein und des selben Zustandes! Freiheit 

von Mittel-Zweck Relationen, Leersein von Nützlichkeitserwägungen, 

Handeln ohne Warum, Erkennen ohne Bilder, Weiselosigkeit, 

Überschreiten aller Maße, Befreiung von aller Mittelbarkeit, 

indem man nicht mehr den Willen bewegt, das ist auch das von 

MEISTER ECKHART gemeinte." 

Dann bin ich nicht der Meinung, dass es ein "Erkennen ohne Bilder", oder 

dass es im Erkennen und im Tun eine "Befreiung von einer Mittelbarkeit" 

gäbe. 

Ich bin auch der Ansicht, dass man einen Willen nur durch einen 

anderen Willen bewegen kann. So, wie auch jede Bewegung nur 

im Begegnen mit einer anderen Bewegung ihre Richtung und Geschwindigkeit 

ändert! 

Seinen eigenen Willen kann man aber nicht selbst bewegen. So wie man im 

schwerelosen Raum ohne Widerstand auch das Bewegen seines eigenen 

Schwerpunktes nicht beeinflussen kann. Mag man sich selbst auch noch so 

krümmen und verwinden. 

Es wäre auch gedanklich in dem Augenblick, wo man seinen Willen selbst 

bewegen könnte, der bewegte Wille kein Wille mehr, denn das Bewegende 

wäre ja dann mein Wille.

58 

Ich habe allerdings in mir verschiedne Strebungen, die eigenwillig 

sich gegenseitig behindern und auch ergänzen. 

Ein Wille ist aus dieser Sicht nie "frei", sondern immer bloß ein beharrenwollendes 

Begehren. 

So ist auch mein "im Selbst ständiges Achten" zwar an sich 

(als offene Wachheit) frei. 

Ihr „Fokussieren“ ist aber "strebend" (wie BUDDHA sagt), es ist 

"begehrt". Deswegen ist ja alles Leben Leid! 

So kann man eben auch "begehren, gar nicht mehr zu achten" (d.h. das 

Fokussieren zu meiden, damit keine Bilder entstehen), um dann nach Möglichkeit 

nur ganz offen "wach" zu sein. 

Diesen Zustand kann ich allerdings "begehren" und dann "bereit-willig" 

in ein Glotzen versinken, wo ich dann mein "Initial- 

Begehren" auch gar nicht mehr bemerken kann, weil ich eben 

"un-achtsam" bin, d.h. weil ich in meiner "Wachheit" (die dann 

eigentlich ein "traumloses Schlafen" ist) mir gar kein "Fokussieren 

meiner Achtsamkeit" mehr "leisten" kann. 

Erst im Aufwachen kann ich dann allmählich die schönsten Bilder von 

einem "bildlosen und selbstvergessenen Zustand" zulassen, dann in Bildern 

träumen und diese Bilder auch "zur Sprache bringen" und dann als 

Märchenerzähler die staunende Menge unterhalten, bzw. sie "eingebildet" 

zu verführen "begehren". 

Was mit Wushin gemeint ist, ist keine Bildlosigkeit, auch kein 

Sein ohne Bewusstsein und auch kein Tun ohne eigene Erfahrung, 

sondern vorerst bewegliche Vorsatzlosigkeit hinsichtlich dessen, 

was tatsächlich geschieht, um dann "in den Fugen der sich zeigenden 

Wirklichkeit" sein eigenes Kunstwerk selbst "kreativ" 

zur Welt zu bringen. Also sein eigenes Streben zum bereits "gewünschten", 

aber nicht unbedingt "vorhergesehenen" Erfolg zu 

bringen.

59 

Sie haben mich missverstanden 

Ich meinte nicht, dass es einen Willen gibt, sondern dass der aus der Oberflächen-Erfahrung 

stammende Irrtum, dass es einen Willen gäbe, der erste 

Irrtum war, der notwendig den Irrtum einer Subjekt-Objekt- 

Spaltung nach sich zog. 

Denn aus der Annahme eines freien Willen entstand die Frage 

nach einem freien Träger dieses unterstellten Willens. 

Da es für mich keinen freien Willen gibt, stellt sich für mich daher gar nicht 

die Frage, was geschehen würde, wenn sich ein unterstellter freier Wille 

betätigt. 

Sie haben mich missverstanden, wenn Sie fragen: 

"Daher frage ich zurück: Wer ist eigentlich der Träger des Eigenwillens? 

Sie behaupten die Notwendigkeit eines Willens, also die 

Identität eines Subjekts." 

Ich behaupte weder die Existenz eines freien Willens, noch eine Identität 

des tätigen Subjekts. Identität gibt es nur im "Sein des Seienden", nicht in 

seinem "tätigwerdenden Sosein". 

Ich hänge auch nicht einem Perfektheitswahn an, der unter seiner 

Unvollkommenheit und seinen Irrtümern leidet. 

Es reicht mir, wenn ich nach Möglichkeit jeweils das mir Bestmögliche 

realisiere. Dies alleine verantworte ich, auch wenn es schief läuft. 

Würde ich niemanden und auch mir nicht nützen wollen, 

dann bräuchte ich ebenfalls keine Folgen zu verantworten, a- 

ber ich würde die Sünde begehen, nicht mein Bestes gegeben 

zu haben. Ich verantworte daher gar nicht die für mich 

unvorhersehbaren Folgen meines Handelns. Mich geht nur an, 

danach zu "streben", jeweils mein Bestes zu geben und aus den 

tatsächlichen Folgen zu lernen. 

Glauben Sie, dass ich es mir dadurch einfacher mache?

60 

Viel billiger wäre doch, das "verdeckt-egoistische Streben", ein 

Nützlichkeitsdenken aufzugeben

61 

Mein Satz im letzten Mail 

Ich schrieb: 

"Es reicht mir, wenn ich nach Möglichkeit jeweils das mir Bestmögliche 

realisiere. Dies alleine verantworte ich, auch wenn es 

schief läuft." 

könnte unter Umständen so verstanden werden, dass mir egal sei, wie die 

tatsächlichen Folgen meines Tun sind und es mir nicht leid täte, wenn 

diese negativ wären. "Verantworten" hinsichtlich "Schuld" und "Leid- 

Tun" hinsichtlich der Folgen sind nicht das Gleiche! 

"Leben ist Leid!" Diese Tatsache ist ja gerade zu akzeptieren! 

Denken Sie an die indische Geistesentwicklung: Der hinduistische Satz: 

"Das bist Du!" (tat tvam asi) will deutlich machen, dass ich in meinem 

Sein mit allem und jedem Seienden verbunden bin. 

Die Isolierung des erscheinenden Soseins sei nur "scheinbar", 

sie sei Maya. 

Nicht die Erscheinung ist Schein, sondern ihre scheinbare Isolierung 

voneinander! 

Wäre nämlich die Erscheinung selbst auch scheinbar, dann könnte der lehrreiche 

Satz "Das bist Du!" gar nicht sinnvoll gesprochen werden, und jede 

Nächstenliebe (auch zu Pflanze und Tier) wäre dann überflüssig, da ja 

Maya. 

Dieser Hinweis auf ein verbindendes Eines, das Alles erfüllt und 

umfasst, löste zwar die Vielgötterei ab, setzte aber den e- 

goistischen Keim, dieses Eine zu suchen. Dieser Keim hat sich 

auch bald zur "Sucht nach Glück im Einen" entfaltete. 

Auch BUDDHA wollte vorerst, als er dem Leid in der Welt real begegnete, 

aus diesem Leid flüchten, und er ist, entsprechend dem Zeitgeist seiner 

Zeit, in die suchende Sucht nach dem Glück (d.h. in die Suche nach e- 

goistischer Befreiung von Leid) verfallen.

62 

Es dauerte eine Weile, bis ihm "die in seinem Selbst ständige Erkenntnis 

aufging", "dass Leben Leid ist, und dass diese Tatsache 

zu akzeptieren sei". 

Er führte daraufhin seine Anhänger zu Leichenhaufen und sagte dort ebenfalls 

"Das bist Du, auch Du wirst diesem Schicksal nicht entgehen!" 

Dies wiederholte er bis hin zum verrottenden Kleinsten im Körper. 

Er sah aber ebenfalls, dass die "Leidverstärkung durch Gier 

und Hass" durch die Verblendung, d.h. durch den Ich-Wahn 

verursacht ist, und dass es diesen zu beseitigen gelte, damit die 

Nächstenliebe zur Welt kommen könne. 

Seine neuen Gedanken wurden aber (auch unter seinen Anhängern!) wieder 

aufgesogen von der hinduistischen Glückssucht, so dass der 

weltflüchtige HINAYANA BUDDHISMUS entstand. 

Es dauerte einige Zeit, bis sich dieser zum Großen Fahrzeug hin 

wieder revolutionär umstellte auf ein nächstenliebendes Hinwenden 

zur Welt. 

Nicht mehr selbst ein Heiliger zu werden und egoistisch im Glück zu 

verlöschen war nun das Ziel, sondern man solle vielmehr auf diese spekulative 

Möglichkeit (bzw. auch auf diese Verblendung!) zumindest vorerst 

verzichten, um vorerst in der Welt Gutes zu tun, damit die Menschheit 

insgesamt vom Ich-Wahn erlöst werde. 

Diese Hinwendung zur Welt brachte nun aber wieder die alte 

Vielgötterei, die Dämonen und die Heiligen ins Spiel, die dem 

Menschen mit ihrem Wirken in der Welt unterstützen und 

helfen sollten. 

Dies lies daher die unterschiedlichsten Gebets-Bezüge und dementsprechende 

magische Rituale und Opfer wieder aufleben, wie wir es auch heute 

noch insbesondere aus dem "mundgerechten" tibetischen Kult kennen, der 

sich allerdings auch "bekennend" als BUDDHISMUS bezeichnet. 

Ganz ähnlich geschah das Auf und Ab in der Nachfolge von 

JESUS, wo gerade in der Missionierung der Kult jener Menschen 

prägend einfloss, die eigentlich bekehrt werden sollten.

63 

Aber es ging auch hier vorerst vorwiegend um eine "bauernfangende" politische 

Erweiterung der Gemeinde, bzw. des Machteinflusses, vielleicht in 

der frommen Hoffnung, mit der Zeit würde die Bekehrung schon gelingen. 

Mit der Zeit kamen aber nur die "scheinbar Bekehrten" in den 

kirchlichen Hierarchien nach oben, wodurch alle Hoffnung eitel 

wurde. 

Es gab aber immer wieder Querdenker, die rettend mit ganz unterschiedlichen 

"Schwimm-Techniken" gegen den Strom schwimmen wollten, dabei 

aber fast alle untergingen. 

Eine solche "Gegenstrom-Schwimm-Technik" ist uns mit MEISTER 

ECKHART überliefert, die aber offensichtlich auch nicht erfolgreich 

war, da sie sich selbst, scheinbar mitschwimmend, zu stark 

vom reißenden Strom abtreiben lies und in gefährliche Strömungen 

kam. 

Vielen Dank für Ihre gelungene Auffädelung Ihrer Gedanken. Man kann von 

ECKHART, der Gita, von BUDDHA usw. viel lernen, wenn man diesen Texten 

als Wirklichkeit begegnet. 

Hier ist es dann aber das "Sein eines Textes", dass sich mit 

dem "Sein eines Gedanken" (im Hier und Jetzt des Begegnens) 

verbindet und Präsenz schafft. 

Dieses "Bewusstsein des Textes" ist genau so Seiendes und ist genau 

so erfüllt vom Sein, wie das mir sinnlich vermittelte äußere Seiende. 

Sich den Gedanken hinzugeben ist daher die selbe Präsenz, wie 

im Handeln sich der äußeren Wirklichkeit hinzugeben. 

Um Präsenz, um Sein zu gewahren, ist das Eine so gut wie das Andere. 

Es ist also für eine sogenannte Intuition weder das Ich, noch 

das Bewusstsein aufzugeben! 

Es geht bloß darum, was jeweils fokussierte Figur und was nährender 

Hintergrund ist: 

• nährt eine "hintergründig bewusste Erfahrung" mein "vordergründig 

sog. intuitives Tun";

64 

• oder nährt eine "vordergründig intuitives bzw. spontanes 

Tun" eine vorerst "hintergründige Erfahrung"; 

• oder nährt eine "hintergründige Erfahrung" mein "vordergründig 

gedankliches Tun"; 

• oder nährt ein "vordergründig spontanes Denken" meine "hintergründige 

Erfahrung"; 

• oder nährt ein "hintergründig bewusstes Denken" mein "aktuelles 

verantwortlich kontrollierendes Handeln", usw. 

Der Vordergrund ist immer die merkbare Präsenz, die aber nie ohne 

nährenden Hintergrund ist. 

Es geht daher vielmehr darum, aus dem "Schwanken" herauszufinden 

und der fokussierten Präsenz mehr Dauer verleihen zu 

können, egal wo, ob im Bewusstsein, im Ich, in der Natur, in der 

Erinnerung, usw. 

Auch das "Hineinfallen in eine Ich-Struktur", was ja Voraussetzung ist 

für eine Selbsterkenntnis, bringt nur dann etwas, wenn man aufhört, 

ständig im Dreieck zu springen zwischen Erinnern, Vorausschauen, analytischem 

Denken, tatsächlichem Handeln, aktuellem sinnlichen Wahrnehmen, 

usw. 

Aber dieses schnelle Oszillieren bzw. Pulsieren ist ganz normal 

und kein Fehler! 

Jeder, der sich bemüht, Balancieren zu lernen, schwankt vorerst in der 

Amplitude erheblich und in seiner voreiligen Frequenz zu schnell. 

Es geht aber nicht um eine Statik, etwa als Herausfallen aus dem 

Positiven und Hineinfallen in die negative Tragik. 

Deswegen kann ich den tradierten Konzepten (ECKHART, BUDDHA, BOLLNOW, 

usw.) letztlich doch nicht vollständig folgen, obwohl sie mich genährt haben, 

wofür aber dankbar bin, was sich in meinem Zitieren auch zeigt. 

Die Alternative: "Gegenwart oder Ichstruktur" halte ich nämlich 

für falsch, denn alles (auch das Übel) hat sein Sein und ist damit 

Gegenwart, mit der ich in meinem Sein fokussiert verbunden 

sein kann. 

Wäre es nicht so, dann wäre Selbsterkenntnis gar nicht möglich.

65 

Daher folge ich nicht Ihrem Satz: 

"Der Preis dieser Kontrolle, der im Herausfallen aus der Gegenwart 

und im Hineinfallen in eine Ichstruktur liegt, ist eindeutig zu 

hoch. "

66 

Gegenwart 

Graben Sie nach, warum sie fast zwangartig immer nach einem Akteur 

fragen: "Wer ist es, der will?" oder "Wer spinnt den Faden?", "Wer kontrolliert 

das schnelle Oszillieren?", "Wer soll diese Einheit kontrollieren?" 

Sie meinen offensichtlich auch, dass die Gegenwart als Schnittstelle zwischen 

vorher und nachher ein Nichts sei. 

Die Gegenwart ist aber offene Dauer. In ihr hat ein ganzes bewegtes 

Leben Platz. Die Gegenwart ist ein noch nicht sehr weiter, 

aber offener Über-Blick über ein Bewegen, das sich in 

beide Zeitrichtungen verläuft. Das ist es ja gerade, dass in der 

Präsenz (Gegenwart) ein Bewegen als soseiender Verlauf auch 

als bewusste Form überblickt werden kann. Gegenwart und 

Zeitlichkeit sind keine sich ausschließenden Gegensätze. 

Ihre Feststellung: 

"Doch wer kontrolliert das schnelle Oszillieren und Pulsieren? Oszillierend 

kann man etwas nur über einen zeitlichen Verlauf sehen, 

was nicht in einer Gegenwart möglich ist." 

kann ich daher in meinem Denk-Modell sogar aus zwei Gründen nicht verstehen. 

Was nun die Idee des Fadens betrifft, so hat diese eben zwei 

Seiten, die des Verbindens und des Verknüpfens. Auch 

schlecht oder nicht verknüpfte Fäden sind verbunden. 

Es reicht deswegen für das seiende Verknüpfen nicht aus, sich am Verbunden-Sein 

auszuruhen. Über das Verbinden alleine entsteht noch kein 

Verknüpfen! 

Es lassen sich aber die Dinge und die Erzählinhalte "treffender" 

verknüpfen, wenn man in seinem Verbundensein agiert, d.h. 

im Selbst stehend Seiendes gewahrt, Gewahrtes verknüpft und 

Verknüpftes gewahrt.

67 

Dialog 

Nehmen wir als Beispiel unseren Dialog. Hier begegnen sich zwei Ansichten. 

Weder Ich noch Sie wollen aber schon vorweg in diesem Dialog auf 

etwas Bestimmtes hinaus. Der Dialog ist doch der Akteur, der uns beide in 

sich hinein zieht und uns als bewusste Differenz erst zur Welt bringt. 

Ich will daher gar nicht, was ich nun sehe, dass geschieht. 

Der Dialog drängt Sie nämlich immer mehr in jene Position und macht diese 

erst dadurch zur Ihnen bewussten Position. 

Diese Position ist aber jene, die von mir ja von Anfang an bekämpft 

wurde. 

Sie beginnen daher nun Ihre Position zu verteidigen. Am Beginn des Dialoges 

meinten Sie aber, dass ich Ihre (Ihnen damals noch nicht so deutlich 

bewusste Position) eher stützen würde. 

Nun geschieht es, indem Wir in den Dialog immer mehr hineingezogen 

werden, dass Ihnen Ihre und mir meine Position 

immer deutlicher wird: Ich nehme meine Position nun ein und 

werde mir nun mit der Zeit erst deutlicher bewusst, dass ich sie 

"habe". Vorher "war" ich mehr in jener Position. Nun "habe" ich 

diese, was mir aber gar nicht als neu erscheint. 

Eine Frage nach einem Akteur, bzw. Konstrukteur meiner Position stellte 

sich mir eigentlich nie bewusst. Zunehmend aber erscheint mir diese Frage 

(angesichts des tatsächlichen Geschehens) eher wie ein Element eines 

kompensierenden Tagtraumes. 

Bewegung und Ruhe schließen sich gegenseitig eben nicht aus. 

Was meine Achtsamkeit fokussiert (im Selbst stehend oder 

fremdbestimmt), das setzt sich dadurch augenblicklich zur 

Ruhe und alles andere erscheint dann gerade dadurch zu diesem 

"Ruhe-Ort" relativ bewegt.

68 

Steht in einem Ich-Wahn permanent das Ego im Fokus, dann entsteht daher 

der Eindruck eines dauerhaften Subjektes, das ruht, und um das 

sich alles dreht. 

Stehen Sie auf einem bergwärts fahrenden Schiff und blicken 

dabei ins talwärts fließende Wasser, in welchem ein Holz talwärts 

treibt, und dies Holz fasziniert Ihre Aufmerksamkeit, dann 

können Sie das Bewegen dieses Holzes nicht mehr wahrnehmen. 

Das Schiff und auch das Ufer bewegen sich dagegen im Blickfeld 

bergwärts. Fixiert Sie dagegen ein fest angebrachtes Objekt am 

Schiff, dann können Sie das Bewegen des Schiffes nicht mehr 

wahrnehmen. Dafür schwimmt nun das Holz jetzt schneller als 

das Ufer für Sie talwärts. Wenn Sie sich nicht in einem tatsächlich 

ruhenden Hintergrund mit Ihrer Achtsamkeit relativ 

dauernd verankern, dann springen Sie mit Ihrer Achtsamkeit oszillierend 

im Dreieck, werden seekrank und müssen sich u.U. ü- 

bergeben. 

Im Denken ist dies genau so. 

Aus dieser Sicht erscheint dann der Egoismus als ein Gegensteuern gegen 

ein schwindelerregendes Oszillieren. Also wie ein Schutzmechanismus 

im Ringen um Halt. 

Man kann nun aber über sich hinausgehen und sich in der irdischen 

Welt ebenfalls dauerhaft verankern. Dieser umweltbezogene 

Altruismus bietet nun ebenfalls Schutz. Die Halt suchende 

Achtsamkeit wird hier aber ebenfalls an einen Pfahl gebunden. 

Dieser Pfahl erscheint nun als ruhender Ankerplatz sehr brauchbar, 

wie es sich beim Vermeiden der Seekrankheit ja zeigt. 

Es gibt nun aber auch Meditations-Techniken, welche (in einer kopernikanischen 

Wende) mit einer noch umfassenderen Dauer-Verankerung bekannt 

machen, welche dann allerdings einen kosmologischen Wahn nahe 

legt. 

Ich habe eine dieser Techniken als Beispiel schon oft angeführt: 

Man setzt sich auf einen Berg und schaut der untergehenden 

Sonne zu. Man fixiert dabei aber meditativ die Sonne, die sich 

dann nicht mehr bewegt, sondern man nimmt dann den Erd- 

Horizont als nach oben bewegt wahr. Die Sonne wird also immer 

mehr von der bewegten Erde verdeckt, was durch mein Wissen 

dann auch als richtig bestätigt wird.

69 

Alle diese Erfahrungen sollen aufzeigen, dass sich das Fokussierte augenblicklich 

zur Ruhe setzt und dann als Subjekt erscheint, um das 

sich dann alles dreht. Dass ich also, wenn ich seiendes Bewegen vordergründig 

gewahren möchte, immer einen ruhenden Hintergrund brauche, in 

welchem meine Achtsamkeit dauerhafter fokussiert ist. Es muss sich also 

hintergründig ein Seiendes zur Ruhe setzen und meine Achtsamkeit fokussieren. 

Im "Sein dieses fokussierten Seienden" muss ich mich dann mit 

allen mir bewegt erscheinenden Objekten verbunden erleben. 

Im Egoismus ist es dann das "Sein des seienden Ich", welches alles verbindet. 

Nun könnte man die "gewagte" Vermutung aufstellen, dass eine 

besonders dominante Verankerung im Ego auch nicht loslassen 

kann vom Ego, und daher schwer zulassen kann die für das 

Vermeiden einer Seekrankheit erforderliche Verankerung in 

der Erde. 

Worauf es aber letztlich ankommt, das ist nicht ein "Wo" für eine "dauerhafte 

Verankerung". 

Man sollte weder im Ego, noch in einem begehrten Objekt, noch 

in der Erde, noch in der Sonne dauerhaft fixiert zu sein, sondern 

die Beweglichkeit der Achtsamkeit und ihr Splitten in 

dynamische Hierarchien sollte man auch aktuell zulassen zu 

können. 

Dies allerdings nicht fremdbestimmt, was zum bedrohlichen "Schwanken" 

führt, sondern in einem im Selbst ständigen Folgen den Fugen der 

Wirklichkeit.

70 

Sprache und Bewusstsein 

In Ihrem letzten Mail ist mir nun etwas deutlicher geworden, wo unser 

Problem liegen könnte. 

Was Sie alles über das Fragen im BUDDHISMUS schreiben, bezieht 

sich nämlich gar nicht, wie die BUDDHISTEN meinen, auf das Bewusstsein 

selbst, sondern auf die Sprache. 

So, wie ARISTOTELES ja auch meinte, er könne die Logik des Denkens dadurch 

erfassen, dass er aus der Grammatik der Sprache Gesetze herausfiltere. 

Beobachten Sie doch Ihr Fragen im Bewusstsein selbst. Erst wenn 

man darüber reden will, reimt man sich in der Sprache etwas zusammen. 

Bleibt man aber im Bewusstsein, dann kann man dort 

ein solches Fragen gar nicht entdecken. Dort keimt irgendetwas 

auf, das aber sehr wohl unterschieden ist. 

Ähnlich ist es im Denken. Auch dort denkt man nicht so, wie man in der 

Sprache darüber redet, und man bewegt sich trotzdem klar und deutlich in 

einem Sosein und bestimmt auch. 

Genau so wenig und soviel, wie die Gesetzmäßigkeiten der Gehirnströme 

etwas über das simultane denkende Bewusstsein aufzeigen, 

genau so viel zeigen die Gesetzmäßigkeiten der Spuren in 

der Sprache etwas auf. 

Sie haben aber einen dritten Zugang zum Bewusstsein in der inneren Empirie. 

Hier kann man dann erneut zur Sprache bringen, dass es etwas anders 

"läuft", als es sich die Sprache denkt. 

Die Innere Empirie greift auch nach ausgesprochenen Bildern und 

ist im Kommunizieren daher wiederum abhängig von der Sprache. 

Diese entfaltet sich aber immer mehr.

71 

Sprache 

Sie haben den Sachverhalt sehr treffend mit Gleichnissen beschrieben. Da 

sehe ich, dass bei Ihnen Probleme im Vordergrund stehen, die bei mir als 

einem Legastheniker, so gar nicht deutlich erlebbar sind. 

Als Kind konnte ich mir sprachliche Texte und Namen kaum merken. 

Beim Lesen flackerten auch die Augen, so dass ich nichts 

mehr sah und dann zu eigenen Worten greifen musste. Ich habe 

aber auch meiner eigenen Sprache nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit 

geschenkt. Als Einkleidung war sie mir nie bewusst. 

Sprache war bei mir "monologischer Ausdruck", der um Verstehen 

im Dialog rang. Ihren Gedanken von Sprache als Kostüm kenne 

ich von mir nicht. Ich habe mich offensichtlich nie sprachlich in 

einen Spiegel geschaut, um mein Äußeres zu schönen und meine 

Einkleidung zu pflegen. 

Ich musste immer ringen um eine mir bestmögliche Formulierung und opferte 

dabei immer das Verstanden-Werden, da meine Sprache mich nicht 

los ließ, von dem, was ich meinte. So ist mit der Zeit (mit allgemein bekannten 

Wörtern, fast ohne Fremdwörter) eine für mich eigene Sprache 

entstanden, die andere kaum mehr verstehen, obwohl fast alle Wörter bekannt 

sind. 

Missverstanden zu werden ist für mich aber immer eigenes Versagen, 

das ich vermeiden möchte, dass sich aber trotzdem zunehmend 

häufte. 

Desto mehr ich der Zeit aber denkend vorauseile, umso weniger werde ich 

zwar verstanden, aber auch weniger missverstanden, da nur noch Wenigen 

mein Sprechen interessiert. 

Ich meine aber auch nicht, dass einen Anderen mein Sprechen interessieren 

sollte, sondern das, worauf ich mit meinen Worten 

hinweise. 

Im Dialog geht es ja auch nicht darum, immer auf den Zeigefinger des Dialog-Partners 

zu schauen, sondern im Hinhören seine eigene Sicht in jene 

Richtung zu verlängern, in welche der Finger zeigt.

72 

Ein ZEN-Spruch heißt ähnlich: "Der Finger, der auf den Mond 

zeigt, ist nicht der Mond!"

73 

Wirtschaftskrise 

Danke für den Text. Es ist immer interessant zu sehen, was so geredet 

wird. Ich will Ihnen nun, mit Metaphern redend, das Gegenteil des Textes 

"einreden": 

"Der derzeitige Wirtschaftsprozess ist sehr wohl ein organisches 

Wachsen. Auch ein Krebsgeschwür wächst organisch innerhalb eines 

Organismus. Es hört bloß nicht mehr hin aus sein Umfeld und 

reproduziert sich nur noch selbst. Es wird aber sehr wohl vom 

gleichen "Licht" genährt wie der umgebende Organismus, den es 

nach organischen Regeln aussaugt, bis das Krebsgeschwür mit ihrem 

Wirt den gemeinsamen Tod erleidet. 

Die organische Natur ist keine heile Welt. In vermaschten Nahrungsketten 

lebt das Eine den Tod des Anderen. Geht jedoch das 

Hinhören auf das Umgebende verloren, dann bringt eine Population 

die andere, die ihre Lebensgrundlage ist, um und stirbt dadurch 

auch selbst aus. 

Die heutige Zunahme der Krebs-Erkrankungen und unser Wirtschaftsprozess 

haben vermutlich die gleiche Wurzel, die im Menschen, 

also im Organismus liegt und bedauerlicher Weise ein organisches 

Wachstum anschiebt, das nicht mehr auf das jeweilige 

Umfeld 'hinhört'." 

Wer lügt? Meine Metapher oder das gescheite Gerede jenes Textes?

74 

Befreiung 

Sie sind offensichtlich "gefangen genommen" von Texten, wo es um "Ich" 

und seine "Befreiung", um "Sprache" und "Beschränkung" usw. geht. 

Lassen Sie probehalber einmal davon los. Man muss doch vorerst 

erstmals das "Märchen von einer Freiheit", von einer "Unbeschränktheit", 

einer "absolut zutreffenden Wahrheit" in die Welt 

setzen, um dann nachweisen zu können, dass alles "beschränkt", 

"nicht die ganze Wahrheit" und letztlich "unfrei" ist. 

Das Bejammern dieses diagnostizierten Zustandes ist daher letztlich ohne 

Grund. 

Man könnte bestenfalls bejammern, vorerst einen Unsinn in die 

Welt gesetzt zu haben. 

Wer sagt denn überhaupt, dass es Sprache gibt, weil etwas als sogenannte 

Wahrheit abzubilden wäre? Dieser Unsinn, dass Sprache die Aufgabe habe, 

etwas "eins zu eins" anzubilden, ist doch glatter Unsinn. Ein Leuchtturm, 

der identisch mit der Klippe wäre, hätte doch keine Funktion! Die Sprache 

ist so etwas "Hinweisendes", "Warnendes" usw. 

Ein Leuchtturm, der die Klippe selbst wäre, der wäre doch unnütz. 

Man erwartet also von der Sprache etwas, was sie gerade 

nicht sein will, nicht sein kann und auch nicht sein dürfte! 

Sprache ist ein "Werkzeug des Hinweisens" im Dialog zwischen Menschen. 

Sie ist Erinnerungshilfe, die auf einen Gedanken verweist, der wiederum 

nur in seinem Verweisen seine Brauchbarkeit hat. Sprache ist merkbar und 

merkwürdig. Sie merkt an und markiert die Welt. 

Wenn es nun heißt, man soll mit den Augen hören, damit ist das 

gleiche gemeint, wie wenn man sagt, man solle mit dem Herzen 

sehen. 

Es geht hier nicht um die Beschränkung einer Sinnesmodalität, die durch 

eine weitere Sinnesmodalität zu ergänzen wäre, weil sie beschränkt ist!

75 

Es geht vielmehr darum, auch etwas zu gewahren, was über keine 

Sinnesmodalität, auch nicht über das Ganze der Sinnlichkeit, 

zu "vernehmen" ist. 

Es geht um das Wert-Sein und um das Da-Sein, die weder eine Farbe, einen 

Geruch, einen Ton, einen Geschmack usw. haben. Im sog. "Hinhören" 

werden reale Werte vernommen. Dies ist zu unterscheiden vom verbesserten 

Gewahren des Soseins über das Dasein, bzw. über das Sein des Seienden. 

Das Sein des Seienden verbindet sowohl mit der sinnlich vermittelten 

Sosein, als auch mit dem über die Achtsamkeit vernehmbaren 

Wertsein. 

In diesem Vernehmen des Wertsein geht es aber nicht nur um ein Mitfühlen 

von Bedürfnissen Anderer, sondern auch um ein Gewahren von Bedrohungen 

des Ich.

76 

Loslassen und Dialog 

Das "Loslassen" ist vorwiegend ein Verhaken in ein vorgestelltes Wert- 

Sein, welches das So-Sein als Denk-Gewohnheit festklebt. Die soseiende 

Erfahrung ist daher als "präformierendes Wissen" gar nicht das eigentliche 

Problem, sondern zum Problem kann dessen "wert-seiendes Verkleben" 

werden, was zur beharrlichen Unbeweglichkeit des Wissens führen kann. 

Man kann aber nicht genug Wissen haben. 

Es geht daher nur darum, dass dieses Wissen beweglich bleibt, 

auch in den Hintergrund treten kann, aber dann im Verborgenen 

nicht die verklebten Strippen zieht. 

Das Wert-Sein ist gewissermaßen der Kleber, der auch brauchbares Wissen 

festhält, weil es voraussichtlich bald gebraucht wird und deswegen schnell 

zur Hand sein soll. 

Würde es keine solchen Kleber geben, dann würde das Wissen "frei" herumschwirren 

und einen verrückt machen. 

Man braucht daher den "Kleber des Vergessens" (der etwas in 

Schubladen steckt), aber auch den "Kleber der Griffbereitschaft", 

damit das Brauchbare schnell zur Hand ist. 

"Loslassen" bedeutet daher, den richtigen Umgang mit dem Kleber zu finden. 

Kennen Sie auch das Erlebnis aus Ihrer Schulzeit, das sich einstellte, als 

Sie morgens zur Schule gingen, nichts gelernt hatten, aber eine Klassenarbeit 

zu schreiben war? "Ich bin ganz blank!" war hier bei uns der Ausdruck. 

Oder wenn Sie in einer Ihnen unbekannten Stadt von den Ihnen bekannten 

Wegen abkamen und die Orientierung verloren? "Ich hab keine Ahnung!" 

In beiden Fällen waren Sie "frei" und nicht mehr "durch Wissen 

beschränkt". 

Sie müssen dann umschalten auf "improvisierendes Herumstochern im Nebel" 

und auf "Hinhören".

77 

Wissen Sie aber gar nichts, dann nützt ihnen diese "Freiheit" auch nichts 

für Ihr weiteres Vorgehen. 

Diese "Befreiung von Bindungen" klingt zwar gut, de facto ist sie 

es aber nicht. 

Dieses "Verlassen-Sein" (zum Wagnis entlassen sein) lässt sich daher nicht 

als das "Positive des willkürlichen Loslassens" entdecken. 

Es geht nicht um ein "Höheres Bewusstsein ohne Bindung", 

sondern nur um den überlegenen Umgang mit den Bindungen 

von einer Meta-Position der Achtsamkeit her. 

Es geht meiner Ansicht nach nicht im ontologischen Sinne um Überschreiten 

von Grenzen und um Durchlässigmachen von Grenzen, es geht auch 

nicht um ein höheres Bewusstsein, sondern erkenntnistheoretisch ganz 

schlicht um eine erhöhte Position der Achtsamkeit. 

Diesen Gipfel, der aber keine Plattform für ein Bewusstsein 

ist, können Sie dann als "Selbst" bezeichnen. Dieses ist bloß 

untätiger Zeuge. 

Dass dadurch mit der Zeit ein "zentriertes Ich" entsteht, das dann "im 

Selbst ständig“ agiert und nicht mehr vorwiegend fremdbestimmt im Dreieck 

springt, ist dann die Folge. 

Jenes "Selbst" ist aber keine Alternative zum "Ich", sondern die 

Grund-Lage für das Werden eines im Selbst ständigen "besser 

zentrierten" Ich. 

Was nun den Dialog betrifft, so ist er das, was "verbundene" Menschen erst 

in der Sprache miteinander verknüpft. 

Erst im "Gebrauch" kommt die monologisch (d.h. dialogisch mit 

dem seienden Umfeld) aufkeimende Sprache zur mitmenschlichen 

Welt. Hier erst entsteht aussprechbares und mitteilbares 

Bewusstsein, das erst im Dialog sich als Differenz bewusst 

wird.

78 

Der "im verbundenen Selbst ständige Dialog" erzeugt erst im Dialog die 

verknüpfbaren Dialog-Subjekte, indem er die "Differenz als Dialog-Bedarf" 

erst sichtbar macht. 

Ganz ähnlich ist es in der Liebe, wo der Satz: "Ich liebe Dich!" 

eigentlich gar nicht treffend sein kann. "Ich begehre Dich!" oder 

"Ich will mich mit Dir verknüpfen!" dagegen sehr wohl. 

So kann ich auch treffend sagen: "Ich möchte mit Dir reden!" oder "Wir 

möchten miteinander reden!". Aber ob dadurch schon ein im Selbst ständiger 

Dialog zustande kommt, ist die Frage, bzw. die Hoffnung! 

Kommt er zustande, erst dann kann man feststellen: "Es liebt 

uns!" oder "Es geschieht das Gespräch!", denn es werden im Gespräch 

zwei Menschen nicht nur durch Worte zu einem "einhelligen 

Verstehen" verknüpft, sondern im Verbunden-Sein kommt 

erst in der Differenz die Selbständigkeit (das jeweilige individuelle 

Im-verbundenen-Selbst-Stehen) im "Dia-Log" zur Welt. 

Der Dialog kann auch zur Einigkeit (zum einhelligen Verstehen) "verknüpfen", 

aber dies muss nicht geschehen! Dass er in der Differenz das im 

Selbst stehende Individuum zur Welt bringen darf, macht vielmehr sein 

Wesen aus.

79 

Vorstellung und Ding 

Vorerst nur ein Gedanke, der mir bei Ihrem Mail (unten) aufgefallen ist. 


"Ich behalte ihre Unterscheidung von der Vorstellung und dem 

Ding bei, obwohl die Wirklichkeit der Welt nicht zu beweisen ist 

und diese Unterscheidung gerade dies unterstellt. Tatsächlich sind 

die Dinge in unserem Bewusstsein, nirgendwo sonst, weil sie mit 

den Vorstellungen dieses Bewusstseins eins sind". 

Ich glaube, dass hier ein Gedankenfehler vorliegt, der Ihr ganzes Denken 

immer wieder auf Abwege bringt, so dass Sie dann Ihren neuen Wein wieder 

in alte Schläuche gießen. Es ist nämlich so, dass eine Wirklichkeit, bzw. 

ein Dasein, überhaupt nicht "bewiesen" werden kann! 

Das Dasein eines Bewusstseins ist genauso wenig "beweisbar" 

wie das Dasein eines Dinges oder das Dasein Gottes. 

Diese fundamentale Erkenntnis vernebeln nämlich die sog. Konstruktivisten 

mit ihren Taschenspieler-Tricks. Sie sagen dabei zwar zu Recht, dass die 

dingliche Wirklichkeit nicht beweisbar sei, verschweigen aber, dass dies für 

die Existenz des Bewusstseins genau so zutrifft. 

"Beweisen" kann man nämlich nur das Übereinstimmen von Aussagen 

über ein Sosein. 

"Beweisen" ist ein Geschäft des Jonglierens mit "sprachlichen Aussagen ü- 

ber ein Sosein". Auf ein Dasein können Sie bloß unmittelbar "hinweisen". 

Sie können noch so viele Aussagen über das "Sosein des einen 

Sachverhaltes" mit Aussagen über das "Sosein eines anderen 

Sachverhaltes" miteinander logisch "verknüpfen", ein Dasein 

wird sich daraus logisch als "Beweis" nie ergeben. 

Wenn die Behauptung, dass alle Menschen blaue Augen haben, wahr ist, 

dann können sie "scheinbar" auf die Nicht-Existenz von Menschen mit roten 

Augen schließen. Aber in diesem Verfahren haben Sie das Dasein von 

Menschen überhaupt unterstellt.

80 

Um die Existenz Gottes zu beweisen, müssen Sie daher auch unterstellen, 

dass die "Existenz (das Dasein) Gottes" eine seiner 

"Eigenschaften (Sosein)" sei. 

Sie machen also das Dasein zum Sosein, um dann logisch jonglieren zu 

können. 

In dieser praktikablen Art "beweisen" Juristen und Theologen. 

Deren Beweise sind aber keine Daseins-Beweise, obwohl sie zum 

Galgen führen können. Letztlich zählt aber auch in diesen Verfahren 

der "hinweisende" Augenzeuge, der nicht "beweist", sondern 

"zeugt", weil er "unmittelbar" Zeuge war.

81 

Alte Schläuche 

Im letzten Mail habe ich von alten Schläuchen gesprochen, in die neue I- 

deen gegossen werden. 

Wenn Sie im Internet nach TAGORES "Sadhana" suchen, dann können Sie 

dies exemplarisch sehen. 

Die von Tagore selbst stammende englische Fassung trägt den 

Untertitel "Realization of Life". Also eine ganz schlichte und 

realistische Anweisung, wie man sein eigenes Leben verwirklicht. 

Es geht im Untertitel weder um gut noch schlecht, noch 

um wahr oder falsch und auch nicht um einen jenseitigen spirituellen 

Weg. 

Und was machen die Übersetzer daraus: 

• "O la Via Espiritual" 

• "Der Weg zur Vollendung" 

• "Der Weg zum wahren Leben" 

So, wie im Untertitel, werden dann auch im Text bei der Übersetzung Wörter 

gewählt, welche das Spirituelle, das Wahre und die Vollendung (im Sinne 

der romantisch-idealistischen Interpretation der deutschen Mystik) nahe 

legen. 

Auf diese Weise gelingt es, aus der ganz profanen Verwirklichung 

seines eigenen Lebens, so wie es ist, etwas esoterisch Besonderes 

zu machen, das einem dann die Einbildung vermittelt, zur 

Gemeinschaft der Über-Menschen aufgestiegen zu sein, bzw. 

sich auf dem Weg dorthin zu befinden. 

Da dieser Weg nun aber dornig sei, bedürfe es Hilfen und hierarchischer 

Organisationen, für die es bereits einen expandierenden Markt gibt. 

Ein altes und blühendes Geschäft der Erlebnisse vermittelnden 

"göttlichen Prostitution" und deren priesterlichen Zuhälter. Man 

denke nur an AMENOPHIS IV. (ECHNATON) und sein Schicksal, das 

von der macht- und marktbesessenen Priesterschaft wieder gewendet 

wurde.

82 

Erkenner – Erkennen – Erkanntes 

I. 

Sie folgen der indischen Dreiteilung in: 

1. „Erkenner“; 

2. „Erkanntes“; 

3. „Erkennen“. 

Mit dieser spekulativen Vorgabe kommen Sie aber nicht aus dem Bewusstsein 

hinaus. Sie haben mit dieser Dreiteilung ja nur das Subjekt differenziert. 

Um in die dingliche Realität zu kommen, müssten Sie nämlich mindestens 

eine Vierteilung annehmen. 

II. 

Im Begegnen von Subjekt und Ding haben Sie nämlich: 

• das Subjekt als Erkenner; 

• das Ding (bzw. die Tatsache) als Objekt des Erkenners; 

• das Erkennen als den Akt des Erkenners; 

• und das Erkannte als das Wissen des Erkenners über das Ding, 

bzw. über die Tatsache. 

III. 

Das Erscheinen des Dinges wird nicht durch ein unterscheidendes Subjekt 

verursacht, sondern die bereits unterschiedenen Dinge zeichnen sich im 

wechselwirkenden Begegnen in sich gegenseitig ab und erscheinen sich dadurch 

gegenseitig. 

Das im menschlichen Bewusstsein entstehende Denken bekommt dadurch 

erst die sinnlichen Abzeichnungen der Dinge (als Erfahrung) als 

sein Material. 

Diese Abzeichnungen, und nicht die Dinge selbst, sind dann die Objekte des 

gedanklich unterscheidenden Manipulierens, aus der dann das subjektiv 

Erkannte entsteht. 

Das denkende Bewusstsein kann in ihrem Manipulieren dann diese 

„erkannten Bausteinen der menschlichen Erfahrung“ einander 

„willkürlich“ begegnen lassen, um so der Erfahrung auch prospektiv 

gedanklich vorauszueilen.

83 

IV. 

Nicht das Begegnen mit der Welt ist daher permanent subjektiv asymmetrisch, 

sondern das gedankliche Manipulieren am internen Modell der Welt 

ist asymmetrisch. Und dies könnte auch nicht anders sein. 

In diesem gedanklichen Manipulieren wird aber kein Dasein des 

Gemeinten gewahrt, sondern bloß vermeintlich Erkanntes im 

Gedanken-Spiel logisch zu beweisen gesucht. 

Diese Beweise können hinsichtlich der gemeinten Realität suchkräftig, a- 

ber auch bloß verblendendes Vorurteil sein. 

V. 

Ein Wertsein „verknüpft“ bloß, bzw. es entsteht in einer Begegnung. 

Ohne Begegnung gibt es keinen Wert! 

Ein Wert ist immer eine zweistellige Relation. Eine Sache für sich hat 

keinen Wert! 

Es gilt daher gedanklich zu unterscheiden: 

• das Sein „verbindet“ als Dasein; 

• das Sosein „unterscheidet“ (bzw. trennt Seiendes); 

• das Wertsein „verknüpft“ im Begegnen Seiendes. 

Deswegen gehören: 

• Wertsein und Sosein (in ihrem Trennen und Verknüpfen und gegenseitigem 

Abzeichnen als Information) zum Wechselwirken 

des Seienden; 

• während das Dasein als Sein gedanklich zum Widerspiegeln 

des Seienden gehört. 

VI. 

Wenn man sich meditativ isoliert (von allem loslässt), dann wird man immer 

„wertloser“ und ist daher auch ohne Begehren. 

Ein einfacher Trick! 

Wenn nämlich das eigene „Wunschbild von sich selbst“ dem eigenen 

„Bild von der eigenen vermeintlichen Tatsächlichkeit“ begegnet, 

erst dann entsteht nämlich ein Selbstwert, der je nach Übereinstimmung 

gefärbt ist. 

Wenn man sein „eigenes Bild seiner eigenen vermeintlichen Tatsächlichkeit“ 

mit seinem „eigenen Bild der vermeintlichen Erwartungen Anderer“ im

84 

Bewusstsein als „vermeintlich Erkanntes“ einander gedanklich „begegnen“ 

lässt und miteinander „verknüpft“, entsteht ebenfalls ein Selbstwert je nach 

Übereinstimmung, usw. usw. 

Man befindet sich in den vielfältigen Begegnungs-Relationen mit der Welt in 

einem differenzierten Werte-Geflecht. 

VII. 

Nicht das „Wertsein des Ich“ spiegelt ein „Selbstsein“ vor, sondern das 

„selbst vorgespiegelte Bild des Selbstseins“ erzeugt erst ein „Wertsein“, 

wenn es einem akzeptierten „Soll-Bild“ gedanklich „begegnet“. 

Also erst im Begegnen entsteht ein Wertsein, das „verknüpft“ 

(anziehend oder abstoßend), das „betrifft“, das ggf. „betroffen“ 

macht und unter die Haut geht, d.h. das Leid verursacht 

Um sich das Erwünschte zu verschaffen, kann man nun gedanklich auch an 

den verschiedenen Bildern „drehen“, damit die Differenz verschwindet, 

bzw. wenn ein Feindbild gewünscht ist, sich die Differenz verschärft. 

Oder man geht eben meditativ psychotechnisch allen Soll-Bildern 

überhaupt aus dem Weg. 

In jedem Begegnen zeichnen sich nämlich die sich begegnenden Objekte 

gegenseitig ab. 

Das eine Objekt hinterlässt seine Handschrift im Anderen. 

Dies gilt auch für das „Begegnen von Selbstbildern“. 

Ist zum Beispiel ein „positives Soll-Bild“ stärker, dann verändert 

dies das „Bild der vermeintlichen eigenen Tatsächlichkeit“. 

Man träumt sich dann gleichsam in das Soll-Bild hinein. 

Ist aber zum Beispiel ein „negatives Bild der vermeintlichen eigenen 

Tatsächlichkeit“ stärker, dann schönen die Soll-Bilder nicht 

mehr das „Bild der vermeintlichen eigenen Tatsächlichkeit“, sondern 

dieses beharrt und lässt die Welt depressiv im Negativen 

versinken, wodurch die Soll-Bilder entwertet werden und der Betroffene 

in Sinnlosigkeit versinkt. 

In diesem Bewusstseins-Kreislauf ist dann tatsächlich die Realität ausgeblendet 

und es findet sich dann dort nur mehr: 

1. der Erkenner;

85 

2. das Erkennen; 

3. und das „vermeintlich Erkannte“. 

Zu helfen ist diesen im „Ich-Wahn“ verhafteten Menschen daher nur, wenn 

sie das ausgeblendete „vierte Bein“ wieder auf den Boden bringen, also der 

tatsächlichen Welt wirklich begegnen und von dorther, den Fugen der Wirklichkeit 

folgend, in neuem tatsächlichen Begegnen die Uhren ihres Bewusstseins 

wieder nachstellen. 

Oder aber man schickt die Betroffenen meditativ auf die „endlose Reise“ zu 

einer spekulativen Bildlosigkeit. 

Von diesem Geschäft leben seit Jahrtausenden entsprechende 

„Psycho-Reiseagenturen“. 

VIII. 

Die dingliche Wirklichkeit ist auch ohne Bewusstsein bereits unterschieden. 

Es gibt zwar keine Grenzen zwischen dem „scheinbar Geteilten“, 

aber es gibt „geteilte Standpunkte“ (Gravitationszentren). 

Es gibt in der dinglichen Welt zwar keine „harten Grenzen“, aber „weiche 

Fugen“, denen der Erkenner tätig folgen kann. 

Es stimmt daher nicht, dass nichts bewiesen werden kann. 

Alles, was beweisbar ist, das kann grundsätzlich auch bewiesen werden! 

Beweisen bedeut ja bloß, sprachliche Aussagen über eine Verknüpfung 

von verschiedenem Sosein auf ihre logische Widerspruchsfreiheit 

zu überprüfen. 

Ein Dasein kann nicht und braucht auch nicht gedanklich bewiesen zu werden, 

es ist ja die Grundlage für „da-seiende Aussagen“ über Verknüpfungen 

im „sound wert-seienden Dasein“. 

Das Verbundensein des „sound wert-seienden Dasein“, bzw. 

des „da- und wert-seienden Sosein“ braucht und kann nicht bewiesen 

zu werden. 

Deswegen hat auch KANT in seinem Kategorischen Imperativ nur etwas 

„bewiesen“, was logisch aus den von ihm selbst „ins Dasein gesetzten“ 

Prämissen folgt. 

IX.

86 

Wenn ich zum Beispiel von einer Bewegung „rede“, dann ist ihr Verbundensein 

die Voraussetzung, um überhaupt von ihr als einer Bewegung reden 

zu können. 

Ihr Anderswerden wird dagegen als Sosein „unterschieden“. Das auf diese 

Weise Unterschiedene wird dann als Sosein zur Sprache gebracht und 

miteinander logisch „verknüpft“. 

Auf diese Weise erscheint dann in der Sprache das „als Sosein 

unterschiedene Bewegen“ als ein „lückenloses Begegnen der unterschiedenen 

Veränderungen“. 

In diesem „Begegnen des unterschiedenen Sosein“ entsteht dann erst ein 

„Wertsein“, welches das Unterschiedene wieder „verknüpft“ (nicht „verbindet“!). 

So entstehen dann erst in der Verknüpfung (im Schluss!) auch 

(der Logik entsprechend) die Wahrheits-Werte „richtig“ und 

„falsch“. 

X. 

Wenn ich nun an eine Ich-Entwicklung denke, dann unterscheide ich gedanklich 

das „Ich“ vom „Selbst“. Das Selbst ist meine Identität mit der ich 

mit allem verbunden bin. Also mein Sein. 

Wenn ich mir nun mein Selbst gedanklich vorstelle, dann geschieht dies 

vor dem Erlebenshintergrund, dass ich im „Erleben des Verbundenseins mit 

Allem“ nicht verlösche, sondern in der „Identität mit Allem“ sehr wohl ein 

Selbst bin und bleibe, so lange ich lebe. 

Aber dieses Selbst ist als mein Zentrum weder wirkend noch hat 

es eine Form. Es ist bloß da und gewahrt. 

Ganz anders ist mein Erlebenshintergrund, wenn ich vom Ich spreche. Hier 

gewahre ich vom Selbst aus als untätiger Zeuge bloß ein Werden, dessen 

Zentrum zwar ein gewisses Feld ist, aber noch wenig deutlich. 

In dem Maße, als mein Selbst dieses Treiben aber gewahrt, e- 

manzipiert sich vor diesem untätigen Zeugen das Ich und zentriert 

sich selbsttätig immer mehr, und macht sich zunehmend frei 

von Fremdbestimmungen, die mein untätiges Selbst bloß gewahrt.

87 

Mein Selbst gewahrt in seinem Verbundensein mit Allem aber unterschiedliche 

Fremdbestimmungen. Manche gewahrt es aber auch als „führende und 

beschützende Einflüsse vom umfassenden Feld her“. 

Diese Einflüsse aber zu erklären und zu verdeutlichen, ist Aufgabe 

des Ich. 

Der Beitrag meines Selbst ist dabei bloß ein klares Gewahren, das allerdings 

wieder mein Ich, bzw. das Umfeld „zulassen“ müssen. 

So gesehen zeigt mir mein Erlebenshintergrund kein „Ich“, das sich differenziert, 

sondern im Gegenteil ein „Ich“, das sich erst auf den Punkt bringen 

darf. 

Das Selbst nimmt nie einen Standpunkt ein. 

Aus ihm entsteht auch kein Ich. 

Das Ich bringt mir strampelnd die Welt zur Welt. 

Mein Selbst ist dem Ich nicht mehr, aber auch nicht weniger, als 

eine achtsam-kräftig nährende Muttermilch.

88 

Nicht-Ich 

I. 

Relative Verhältnisse sind in der dinglichen Welt objektiv gegeben. Warum 

sollten sie aus einer Ganzheit entstanden sein? Was wäre der Unterschied 

zwischen einer in sich „verknüpften Ganzheit“ und einer „in sich verbundenen 

Einheit“? 

Warum muss überhaupt eine Ganzheit vorweg gegeben sein? Es 

könnte doch auch sein, dass es bloß ein beharren wollendes 

„Streben nach raum/zeitlicher Ganzheit und Beständigkeit“ gibt. 

Auf jeden Fall stehen bereits die objektiven Dinge zueinander in einem 

mehr oder weniger relativen Verhältnis. 

Diese Verhältnisse können aber ganz unwirksam werden, so dass 

so etwas wie eine Isolierung entsteht. 

Nicht alles steht daher im Wechselwirkung zueinander in einer dynamischen 

Beziehung. Jede dynamische Beziehung kann nämlich als „Verknüpfung“ 

verblassen und auch ihren Tod erleiden. 

Was untrennbar ist, das ist bloß ihr „Verbundensein im Sein“. 

II. 

Was bedeutet Selbstbild? 

Im Grunde geht es doch nur um das vom „objektiven Ich“ erfahrene Panorama 

dessen, was mir (bzw. uns als dem umfassenderen Ego) gut tut, bzw. 

mich (uns) gefährdet. 

Dies beinhaltet auch das, was dem instinktiven Ich (Wir) als 

Wert (positiv oder negativ) relevant ist. 

Diese für mich (für uns) spezifisch „wertseienden Gegebenheiten“ sind aber 

sehr wohl voneinander isolierbar, d.h. trennbar, eben in dem Maße, als sie 

waren und möglicherweise wiederkehren. 

Nicht vom Subjekt gehen daher diese Werte aus, sondern das 

„objektive Subjekt“ erfährt vorerst diese Werte und macht sich 

diese Werte in seiner Erfahrung zu „eigen“. 

Also: nicht vom Subjekt gehen ursprünglich die Unterscheidungen aus,

89 

sondern das „objektive Subjekt“ nimmt im Gewahren Unterscheidungen auf 

und bewahrt sie auf. 

Es geht dabei aber nicht nur um die „räumlichen Fugen der Wirklichkeit“ 

zwischen Subjekt und Objekt, bzw. auch zwischen den Objekten 

(auch mehrere Objekte stehen einander entgegen!), sondern auch um die 

„zeitlichen Fugen zwischen vorher und nachher“. 

Die Welt steht dem Subjekt nicht nur räumlich entgehen, sondern 

immer raumzeitlich! 

In jedem Falle gehen aber Unterscheidungen vorerst nicht vom Subjekt 

aus. 

Es geht eben nicht nur um die „räumlichen Fugen“ zwischen Subjekt und 

Objekt, sondern immer um „raumzeitliche Fugen“, welche in der Erfahrung 

ihrem „Wertsein für mich“ (für uns) entsprechend „selektiert“ und „gesammelt“ 

werden. 

Nicht die Dinge werden daher künstlich zur Ruhe gesetzt, sondern 

die Erfahrung, die in künftig brauchbare Begriffe gegossen wird. 

III: 

Das „Wertsein des Ich“ (als Objekt!), das sich in den Dingen widerspiegelt, 

das ist der Nutzen bzw. die Gefahr des Ich für das Andere. 

Das Ich hat für sich selbst keinen Wert! 

Das „subjektiv“ schmeichelnde „subjektiv gemachte“ aber im Bewusstsein 

„objektive“ „Ich-Bild“ hat dagegen einen Wert für das „objektive“ Subjekt, 

d.h. für das „objektive Ich“. 

In diesem Falle ist dann der „objektive Bewusstseinsinhalt“ das 

„Objekt“, das dem Subjekt, d.h. dem „objektiven Ich“, oft auch 

„psychosomatisch“ nützen möchte. 

Jedes Objekt, also auch jedes „objektive Subjekt“, hat ein „Streben nach 

Dauer seiner Existenz“ und ein existenzsicherndes objektives „Wert- 

Verlangen“. 

Ein subjektiv „eingebildetes“ Bedürfnis muss aber nicht zwangsläufig 

dem „existenzsichernden objektiven Wert-Verlangen“ des 

„objektiven Subjektes“ entsprechen. 

So kommt es, dass dann in der „objektiven Wirklichkeit“ nicht mehr den

90 

„objektiven bedürfnisrelevanten Fugen“ nachgegangen wird, sondern dem 

„subjektiv eingebildeten Bedürfnissen entsprechend“ die objektive Wirklichkeit 

selektiert wird. 

Das subjektive Wert-Verlangen spiegelt dann „subjektiv prägend“ 

die erscheinende Welt wieder, d.h. sie reduziert und selektiert 

das Erscheinende. 

Oder es ergänzt auch entsprechend der aus der Erfahrung schöpfenden 

Phantasie. 

Dies kann dann dazu führen, dass durch das Bewusstsein „entfremdete Erscheinungen“ 

eingebildet und dann auch „technisch objektiviert“, d.h. 

künstlich realisiert werden. 

So wird eine „virtuelle Phantasie-Welt“ dann „technisch objektiviert“. 

Diese „technischen Objektivierungen“ sind dann allerdings auch 

manchmal (in entfremdeten Gesellschaften oft!) vom Wert- 

Verlangen des „eigentlichen“ objektiven Subjektes entfremdet. 

IV. 

So entsteht dann auch eine isolierte aber sehr wohl „seiende“ Welt, in 

der das „Sein des Seienden“ z.B. in „risikosuchenden Mutproben“ zu gewahren 

gesucht wird. 

Hier wird dann deutlicher, wie sich das „verfremdete Subjekt“ im 

Objekt widerspiegelt: „Sag mir, was Du treibst, und ich sage Dir, 

wer Du bist!“ 

Aber egal, ob eigentliches oder entfremdetes Tun, in jedem Falle muss sich 

dann das „sich zentrierend sichernde objektive Subjekt“ zur verbundenen 

Welt hin (der es nach wie vor immanent ist!) auch im „tätigen Verknüpfen“ 

„zentrifugal“ überschreiten (transzendieren)“, um dann im „erneuten 

Zentrieren“ eine gegenstehende Erkenntnis „heimzuholen“.

91 

Sein und Seiendes 

Wenn Sie Sosein, Wertsein und Dasein als Phasen hintereinander schalten, 

dann machen Sie aus Wertsein und Dasein jeweils ein Sosein. Sie ziehen 

damit alles auf die gleiche Ebene. 

"Das Reden von der Bewegung muß vom Verbundensein ausgehen, 

sagen Sie, weisen aber zugleich darauf hin, dass das Begegnen 

mit dem unterschiedenen Sosein im selbst vorgespiegelten 

Bild des Selbstseins erst ein Wertsein erzeugt, das (offenbar 

als Wertsein) wiederum verknüpft wird." 

Ich sagte nicht, dass das Bewegen vom Verbundensein ausgeht, sondern, 

dass man, wenn man über eine Bewegung redet, davon ausgehen muss, 

dass das bewegte Geschehen verbunden ist, denn sonst wäre es ja kein 

Bewegen, sondern zwei Gegebenheiten nebeneinander. Eigentlich hätte ich 

hier treffender hinzufügen müssen, dass im Fluss des Bewegens zwar ein 

Verändern stattfindet, aber kein Verknüpfen! 

Nur vom Verbundensein zu sprechen ist, so wird mir jetzt deutlich, 

irreführend, denn zwei Gegebenheiten nebeneinander haben 

ebenfalls ihr selbes Sein, wie Subjekt und Objekt, die ebenfalls 

in ihrem Sein verbunden sind. Es sind also nicht nur Subjekt und 

Objekt im Sein verbunden, sondern alle seienden Objekte sind 

ebenfalls im Sein verbunden. 

Egal ob sie räumlich nebeneinander oder zeitlich nacheinander existieren! 

Beim Bewegen ist es nun so, dass im Bewegen das Geschehen nicht verknüpft 

ist. Eine Bewegung ist nicht ein "verknüpfendes Abarbeiten von verschiedenen 

Orten", sondern ein "unverknüpfter Fluss", der erst dann, wenn 

ihn das Erkennen ins Auge fasst um darüber zu reden, sich als eine 

"Relation von So und Anders" deutlich "markiert", so als würde es sich um 

andere Orte handeln, die verknüpfend passiert werden. 

Im Bewegen selbst entsteht daher auch kein Begegnen von 

Orten und daher auch kein Wechselwirken zwischen den

92 

Orten, so als würde sich im Bewegen ein Ort vom vergangenen 

Ort abdrücken, wie bei einem Zahnrad. 

Ihre Frage, wie wird aus einem Verknüpfungen eine Verbindung entsteht, 

ist daher die gleiche Frage, die theologisch aufgeworfen wird, wenn gefragt 

wird, wie aus dem Sein ein Seiendes wird, (also die Welt aus einem 

Sein geboren wird), bzw. wie ein Seiendes wieder im Sein verlöscht 

(also seinen Tod erleidet). 

Das Sein ist im Seienden. Weder aus einem Sosein, noch aus einen 

Wertsein entsteht ein Sein. 

Das "verknüpfende" Begegnen von so-seienden Gegebenheiten ist nur 

möglich, weil beide Gegebenheiten im Sein ohnehin "verbunden" sind. 

Erst im wechselwirkenden Begegnen von so-seienden Gegebenheiten 

entsteht ein gegenseitiges Wertsein. 

Im Bewegen selbst gibt es daher nur ein verbindendes Sein und ein sich 

veränderndes Sosein. 

Der Selbst-Wert dieses "sich spezifisch verändernden Sosein" 

besteht allerdings darin, dass jede Bewegung in ihrer "gleichförmige 

Existenz" beharren möchte und nur durch ein Begegnen 

mit einer anderen Bewegung aus ihrer gleichförmigen 

Bahn gebracht werden kann. 

Der Selbst-Wert eines "werdenden Subjektes" besteht daher bloß darin, 

dass das Subjekt weiter existieren möchte und daher allen Einflüssen 

mehr oder weniger beharrlich Widerstand entgegenbringt. 

Also: 

Da aber im bewegten Umfeld eine Starrheit die Existenz des 

Subjektes durch tödliche Karambolagen gefährdet, ist "biegsame 

Balance" letztlich das, was das "Beharren der Existenz" ermöglicht. 

Also ein fundamentaler "Lebens-Widerspruch", 

der zu durchschauen ist, sonst zappelt man wie der widerstandleistende 

Fisch an der Angel.

93 

Weder aus Sosein noch aus Wertsein "entsteht" ein Sein. Das Seiende hat 

sein Sein, sonst wäre es kein Seiendes. Um sein Sosein zu bewahren, muss 

sich jedes Seiende verändern. 

Daher geht es darum, jedes Bewegen auch "optimal" beweglich 

zu halten, damit sich als Selbst-Wert eine "maximale" Existenz 

des Seienden "verwirklicht".

94 

Zeitstruktur 

I. 

Sie haben sich ein brauchbares Schloss gebaut, so dass Sie nun relativ 

leicht sich einen Schlüssel zu ihm „fertigen“ können. 

Sie haben die „Selbsterfahrung“ als „raumzeitliches Verhältnis“ fokussiert 

zur Sprache gebracht. 

Eine Selbsterfahrung zerlegt also einen „lückenlosen Fluss“ in ein 

„janusköpfig“ getrenntes „Vorher“ und ein „Nachher“. 

Hier ist aber nicht die Gegenwart der primäre Zeitpunkt, zu dem dann 

relativ erst das Vorher und Nachher geboren wird! 

Im Gegenteil! 

Das „janusköpfige Gewahren des Flusses“ hat zuerst die Richtung 

zum erfahrenden Fernblick in die Vergangenheit, aus dem sich 

dann zunehmend der prospektive Fernblick in die Zukunft herauszieht. 

An welcher Zeit-Stelle sich das „Ich“ jeweils befindet, das ist für das 

Selbsterfahren vorerst genau so uninteressant, wie es das Schiff ist, auf 

dem Sie sich bei einer Flussfahrt befinden und die Landschaft stromabwärts 

und stromaufwärts betrachten. Ihr Blick schweift vorerst in die Weite, 

in die Ferne. 

Also nicht das Verhältnis zum „Zeitpunkt des Erfahrens“ ist primär. 

Auch das Verhältnis zu einer „Dauer des aktuellen Erfahrens“ ist 

nicht primär. 

Es verhält sich umgekehrt. 

Zuerst wird das Entfernte gewahrt und dann erst das Eigene 

gefunden. 

So ist es auch beim Wert-Finden. 

Zuerst wird das „Andere“ gefunden und dann erst das „Ich“. 

Der „Wert des Anderen für mich“ macht mir im Erfahren erst bewusst, 

was ich will und was mir Nutzen oder Gefahr ist. 

Also zuerst wird das Andere gefunden und gerade wegen dessen 

Wert für mich selektiert und von mir gewahrt.

95 

Dies ist die Grundlage dafür, dann in meiner Erfahrung das ein zu sammeln, 

was ich will, was mir nützt und mir schadet. 

Das „Ich“ kommt dadurch zunehmend „zur Welt“, die Welt „bringt 

das Ich zur Vernunft“. 

Das „Ich“ ist ein „Kind der Welt“! 

Wenn sich nun mit der Zeit das Ich selbst entdeckt, dann wird es beherrscht 

von der Erfahrung, „welchen Wert das Andere für das Ich hat“. 

Es muss also nicht zuerst das Andere entdeckt werden, sondern 

es reicht nicht, nur den „Wert des Anderen für mich“ zu kennen, 

sondern zunehmend auch „meinen Wert für das Andere“ zu gewahren, 

weil letzten Endes die „Existenz des Anderen“ auch ein 

„Wert für mich“ sein kann. 

Denn letztlich ist der einzige Selbst-Wert des Ich, „nach Beharren seiner 

Existenz zu streben“. Dies gilt aber auch für jedes Andere, was sich ganz 

elementar in der „Trägheit von Körpern“, bzw. im „Beharrungsvermögen 

von Bewegungen“ zeigt. 

Im Fluss bin ich aber auch eingebunden in einen „mich umfassenden 

Fluss“, von dem ich im „Hinhören“ ebenfalls sein mich letztlich 

nährendes „Einstellwirken“ vernehmen sollte. 

II. 

Nun geht es weiter. 

In Ihrem Denken über die Selbsterfahrung können Sie Ihr Modell der Dreiheit 

von: 

1. dem Erkenner; 

2. dem Erkennen; 

3. dem Erkannten. 

finden. 

Sie haben nämlich in der Selbsterfahrung: 

1. das bewegte Ich, das im Selbst stehend erfährt; dieses als Täter, 

als Beweger, der dann im Handwerker-Modell als Vorher 

gesetzt wird; 

2. das Selbsterfahren als Bewegen; diesen schöpferischen Akt als 

Gegenwart, als „Hier und Jetzt des zeitlich bewegten Ich“, das 

„im zeitlosen Selbst stehend“ gewahrt; 

3. die Selbsterfahrung als Bewegung, als Erfahrung, als Wissen, 

das als Nachher folgt (im Idealismus des Handwerker-Modells

96 

wird es aber ebenfalls als „wirkend planvolles Vorher“ betrachtet, 

das vorerst bloß in einem Ganzen eingefaltet sei und sich 

erst mit der Zeit als Weltgeist entfalte). 

Alles kreist hier um die „Zeitstruktur des handwerklich Tätigen“, der eine 

technische, d.h. künstliche Welt schafft. Hier ist der Handwerker mit 

seiner Kompetenz der „gegenwärtige Mittelpunkt“: 

1. er hat eine Ausbildung, d.h. eine Erfahrung als Vorher; 

2. die ihm in seinem gegenwärtigen Bewusstsein einen Plan davon 

fassen lässt; 

3. was er künftig realisieren werde. 

Betrachten Sie nun das verschwommene Wort „Wissen“: 

1. mit ihm wird im Idealismus die Idee als der Täter, theologisch 

der Erkenner und der Täter bezeichnet; 

2. mit ihm wird der Akt des Wissens als Erkennen bezeichnet; 

3. mit ihm wird das Erkannte bezeichnet. 

Wenn Sie also in einem Dialog das Wort „Wissen“ verwenden, dann wird 

nicht immer aus dem Kontext klar, was damit gemeint ist. Oft hat das 

Wort auch eine irreführende Energie, wobei man sich fragen könnte, ob 

diese vernebelnde Irreführung nicht Methode ist. 

III. 

Zurück zur Bewegung. 

Im letzten Mail habe ich ausgedrückt, dass es von mir verkürzt war: 

• eine Bewegung nur als Einheit, bzw. als „Widerspruch von Identität 

und Verändern“ zu bezeichnen. 

Denn auch hierin liegt dann eine Irreführung, wenn man diese „Beschreibung 

des Phänomens Bewegung“ mit der Unterscheidung: 

• von „Verbinden im Sein“; 

• und „Verknüpfen im Wechselwirkung“ 

zusammendenkt. 

Hier liegt dann nahe: 

• die „Identität der Bewegung“; 

• mit dem „Verbundensein im Sein“ zur gedanklichen Deckung zu 

bringen.

97 

Diese Gleichsetzung vernebelt aber das Problem. 

Dies zeigt sich auch in meiner seinerzeitigen Kritik an Thich Nhat Hanh 

(siehe Seite 83 dieses Textes). Dort habe ich noch nicht bedacht, dass ja 

ohnehin alles „raumzeitlich Seiende“ im „Sein“ verbunden ist, und daher 

jener Gedanke auch auf getrennte Gegebenheiten zutrifft: 

• welche miteinander „keine Identität in einem gemeinsamen Bewegen“ 

haben; 

• und sich daher nur im wechselwirkenden Begegnen „verknüpfen“ 

können. 

Der Hinweise auf das „Sein in der Bewegung“ verdeutlicht daher noch nicht 

ihre „spezifische Qualität (ihre Richtung, ihre „Soheit“, d.h. ihren Wert, den 

sie innerhalb eines Spielraumes „trotz des Veränderns“ beharrlich behalten 

möchte. Die qualitative Identität einer Bewegung macht daher 

nicht ihr Sein, sondern ihre Soheit aus!). 

Treffender ist daher die Beschreibung: 

• dass sich eine Bewegung einerseits verändert; 

• dass aber andererseits das Anders-Gewordene mit dem Vorangegangenen 

nicht verknüpft, sondern im Fluss ist. 

Im Fluss gibt es dann trotz Anders-Werden kein wechselwirkendes 

Verknüpfen, d.h. es gibt kein Anderswerden aus der Bewegung 

selbst heraus. 

Die Bewegung beharrt “gleichförmig“ in ihrer Richtung: 

• sie hat zwar als Richtung eine Form; 

• aber diese bewirkt nicht ihr eigenes Ändern; 

• sie lässt ihr eigenes Ändern bloß mit mehr oder weniger Widerstand 

innerhalb einer Spielbreite zu; 

• alles Verändern entsteht nur durch Begegnen mit anderen Bewegungen; 

• die Natur schafft alle Formen im wechselwirkenden „Begegnen des 

Seienden“. 

Jene „spezifische Qualität“, die in einem „spezifischen toleranten Spielraum“ 

zwar selbst keine Veränderung von sich selbst bewirkt, aber 

bestimmte Veränderungen gleichsam anstrebt und toleriert, d.h. spezifisch 

zulässt, solange sie noch existiert und nicht verlöscht ist, habe ich 

als „Soheit“ bezeichnet:

98 

• ich verstehe daher auch ein „Ganzes“ als „Soheit“, als eine „in einem 

spezifischen Spielraum strebende aber tolerante Bewegung“; 

• auch neue Ganzheiten entstehen nur im Begegnen des Seienden. 

IV. 

Wenn es also im indischen Denken um Dharma, um Tathata, Buddhanatur 

oder Soheit geht, dann ist jeweils eine „Bewegung als Fluss“, die „ganz 

spezifisch existieren möchte“ gemeint. 

Diese „demütig-bestimmten“ Spielräume, die im Begegnen mit der Welt 

ein bestimmtes Werden zulassen, diese zu gewahren, das bedeutet daher: 

• das Wesen der Dinge zu schauen. 

• Dieses Gewahren von Soheiten ist daher zu unterscheiden: 

• vom Erkennen von „Mustern des sinnlich vermittelten Soseins der 

jeweiligen Verwirklichungen“; 

• welche im Erkennen als Momentaufnahmen „festgehalten“ werden 

und unserer „scheinbar sicheren“ Erfahrung als Grundlage dienen. 

Jenes Gewahren von Spielräumen (des jeweils Ganzen) ist aber nur im 

Selbst ständig möglich. 

Dies bewirkt, dass dieses Gewahren von Soheiten nur im Verbundensein 

mit dem „Sein der Soheiten“ möglich ist, welche dadurch zu „Gucklöchern 

zum Sein“ werden. 

Das „Sein“ (das Brahman) erfüllt alles, es darf aber gedanklich nicht mit 

der „Soheit“ verwechselt werden, die ein spezifisch-seiendes „Guckloch 

zum Sein“ ist. Jede „Soheit“ hat aber als wirklich „Seiendes“ ihr „Sein“: 

V. 

• eine „Soheit“ ist keine „ewige jenseitige Idee“, sondern 

sie west real in den Dingen; 

• sie entsteht und vergeht im Wechselwirken des Seienden“! 

RABINDRANATH TAGORE beschreibt in seinem Buch „Persönlichkeit“ sehr 

schön, wie Kunst erst entsteht, wenn der „Druck der Wirklichkeit“ abnimmt, 

wenn man also „Muße“ bekommt. 

Diese Muße schafft dann erst die Möglichkeit zum im Selbst 

ständig kreativen Schaffen einer sinnvoll eingebundenen 

Wirklichkeit als Kunst, welche man von der technisch-künstlichen 

Wirklichkeit aber unterscheiden sollte.

99 

Der Mensch läuft nämlich Gefahr, in seiner Künstlichkeit eben gerade 

durch die „Freisetzung von der Not der Wirklichkeit“ die Wirklichkeit 

selbst auch zu verlieren und damit auch den Bezug zum „Sein im Seienden“. 

Dieser entfremdete Mensch schaut dann keine Soheit mehr, in dessen 

Spielraum er dann im Selbst ständig „sinnvolle“ Kunstwerke schöpfen 

könnte: 

• er verliert vielmehr seinen „Fernblick“ auf jene zentrierten und beharrlich 

nach Ruhe, bzw. nach Dauer ihrer Existenz strebenden, toleranten 

Spielräume, auf die Soheiten; 

• er sieht nur mehr im „Nahblick“ die „so-seienden Muster der 

Verwirklichungen“, die er technisch nachäfft; 

• im Nahblick sieht er nur „scheinbare Sicherheit“ und verliert die „Geborgenheit 

des Im-Selbst-Stehens“; 

• auf welchem das „kreative Wagnis“ gebaut ist, im „Spielraum“ des 

„geschauten Wesens“ selbstständig sinnvoll eingebunden Neues 

zur Welt zu bringen. 

V. 

Hier schließ dann gedanklich der Punkt II. meines Textes über Unsicherheit 

und Wagnis an:

100 

Unsicherheitsbedürfnis und Mut zum kreativen 

Wagnis 

31. 03. 2005 

I. 

Für die Wissenschaft, die versucht, die Wirklichkeit zur Sprache zu bringen, 

ist die Tatsache, dass sich die Sprache von der Wirklichkeit entfernen und 

dadurch sowohl das Handeln der Menschen fehlleiten als auch das soziale 

Führen der Menschen mittels Sprache erschweren kann, von grundlegender 

Bedeutung. 

Eine sehr moderne Auffassung von Sprache hatte bereits 

KONFUZIUS. 

Sein Sprachverständnis ist leicht zu verstehen, wenn man berücksichtigt, 

dass er die Gesellschaft, bzw. den Staat als ein den Menschen 

umfassendes System, bzw. als einen dem Menschen raumzeitlich 

übergeordneten Organismus auffasste, in dessen Harmonie 

sich der einzelne Mensch erst verwirklichen könne. 

So, wie das Nervensystem für den menschlichen Körper ein Regelungs- und 

Informations-System darstellt, das dafür sorgt, dass die Organe des Körpers 

gut zusammenspielen und der Körper als Ganzes in seiner Umwelt 

auch zweckmäßig tätig werden kann, so bildet die Sprache im umfassenden 

System ‚Gesellschaft’ ein ähnliches Informations- und Regelungs-System. 

Die Sprache ist so etwas wie das ‚Nervensystem der Gesellschaft’. 

Wird das menschliche Nervensystem zerstört oder zum Beispiel 

durch Drogen gestört, dann reduziert sich die Leistungsfähigkeit 

des Körpers, der dann in seiner Umwelt nicht mehr zweckmäßig 

tätig sein kann. 

Ähnliches gilt für die Sprache hinsichtlich der gesellschaftlichen 

Steuerung und Regelung. 

Wird die Sprache verfälscht, dann zerbricht die Gesellschaft bzw. 

der Staat. 

Salopp formuliert: Die Gesellschaft wird reif fürs ‚Irrenhaus’. 

Bereits im Jahre 484 v. Chr. sagte KONFUZIUS hinsichtlich der Notwendigkeit 

der ‚Richtigstellung der Begriffe’: 

„Der Edle lässt das, was er nicht versteht, sozusagen beiseite. 

Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die Worte nicht; 

stimmen die Worte nicht, so kommen die Werke nicht zustande;

101 

kommen die Werke nicht zustande, so gedeiht Moral und Kunst 

nicht; treffen die Strafen nicht, so weiß das Volk nicht, wohin 

Hand und Fuß setzen. 

Darum sorge der Edle, dass er seine Begriffe unter allen Umständen 

zu Worten bringen kann und seine Worte unter allen 

Umständen zu Taten machen kann. 

Der Edle duldet nicht, dass in seinen Worten irgendetwas in Unordnung 

ist. 

Das ist es, worauf alles ankommt.“ 

„Was vor allem nötig ist, ist, dass man die Dinge beim rechten 

Namen nennen kann.“ 

„Wenn in einem Staat faule Stellen sind, die eine Verwirrung der 

Begriffe verursachen, so ist ein energisches, klares Wort eine 

Unmöglichkeit. 

Dadurch wird aber eine durchgreifende Regierungstätigkeit 

verhindert. 

Und die daraus entspringende öffentliche Unordnung lässt keine 

Äußerung der wahrhaften geistigen Kultur aufkommen, denn die 

Verlogenheit dringt ein auch in Religion und Kunst. 

Ohne diese Geisteskultur ist aber auf der anderen Seite eine gerechte 

Justizverwaltung unmöglich, und dadurch entsteht eine 

allgemeine Unsicherheit und Beunruhigung des öffentlichen Lebens. 

Darum ist für einen charaktervollen Mann eine unerlässliche 

Vorbedingung alles Wirkens, dass seine Begriffe alle so beschaffen 

sind, dass er sie aussprechen kann, und dass seine Worte so 

sind, dass er sie in Taten umsetzen kann. 

Das ist nur möglich bei unbedingter Genauigkeit und Wahrheit.“ 1 

Hinsichtlich der ‚falschen Benennungen’ sagte KONFUZIUS: 

„Eine Eckenschale ohne Ecken: was ist das für eine Eckenschale, was 

ist das für eine Eckenschale!“ 

Im ‚Lun Yu’ steht hierzu folgender Kommentar: 

„Der Meister hielt sich darüber auf, dass ein Opfergefäß, das früher 

eckig war, aber im Laufe der zeit abgerundet hergestellt zu 

werden pflegte, noch immer mit der alten Bezeichnung genannt 

wurde, die dem Wesen nun gar nicht mehr entsprach: Ein Gleichnis 

für die Zustände der damaligen Zeit, die auch nichts mehr mit 

den Einrichtungen der guten alten Zeit gemein hatten als den 

bloßen Namen. Diese Begriffsverwirrungen waren nach Kung einer 

der schlimmsten Übelstände, da ohne adäquate Begriffe der 

Mensch der Außenwelt hilflos und machtlos gegenübersteht.“ 2 

1 KUNGFUTSE (Übers. RICHARD WILHELM): „Gespräche“ (Lun Yü), Buch 13/3, 

Jena 1921. 

2 KUNGFUTSE (Übers. RICHARD WILHELM): „Gespräche“ (Lun Yü), Buch 6/23.

102 

Heute würde KONFUZIUS vermutlich mit gleichem Recht sagen: 

„Atome, die teilbar sind, was sind das für Atome, was sind das für 

Atome!“ 

II. 

Es gibt heute viele Wörter, die nicht das treffen, was tatsächlich vorliegt. 

Wenn wir zum Beispiel die Behauptung hören, dass der Mensch ein ‚Unsicherheitsbedürfnis’ 

habe, was kann damit gemeint sein? 

Manche denken dann daran: 

• dass der Unsicherheitsbedürftige das Risiko aufsuche; 

• andere sehen in diesem Bedürfnis auch ein ‚Unheilbedürfnis’ und 

denken an masochistische Selbstquälerei; 

• kaum jemand denkt aber daran, dass dieses sogenannte 

‚Unsicherheitsbedürfnis’ ein unglücklicher und irreführender 

Name für ein fundamentales ‚Realitätsbedürfnis’, für ein 

‚Wirklichkeitsbedürfnis’ ist. 

Wir vermauern uns den Zugang zu dem, was mit diesem Wort bezeichnet 

wird deshalb, weil wir von unserem technischen Bemühen um Sicherheit 

ausgehen und irrtümlich meinen, dass die uns gegebene Wirklichkeit 

total kalkulierbare ‚Sicherheit’ sei, weil sie ja ausnahmslos 

exakten Naturgesetzen folge. 3 

Daraus folgt dann gedanklich zwingend, dass ein ‚Unsicherheitsbedürfnis’ 

so etwas wie eine Flucht aus dieser angeblich determinierten 

Wirklichkeit sei. 

Es gibt aber offensichtlich auch dieses traurige ‚Unsicherheitsbedürfnis’, 

das flüchtend die tatsächliche Realität missachtet und im Wahrnehmen 

chaotische Freiräume sucht. 4 

Im religiösen Kontext oder im Kontext des Abenteuers und des Extremsportes 

ist dieses selbstmörderische und das Leben verachtende 

Bedürfnis aber nicht tragend. 

3 vgl. WALTER PONS: „Steht uns der Himmel offen? Entropie – Ektropie – E- 

thik. Ein Beitrag zur Philosophie des Weltraumzeitalters“, Wiesbaden 1960. 

vgl. ALOYS WENZL: “Philosophie der Freiheit“, München-Pasing 1947. 

4 Vgl. hierzu die Gedanken von SVEN CLAUSEN zum „X-tremsport“ postmoderner 

Prägung. In: SVEN CLAUSEN: „Religiöse Dimensionen im Extremsport“, 

(Band 6 der Schriftenreihe des Instituts für bewegungswissenschaftliche 

Anthroplogie e. V. Hamburg. (ISBN 3-936212-05-8. In Vorbereitung).

103 

In diesen Bereichen zeigt sich nämlich in der inneren Empirie das Erleben 

ganz anders. 

III. 

Ich will nun den Gedanken der ‚Richtigstellung der Begriffe’ aufgreifen und 

in meinem Modell aufzeigen, wie man das Wort ‚Unsicherheitsbedürfnis’ 

grundlegend anders verstehen kann. 

Der Rhythmus strebt in seinem Wiederholen einer ‚Sicherheit’ 

zu. 

Er schleift von dem Bemühen geleitet, dass sich unter ähnlichen 

Umständen immer Ähnliches wiederholen möge und es dann ‚unmöglich’ 

sei, dass etwas anderes geschieht, Gewohnheiten und 

Gesetze ein. 5 

Diesem Idealbild strebt die Technik zu. 

Aber gerade hier zeigt sich, dass diese technische ‚Sicherheit’ einerseits 

sehr anfällig und unvollkommen ist, andererseits sich im Gebrauch auch 

verringert und reparaturbedürftig wird. 

Dieser Fiktion einer technischen Sicherheit, die Modell steht für 

unseren alltäglichen Sicherheits-Begriff, stelle ich einen anderen 

Sicherheits-Begriff gegenüber, der Sicherheit als Un-Möglichkeit, 

bzw. die Un-Möglichkeit als die Sicherheit entdeckt. 

In meinem Modell gehe ich von einer fundamentalen Möglichkeit aus, die 

im östlichen Denken als Dao, Brahman, usw. bezeichnet wird. 

Diese fundamentale Potenz ist formlose Kraft. Sie ist noch nicht Akt, sie 

ist noch nicht Bewegung, d. h. sie ist noch nicht eine gerichtete und daher 

wirkende Energie. 6 

Diese All-Möglichkeit ermöglicht ‚in sich’ aber auch ihre Negation, 

die ‚Un-Möglichkeit’. 

5 vgl. HORST TIWALD: „Bewegen zum Selbst. Diesseits und jenseits des Gestaltkreises“, 

Hamburg 1997 (ISBN 3-9804972-3-2), zum kostenlosen 

Downloaden aus dem Internet www.horst-tiwald.de unter den Downloads 

im Ordner „Buchmanuskripte“. 

6 vgl. meine Beiträge in: FRANK NEULAND (Hg.): „Bewegung und Möglichkeit. 

Akzente einer ganzheitlichen Bewegungswissenschaft“, Band 1 der Schriftenreihe 

des Instituts für bewegungswissenschaftliche Anthropologie e. V., 

Hamburg 2002, sowie meinen Text im Internet zum kostenlosen Downloaden 

aus dem Internet www.horst-tiwald.de unter den Downloads im Ordner 

„Religion und Philosophie“

104 

Diese ist wie der Tod das einzig ‚Sichere’. 

Diese Un-Möglichkeit negiert sich wiederum (sich selbst entsprechend) 

selbst, wodurch die Bewegung (die Wirklichkeit als „Nicht- 

Unmöglichkeit“) zur Welt kommt. 

Diese Nicht-Unmöglichkeit erscheint aber nicht als Sicherheit, 

sondern bloß als Wahrscheinlichkeit. 

Unsere Wirklichkeit ist also die erscheinende Nicht-Unmöglichkeit, 

sie ist die „mit Möglichkeit erfüllte Wahrscheinlichkeit“. 

Es wird eben nur wirklich, was möglich ist und möglich bleibt, 

dieses ist aber un-sicher. 

IV. 

Wenn ich nämlich die Unmöglichkeit (das Nichts) als das Sichere auffasse, 

dann ist die Nicht-Unmöglichkeit (dann ist die „mit Möglichkeit erfüllte 

wahrscheinliche Wirklichkeit“) konsequent gedacht die Un-Sicherheit. 

Das Unsicherheits-Bedürfnis entdeckt sich (mit den meines Erachtens nun 

richtiggestellten Begriffen) dann: 

• auf der „existenziellen Ebene“ als Realitäts-Bedürfnis, als Bedürfnis 

nach Da-Sein; 

• auf der „phänomenalen Ebene“ dagegen als Wahrscheinlichkeits- 

Bedürfnis, das eben von der Un-Möglichkeit (von der Sicherheit) 

zur Nicht-Unmöglichkeit (zur Un-Sicherheit), zum So-Sein des 

konkreten Lebens drängt. 

Das konkrete Leben, die konkrete Welt ist als Un-Sicherheit eben „bewegte 

Nicht-Unmöglichkeit“. 

In dem hier untersuchten Kontext des religiösen Erlebens und des Erlebens 

im Abenteuer und im Extremsport entdeckt sich im konkreten Erleben kein 

Unsicherheits-Bedürfnis im Sinne einer hasardierenden Risikofreude, sondern 

ein Bedürfnis nach Realität, die eben nicht sicher, sondern immer 

nur wahrscheinlich, d. h. in diesem Sinne un-sicher, bzw. nicht-unmöglich 

ist. 

Das Unsicherheitsbedürfnis ist daher ein Bedürfnis nach 

Wirklichkeit, es ist ein Bedürfnis nach Nicht-Unmöglichkeit. 

Es geht beim Unsicherheitsbedürfnis nicht um eine pathologische Faszination 

durch Leid oder um Untergangsstimmungen, sondern um die Suche 

nach Geborgenheit.

105 

Diese existenzielle Geborgenheit kann eben in der phänomenalen 

Un-Geborgenheit, bzw. in der phänomenalen Unsicherheit und 

Ungewissheit mit der personalen Freiheit kreativ gesucht und 

gewagt werden. 7 

Sie darf gewagt werden in doppelter Hinsicht: 

• einerseits darf man innerhalb der phänomenalen Nicht- 

Unmöglichkeit (Un-Sicherheit) das phänomenale und furchterregende 

Risiko wagen; man muss sich nämlich (in die Freiheit geworfen) 

zur Tat entscheiden und sich entschließen; 

• andererseits darf man von der phänomenalen Faszination ‚loslassen’ 

und es wagen, in der umfassenden All-Möglichkeit (im 

Grund) Geborgenheit zu suchen, um über den Grund das phänomenale 

Einstell-Wirken 8 des Ganzen aufzunehmen; 

• um kreativ zu sein, muss man daher wagen, dieses Einstell- 

Wirken in sich ‚einfallen’ zu lassen und es als Grund-Lage für 

seine kreative Freiheit des phänomenalen Entscheidens und Entschließens 

‚zuzulassen’. 

V. 

Der Verlust der existenziellen Geborgenheit, der Verlust des Grundes (der 

Verlust der grundlegenden Kraft, der All-Möglichkeit) bringt dem Menschen 

die freisteigende ‚Angst’ des Alleinseins ohne Hilfe, ohne Orientierung, ohne 

Einstell-Wirken, ohne ‚Einfall’. 

Dieses existentielle Einfallslos-Sein in der phänomenalen Welt bedeutet 

„Angst“. Diese stellt sich ein, wenn in Situationen mit phänomenalem Risiko 

die eigenen Gewohnheiten (als scheinbare Sicherheiten) nicht mehr 

greifen. Diese existentielle Ratlosigkeit ist Angst. 

‚Furcht’ hat man dagegen vor grundsätzlich vorstellbaren phänomenalen 

Folgen. 

7 In diesem Gedanken folge ich PETER WUST. Vgl. PETER WUST: „Ungewissheit 

und Wagnis“, Graz 1937. 

vgl. auch: SVEN CLAUSEN: „Religiöse Dimensionen im Extremsport“. (Band 6 

der Schriftenreihe des Instituts für bewegungswissenschaftliche Anthroplogie 

e. V. Hamburg. (ISBN 3-936212-05-8.) 

8 vgl. meinen Text „Einstellwirkung und Empathie. Gedanken zu Heinrich 

Jacoby“. Zum kostenlosen Downloaden aus dem Internet www.horsttiwald.de, 

unter den Downloads im Ordner „Elsa Gindler & Heinrich Jacoby“.

106 

Angst hat man also wegen seiner Grundlosigkeit und dementsprechend 

wegen seiner Einfallslosigkeit, die in ungewohnten riskanten 

Situationen als phänomenale Ratlosigkeit aufbrechen kann. 

Der Mangel an Kreativität führt in riskanten Situationen zur Angst als einem 

Phänomen der Faszination und Abhängigkeit von unzweckmäßigen 

Gewohnheiten. 

Die Un-Sicherheit als Nicht-Unmöglichkeit ist dagegen ein in die Freiheit 

geworfenes Sein. 

Sie ist daher nicht nur Gefahr, sondern auch Chance. 

Sie ist Krise 9 als Preis der Freiheit. 

In der Krise braucht man den Mut zum Wagnis, um nicht in gebannter (in 

einer durch Gewohnheiten und Rhythmen gefesselten) Wahrnehmung zu 

erlahmen. 

Erst in der Tat (den gründlichen Einfall aufnehmend) gelingt es, die personale 

Realität ‚Mensch’ zu schaffen. 

Das Heil-Sein, das ‚Im-Grunde-geborgen-und-vom-Ganzen-eingestelltwerden’, 

ist daher die fundamentale Kategorie. 

Nicht eine „Erkenntnis eines Unheil-Seins“ schafft eine „Sehnsucht 

nach Heil-Sein“, sondern es geht um den „Keim des Heils im Unheil-Sein“. 

Erst dieser „Keim des Heil-Seins“ treibt zur „Erkenntnis der Ungewissheit“. 

Ich wage Abenteuer nicht, weil ich in umgangsprachlichem Sinne ‚unsicher’ 

bin oder ein Bedürfnis nach Unsicherheit (in gleichem Sinne) habe, sondern 

weil ich meine Geborgenheit prüfen und entfalten möchte. 

Es ist ein Spiel mit dem, was man hat, bzw. was man ist, eben 

mit seinem Möglich-Sein. 

Es ist nicht ein sogenanntes „Glücks-Spiel“ mit einem 

phänomenalen Wahrscheinlich-Sein. 

Phänomenale Ungewissheit führt zur phänomenalen Furcht. 

Der Verlust der „Geborgenheit im Grunde“ führt zur existenziellen Angst. 

9 Das chinesische Schriftzeichen für ‚Krise’ setzt sich aus den beiden Symbolen 

für ‚Gefahr’ und ‚Chance’ zusammen. Vgl. OTTO FRIEDRICH BOLLNOW: 

„Existenzphilosophie und Pädagogik“, Stuttgart 1959.

107 

Auch im Leistungssport geht es daher bei der Entfaltung der 

KREATIVITÄT darum, den kreativen ‚Mut zum Unvollkommenen 

Tun’ 10 zu fördern. 

Es geht darum, in einem ‚gründlichen’ Selbstvertrauen in der 

Ungewissheit die Geborgenheit freizulegen, also den „Keim des 

Heil-Seins“ zur „Grund-Lage des Wagnisses“ zu machen. 

10 vgl. HORST TIWALD: „Die Kunst des Machens oder der Mut zum Unvollkommenen. 

Die Theorie der Leistungsfelder und der Gestaltkreis im Bewegenlernen“, 

Hamburg 1996. (ISBN 3-9804972-2-4). Zum kostenlosen 

Downloaden aus dem Internet www.horst-tiwald.de unter den Downloads 

im Ordner „Buchmanuskripte“.

108 

Achtsamkeit im sogenannte „Hier und Jetzt“ 

Anmerkungen zu Texten von THICH NHAT HANH 

24. 10.2002 

Ich lese zum ersten Mal einen Text des im Westen wirkenden vietnamesischen 

Lehrer des Buddhismus THICH NHAT HANH. In diesem Text wird mir 

besonders deutlich, wie das Missverständnis eines hedonistischen „Hier und 

Jetzt“ entstehen kann. 

Da man unter dem sogenannten „Hier und Jetzt“ ganz Unterschiedliches zu 

verstehen scheint, werde ich vorerst drei Sichtweisen aufzeigen, darunter 

mein eigenes bewegungswissenschaftliches Verständnis. 

Sodann werde ich das beschreiben, was mir beim Lesen der Texte von 

THICH NHAT HANH auffiel, um dann mit ausführlichen Zitaten den Indologen 

und Religionswissenschaftler HELMUT VON GLASENAPP, den Philosophen und 

Philosophiehistoriker HANS JOACHIM STÖRIG und den Existenzphilosophen KARL 

JASPERS zu Wort kommen zu lassen. Dies soll dazu dienen, die wechselnden 

Sichtweisen von THICH NHAT HANH in die Tradition der buddhistische Philosophie 

einzuordnen. 

I. 

THICH NHAT HANH wendet sich insbesondere an jene, die ein sogenanntes 

„Hier und Jetzt“ suchen und will diesen Suchenden aufzeigen, dass jenes 

auch in einer Gemeinschaft zu finden sei. Das Problem der „Hier-und-Jetzt- 

Sucher“ besteht nämlich häufig darin, dass sie das „Hier und Jetzt“ durch 

„egozentrische Isolierung“ zu erreichen suchen. 

Dies in doppelter Hinsicht, 

• sowohl als zeitliche Isolierung von Vergangenheit und Zukunft, 

• als auch als räumliche Isolierung von der Lebenswelt. 

Ich vertrete nun den Standpunkt, dass es wenig bringt, wenn man versucht, 

das Isolieren, das ja das eigentliche Problem ist, dadurch zu überwinden, 

dass man die Grenzen zur Gemeinschaft zu überwinden sucht, in-

109 

dem man den Suchenden das Isolieren von Vergangenheit und Zukunft anrät. 

Manche versuchen nämlich, im sog „Hier und Jetzt“ ihr Heil zu finden und 

meinen, dass das sogenannte „Hier und Jetzt“ durch ein Vergessen der 

Vergangenheit und der Zukunft zu erreichen sei, bzw. dass umgekehrt das 

„Hier und Jetzt“ es ermögliche, schlechte Erinnerungen und Zukunftssorgen 

los zu werden. 

Ihr Hintergedanke ist daher bald nicht mehr, Vergangenheit und 

Zukunftssorgen zu vergessen, damit das lebendige „Hier und 

Jetzt“ als Startposition für ihren lebensweltlichen Weg erreicht 

wird, sondern sie kehren den Spieß um und nutzen den Einstieg 

in ein isoliertes „Hier und Jetzt“, der auch durch spezifische Psycho-Techniken, 

Atmen und Drogen befördert werden kann, dafür, 

Vergangenheit und Zukunftssorgen zu vergessen und in der isolierten 

Gegenwart verstärkt Lust zu konsumieren. 

Das von Vergangenheit und Zukunft isolierte „Hier und Jetzt“ wird für sie 

dann immer mehr zum Zufluchtsort, der dann oft mit einer weltanschaulichen 

Ausrede gleichsam „heilig gesprochen“ wird. Statt den eigenen lebensweltlichen 

Weg tatkräftig weiterzugehen, konzentriert sich das gesamte 

Leben vieler dieser Suchenden dann immer mehr um ein isoliertes „Ich“ 

in einem isolierten „Hier und Jetzt“ herum. 

Nicht für alle „Hier-und-Jetzt-Sucher“ trifft dies allerdings zu. Es gilt daher 

das Problem differenzierter zu betrachten. Wie kann man das sogenannte 

„Hier und Jetzt“ unterschiedlich verstehen? 

• Weit verbreitet ist die eben erwähnte Meinung, dass das „Hier 

und Jetzt“ kein ausdehnungsloses „Nichts“, sondern ein zwar 

„begrenzter“ aber doch „ausgedehnt fließender“ Augenblick sei. 

Diese fließende Zeitspanne der Gegenwart habe daher sehr wohl 

ein erlebbares So-Sein und zeichne sich in seiner besonderen 

Erlebnis-Tiefe auch durch eine „Existenz-Fülle“ aus. Man vertritt 

in dieser Sicht dann die eben beschriebene Meinung, dass das 

„Hier und Jetzt“ einerseits nur zu erreichen sei, wenn man Vergangenheit 

und Zukunft außerhalb der Grenzen des „Hier und 

Jetzt“ ausblende, dass andererseits aber dieses Ausblenden es 

ermögliche, im isolierten „Hier und Jetzt“ wie in einer blühenden 

Oase innerhalb der Wüste des Leidens und der Sorgen tiefes 

Glück bzw. intensive Lust zu finden. 

• Das Finden der Gegenwart erleichtere also in seiner Faszination 

das Ausblenden von Vergangenheit und Zukunft, was wiederum 

rückwirkend die positive Befindlichkeit in der Gegenwart intensi-

110 

viere. Letztlich schaukle sich das Ausblenden und die positive 

Befindlichkeit in einem rauschartigen Wirbel gegenseitig auf. 

Diese Auffassung verleitet leicht zu einer Konsumorientierung 

und zu einem hedonistischen Verständnis des „Hier und Jetzt“. 

• Andere wieder, die intellektuell an die Frage nach dem „Hier und 

Jetzt“ herangehen und in ihrer Klugheit zu entdecken meinen, 

dass die Gegenwart gar keine Ausdehnung haben und als 

Schnittstelle zwischen dem Vorher und dem Nachher nur ein 

ausdehnungsloser Punkt sein könne, verstehen unter dem „Hier 

und Jetzt“ eine zeitlich un-ausgedehnte Plötzlichkeit. Diese sei 

von einem Bewusstsein begleitet, das „leer“ von allen Vorstellungen 

und damit „formlos“ sei. Dieses form-entblößte, dieses 

„Wesen“-lose, d.h. dieses „Essenz“-lose „Nichts“ soll aber 

zugleich als formlose Fülle von „Existenz“, als Da-Seins-Fülle, als 

sogenannte „Leere“ erlebt werden. Die „Leere“ wird hier als 

„Fülle im Nichts“ zu erleben versucht. Hier wird „Existenz“, hier 

wird „Da-Sein“ ohne jedes „So-Sein“, ohne irgend ein „Wesen“, 

d.h. ohne „Essenz“ gesucht. Hier meint man dann auf die nackte 

Existenz zu treffen und erst im Durchgang durch dieses „Nichts“ 

(durch diese gedachte „Grenze“ zwischen dem Vorher und dem 

Nachher, wie im sogenannten „Satori“ des Zen-Buddhismus), in 

einem veränderten und vertieften Erleben in die Lebenswelt der 

Unterscheidungen, in die Welt des „So-Seins“ einzutreten. Diese 

Auffassung verleitet leicht zu einem vorerst weltflüchtigen Verständnis 

des „Hier und Jetzt“ und läuft Gefahr, dort anhaftend 

stecken zu bleiben. 

• Wieder Andere verstehen unter dem „Hier und Jetzt“ weder eine 

„ausdehnungslose“ Schnittstelle zwischen Vergangenheit und 

Zukunft, noch ein „begrenztes“ Revier eines ausgedehnten Augenblicks. 

Sie meinen vielmehr keine Grenze und auch kein 

„Nichts“ als eine formlose Plötzlichkeit jenseits jeder „Essenz“ zu 

erleben, sondern betrachten die Gegenwart als eine „janusköpfige 

Position“, die sowohl in die Tiefen der Vergangenheit als auch 

der Zukunft blicke. Aus dieser Sicht wird daher der gegenwärtige 

„Ist-Stand“ akzeptiert und achtsam durchdrungen. In dieser 

„janusköpfige Position“ der Achtsamkeit wird versucht, das Wesen 

des da-seienden So-Seins nicht nur in seiner „Identität“ 

(von einer formlosen „Leere“ erfüllt) zu erleben, sondern sowohl 

als „Blick-Tiefe“ in die Vergangenheit, als auch in die Zukunft 

hinein. Gegenwart meint man hier als „un-begrenzte“ Bewegung 

zu erleben, die eben als „Bewegung“ durch „formlose Identität“ 

und „geformtes Vergehen“ konstituiert sei. „Gegenwart“ sei 

dann nicht nur „Existenz-Fülle“ (des „Grundes“) sondern auch 

eine (sowohl Vergangenheit und Zukunft als auch eine das mich 

ebenfalls bedingende „Mit-Sein des Anderen“ umfassende) 

„Essenz-Fülle“ (des „Ganzen“).

111 

• Das, was gesucht wird, ist hier also sowohl Essenz als auch 

Existenz. Es ist aber, isoliert betrachtet, weder das Eine, noch 

das Andere. Es ist also weder die begriffliche Addition von sowohl 

isoliert betrachteter Essenz als auch ebenfalls isoliert betrachteter 

Existenz, noch ist es eines von beiden. 

• Diese Auffassung verleitet leicht zu einer die beiden zuerst genannten 

Auffassungen verachtenden Arroganz, die sich auf die 

Schwierigkeit des eigenen Weges etwas einbildet, deshalb voreilig 

die eigenen Fortschritte überbewertet und sich trügerisch 

selbst weiter glaubt, als man tatsächlich ist. 

In meinem bewegungswissenschaftlichen Modell modelliert sich das „Hier 

und Jetzt“ in der zuletzt beschriebenen Weise. Aus dieser Sicht leuchtet in 

der „Gegenwart“, aus dem beachteten „Ist-Stand“ heraus, sowohl ihr zeitlich 

bereits verwirklichtes „Geworden-Sein“ aus der Vergangenheit und ihr 

noch nicht wirkliches „Werden“ in die Zukunft hinein, als auch ihr räumliches 

vom Anderen her „Bedingt-Sein“ auf. 

Leben erscheint in diesem Modell als ein Werden und Vergehen im 

raum-zeitlichen „All-Zusammenhang“ des „Ganzen“. Hinsichtlich 

unserer Lebenswelt wird von uns dieser „All-Zusammenhang“ als 

eine „natur-umfassende mit-menschliche Gemeinschaft“, als ein 

„meta- und intersubjektives Ganzes“ erlebt. Dieses „Ganze“ ist 

uns allerdings nicht als eine bereits vollendet „ruhende“ Harmonie 

eines „Wesens“ (einer „Essenz“) gegeben, sondern uns nur als eine 

bewegte und „existierende“ Chance aufgegeben, die von uns 

erst tatkräftig weitergebaut werden muss, bzw. „darf“. 

Leben ist Bewegung. Bewegung kann nie an einem Ort sein (d.h. kann dort 

nicht „ruhen“) und daher auch nie in einem „Hier und Jetzt“ sein, wenn dieses 

als ausdehnungslose Gegenwart, als Schnittstelle zwischen Vergangenheit 

und Zukunft gedacht wird. 

Es gibt aber Gegenwart als „relative Ruhe“, als eine aus dem Strom des 

„Bewegens“ herausgerollte „Bewegung“, die aber in ihrer „relativen Ruhe“ 

nicht „begrenzt“ ist, sondern letztlich doch im allseitigen Zusammenhang 

raum-zeitlich verfließt bzw. „schwindet“. 

Das „Oasen-Bild des Hier und Jetzt“ so wie das „Bild der formlosen 

Plötzlichkeit“ erscheinen aus der Sicht des dritten Modells daher 

nur als brauchbare Behelfe für Einsteiger. Sie sind zwar „halbwegs“ 

gedacht aber nicht „zu-Ende-gedacht“.

112 

Das dritte Modell, das mit dem „Bild der janusköpfigen Position 

der Achtsamkeit“, trifft meines Erachtens das Tatsächliche am 

besten. Es hat aber ebenfalls seine Tücken, da es durch das „zu- 

Ende-Denken“ leicht zum Abrutschen ins Denken verleitet und 

weil die Achtsamkeit dort Gefahr läuft, in einer Arroganz „leichtsinnig“ 

anzuhaften. 

Mit allen diesen Bildern gilt es daher achtsam umzugehen. Es geht deshalb 

nicht um das Bewerten und gegenseitige Ver-Achten dieser Bilder, sondern 

um das Nicht-Anhaften an ihnen. 

II. 

THICH NHAT HANH hat ein missionarisches Anliegen und möchte deshalb begründen, 

warum er als buddhistischer Guru zu Recht eine Hörer- und Lesergemeinde 

um sich sammelt. 

In seinem Text „Unsere Verabredung mit dem Leben“ 11 bringt er unter anderen 

das „Sutra der Kenntnis des besseren Weges, allein zu leben“. 12 

In diesem und den anderen Sutras wird aufgezeigt, dass es nicht darum 

geht, das Alleinleben in der Abgeschiedenheit nur der äußeren Form nach 

zu üben (18), sondern dass BUDDHA lehrte 

„dass Im-gegenwärtigen-Augenblick-leben der Weg ist, allein zu leben. 

Wenn jemand keine Achtsamkeit für den gegenwärtigen Augenblick 

aufbringen kann, wird er oder sie nicht einmal alleine sein, 

wenn er oder sie sich im tiefsten Wald befindet.“ (19) 

BUDDHA lehrte ja: 

„Lass los, was vergangen ist. Lass los, was noch nicht ist. Betrachte 

eingehend das Geschehen des gegenwärtigen Augenblicks, 

jedoch ohne ihm verhaftet zu sein. Das ist der 

wunderbarste Weg, allein zu leben.“ (18) 

THICH NHAT HANH merkt hier an: 

11 THICH NHAT HANH: „Unsere Verabredung mit dem Leben – BUDDHA’s Lehre 

vom Leben im gegenwärtigen Augenblick“. München 1991. ISBN 3-85936- 

053-1 

Ich verwende in meinen Anmerkungen nur BUDDHA -Worte, die THICH NHAT 

HANH in seinen Büchern selbst zitiert. Die in Klammer gesetzten Zahlen 

verweisen auf die entsprechenden Seiten, auf welchen diese zitiert sind. 

12 Vgl. auch in der Mittleren Sammlung (Majjhimanikaya) des Pali-Kanon 

die Rede 131.

113 

„BUDDHA unterwies den Mönch folgender Maßen: 

‚Es ist offensichtlich, dass dir das Alleinleben zusagt. Ich will dir 

das nicht absprechen, aber ich möchte dir noch sagen, dass es einen 

ganz hervorragenden Weg gibt, allein zu sein. Das ist der 

Weg eingehender Betrachtung, der offenbart, dass die Vergangenheit 

nicht mehr und die Zukunft noch nicht ist, und der es uns 

ermöglicht, in aller Muße im gegenwärtigen Augenblick zu weilen, 

frei von Begehren.’.“ (10) 

THICH NHAT HANH will hier meines Erachtens den Leser gedanklich zu der 

Meinung führen, dass es nicht darauf ankomme, alleine als Einzelner zu leben, 

sondern im „Hier und Jetzt“, was man auch in der Gemeinschaft tun 

könne. So schreibt er: 

„Wie der BUDDHA lehrt, lebt jemand, der den besseren Weg kennt, 

allein zu leben, nicht notwendigerweise von der Gesellschaft isoliert. 

Sich von der Gesellschaft absondern und abgeschieden im 

Wald zu leben ist keine Garantie dafür, dass man wirklich allein 

ist.“ (19) 

THICH NHAT HANH führt also den Leser zu dem Gedanken, dass, wenn man 

ohne ein Denken an die Vergangenheit und ohne ein Denken an die Zukunft 

ist, schon das ‚Alleinsein’ erreiche, denn das Alleinsein beziehe sich ja 

darauf, dass man nicht von Gedanken an die Zukunft oder von solchen an 

die Vergangenheit „begleitet“ werde. 

Er argumentiert mit Hinweis auf BUDDHA so: 

„Der BUDDHA unterwies MIGAJALA folgendermaßen: 

‚Die Formen und Bilder, die die Objekte unserer Wahrnehmung 

sind, können angenehm und genussvoll sein und in unserer Erinnerung 

haften und Sehnsucht und Begehren auslösen. Wenn ein 

Mönch ihnen verhaftet ist, ist er an sie gebunden; dann ist er 

nicht allein. Er ist stets in Begleitung.’ 

Der Ausdruck ‚’in Begleitung sein’ ist eine Übersetzung von ‚sadutiyavi-hari’. 

Er bezeichnet“ 

so fährt THICH NHAT HANH, in seiner Interpretation fort, 

“das Gegenteil von ‚allein leben’. Als BUDDHA dieses Wort benutzte, 

meinte er damit jedoch nicht, sich in Begleitung anderer Menschen 

befinden. Er meinte, dass ein Mönch, der irgendwelchen 

Objekten, und seien es nur Objekte des Geistes, verhaftet ist, mit 

diesen Objekten lebt.“ (20)

114 

Richtig ist der Gedanke, dass das äußerliche Alleinsein noch nicht der richtige 

Weg ist und dass der richtige Weg auch in der Gemeinschaft gegangen 

werden kann. 

Richtig ist aber meiner Ansicht nach auch, dass der Weg im äußerlichen 

Alleinsein für manche ein einfacherer und leichterer Beginn 

ist. Genau so, wie der Einstieg einfacher ist, wenn man sich 

gedanklich von Vergangenheit und Zukunft (solange diese getrennt 

von der Gegenwart gedacht werden) löst und dadurch notwendig 

das Bewusstsein der Gegenwart (solange dieses von der 

Zukunft und von der Vergangenheit getrennt erlebt wird) „leer“ zu 

machen sucht. Denn Formen gibt es im Bewusstsein nur aus der 

Vergangenheit heraus. 

Die bei diesem Beginn bloß logisch begründete Hoffnung ist dabei: 

„Wer Formen meidet, der kann auch an ihnen nicht anhaften!“ 

Das Problem des Weges ist aber, weder in das Alleinsein, noch aus der 

Vergangenheit und aus der Zukunft weg in eine „formlose“, d. h. in eine 

von Zukunft und Vergangenheit getrennte Gegenwart zu flüchten. Es geht 

vielmehr darum, sowohl mit der Gemeinschaft als auch mit Vergangenheit 

und Zukunft achtsam umzugehen. 

Auf das „Wie“ kommt es an. 

BUDDHA sagte zwar, wie THICH NHAT HANH treffend zitiert, dass die Formen 

und Bilder, welche die Objekte unserer Wahrnehmung sind, angenehm und 

genussvoll sein können und wir in unserer Erinnerung Gefahr laufen, an 

diesen anzuhaften, wodurch Sehnsucht und Begehren ausgelöst werden 

„kann“. 

Ja, sie „können“ (20) dies nach sich ziehen, besonders dann, wenn sie „angenehm 

und genussvoll sind“ und uns dadurch „faszinieren“ und „anhaften“ 

lassen. 

Aber wir „müssen“ diesen Faszinationen nicht zwangsläufig so folgen, wie 

es unsere noch fremdbestimmte Aufmerksamkeit „gewohnheitsgemäß“ tut. 

Wenn Gedanken, Erinnerungen, Zukunftsphantasien usw. uns 

faszinieren und anhaften lassen „können“, dann lässt sich aus 

dieser Beobachtung allerdings „logisch“ folgern, dass ohne Objekte 

im Bewusstsein, ein „Anhaften“ nicht möglich sei. 

Es ließe sich auch aus der Tatsache, dass das „Anhaften“ dann 

besonders leicht geschieht, wenn diese Bilder mit Lust oder Unlust 

stark geladen sind, ebenfalls „logisch“ folgern, dass man Bilder

115 

zwar zulassen könne, aber deren emotionales Bewerten bekämpfen 

und loswerden müsse. 

Dies sind aber als „logische Schlüsse“ bloß brauchbare Gedanken, die einen 

Anfänger-Weg aufzeigen, einen Beginn. Sie beschreiben aber keineswegs 

den Weg selbst oder gar das Ziel. 

Wer dem Umgang mit Formen oder dem Umgang mit Werten aus 

dem Weg geht und damit aus seinem lebensweltlichen Umgang 

„aussteigt“, der hat logischer Weise mit Formen und Werten kein 

Problem, aber er entfaltet auch nicht seinen „Umgang mit Formen 

und Werten“ und auch nicht sein lebensweltliches Dasein. Er lernt 

weder Formen noch Werten gelassen mit Freude zu begegnen. 

Dieser Ausstieg ist für Anfänger bloß ein möglicher Einstieg. 

THICH NHAT HANH gibt zwar einleitend die wesentlichen Gedanken BUDDHA’S 

wieder, aber er beachtet sie anscheinend nicht so, dass Missverständnisse 

vermieden werden, und er baut auch nicht auf ihnen seinen den Lesern 

vermittelten Gedankengang auf. 

Worum es im Weg BUDDHA’s geht, bringt BUDDHA deutlich zum Ausdruck, 

wenn er sagt: 

„Lass los, was vergangen ist. Lass los, was noch nicht ist. Betrachte 

eingehend das Geschehen des gegenwärtigen Augenblicks, 

jedoch ohne ihm verhaftet zu sein.“ (18) 

Das Betrachten des gegenwärtigen Augenblickes allein reicht daher keineswegs 

aus. Es kommt auf das „Wie“ an, auf das „Ohne-ihm-verhaftet-zusein“. 

Dieses gilt es zu entfalten. BUDDHA will mit diesem Gedanken, an den 

er in verschiedenen Sutras immer wieder erinnert, einerseits sagen, dass 

es im Betrachten von Vorstellungen, sei es von solchen über die Zukunft 

oder über die Vergangenheit, sehr schwer ist, nicht anzuhaften. Deswegen 

empfiehlt er als Einstieg keine gedankliche Meditation, sondern ein meditatives 

Betrachten des Geschehens in der realen Wirklichkeit selbst. Hier ist 

es etwas einfacher, der Faszination von überdeckenden Phantasien nicht zu 

erliegen. 

Im Betrachten von Vergangenheit und Zukunft gibt es, da sich 

beides als ein von der Gegenwart Getrenntes nur in der Phantasie 

vorstellt, keinen Halt in der Realität, was das Loslösen vom Verhaftet-Sein 

anscheinend erschwert. 

Es geht daher auch hier um die Mitte.

116 

Der Beginn ist einerseits einfacher, wenn die Komplexität der 

Realität reduziert wird, zum Beispiel durch das Aufsuchen von 

Einsamkeit und Stille, andererseits ist der Beginn aber auch dann 

leichter, wenn man seine Verankerung in der äußeren Realität 

nutzt, um nicht von der Phantasie „weggespült“ zu werden. 

THICH NHAT HANH schreibt über die Bedeutung der Erdung in der gegenwärtigen 

Realität: 

„Wenn wir in Gedanken über die Vergangenheit verloren sind, 

verlieren wir die Gegenwart. Leben existiert nur im gegenwärtigen 

Augenblick. Die Gegenwart verlieren heißt das Leben verlieren. 

Die Botschaft des BUDDHA ist sehr klar: Wir müssen uns von der 

Vergangenheit verabschieden, damit wir in die Gegenwart zurückkehren 

können. In die Gegenwart zurückkehren heißt, mit dem 

Leben in Berührung zu sein“ (38) 

oder an anderer Stelle: 

„Wenn wir nicht fest im gegenwärtigen Augenblick verankert 

sind, kann es uns geschehen, dass wir uns ungeerdet fühlen, 

wenn wir in die Zukunft schauen.“ (44) 

Hier wird allerdings der Eindruck erweckt, als wäre das „Objekt des Gedankens“, 

zum Beispiel die Zukunft oder die Vergangenheit, letztlich entscheidend. 

Diese Ansicht führt, wie schon aufgezeigt, zu Missverständnissen. 

Auch in Gedanken über die Gegenwart können wir verloren sein. 

Es geht aber auch nicht um die Tatsache, dass die “Objekte des 

Beachtens“ bloß Gedanken sind, egal worüber, sondern um das 

„Sich-in-Gedanken-verlieren“, zum Beispiel in den Gedanken „Ich 

bin“ und diesen Gedanken dann als „Ich-Wahn“ für die Realität 

eines dauerhaften Ich zu halten. 

Die da-seiende Realität ist hier bloß das Beachten des eigenen 

Gedankens über das eigene da-seiende Sosein, egal ob dieses 

„Ich“ des Gedankens gegenwärtig, vergangen oder zukünftig ist. 

Wer sein eigenes „Denken der eigenen Gedanken“ selbst simultan beachten 

kann, ohne sich in die Gedanken zu verlieren, ist auch hier im „Beachten“ 

mit dem Leben in Berührung, auch wenn diese Gedanken ein So-Sein der 

Vergangenheit betreffen. 

Es geht nicht darum, nicht in der Vergangenheit festgehalten zu werden, 

wie THICH NHAT HANH missverständlich ausdrückt, sondern darum, nicht von 

den Gedanken festgehalten zu werden, sich nicht in diese hinein zu verlie-

117 

ren, seien dies nun Gedanken über die Gegenwart, über die Vergangenheit 

oder über die Zukunft. 

Dies ist das eine. 

Das andere ist das Festgehalten-werden von der biologischen Vergangenheit, 

von dem biologischen Gedächtnis des eigenen Lebens bzw. des Lebens 

überhaupt. Es geht hier um biologisch in unserem Inneren wirkende 

„Formationen“, die wir uns selbst noch gar nicht zur Sprache gebracht und 

noch nicht bewusst gemacht haben. 

Diese biologisch in unserem Inneren wirkende „Formationen“ müssen 

wir erst durch Beachten zur Sprache bringen und uns bewusst machen, 

damit wir uns gegenüber unserem von der Vergangenheit her in 

uns rhythmisch wirkenden Geschehen auch emanzipieren. 

Hier müssen wir in der Gegenwart beachten, wie wir gegenwärtig mit dem 

Leben in Berührung sind. „Mit dem Leben in Berührung zu sein“ alleine ermöglicht 

aber noch in keiner Weise, diese inneren „Formationen“ zu „transformieren“, 

wie es THICH NHAT HANH ausdrückt.(40) 

Auf das beachtende „zur Sprache bringen“ kommt es an. 

Es ist daher nicht nur irreführend, sondern meines Erachtens ausgesprochen 

falsch, wenn THICH NHAT HANH hinsichtlich der „inneren Formationen“, 

die wie wirkende Gespenster erlebt werden können, schreibt: 

„Eigentlich werden diese Gespenster aber weder von der Zukunft 

noch von der Vergangenheit produziert. Es ist unser Bewusstsein, 

das sie erschafft. Die Vergangenheit und die Zukunft sind Schöpfungen 

unseres Bewusstseins.“ (42) 

Gerade umgekehrt verhält es sich: Je weniger die inneren Wirkfaktoren ü- 

ber das Beachten in das Bewusstsein gehoben werden, um so mehr verfügen 

sie in animalischer Weise über uns. 

Das Bewusstwerden ist aber ein mühevoller Akt, bei dem auf halben 

Weg halbbewusste Formationen sich als Gedanken auf neue 

Weise phantastisch „halb-wegs“ kombinieren und in uns eine uns 

entfremdende Wirksamkeit entfalten. 

Auf diese Weise sind die Gedanken an die Vergangenheit und an die Zukunft 

und das in uns real Vergangene, welches von uns oft nur unvollkom-

118 

men zur Sprache gebracht wurde, in ihrem „Zur-Sprache-gebracht-sein“ 

allerdings Schöpfungen des Bewusstseins, und dies ist auch gut so. 

Es geht eben darum, durch besonderes Beachten das Tatsächliche klarer 

und deutlicher zur Sprache zu bringen. Aber das Tatsächliche bleibt dabei 

das Tatsächliche. Dies sowohl in Form als auch im Wert. 

Würde es aber letztlich nicht um das „Zur-Sprache-bringen“ gehen, dann 

hätte BUDDHA vermutlich seinen Mund gehalten und keinen „dharma“ in die 

Welt gesetzt! 

Das zur Sprache Gebrachte mit dem Tatsächlichen zu verwechseln, 

nur weil es auch wirkt, d. h. weil es eine eigene und „halbwegs“ 

neue Wirksamkeit in uns entfacht, ist allerdings Verblendung 

und Wahn. 

In dieser Hinsicht muss man auch die „Hoffnung“ als tatsächlichen Erlebenszug 

von hoffnungsvollen Gedanken unterscheiden. Deshalb kann ich 

auch den Formulierungen von THICH NHAT HANH hinsichtlich der „Hoffnung“ 

nicht zustimmen. Er schreibt: 

„Wir alle wissen, dass Hoffnung lebensnotwendig ist. Aber nach 

der buddhistischen Lehre kann Hoffnung auch ein Hindernis sein. 

Wenn wir unseren Geist in die Zukunft investieren, werden wir 

nicht genügend geistige Energie haben, um die Gegenwart zu 

konfrontieren und umzuwandeln.“ (43) 

Nicht die Hoffnung als eine reale innere „Formation“ ist ein Hindernis, sondern 

das Ausschweifen und Ausmalen von Bildern und Gedanken über 

künftige Zustände birgt arge Gefahren in sich, mit denen man aber achtsam 

umgehen lernen könnte. 

THICH NHAT HANH schreibt ja selbst ganz richtig. 

„Wenn wir die Gegenwart eingehend betrachten und ergreifen, 

können wir sie umwandeln. Wir tun dies durch Achtsamkeit, Entschlossenheit 

und rechtes Handeln und rechte Rede.“ (46) 

Die „rechte Rede“ ist aber nicht nur eine Frage des fühlenden „Wert-Seins“, 

bzw. sie ist nicht nur an der Oberfläche eine Frage von Ethik und Moral, 

sondern die „rechte Rede“ ist ganz grundsätzlich und vorerst eine Frage der 

klaren und deutlichen Sprache.

119 

„Rechte Rede“ ist vorerst „Etwas-richtig-zur-Sprache-bringen“, 

was oft erfordert, „Begriffe richtig zu stellen“, d. h. sie als „Formationen“ 

zu „transformieren.“ 

Um diese Aufgabe scheint sich THICH NHAT HANH in den mir bekannten Texten 

nicht sonderlich zu bemühen. Die Achtung vor den Mit-Menschen fordert 

aber, auch die „rechte Rede“ zu „beachten“ und gegebenenfalls zu 

„transformieren“. 

Der Bezug zu einer reduzierten äußeren Realität ist als Einstieg angeraten, 

denn die innere Realität des konkreten Erlebnisses ist in ihrem „trägen“ Bezug 

zu den inneren „Formationen“, zur inneren Welt der symbolischen Formen, 

13 für den Einsteiger oft genau so um eine Nummer zu groß, wie es die 

komplexe äußere Lebenswelt sein kann. Deswegen sind für den Einsteiger 

Vereinfachungen in beiden Richtungen hilfreich. 

Der Weg führt aber sehr wohl in die komplexe Lebenswelt hinein, was nur 

durch einen achtsamen Umgang sowohl mit der gedanklichen Vergangenheit 

als auch mit der gedanklichen Zukunft und letztlich mit der phantastischen 

Vorstellungswelt überhaupt zu schaffen ist. 

BUDDHA sagte: 

“ Bhikkhus, was meinen wir mit ‚nicht der Vergangenheit nachlaufen’ 

? 

Wenn jemand sich darüber Gedanken macht, wie sein Körper in 

der Vergangenheit war, wie seine Gefühle in der Vergangenheit 

waren, wie seine Wahrnehmungen in der Vergangenheit waren, 

wie sein Bewusstsein in der Vergangenheit war; wenn er über 

diese Dinge nachdenkt, sein Geist jedoch weder versklavt noch 

diesen Dingen verhaftet ist, die in die Vergangenheit gehören, 

dann läuft dieser Mensch der Vergangenheit nicht nach.“ (13) 

Es kommt auch in diesem Gedanken auf das „Nicht-verhaftet-sein“ an und 

nicht darauf, ob diese Dinge der Vergangenheit, Zukunft oder der Gegen- 

13 THICH NHAT HANH schreibt hierzu: „Welche Dynamik in unserem Bewusstsein 

zwingt uns, zurückzuschauen? Diese Kräfte setzen sich aus inneren 

Formationen (Sanskrit: Samyojana) zusammen, geistige Faktoren, die in 

uns aufsteigen und uns binden. Dinge, die wir sehen, hören, riechen, 

schmecken, berühren, vorstellen oder denken, können allesamt solche inneren 

Formationen aufsteigen lassen – Begierde, Gereiztheit, Wut, Verwirrung, 

Angst, Befürchtungen, Verdächtigungen und so weiter. Innere Formationen 

liegen in den Tiefen des Bewusstseins eines jeden von uns.“ (38)

120 

wart angehören. Es geht nicht darum, Vergangenes auszublenden, sondern 

an ihm nicht anzuhaften. 

Dies wird besonders deutlich, wenn man beachtet, was BUDDHA über den 

Umgang mit der Gegenwart sagte. 

BUDDHA sagte: 

„Bhikkhus, was ist gemeint mit ‚von der Gegenwart hinweggespült 

werden’? 

Wenn jemand nichts liest oder nichts lernt über den Erwachten 

oder über die Lehren der Liebe und der Weisheit oder über die 

Gemeinschaft, die in Harmonie und Achtsamkeit lebt; wenn dieser 

Mensch nichts über die edlen Lehrer und ihre Lehren weiß und 

diese Lehren nicht praktiziert und denkt: ‚Dieser Körper, das bin 

ich. Ich bin dieser Körper. Diese Gefühle, das bin ich. Ich bin diese 

Gefühle. Diese Wahrnehmung, das bin ich. Ich bin diese Wahrnehmung. 

Dieses Geistobjekt, das bin ich. Ich bin dieses Geistobjekt. 

Dieses Bewusstsein, das bin ich. Ich bin dieses Bewusstsein’, 

dann wird dieser Mensch von der Gegenwart hinweggespült.“ (14) 

WENN ER ABER 

„dies nicht denkt“ (15), „dann wird dieser Mensch nicht von der 

Gegenwart hinweggespült.“ (15) 

Das sogenannte „Hier und Jetzt“ ist als Objekt der Betrachtung also keine 

Garantie dafür, dass ich am sogenannte „Hier und Jetzt“ nicht anhafte, indem 

ich es zum Beispiel bloß als etwas von der Vergangenheit und von der 

Zukunft Getrenntes ansehe. 

BUDDHA’s Worte liefern keinen Hinweis darauf, dass das Anhaften an einem 

von Zukunft und von Vergangenheit getrennten „Hier und Jetzt“ besser sei 

als das Anhaften an eine von der Gegenwart getrennte Vergangenheit oder 

Zukunft. 

Sie liefern auch in keiner Weise ein Hinweis darauf, dass das Erreichen eines 

solchen „Hier und Jetzt“ schon das Erreichen eines „Zieles“ sei. 

Es ist deshalb irreführend formuliert, wenn THICH NHAT HANH hinsichtlich des 

richtigen Verweilens im „Hier und Jetzt“ anmerkt: 

,,wenn wir in ihm „nicht weiterhin in die Vergangenheit schweifen, 

uns um die Zukunft sorgen oder uns in den Zerstreuungen des 

Augenblicks verlieren“ (19) 

Es geht nicht, dies möchte ich eindringlich wiederholen, um das Objekt des 

Betrachtens, es geht nicht um das sogenannte „Hier und Jetzt“. Es ist voll-

121 

kommen gleichgültig, ob dieses Objekt des Betrachtens der Zukunft, der 

Vergangenheit oder der Gegenwart angehört, sondern es geht darum, nicht 

vom Objekt oder von den Gedanken über dieses fasziniert zu sein. 

Es geht nicht um „Aufmerksamkeit“, sondern um „Achtsamkeit“. 

Es geht um den „Sprung“ von der „fremdbestimmten Aufmerksamkeit“ 

zur „selbstbestimmten Achtsamkeit“. 14 

Der Begriff des sogenannten „Hier und Jetzt“, das sich angeblich sowohl 

von Vergangenheit und Zukunft unterscheidet, löst sich nämlich ohnehin 

auf. Dies führt THICH NHAT HANH ja selbst anschaulich aus, indem er 

schreibt: 

„Vergangenheit und Zukunft liegen beide in der Gegenwart“ (45) 

Was allerdings nicht in der Gegenwart liegt, das sind die Objekte der Gedanken 

an Zukunft und Vergangenheit, die eben über das Denken nicht zu 

erreichen sind. Sehr wohl ist aber das Denken selbst Gegenwart. Auch mit 

ihm gilt es daher in der Gegenwart einen achtsamen Umgang zu entfalten. 

Manche Interpreten der Lehre BUDDHA’s glauben, die Lösung liege in der 

„logischen Negation“ eines Gedankens und plädieren dann dafür, statt den 

Gedanken „das bin ich“ nicht zu denken, bloß den Inhalt des Gedankens 

logisch zu negieren und dann zu denken, „dass ich dies nicht bin.“ 

Solche Sätze, die statt etwas „nicht zu denken“ ersatzweise das 

Gegenteil des Gedachten „denken“, sind aber bloß Einstiegshilfen, 

zum Beispiel beim Betrachten der Anatomie des eigenen Körpers, 

bei der sich aber im Verlaufe der Meditation der gedankliche denkende 

Einstieg verflüchtigt, wenn ich überhaupt weiterkomme. 

Es geht nicht darum, zu denken, dass ich dies oder jenes „nicht 

bin“ sondern „nicht zu denken“, dass ich dieses oder jenes sei. 

BUDDHA hat nicht gesagt, dass es „kein Ich gibt“ oder dass es das „Ich nicht 

gibt“, sondern hat auf die „kluge“ Frage ob es ein „Ich“ gebe, die 

14 Vgl. hierzu meine Gedanken in HORST TIWALD: „Im Sport zur kreativen 

Lebendigkeit. Bewegung und Wissenschaft. Philosophische Grundlegung 

der Sportwissenschaft“. Band 2 der Schriftenreihe des Instituts für bewegungswissenschaftliche 

Anthropologie e.V., Hamburg 2000 ISBN 3-936212- 

01-5.

122 

„schlaue“ 15 

seien. 

Antwort gegeben, dass sich darüber die Edlen der Welt einig 

Dass es einen „Ich-Wahn“ gibt, bedeutet weder, dass es ein „Ich“ 

gibt, noch dass es dieses nicht gibt. Genau so kann aus der Tatsache, 

dass es einen Glauben an Gott gibt, weder logisch geschlossen 

werden, dass es einen Gott gibt, noch dass es diesen 

nicht gibt. 

THICH NHAT HANH folgt aber jenen, die sich mit aller Hartnäckigkeit von der 

vorbuddhistischen Philosophie abgrenzen wollen, welche einen formlosen 

Seelengrund als „Atman“ annahm und diesen ungeschieden von dem Grund 

überhaupt, den sie Brahman nannte, sah 16 . 

Im Buddhismus gibt es dagegen sehr wohl Denker, die diese beiden Positionen 

markieren und statt „Brahman“ dann von der „Leere“ und statt „Atman“ 

von der „Buddha-Natur“ oder dem „Selbst“ sprechen, und das formlos 

unvergängliche „Selbst“ vom vergänglichen „Ich“ unterscheiden. 

THICH NHAT HANH tut dies nicht. Für ihn ist „Ich“ und „Selbst“ das 

Gleiche. Daher gibt es für ihn auch keine Buddha-Natur als formloses 

Da-Sein in allen Wesen, d. h. als formloses Da-Sein in jedem 

So-Sein. 

Es gibt für ihn nur So-Sein (nur Wesen, nur Essenz). Über das 

Da-Sein (Existenz) 17 als Buddha-Natur macht er sich offensichtlich 

keine differenzierenden Gedanken, sondern setzt Buddha-Natur, 

d.h. die Leere mit der wechselwirkenden Form gleich. 

15 Zu meiner Unterscheidung von „klug“ und „schlau“ vgl. meinen Text „Talente 

unter psychologischen Gesichtspunkten“ auf www.horst-tiwald.de im 

Ordner „Talentreifung im Fußball und Tennis“. 

16 Vgl. hierzu „Bhagavadgita“ (Übers. SRI AUROBINDO). Gladenbach 1981 

ISBN 3-87348-110-3. und „Upanishaden – Die Geheimlehre der Inder“ (Übers. 

ALFRED HILLEBRANDT) München 1988 ISBN 3-424-00575-4. 

17 Hier wäre es hilfreich, über die Bewegung zu meditieren und zu schauen, 

dass es im Bewegen keine Gleichheit gibt, da das Bewegen eben ständiges 

Ändern eines So-Seins ist. 

Gleichheit ist daher ein praktikabler Wahn. Es erscheint bestenfalls etwas 

als ähnlich. Ein Bewegen, ein Verändern gibt es aber nur, weil etwas Formloses 

identisch bleibt. Würde dieses formlos Identische nicht das Verändern 

verbinden, dann könnten wir gar nicht von einem Verändern sprechen, 

sondern nur von einem zusammenhanglosen So-neben-Anders. 

Identität hat also mit absoluter Gleichheit einer Form gar nichts zu tun. So 

wie Selbst mit der sich wandelnden Form des Ich nichts zu tun hat. Das 

Selbst erfüllt bloß das Ich, genau so, wie die Identität (als Existenz) das 

Verändern der Essenz, (das Verändern des Wesens) erfüllt und damit diese 

eben im allseitigen Wechselwirken mit allem verbindet.

123 

Für ihn besteht daher auch der Ich-Wahn nicht darin, dass man an der 

Form seiner eigenen Individualität, die sich von Augenblick zu Augenblick 

ändert, anhaftet und diese für die Buddha-Natur, für das identische (und 

formlose) Selbst der Achtsamkeit hält. 

Er schreibt zwar ganz richtig: 

„Vergänglichkeit ist der unablässige Wandel aller Dinge. Ohne 

Vergänglichkeit kann es kein Leben geben.“ 

Fährt aber dann irreführend fort: 

„Selbst-losigkeit bezieht sich auf die gegenseitige Verwobenheit 

aller Dinge. Ohne gegenseitige Verwobenheit könnte nichts existieren.“ 

(54) 

Hier ist richtig, dass ohne gegenseitige Verwobenheit der Dinge nichts erscheinen 

könnte. 

Falsch ist aber die Behauptung, dass dieses Auf-anderes-So-Seinangewiesen-sein 

in der Lehre BUDDHA’s etwas mit „Selbstlosigkeit“ 

zu tun hat. 

Gemeint ist in der Lehre BUDDHA’s mit der Selbst-losigkeit des Ich-Wahns 

vielmehr, dass die erscheinende und vergängliche Form, das So-Sein meiner 

oder einer anderen Individualität, nichts Dauerndes, sondern etwas 

Vergängliches ist. 

Das vergängliche „Ich“ ist als das So-Sein meiner Erscheinung 

nicht das „Selbst“ im Sinne meiner Achtsamkeit. Es ist weder 

mein Atman noch meine Buddha-Natur. 

Wenn wir die Verwobenheit aller Dinge erkennen, erkennen wir 

noch lange nicht die Buddha-Natur in allen Dingen. 

THICH NHAT HANH versteht unter „selbst-los“ eben nichts hinsichtlich einer 

Buddha-Natur, sondern bloß das Verwobensein-aller-Dinge, also den Gedanken, 

dass nichts isoliert existieren kann. So werden ihm Vergänglichkeit 

und Selbst-losigkeit zu zwei Aspekten des Lebens und er meint: 

„Menschen leiden, weil sie die vergängliche und selbstlose Natur 

der Dinge nicht sehen können. Sie halten das, was vergänglich 

ist, für dauerhaft und schreiben dem, was selbst-los ist, ein Selbst 

zu.“ (54).

124 

Damit ist für ihn die Erkenntnis BUDDHAS, dass Leben eben Leid bedeutet, 

schon erklärt. 

Unter dem „Selbst“ versteht man also, wie THICH NHAT HANH es ebenfalls 

versteht, etwas, was nicht vergänglich ist. Er versteht aber darunter 

zusätzlich etwas, was eine eigene Qualität, ein eigenes So-sein hat. 

Ein eigenes So-Sein, welches als eigene Qualität von allen anderen 

Qualitäten isoliert ist, als unvergänglich anzusehen, bedeutet 

für ihn deswegen, einem „Ich-Wahn“ aufzusitzen, weil erstens jedes 

So-Sein vergänglich und zweitens jedes So-Sein nur ein So- 

Sein in der Verbindung mit anderen So-Sein ist, also deshalb kein 

eigenes qualitatives Selbst (in seinem Sinne) habe. 

Die Vergänglichkeit ist allerdings Bewegung des So-Seins, ist ständige Metamorphose. 

Nun versteht aber THICH NHAT HANH unter „Selbst“ nicht nur etwas, 

was nur unvergänglich sein soll, sondern etwas, das auch eine 

von allen anderen Qualitäten isolierte Qualität haben müsse. Er 

versteht also unter einem „Selbst“ das, was andere als „Ich“ bezeichnen 

und begrifflich vom „Selbst“ unterscheiden. 

Unterscheidet man aber gedanklich, so wie auch ich es tue, zwischen Ich 

und Selbst und versteht man unter einem Selbst etwas Unbegrenztes und 

daher ein mit allem Verbundenes und nimmt man dieses als unvergänglich 

an, dann kann dieses, gedanklich isoliert gedacht, nicht mehr als So-Sein, 

sondern nur noch als formloses Da-Sein betrachtet werden. 

Versteht man in diesem Gedanken-Modell, dem THICH NHAT HANH nicht folgt, 

unter einem Selbst dann auch die spiegelhafte Buddha-Natur, dann trifft in 

dieser Terminologie THICH NHAT HANH’s Behauptung, dass das Leben „selbstlos“ 

sei, nicht mehr zu. 

Vielmehr ist dann nicht das real erscheinende Leben selbst-los, sondern das 

vom Leben gedanklich isoliert betrachtete So-Sein des Lebens, das vergeht, 

ist selbst-los. 

Die Verwobenheit mit anderen Dingen ist dann etwas anderes als das vom 

Da-Sein, von der Buddha-Natur, von der Leere, vom Grund ganz erfüllt zu 

sein. 

Wandel und Verwobenheit beziehen sich aber nicht nur auf die realen Dinge, 

sondern auch auf die Vorstellungen, auf das vorgestellte So-Sein der 

Dinge. Dieses vorgestellte So-Sein der Dinge dann isoliert von seinem Da-

125 

Sein zu betrachten und für deren Selbst zu halten, dies wäre dann Verblendung 

und „Ich-Wahn“. 

Deshalb ist es wichtig, diese isolierten Vorstellungen (von dem 

So-Sein seiner eigenen Individualität) als „selbst-los“ zu betrachten. 

Sie sind eben bloß „Schein“, nicht Leben. 

Aber auch im Ich-Wahn begegnet man nur der Gegenwart, der Gegenwart 

der eigenen Täuschung allerdings. 

Nie ist meiner Achtsamkeit etwas anderes gegeben als Gegenwart. 

Man kann immer nur betrachten was ist. Ich brauche mich 

daher nie um Gegenwart zu bemühen! 

Die Frage ist vielmehr „wo“ dieses „Was“ ist: ist es in der realen Vorstellung 

oder in der vorgestellten Realität selbst? Beides ist im Beachten, wenn 

es beachtet wird, als eine Realität im Hier und Jetzt. 

Deswegen ist der plakative Satz von THICH NHAT HANH: 

„Je vergänglicher etwas ist, desto schöner und wertvoller ist es“. (55) 

eine hergeholte Behauptung, die nicht einmal in seinen eigenen Gedankengang 

passt. Dieser verwirrt sich noch stärker mit der Behauptung: 

„Das, was wir für das „Ich“ halten, wird weder geboren noch stirbt 

es.“ (59) 

insbesondere dann, wenn noch zusätzlich behauptet wird, dass BUDDHA 

wörtlich gelehrt habe, dass es wichtig sei: 

„uns heute strebend zu bemühen, weil es morgen zu spät sein 

wird: Der Tod kommt unerwartet und lässt nicht mit sich handeln“. 

und dies alles uns in paradoxer Weise führen soll 

„zur Erkenntnis der geburt- und todlosen Natur all dessen, was 

ist.“ (60) 

Hier wird der Eindruck erweckt, als sei eine Individualität deswegen todlos, 

weil sie einerseits gar keine Individualität ist, denn sie ist ja mit anderem 

So-Sein in der Realität konstitutiv verflochten, und weil sie andererseits

126 

nicht im Nichts 18 eines Todes verschwinde, sondern bloß in ein anderes So- 

Sein umgeformt werde. 

Dieser Gedanke führt aber am Verständnis der Lehre BUDDHA’s vorbei, die 

aufzuzeigen versucht, dass Todlosigkeit deswegen besteht, weil alles So- 

Sein von „Leere“ erfüllt und im Kern nur „Leere“ sei, die unvergänglich ist, 

also weder geboren wird noch stirbt. 

Das Buch von THICH NHAT HANH schließ dann mit dem Bekenntnis: 

„Deshalb wird im Kaccana-Bhaddekaratta Sutra betont, dass die 

Praxis des Alleinlebens die Grundlage des Brahma-geleiteten Lebens 

eines Mönches oder einer Nonne ist. Es ist auch die Grundlage 

von unser aller Leben.“ (60) 

Bei diesem „Brahma-geleiteten-Leben“ denkt man doch gleich, wie THICH 

NHAT HANH in seiner Schrift „Mit dem Herzen verstehen“ 19 , die ich gerade 

zufällig auf Seite 38 aufschlage, an die „Leere“: THICH NHAT HANH führt dort 

aus: 

„Leerheit ist Grundlage von allem. Dank der Leerheit ist alles 

möglich. Dies ist eine wichtige Aussage Nagarjunas, eines buddhistischen 

Philosophen aus dem zweiten Jahrhundert. Wenn ich 

nicht leer wäre, könnte ich nicht sein, und wenn ihr nicht leer wäret, 

könntet ihr nicht sein.“ (38) 

Dies ist ganz richtig. Denn die Leere ist in der Erscheinung deren Identität, 

deren Da-Sein. 

Dann schlägt aber THICH NHAT HANH einen gedanklichen Haken und leitet 

sein eigenes Da-Sein vom Mit-Sein mit den „vielen unterschiedenen 

Anderen“ ab. 

18 Zur der für das Verständnis buddhistischer Philosophie wichtigen Unterscheidung 

zwischen „Leere“ („formlose Fülle“) und „Nichts“ vgl. meine Auffassung 

in: 

HORST TIWALD: „Im Sport zur kreativen Lebendigkeit. Bewegung und Wissenschaft. 

Philosophische Grundlegung der Sportwissenschaft“. Band 2 der 

Schriftenreihe des Instituts für bewegungswissenschaftliche Anthropologie 

e.V., Hamburg 2000, ISBN 3-936212-01-5. 

HORST TIWALD: „Bewegen zum Selbst - Diesseits und jenseits des Gestaltkreises“. 

Hamburg 1997, ISBN 3-9804972-3-2. 

HORST TIWALD: „Yin und Yang. Zur Komplementarität des leiblichen Bewegens“. 

Immenhausen bei Kassel 2000. 

19 THICH NHAT HANH: „Mit dem Herzen verstehen“. Zürich-München-Berlin 

1989. ISBN 3-89620-139-5.

127 

Er sieht sich deshalb selbst als leer an unvergänglicher Form, weil er ohne 

die Anderen, die im „Verflochten-Sein-mit-ihm“ die Bedingung seines So- 

Seins sind, nicht so-sein könnte, wie er scheinbar erscheint. Er unterstellt 

nicht, dass das Sein des Anderen mit seinem eigenen Sein „identisch“ ist 

und die anderen aus dem selben formlosen Grund „sind“ wie er selbst, sondern 

dass der Andere, den es ja eigentlich genau so wenig wie es ihn selbst 

als dauerhafte Form gibt, die Ursache seines Seins wäre. 

Die Vergänglichkeit der „Vielheit“ schafft für ihn gleichsam die 

„Einheit“. 

Deswegen ist für ihn jenes So-Sein am schönsten, das am Vergänglichsten 

ist. 

Das schnellste Bewegen schlägt bei THICH NHAT HANH gleichsam in 

Bewegungslosigkeit um. So, als wäre um so mehr Identität in der 

sich verändernden Gleichheit, je rascher sich die scheinbare 

Gleichheit ändert. Dies ist sicher ein originelles Bewegungs- 

Modell, aber es ist mir weder gedanklich noch schauend nachvollziehbar. 

Er schreibt: 

„Weil ihr seid, kann auch ich sein. Das ist die wahre Bedeutung 

von Leerheit. Form hat keine eigenständige Existenz, und Avalokita 

möchte, dass wir diesen Punkt verstehen. 

Dank Leerheit sind wir lebendige Wesen, wir können atmen und 

denken. Leer zu sein bedeutet, lebendig zu sein, ein- und auszuatmen. 

Wir könnten nicht lebendig sein, wenn wir nicht leer wären. 

Leerheit ist Unbeständigkeit, steter Wandel. Wir sollten uns 

nicht über Unbeständigkeit ärgern, denn ohne sie ist nichts möglich.“ 

(38/39) 

Nun ist also bei THICH NHAT HANH plötzlich die „Leere“ zur Unbeständigkeit, 

zum Wandel des Soseins, zur Bewegung geworden. Nach ihm ist die „Leere“ 

als „Formlosigkeit“ plötzlich zur „Form“ geworden 

Es geht ihm nicht darum, die Leere als ein formloses Erfüllt-Sein 

zu beschreiben, sondern als ein Verbunden-Sein mit allem anderen 

vergänglichen So-Sein, als ein „Erfüllt-sein-von-allem“ im 

Sinne eines „Erfüllt-sein-von-der-so-seienden-Vielheit“ als der 

„Be-Dingung“ seiner Individualität. 

Weil die Form vergänglich und nichts Isoliertes ist, deshalb ist nach THICH 

NHAT HANH die Form erst überhaupt möglich. Form gibt es daher nur, weil

128 

sie sich ständig wandelt, in sich alles andere fasst und mit allem verbunden 

ist. 

Dies ist richtig hinsichtlich des So-Seins einer Form. Es bedeutet 

aber nichts hinsichtlich ihres Da-Seins. 

Leerheit ist für THICH NHAT HANH nicht ein Erfüllt-Sein, sondern 

„leer-von-einem-von-anderen-geschiedenen-Selbst-zu-sein“, was 

er als Selbst-los-sein deutet. Dieses Selbst-los-sein bedeutet für 

ihn nur, von anderen nicht geschieden, sondern mit anderen vereint 

und von anderen abhängig zu sein. 

Er schreibt: 

„Weil Form Leerheit ist, ist Form überhaupt möglich. In der Form 

finden wir alles andere – Empfindungen, Wahrnehmungen, geistige 

Formkräfte und Bewusstsein. Leerheit bedeutet, leer von einem 

eigenständigen Selbst zu sein; es bedeutet, voll von allem, 

erfüllt von Leben zu sein. Das Wort „Leerheit“ sollte uns daher 

nicht erschrecken, es ist ein wunderbares Wort. Leer zu sein heißt 

nicht, nicht-existent zu sein. 

.... Die Schale muss, um leer zu sein, da sein. 

Form, Empfindungen, Wahrnehmungen, geistige Formkräfte und 

Bewusstsein müssen, um leer von einem eigenständigen Selbst zu 

sein, existieren.“(38) 

Das Wort „Leerheit“ schreckt mich nicht, wohl aber der wechselnde 

Gebrauch dieses Wortes, den THICH NHAT HANH von ihm macht. Er mag verstehen, 

was er meint, ob er aber auch versteht, was er sagt? 

Es sollte auch hier um „rechte Rede“ gehen! 

Es geht nicht nur darum, zu verstehen und zu sagen, was man meint, sondern 

auch und letztlich darum, zu verstehen, was man sagt. Nur so kann 

man verstehen, ob man überhaupt sagt, was man meint. 

Anders kann man an seiner Meinung gar nicht achtsam arbeiten 

und weder seine Sprache „richtig stellen“ noch seine Meinung „zur 

Sprache bringen.“ 

III. 

Die nun folgenden ausführlichen Zitate dienen dem Verständnis der „Leere“. 

Es kommen der Indologe und Religionswissenschaftler HELMUT VON 

GLASENAPP, der Philosoph und Philosophiehistoriker HANS JOACHIM STÖRIG und 

des Existenzphilosoph KARL JASPERS, die sich eingehend mit der Lehre NA- 

GARJUNAs beschäftigt haben, zu Wort.

129 

Mit Bezug auf das „Prajnaparamita“ des NAGARJUNA 20 sieht KARL JASPERS 

21 die buddhistische All-Einheitslehre so: 

„Etwa vom ersten bis zum achten Jahrhundert n. Chr. war in 

INDIEN eine Philosophie durch logische Operationen im Gange (in 

Sanskrit). Die hinduistische Schule des NYAYA und buddhistische 

Sekten des MAHAYANA waren die Träger. 

Berühmte Denker aus den buddhistischen Sekten sind: NAGARJUNA 

(etwa 2. Jahrhundert n. Chr.), ASANGA, VASUBANDHU, DIGNAGA, 

DHARMAKIRTI (7. Jahrhundert). Die Literatur ist nicht in der Gestalt 

da, die schöpferische Denker ihr einst gegeben haben müssen, 

sondern in späten Werken, die aber dann Grundwerke für den 

philosophischen Buddhismus, besonders in CHINA geworden und 

geblieben sind. 

Innerhalb dieser Welt der logischen Dialektik als Selbstverständnis 

einer Lebenspraxis ging die Richtung der SUNYA-VADINS aus den 

gemeinsamen Voraussetzungen dieser Sekten bis zum Äußersten. 

Sie lehrten: Alles ist leer, - alle Dinge sind nur momentan, - ohne 

ein bestimmtes Sosein, - einem Zauberscheine gleich. Die wahre 

Erkenntnis liegt daher in der Leerheit selber. Ich gewinne sie in 

der Losgelöstheit, das heißt im Denken ohne Zeichen, ohne Bedeutung 

(in der »Merkmalslosigkeit«), das von keiner Neigung, 

keinem Ziel, von nichts bewegt wird (in der »Neigungslosigkeit«). 

Diese Lehre nennt sich »diamantspaltende Vollkommenheit der 

Weisheit«, - sie nennt sich auch der mittlere Weg (MADHYAMIKA) 

zwischen den beiden Thesen vom Sein und vom Nichtsein des Daseins: 

der Leerheit (sunya vada) kommt weder Sein noch 

Nichtsein zu. Der Zustand der vollkommenen Erkenntnis liegt in 

der vollkommenen Streitlosigkeit.“ (934) 

KARL JASPERS analysiert drei Gedankenoperationen: 

„1. Ein Grundbegriff dieses Denkens ist dharma. Was ist, ist dharma. 

Dharma ist Ding, ist Eigenschaft, ist Zustand, ist Inhalt und 

ist Bewusstsein des Inhalts, ist Objekt und Subjekt, ist Ordnung, 

ist Gestaltung, ist Gesetz und Lehre. Es liegt die Vorstellung 

20 vgl. MAX WALLESER (Übers.): „Prajnaparamita. Die Vollkommenheit der 

Erkenntnis. Nach indischen, tibetischen und chinesischen Quellen.“ Göttingen 

1914. 

MAX WALLESER (Übers.): „Madhyamika-sastra. Die Mittlere Lehre des Nagarjuna. 

Nach der tibetischen Version übertragen.“ Heidelberg 1911. 

MAX WALLESER (Übers.): „Die Mittlere Lehre des Nagarjuna. Nach der chinesischen 

Version übertragen“. Heidelberg 1912. 

21 KARL JASPERS: „Die großen Philosophen“. München – Zürich 1988 ISBN 3- 

492-11002-9.

130 

zugrunde, »dass nicht sowohl ein Geordnetes, ein Gestaltetes, als 

vielmehr ein Sichordnen, ein Sichgestalten den Inhalt der Welt 

bildet, und dass jede Ordnung einer anderen Ordnung, jede Gestaltung 

anderen Gestaltungen Platz machen muss« (OLDENBERG). 

Die dharmas, obgleich jeder selbständig ist, werden aufgezählt in 

einer Art Kategoriensystem, bis zu 75 dharmas. Dharma ist so 

vieldeutig wie unser abendländisches »Sein«. Das Wort zu übersetzen, 

misslingt, weil seine Bedeutungen allumfassend sind. 

2. Das Ziel dieses Denkens wird ausgesprochen als »Nichthaften« 

an den dharmas, als Nichtannehmen, als Nichterfassen der dharmas, 

als Sichloslösen, Sichbefreien von ihnen, um in die vollkommene 

Erkenntnis zu gelangen. Daher wird der vollkommen 

Erkennende (der Bodhisattva) »nicht in der Erscheinung stehen, 

nicht in der Empfindung, nicht im Begriff, nicht in den Gestaltungen, 

nicht im Bewusstsein« (Pr 37). 

Kinder und gewöhnliche Leute haften an den dharmas. Obgleich 

alle dharmas nicht eigentlich sind, werden sie von ihnen vorgestellt. 

Nachdem sie diese vorgestellt haben, haften sie an Name 

und Form. Anders der Erkennende: Lernend lernt ein Bodhisattva 

nicht irgendeinen dharma. »Er findet die dharmas vor so wie sie 

nicht vorgefunden werden.« 

Die Loslösung verlangt einen letzten Schritt. Ich könnte denken: 

Die Lehre selber ist doch da, sie ist der dharma, der vielleicht ist. 

Buddha ist doch da gewesen. Die Bodhisattvas sind da, die die 

Vollkommenheit der Erkenntnis erlangen. Sind sie nicht Wirklichkeit? 

Nein, auch dieses alles ist leer. »Nicht sehe ich jenes Ding 

(dharma), das Bodhisattva wäre; auch jenes Ding (dharma), 

nämlich die Vollkommenheit der Erkenntnis, erblicke ich nicht» 

(Pr 35). Die Vollkommenheit der Erkenntnis kann nicht vorgestellt 

werden und ist nicht als etwas Vorkommendes da. Denn was 

Nichterfassen der Erscheinung ist, das ist selber nicht Erscheinung; 

was Nichterfassen von Empfindung, Begriff, Gestaltung, 

Bewusstsein ist, das ist selber nicht Bewusstsein. Das ist der radikale 

Grundgedanke: sich von allem loslösen und dann von der 

Loslösung loslösen; nirgends hängenbleiben. 

3. Das Mittel dieses Denkens ist die Dialektik, wie sie die indische 

Logik entwickelt hatte. Sie erst versteht und erwirkt die vollkommene 

Loslösung im Nichthaften. Jede Denkbarkeit, sofern in ihr 

etwas getroffen sein soll, was ist, wird dialektisch vernichtet. Diese 

Operationen sind vor allem von NAGARJUNA entfaltet.“ (934- 

936) 

KARL JASPERS fasst diese Lehre wie folgt zusammen:

131 

„a) Es gibt zwei Wahrheiten: die weltlich verhüllte Wahrheit und 

die Wahrheit des höchsten Sinnes. Die verhüllte Wahrheit sieht alle 

dharmas als entstanden. Die Wahrheit des höchsten Sinnes 

lässt alle dharmas als unentstanden erschauen. Nun lässt sich der 

höchste Sinn nicht unabhängig von der verhüllten Wahrheit gewinnen. 

Unabhängig vom höchsten Sinn aber wird das nirvana 

nicht erreicht. Das heißt aber: Buddhas Lehre ist abhängig von 

zwei Wahrheiten, oder: nur auf dem Wege über das Falsche wird 

das Wahre erreicht. Dieser Weg aber kann nur durch die Erleuchtung 

von der höchsten Wahrheit her beschritten werden. Kraft 

dieser Erleuchtung wird dann schon im Denken der an sich leeren 

dharmas die weltliche Verkehrtheit nicht faktisch angenommen, 

vielmehr das Haften an ihr, während ich sie denke und mitmache, 

doch schon gelöst. 

b) Wenn so das Eine in den zwei Wahrheiten aufgefasst wird, 

dann führt diese Auffassung zu zwei einander entgegengesetzten 

Ansichten, nämlich der Ansicht entweder vom wesenhaften Ansichsein 

aller Dinge oder vom Nichtsein aller Dinge: Werden die 

Dinge als an sich seiend betrachtet, als wesenhaft existierend, so 

sind sie grundlos und bedingungslos, dann gibt es keine Ursache 

und keine Folge, kein Tun und keinen Täter, kein Entstehen und 

kein Vergehen. Werden die Dinge als nichtseiend betrachtet, so 

ist nichts als ein Zauberschein. Beiden gegenüber sieht NAGARJUNA 

die Dinge in ihrer Leerheit. Sie sind weder jenes ewige Ansichsein 

noch sind sie Nichts. Auf dem »mittleren Wege» zwischen Sein 

und Nichtsein sind sie, aber sie sind leer. Es gibt kein dharma, 

das nicht abhängig entstanden wäre, daher gibt es keine nicht 

leeren dharmas. 

Diese seine Ansicht nennt NAGARJUNA die Lehre vom »abhängigen 

Entstehen«. Sie ist für ihn Ausdruck der tiefsten Wahrheit. Wenn 

er sie formuliert, muss er aber damit zugleich wieder in bestimmte, 

nach seinem eigenen methodischen Schema unzureichende 

Bahnen gelangen, z. B. wenn er diese Lehre zusammenfassend 

ausspricht: »Ohne Entstehen, auch ohne Vergehen, nicht ewig, 

auch nicht abgeschnitten, - nicht eines, auch nicht verschieden, - 

ohne Kommen, auch ohne Gehen, - wer so das abhängige Entstehen 

lehren kann, das stille Erlöschen der Entfaltung, vor ihm beuge 

ich das Haupt« 

Die Ansicht von der Leerheit der Dinge im abhängigen Entstehen 

rettet die Wirklichkeit der Überwindung des Leidens, die Wirklichkeit 

des Weges. Denn wenn Ansichsein ist, dann gibt es kein Entstehen 

und kein Vergehen. Was nicht durch eigenes Wesen existiert, 

kann nicht entstehen und wird ewig verharren. Wenn Ansichsein 

ist, kann daher auch nichts mehr erreicht werden, nichts 

mehr getan werden, weil alles schon ist. Wenn Ansichsein ist, so 

wären die lebenden Wesen frei von verschiedenartigen Zuständen. 

Es gäbe kein Leid. Wenn aber die Leerheit der Dinge ist, 

dann gibt es Entstehen und Vergehen, Tun und Erreichen. Wer die

132 

Leerheit der Dinge bestreitet, bestreitet die allen gemeinsame 

weltliche Gegenwärtigkeit. Es gibt das Leiden, gerade weil dieses 

nicht an sich existiert und Nichtewiges ist. 

c) Die erstaunlichste, klar ausgesprochene Konsequenz ist: Wenn 

alles nicht eigentlich ist, so scheint sich auch die Nichtexistenz 

des BUDDHA zu ergeben, die Nichtexistenz der Lehre, der Erkenntnis, 

der Übung, der Gemeinde, der Mönche, der am Ziel angelangten 

Weisen. Wird dies als Einwand vorgebracht, so ist die 

Antwort: Sie sind im Sinne des Leerseins, des Weder Seins noch 

Nichtseins. Weil das Leersein ist, darum gibt es BUDDHA. Wenn die 

Dinge nicht leer wären, es kein Entstehen und Vergehen gäbe, 

kein Leid, dann würde es auch nicht BUDDHA und seine Lehre vom 

Leid, von der Aufhebung des Leidens und von dem Weg zur Aufhebung 

des Leidens geben. Wenn Leid an sich wäre, könnte es 

auch nicht zerstört werden. Wenn der Weg an sich existierte, wäre 

sein Begehen nicht angängig, denn bei dem, was ewig ist, existiert 

kein Begehen. Wenn man Ansichsein annimmt, dann ist 

nichts mehr zu erreichen. Daher geschieht im Leeren, was BUDDHA 

ist, lehrt und was seine Lehre bewirkt. Nur wenn ein Mensch alle 

dharmas in der Leerheit durch Bedingungen entstehen sieht, so 

kann dieser Mensch des BUDDHA Lehre sehen, die vier edlen 

Wahrheiten sehen, die Vernichtung des Leidens erreichen. 

Wer den Einwand aus der Wesenlosigkeit der Buddhalehre gegen 

diese Lehre wendet. hat den Sinn der Lehre nicht verstanden. Der 

Einwand hört auf, wenn alles Gedachte, Vorgestellte, Seiende im 

Leeren selbst gesehen wird. 

Für wen Leerheit richtig ist, für den ist alles, Weltliches und Ü- 

berweltliches, richtig. Für wen Leerheit nicht richtig ist, für den ist 

alles nicht richtig. 

Wer die vier Ansichten des logisch-methodischen Schemas unterscheidet, 

bewegt sich in der verhüllten Wahrheit. Er ist behaftet 

mit vielen Arten von Vorstellungen. Er hält noch die Alternative 

fest: »Wenn das wahr ist, so ist das andere sinnlos.« Er »fasst 

massiges Ergreifen«. 

Für die aber, denen das Auge der wahren Erkenntnis geöffnet ist, 

werden die vier Ansichten hinfällig. 

Die den BUDDHA durch Entfaltungen wie: Sein - Nichtsein, Ewig - 

Nichtewig, Leeres - Nichtleeres, Leib - Geist usw. zu sehen sich 

einbilden, die sind durch die Entfaltungen am geistigen Auge beschädigt. 

Sie sehen den BUDDHA nicht, so wenig wie die Blindgeborenen 

die Sonne. Wer aber das abhängige Entstehen sieht, der 

sieht das Leid, die Entstehung, die Zerstörung des Leidens und 

den Weg. Ebenso wie ein mit Augen versehener Mensch durch das 

Scheinen eines Lichtes alle die verschiedenen Erscheinungen 

sieht.“

133 

Nun der Religionswissenschaftler und Indologe HELMUT GLASENAPP 22 : 

„Die Philosophie des HINAYANA hatte die Welt der Lebewesen und 

der unbelebten Materie aufgelöst in eine Vielheit von vergänglichen, 

gesetzmäßig zusammenwirkenden Daseinsfaktoren (dharma). 

Das Nirvana stellt der Wandelwelt (Sansara) gegenüber etwas 

völlig anderes dar. Nirvana und Sansara sind Gegensätze, die 

sich nicht auf eine letzte Einheit zurückführen lassen. 

Die auf den Sutras der »Vollkommenheit der Erkenntnis« fußende 

»Mittlere Lehre« des NAGARJUNA (sprich: Nagardschuna), der im 2. 

Jahrhundert n. Chr. lebte, lehrt demgegenüber einen Monismus. 

Alles, was vergänglich ist und in Abhängigkeit von etwas anderem 

entsteht oder besteht, hat nach ihm keine wahre Realität, sondern 

nur die eines schnell vergehenden Traumes. 

Wirklich ist nur das, was weder entsteht noch vergeht, und weder 

räumlich noch zeitlich, noch begrifflich und kausal begrenzt ist. 

Dies ist das »Leere« (shunya), in dem alles Wandelhafte in anfangloser 

Kette bedingt gleich einem Zauberspuk auftritt und wieder 

verschwindet. Das »Leere« ist also ein relatives Nichts, der 

unergründliche Abgrund, über dem alles steht, nicht eine letzte 

Ursubstanz, aus welcher sich alles entwickelt hat. Das »Leere«, 

das das einzig unverrückbar Bleibende in der Flucht der sich ununterbrochen 

ablösenden Erscheinungen darstellt, ist das Nirvana; 

dieses ist mithin in Wahrheit schon jedem Wesen eigen, obwohl 

jenes sich dessen in seiner Verblendung nicht bewusst ist. 

Der Weise, der sich von irrealen Beschränkungen, die der Irrtum 

um ihn wob, befreit, weiß sich in der Meditation schon hier im 

Nirvana und wird beim Tode zu dem, was er von jeher war, zum 

unaussprechlichen und undefinierbaren Leeren, in dessen All- 

Einheit alle Unterschiede von Sein und Nichtsein aufgehoben sind. 

Die Buddhas und ihre Lehre sind für NAGARJUNA im höchsten Sinne 

natürlich ebenso unwirklich wie die Welt der Vielheit, sie haben 

gleichwohl einen höheren Wert als diese insofern, als sie einen 

praktischen Weg aufzeigen, um die Scheinwelt mit ihren eigenen 

Mitteln zu überwinden. 

Einen anderen Weg geht die »Nur-Bewusstseins-Lehre« des 

ASANGA (4. Jahrhundert n. Chr.). Nach dieser existiert keine reale 

Außenwelt; alles, was wir außerhalb unseres Geistes wahrzunehmen 

glauben, ist in Wahrheit eine Projektion aus diesem. Analysieren 

wir unser Bewusstsein, so finden wir als letzte Basis jedes 

individuellen geistigen Lebens ein »Speicherbewusstsein« (alaya- 

22 HELMUT VON GLASENAPP: „Die fünf Weltreligionen – Hinduismus, Buddhismus, 

Chinesischer Universismus, Christentum, Islam“. München 2001 ISBN 

3-89631-415-7.

134 

vijnana) vor, das gleich einem stets sich erneuernden Reservoir 

die Quelle der Aktivität des Einzelwesens und das Sammelbecken 

seiner Erfahrungen und karmischen Dispositionen ist. 

Dieses »Speicherbewusstsein«, das sich seit anfangloser Zeit von 

Existenz zu Existenz fortsetzt, vertritt die Seele in den brahmanischen 

Systemen, unterscheidet sich von dieser aber dadurch, 

dass es nicht eine beharrende Substanz, sondern einen in unausgesetztem 

Wandel begriffenen Strom darstellt. 

Wegen dieser seiner Veränderlichkeit kann ihm ebenso wenig wie 

den Gedanken oder den durch sie gestalteten Dingen der Außenwelt 

ein wahres, unvergängliches Sein zugeschrieben werden. 

Die letzte, alleinige Realität, welche der Vielheit der nebeneinander 

fließenden Persönlichkeitskontinuen oder Speicherbewusstseine 

zugrunde liegt, ist ein rein Geistiges: die nicht in Subjekt und 

Objekt zerspaltene Bewusstheit. Diese nicht mit Worten zu beschreibende, 

sondern nur in der Meditation intuitiv zu erfassende 

»Soheit« (tathata) ist die bleibende Unterlage alles Bedingten. 

Das Verhältnis dieses Absoluten zu dem Relativen lässt sich nur 

als »weder verschieden noch nicht-verschieden« bestimmen. Wäre 

nämlich alles Relative vom Absoluten völlig verschieden, so 

würde es überhaupt nicht da sein können, wäre es hingegen mit 

ihm identisch, so müsste es gleich diesem rein und unvollkommen 

sein. 

Die beiden MAHAYANA-SCHULEN unterscheiden sich darin voneinander, 

dass die Mittlere Lehre keine positive »An-sich-Realität«, auf 

welcher alles Vergängliche ruht, annimmt, sondern nur ein unqualifizierbares 

Vakuum, in dem alles erscheint wie Blitze im leeren 

Weltraum, während die »Nur- Bewusstseins-Lehre« eine nichtrelative, 

absolute, geistige Grundlage aller Phänomene postuliert. 

Beide Lehren haben über die Grenzen INDIENS hinaus großen Einfluss 

erlangt. In TIBET wird heute vor allem das System 

NAGARJUNAS studiert, ja, es kann geradezu als die Staatsphilosophie 

der DALAI LAMAS bezeichnet werden. 

Die »Nur-Bewußt-seins-Lehre« ist namentlich für das Denken 

CHINAS und JAPANS von hoher Bedeutung geworden. 

Man hat es im Femen Osten aber später als einen Mangel empfunden, 

dass diese Lehren sich über die Beziehung des Absoluten 

zur wandelhaften Welt der Phänomene nicht näher auslassen, und 

sah in ihnen deshalb nur unvollkommene Vorstufen für »Systeme 

des vollentwickelten MAHAYANA«, welche in der Erscheinungswelt 

geradezu eine Manifestation des Absoluten sehen. 

Dieses nun, das ens realissimum, wird in den japanischen TENDAIund 

SHINGON-SCHULEN mit dem All-Buddha VAIROCANA identifiziert. 

Die sechs Komponenten der Welt, die Elemente Erde, Wasser, 

Feuer, Luft, Raum (Äther) und Bewusstsein, sind Erscheinungsweisen 

VAIROCANAS, alle Buddhas, Bodhisattvas, Götter, Menschen, 

Tiere, Pflanzen, Berge nur Einzelgestalten von ihm, seine Aktivität 

manifestiert sich gleicherweise im Rauschen des Wassers wie im

135 

Wehen des Windes und in der Tätigkeit von Körper, Rede und 

Denken. 

Diese von ostasiatischem Naturgefühl bestimmte Anschauung 

wertet die Welt der Phänomene also nicht wie die Philosophie der 

älteren Zeit als wesenlos, vergänglich und leidvoll, sondern als eine 

Ausdrucksform des All-Geistes: die Welt hat nicht nur das Ewige 

zur Grundlage ihres Seins, sondern ist auch in ihrem So-Sein 

von diesem abhängig. 

Der All-Buddha hat in dieser Auffassung mit dem All-Gott des 

Pan-en-theismus der HINDUS manches gemein, während aber der 

ewige Weltenherr der BHAGAVADGITA jenseits von Gut und Böse 

steht und die aus ihm hervorgegangenen Wesen wie Figuren einer 

Puppenbühne tanzen lässt, einige gnädig aus dem Sansara befreit, 

andere in Höllen oder dämonische Mutterschöße eingehen 

lässt, ist der All-Buddha ausschließlich das personifizierte Prinzip 

der Erlösung. Er richtet und straft nicht, sondern bringt nur Heil 

und Seligkeit. 

Nur weil die Lebewesen blind sind durch Nichtwissen und Leidenschaft, 

erkennen sie nicht ihre wahre Natur, die mit dem All- 

Buddha eins ist, und begreifen nicht sein segenvolles Wirken in 

den Kräften des Kosmos und des Menschen.“ 

Nach dieser Anschauung bedarf es also nur einer geistigen Umstellung, 

um in der leidvollen Wandelwelt das ihr zugrunde liegende 

göttliche All-Eine und damit Erlösung zu finden. 

Die verschiedenen Formen, welche der Monismus des MAHAYANA 

durchlaufen hat, lassen sich vielleicht durch folgendes Gleichnis, 

wenn auch unvollkommen, verdeutlichen. 

Für NAGARJUNA ist nur der Abgrund, der leere Raum real, alles andere 

ist eine anfanglose, sich in der Verkettung von Ursachen und 

Wirkungen unaufhörlich fortsetzende Phantasmagorie. 

Für ASANGA ist das Absolute, der All-Geist, ein Ozean, die Wogen 

des Ozeans sind auf ihm durch den Wind des Karma hervorgerufene 

Erscheinungen, die mithin mit ihm identisch und doch von 

ihm verschieden sind. 

Für die Systeme des sogenannten entwickelten MAHAYANA sind 

hingegen auch die Wogen des Ozeans reale Auswirkungen des 

Absoluten; dass diese dem unwissenden Seefahrer als gefährlich 

und leidbringend erscheinen, rührt davon her, dass er sie nicht in 

ihrer Unermesslichkeit »sub specie aeternitatis« sieht, sondern sie 

auf sein kleines begierdeerfülltes Ich bezieht.“ (124-127) 

Der Philosoph und Philosophiehistoriker Hans Joachim Störig 23 fasst die 

westlichen Gedanken über die All-Einheitslehren des Buddhismus so zusammen: 

23 HANS JOACHIM STÖRIG: „Kleine Weltgeschichte der Philosophie 1“. Frankfurt/Main 

1980. 880-ISBN 3-596-26135-x.

136 

„Die folgende Nebeneinanderstellung der vier Hauptsysteme, die 

in dieser Zeit entstanden, zeigt deutlich, wie die buddhistische 

Logik der mehrfachen Verneinung auf das metaphysische Problem 

»Sein oder Nichtsein« angewandt wurde. 

Um das klarzumachen, muss man ausgehen von der Vorstellung 

des gemeinen, unkritischen Denkens, nach der die Welt auf der 

einen Seite aus einer Vielheit körperlicher (physikalischer) Objekte 

besteht, denen auf der anderen Seite »Personen«, das heißt 

mit einer gewissen Dauer (Kontinuität) ausgestattete »Ichs« oder 

»Selbste«, gegenüberstehen, die wiederum über die körperliche 

Welt bestimmte Vorstellungen oder Ideen besitzen. 

1. Das realistische System des VASUBANDHU, der etwa 420 bis 500 

n. Chr. lebte, richtet die Negation nur gegen den Faktor »Personen«. 

Es wird geleugnet, dass es beständige, durch die Zeit hindurch 

andauernde »Selbste« gibt, welchem Gedanken wir schon 

im ältesten Buddhismus begegnet sind. Die Realität der körperlichen 

Welt wird dagegen nicht angezweifelt, daher der Name »realistisch«. 

2. Das nihilistische System des HARIVARMAN (zwischen 250 und 

350 n. Chr.) treibt die Negation einen Schritt weiter. Es gibt nach 

ihm weder existierende Personen, Ichs - noch wahrhaft existierende 

äußere Objekte - noch eine Wirklichkeit der Ideen. Es heißt 

darum nihilistisch. 

System 1 und 2 gehören zu den Schulen des »Kleinen Fahrzeugs« 

(HINAYANA). – 

3. Das dritte System, die idealistische oder Nur-Bewusstseins- 

Lehre, geht ebenfalls zurück auf den unter :1. schon genannten 

VASUBANDHU. Dieser wurde nämlich in späteren Lebensjahren 

durch seinen Bruder ASANGA - der diese Richtung schon vor ihm 

begründet hatte - zur Nur-Bewusstseins-Lehre bekehrt. Er verfasste 

daraufhin eine Reihe von Werken, die zu den maßgebenden 

dieser Schule wurden. 

Nach dieser Lehre liegt die Wahrheit nicht in der Anerkennung der 

Realität der Außenwelt (wie bei 1.), aber auch nicht in der Verleugnung 

jeder Realität überhaupt (wie bei 2). Vielmehr entsteht 

bei ihr aus der doppelten Negation sowohl der Individualität wie 

der Materie der positive Satz, dass allein den Ideen wahres Sein 

zukommt. Sie heißt darum idealistisch. 

4. Die Logik der Verneinung erreicht ihren Höhepunkt im wiederum 

nihilistischen System des schon anfangs genannten 

NAGARJUNA. Er zeigt, dass die drei obengenannten Schulen, in der

137 

Sprache seiner »Vierfachen Weise der Beweisführung« die Frage 

»Sein oder Nichtsein« (ens oder non-ens) mit »Ja« oder mit 

»Nein« oder mit einem «Ja« und «Nein«, also einem »Teils - 

Teils« beantworten wollen. Für ihn liegt aber die richtige Lösung 

im »Weder - Noch«. 

Der »Mittlere Pfad« des NAGARJUNA (auch die anderen Schulen 

verwenden diese Bezeichnung für die von ihnen vertretene Antwort) 

liegt in der durch fortgesetzte Negation gewonnene Erkenntnis, 

dass es im unaufhörlichen Fluss der Erscheinungen ü- 

berhaupt keine beharrenden Substanzen (weder Dinge noch Personen, 

noch Ideen) geben kann, sondern nur Erscheinungen, denen 

ein Eigensinn abgeht. 

Das darf aber nicht mit der ebenfalls nihilistischen Stellung von 

System 2 verwechselt werden. 

NAGARJUNAS »Weder Sein noch Nichtsein« meint vielmehr, dass 

sämtliche Versuche, die Welt zu deuten und das Rätsel des Seins 

zu ergründen, notwendig in willkürliche Abgrenzungen verfallen 

und dass der Weise, der sich weder auf Sein noch auf Nichtsein 

stützt, die ganze Frage als irreführend abtut und streitlos in 

Schweigen verharrt. 

Sytem 3 und 4 gehören zu den Schulen des »Großen Fahrzeugs« 

(MAHAYANA-BUDDHISMUS). 

Vergleicht man die zeitliche Folge der vier Systeme, so ergibt sich 

die überraschende Tatsache, dass sie umgekehrt verläuft wie die 

hier versuchte systematische Ableitung! 

NAGARJUNA, dessen als das folgerichtige Ergebnis aus der Anwendung 

der fortschreitenden Negation auf die anderen Schulen erschien, 

steht zeitlich vor der Begründung der anderen drei.“ (60- 

61) 

IV. 

Die überlieferten Worte BUDDHAS, sind, egal ob sie seinem gesprochen Wort 

entsprechen oder nicht, bloß dharmas. Sie sind dem Wandel unterworfen. 

Die Lehre BUDDHAS ist Bewegung, sie hat eine sie bedingende Vergangenheit 

und eine sie verändernde Zukunft. Sie kann nicht losgelöst vom Vorher, 

Neben und Später, also nicht losgelöst von ihren geistigen Bedingungen 

in anderer Lehren, von denen sie herkommt und denen sie begegnet 

ist, verstanden werden. 

Auch NAGARJUNA spricht, wie andere, diese Bewegung dadurch aus, dass er 

von „Buddhas“ in der Mehrzahl spricht.

138 

Die geistige Bewegung geht weiter. Sie verzweigt sich, läuft auch zurück 

und verbindet sich mit Anderem. 

Wer keine „zu-Ende-denkende“ Ansicht von dem hat, was als 

„Bewegung“ bezeichnet wird, der kann Buddhismus nicht verstehen, 

wer an seiner Ansicht von Bewegung, und sei diese noch so 

treffend, anhaftet, der auch nicht. 

Hinsichtlich des „Bewegens“ in der Wirklichkeit ist es vorteilhaft, zwischen 

einem „holistischen“ Bewegen, bei welchem ein vorher gegebenes „Ganzes“ 

sich auseinandersetzend „gliedert“, und einem „systemischen“ Bewegen, 

bei welchem „Teile“ sich verbindend zu einem „Ganzen“ zusammensetzen, 

gedanklich zu unterscheiden. Beide Prozesse bilden aber, zum Beispiel im 

Leben, eine real zusammenspielende Einheit. 

Das westliche Denken unterliegt fast zwanghaft dem systemischen 

Bewegen, auch dann, wenn in der Realität ein holistisches 

Bewegen dominiert. 

Dies zeigt sich auch in der Darstellung der vier buddhistischen „Hauptsysteme“, 

die soeben HANS JOACHIM STÖRIG gegeben hat. Er stellte die buddhistischen 

Lehrmeinungen in anderer Reihenfolge dar, als sie tatsächlich entstanden 

sind. Seine Darstellung kehrt letztlich einen realen „holistischen“ 

Prozess in einen „systemischen“ um, was ihm allerdings auch selbst auffiel, 

ohne dass er es deshalb aber auch lassen konnte. 

Hans JOACHIM STÖRIG stellte zuerst die realistische Lehrmeinung 

des VASUBANDHU, die nur das Subjekt negierte, dar und ließ dann 

die nihilistische Lehrmeinung des HARIVARMAN folgen, in der es 

weder existierende Personen, noch existierende äußere Objekte, 

noch eine Wirklichkeit der Ideen gab. 

Dann kam die Nur-Bewusstseins-Lehre, des „späteren“ 

VASUBANDHU, die aber eigentlich sein Bruder ASANGA bereits vor 

ihm dargestellt hatte, nach der allein den Ideen Wirklichkeit zukommt. 

Diesem gedanklichen Vorspiel lässt Hans JOACHIM STÖRIG dann als 

Synthese erst die Lehre des NAGARJUNA folgen, obwohl NAGARJUNA 

bereits zeitlich vor allen anderen aufzeigte, dass es im unaufhörlichen 

Fluss der Erscheinungen überhaupt keine beharrenden Wesen 

als Substanzen geben kann, sondern nur Erscheinungen, die 

kein dauerndes „So-Sein“ haben. 

Hans JOACHIM STÖRIG gab dann selbst den Hinweis auf eine tatsächliche „holistische“ 

Gedanken-Bewegung indem er schrieb:

139 

„Das kann man nur so erklären, dass der mit überragendem 

Scharfsinn begabte NAGARJUNA - der ja auch die Logik der Negation 

begründete - in genialer Zusammenschau bereits all das vorweggenommen 

hat, was Schritt für Schritt spätere Jahrhunderte 

erst auseinanderlegen mussten.“ (61) 

Dieser Zwang zur einseitig systemischen Darstellung zeigt sich auch bei 

HEGEL, der zwar einen „holistischen“ Weltgeist im Auge hat, aber in dessen 

zeitlicher Verwirklichung er nur einen immer wiederkehrenden „systemischen“ 

Dreischritt von „These-Antithese-Synthese“ zulässt. Durch diese 

einseitige Betrachtung des Bewegens erstarrt ihm das reale Geschehen im 

Bewusstsein zu einer, allerdings leicht verständlichen und faszinierenden 

„dialektischen Gedanken-Mechanik“. 

Da hilft auch nicht der Anruf des „Widerspruches“, der die Bewegung aus 

sich heraustreibt. Der Widerspruch ist ein besonderer Gegensatz 24 . Das 

Wort „Gegensatz“ ist vorerst aber bloß ein Wort, mit dem etwas bezeichnet 

wird. Es macht daher überhaupt noch nicht klar und deutlich, was das Bezeichnete 

eigentlich ist. 

Wenn ich unterscheide, dann setze ich zwei durch das Unterscheiden 

im meinem Kopf erst entstandene Positionen einander 

entgegen. Also schafft jede Unterscheidung in dieser Hinsicht einen 

„Gegensatz“ innerhalb von etwas, was vorher in meinem Kopf 

ununterschieden war. 

„Es gibt“ dann auch ein solches „gedankliches“ Unterscheiden, bei dem es 

einerseits nicht gelingt, in der „Realität“ das Unterschiedene lupenrein zu 

finden 25 . Andererseits bedeutet der Gedanke: „Es gibt so etwas“ noch 

nicht, dass „alles und jedes“ sich so verhält. 

24 vgl. hierzu die interessanten Ausführungen von ROMANO GUARDINI: „Der 

Gegensatz – Versuche einer Philosophie des Lebendiog-Konkreten“. Mainz 

1985 3 . ISBN 3-7867-1201-8. und von GOTTFRIED STIEHLER: „Der dialektische 

Widerspruch – Formen und Funktionen“. Berlin-Ost 1967 

25 vgl. meinen Text: „Zur Einteilung der Bewegungsformen“. In: „Leibesübungen 

Leibeserziehung“. Wien 1982/4. Dieser im Jahr 1968 verfasste 

Beitrag und im Jahr 1982 veröffentlichte Text kan von meiner Homepage 

(im Ordner „Talentreifung im Fußball und Tennis“) 

heruntergeladen werden..

140 

Eine Existenzial-Aussage („Es gibt“) zu einer All-Aussage („jedes 

ist so“) zu erheben ist ein verlockender Theorie-Fehler. 

„Es gibt“ auch gedankliche Gegensätze, bei welchen in jedem gedanklichen 

Pol anscheinend der gesamte Gegensatz sich wiederholt. Hier kann man 

ebenfalls nicht verallgemeinern und behaupten, dass dies in allen gedanklichen 

Polaritäten sich so verhält. 

Auch lässt sich keineswegs daraus ableiten, dass sich dieses „Spiegeln“ in 

die inneren Teile hinein immer wieder endlos wiederhole. 

Dies alles sind brauchbare Gehirn-Gespinnste. Etwa so, wie HEGEL aus der 

Tatsache, dass es „These–Antithese-Synthese“ als einen Fortgang zur Höherentwicklung 

gibt, daraus sofort eine „historische Mechanik“ konstruierte 

und in seiner Entdeckerfreude gleich kühn behauptete, dass alles notwendig 

diesen Gang nehme. 

Wenn ich „Achtsamkeit“ von „Aufmerksamkeit“ unterscheide, 

dann habe ich mit diesem Unterschied gedanklich zwar zwei neue 

„gedankliche Positionen“ geboren, die aber in mir als „reale Ereignisse“ 

nicht lupenrein voneinander geschieden sind. 

In der Realität meines Erlebens kann ich in diesem Falle nur von einem 

Vorwiegen des Einen oder des Anderen sprechen. 

Wie wird nun aber das gedanklich bezeichnet, was in der biologischen Realität 

vorhanden war, bevor sich in ihr die reale Unterscheidung zwischen 

Aufmerksamkeit und Achtsamkeit biologisch real entwickelt hatte? 

Bei meiner Wörter-Festlegung habe ich doch gedanklich bloß unterschieden, 

dass das Eine vorwiegend mich bestimmt, im Anderen 

dagegen vorwiegend „Ich“ der Bestimmer bin. 

Ich könnte aber auch gedanklich so unterscheiden, dass die Achtsamkeit 

„real“ (nicht gedanklich) gar nicht mehr auf der Ebene der realen Aufmerksamkeit 

liegt, sondern auf einer höheren realen Ebene. 

Ich könnte zum Beispiel gedanklich bemerken, dass die „Aufmerksamkeit“ 

mich zwar real „fasziniert“ und mich damit mit dem 

Objekt verbindet, dass sie aber real „nicht unterscheidet“, und 

dass erst dann im Individuum ein subjektives Unterscheiden entsteht, 

wenn zwei real „gegensätzliche“ Zentren der Aufmerksamkeit 

(in ihrem „Wert-Sein“) über das Individuum rivalisierend verfügen 

(z.B. „Angst vor Stromschlag“ mit „Lust am Futter“), wo

141 

zum Beispiel im Experiment das Tier erst zwischen den Signalen 

bzw. Symbolen „hellgelb“ und „dunkelgelb“ unterscheiden lernt. 

Diese beschriebene Aufmerksamkeit steht im realen „Gegensatz“ zur Achtsamkeit, 

zum Beispiel beim Betrachten des „Faden“, wo die Achtsamkeit 

nicht nur das Objekt des Betrachtens „wählen“, sondern auch im Objekt 

emotionslos „unterscheiden“ kann. 

Beim „achtsamen“ Hinhören auf die Natur wird im realen „Aufmerken“ das 

„Einstellwirken“ des Objektes aufgenommen und das vorurteilende Einwirken 

des Gedächtnisses gebremst. 

Hier prägen mich dann im „Aufmerken“ die realen Unterschiede 

des Dinges und sie weisen damit das an das Gedächtnis gebundene 

„Konstruieren“ von gedanklichen Unterschieden in die real 

vorgegebenen „Grenzen“. 

Ohne dieses reale Zusammenspiel der „vom realen Objekt herkommenden 

Aufmerksamkeit“ mit der „das subjektive Gedächtnis mit Augenmaß einspielenden 

Achtsamkeit“ würden wir uns gedanklich bloß in „rein subjektiven 

Konstruktionen“ bewegen, wie der „Konstruktivismus“ irrtümlich 

glaubt. 

Aus der Tatsache, dass die gedanklichen Konstruktionen aus dem 

Material des Gedächtnisses gebaut sind und dass das Bewusstsein 

in wilde Phantasien abgleiten kann, folgt nicht, dass das Bewusstsein 

ausschließlich eine Leistung einer subjektiven Gedanken- 

Akrobatik ist. 

THICH NHAT HANH kokettiert vermutlich mit Meinungen des abendländischen 

Konstruktivismus und mit der Nur-Bewusstseinslehre, wenn er missverständlich 

sagt: 

„Eigentlich werden diese Gespenster aber weder von der Zukunft 

noch von der Vergangenheit produziert. Es ist unser Bewusstsein, 

das sie erschafft. Die Vergangenheit und die Zukunft sind Schöpfungen 

unseres Bewusstseins.“ (42) 

V. 

Wie ich soeben dargelegt habe, unterscheide ich zwischen Achtsamkeit und 

Aufmerksamkeit in der Form, dass ich die Aufmerksamkeit als „fremdbe-

142 

stimmt“ ansehe, etwa als eine Faszination, die Achtsamkeit dagegen als 

„selbstbestimmt“. 

Diese Unterscheidung ist natürlich auch missverständlich, denn 

das Wort „selbstbestimmt“ leitet sofort zur Vorstellung eines „Ich“ 

und der eines „Bestimmens“ über, was aber gar nicht gemeint ist. 

Statt dem Wort „selbstbestimmt“ wäre die Bezeichnung „nicht fremdbestimmt“ 

wahrscheinlich weniger irreführend. 

Man sollte daher das Wort „Achtsamkeit“ bloß als Joker betrachten, 

der stellvertretend für einen vorerst noch verdeckten Gegen- 

Begriff in die Presche springen muss, der einem aber als hilfreicher 

Joker dann weiter begleiten wird. 

Man möge sich Folgendes vor Augen führen: 

Der Mensch nimmt visuell viel mehr auf, als ihm bewusst ist. Die Werbung 

lebt davon und jubelt Bilder unter, die einen unbewusst treffen und in einem 

dann gezielt weiterwirken. Diese Bilder „bemerkt“ (Aufmerksamkeit) 

man also, aber man „beachtet“ sie nicht. Man kann ebenso die durch diese 

Bilder angeregten Emotionen und Assoziationen, die zum Beispiel dann gezielt 

das eigene Kaufverhalten bestimmen, in sich (unbewusst) „bemerken“, 

ohne sie deshalb auch schon zu „beachten“. Deswegen ist man ihnen 

ja oft wehrlos ausgeliefert. 

Man kann sich aber auch diesen „reizenden“ Bildern aus einem 

inneren Motiv heraus (ebenfalls fremdbestimmt) willkürlich und 

bewusst zuwenden und sich dann einreden, dass man sie „selbstbestimmt“ 

bemerke, also „beachte“ (hier dient das Wort „beachten“ 

als Joker). So etwa, wie manche Raucher ihre Sucht, einer 

„bewussten“ Ausrede wegen, bloß bewusst „bemerken“ und sich 

dann einreden, mit ihr umgehen zu können. 

Würden sie ihre Sucht tatsächlich „beachten“, dann wären sie 

schon einen Schritt weiter. 

Wenn ich nun aber dieses willkürliche und bewusste Hinwenden zu einem 

äußeren oder inneren Reiz, den ich früher nur „bemerkt“ aber nicht bewusst 

wahrgenommen habe, von einer Meta-Ebene her „beachte“ (im treffenderen 

Sinn), dann beachte ich das Treiben meiner beiden rivalisierend 

verbundenen Aufmerksamkeiten. 

Das Treiben:

143 

• der von innen her kommenden und meinen Willen „richtenden“ 

Aufmerksamkeit 

• und der vom äußeren Objekt „angezogenen“ Aufmerksamkeit. 

Habe ich wiederum das Beachten dieses „Zusammenspiels von zwei Aufmerksamkeiten“ 

von einer weiteren Meta-Meta-Ebene her „beachtet“, dann 

ist der Joker (das Wort „beachten“) auf eine höhere Ebene gehoben worden 

und das Wort „Achtsamkeit“ ist dadurch auf der unteren Ebene der beiden 

verbunden rivalisierenden Aufmerksamkeiten entbehrlich geworden. 

Ich kann also das Dominieren der von innen gesteuerten Aufmerksamkeit 

genau so beachten wie das Dominieren von äußeren Faszinationen, und ich 

kann, was nun neu ist, auch deren rivalisierende und gleichzeitig um Ausgleich 

bemühte „Begegnung“ beachten. 

Ich kann also im „Erlebnis“ und im „Geschehnis 26 “ alle drei Aspekte beachten 

und sie dadurch in meinem Bewusstsein „zur gegenseitigen Rechenschaft 

ziehen“. 

Die Achtsamkeit spielt bei diesem „Prozess“ (im doppelten Wortsinn: 

„Geschehen“ und „Rechtsprechung“) selbst nicht aktiv mit, 

weder als Staatsanwalt, noch als Verteidiger, noch als Richter. 

Sie steht „tatenlos“ 27 darüber, sie schafft bloß die Plattform für 

die Auseinandersetzung, indem sie allen einen „heilsamen“ Spiegel 

vorhält. 

Ich kann also die Objekte selbst in einer Intuition „unmittelbar“ beachten. 

Ich kann aber auch mein Begegnen mit den Objekten beachten, also „unmittelbar“ 

beachten, wie mir die Objekte durch das Zusammenspiel von 

innerem und äußerem Bemerken „vermittelt“ werden. 

Hier ist es mir dann möglich, vorwiegend das von innen kommende „mit 

Erfahrung vor-urteilende Bemerken“ zu beachten oder vorwiegend das von 

außen kommende „Bemerken des Einstellwirkens 28 “. Letztlich kann ich aber 

26 zur Unterscheidung von „Geschehnis“ und „Erlebnis“ vgl. ERWIN STRAUS: 

„Geschehnis und Erlebnis – zugleich eine historiologische Deutung des psychischen 

Traumas und der Renten-Neurose.“ Berlin 1930. Reprint: Berlin- 

Heidelberg-New York 1978. ISBN 3-540-08805-9. 

27 Vgl. SRI AUROBINDO (Übers.): „Bhagavadgita“. Gladenbach 1981. ISBN 3- 

87348-110-3. 

28 Den Begriff “Einstellwirken“ verwende ich wie ELSA GINDLER und HEINRICH 

JACOBY. Vgl. HEINRICH JACOBY (SOPHIE LUDWIG Hrsg.): „Jenseits von ‚Begabt’

144 

auch das Auseinander-Setzen und das Verbinden dieser „Begegnung“ als 

„Ganzes“ beachten. 

Dieses achtsam verbundene Distanzieren ist nicht nur für die Selbstfindung, 

sondern letztlich auch für die Naturerkenntnis fundamental, denn wie 

der Physik-Didaktiker MARTIN WAGENSCHEIN schrieb 29 : 

„Fundamental sind solche Erfahrungen, welche die gemeinsame 

Basis des Menschen und der Sache (mit der er sich auseinandersetzt) 

erzittern lassen. Nur dann können wir von einer bildenden 

Erfahrung sprechen. – ‚Elementare’ Einsichten liefert sie notwendig 

und unvermeidlich nebenbei.“ (16-17) 

„Es ist nicht das, was, wie das ‚Elementare’ in der Physik, den 

‚Beobachter’ ermächtigt, viele Einzelaufgaben zu lösen, sondern 

es ist – eine Schicht tiefer – etwas, was den Menschen und sein 

Fundament und die Sache und ihr Fundament – und beides ist 

untrennbar – erzittern macht. Es zeigt in neuem Licht den Menschen 

als einen, dem es – unter gewissen einschränkenden Bedingungen 

– gegeben ist, mathematische Naturgesetze zu finden, 

und die Natur, die sich diesen Gesetzen ‚ergibt’ – unter denselben 

Bedingungen, dem Zeremoniell des Experimentes, außerhalb deren 

sie aber mit rätselvollem Lächeln unberührt bleibt.“ (16) 

Es ist daher nach MARTIN WAGENSCHEIN vollkommen verkehrt, das logische 

Denken und die intuitive Beziehung zu Welt gegenseitig ausspielen zu wollen. 

„Seit der Mensch das moderne naturwissenschaftliche Denken 

entdeckte, hat er viel Geborgenheit verloren. Er hat aber auch 

daran gewonnen. Die Mathematisierbarkeit erweckt Vertrauen. 

Beides richtig einzuschätzen, nämlich nur im Lichte einer bestimmten 

beschränkenden Methode als Aspekt sich zeigend, ist 

das Ziel eines bildenden Physikunterrichts.“ (18-19) 

Das Denken und der unmittelbare Wirklichkeitsbezug brauchen einander. 

Diesen Zusammenhang von „Symbolen“ und „Aufmerksamkeit“ bringt der 

und ‚Unbegabt’. Zweckmäßige Fragestellung und zweckmäßiges Verhalten - 

Schlüssel für die Entfaltung des Menschen“. Hamburg 1994: (ISBN3-7672- 

0711-7). 

29 MARTIN WAGENSCHEIN: „Zum Begriff des Exemplarischen Lehrens“. Weinheim 

1963 4

145 

Mathematiker, Naturwissenschaftler und Theologe PAWEL FLORENSKI 30 

deutlich 

zum Ausdruck: 

„Anders gesagt, weder die mathematischen Formeln noch die mechanischen 

Modelle heben die Wirklichkeit der Erscheinungen auf, 

sie existieren vielmehr neben ihr, zur gleichen Zeit und um ihretwillen. 

Die Erklärung will die Erscheinung aufheben, sie will die Wirklichkeit 

der Erscheinung in jene Kräfte und Wesenheiten auflösen, die 

sie an die Stelle des Erklärens setzt. 

Die Beschreibung in Symbolen unseres Geistes dagegen, wie immer 

diese beschaffen seien, wünscht unsere Aufmerksamkeit zu 

erhöhen und zu bewirken, dass wir uns der vor uns liegenden 

Wirklichkeit bewusst werden.“ (21) 

Erkennen bedeutet immer ein Nachbilden der Wirklichkeit, die eben vorher 

bzw. „unmittelbar“ auch gegeben und uns in einer „achtsamen Begegnung“ 

auch erreichbar sein muss. Der Philosoph EUGEN HERRIGEL 31 hat dies 

treffend ausgedrückt: 

„Erkennen heißt doch irgendwie ein Verwandeln, Umbilden des 

unmittelbar und als solchen doch offenbar atheoretisch – Erlebten 

oder Gegebenen in Gedankengebilde; und das Gedachte muss 

dann, um gegenständlich Bedeutung zu besitzen, d. h. um wahr 

zu sein, mit dem Gegenstand, der ihm gegenüber als Urbild fungiert 

übereinstimmen. 

Der Nerv des Erkennens wird daher erst durch die Frage bloßgelegt, 

auf welche Weise die Urteilsmaterie oder der logische Gehalt, 

mit dem sich formal operieren lässt, selbst zustande kommt; 

unter welcher Voraussetzung es also nicht nur formale Explikationen 

und Ordnungen des Erkannten, sondern Erkennen einer sachlichen 

und daher mehr als bloß formalen Ordnung der Welt gibt.“ 

(42-43) 

Nach EUGEN HERRIGEL ist die „überlogische Basis des Logischen“ in dem 

konkreten „’Sein’ des sinnvollen Lebens der Ursphäre“ (172) zu suchen. 

Bei seinem späteren Aufenthalt in JAPAN ist EUGEN HERRIGEL, dort als Professor 

für Philosophie an der KAISERLICHEN TOHOKU-UNIVERSITÄT SENDAI, dem 

Zen-Buddhismus begegnet und fand im Zen einen konkreten Weg zur die- 

30 PAWEL FLORENSKIJ: „Denken und Sprache“. Berlin 1993. Kontext-Verlag 

(ISBN 3-86161-016-7). 

31 

EUGEN HERRIGEL: „Urstoff und Urform. Ein Beitrag zur philosophischen 

Strukturlehre.“ Tübingen 1926. vgl. auch: EUGEN HERRIGEL: „Die Metaphysische 

Form. Eine Auseinandersetzung mit Kant.“ Tübingen 1929

146 

ser „Ursphäre des Hier und Jetzt“, den er dann in mehreren Büchern 32 ü- 

ber Zen beschrieb. 

So ist zum Beispiel auch im Kampfsport sowohl für das Selbst-Erkennen 

als auch für das situative Natur-Erkennen es eine unabdingbare Voraussetzung, 

in jene „Ur-Sphäre“ des Erlebens vorzudringen, in der das Denken 

sich aus der Unmittelbarkeit heraus entfaltet. 

Das Anhaften an Einseitigkeit aber und das voreilige Verallgemeinern sind 

auch hier besondere Gefahren. Darum geht es ganz grundlegend darum, 

jenen „Über-Blick“ zu bekommen, der Distanz und Einheit behält. 

Dieses achtsam distanzierte, aber trotzdem innig verbundene Betrachten 

ist auch Grundlage von Weisheit und jenem Humor, der 

auch über sich selbst, über sein eigenes Tun und Denken, lachen 

kann. Man sollte sich daher vor einem todernsten Denken genau 

so hüten, wie vor Orten, an denen kein Unkraut mehr gedeiht. 

32 EUGEN HERRIGEL: „Zen in der Kunst des Bogenschießens“. Weilheim 

1973 16 . 

EUGEN HERRIGEL: „Der Zen-Weg“. Weilheim 1970 3 . ISBN 3870411317.

147 

Bewegen und Erleben 

Universität Hamburg 

Sommersemester 2000 

I. 

Beim Erkennen schaffen wir Modelle 33 

der Wirklichkeit. Dies tun wir aber 

nicht voraussetzungslos. Unsere Modelle werden mitbestimmt von anderen 

Modellen, die wir uns bereits gestaltet haben. Bei diesem Gestalten waren 

wir aber auch nicht absolut frei. Wir können nicht vollkommen beliebige 

Modelle erstellen, denn letztlich weisen alle unsere Modelle auf eine Wirklichkeit, 

die sie erfassen wollen. Diese ist im Erleben konkret da und redet 

von dort her bei jeder Modell-Bildung mit. 

Die anschauliche Lebendigkeit unseres eigenen Erlebens ist Grundlage 

aller unserer Modelle. Dieser Voraussetzung sind wir uns aber nicht immer 

bewusst. Abgehoben von unserem Erleben meinen wir daher, wir könnten 

vollkommen beliebig Modelle erstellen und diese dann auch voraussetzungslos 

denken. Die Mathematik erscheint uns frei schwebend, weil es zur 

ihrem Wesen gehört, vom Wesen der Wirklichkeit abzusehen. Ganz gelingt 

ihr dies aber nicht, obwohl sie ihre Wurzeln, die ebenfalls im anschaulichen 

Erleben liegen, verdrängt und zu vergessen sucht. 

Weil jede Erkenntnis ihren Anfang bei der Anschaulichkeit des Erlebens 

nimmt und später im brauchbaren Handeln auch wieder zu diesem Ursprung 

zurückkehren muss, ist es für jede Wissenschaft hilfreich, sich ihrer 

lebendigen Wurzeln zu besinnen. Auf diesen Wurzeln ruhen die Voraussetzungen, 

die bei jeder Modell-Bildung gemacht werden müssen. 

Durch unsere Gedanken-Gänge in einem Modell können die 

Voraussetzungen, auf denen es ruht, keineswegs überprüft 

werden. 

Das Modell ist gegenüber seinen Voraussetzungen blind 

und wehrlos! 

Ein Modell können wir nicht durch Antworten im Modell, sondern nur 

durch radikales, d.h. durch ein auf die ‚Wurzeln’ bezogenes Fragen 

überschreiten, d.h. transzendieren und der Wirklichkeit annähern. 

33 vgl GERHARD SCHWARZ: „Raum und Zeit als naturphilosophisches Problem“. 

Wien 1972: Verlag Herder&Co. ISBN 3-210-24.439-1

148 

II. 

Ein klares Unterscheiden sagt vorerst noch nichts aus. Es wirft aber als 

Frage etwas vor und schafft so ein wissenschaftlich zu bewältigendes 

Problem. 

In meiner bisherigen Arbeit habe ich, um mich der Wurzeln eines bewegungswissenschaftlichen 

Modells zu besinnen, 

• zwischendem ‚Bewegen’ und 

• der ‚Bewegung’ unterschieden 34 . 

Im Hinblick auf diese Unterscheidung vertrat ich die Meinung, dass es im 

Sport nicht damit getan sein könne, nur bereits fertig vorliegende Bewegungen, 

sogenannte Fertigkeiten, als Vorbilder zu vermitteln, sondern 

dass es auch und vorerst darum gehe, das Bewegen selbst zu entwickeln. 

Mit dem Entwickeln des Bewegens ist gemeint, im Bewegen selbst 

zweckmäßige Bewegungen zu suchen und diese selbst kreativ zu gestalten. 

Bewegungen sind ein ‚festgehaltenes Bewegen’, im Gegensatz zum 

Daseins-Strom des ‚lebendigen Bewegens’. Bewegungen sind zwar fließend, 

aber in ihrer zeitlichen Verlaufs-Form gebunden. Die Verlaufs-Form 

der ‚Bewegung’ wurde als ‚spezifische Qualität’ aus dem Daseins-Strom des 

‚Bewegens’ herausgelöst und gestaltet, d.h. einschränkend fertig gemacht. 

Die ‚Bewegung’ ist ‚gefrorenes Bewegen’. 

Im situativem Bezug muss die fertige Bewegung daher wieder beweglich 

gemacht werden, was man dann die ‚variable Verfügbarkeit’ nennt. 

Beim Vermitteln von Bewegungen sollte es daher von Anfang an 

darum gehen, die Bewegungen wieder beweglich zu machen. 

In dem hier skizzierten Modell erscheint die ‚Bewegung’ als ein ‚gefrorenes 

Bewegen’. Den ‚räumlichen Körper’ könnte man wiederum als ‚gefrorene 

Bewegung’ ansehen, ähnlich, wie Leontjew 35 die ‚Werkzeuge’ als ‚gefro- 

34 vgl. mein Referat beim 1. INTERNATION KYUDO SYMPOSIUM (Hamburg, 13. 

August 1994) zum Thema: „Theorie der Leistungsfelder – Achtsamkeit und 

Bewegenlernen“. In: HORST Tiwald: „Die Kunst des Machens oder der Mut 

zum Unvollkommenen. Die Theorie der Leistungsfelder und der Gestaltkreis 

im Bewegenlernen“. Hamburg 1996: Edition Lietzberg. ISBN 3-9804972-2- 

4. 

35 vgl. A. N. LEONTJEW: „Probleme der Entwicklung des Psychischen“. Berlin 

1971.

149 

rene Tätigkeiten’ betrachtete. Im einen Fall ‚friert’ die zeitliche Beweglichkeit, 

im anderen die räumliche, was ‚massige Trägheit’ bringt. 

Das ‚Bewegen’ schränkt sich zur ‚Bewegung’ ein und diese bindet sich 

wiederum zum ‚räumlichen Körper’. Es entstehen auf diese Weise ineinandergeschachtelte, 

jeweils zur ‚relativen Ruhe’ gebrachte und als 

solche aber bewegte Systeme. In meinem Modell nähert sich diese Unterscheidung 

den drei Aspekten der Materie: 

• Energie (‚energia’, Akt, Bewegen) 

• Information (geformte Bewegung) 

• Stoff (‚inerter’, massiger Körper). 

Das Leben zeichnet sich in diesem Modell dadurch aus, dass es in sich diese 

Einschränkungen aufbrechen und einerseits im Selbstbewegen das Bewegen 

entfesseln, andererseits aus der Umwelt sowohl ein Bewegen, als 

auch Bewegungen und Körper im Wechselwirken selbsttätig in sich einstülpen 

36 kann. Dies realisiert sich im Energie-, Informations- und 

Stoff-Wechsel mit der Natur. 

Eine Fertigkeit ist aus dieser Sicht ein zur 'relativen Ruhe' gebrachtes 

Bewegen. Sie ist wiederholbares und benennbares Etwas geworden. 

Als Bewegung ist sie aber eine Frage-Antwort-Einheit. Diese Einheit 

umfasst nicht nur die sichtbare Fertigkeit, sondern auch das aus der 

Umwelt heraus isolierte Problem. Als ‚vorgeworfene Frage’ ist dieses 

Problem der ‚antwortenden Bewegung’ ganz dicht zugeordnet, bzw. 

das ‚Problem der Umwelt’ ist in die ‚antwortende Bewegung’ eingestülpt. 

Im Bewegen selbst gibt es diese Trennung von objektivem Problem und 

subjektivem Bewegen noch nicht so deutlich. Erst im achtsamen ‚Variieren 

des Bewegens’ sowie im ‚Variieren der Herausforderungen’ wird diese 

dicht verklebte Einheit von Frage und Antwort einerseits aus dem Strom 

des Daseins heraus isoliert und so wiederholbar gemacht, andererseits in 

sich zur Polarität von: 

• wiederholbarer Frage 

• und fertiger Antwort 

auseinander-gesetzt. Dadurch werden Bewegung und Problem auch in 

sich voneinander ablösbar. 

36 vgl. HORST TIWALD: „Yin und Yang. Zur Komplementarität des leiblichen 

Bewegens“. Immenhausen bei Kassel 2000: Prolog Verlag. ISBN 3-934575- 

10-2.

150 

Ähnlich sind in meinem Modell die Unterscheidungen von Ereignen und Ereignis, 

von Erleben und Erlebnis 37 sowie von Erkennen und Erkenntnis zu 

sehen. Man könnte in Fortführung dieser Benennungen dann allerdings 

statt von ‚Bewegung’ vom ‚Bewegnis’ sprechen. Dies will ich aber nicht tun, 

da dies mehr zum Verwirren, als zum Klären beitragen würde. 

III. 

Ich habe auch wiederholt zwischen einer ‚Bewegungstheorie’ und einer 

‚Theorie bewegter Körper’ 38 unterschieden. Wenn ich nun diesen soeben 

vorgetragenen Gedanken dieser Unterscheidung hinzufüge, dann geht es 

mir in meinem Modell um die Einheit und den inneren Zusammenhang von 

drei Theorien: 

• der Theorie des Bewegens 

• der Theorie der Bewegungen 

• der Theorie bewegter Körper. 

Diese Dreiteilung ist aber bloß Werkzeug, das ich benütze, um einen bestimmten 

bewegungswissenschaftlichen Gedanken zu strukturieren. 

Dieser soeben formulierte Satz macht bereits deutlich, welche ‚Lawine’ 

abgeht, wenn man dieses semantische ‚Schneebrett’ lostritt. Es stellt 

sich nämlich sofort die Frage, was ich mit 'bewegungswissenschaftlich' 

meine, denn dieses Wort beinhaltet ja das soeben spezifisch belegte 

Wort ‚Bewegung’. 

Wir wollen deshalb mit dem Wortklauben vorerst innehalten und das Wort 

'bewegungswissenschaftlich' in umgangssprachlicher Undifferenziertheit 

gebrauchen. Es umfasst für mich die Beschäftigung mit allen drei soeben 

differenzierten Theorie-Bereichen. Ich habe deswegen auch von einer ‚integralen 

Bewegungswissenschaft’ gesprochen. 

Man könnte nun einwenden, warum ich diese drei Bereiche überhaupt miteinander 

‚vermische’, denn es sei doch klar: 

37 vgl. meinen Text „Esoterik und Erkenntnis“ sowie den Text „Viktor von 

Weizsäcker und der Paradigma-Wechsel der Wissenschaft“. (Universität 

Hamburg. Sommersemester 2000). Internet: www.horst-tiwald.de unter 

den Downloads im Ordner „Religion und Philosophie“. 

38 vgl. HORST TIWALD: „Yin und Yang. Zur Komplementarität des leiblichen 

Bewegens“. Immenhausen bei Kassel 2000: Prolog Verlag. ISBN 3-934575- 

10-2. 

Horst Tiwald: „Im Sport zur kreativen Lebendigkeit. Bewegung und Wissenschaft. 

Zur philosophischen Grundlegung der Sportwissenschaft“. Internet: 

www.horst-tiwald.de unter den Downloads im Ordner „Buchmanuskripte“.

151 

• dass die Physik als Mechanik bloß eine mathematisierte ‚Theorie 

bewegter Körper’ sei und über das Wesen der Bewegung oder 

des Bewegens überhaupt nichts aussage. Dass dies auch für die 

sportwissenschaftliche Biomechanik gelte, sei ebenfalls bekannt. 

Beide sehen ab vom Wesen der Bewegung und versuchen, das 

mechanische Ereignis mit den Werkzeugen der Mathematik, deren 

Wesen das Absehen vom Wesentlichen ist, messend zu erfassen; 

• auch sei nicht neu, dass man im Sport beim Vermitteln von Fertigkeiten 

bloß Bewegungen vor Augen habe. Man bemühe sich 

auch, das Wesen dieser Bewegungen in Hinblick auf deren subjektive 

Anteile zu erhellen. In dieser Wesenschau würden nicht 

nur Ausdrucksbewegungen und Erlebnisanteile erforscht, sondern 

auch, über die Analyse der Schichten des Lebens, fertige 

Erbkoordinationen sichtbar gemacht; 

• und schließlich sei auch hinlänglich bekannt, dass Erwin Straus 39 

darauf hingewiesen habe, dass wir vorerst gar nicht fertige Bewegungen, 

sondern bloß Seinweisen des Bewegens in uns entfalten. 

Auch Viktor von Weizsäcker 40 habe mit seiner Forschungsarbeit 

auf dieses fundamentale Bewegen und auf dessen Einheit 

mit dem Wahrnehmen 41 deutlich hingewiesen. Aus fernöstlichen 

Ansätzen sei uns ebenfalls schon lange bekannt, dass es ein freiraum-nutzendes 

und form-schaffendes Bewegen 42 als kreative 

Grundlage jeder geformten Bewegung gäbe. 

39 vgl. ERWIN STRAUS: „Vom Sinn der Sinne“. Berlin/Heidelberg/New York 

1978. 

ERWIN STRAUS: „Geschehnis und Erlebnis“. Berlin/Heidelberg/New York 

1978:Springer-Verlag. ISBN 0-387-08805-9. 

ERWIN STRAUS: „Psychologie der menschlichen Welt“. Berlin/Göttingen/Heidelberg 

1960. 

40 vgl. HORST TIWALD: „Die Kunst des Machens und der Mut zum Unvollkommenen. 

Die Theorie der Leistungsfelder und der Gestaltkreis im Bewegenlernen“. 

Hamburg 1996. HORST TIWALD: “Bewegen zum Selbst. Diesseits 

und jenseits des Gestaltkreises“. Hamburg 1997. 

41 Diesen Aspekt hat am Beispiel des Sehens OLAF HÖHNKE intensiv weiterverfolgt 

und dessen sportwissenschaftliche Relevanz aufgezeigt. 

vgl. OLAF HÖHNKE: „Sehtraining und ganzheitlicher Anspruch. Historische 

Entwicklung des Sehtrainings und dessen Perspektiven aus der Sicht einer 

anthropologischen Bewegungswissenschaft“. Hamburg 1994: Verlag Czwalina. 

ISBN 3-88020-252-4. 

42 Hier gibt es auch westliche Ansätze. Der Frage der nach Freiheit im Bewegen 

ging FRANK NEULAND nach und ist dabei insbesondere den Gedanken 

von HERMANN GRAF KEYSERLING und der von NIKOLAI BERDJAJEW gefolgt. 

vgl. FRANK NEULAND: „Sinn und Ausdruck – Geist und Bewegung. Aspekte 

einer transkulturellen Bewegungsforschung“. Hamburg 2000: Edition Lietzberg. 

ISBN 3-9804972-8-3.

152 

Alle diese Einwände treffen zu. Seit sehr langer Zeit ist das Angemerkte 

bereits bekannt und wird in alle Richtungen verfolgt. Wozu also so tun, als 

würde mit der Zusammenstellung dieser allseits bekannten Sichtweisen, 

die alle als 'bewegungswissenschaftliche Ansätze' bezeichnet werden, etwas 

Neues geschaffen werden? 

IV. 

Wenn wir von ‚Bewegung’ sprechen, dann haben wir meist ein sinnlich 

anschauliches Bild vor Augen. Wir haben jenes im wahrsten Sinne eben vor 

Augen. 

Wir sind distanzierter Beobachter eines visuell vermittelten 

Bildes einer äußeren mechanischen Bewegung. 

Was wir hier beim Wahrnehmen bzw. beim Vorstellen vor unserem geistigen 

Auge haben, ist das Bild eines im Raum bewegten Körpers. Dieser 

nimmt vor unseren Augen seinen Weg durch den Raum. Die Bewegung erscheint 

uns dabei einerseits als Ortsveränderung, andererseits als Weg, 

als Pfad, der mit bestimmter Geschwindigkeit passiert wird. 

Ich wollte hier folgendes herausarbeiten: 

• wir sind distanzierter Beobachter; 

• unserer visueller Sinn dominiert; 

• der Weg der außen wahrgenommenen Bewegung steht als 

räumlicher Pfad im Vordergrund. 

Es gibt Menschen, denen eine außen wahrgenommene Bewegung in diesem 

Sinne auf Anhieb als Weg im Raum erscheint. Beim Nachahmen orientieren 

sie sich sofort an Orten im Raum, die von der Bewegung passiert 

werden. 

Aus dieser Sicht erscheint dann die Bewegung als Weg, den 

der bewegte Körper nimmt. In dieser Wahrnehmung zeigt 

sich aber nur eine Seite des Bewegens. 

Auf die andere, mindestens ebenso wichtige Seite des Bewegens hat Heinrich 

Jacoby 43 hingewiesen. Er nimmt bei der Bewegung nicht Bezug auf 

den Weg im Raum, sondern auf die dynamische Ladung der Bewegung. 

43 vgl. HEINRICH JACOBY (SOPHIE LUDWIG Hrsg.): „Jenseits von 'Begabt' und 

'Unbegabt'. Zweckmäßige Fragestellung und zweckmäßiges Verhalten - 

Schlüssel für die Entfaltung des Menschen“. Hamburg 1994: Christians Verlag. 

ISBN3-7672-0711-7.

153 

Das Wort 'Bewegung' leitet er daher nicht vom 'Weg' sondern vom kraftschätzenden 

'Wägen' 44 ab. 

Heinrich Jacoby verkörpert einen anderen Typ von Mensch. Dieser nimmt 

beim Wahrnehmen von Bewegungen weniger deren Weg durch den Raum, 

sondern mehr die dem Bewegen innewohnenden Kräfte und die jeweils 

korrespondierende Masse des bewegten Körpers wahr. 

Viktor von Weizsäcker gibt ein Beispiel, das ich hier etwas erweitern 

möchte, um meinen Gedanken zu veranschaulichen: 

An einer Scheibe, auf der im Kreis angeordnete Lichtpunkte der 

Reihe nach aufleuchten, wird die Illusion einer Bewegung erzeugt. 

Die gleiche objektive Geschwindigkeit erscheint schneller, wenn 

im gleichen Kreis vergleichsweise weniger Punkte aufleuchten. 

Erhöhte man aber die objektive Geschwindigkeit, mit der die 

Punkte nacheinander aufleuchten, dann entsteht bei gleichbleibender 

Punkteanzahl der Eindruck, als würde sich der Kreis räumlich 

ausdehnen. 45 

Der Weg-Typ nimmt nach meiner Beobachtung bei dieser Illusion mehr 

das räumliche Ausdehnen, der Ladungs-Typ dagegen mehr die zentrifugal 

wirkenden Kräfte wahr. Dieser Typ folgt daher auch im Nachahmen 

weniger dem räumlichen Bild der Bewegung, sondern mehr dem rhythmisch-dynamischen 

Vollzug. 

Diese unterschiedlichen Typen sind vermutlich jedem aus der 

Sportpraxis bekannt. Der eine Typ spricht mehr auf räumlich orientierte 

Hinweise, der andere auf rhythmisch-dynamische an, die 

man mit der Sprechmotorik gut simulieren kann. 

Hier wollte ich darauf hinweisen, dass es zwei unterschiedlich akzentuierte 

Sichtweisen von Bewegung gibt, die eine komplementäre Einheit bilden: 

V. 

• bei der einen dominiert die räumliche Orientierung 

• bei der anderen die dynamische Ladung. 

44 Diesen Gedanken von HEINRICH JACOBY hat OLIVER PRÜFER aufgegriffen. 

vgl. OLIVER PRÜFER: „Tennis zum Selbst. Geistige Grundlagen eines humanen 

Tennislehrweges“. Hamburg 1998: Edition Lietzberg. ISBN 3-9804972-4-0. 

45 vgl. VIKTOR VON WEIZSÄCKER: „Wahrheit und Wahrnehmung“. (1942) In: 

VIKTOR VON WEIZSÄCKER: „Diesseits und Jenseits der Medizin“. Stuttgart 

1950. S. 7-30

154 

Wir wollen für die beiden Typen, den Weg-Typ und den Ladungs-Typ, noch 

einen weiteren wesentlichen Unterschied herausarbeiten. 

Der Weg-Typ lokalisiert den Weg im Erden-Raum. Dieser ist 

durch die Schwerkraft-Richtung, d.h. durch den Erd-Mittelpunkt 

zentriert. Selbst ordnet sich der Weg-Typ als externer Beobachter 

ebenfalls in diesen Erden-Raum ein. 

Anders geschieht dies beim Ladungs-Typ. Dieser empfindet die Kräfte in 

sich, weil er bei seiner Identifikation 46 

mit dem Wahrgenommenen die 

außen beobachtete Bewegung in sich hineinholt, also in seinem eigenen 

Raum lokalisiert. Sein eigener Raum ist aber nicht durch den Erd- 

Mittelpunkt bestimmt, sondern durch seinen Körper-Schwerpunkt. 

Die wahrgenommene Bewegung wird beim Ladungs-Typ daher 

nicht im Erden-Raum, sondern in seinem eigenen Wirk-Raum lokalisiert. 

In diesem ist der Körper-Schwerpunkt sozusagen das in 

diesem System 'ruhende Zentrum', wie im Erden-Raum es der 

Erd-Mittelpunkt ist. 

Wenn sich dieser Ladungs-Typ beim Nachahmen selbst bewegt, dann bewegt 

er seine Gliedmaßen in seinem Wirk-Raum relativ zu seinem Zentrum 

und dann diesen gesamten Wirk-Raum, der über seine Körper-Grenzen hinausweist, 

als eigenes System im Erden-Raum: 

• sind für den Weg-Typ (der die Bewegungen sofort als Ortsveränderung 

im Erden-Raum festmacht) die Grenzen seines Körpers 

wesentlich, also die Frage nach der Grenze zwischen Körper 

und umgebenden Raum, 

• so treten dagegen beim Ladungs-Typ nicht nur seine Körper- 

Grenze, sondern vor allem sein körperliches Zentrum, sein 

Körper-Schwerpunkt, ins Erlebens-Zentrum. Die Körper- 

Grenzen werden für ihn nur dann erlebens-relevant, wenn sie 

46 Diese Fähigkeit der Identifikation ist beim sog. 'Mentalen Training' 

ganz entscheidend. vgl. HORST TIWALD: „Zur Theorie des Mentalen Trainings“. 

In: Leibesübungen Leibeserziehung. Wien 1972/5. 

HORST TIWALD: „Sportler im Psychotraining“. In: Bild der Wissenschaft. 

Stuttgart 1972/12. 

HORST TIWALD: „Bewegungstheoretische Aspekte des Techniktrainings in 

Sportspielen“. In: DIETRICH K./LANDAU G. (Hrsg.): „Beiträge zur Didaktik der 

Sportspiele“. Schorndorf 1977.

155 

auf Widerstand treffen und dort zur Schnittstelle wechselwirkender 

Kräfte werden. 

Ich wollte Folgendes verdeutlichen: 

Wir bewegen uns, wenn wir uns fort-bewegen, in zwei Räumen. Dabei ändern 

wir mit Muskelkraft in unserem Wirk-Raum unsere Gestalt. Wir verschieben 

in unserem realen Wirk-Raum unsere Körper-Grenzen und bewegen 

dadurch, wenn wir bei diesem Verschieben behindert werden, unseren 

eigenen Körper-Raum im Erden-Raum fort. Wir lernen dadurch zwei reale 

Inertial-Systeme 47 kennen: 

• zuerst das Inertial-System, welches unseren Körper prägt. 

Hier ist unser Körper-Schwerpunkt das zur 'relativen Ruhe' gebrachte 

und beharren wollende Zentrum unseres Körpers. Die 

dem Körper-Raum seine Orientierung gebenden Richtungen sind 

die drei Körper-Achsen, die das Links-rechts, Vorne-hinten und 

das Kopf-fußwärts festlegen; 

• im Inertial-System des Erden-Raumes ist dagegen der Erd- 

Mittelpunkt der zur 'relativen Ruhe' gebrachte Punkt. Die dem 

Erden-Raum Orientierung gebenden Richtungen sind wiederum 

die radiale Schwerkraft-Richtung und die Erd-Achse, welche auf 

der Erd-Grenze (Erd-Oberfläche) das Nord-Süd und das Senkrechte 

festlegen. (die Dimensionen des Modell-Raumes der Mathematik, 

dessen Zentrum beliebig gesetzt werden kann und 

dessen Dimensionen der Breite, Länge und der Höhe um dieses 

Zentrum auch beliebig gedreht werden können, treffen wir in 

der dinglichen Natur nicht an, wohl aber in der Wahrnehmung!). 

An anderer Stelle 48 habe ich auf eine Meditations-Technik hingewiesen, in 

der wir im Erleben aus dem realen Erden-Raum heraus- und in den realen 

Sonnen-Raum eintreten können. In diesem neuen Inertial-System ist 

47 Ein Inertial-System ist ein Bezugs-System, das selbst zur ‚relativen 

Ruhe’ gesetzt ist und in dem die Bewegungs-Axiome von Newton gelten, 

die dieser für die Bewegung von Massen-Punkten formuliert hat. Das 

Wort leitet sich vom lateinischen ’iners’, das ‚untätig’ bzw. von ‚inertia’ her, 

was ‚Trägheit’ bedeutet. 

48 vgl. HORST TIWALD: „Im Sport zur kreativen Lebendigkeit. Bewegung und 

Wissenschaft. Zur philosophischen Grundlegung der Sportwissenschaft“. 

Internet: www.horst-tiwald.de unter den Downloads im Ordner „Buchmanuskripte“.

156 

dann die Sonne das 'relativ ruhende Zentrum', um das sich sowohl das Erd- 

Zentrum als auch mein Körper-Schwerpunkt bewegen. 

Man könnte diesen Gedanken-Gang weiterspinnen und auch die Sonne wieder 

bewegt sehen, ohne aber die Erde aus ihrer Bewegung um die Sonne 

herauszunehmen, usw. 

Was uns hier interessiert, ist aber das Fortführen unseres Gedanken- 

Ganges in die andere Richtung. Wir haben gesehen, dass unser Körper- 

Schwerpunkt als ein beharrliches Zentrum erlebt werden kann. Gedanklich 

können wir uns dies leicht vergegenwärtigen, wenn wir uns vorstellen, 

wir würden im Weltraum frei schweben. Aus eigener Kraft könnten wir dort 

unseren Körper krümmen und verwinden wie wir auch mögen, unseren 

Körper-Schwerpunkt würden wir nicht beschleunigen oder aus seiner Bahn 

bringen können. 

Wir können aber die Gestalt unseres Körpers selbst ändern und 

uns derartig krümmen, dass dann der Körper-Schwerpunkt außerhalb 

unseres Körpers liegt, so, wie er sich auch beim Bumerang 

außerhalb des Holzes befindet. 

Wir erleben dabei etwas Neues, nämlich den spannenden Unterschied 

zwischen Körper-Schwerpunkt und Körper-Mitte 49 . Auch beim Snowboarden 

können wir diese Spannung und deren genussvolle Auflösung, wenn 

die Körper-Mitte wieder mit dem Körper-Schwerpunkt identisch wird, intensiv 

erleben. 

Dies erleben wir aber nur, wenn sich unsere Achtsamkeit in der 

Körper-Mitte zentriert und diese dadurch zu unserer Leibes- 

Mitte wird. 

Die Körper-Mitte bleibt als inerter Bezugs-Mittelpunkt immer identisch. 

Dieser kann sich im Körper nicht bewegen. Bei jeder Gestaltänderung 

bleibt mein Auge mein Auge und mein Nabel bleibt mein Nabel. Meine Körper-Mitte 

bewegt sich für mich nicht, egal wie ich mich in unserem Wirk- 

Raum mechanisch bewege oder mich im Erden-Raum, als meinem Lokomotions-Raum, 

fortbewege. Wo meine Körper-Mitte ist, dass kann ich immer, 

wenn ich will, unmittelbar wissen. 

49 Die Körper-Mitte ist das ‚relativ ruhende’ Zentrum des ‚Raumes des Atmens’, 

d. h. jenes Bewegens, welches das Atmen realisiert.

157 

Ich suche meine Körper-Mitte nie in irgend einem Raum! 

Der leibliche Körper ist an sich etwas Identisches, er hat im 

Rumpf seine ruhende Mitte und ist in seiner räumlichen Orientierung 

auf zueinander ‚ruhende Achsen’ ausgelegt. 

Wenn wir in leiblicher Ruhe-Lage ausgestreckt sind, dann hat alles seine 

'Richtigkeit'. Der Körper-Schwerpunkt ist identisch mit unserer Körper- 

Mitte. Die Körper-Achsen sind als Raum-Orientierungen ebenfalls deutlich. 

Diese Eindeutigkeit ändert sich aber mit unserem Selbstbewegen! 

Wenn wir uns krümmen, dann entfernt sich unsere Körper-Mitte 

vom Körper-Schwerpunkt und baut zwischen beiden eine real erlebbare 

Spannung auf. 

Die Längs-Achse unseres Körpers krümmt sich dabei ebenfalls. Dadurch 

sind auch die Richtungen nicht mehr eindeutig. Was zählt: das Fuß-wärts 

oder das Kopf-wärts? Dreht sich der Kopf gegen den Rumpf, dann bedarf es 

ebenfalls einer neuen Entscheidung, was 'vorne' bedeuten soll. Ist mit 'vorne' 

das Bauch-wärts oder das Nasen-wärts gemeint? Das Links-Rechts 

scheint noch das Stabilste zu sein. 

Es müssen also neue Orientierungen gesetzt werden. Wie geschieht 

das? Wir realisieren dies mit unserer frei beweglichen 

Achtsamkeit. Diese setzt künstlich neue Zentren und spannt von 

diesen her neue Räume auf. 

Dieses Aufspannen von künstlichen Räumen erfolgt von einem 

neu gesetzten Zentrum her. 

Beim achtsamen 50 Selbstbewegen wird dieses Zentrum innerhalb 

des Körpers gesetzt. Der von dort her sich weitende Raum kann 

die Körper-Grenzen allerdings transzendieren, d.h. überschreiten. 

50 Faszinationen führen oft dazu, dass ich das Zentrum der Achtsamkeit 

nicht in meinem Körper setze, sondern das faszinierende Ding außer mir 

oder eine Vorstellung in mir mich ‚anhaften’ lässt. Ich kann daher meine 

Mitte nicht nur im Raum außer mir, in der ‚Landschaft’, sondern auch in 

meinem künstlichen Raum in mir, im selbst aufgespannten semantischen 

Raum, in der ‚Landkarte’, verlieren und dann leiblich danebenstehen. 

vgl. HORST TIWALD: „Im Sport zur kreativen Lebendigkeit. Bewegung und 

Wissenschaft. Zur philosophischen Grundlegung der Sportwissenschaft“. 

Internet: www.horst-tiwald.de unter den Downloads im Ordner „Buchmanuskripte“.

158 

Dieses Transzendieren unserer Körper-Grenzen ist uns bereits 

beim Aufbau unseres Wirk-Raumes erlebbar: Das sich weitende 

Verschieben der 'Grenzen des Körper-Raumes' und das verengende 

Annähern dieser Grenzen an den Körper-Schwerpunkt 

schafft pulsierend den realen Wirk-Raum bzw. mein ‚Aktions- 

Feld’. 

In diesen Raum hinein können wir uns mit unserer Achtsamkeit, 

über unsere Körper-Grenzen hinweg, transzendieren. 

Wir weiten sukzessive diesen ‚Wirk-Raum des Gestalt- 

Änderns’, zum ‚Lokomotions-Raum unseres Fortbewegens’ 

bis hin zum ‚Zielungs-Raum’, in den wir hinein werfen. 

Beim Tennis können wir gut beobachten, wie unterschiedlich diese drei 

Räume bei verschiedenen Spielern ausgeprägt sind. Die einen kontrollieren 

als Netzspieler exzellent den Wirk-Raum ihres Gestalt-Änderns, andere 

beherrschen als Grundlinienspieler besonders laufstark den Lokomotions- 

Raum ihres eigenen Feldes. Ein dritter Typ wiederum setzt beim Aufschlag 

und im Spiel seine Bälle sehr gekonnt in seinen Zielungs-Raum, in das 

Feld des Gegners. 

Hier wird deutlich, dass die Defizite ganz unterschiedlich gelagert 

sein können und dass für das erfolgreiche Spiel alle drei Räume 

mit blitzartig-präzisem Wahrnehmen und Selbstbewegen kontrolliert 

werden müssen. 

Beim aufrechten Stehen ist alles noch mehr oder weniger im Lot und bedarf 

keiner 

achtsamen Festlegung. Die Körper-Längsachse stimmt mit der 

Schwerkraft-Richtung und der Körper-Schwerpunkt stimmt mit der Körper- 

Mitte überein. Es scheint fast gleichgültig, ob ich mich als Weg-Typ vorwiegend 

im Erden-Raum oder als Ladungs-Typ vorwiegend im Körper-Raum 

orientiere. 

Erst wenn sich im Selbstbewegen diese Räume lebendig gegeneinander 

bewegen, ist im Wahrnehmen eine achtsame Fest-Legung, ein künstliches 

‚Zur-relatíven-Ruhe-Setzen’ hilfreich. 

Letztlich brauchen wir aber auch die Möglichkeit, uns in einem 

ebenfalls künstlich aufgespannten semantischen Raum zu bewegen.

159 

Dort können wir in einer symbolisch von der realen ‚Landschaft’ 

abgehobenen ‚Landkarte’ unsere für das brauchbare Handeln 

erforderlichen Gedanken- Gänge realisieren. 

VI. 

Wir lernen hier einen neuen Raum kennen, nämlich einen, welchen unsere 

Achtsamkeit im Wahrnehmen für uns künstlich aufspannt. Das achtsame 

Selbstbewegen war es, das unseren begrenzten Körper-Raum zum Wirk- 

Raum transzendierte. 

Durch unserer Lebendigkeit, als der Einheit von Achtsamkeit und 

körperlichem Bewegen, verschieben wir selbst, zum Beispiel 

durch unser Krümmen, die Grenzen unseres Körper-Raumes und 

bauen uns ein ‚Aktions-Feld’ auf. 

Wir selbst sind es auch, die mit Achtsamkeit künstlich unsere Leibes- 

Grenze aufziehen. Diese kann mit der Oberfläche unseres Körpers zusammenfallen, 

muss dies aber nicht tun. Wir können die Leibes-Grenze auch 

autistisch oder depressiv enger setzen, zum Beispiel bei Schmerzen, o- 

der in die Umwelt hinaus versetzen und mit dieser ‚eins werden’. 

Wir können äußere Dinge in einer Kohärenz einverleiben. Wir können unseren 

Leibes-Raum in den Erden-Raum hinein und darüber hinaus aufspannen. 

Viktor von Weizsäcker hat dies klar dargelegt und aufgezeigt, dass es wir 

sind, die Objekte einverleiben und sogar die Orte dieser Objekte zum 

Zentrum des Inertial-Systems unseres Wahrnehmungs-Raumes machen 

können. 

Unsere Fähigkeit, mit unserer Achtsamkeit willkürlich ein Zentrum 

für unseren Wahrnehmungs-Raum zu setzen, indem wir im Einverleiben 

ein objektiv Bewegtes zur ‚relativen Ruhe’ setzen und 

uns dort zentrieren, trägt bei zu jener souveränen Freiheit des 

Wahrnehmens, mit der wir semantische Räume bauen, die 

uns zum Beispiel in der Mathematik faszinierende Erkenntnis- 

Möglichkeiten eröffnen. 

Wir können nämlich auf diese Weise das Wesentliche an Unwesentliches 

symbolisch binden und sogar versuchen, uns über das Wesentliche hinweg 

zu setzen. Mit der Welt können wir dadurch relativ frei umgehen –sie 

aber auch im Erleben verlieren!

160 

VII. 

Die Physik folgt in ihrer Bewegungs-Betrachtung vorwiegend dem aristotelischen 

Modell, das auf einer ‚Theorie bewegter Körper’ basiert. Im Vordergrund 

des Gedanken-Ganges von Aristoteles, der offensichtlich ein 

Weg-Typ war 51 , lag die Frage, wie sich Körper und Raum zueinander 

verhalten und was die Grenze, die den Raum vom Körper trennt, eigentlich 

sei. 

Da ein Körper aber nicht nur durch seine Grenze definiert, sondern auch 

durch seine inerte Mitte, d. h. durch sein ‚relativ ruhendes’ Zentrum real 

bestimmt wird, erfasste die aristolelische ‚Theorie bewegter Körper’ 

nur eine Seite des Bewegens. 

Was Bewegung ist, wird bei Aristoteles vom Raum und der Zeit 

her zu erfassen gesucht, obwohl Raum und Zeit (und letztlich sogar 

der Körper selbst) reale Folgen des Bewegens sind. 

Dies kann man im Erleben konkret festmachen. Dort wird ganz deutlich, 

dass das transzendierende Überschreiten der Grenzen des Körper-Raumes 

erst den kontinuierlichen Wirk-Raum, bzw. das ‚Aktions-Feld’ schafft, das 

keineswegs als Körper definiert, d.h. begrenzt ist. Der Raum ist uns 

ohne ein Bild der Begrenztheit erlebbar. 

Die Ferne verläuft sich. Dieses sich kontinuierlich weitende Bewegen 

ist als ein unbegrenztes Dehnen und Spannung-Aufbauen 

erlebbar. 

Wir entdecken in uns aber auch ein ‚unterscheidendes Bewegen’, das 

im kontinuierlichen Wirk-Raum Richtungen, Orte und Grenzen setzt. 

Aber auch dieses ‚unterscheidende Bewegen’ ist uns im realen 

Vollzug als unbegrenzt und unendlich erlebbar. Wir können immer 

wieder Teilen, Unterscheiden, neu Zentrieren und Festsetzen. 

Auch dieser Prozess verläuft sich, ohne dass ein Ende oder 

eine Grenze in Sicht kommt. 

51 Für mich verkörpert besonders der griechische Philosoph PARMENIDES den 

Weg-Typ im Gegensatz zum ‚feurigen’ HERAKLIT, den ich als Ladungs-Typ 

nacherlebe.

161 

Es stellt sich überhaupt die Frage, was im Erleben eine endliche oder eine 

begrenzte Bewegung eigentlich sein soll. Ist eine Bewegung zur Grenze 

oder zum Ende gekommen, dann ist es eben kein Bewegen mehr! 

Es ist das Wesen des Bewegens, unmöglich an einem Ort sein zu 

können. Es gehört aber auch zu seinem Wesen, immer ein Vorund 

Hinter- sich zu haben. Unendlichkeit ist Bewegung bzw. Bewegen! 

Eine Unendlichkeit, die als Menge zur Ruhe gebracht wurde, stellt einen 

Widerspruch dar, der nach Bewegung schreit. 

Dies wird an dem Beispiel deutlich, das der Mathematiker David Hilbert 

gab: 

HILBERT stellte sich ein Hotel mit unendlich vielen Zimmern vor, 

die alle besetzt sind. Plötzlich kommen zu diesem vollbesetzten 

Hotel unendlich viele Zimmersuchende. 

Für einen Mathematiker ist es ein ‚leichtes Spiel’, die gesamte 

Menge von unendlich vielen Zimmersuchenden in dem mit unendlich 

vielen Gästen bereits voll belegten Hotel unterzubringen. 

Ganz einfach: 

Man braucht die unendliche Menge von Hotelgästen nur in sich 

in Bewegung setzen. 

HILBERT lässt den Gast aus dem ersten Zimmer in das zweite umziehen, den 

aus dem zweiten in das vierte, den aus dem dritten in das sechste und so 

weiter ... Auf diese Weise wird jedes zweite Zimmer (nämlich der ungeraden 

Nummern) für die unendlich vielen neuen Gäste frei. 52 

In diesem Beispiel von DAVID HILBERT bekommen die unendlich vielen 

Hotelgäste Nummern: sie werden der unendlichen Menge 

der natürlichen Zahlen zugeordnet. 

Daraufhin werden die unendlich vielen Hotelgäste aber in zwei 

jeweils unendliche Mengen geteilt: 

• in die unendliche Menge der geraden Zahlen 

• und in die unendliche Menge der ungeraden Zahlen. 

Das Hotel mit den unendlich vielen Zimmern bekommt dadurch 

zwei mal unendlich viele Zimmer. 

Nun zieht die unendliche Menge von Hotelgästen mit den ungeraden 

Zimmer-Nummern um, damit ihre unendlich vielen Zimmer 

für die unendliche Menge der Zimmersuchenden frei werden. 

52 Vgl. GERHARD SCHWARZ: „Raum und Zeit als naturphilosophisches Problem“. 

Wien 1972, S. 161: Verlag Herder&Co. ISBN 3-210-24.439-1

162 

Wo zieht aber jene unendliche Menge hin? 

Sie zieht in die unendliche Menge der geraden Zimmer- 

Nummern. 

Diese unendliche Menge von Zimmern mit geraden Zimmer- 

Nummern sind aber besetzt. 

Was tun? 

Die Hotelgäste dieser Zimmer müssen keineswegs zusammenrücken. 

Im Gegenteil, sie müssen auseinanderrücken. Die unendliche 

Menge von Zimmern mit geraden Zimmer-Nummern muss 

sich strecken! 

Es wird an das Hotel gleichsam angebaut. 

In unendlich ferner Zukunft wird dieser Anbau fertig und die 

Umzugsaktion abgeschlossen sein. 

Bis dahin bleibt alles in Bewegung! 53 

Da das Modell der Mathematik keine Zeit kennt, kann dieses 

ewige Warten der Mathematik auch egal sein. 

Dem Erleben sind solche Gedanken-Spiele fremd. Was wir im Erleben entdecken, 

ist vorerst weder Raum oder Zeit noch eine ‚definierende Grenze’. 

Wir treffen vorerst auf unser lebendiges Selbstbewegen und auf 

unsere Mitte. 

Diese Mitte wird erlebbar als ein ‚Blinder Fleck’, als eine ‚zentrierte 

Grenze’, als eine festgesetzte ‚relative Ruhe’, als ein reales 

inertes Zentrum. 

Die unseren Körper nach außen definierende Grenze wird uns vorerst als 

Schnittstelle nur dann erlebbar, wenn unser Selbstbewegen dort auf kräftigen, 

bzw. inerten Widerstand stößt. 

In meinem Modell erscheint das Leben als eine komplementäre Einheit von 

energischer Lebendigkeit und pathischem Erleben. 

Die Lebendigkeit selbst ist durch die Einheit von körperlichem Bewegen 

und dem Bewegen der Achtsamkeit komplementär bewegt. 

In der Achtsamkeit finden wir wiederum zwei komplementäre Formen 

des Bewegens: 

53 "Genau genommen kommt es gar nicht zur Bewegung!", würde der 

PARMENIDES-Schüler ZENON einwenden, weil der Umzug nicht, wie DAVID 

HILBERT vorgibt, mit dem ersten Zimmer, sondern nur beim ersten freien 

Zimmer, also vom anderen 'Ende' her, begonnen werden kann. Ein Mathematiker 

würde natürlich erwidern: "Alle ziehen gleichzeitig um!"

163 

• das sich weitende, grenzüberschreitende und verbindende 

kontinuierliche Bewegen; 

• das unterscheidende, zentrierende und grenzsetzende 

unendliche Bewegen.

164 

Integrale Qigong-Tuina 

Selbstheilungskraft und Inneres Verbinden 

(23. 03. 2009) 

I. Selbstheilungskraft 

1. 

Jeder Organismus hat etwas, was man oft mit dem Wort „Selbstheilungskraft“ 

54 benennt. 

Dort, wo diese Selbstheilungskraft nicht blockiert ist, erfolgt in 

weiten Bereichen (nicht aber bei allen Problemen!) eine Heilung 

ohne besondere fremde Hilfe. 

Fremde Hilfe ist immer notwendig (d.h. ist die Not wendend), wenn: 

• entweder die Selbstheilungskraft mehr oder weniger blockiert 

ist; 

• oder wenn den Organismus ein Problem betrifft, mit dem er in 

der Regel (Wunder nicht eingerechnet!) nicht alleine fertig werden 

kann. 

2. 

Unter den hilfesuchenden Patienten nimmt in unserer Gesellschaft aber die 

Zahl derer zu, deren Selbstheilungskraft mehr oder weniger blockiert ist. 

Dies bedeutet für den Therapeuten: 

• dass er entweder die Heilungsarbeit alleine in die Hand nehmen 

muss; 

• und/oder er bemüht sich, auch die Selbstheilungskraft des Patienten 

frei zu legen und zu aktivieren. 

Für beide Anliegen gibt es, je nach vorliegendem Fall, unterschiedliche Herangehensweisen. 

3. 

Das, was der Patient für seine Heilung selbst tun kann, umfasst: 

• mehr als bloß seine ihm unbewusste Selbstheilungskraft des 

Organismus; 

54 Ein faszinierender Ansatz ist in dieser Hinsicht die „Renner-Methode“. 

Vgl. LEOPLOD RENNER: „Der heimliche Favorit – Gesund durch asymmetrische 

Bewegungen“, Augsburg 2006, ISBN 3-929338-31-9.

165 

• er kann auch bewusst mitwirken, was aber dann auch ein 

Wissen voraussetzt, das sein Mit-Wirken sinnvoll leitet; 

• dieses Wissen kann nun seine Lebensweise, insbesondere 

Ernährung, Schlaf, Erholung, Umgang mit Stress usw., aber 

auch ganz fundamental sein Atmen und das ihm meist 

unbewusste Bewegen seiner eigenen Achtsamkeit betreffen. 

Es reicht dabei aber nicht, dass man etwas weiß, sondern das Wissen muss 

auf den konkret vorliegenden Fall auch zutreffen. 

Oft ist sogar ein aktuell unzutreffendes unterbewusst wirkendes 

Wissen der Grund dafür, dass sich das Atmen und das unbewusste 

Bewegen der Achtsamkeit so verändern und sich so zu einer 

Gewohnheit verfestigen, dass dies mit dazu beiträgt, die Selbstheilungskraft 

des Körpers zu blockieren, bzw. dass das der 

jeweiligen Aufgabe des Organismus entsprechende Fließen innerer 

Energien fehlgeleitet bzw. gestaut wird. 

Dies ist ganz ähnlich, wie man es in Stress-Situationen in sich selbst entdecken 

kann: 

• wenn die eigene Achtsamkeit sich an irgend einer Vorstellung 

eines Problems, bzw. einer Befürchtung, festgebissen hat; 

• wenn die Phantasie nur mehr im Kreise herumgetrieben wird; 

• wenn also das Bewusstsein so blockiert ist, dass man andere 

Gedanken gar nicht mehr klar fassen kann; 

• oder wenn man zur Erholung vom verfolgenden Wahn nicht 

mehr loslassen kann; 

• und man dann zwar sehr „erholungsbedürftig“, aber kaum mehr 

„erholungsfähig“ ist. 

4. 

Wenn nun Patienten bei einer Massage oder bei ähnlichen Anwendungen 

Hilfe suchen, dann kann es der günstigere Fall sein: 

• dass sich der Patient bei der Anwendung voll aus der Hand 

gibt; 

• sich im Vertrauen zum Therapeuten entspannt; 

• dass der Patient positiven Gedanken, die aber gar nichts mit 

der Anwendung zu tun haben, nachgeht; 

• sich sein Atmen beruhigt, frei wird und unbewusst dem aktuellen 

Geschehen im Körper folgt, welches durch den Therapeuten 

aktiv gestaltet wird. 

Diese Patienten sind, wie gesagt, für den Therapeuten der günstige Fall. 

Aber diese Patienten haben den Therapeuten auch am wenigsten 

nötig! Ihre Selbstheilungskraft ist weniger blockiert, als dass sie

166 

bequem geworden ist. Solche Patienten lassen auch in Bagatelle-Bereichen 

(meist in der Prävention!) einen Anderen das tun, 

was sie eigentlich selbst tun könnten. 

Durch diese vertrauensvolle Hingabe verzichten sie aber auch auf das Training 

ihrer Selbstheilungskraft, so dass sie mit der Zeit immer mehr von 

fremder Hilfe abhängig werden: 

• diese fremde Hilfe wird dann auch immer mehr in jenen Bagatelle-Bereichen 

nötig, die sie vorher bequem aus der Hand gegeben 

haben. 

5. 

Der Therapeut muss in unserer Gesellschaft zunehmend mit jenen Fällen 

rechnen, die gar nicht mehr in der Lage sind, bei der Anwendung auch loszulassen. 

Bewusst oder unbewusst werden bei ihnen durch ihr Denken die 

Blockaden genährt. 

Mit ihrer Achtsamkeit sind solche Patienten: 

• weder dominant in ihrem Körper; 

• noch in ihrem tatsächlichen Um-Raum; 

• sie hängen vielmehr unbewusst in ihrem Bewusstsein fest 

und blockieren und steuern dadurch in ihrem Körper vieles in eine 

unheilsame Richtung; 

• dies kann zur Folge haben, dass der Therapeut dann „wie gegen 

Windmühlen kämpft“. 

Es kann aber auch der gegensätzliche, aber ebenfalls ungünstige Fall vorkommen: 

• wenn nämlich der Patient schon „aufgeklärt“ ist; 

• dann arbeitet er mit seinem Denken und Wissen eifrig mit. 

• Da er aber in dieser Mitarbeit oft aus seinem Kopf gar nicht hinaus 

in seinen Körper kommt, nützt ihm dann seine gutgemeinte 

geistige Mitarbeit auch gar nichts; 

• er will nämlich im wahrsten Sinne des Wortes „mit dem Kopf 

durch die Wand“, weil er die Türen nicht findet. 

• Er merkt dies aber meist nicht, da er der festen Meinung ist, dass er 

ja ohnehin z.B. mit seiner Achtsamkeit in seinem Arm sei: 

• tatsächlich ist er aber bloß im vorgestellten Bild des Armes 

und hat sich dort festgehakt; 

• der reale Arm schimmert nur blass durch die Vorstellung.

167 

Erst wenn es der Patient geschafft hat, mit seiner Achtsamkeit wirklich 

„vor Ort“ im Arm zu sein, dann „geht ihm ein Licht auf“, er hat dann 

selbst einen Unterschied real entdeckt, und er ist dann drauf und dran, 

viele Türen zu entdecken, durch die er künftig gehen kann. 

6. 

Wobei es bei diesem Gang der Achtsamkeit in die Realität vorerst ganz 

gleichgültig ist: 

• ob er dabei seinem Wissen entsprechend Energiepunkte fokussieren 

und Energiebahnen begleiten kann; 

• oder ob er wie im Autogenen Training oder wie bei der Progressiven 

Muskelentspannung es schafft, raus vom „Bild des 

Körpers“ und mit seiner Achtsamkeit im Körper vor Ort zu 

kommen. 

Der Weg der Achtsamkeit vom „vorgestellten Bild“ oder vom „Satz, der 

ein Bild beschreibt“ hin zur gemeinten Realität ist gleichsam ein „Selbstgänger“: 

• wenn man sich entspannt und von jeder Willkür loslässt; 

• dann geschieht das ohnehin von selbst; 

• aber eben nur dann, wenn man noch nicht ganz in seinem „intellektuellen 

Käfig“ wie ein „Haustier“ eingesperrt ist. 

II. Inneres Verbinden 

1. 

Wem es Schwierigkeiten bereitet, zu akzeptieren, dass es eine „Achtsamkeit“ 

gibt: 

• die sich an einem Ort im Raum fokussieren kann; 

• die sich auch sowohl in den umgebenden Raum hinein weiten, 

• als auch den fokussierten Ort selbst weiten kann, so als 

würden sich in jenem Ort selbst Fenster öffnen; 

der möge sich in folgende Situation versetzen und sich die entsprechenden 

Erfahrungen in Erinnerung rufen. 

Man bewegt sich orientierungslos in einem total finsteren Raum 

fort:

168 

• vorerst weitet sich die eigene Achtsamkeit als unspezifisches 

„Wachsein“ (ohne bestimmte Erwartung eines „Soseins“) in 

den umgebenden Raum hinein; man ist offen für Tasten, 

Sehen, Hören und Riechen; 

• dann hört man plötzlich und kurz ein Geräusch; sofort nimmt die 

Achtsamkeit die Richtung auf, um zum Ort des Geräusches zu 

gelangen und sich dort zu fokussieren; 

• tritt dann das Geräusch erneut auf, dann weitet sich die Achtsamkeit 

im fokussierten Ort, um Zusammenhänge im Umfeld 

zu entdecken; 

• die Achtsamkeit weitet sich aber auch in das Bewusstsein 

hinein, hin zum eigenen angespannten aktuellen Vorstellen, 

Denken und Vermuten; 

• die Achtsamkeit weitet sich aber auch zum Raum des Bemühens, 

Erinnerungen wachzurufen, welche das Geräusch 

identifizieren sollen; 

• auch hier im inneren Suchen ist die Achtsamkeit vorerst weit 

und fokussiert sich dann, um das Geräusch der eigenen Erfahrung 

entsprechend zuzuordnen; 

• die eigene Achtsamkeit pulsiert also nicht nur zwischen „Weiten“ 

und „Fokussieren“, sondern sie splittet sich auch, um in 

unterschiedlichen Räumen simultan tätig zu sein. 

2. 

In diesem Erleben hat man dann mehrere Räume kennen gelernt. 

Nämlich nicht nur die Räume der körperlich realen Wirklichkeit, 

sondern auch den „mitwirkenden semantischen Raum der eigenen 

Erfahrung“, in welchem die Achtsamkeit das Denken bewegt 

und auch von ihm bewegt wird. 

Man hat mindestens vier Räume (mit den ihnen eigenen Unterräumen) 

entdeckt: 

• den Raum der tatsächlichen Um-Welt; 

• den Raum des eigenen tatsächlichen Körpers; 

• den Raum des aktuellen Erlebens, aktuellen Vorstellens, aktuellen 

Vermutens und aktuellen Denkens im eigenen Körper; 

• den Raum der tatsächlichen im eigenen Körper aufbewahrten 

(eigenen und der über Bilder und Sprache vermittelten fremden) 

Erfahrungen;

169 

Dies macht schon deutlich, dass in diesem Netzwerk die Achtsamkeit aus 

dem Tritt kommen kann, vor allem dann, wenn Emotionen ins Spiel kommen. 

Dies macht daher auch deutlich, dass der Umgang mit Emotionen zentrale 

Bedeutung gewinnt. Es gilt also, mit und für die Achtsamkeit noch ein 

weiteres Fass aufzumachen: 

• nämlich den Raum der eigenen Emotionen; 

• gleichsam ein zentraler Unter-Raum der eigenen Erfahrung, 

bzw. eigentlich umgekehrt; 

• man entdeckt nämlich den „Raum der eigenen Erfahrung“ als 

„Unterraum der eigenen Emotionen“; 

• es ist nämlich das Wert-Sein, das bestimmt, welchem So-Sein 

wir uns überhaupt mit unserer Aufmerksamkeit zuwenden. 

Was uns nicht kratzt, das beachten wir auch nicht. 

3. 

Die vom Wertsein gesteuerte Achtsamkeit nenne ich „Aufmerksamkeit“. 

Es ist hier das Achten gleichsam vom Wert des Objektes fremdbestimmt, 

d.h. das Objekt ist eigentlich das Subjekt, das mich 

„trifft“ und mich als den „Betroffenen“ zu einer Aktivität veranlasst. 

Dies ist auch gut so und es erhält unser Leben, soweit eben die Werte 

der Erfahrung auch noch aktuell zutreffen. 

Da sich aber alles im Leben wandelt, entstehen auch immer wieder neue 

Situationen als neue Herausforderungen, bei denen die vorhandene Erfahrung 

oft nicht mehr greift. Es geht daher auch darum: 

• jene Emotionen, die als Gewohnheiten an unsere Erfahrung 

gekettet sind und sich so als Rhythmus immer wiederholen 

möchten, auch beiseite schieben zu können; 

• um dann selbständig und relativ frei selbst neue Werte und entsprechende 

Antworten kreativ zu entdecken. 

Es ist also erforderlich, zu lernen, die eigene Achtsamkeit vom Sog der 

Emotionen auch manchmal frei zu bekommen, um sie selbst zu lenken. 

Um dies zu erreichen, kann man versuchen:

170 

• mit seiner Aufmerksamkeit nicht mehr auf das emotional 

Spektakuläre hereinzufallen; 

• sondern zu lernen, die Achtsamkeit auch selbst dem Einfachen, 

dem Faden und dem vorerst noch Bedeutungslosen zuwenden 

zu können. 

Diese relativ freie „menschliche“ Achtsamkeit ist für mich dann das, was 

ich mit dem Wort „Achtsamkeit“ benenne, um sie von der fremdbestimmten 

„animalischen“ (dem Leben aber sehr wohl dienlichen!) Achtsamkeit, 

die ich dann mit dem Wort „Aufmerksamkeit“ benenne, zu unterscheiden. 

4. 

Beim Bewegenlernen im Taijiquan gibt es ein sog. „Äußeres Verbinden“ 

und ein sog. „Inneres Verbinden“: 

• beim „Äußeren Verbinden“ werden die Körperglieder, wie Beine, 

Arme, Hüfte, Rumpf usw. achtsam miteinander zu einem fließenden 

Bewegen verbunden. Dies gelingt aber nur dann optimal, 

wenn die eigene Achtsamkeit bereits etwas freigelegt ist, 

und sich selbst lenken kann; 

• dieses Selbstlenken der Achtsamkeit ist im simultanen sog „Inneren 

Verbinden“. gefordert. Dort muss die eigene Achtsamkeit 

(Shen) achtsam selbst geleitet werden. 

Im „Inneren Verbinden“ sollen nämlich durch die Achtsamkeit (Shen): 

• einerseits die Emotionen (spezifisch genutzt und kontrolliert) 

werden, um die eigene Kraft (Qi) mit Augenmaß zu aktivieren, 

• andererseits sollen auch die eigenen Erfahrungen und das Denken, 

d.h. die Vorstellungen (Yi), die man über das Sosein und 

den Sinn der Bewegung hat, ebenfalls gezielt (mit Augenmaß für 

die konkrete Situation) in das Bewegen des eigenen Körpers 

(Qing) und in das kontrollierte Fließen des Qi eingebracht werden. 

„Xin (Herz, Wille, Gefühl) ist Befehl, Qi ist Fahne, Shen (Geist, 

Achtsamkeit) ist Oberbefehlshaber, Taille ist gesteuert. 

Das heißt, dass Yi (Bewusstsein, Vorstellung) und Qi Gebieter 

sind, Knochen und Muskel Würdenträger sind.“ 55 

55 WANG, ZONGYUE, zit. In: WENJUN ZHU: „Sein und Bewegen – Ein Denk- 

Modell zur chinesischen Bewegungskunst als Gesundheitsweg“, KÖLN 2008, 

Band 6 der Reihe „Transkulturelles Forschen“, der „Wissenschaftlichen Akademie 

für chinesische Bewegungskunst und Lebenskultur“ (Chinbeku e.V.), 

Seite 140f. ISBN 3-938670-80-0.

171 

Es geht also auch hier darum, die Achtsamkeit (Shen) der tatsächlichen 

Aufgabe entsprechend zu „splitten“, um: 

• im Wahrnehmen der aktuellen Situation nicht nur möglichst 

vorurteilsfrei zu begegnen; 

• sondern auch, um alle Erfahrung möglichst brauchbar in das aktuelle 

Geschehen einzubringen. 

In diesem widersprüchlichen Anliegen: 

• einerseits im „Wahrnehmen der aktuellen Situation“ möglichst 

gelassen und vorurteilsfrei zu sein; 

• andererseits aber auch seine ganze brauchbare Erfahrung voll 

zum Zug kommen zu lassen; 

kommt in der „Selbsterfahrung“ dem achtsamen Sortieren (Shen) der Erfahrung 

(Yi) im „Raum der Emotionen“ (Xin) eine besondere Bedeutung zu. 

III. Integrale Tuina 

1. 

Der Unterschied zwischen westlicher und traditioneller chinesischer Massage 

(Tuina) besteht auch darin: 

• die westliche Massage orientiert sich an den Muskeln und an der 

Zirkulation des Blutes im Körper; 

• die traditionelle chinesische Massage (Tuina) orientiert sich am 

Fließen des Qi in den Energie-Bahnen des Körpers und an der 

Polarität von Yin und Yang. 

WENJUN ZHU hat die Tuina der Traditionellen Chinesischen Medizin 

(TCM) erweitert 56 : 

• die von WENJUN ZHU erweiterte Qigong-Tuina berücksichtigt 

auch das mit Achtsamkeit regulierte Fließen des Qi im Körper 

des Therapeuten; 

• der Therapeut bringt sein eigenes Qi in den Körpers des Patienten 

gezielt ein; 

56 Vgl. WENJUN ZHU: „Sein und Bewegen – Ein Denk-Modell zur chinesischen 

Bewegungskunst als Gesundheitsweg“, KÖLN 2008, Band 6 

der Reihe „Transkulturelles Forschen“, der „Wissenschaftlichen Akademie 

für chinesische Bewegungskunst und Lebenskultur“ (Chinbeku e.V.). ISBN 

3-938670-80-0.

172 

• der Therapeut reguliert dabei seine Achtsamkeit in Verbindung 

mit seinem eigenen Atmen und seinen mechanischen Massage-Bewegungen 

gemäß der TCM. 

In beiden Massage-Formen (sowohl in der Tuina nach der TCM als auch in 

der Qigong-Tuina) ist jedoch die gleichzeitige achtsame Mitarbeit des 

Patienten noch nicht verlangt. 

2. 

Es stellt sich daher die Frage, wie könnte der Patient zur inneren achtsamen 

Mitarbeit angeleitet werden. Er müsste lernen, während der Behandlung 

sein eigenes Qi achtsam so zu regulieren, dass sich eine Harmonie 

der drei Einflüsse einstellt. 

Drei Wirkungen könnten „verbunden“ werden: 

1. das Wirken der manuellen mechanischen Massage entsprechend 

dem Fließen des Qi im Körper des Patienten (TCM Tuina); 

2. das Wirken des im Therapeuten achtsam regulierten und simultan 

an den Patienten abgegebenen Qi (Qigong-Tuina); 

3. das Wirken des simultan vom Patienten selbst achtsam regulierten 

eigenen Qi, das die Wirkungen „verbindet“, d.h. integriert 

(Integrale Tuina). 

Man müsste daher mit Patienten in vorbereitenden Kursen Übungen 

durchführen, durch die sie lernen, ihr eigenes Qi entsprechend der jeweiligen 

Tuina selbst zu regulieren, um dann später während der Tuina 

zu einer achtsamen inneren Mitarbeit in der Lage zu sein. 

3. 

Zum Verständnis der vorbereitenden Übungen, die man z. B. Beispiel auf 

das „Atmen“ aufsatteln könnte, müsste der Übende drei Unterscheidungen 

beachten lernen: 

• eine Unterscheidung des „Bewegens seines Atmens“; 

• und zwei Unterscheidungen des gleichzeitigen „Bewegens seiner 

Achtsamkeit“. 

. 

Nämlich folgende drei Unterschiede:

173 

1. Ausatmen (Yang) - Einatmen (Yin); 

2. Achtsamkeit in den Um-Raum führen (Yin) – Achtsamkeit in den 

eigenen Körper führen (Yang). 

3. Achtsamkeit weiten (Yin) - Achtsamkeit zentrieren, bzw. fokussieren 

(Yang); 

Die kombinatorische Verzweigung dieser drei Unterschiede würde dann so 

aussehen: 

TAIJI 

Ausatmen (Yang) 

___ 

Einatmen (Yin) 

_ _ 

Achtsamkeit Achtsamkeit Achtsamkeit Achtsamkeit 

im Um-Raum im Körper im Um-Raum im Körper 

(Shao-Yang?) (Tai-Yang) (Tai-Yin) (Shao-Yin ?) 

___ ___ _ _ _ _ 

_ _ ___ _ _ ___ 

Anmerkung: 

Da wir im Westen die Reihenfolge der Entscheidungen von oben nach 

unten notieren und ich als erste Unterscheidung die Art des Luftweges 

beim Atmen gewählt habe, ergibt sich ein anderes Bild des Symbols 

als im chinesischen Weltbild tradiert wird. 

Es geht in meiner Notierung eben in erster Linie um das Atmen. Würde 

ich den Übungsanlass „Atmen“ weglassen und direkt das Bewegen 

der Achtsamkeit in die erste Unterscheidungsebene setzen, dann 

würde sich ein dem traditionellen chinesischen Bild eher entsprechendes 

Bild ergeben. 

Die Bilder entsprechen daher immer jenem Thema, das es in erster 

Linie zu differenzieren gilt. 

Das chinesische Denken vermittelt auch oft den Eindruck, als würde 

nur mit den Symbolen gespielt und gar nicht mehr erlebt werden, 

welche konkret erlebbaren Unterschiede zugrunde liegen. 

So beachtet man z.B., wie ein Yin von der ersten zur zweiten und 

dann zur dritten Zeile durch das Symbol wandert. 

Es faszinieren dann in einer Art Mathematik vorwiegend die Muster 

selbst und ihre eigenen Wandlungs-Möglichkeiten bzw. die 

Gesetzmäßigkeiten, wie sich einzelne Striche durch die Symbole 

schieben.

174 

Diese Mathematik wird dann manchmal als tradiertes Dogma allem 

übergestülpt, was dann zwar oft zutrifft, aber nicht immer. 

Letztlich ist es nämlich erst in zweiter Linie interessant, ob die beachtete 

Tatsache „älteste Tochter“, „mittlerer Sohn“, usw. ist. Vorerst 

geht es um das Beachten dessen, was konkret erlebbar tatsächlich 

der Fall ist, und wie sich diese konkrete Tatsache aus der Sache 

selbst heraus achtsam differenzieren lässt. 

In der dritten Unterscheidungs-Ebene würden sich dann acht Grund- 

Formen des achtsamen Atmens ganz konkret entdecken lassen: 

1. beim „Ausatmen“ (Yang) die Achtsamkeit (Qi) an einem „Ort im 

eigenen Körper“ (Yang) gezielt „fokussieren“ (Yang); 

2. beim Ausatmen (Yang) die Achtsamkeit (Qi) im eigenen Körper 

(Yang) weiten (Yin) (den eigenen Körper achtsam erfüllen). 

3. beim Ausatmen (Yang) die Achtsamkeit (Qi) in den Um-Raum 

(Yin) hinein weiten (Yin); 

4. beim Ausatmen (Yang) die Achtsamkeit (Qi) an einem Ort im 

Um-Raum (Yin) fokussieren (Yang): 

5. beim Einatmen (Yin) seine Achtsamkeit (Qi) in den Um-Raum 

(Yin) weiten (Yin), sich mit dem Dao verbinden. Qi aufnehmen; 

6. beim Einatmen (Yin) die Achtsamkeit (Qi) im eigenen Körper (Yang) 

weiten (Yin) (den eigenen Körper achtsam erfüllen); 

7. beim Einatmen (Yin) die Achtsamkeit (Qi) an einem Ort im eigenen 

Körper(Yang) fokussieren (Yang); 

8. beim Einatmen (Yin) die Achtsamkeit (Qi) an einem Ort im Um- 

Raum (Yin) fokussieren (Yang). 

4. 

Da man aber alle Grundformen des Einatmens und des Ausatmens im 

"Wandel" miteinander verknüpfen kann, gibt es 32 Wandlungen des 

Einatmens (Yin) und 32 Wandlungen des Ausatmens (Yang). 

Also insgesamt die 64 Wandlungen nach der Mathematik des I Ging. 

Wenn es z.B. um ein Zirkulieren des Qi im Köper geht: 

• dann bleibt beim Übergang von Einatmen (Yin) zu Ausatmen (Yang) 

das Fokussieren (Yang) im Körper (Yang) bestehen und es wechselt 

bloß der Ort des Fokussierens im Körper (Yang). 

Geht es dagegen um Abnehmen, d.h. Qi von einem Ort wegzuführen:

175 

• dann wechselt im Körper (Yang) das „Fokussieren an einem Ort“ 

(Yang) beim Einatmen (Yin) mit einem „loslassenden Weiten“ 

(Yin) beim Ausatmen (Yang). 

Beim Aufschreiben der Grundformen, z.B. von "Yin-Yang-Yin", bedeutet : 

• die erste Position, ob dabei die Luft ausgeatmet (Yang) oder 

eingeatmet (Yin ) wird; 

• die zweite Position bedeutet "wo" sich die Achtsamkeit bewegt: 

also ob im eigenen Körper (Yang) oder im Um-Feld 

(Yin); 

• die dritte Position bedeutet "wohin" sich die Achtsamkeit bewegt: 

also zentrierend, fokussierend (Yang) oder weitend erfüllend 

(Yin ). 

5. 

Warum ist das „Einatmen“ Yin? 

Vorerst ist es wichtig, den „Weg der Luft“ vom „Weg der Achtsamkeit“ zu 

unterscheiden! 

Für die Benennung des „Einatmens“ als Yin ist der „Weg der Luft“ 

ausschlaggebend! 

Grundsätzlich muss man aber im Hinterkopf behalten, dass Yin als Bewegen 

ein Weiten und Yang ein Zentrieren ist. 

Und zweitens ist zu berücksichtigen, dass für die Benennung vorerst ein 

unmittelbar am Körper beobachtbares Geschehen zu suchen ist und 

keine gedankliche Spekulation, die auf Wissen beruht. Dieses gedankliche 

Spekulieren kann dann allerdings als Erläuterung folgen. 

Wenn wir im Westen uns unserem Atmen zuwenden, dann beachten wir 

vorerst unmittelbar das Ein- und Ausströmen der Luft. 

Aus der Benennung in „Ein“ und „Aus“ wird schon deutlich, dass 

wir den Strömungs-Weg der Luft vom eigenen Körper-Zentrum 

her beurteilen. 

Es handelt sich aus unserer Sicht daher: 

• um ein Zentrieren zur Körper-Mitte hin 

• und um ein Weiten in den Um-Raum hinein.

176 

Es liegt uns also nahe, wenn wir uns auf die Vorentscheidung festgelegt 

haben, dass Zentrieren ein Yang ist, dann auch das Einatmen als Yang 

zu benennen. 

Nun geraten wir aber durch diese Benennung des Einatmens in 

Konflikt mit jener Benennung des traditionellen chinesischen 

Weltbildes: dort ist das Einatmen nämlich „Yin“, ein Weiten. 

6. 

Bei der Suche nach jenem konkret erlebbaren Körpergeschehen, das zu 

dieser Benennung Anlass geben könnte, lässt sich unschwer das Weiten 

der Bauchdecke beim Einatmen entdecken. 

Wenn wir nun in dieser Richtung mit unserem Wissen weiterdenken, um 

diese Namensgebung zu überprüfen, dann entdecken wir, dass sich beim 

Einatmen der Brustraum weitet (Yin), weil sich der Zweckfell-Muskel 

verkürzt (also Yang). Dadurch wird im Um-Raum der Lunge, weil der Brustraum 

vergrößert wird, ein Unterdruck erzeugt. 

Dieser Unterdruck schafft nun gleichsam die Lücke, durch welche die Luft 

unseres Um-Raumes in uns einströmen, d.h. sich in uns hinein „weiten“ 

(Yin) und sich in uns einstülpen kann. 

Die einströmende Luft bläst also mit ihrem eigenen Druck unsere e- 

lastische Lunge auf, die dadurch passiv geweitet (Yin) wird. 

Also ist das Aktivitäts-Zentrum des Einströmens der Luft 

nicht unser eigenes Körperzentrum, wie wir in unserer westlichen 

Sichtweise leicht annehmen, sondern der Um-Raum, der mit 

seinem eigenen Weiten sich in uns einstülpt. 

Um die chinesische Benennung leibhaftig zu verstehen, müssen wir in 

unserem „Weltbild des Atmens“ so etwas wie eine kopernikanische- 

Wende durchführen und erfassen, dass nicht wir atmen, sondern dass 

letztlich „es uns atmet“, wir allerdings dies aktiv vorbereiten und zulassen 

müssen.

177 

Nicht wir sind also beim Atmen der geschäftige Mittelpunkt, sondern nur 

der Vorbereiter und Zulasser, bzw. beim Ausatmen der Loslasser, der es 

der elastischen Lunge ermöglicht, sich wieder zu kontrahieren (Yang) 

und die Luft aus dem Körper auszupressen. 

Dabei ist diese auspressende Kraft der Lunge gerade jene Energie, mit 

der sie von der einströmenden Luft aktiv gedehnt (Yin) wurde. 

Jene uns fremde Energie des Um-Raumes (Yin), die in der elastischen 

Lunge bloß gespeichert wurde, wandelt sich nun (der Elastizität der Lunge 

entsprechend) in eine uns eigene „zentrierende Energie“ (Yang). 

Wie ja auch die sich in uns hinein weitende Bewegung der Luft als (Yin) 

wiederum nur ein Kind (d.h. eine „Wandlung“) der auch die Luft umfassenden 

Schwerkraft (Yang) ist, welche den jeweiligen Luftdruck, trotz Gegenspieler, 

letztlich verantwortet. 

7. 

Wenn man also in jener „kopernikanischen Wende“ das Atmen nicht als ein 

Einsaugen, sondern als ein aktives Eindringen der Luft des Um-Raumes erfasst, 

dann ist, von diesem äußeren Zentrum des Bewegens gesehen, 

beim Einatmen der Luft-Weg immer ein eindringendes Weiten, also aktives 

Yin des Um-Raumes 

Beim Ausatmen erscheint dann der Luft-Weg (als gedankliche Umkehrung) 

dagegen als ein Zentrieren nach außen, was allerdings nicht so 

einleuchtet. 

Es recht aber das Verständnis, dass das Einatmen ein Weiten ist. Wenn nun 

man beim "Einatmen der Luft" (Yin) vom Dao neues Qi aufnehmen möchte, 

dann muss auch der "Weg der eigenen Achtsamkeit (Shen)" ein "Weiten", 

also ein Yin sein.

178 

Beim "Ausatmen der Luft" (Yang) zentriert (also Yang) man dann das 

aufgenommene neue Qi in seiner eigenen Körper-Mitte (Tandien). Der 

"Weg der Achtsamkeit" (Shen) ist also in diesem Falle beim "Ausatmen der 

Luft" ein "Zentrieren im Körper", d.h. Yang. 

8. 

Einige Beispiele der acht Grundformen des Atmens: 

Man kann zum Beispiel (wie gerade erwähnt) beim "Einatmen der Luft" 

(Yin) sein eigenes Shen weiten (Yin) und Eins-Werden mit dem Dao, also 

seine eigene Achtsamkeit (Shen) in das "Um-Feld" (also in das Yin) hinein 

"weiten", also ebenfalls Yin. Hier wird der Körper „genährt“, indem neues 

Qi einfließt, d.h. aufgenommen wird. 

Man hat dann ein Einatmen (Yin) nach dem Kun-Trigramm Mutter: 

Yin-Yin-Yin. 

An dieses „nährende“ Einatmen (Yin) kann man (wie ebenfalls gerade erwähnt) 

nun ein Ausatmen (Yang) anschließen, in welchem man das aus 

dem Dao neu aufgenommene Qi. im eigenen Körper (Yang) in der Körper- 

Mitte (Tandien) zentriert (Yang), d.h. aufspeichert. 

In dieser Grundform des Atmens realisiert man dann ein Ausatmen 

nach dem Qian-Trigramm Vater: Yang-Yang-Yang. 

Wenn man andererseits z.B. eine Faust-Abwehr durchführt, dann kann man 

beim Einatmen (Yin) das in seinem eigenen Körper (Yang), d.h. im Tandien 

gespeicherte eigene Qi, in seinem eigenen Körper weiten (Yin). Man erfüllt 

also dadurch seinen Körper mit seinem eigenen Qi. 

Man realisiert also ein Einatmen nach der Grundform: Yin-Yang-Yin. 

Daran kann man dann ein Ausatmen (Yang) anschließen, in welchem man 

das geweitete eigene Qi in seiner eigenen Faust (Yang) zentriert (Yang), 

um seinen eigenen Körper in seiner Abwehr zu panzern. 

Man realisierst dann ein Ausatmen auch nach der Grundform: Yang- 

Yang-Yang. 

Will man aber den Gegner mit der Faust kräftig schlagen, dann darf man 

beim Ausatmen sein Qi nicht in der eigenen Faust zentrieren! Man muss 

vielmehr sein eigenes Qi außerhalb des eigenen Körpers im Um-Feld (Yin), 

z.B. im Gesicht des Gegners fokussieren (Yang). 

Man realisierst dann ein Ausatmen (Yang) nach der Grundform: 

Yang-Yin-Yang.

179 

9. 

Als Vorstellungs-Hintergrund kann hier der Gedanke an einen Laptop 

hilfreich sein. 

Mit einem Laptop kann man nämlich auch ohne Netzanschluss arbeiten. 

Man holt sich dann eben die Energie aus dem aufgeladenen Akkumulator 

(Tandien). 

Um dies aber tun zu können, muss man aber die Batterie (Tandien) vorher 

aufladen, d.h. man muss sich aus dem Umfeld (Yin) Energie (Qi) holen und 

den Akkumulator (Tandien) immer wieder aufladen. 

Um dies zu realisieren, muss man den Akkumulator (Tandien) in das Um- 

Feld (Yin) mit der Steckdose „Verbinden“, d.h. zur Steckdose hin „weiten“ 

(Yin), damit Energie (Qi) in die Batterie (Tandien) einfließen kann. 

Aber eigentlich weitet sich, wie beim Einatmen, das Umfeld (Yin) in den 

Laptop hinein und erfüllt den Akkumulator (Tandien) mit Energie (Qi). 

Ich kann mit meinem Laptop aber auch mit Netzanschluss direkt arbeiten 

und im Weiten (Yin) in den Um-Raum (Yin) hinein (zur Steckdose) 

meinen PC (meinen Körper) direkt mit Strom versorgen (also ohne Akkumulator, 

d.h. ohne Tandien arbeiten) und dann auch direkt und gezielt 

die „Bewegungen in meinem PC“ (in meinem Körper) mit Energie (Qi) versorgen. 

Beim Atmen gilt es daher auch zu unterscheiden: 

• lade ich durch ein bestimmtes Atmen meinen Akkumulator (Tandien) 

mit Qi auf? 

• arbeite ich bei einem bestimmten Atmen hinsichtlich meines Qi 

mit Netzanschluss? 

• oder arbeite ich hinsichtlich meines Qi mit meinem Akkumulator 

(Tandien)? 

10. 

Mein Denken über Yin und Yang basiert auf der Auffassung, dass Yin und 

Yang ein komplementäres Bewegungs-Paar ist. 

Also sowohl Yin als auch Yang sind Bewegen.

180 

Im traditionellen chinesische Denken scheint aber auch die Auffassung vertreten 

zu werden, dass es sich bei Yin und Yang um den Gegensatz von 

Ruhe und Bewegen handle. Wobei Bewegen Yang und Ruhe Yin sei. 

In meiner Auffassung gehe ich dagegen von folgender Betrachtung aus: 

• es gibt ein zentrierendes Bewegen und ein weitendes Bewegen; 

• das zentrierende Bewegen baut Strukturen auf, erzwingt 

Rhythmen, erzeugt Druck und erzeugt Hitze; in meiner Terminologie 

bezeichne ich es als Yang; 

• das weitende Bewegen öffnet, löst Strukturen auf, bereitet 

Kreativität vor, verteilt Energie, öffnet für die Aufnahme, 

schafft Lücken, „ernährt“ anderes, kühlt selbst aber letztlich 

ab. 

Bei allen diesen Überlegungen ist für mich aber der Gegensatz von Yin und 

Yang kein Gegensatz zwischen Bewegen und Ruhe! 

Auf das Atmen bezogen gibt es allerdings eine mehr oder weniger lange 

„scheinbare Ruhe“, nämlich die beiden Pausen, die zwischen Ein- und 

Ausatmen und jene zwischen Aus- und Einatmen. 

Ein- und Ausatmen verhalten sich zueinander nicht wie Ruhe und Bewegung 

denn: 

• sowohl das zentrierende Yang setzt sich im Zentrum „scheinbar“ 

zur Ruhe (zur ektropischen 57 Hitze oder Struktur); 

• wie sich auch das weitende Yin letztlich scheinbar beruhigt (als 

entropische Kälte). 

Diese Ruhephasen sind aber nur scheinbar und vorübergehend, da 

sich Yin in Yang und Yang in Yin immer wieder wandeln. 

Beides, sowohl Yin als auch Yang setzen sich in ihrem „Wandel“ also 

scheinbar zur Ruhe. 

57 Vgl. FELIX AUERBACH: „Ektropismus oder die physikalische Theorie des Lebens“, 

Leipzig 1910.

181 

Aus meiner Sicht ist es daher verkehrt, das „Sammeln“ und „Beruhigen“ 

nur im Yin zu sehen. 

Auch das im bewegten Zentrieren Strukturen schaffende Yang (z.B. 

beim Panzern des Körpers bei einer Abwehr) schafft dabei scheinbare 

Ruhe, die z.B. als Festigkeit, Ordnung, Beharrungsvermögen, Belastung 

usw. vorübergehend erscheint. 

Wenn also in einem weiteren Schritt des „Selbstbeachtens des Atmens“ die 

Ruhe in Spiel kommt, dann entdecken sich konkret die unterschiedlichen 

Formen der Pausen sowohl nach als auch vor dem Einatmen, bzw. 

Ausatmen. 

11. 

Je nachdem, ob nun das Atmen bewusst oder unbewusst von einem innen 

Zähl-Rhythmus begleitet wird, ergeben sich auch unterschiedliche 

Beobachtungen. Wir in unserer Kultur beginnen unbewusst das Zählen im 

Atmen beim Einatmen und belegen dieses mit der Ziffer „1“. Es lohnt sich 

daher, entgegen dieser Gewohnheit, beim Üben den Zähl-Rhythmus auch 

mal mit dem Ausatmen zu beginnen. 

Die scheinbare Ruhe (Pause) nach dem Ausatmen unterscheidet 

sich nämlich bei jenem Zähl-Rhythmus, bei dem das Ausatmen 

mit „eins“ begonnen wird grundsätzlich von der zentralen Pause 

im gegensätzlichen Zähl-Rhythmus (bei welchen das Einatmen 

mit „eins“ belegt wird). 

Im ersten Falle handelt es sich um einen akzentuierten Wandel von 

Yang zu Yin, im zweiten Fall um einen akzentuierten Wandel von 

Yin nach Yang. 

12. 

Bei den Übungen, die durch diesen Text angebahnt werden sollen, geht es 

keineswegs darum, richtiges oder falsches Atmen kennen zu lernen.

182 

Es geht vielmehr darum, durch Ausprobieren der verschiedenen 

Varianten ein Alphabet kennen zu lernen, um dann den Text, 

den das reale Atmen zur gegeben Zeit selbst schreibt, lesen zu 

lernen. 

Es geht auch darum, durch Variieren gewissermaßen auch Gewohnheiten 

und Blockaden des Atmens aufzubrechen. 

Also das Atmen beweglicher zu machen, damit es den jeweiligen 

Situationen entsprechend sich „wandeln“ kann. 

Gleiches gilt für das Bewegen der Achtsamkeit. Es wäre hier auch ganz 

falsch, das „Bewegen der Achtsamkeit“ als Gewohnheit an das „Bewegen 

des Atmens zu binden“! 

Der Atem-Rhythmus ist bloß ein Schrittmacher für das Üben. 

Letztlich geht es darum, die Achtsamkeit ganz frei, blitzartig und 

ohne „Einhalten“ oder „Anhangen“ unabhängig vom ohnehin langsamen 

Atem-Rhythmus simultan in die unterschiedlichen Räume 

laufen zu lassen.

183 

Hegel und die Tragik des Abendlandes 

I. 

HEGEL dachte nämlich: 

• die Geschichte sei eine Mechanik des „Von einem Extrem ins 

andere zu fallen“; 

• und dass die drei Schritte dieses Prozesses dann das Erfahren 

als eine Synthese hervorbringen würden. 

Dagegen wende ich wieder ein: 

„Das Erfahren ist schwierig, weil es „erfahrungsgemäß“ ins Extrem 

fallen kann, aber es ist nicht deswegen schwierig und bitter, 

weil es immer ins Extrem führen muss!“ 

II. 

KARL MARX ist als braver HEGELschüler diesem Irrtum aufgesessen und meinte: 

• dass man unerwünschten Prozessen nicht behindernd gegensteuern 

solle; 

• sondern sie eher befördern solle; 

• so dass sie in ihr Extrem fallen; 

• und dann von selbst umschlagen. 

Mit dieser Parole hat MARX: 

• sich seinerzeit in die damals gegensteuernd aufmuckenden (und 

nur in die Ferne blickenden) „romantischen-sozialistischen 

Bewegungen“ eingeschlichen; 

• sich zu deren „wissenschaftlichen Schriftführer“; 

• und letztlich, sie fest umarmend, zu deren „politischen Sprecher“ 

gemacht. 

Dadurch hat MARX: 

• gerade im Sinne des aufstrebenden Kapitalismus, alle Gegenbewegungen 

als „naiv“ entlarvt und „vorerst“ entschärft; 

• und wurde daher auch vom herrschenden System nicht nur 

geschont, sondern auch gefördert. 

Was schadet nämlich eine „treffende Diagnose des Kapitalismus“, wenn 

dann als Therapie empfohlen wird, die Ursachen der Krise eher zu verstärken, 

denn dann erledige sich das tödliche Extrem von selbst? 

De facto war dies also die wirksamste Hilfe zur Beförderung 

des Kapitalismus, die, wie der „Wolf im Schafspelz“ bloß Kreide

184 

gefressen hatte, bzw. genau umgekehrt, wie das „Schaf im 

Wolfsfell“, das bloß kläffte. 

II. 

Für die „Balance“ in Krisen braucht man vielmehr: 

• ein „Verbundensein im Sein“ als „Grund-Lage“; 

• für das oszillierende Gewahren zwischen Fernblick und 

Nahblick. 

Der Prozess zum Extrem erscheint nämlich: 

• nicht nur als Steigerung seines Tempos; 

• sondern auch als zunehmende Steigerung des Ausmaßes des 

Wachstums. 

In der Gesellschaft kommt es dadurch nicht nur: 

III. 

• zu einer „Kluft zwischen Arm und Reich in der Art eines „Muskelrisses“ 

(zwischen den Antagonisten); 

• sondern auch zur „Verkrampfung“ des „siegreichen Muskels“, 

der sich vom Antagonisten isoliert und in seiner erstarrenden 

Verspannung selbst den Tod erleidet. 

• Wie aus diesem Tod heraus aber: 

• der bereits vorher im „Muskelriss“ getötete Antagonist (das 

lohnabhängige Volk) wieder lebendig werden soll; 

• nämlich in einer Partnerschaft mit seinem vorher mörderischen 

nun aber ebenfalls toten Antagonisten (dem Kapital); 

• das zu erklären blieb nämlich nicht nur HEGEL schuldig. 

So gesehen ist das „Kapital“ in der Hand der imperialistischen 

(d.h. der sich global-monopolisierenden) „Machtgier“ ein 

„selbstmörderisches Werkzeug“! 

Für die „Balance“ in Krisen braucht man vielmehr: 



Nahblick.

185 

Maya 

I. 

RABINDRANATH TAGORE zitiert in seinem Buch „Persönlichkeit“ (Seite 69) aus 

der ISCHA-UPANISCHAD: 

„Die geraten ins Dunkel, die sich nur mit der Erkenntnis des Endlichen 

beschäftigen. Aber die geraten in ein noch größeres Dunkel, 

die sich nur mit der Erkenntnis des Unendlichen beschäftigen.“ 

TAGORE kommentiert: 

„Aber die Upanischad lehrt uns, dass das alleinige Streben nach 

Erkenntnis des Unendlichen in ein noch tieferes Dunkel führt. 

Denn das schlechthin Unendliche ist Leere. 

Jedes Endliche ist etwas. ..... 

Daher lehrt die Ischa-Upanischad: 

‚Wer da weiß, dass die Erkenntnis des Endlichen und Unendlichen 

eins ist, überschreitet den Abgrund des Todes 

mit Hilfe der Erkenntnis des Endlichen und erringt Unsterblichkeit 

durch die Erkenntnis des Unendlichen.’ “ 

II. 

Im indischen Denken, auch hier bei TAGORE, wird dieses Problem aber bloß 

als eine zusammengehörige Alternative gesehen. 

In meinem Modell handelt es sich dagegen um eine Dreiheit: 

„Für die „Balance“ in Krisen braucht man vielmehr: 



Nahblick.“ (als einer Alternative) 

Das Endliche wird nämlich wiederum nur in seiner „endlichen Wirklichkeit“ 

als Soheit (als Ganzes) im „Fernblick“ gewahrt: 

• wenn man eben einerseits im Selbst (im Unendlichen) steht; 

• andererseits aber auch im „Nahblick“ der sinnlich vermittelten 

Vorstellung und dem entsprechenden Denken folgt. 

Wir haben also: 

• das „Verbundensein im Sein“ als „Im-Selbst-Stehen“, als 

„Grund-Lage“;

186 

• dann den „Nahblick“ auf das objektiv sinnlich-selektivvermittelte 

„Sosein“ als subjektive „Vor-Lage“; 

• dann den unmittelbaren „Fernblick“ auf das jeweils Ganze der 

objektiven Wirklichkeit selbst. 

III. 

Das unmittelbare aber selektive Begegnen der Sinnlichkeit mit der 

Welt ist nämlich das Seiende, es ist die Wirklichkeit, während die sog. 

materialistische naturwissenschaftliche Sicht gar nicht mit der 

Wirklichkeit, sondern mit vermittelten selektiven Vorstellungen 

operiert: 

• nicht die Sinnlichkeit ist daher Maya; 

• sondern das sog. „objektive“ naturwissenschaftliche Modell ist 

Maya. 

Dies bedeutet aber nicht, dass dieses Modell unbrauchbar oder entbehrlich 

wäre! 

Mir geht es nur darum, bloß den Sachverhalt richtig zu stellen: 

• die „sinnliche Begegnung mit der Welt“ ist objektiv; 

• während das naturwissenschaftliche Modell das „selektivbrauchbar 

Subjektive“ ist. 

Es gibt also: 

1. das Stehen im „Sein des Seienden“(in der Leere“) als „Grund- 

Lage“; 

2. das über das Begegnen mit der Welt im Nahblick (über sinnliche 

Vermittlung) erzeugte Bild der Welt, (das Maya als endliche 

Vorstellung), d.h. es gibt dann auch das Erkennen eines Soseins 

als „Muster von Eigenschaften“, das „zur Sprache gebracht“ 

werden kann; 

3. den überblickenden unmittelbaren Fernblick auf das Seiende 

selbst (auf die Wirklichkeit selbst), welcher aber nur auf der 

„Vor-Lage“ des sinnlich vermittelten Soseins sich als Vorstellung 

des jeweils Ganzen, d.h. als Soheit einstellt, und dann 

letztlich das Seiende unmittelbar als „reales Wechselwirken 

und Widerspiegeln“ in der Art eines „bewegten Netzes von Soheiten“ 

(Perlennetz des Indra) als bewegt-träge, aber doch 

letztlich endliche „Monaden“ zeigt, die in ihrer „Endlichkeit“ e- 

benfalls „differenziert“ zur Sprache gebracht werden können, also 

nicht „Leere“ sind. 

IV.

187 

Die Klippe, über die das indische Denken immer wieder ihre Balance verliert 

und abstürzt, ist eben das Verwechseln, bzw. das gedankliche Verwischen 

von „ endlicher Soheit“ (als „wirklich wirkendes Seiendes“) und „unendlicher 

Leere“ (als „Sein des Seienden“): 

• das „seiende Maya“ ist nämlich als „seiende Vorstellung“ und 

als „seiende Sprache“ das, was aus dem selektiv sinnlich 

vermittelten endlichen Sosein entsteht; 

• dieses „Maya“ ist gewissermaßen nicht nur die „Vor-Lage“ für 

das Gewahren einer Soheit, sondern „für den Menschen“ 

auch die einzige Klammer zwischen dem „Unendlichen des 

Seins“ und „der tatsächlichen Wirklichkeit des Seienden“; 

• dies wurde in den Upanischaden auch als „Identität von Brahman 

und Maya“ auszudrücken versucht. 

V. 

Deswegen: 

Wer sein eigenes Tun und Bewegen in der Welt und seine eigene 

Sinnlichkeit verachtet, bzw. zuwenig beachtet: 

• der verliert nicht nur seinen Fernblick und den unmittelbaren 

Bezug zum Seienden; 

• sondern letztlich auch seinen unmittelbaren Bezug zum „Sein 

im Seienden“, um dessen Willen er oft zur „Verachtung der 

Sinnlichkeit“ angetreten ist! 

• er verstrickt sich im Nahblick vielmehr im Dickicht seines überklugen 

Bewusstseins, d.h. er fängt (selbst seiend zappelnd) 

sich im „Netz des Maya“. 

VI. 

Das Seiende hat zwei „Grundeigenschaften“: 

• das unmittelbare Widerspiegeln des Seienden im Sein; 

• und das energetische Wechselwirken des Seienden im Seienden. 

Dieses „energetische Wechselwirken“ ist wiederum bestimmt durch zwei 

Aspekte: 

• dem Bewegen als Verändern; 

• und dem Beharren, bzw. dem trägen Widerstandleisten. 

Daraus ergeben sich zwei Seiten des Wechselwirkens: 

• das energetische Wechselwirken als Energie-Übertragen;

188 

• das informationelle gegenseitige mehr oder weniger beharrende 

(bleibende) Verformen, d.h. das sich gegenseitig Abzeichnen. 

VII. 

Dies gedanklich zu unterscheiden hat den Sinn, das „Widerspiegeln“ nicht 

mit dem „gegenseitigen Verformen“ zu verwechseln. 

Das träge Bleibende, d.h. das seiend Verformte wird nämlich beim Erkennen 

widergespiegelt, was dann als Ergebnis die „Widerspiegelung“ 

ergibt. 

Ohne die Vermittlung des in den seienden Sinnesorganen „spezifischselektiv“ 

Verformten: 

• gäbe es also im Bewusstsein auch nichts widerzuspiegeln; 

• das Bewusstsein wäre dann mehr oder weniger „leer“ an 

Formen; 

• es hätte aber als ein Seiendes sehr wohl sein es mit der 

Welt verbindendes Sein, das dann als „Leere“ gewahrt werden 

könnte; 

• aber das Bewusstsein hätte dann keine Welt als Seiendes, 

weder sich selbst, noch in oder außer sich; 

• aber auch nicht als theologische Wunschvorstellung über 

sich; 

• für dieses Bewusstsein gäbe es daher auch kein gegenstehendes 

„Jenseits“, das zur Sprache gebracht werden könnte.

189 

Über Tagore 

Ich lese zur Zeit nochmals TAGORE. Da wird mir deutlich, was der Unterschied 

seines und meines Denkens ist. 

Bei ihm geht es um das Sein, auf das man, wie auch Sie schreiben, 

letztlich zurückkommen sollte. 

Aus meiner Sicht ist das Sein selbst aber kein Ziel, sondern bloß das 

Vehikel, um im "Verbundensein des eigenen Seins mit dem Sein des anderen 

Seienden" dem jeweiligen Seienden im "Hinhören auf das Ganze“ 

sinnvoll begegnen zu können. 

TAGORE denkt aber letztlich theologisch und bringt das "Ganze 

des Seienden" mit dem "Sein" zur Deckung, wodurch dann gedanklich 

ein "Sein im Seienden" entsteht, in welchem aber (in 

seiner "Unendlichkeit") alles soseiende Seiende "eingefaltet" ist, 

wodurch es zu einem "unräumlich-unzeitlichen" Seienden wird. 

Dies betrachte ich aber als Wunsch-Vorstellung von TAGORE, nicht als etwas 

Geschautes. Wenn TAGORE also vom "Sein des Seienden" sprechen würde, 

dann würde er darunter das Schauen einer "unendlichen unzeitlichunräumlichen 

eingefalteten mächtigen Form" verstehen, die in jeder Wirklichkeit 

zu schauen ist. 

TAGORE verwischt also das Gewahren des "Seins im Seienden" 

mit der "Soheit des Seienden", die nämlich sehr wohl raumzeitlich 

ist. 

Jede Soheit hat (als ein potentielles Werden) Vergangenheit und Zukunft, 

also die Begegnungs-Möglichkeiten mit anderen Soheiten. 

TAGORE sagt allerdings zu Recht, dass es kein vom Seienden isoliertes 

Sein gäbe, sondern nur ein "Sein im Seienden". 

Diese Erkenntnis zwingt aber (meiner Meinung nach) nicht, das "Sein" mit 

der "umfassendsten Soheit" zu identifizieren.

190 

TAGORE schreibt auch sinngemäß, dass dies eben gedanklich so sein 

müsse, denn sonst könne man sich einen Gott, wie er traditionsgemäß mit 

gutem Grund angebetet wird, gar nicht vorstellen. 

Ein Vorher und Nachher gibt es nicht nur in den Vorstellungen 

(als Maya), sondern auch in der realen Wirklichkeit, auch wenn 

sie als Soheit geschaut wird! 

Das "Sein des Seienden" stelle ich mir nicht anders vor, als die "Kraft in der 

Energie". Es gibt keine Kraft (Qi) außerhalb der Energien (Bewegungen), 

und es gibt keine Energie (Bewegung), die nicht mit ein und derselben 

Kraft (Qi) erfüllt wäre. 

Ein "Wirken" gibt es aber erst, wenn sich Energien "begegnen". 

Was wir also messen, das sind immer nur Begegnungen, d.h. 

Wirklichkeiten. 

Das sinnliche Wahrnehmen ist die "organische Kunst", spezifische "sanfte" 

Begegnungen herzustellen, so dass sich vergleichbare Erfahrungen bilden 

können. 

Diese Begegnungen sind selektiv. 

Sie bilden vom Seienden nur die für uns relevante "Wirklichkeit" 

ab, also das, was uns ernährend oder bedrohend "begegnen" 

kann, und dadurch auf unsere Existenz "einwirkt". 

Wir besitzen auch die organische Kunst, diese spezifischen "Abzeichnungen" 

in uns zu einem "internen Modell der Außenwelt" zusammenzusetzen 

und dann in diesem Modell unser "Probehandeln" durchzuführen. 

Aus diesen "vermutenden" Spiel (des Maya) entstehen überprüfbare 

Pläne über Zukunft, aber auch über das Gewordensein. 

Diese Vermutungen können allerdings trügerisch sein und in die Irre gehen, 

sie sind daher nicht zwangsläufig zutreffend und daher als Modell 

der Welt insgesamt bloß "Maya".

191 

Jedes Modell hat aber als "Seiendes" sein "Sein". Also hat jedes 

Maya auch sein Sein, weil es eben selbst im Kopfe der Menschen 

ein Seiendes ist. 

Jedes Maya ist aber als "Symbol" auch ein "gemeintes Seiendes", das aber 

nicht deswegen zwangsläufig auch außerhalb des Maya sein Sein hat. 

Es kann also auch leerer Wahn sein, der nur im Maya seiend ist und e- 

ben nur dort sein Sein hat. 

So kann eben auch das "Sein eines Wahns" gewahrt werden und 

dann als "Sein im seienden Wahn" auch berauschen. 

Deswegen ist es für den Menschen gefährlich, wenn er wähnt, letztlich 

immer auf das Sein zurückkommen zu müssen. 

Dieses Sein lässt sich nämlich auch im seienden Wahn gewahren, 

was allerdings auch dort Halt geben kann. 

Dies begründet offensichtlich auch die Vermutung, dass der Menschheit 

vorerst nur eine "Doppelte Wahrheit" von heil sei: 

• die eine "Wahrheit" esoterisch für Eingeweihte; 

• die andere exoterisch für jene, die noch einen weiten Weg vor 

sich haben. 

So kann sich das Exoterische dann im Handwerker-Denken als Theologie 

oder auch als Naturwissenschaft für die Menschheit als "schrittmachendes 

Maya" brauchbar machen. 

Die Zeit und der Raum sind aber keine Erfindungen des Maya, 

sondern modellhafte Abbildungen von etwas ebenfalls Auseinandergesetztem, 

eben des Seienden. 

Das Vorher und Nachher steht nämlich nicht in einer Beziehung zum Hier 

und Jetzt. Sondern umgekehrt: das "Hier und Jetzt" steht in einer Beziehung 

zum "Vor-Nachher", in das erst das "Und" hineingeschrieben wird. 

Nicht das "Und" ist daher primär, sondern das "Auseinander". 

Primär ist das Paar eines gegenläufigen Bewegens: ein weitendes 

und ein zentrierendes.

192 

Es gibt daher vorerst ein gegenläufiges Zeitraum bzw. Raumzeit 

aufspannendes Fließen.

193 

Ungeborenes und Schwangerschaft 

Sie bringen das Bild des "Ungeborenen" und der "Schwangerschaft". 

Wenn Sie diesem Bild nachgehen, dann ist das "Ungeborene" etwas "Gezeugtes", 

also ein Seiendes, das in der Welt ist, aber noch nicht "selbständig" 

zur Welt kam. 

Keine "Schwangerschaft" ohne "Ungeborenes", und kein "Ungeborenes" 

ohne "vergangene" zeugende "Begegnung". 

Ist nun die "Früherkennung der Situation": das rechtzeitige Gewahren von 

zeugenden Begegnungs-Chancen im Umfeld? 

Heißt "Vieldeutigkeit bewahren": nicht voreilig eine zeugende Begegnungs-Chance 

"zuzulassen", bzw. sie "begehrlich anzustreben" oder 

voreilig zu "verwerfen"? 

Heißt hier "Gewandtheit": aktiv zu "warten", indem man Balance 

hält? 

Geht es darum, das "Ungeborene noch zu ertragen", oder geht es darum, 

den "zur Zeugung strebenden Begegnungs-Druck auszuhalten"? 

Ist "Früherkennung": das "Erkennen des eigenen bereits Schwanger-Sein" 

oder ist es das "Erkennen der Begegnungs-Chancen im Umfeld"? 

Heißt "Ertragen des noch Ungeborenen": es nicht voreilig zur Welt bringen 

zu wollen? 

Ist das "Noch nicht zur-Welt-Gebrachte": das bereits Empfangene, d.h. das 

an der Nabelschnur noch Reifende? 

Ein mangelndes Schwanger-Sein hat kein Ungeborenes! 

Schwangerschaft lässt sich aber "gewandt" meiden.

194 

Es kann aber eine fehlende Schwangerschaft auch an der "mangelnden 

Empfänglichkeit" und/oder an der "Potenz der Umgebung" liegen. In diesem 

Falle gibt es dann aber auch keine Probleme mit einem "Ungeborenen", 

d.h. auch mit keinem "Ungeschiedenen". 

Nicht nur die Schwangerschaft setzt durch das "Ertragen des 

noch Ungeschiedenen" ein "Selbstveränderungsrisiko voraus", 

sondern auch die Geburt als "Trennen des noch Ungeschiedenen" 

kann fehl gehen. 

Aber vor allem bedarf es des Ertragens des "Selbstveränderungsrisikos" 

das sich dann einstellt, wenn man seine Schwangerschaft hinter sich 

hat und mit dem nun selbständigen Geschiedenen "umzugehen" lernen 

muss. 

Wenn man zum Beispiel hinschauen muss auf die eigenen Gedanken, 

mit denen man schwanger ging und sie nun so recht 

und schlecht zur Sprache gebracht und damit zu "selbständig 

herumschwirrenden Geistern" gemacht hat. 

So ist eben jedes "Hier und Jetzt" ein Geburts-Akt, der die "Nabelschnur 

der Vergangenheit" trennt, und nun "selbständig" mit der relativ 

"freien" Zukunft umgehen muss, in der uns aber ständig unsere Vergangenheit 

ein- und heimholt. 

Gäbe es hier kein "Verbundensein im Sein", man müsste im 

"freien" Getrenntsein" ver-zwei-feln"!

195 

Landkarte und Landschaft 

Das ist doch gar nicht so tragisch! 

Wenn man "mit einer Landkarte in der Hand" tatsächlich durch ein "Gelände" 

geht und sich "dort zu orientieren sucht", dann muss man eben von der 

Landkarte immer wieder weg ins tatsächliche Gelände gucken und sich 

dann in der Landkarte neue "eigene" Markierungen eintragen. 

Nicht alle in die Landkarte bereits eingetragenen Markierungen kann man 

aber mit eigenen Augen auch tatsächlich in der Landschaft finden. 

Hier stellt sich dann die Frage: 

• ob das falsche Eintragungen sind; 

• ob das Eingetragene vielleicht gar nicht mehr so existiert wie 

einst eingetragen; 

• ob es durch anderes, was zwischenzeitlich emporgewachsen ist, 

verdeckt ist; 

• ob es absichtlich irreführende Wegweiser sind; 

• oder ob es an den eigenen Augen liegt; 

• oder ob das Gegen-Licht blendet; 

• usw. 

Das Lesen der Karte alleine ist noch nicht der "tatsächliche" Marsch in der 

Landschaft. 

Aber: 

wenn ich auch die beste Karte habe, bei der alle Eintragungen zutreffen, 

selbst dann ist die Karte für mich unbrauchbar, wenn ich nicht in der 

Lage bin, meinen eigenen Standort in der Landkarte zu finden und 

die in der Karte vorhandenen Eintragungen dann relativ zu mir zu finden, 

um mich dann in der Karte "einzunorden". 

Dies ist allerdings eine "im Selbst ständige" Arbeit, aber doch 

nicht tragisch. 

Mit der Zeit kommt man dann schon "selbständig" voran, bzw. man baut 

sich in der Realität um sich herum so etwas wie eine tatsächliche "Hei-

196 

mat" auf, die Geborgenheit gibt, weil man sich von ihr eine zutreffende 

Landkarte "selbst" erarbeitet hat. 

Diese eigene "zutreffende" Landkarte fungiert dann wie eine 

"Meta-Landkarte", mit der dann alle anderen tradierten Landkarten 

"verglichen" werden. 

Dies kann für die eigene Landkarte ein großer Gewinn sein. 

Das Vergleichen kann einen nämlich dann auch anleiten, in der Realität nun 

auch Orte "tatsächlich" aufzusuchen, die man bisher noch nicht beachtet 

hat. 

Im übrigen: 

• "verglichen" werden immer nur Landkarten. 

• Die Realität wird nie mit Wissen "verglichen". 

• Die Realität wird bloß "widergespiegelt". 

• Vergleichen kann man nur Wissen, also nur "Widergespiegeltes"! 

Um also tradiertes Wissen zu vergleichen, benötige ich (bewusst oder unbewusst) 

ein eigenes Meta-Wissen! 

Ob dieses Meta-Wissen: 

• nun durch Vergleichen und Selektieren von fremden Wissen 

entstanden ist; 

• oder durch ein im Selbst ständiges Begegnen mit der tatsächlichen 

Wirklichkeit; 

das ist eben die Frage, die darüber entscheidet: 

• ob mich tradiertes Wissen in meinem tatsächlichen Leben auch 

"tatsächlich weiterbringt"; 

• oder ob ich mich bloß auf einem "virtuellen Marsch durch die 

Landkarten" befinde.

197 

Landkarte als Wissen 

Wenn man mit seiner Achtsamkeit unmittelbar in der Realität den "Fugen 

der Wirklichkeit" folgt, dann braucht und hat man keine Landkarte, weil die 

eigene Erfahrung unmittelbar in die Wirklichkeit "eingespült" wird. 

Man macht dann aber in seiner "neuen Begegnung mit der Wirklichkeit" 

auch keine aus dem Gedächtnis aufrufbare und an andere 

vermittelbare Erfahrungen. 

Man muss sich dann vielmehr "er-innernd" in die bereits zurückliegende 

Begegnung wieder unmittelbar hineinversetzen, um aus 

ihr dann eine vermittelbare Erfahrung herauszuziehen, bzw. um 

seine eigenen bereits vorhandenen vermittelbaren Erfahrungen 

als Wissen zu modifizieren. Tut man dies nicht, dann geht die 

neue Begegnen mit der Wirklichkeit an einem „spurlos“ vorbei, 

obwohl jene unmittelbar auf einen Eindruck macht und das 

eigene unmittelbare Handeln auch unmittelbar verbessert. 

Man lebt dann aber in zwei Welten: 

• auf der einen Seite gelingt einem in seiner Unmittelbarkeit ein 

kunstvoller Tanz in den Fugen der Wirklichkeit; 

• auf der anderen Seite weiß man aber nichts "wirklich" von diesem 

Tanz. 

Man hat sich ja (da man aus seinem unmittelbaren Tun sich selbst kein im 

Selbst ständiges Wissen herausgezogen hat) gar nicht die Chance erarbeitet, 

die Uhren seines eigenen Wissens nachzustellen. 

Wissen kann nämlich nur mit Wissen „verglichen“, nicht aber unmittelbar 

mit der Wirklichkeit „verglichen“ werden! 

Wenn man also dann über seine neuen Erfahrungen redet, dann gießt man 

seinen neuen Wein notgedrungen in die Schläuche seines alten Wissens. 

Da einem dabei aber auch auffallen kann, dass man dabei etwas daneben 

steht, gibt man oft dem Wissen an sich die Schuld und flüchtet in eine 

mystische Unmittelbarkeit. 

Statt sich also aus dem "unmittelbaren Begegnen mit der Wirklichkeit" 

ein neues und brauchbares Wissen „selbst“ herauszuziehen, 

verherrlicht man die Wissenslosigkeit nur deshalb, weil

198 

man es versäumt hat, im Selbst ständig die Uhren seines eigenen 

Wissens nachzustellen. 

Daraus entsteht dann die Vermutung, dass Wissen und Unmittelbarkeit unvereinbar 

seien. 

Unvereinbar ist aber bloß ein unzutreffendes Wissen, wenn es 

bevormundet. 

Ein zutreffendes Wissen stört die Unmittelbarkeit nicht, genau so, wie das 

Wissen, das unmittelbar aufleuchtet, wenn man unmittelbar den Fugen der 

Wirklichkeit folgt, nicht stört. 

Auch das AH-Erlebnis, das sich beim Nachstellen der Uhren des bisherigen 

Wissens einstellt, stört nicht. 

Dieses positive Erleben verlockt bloß, den "Focus der 

Achtsamkeit" nun von der tatsächlichen Wirklichkeit auf das 

"wirklich wirkende interne Modell der äußeren Wirklichkeit" zu 

verlegen und dann hinsichtlich der äußeren Wirklichkeit Gefahr zu 

laufen, daneben zu stehen, was aber nicht zwangsläufig geschehen 

muss! 

Um all das zu vermeiden, wird dann eben als Ausrede ein Denk-Modell 

konstruiert, welches das Wissen verteufelt. 

Erstaunlich ist aber, dass gerade jene Theoretiker, welche das 

Wissen verteufeln, selbst unheimlich beredsam sind, vor lauter 

Wissen überströmen und meinen, mit dem Wissen: "dass 

alles Wissen letztlich unbrauchbar sei", den Menschen jenes 

Wissen vermitteln zu müssen, dass sie dann gerade als 

Wissende vom Wissen befreit und in den Himmel bringt. 

Dies ist der untaugliche Versuch, Teufel mit Beelzebub auszutreiben!

199 

Bild, Wissen und Wirklichkeit 

Wenn im Bewusstsein Bilder kippen, dann ist dieses Bewusstsein in der 

„Welt des Vorstellens“ eingeschlossen. 

Nur dort rivalisieren „Bilder“ und nur dort entsteht dann wiederum 

ein neues „Bild der rivalisierenden Bilder“ usw. 

Zwischen Bewusstsein und Wirklichkeit gibt es dagegen kein Kippen 

zwischen Bildern. 

Deswegen kann auch die Wirklichkeit nicht selbst unmittelbar „verglichen“ 

werden. „Vergleichen“ kann man nur Bilder und Wissen. Vergleichen kann 

man nur vermitteltes „Sosein“. 

Um die Wirklichkeit mit tradierten Bildern vergleichen zu können, 

muss man sich daher vorerst ein „neues Bild der Wirklichkeit“ machen, 

das dann mit dem „alten Bild“ verglichen werden kann. 

Ein „Bewusstsein“ ist immer „dual“. Zumindest „Ich“ stehe als „perspektivischer 

Betrachter“ dem „Bild“ gegenüber, wenn auch die Bilder untereinander 

„verschwimmen“. 

Ein „nicht-duales Bewusstsein“ ist reine Spekulation, ist mystische 

Behauptung, die gedanklich ins Kraut geschossen ist. 

Solchen Behauptungen jagen Leichtgläubige nach, weil wegen des „Akzentverlagerns 

der Achtsamkeit“ der Bewusstseinsinhalt „verblassen“ kann. 

Dieses Verblassen ist zwar Tatsache, aber ein absolutes Schwinden 

ist ein erdachter Wunsch und leine erlebte Erfahrung. 

Hier verhält es sich in der Selbsttäuschung ganz ähnlich wie bei HEGELS 

„Absolutheits-Denken“, das auch annimmt, im „Extrem des Gegensatzes“ 

würde sich eine „lebendige Wende“ ereignen. 

Dort gibt es aber keine kippende „Drehtür“, bei der man weiß hineingeht 

und schwarz herauskommt. 

Dort lauert der Tod, bzw. der Untergang. 

Deswegen ist es auch bloß ein „metaphysisches Gedankenspiel“ und nichts 

Erfahrenes, wenn man wie HEIDEGGER meint, über das „Nichts“ das „Sein“ 

erreichen zu können. 

Ich will nun mein Erleben beschreiben:

200 

I. 

Wenn ich z.B. einen vor mir stehenden Tisch betrachte, dann kann dieses 

Betrachten des Tisches so sein, dass ich den „Fugen seiner Wirklichkeit“ 

folge und ein „Muster von Eigenschaften und Teilen“ als sinnlich vermitteltes 

„Sosein“ gewahre. 

Dieses „Muster“ entsteht: 

• einerseits aufgrund meiner in mir „gespeicherten Erfahrung“; 

• andererseits durch das aktuelle Begegnen mit den objektiven 

„Fugen der Wirklichkeit“. 

Lasse ich mich von den „Fugen der Wirklichkeit“ führen, dann fließt in diese 

Fugen nur jener Teil der Erfahrung ein, welcher passt. 

Jene „Fugen der Wirklichkeit“, für die ich noch keine passende Erfahrung 

habe, die sich aber in ihrem Wertsein für mich mir aufdrängen, 

gehen als neue Erfahrung in mich ein. 

Dies kann unbewusst oder auch vom Bewusstsein begleitet geschehen. 

II. 

Gelingst es mir, im „Verbundensein im Sein des Seienden“ mir aus diesen 

mir erscheinenden „Muster der Fugen“ ein „Ganzes“ zu bilden, bzw. erfasst 

mich dieses „Ganze“ unmittelbar, dann ist für mich dieses „Ganze“ 

als „spezifische Qualität“ da, welche ich als „Soheit“ bezeichne. 

Durch das akzentuierte Gewahren des „Seins des Seienden“ (meines 

„Seins“ und jenes des Objektes) kommt es zum „Einheits-Erleben mit dem 

Objekt“, dessen Muster in meinem Bewusstsein dann immer mehr verblasst, 

aber jederzeit wieder hervorzuziehen ist. 

Dieses „Einheits-Erleben“ ist aber mehr ein „Ungeschiedenheits-Erleben“: 

• das sehr wohl in mir zentrieret ist; und welches das Andere e- 

benfalls wie ein Du fokussiert; 

• es erlebt sich hier konkret das „Verbundensein im Sein“, das ich 

als „Liebe“ bezeichne. 

III. 

Die Wirklichkeit ist mir unmittelbar immer nur als „Soheit“, als ein jeweils 

„Ganzes“ gegeben:

201 

• das eben nicht mehr von seinen ein Bild konstituierenden Eigenschaften 

lebt; 

• sondern darüber hinaus als allgemeiner und spezifisch zentrierter 

Spielraum „da ist“. 

Von der „Soheit“ gibt es kein Bild. 

Sie ist: 

• einerseits spezifisch da; 

• und andererseits „Fülle des Seins“; 

• was ich als „Guckloch zum Sein“ bezeichnet habe. 

Von der „Soheit“ zum „Sosein“ (als einem „musterhaften Bild“ der „sinnlich 

vermittelten Eigenschaften“) gibt es kein Kippen eines Bildes, weil eben 

die „Soheit“ gar kein Bild hat und etwa das ist, was KANT mit dem „Ding an 

sich“ meinte, welches als Wirklichkeit unserer Sinnesorgane affiziert. 

IV. 

Ziehe ich mir nun das „sinnlich vermittelte Bild“ ins „Bewusstsein“, dann 

muss deswegen die „Soheit“ als Hintergrund nicht weichen. Im Gegenteil, 

solange die „Soheit“ als „Hintergrund“ bleibt, solange ist das Bild auch 

authentisch und man redet dann auch über etwas, was man versteht. 

V. 

Betrachte ich nun mein „Wissen“, dann kann ich das „selbst erworbene 

Wissen“ von dem „übernommenen Wissen“ unterscheiden. 

Beim „übernommenen Wissen“ handelt es sich aber nicht nur um jenes, 

das mir von Mitmenschen mittels der Sprache oder ohne Sprache vermittelt 

wurde: 

sondern auch um jenes Wissen, das ich mir dadurch erworben 

habe, dass ich die in mir unbewusst lagernde und mich prägenden 

phylogenetische und/oder ontogenetische Erfahrung unmittelbar 

oder über die aus ihnen ausfließenden Taten mir bewusst 

gemacht habe. 

Diese Erfahrungen können mich zwar heute noch bestimmen, müssen aber 

deswegen nicht unbedingt noch brauchbar sein. 

So ist auch das diesen Erfahrungen entsprechende Wissen nicht schon 

deswegen leitend-brauchbar, weil ich mir es selbst als biologische Tatsache 

bewusst gemacht habe!

202 

VI. 

Erst hier rivalisieren dann Bilder und es rivalisiert Wissen: 

• das aber immer wieder auf den „Prüfstand der Praxis“ gebracht; 

• und erneut aus dieser geschöpft werden muss; 

• damit die „Uhren nachgestellt“ werden können. 

Rivalisierende Bilder können zwar so arg miteinander kämpfen, dass man 

im Dreieck springt: 

• aber dieser Kampf alleine kann keine Entscheidung herbei 

führen! 

Das letzte Wort spricht die Praxis, vor deren Richterstuhl die zu „logischem 

Wissen“ aufbereiteten Bilder, immer wieder getragen werden 

müssen.

203 

Kippen von Bildern 

Wir zerren in unserem Dialog. 

Mir erscheint es so, als ob Sie über das „Kippen der Muster des Bewusstseins“ 

reden wollen, während ich beharrlich auf dem „Verstehen des Unterschiedes“: 

• einerseits zwischen „Sein“ und „Seiendem“; 

• und andererseits im Seiendem zwischen „Soheit“ und „Sosein“; 

bestehe, weil ich dies als Voraussetzung für Ihr Thema betrachte. 

Ich beharre vielleicht auch deswegen darauf, weil Sie immer wieder Sätze 

formulieren wie: 

“Es geht um einen plötzlichen Wechsel des Erlebens der eigentlich 

ein Wechsel des Seins ist.“ 

Im „Sein“ gibt es kein „so und anders“ und daher auch keinen Wechsel! 

Beim Kippen geht es vielmehr immer um den Wechsel im Seienden: 

• entweder zwischen Figur und Hintergrund; 

• oder zwischen Figuren; 

• oder überhaupt um den Wechsel des Hintergrundes. 

All dieses ist aber Seiendes. 

Die fokussierte Erfahrung eines Dinges kann mir auf zwei Arten so etwas 

wie ein Ganzes bieten: 

• entweder eine begrenzte Gestalt der Summe von oberflächlichen 

(d.h. sinnlich vermittelten) Eigenschaften, der ich bereits 

einen Namen gegeben habe oder nun gebe; 

• oder eine echte zentrierte (unbegrenzte) „Ganzheit des Daseins 

des Dinges“, welche ich als „Soheit“ bezeichne. 

Diese spezifische Qualität („Soheit“) ist als zentriertes Feld (mit Spielraum 

für Verwirklichungen, z.B. auch für Begegnungen mit unseren Sinnesorganen) 

das reale Wesen des Dinges, das im Begegnen mit unseren Sinnesorganen 

auf unsere Sinnesorgane (oder auf unsere technischen Sensoren) 

wirkt, soweit wir solche haben. 

Das Wirken auf unsere Sinnesorgane vermittelt uns dann vor dem Hintergrund 

des Daseins des Dinges (seiner Soheit) ein vordergründig sinnlich

204 

vermitteltes Bild, das, solange die Soheit als Hintergrund gewahrt wird, 

auch für uns nicht begrenzt, sondern zentriert ist. 

Erst wenn mir ohne Hintergrund einer „Soheit“ ein Bild des Dinges über 

meine Sinne, oder über gezeichnete Bilder oder über die Sprache vermittelt 

wird, erscheint mir ein begrenztes (definiertes) Bild als „Sosein“, das 

ich dann innerhalb der Grenze zu einem Ganzen gestalte. Diese „begrenzte 

Gestalt des Bildes“ ist aber noch nicht die „Soheit“ des Abgebildeten. 

Die „begrenzte Gestalt“ eines Bildes grenzt sich immer vor einem e- 

benfalls zum Bild hin begrenzten Hintergrund ab. 

Springe ich mit meiner Achtsamkeit fokussierend über diese Grenze, dann 

„kippt“ der „begrenzte Hintergrund“ und wird zur „begrenzten vordergründigen 

Figur“. 

Springe ich mit meiner Achtsamkeit vor dem gleichen Hintergrund über die 

Grenze zur benachbarten Figur, dann wir wiederum diese Figur dominanter 

Vordergrund. 

Bei diesem grenzüberschreitenden Kippen greift das Modell der Drehtür, 

nicht aber beim „Wandel zentrierter Soheiten“ im Dasein, d.h. im Verbundensein 

im Sein.

205 

Verstehen von Texten 

Sie haben den Sachverhalt ja genau beschrieben: 

"Aus der Gesamtheit der unterschiedlichen Verständnisaspekte 

Ihres Textes als Objekt (rational, emotional, kommunikativ, etc.) 

kann ich keine Ganzheit rekonstruieren. Vor der wahren Bedeutung 

Ihres Textes als Ganzheit einer Beziehung bleiben alle Verständnismöglichkeiten 

auch in ihrer Gesamtheit zurück, das kann 

ich gewahren und daher kann ich von diesem Blickwinkel aus nur 

sagen: Wer den Text nur versteht, der mag ihn begriffen haben, 

aber er hat nicht hingehört." 

Ein Text ist als "Spur im Seienden" immer nur ein Herumreden. Im besten 

Fall kreist diese Spur bloß etwas ein und wird zu einer "runden Sache", 

die erläutert bzw. definiert und/oder definitiv differenziert. 

Er wird also, nur den Text selbst betrachtet, bloß zu einer gelungenen soseienden 

Gestalt. 

Wird diese Gestalt aber vom Hörer nicht durchschaut, dann kann 

das Ganze, dass den Sprecher ggf. geleitet hat, gar nicht vergegenwärtigt 

werden. 

Durchschaut der Hörer aber das Herumgerede des Textes und blickt dann 

bloß in eine hohle Nuss, dann hatte der Sprecher einem auch nichts Wirkliches 

zu sagen und alles, was zu verstehen man sich bemühte, entlarvt sich 

dann als Schall und Rauch. 

Einen Text, den man begriffen hat, muss man im Hinhören sich 

also erst zu eigen machen. 

Das durchschaute Eigene ist dann entweder ein AHA-Verstehen, wenn 

hinter dem Text wirklich etwas steckt, oder ein neuer eigener Gedanke, zu 

dem ein hohler oder miss- bzw. nichtverstandener Text bloß die Anregung 

war.

206 

Person und Persönlichkeit 


"Personal bleibe ich identisch, weil meine Person die gleiche 

bleibt, doch der Leib, mein ganzes Sein verändert sich." 

Ich kann verstehen, was Sie meinen, bloß ich würde hierfür andere Worte 

gebrauchen. 

Denn was ich unter "Sein" verstehe, das kann weder ein Ganzes, noch ein 

Teil sein und sich auch nicht verändern. 

Verändern kann sich nur mein seiendes Sosein, und dies nur im "Spielraum 

meiner Soheit". Außerhalb dieses Spielraumes bin ich als Seiender 

tot, aber das tangiert das Sein nicht. 

Was soll eine "Person" sein? 

Das "Sein" kann es nicht sein, denn Personen unterscheiden 

sich, sie sind individuell. 

Da die "Person" Ihrem Verständnis nach gleich bleiben soll, kann die Person 

dann bloß meine "Soheit" sein, die sich als zulassender Spielraum 

nicht ändert, solange ich lebe. 

Die "Person" wäre dann also der Spielraum, der mir als Chance für meine 

Verwirklichung, d.h. für das ständige Ändern meines "Soseins" gegeben 

ist. 

Die "Person" als "Soheit" wäre dann also das, was mir nur 

der Chance nach gegeben, aber als Wirklichkeit bloß "aufgegeben" 

ist. 

Die jeweilige sich ändernde Wirklichkeit wäre dann das, was aus mir jeweils 

"geworden" ist, meine "Persönlichkeit". 

Meine "Persönlichkeit" wäre also, als "Verwirklichung meiner 

Person", auch deren "Einengung".

207 

Als "Person" hätte ich nämlich, je nach Umständen, auch ein 

Verbrecher werden können, aufgrund der tatsächlichen Umstände 

bin ich aber der Chance nach eingeengt eine "Persönlichkeit" 

geworden, der ein Verbrechen nicht mehr so leicht zuzutrauen 

ist, d.h. der ein Verbrechen nicht mehr auf ihrem "WEG" 

liegt. 

Also: in meinem "Sein" bleibe ich als "Seiendes" zeitlos (ewig) identisch. 

Als "Person" (als "Soheit", als "Guckloch zum Sein") bleibe ich 

ein zeitlich begrenztes Leben lang, da in ihr das "Sein" zeitlos 

"durchtönt" (personare), der Chance nach (dem Zulassen 

nach) "identisch-gleich". 

Als "Persönlichkeit" verwirkliche ich dagegen innerhalb des "Spielraumes 

der Soheit" meine "Persönlichkeit", die entsprechend ihrem "Karma" (entsprechend 

ihrer Notwendigkeit, entsprechend der Tägheit ihrer Taten) als 

Seiendes dann "selbst-begrenzte Chancen" hat.

208 

Zulassen 

Was Sie über YANGMING sagen, das kann YANGMING so vielleicht gemeint haben, 

sicher ist aber, dass der Übersetzer der Meinung war, dass dies 

YANGMING so meinte. 

Wenn ich nun mein eigenes Verständnis des chinesischen Denkens 

zu Rate ziehe, dann könnte YANGMING damit gemeint haben, 

dass es keine isolierte jenseitige Kraft (als Sein) ohne Bindung 

an das Seiende gäbe, so wie es auch kein Seiendes ohne Erfüllung 

durch das Sein (die Kraft) gibt. 

Dem kann ich zustimmen. 

Mir erscheint es aber so, als ob Sie nun das Wort "Identität" in unterschiedlichem 

Sinn verwenden: 

• meinen Sie mit "Identität" das "Verbundensein im Sein", wie es 

im "tat twam asi" im indischen Denken "unzeitlich" (ewig) gemeint 

ist? Also das Erleben, z.B. mit Blick auf eine Blume, mit 

dem Gedanken: "Das bin ich!"? In diesem Falle haben Sie aber 

kein sinnliches Bild von der Identität, sondern bloß Ausgangs-Bilder 

von sich selbst und der Blume. 

• oder meinen Sie mit "Identität" die beharrliche (die seiend 

"zeitliche" und daher begrenzte) "Selbigkeit" als "Soheit", also 

so etwas wie eine "bloß beharrliche Identität der individuellen 

Unterschiedenheit" ? Auch in diesem Falle haben Sie aber von 

dieser "Soheit" kein sinnliches Bild, sondern Sie können sich 

aus dieser Soheit heraus (in deren Spielraum) bloß Bilder 

machen, d.h. "verwirklichen". 

Sehr wohl können Sie aber jede "Soheit" sprachlich markieren. Bzw. jede 

"Soheit" markiert "sich selbst" wie "von selbst" sprachlich als etwas Allgemeines 

(als Spielraum, der als spezifische "Chance" allen seinen eigenen 

Verwirklichungen "gemein" ist). Mit der "Soheit" kommt "eigene" Sprache 

unmittelbar zur Welt. 


"Ohne die Frage nach Identität kann die Person nicht gesehen 

werden und man weiß nicht, was zu der Persönlichkeit gehört." 

Wie soll das verstanden werden?

209 

Wenn man sich ein Wissen über die "Persönlichkeit" (die eigene oder eine 

fremde) erwirbt, also die Merkmale, bzw. die Eigenschaften bewusst 

sammelt, dann entsteht ein "Bild als Muster von Eigenschaften". 

Sie können sich aber auch ein "Bild des Prozesses" machen, etwa so, wie 

Eltern die Fotos ihrer werdenden Kinder sammeln. Hier bekommen Sie 

dann ein "Muster des Verlaufes", etwa wie man sich eine Melodie als ein 

Nacheinander merken kann. 

Im ersten Fall haben sie ein mehr räumliches Muster, in zweiten 

Fall ein mehr zeitliches Muster. 

Sie können nun beide Muster miteinander verknüpfen und so den "Prozess 

des Entstehens und Veränderns von Mustern" als ein "neues Muster" konstruieren 

und dann aus diesem heraus in die Zukunft hinein extrapolieren 

und "Muster der Erwartungen von Mustern" bilden. 

Mit diesem Verfahren können Sie auch erfolgreich leben, ohne je 

die Persönlichkeit als Ganzes (Soheit) und auch nicht die Person 

(ihre eigene oder eine fremde) als Ganzes (als Soheit) oder auch 

eine ihrer Eigenschaften je als Ganzes (als Soheit) geschaut zu 

haben. 

Denken Sie nun an mein Zitat von MATISSE und an den fernöstlichen Ratschlag, 

Bambus zu werden, wenn man Bambus malen wolle. 

Wenn Sie auf diese Weise (eben nicht von Merkmal zu Merkmals pinselnd 

das Muster Bambus konstruierend) Bambus malen wollen, dann müssen 

Sie "Einswerden" mit dem Bambus (also Identität im Sinne von "tat twam 

asi" finden), um dann im "Guckloch zum Sein", d.h. im Zentrum der "Soheit-Bambus" 

zu stehen. 

Dieses Stehen "selbst" ist aber bildlos und musterlos, was dann 

oft als "Nicht denken!" beschrieben wird. 

Es handelt sich dann um das sog. "unbewegte Begreifen", wie es TAKUAN 

schildert.

210 

Aus dieser "unbewegt begriffenen Soheit" heraus kreiert dann (in 

deren Spielraum) das Bewegen Ihres Pinsels (wenn sie nach 

TAKUAN sich über das tätige Beachten differenzierter Muster 

auch entsprechende Techniken erworben haben) Bambushalme. 

Der Maler hat dann einen ähnlichen Status wie der Baums selbst, der aus 

seiner realen Soheit heraus das Entstehen von Blättern "zulässt", d.h. im 

vorgegebenen Spielraum (den Umständen des Seienden entsprechend) 

das Verwirklichen von Bambusblättern "zulässt". Diese Verwirklichungen 

sind dann, räumlich miteinander verglichen, einander zwar nicht 

gleich, aber jedes Blatt hat trotzdem selbst seine zeitlich begrenzte Selbigkeit. 

Diese "Selbigkeit" selbst setzt wiederum als "Soheit für sein eigenes 

Werden und Vergehen" jenen Spielraum , wo den wiederum hier herrschenden 

Umständen entsprechend etwas notwendig "bewirkt" und damit 

"verwirklicht" werden kann.

211 

Qi und Li – Kraft und ordnende Form 

Mir ist noch zu Ihrem Mail eingefallen, dass WANG YANGMING auch gemeint 

haben könne, dass nämlich dann, wenn man die jeweilige "Soheit" als ein 

"Ganzes" schaut, man sehr wohl als Hintergrund Unterschiedliches und 

dessen "Zusammengehören in der Soheit“ gewahrt. 

Das "akzentuierte Schauen eines Ganzen", nötigt nämlich keineswegs 

dazu, jedes Muster aus dem Gewahren verschwinden 

zu lassen! 

So gewahrt man in der Soheit (trotz ihrer ungeschiedenen Ganzheit) zum 

Beispiel auch die Verschiedenheit von Lebenskraft (Qi) und Wesensnatur 

(Yi, bzw. Li). Diese sind nämlich letztlich nicht verschieden, sondern in der 

Soheit gebunden und letztlich eins. 

Wenn man nun die "Soheit" akzentuiert als Yi (vorgestellte Form) 

betrachtet, dann muss man eben hinzudenken, dass dieses Yi 

nicht ohne Kraft (nicht ohne Qi) ist. 

Als nächstes will man dann dieses sprachliche Problem bewältigen, indem 

man die "Soheit", wenn man sie als Yi (als Vorstellung, als vorgestellte 

Form) betrachtet, sie mit Kraft erfüllt denkt und dann von der "ordnenden 

Form" ("Li") spricht. 

So gibt es im chinesischen Denken auch den Ansatz, das "Dao" 

als Einheit und Gegensatz von "Li" und "Qi" aufzufassen und die 

Welt der Vielfalt aus diesen zwei Prinzipien aufgebaut zu betrachten. 

"Qi" gibt es nämlich nur im Singular. "Yi" und "Li" gibt es dagegen aber 

immer nur im Plural. 

Jeder seienden Form, jeder Ordnung, steht nämlich als Yin ihr 

Gegenteil als Yang gegenüber, wodurch letztlich Yi (vorgestellte 

Form) und Li (ordnende Form) nur als Vielfalt existieren. 

Aus einer anderen Perspektive erscheint Qi (Lebenskraft) wiederum als jene 

Seite einer Soheit, deren andere Seite als Shen (Achtsamkeit) er-

212 

scheint. Daraus ergibt sich dann die sprachliche Aussage, dass Qi und Shen 

in der Soheit "Mensch" das Selbe sind. 

Was nun meine Abweichung von dem chinesischen Denken betrifft, so habe 

ich im chinesischen Denken das Li nicht als "zulassende", sondern als 

"wirkende" Ordnung gefunden. Also etwa so, wie ARISTOTELES die Entelechie 

sah und wie wir Gene auffassen. 

In meinem in diesem Punkt mehr indisch orientierten "Denken des Zulassens" 

gibt es daher kein "vorgeformtes Entfalten", sondern "ein im Spielfeld 

beschränktes Zulassen des Wirkens der Umstände", welches das Seiende 

immer wieder „einfaltet“. 

Das "Wirken der Umstände" ist aber ebenfalls von Qi erfüllt. 

So dass es letztlich das Begegnen des Seienden ist, welches die mit Kraft 

erfüllten Chancen (z.B. die Situationspotentiale, d.h. die "Chancen im Umfeld") 

realisiert, wenn die in mir schlummernden konkreten Chancen diesem 

Begegnen auch "entsprechen" und dieses auch für mich "zulassen". 

In diesem Begegnen wird dann sowohl das "eigene Feld" als auch 

das "Feld der Umstände" verändert. 

Also begegnet sich die wirkende Natur (die "ordnenden Formen", "Li"), welche 

genau so mit Qi erfüllt sind wie mein mich selbst ordnendes Li (Soheit). 

Die Einheit der Kraft (des Seins) und die Ungeschiedenheit 

von Qi (Kraft) und Shen (Achtsamkeit) in ihr ermöglichen es, 

selbst auch untätiger Zeuge dieses seienden Geschehens zu 

sein, indem, wie von selbst, in der eigenen Soheit eine eigene 

Sprache unmittelbar zur Welt klommt.

213 

Körper und Leib 

Erstaunlich, wie intensiv Sie sich mit Verschiedenem beschäftigen. 

Wenn Sie Ihre Gedanken flüssig in das Mail schreiben, dann wird durch Ihren 

Wortgebrauch für mich sichtbar, was und wo Sie noch nicht unterscheiden. 

Sie sprechen meist nur von "Bewegung", obwohl Sie meist das 

"Bewegen" in meinem Wortgebrauch meinen. 

Am deutlichsten wird mir dies, bei Ihrem Unterscheiden von "Körper" und 

"Leib". 

Da bei ist mir schon klar, dass Sie vermutlich gemäß einer definitorischen 

Zuschreibung mit dem Wort "Leib" einen "beseelten Körper" meinen, im 

Unterschied zum "Körper" in den Augen eines Chirurgen. 

Das sind aber bloß zwei verschiedene Begriffe für ein und die selbe Realität. 

Wenn Sie dann schreiben: 

"Aber das Leib-sein und nicht nur das Körper-haben gehört auch 

mit zu diesem Begegnen". 

Meinen Sie mit dem "Leib-Sein", dass Sie mit Achtsamkeit in Ihrem Körper 

sind, im Gegensatz zum "Körper-Haben", bei welchem Sie vorwiegend die 

"sinnliche Vorstellung Ihres Körpers" im Bewusstsein beachten? 

Ich habe für mein Denken die Wörter "Körper" und "Leib" ganz anders belegt. 

• Für mich ist der Körper, egal ob ich ihn beachte oder nicht, das, 

was mit meiner Haut eingeschlossen ist und im Berühren 

Anderem begegnen kann. 

• Mein "Leib" ist dagegen der "Raum meiner Achtsamkeit". 

Dieser kann, wie bei einem Autisten, auch kleiner als der Körper-Raum 

sein, oder wie bei normalen Menschen auch größer, 

wenn sie sich in das Umfeld hinein achtsam weiten.

214 

Das Leibes-Zentrum kann die Achtsamkeit beliebig setzen. Ich kann z.B. 

mit einem Stern, ihn fokussiert beachtend, eins sein und dort das Zentrum 

für meinen achtsam aufgespannten Raum finden. 

Da Sie sprachlich noch nicht den Unterschied zwischen "Bewegung" und 

"Bewegen" brauchen und gebrauchen, vermute ich, dass Sie die "Soheit 

des Bewegens" innerlich noch nicht erfahren haben. 

Ich vermute, dass Sie immer das "Muster eines bewegten Körpers" 

vor Augen haben. Dadurch wird Ihnen natürlich die "Identität 

des Bewegens" dann zur "Identität des bewegten Körpers", 

der sich dann im Bewegen eben nicht ändert. 

Versuchen Sie die Vorstellung eines "bewegten Körpers" fallen zu lassen. 

Wenn dies gelingt, dann ist zwar die Anschaulichkeit der Bewegung 

in den Hintergrund getreten, dafür bringt sich eine Klarheit 

und Deutlichkeit unmittelbar selbst zur Sprache, nämlich, dass 

Bewegen (oder auch Bewegung) der produktive Widerspruch zwischen 

"Identität im bleibenden und umfassenden Sein", und dem 

"die Not wendenden" (notwendigen) "Ändern des Seienden" ist. 

Es wird dann klar und deutlich, dass jedes jeweilige Seiende (sowohl als 

"seiende Soheit", als auch als "seiende Verwirklichung in der Soheit") einerseits 

im Sein seine Identität mit "raumzeitlich Allem" hat und deshalb 

(wie jedes und alles) überhaupt existiert, dass aber andererseits alles und 

jedes nur solange und soweit existiert, als es der jeweilige eigene Spielraum, 

der selbst vergänglich ist, "zulässt", und es auch die Umgebung 

"zulässt" (d.h. es die anderen "seienden Spielräume mit ihren Verwirklichungen" 

im eventuellen Begegnen auch zulassen und im Begegnen auch 

„notwendig bewirken“!). 

Jedes Seiende ist vom Sein erfüllt. Das Sein verbindet raumzeitlich 

mit allem und jedem Seienden. Dies wird schon in der Bewegung 

deutlich: sie verbindet im sich weitenden Raum Orte und in 

der vergehenden Zeit verschiedene Momente. 

Das sog. "Hier und Jetzt" gedanklich als "absolute Gegenwart" zu bezeichnen, 

ist daher ein Unding, eben ein „Nichts“, das gerade nicht existiert!

215 

Stellen Sie sich vor, der Moment des "Hier und Jetzt" sei unbegrenzt 

und verlaufe sich Janus-köpfig in beide Zeitrichtungen 

und räumlich in alle Richtungen. 

Stellen Sie sich weiter vor, mit Ihrer Achtsamkeit diesen Raum in seinem 

Verlauf weiter als ein Anderer aufspannen zu können. Ihr Leib (in meinem 

Wortgebrauch) würde dann immer umfassender und hinsichtlich der Achtsamkeit 

immer "hellsichtiger". 

Nun, was hier ansatzweise und graduell in der Inneren Empirie konkret 

erlebbar und durch Training erweiterbar ist, wird dann oft von flotten 

Denkern zum Absoluten hoch-gedacht und dann womöglich auch als 

von der eigenen Erfahrung abgeleitet behauptet, was ohnehin niemand 

überprüfen kann. 

Also, das, wovon man annimmt, dass es auch ein Anderer mit einiger 

Mühe selbst überprüfen kann, davon sollte man auch reden und dem 

Anderen eine mehr oder weniger erreichbare Steilvorlage geben. 

Das aber, was bei einem selbst eher selten und schwierig zu erreichen 

ist, darüber sollte man schweigen, denn der sich redlich 

Bemühende würde dadurch vielleicht entmutigt, der freche Prediger 

dagegen nur angespornt, sich selbst bespiegelnde verblüffende 

Märchen zu erzählen und/oder bloß Gehörtes ungeprüft als Offenbarung 

weiter zu erzählen.

216 

Empfindungen und Gefühle 

Ich habe die ersten 12 Seiten des Textes gelesen. Mir ist dabei die eigene 

Sprache des Schreibers, mit der er die tradierten Gedanken von einer Meta-Ebene 

her reflektiert, nicht deutlich geworden. 

Unterscheidet er zwischen "Moral", "Sittlichkeit", "Ethik", "Tugend", 

usw. oder ist dies für ihn ein Bereich, und dann etwa das, 

was ich mit "Wert-Sein" bezeichne? 

Unterscheidet er im Erleben überhaupt deutlich das "Wahrnehmen" das 

"Empfinden" und das "Fühlen"? 

Für mich ist es nämlich ganz wichtig, im "Erleben" diese unterschiedlichen 

Dimensionen sprachlich auseinander zu halten. 

"Empfinden" ist im "Erleben" die Dominanz des "sinnlich vermittelten Soseins" 

in den verschiedenen Sinnesmodalitäten, die in das "Erleben" (als 

dem Ganzen) jeweils einströmen. 

Die "Sensibilität" hat also immer nur etwas mit den verschiedenen Sinnesmodalitäten, 

d.h. mit "Empfinden" zu tun. "Sensibel" kann man daher 

nur gegenüber einem "Sosein" sein. 

Diese Tatsache muss daher vom "Gefühl" unterschieden werden, das eben 

nicht aus der Sinnlichkeit, sondern aus den Wert-Stellungnahmen des 

Individuums, bzw. von den von außen übernommenen Stellungnahmen 

stammt. 

"Sensibilität" für "Unterschiede im Sosein", ist daher von "Feinfühligkeit" 

für "Unterschiede im Wertsein" zu unterscheiden. 

"Gefühle" werden allerdings im "Erleben" mit "Empfindungen" assoziiert, 

und z.B. auch mit ihnen zu bewegenden "Emotionen" und "Motivationen" 

gebündelt. 

Wird das "Erleben" ins "Bewusstsein" gehoben und zur Sprache gebracht, 

dann sprechen wir vom "Wahrnehmen", das als seiendes Geschehen im 

Menschen wiederum selbst erneut "empfunden" (Sosein) und "gefühlt"

217 

(Wertsein) werden kann, was man wiederum erneut "beachten" und ins 

"Bewusstsein" heben und dann darüber, wie ich es gerade tue, auch "sprechen" 

kann. 

In dem bis jetzt Besprochenen kommt aber noch nicht das "äußere eigene 

Tätigsein" vor und auch noch nicht die "hinhörende Achtsamkeit", was er 

mit "Sensibilität" bezeichnet. 

Hier wird im Erleben also vorerst nur das "beachtete Sosein" (als das über 

"Empfindungen" sinnlich vermittelte "Sosein", eben das "Ästhetische") und 

dann das aus den eigenen und übernommenen Stellungsnahmen stammende 

"Fühlen" als "Wertsein" reflektiert. 

Dass dies im "tätigen Begegnen mit der Welt" aufgebaut und miteinander 

assoziiert wird, das wäre dann ebenfalls zu "beachten". 

"Recht" ist, was sich im tätigen Seienden als das Mächtigere bewährt. 

Dies bedeutet aber eben gerade nicht, dass dies auch das ist, was die 

Mehrheit der Menschen aufgrund ihres eigenen praktischen Tätigsein auch 

als das für das Zusammenleben Aller Brauchbare Wert-Sein verinnerlicht 

hat. 

Wie auch das sog. "ästhetisch Schöne" sich ebenfalls im wiederholten 

Zusammenpassen als das "stimmiges Sosein" herausformt. 

Aber dies alles ist einander assoziiert und verfremdet sich gegenseitig. Das 

Mächtige setzt letztlich nicht nur das "Recht", sondern redet letztlich über 

den manipulierenden Markt auch der Mehrheit ein, was schön ist, und der 

Jugend, was Moral ist, usw. 

Für Konfuzius war es daher ein Weg, mit Hilfe der Musik, d.h. 

mittels der mit deren Sosein verknüpften Gefühle (Wertsein), die 

Menschen zu einem Li-gerechten (d.h. der Obrigkeit gerechten) 

"Fühlen" und dementsprechenden "emotionalen" Handeln zu manipulieren.

218 

Es ist dies im Prinzip das Gleiche, wenn nun heute erforscht wird, mit welcher 

Musik man in Kaufhäusern die Kaufentschlüsse der Kunden beeinflussen 

kann. 

Vor lauter Fixierung auf Ästhetik und Moral (auf Sosein und 

Wertsein) schwindet die Dimension "Dasein" aus dem "Beachten 

des Erlebens". 

Nicht dass man da ist und dass Andere da sind, ist nun das Wunder, 

sondern dass man so oder anders, mächtig oder arm, tugendhaft oder 

schändlich (im machbaren Ruf), usw. ist. 

Ich finde daher die "Ästhetisierung der Moral" genau so Spielkram 

wie die "Moralisierung der Ästhetik". 

Für mich beeindruckend war im chinesischen Denken, das "achtsame Hinhören" 

(in den von mir verwendeten Übersetzungen, bzw. Kommentaren 

von Sinologen, wurde dies auch als "Xiao" bezeichnet. Praktisch wird aber 

dieses "Hinhören" dann reduziert auf den Praxisbereich der Familie, wo die 

Kinder auf die Eltern "hinhören" und "folgen" müssen. Aus dem "aktiven 

Hinhören" wird also ein ganz praktikables der Obrigkeit dienliches Unterdrückungsinstrument. 

Das "Li" kommt, wie alles bei den CHINESEN, in den unterschiedlichsten Praxisbereichen 

vor, wo immer erst aus dem Kontext deutlich wird, was damit 

jeweils konkret gemeint ist, bzw. oft nur gemeint sein könnte. 

In der achtsamen Beschäftigung mit chinesischem Denken kann 

man viel lernen, vom chinesischen Denken insgesamt allerdings 

wenig. Es ist, wie letztlich überall, ein gedanklicher Sumpf mit 

einzelnen Lotusblüten, von denen dann die Blätter gezupft werden. 

Auch die CHINESEN verwenden eben ihre sog. Leitbegriffe so, wie sie diese 

eben gerade verstanden haben. 

Ganz genau so, wie eben auch bei uns jeder mit den Wörtern 

"Gefühl", "Empfindung", "Sensibilität", "Moral", "Ethik" usw. gerade 

das meint, was er beim Hören dieser Wörter auf Anhieb verstanden 

hat.

219 

So haben bei uns nicht nur benachbarte Wissenschaften die gleichen Termini 

und bezeichnen mit ihnen oft Gegenteiliges, sondern auch innerhalb 

der selben Wissenschaft reimt sich jeder sein eigenes Ding zusammen. 

Aber auch hier hat, bzw. setzt "Recht", wer in der sog. "wissenschaftlichen 

Gesellschaft" jeweils der "Mächtigere" ist.

220 

Im Erleben ‚die Gefühle empfinden’ und ‚die Empfindungen 

fühlen’ 

Ich versuche nun, meine Gedanken direkt in Ihren Text hineinzuschreiben: 

"Aber irgendwie ist diese Wahrheit auch in mir materiell abgespeichert, 

also versuche ich das Auslesen dieser Information.“ Behalten 

Sie diesen Gedanken, dass Ihr Wissen in Ihnen materiell abgespeichert 

ist, weiter im Auge. Ich folge dieser Ansicht. 

„Mein Leib äußerlich oder objektiv betrachtet ist ein Körper, der 

zu den Dingen gehört. Er ist die letzte Hülle vor der Welt, die ich 

untrennbar habe und steht dieser so fest in einer als objektiv gedachten 

Ordnung, dass er bereits meinen Empfindungen entzogen 

ist.“ Hier nennen sie das "Ding" einerseits "Leib" ("Mein Leib...), 

anderseits nennen Sie das selbe Ding, wenn sie es "äußerlich oder 

objektiv betrachten" aber "Körper". Der Unterschied zwischen 

Leib und Körper ist also (Ihrer Meinung nach) objektiv gar nicht 

gegeben, sondern entspringt bloß ihrer Betrachtungsweise. Also 

das Wort "Leib" schreiben Sie hier dem "tatsächlichen Ding" zu, 

das Wort "Körper" dagegen einer speziellen Sichtweise. 

„In meinem Wechselwirken mit der Welt habe ich lediglich einen 

Körper, so scheint es objektiv gesehen.“ Das von Ihnen als "Leib" 

bezeichnete Ding tritt also tatsächlich in das Wechselwirken mit 

der Welt ein. Wenn Sie nun dieses Wechselwirken aber "objektiv" 

betrachten, dann "erscheint" nicht der "Leib" wie er tatsächlich 

ist, sondern nur die sinnlich vermittelte Vorstellung "Körper". Sie 

haben also dann ein hinsichtlich des Tatsächlichen reduziertes 

Bild. 

„Dieses ‚haben’ ist eine aus der Weltsicht gemachte Zuordnung. 

Wenn ich mit meinem Körper etwas berühre, habe ich nur Kontakt. 

Die Art des Kontakts ist bestimmt durch das Gegenständige.“ 

Hier unterscheide ich in meiner Terminologie zwischen "Berührung" 

und "Kontakt". "Berühren" ist das "Begegnen von Dingen", 

auch von entfernten, die z.B. visuell vermittelt sind. "Kontakt" 

ist für mich dagegen das "Fokussieren der Achtsamkeit". So 

kann ich z.B. mit meinen Fußsohlen den Boden "berühren", dies 

aber gar nicht beachten, weil ich mit meiner Achtsamkeit "Kontakt" 

habe mit einem visuell vermittelten entfernten Ziel, das ich 

mit meiner Achtsamkeit fokussiere. Ich kann aber auch ein entferntes 

Objekt sinnlich "berühren", d.h. sehen, es aber trotzdem 

nicht beachten, weil ich z.B. im Bewusstsein "Kontakt" mit Erinnerungen 

habe, auf die sich meine Achtsamkeit fokussiert.

221 

„Mein Leib dagegen ist zunächst die eine von einer subjektiven 

Perspektive her vorgefundene, allen weiteren Erfahrungen vorgängige 

und immer in einer Eigenzuordnung auftauchende Existenzweise, 

die untrennbar mit meinen Erlebnissen einhergeht.“ 

Nun ändern Sie aber (wenn man Sie beim "Wort" nimmt) Ihre 

Meinung. Nun reduzieren Sie nämlich den "tatsächlichen Leib", 

das Ding, auf das Bild einer ebenfalls spezifischen Sichtweise. Sie 

führen nun eine sog. "subjektive Perspektive" ein. Mit dem Wort 

"Leib" bezeichnen Sie nun ein "vorgängiges subjektives Bild" von 

jenem Ding, von dem nun sowohl das mit "Körper" als auch das 

mit "Leib" bezeichnete bloß reduzierte Bilder des Tatsächlichen 

sind. 

„Meine materielle Wirklichkeit geht immer mit zwei gleichzeitig 

vorhandenen Betrachtungsmöglichkeiten einher, nämlich aus objektiver 

Sicht als ein Körper, der so in einem Außenbezug gehalten 

ist, dass ich nie dem Gegenständigen der Welt entkomme und 

aus subjektiver Sicht als ein Leib, der aber in seinem Innenbezug 

so abgerückt ist, dass ich bei allen Erfahrungen nie vollständiges 

Eigensein mit allem Übrigen erreiche. Wenn ich mit meinen Leib 

etwas berühre, hat mich auch immer die Welt.“ Nun entwerfen 

Sie ein Modell von zwei alternativen und anscheinend unversöhnlichen 

Betrachtungsmöglichkeiten, so, als ob es eine Außensicht 

ohne Mitwirken der Innensicht, und eine Innensicht ohne Mitwirken 

der Außensicht gäbe. Alles, was Sie hier sagen, das hat meiner 

Ansicht nach mit dem "tatsächlichen Ding" wenig zu tun, sehr 

viel dagegen mit Ihrem "Modell von den tatsächlichen Dingen", 

mit dem Sie sich in Ihrem Bewusstsein herumplagen. Sie beschreiben 

dies ja selbst: "Aber irgendwie ist diese Wahrheit auch 

in mir materiell abgespeichert, also versuche ich das Auslesen 

dieser Information". 

„Dass ich mit meinem Leib nie das Eigensein von allem übrigen 

erreiche, schmerzt. Dieser Schmerz ist gleichsam der leibliche 

Abdruck der Welt.“ Das verstehe ich nicht. Was schmerzt da warum? 

Was haben Sie da für Ziele, deren Verfehlen Sie "schmerzt"? 

„Die Grenzen sind dabei fließend. Aus meiner subjektiven Innen- 

Sicht kann man sich immer mehr Welt einverleiben, aus meiner 

objektiven Außen-Sicht kann ich immer mehr verkörpern.“ Sie 

formulieren dies nicht genau. Dass Sie sich immer mehr Welt einverleiben, 

das können Sie in Ihrer Inneren Erfahrung zwar "beobachten". 

Aber Sie leiben ja nicht nur in Ihrem semantischen 

Raum Begriffe gegenseitig ein, sondern Sie verleiben sich die tatsächliche 

Welt ein. Dies aber in ihrem achtsamen tatsächlichen 

Tätigsein nach außen. Um sich Geräte, z.B. Bleistifte, Skier usw. 

einzuverleiben, müssen Sie sich mit ihnen achtsam bewegen.

222 

„Auf beiden Seiten verändern sich die Verhältnisse gleichzeitig 

durch mein wechselwirkendes Ich. Ich handle aber immer im Verhältnis 

zu einer Basiswirklichkeit asymmetrisch von einer Seite 

aus.“ 

„Viele Bestandteile dieser Realität sind Umdeutungen zugänglich, 

die einen kommen früher, die anderen später. Wenn ich die äußere 

Weltsicht übernehme, sage ich: Ich bin dieser Körper. Das entfremdet 

meistens.“ Was soll daran schlecht sein, bzw. entfremden, 

wenn ich mich im Spiegel betrachte und zu dem Bild sage. 

"Das bin ich!". Das Bild ist doch bloß nicht alles, aber es trifft 

doch auch etwas zu. 

„Wenn ich die innere Weltsicht übernehme, sage ich: Ich bin dieser 

Schmerz. Das verbindet meistens.“ Hier habe ich den Eindruck, 

dass Sie das Wert-Sein nur deswegen, weil es nicht über 

die Sinne vermittelt wird, als "innere Weltsicht" bezeichnen, im 

Gegensatz zum "Sosein", das Sie als äußere Weltsicht bezeichnen, 

nur weil es sinnlich vermittelt ist. Aber all dies, ob nun die 

Farbe "blau" oder der Wert "gut", stellt sich nur im Erleben, also 

im Inneren ein. Sie können über Sinne sowohl ein Sosein von 

außen (z.B. über Auge und Ohr) als auch von Innen, z.B. Herzschlag, 

Muskelempfindungen, Eingeweideempfindungen erhalten. 

Über alles dies weiß man nur, weil Menschen von ihrem Erleben 

berichtet haben. 

Ähnlich ist es mit dem Wertsein. Auch hier strömen in das Erleben 

sowohl Werte von Innen, als auch Werte über das achtsam vernommene 

Außen ein. Nur beides eben nicht durch Sinnlichkeit, 

sondern bloß am sinnlich vermittelten Sosein.

223 

Impressionismus -Expressionismus 

Im letzten Mail habe ich "Gefühle" und "Empfindungen" ihrer Herkunft 

nach gedanklich unterschieden. 

Im Erleben ist aber weder das Gefühl noch das Empfinden isoliert. Es gibt 

bloß dort die Möglichkeit, in den unterschiedlichen Dimensionen Achtsamkeit 

zu fokussieren. 

So können sie im Erleben auch: 

• die "Empfindungen fühlen" 

• und die "Gefühle empfinden". 

Beim "Fühlen der Empfindungen": 

• schärfen sich die „Kontraste des Soseins der Empfindungen“; 

• deren „differenzierte Vielfalt“ wird dagegen reduziert. 

So, wie Sie es z.B. in der expressionistischen Malerei sehen können. 

Das Gegenteil geschieht, wenn Sie "Gefühle empfinden", z.B. in der impressionistischen 

Malerei: 

• hier verschwinden, verschwimmen (verflüssigen!) die Kontraste 

(Unterschiede); 

• dafür wird die „Vielfalt des so-seienden Empfindens“ größer. 

So steckt dann, aus der „Perspektive von Yin und Yang“: 

• in jedem Yin ein Yang; 

• und in jedem Yang ein Yin. 

Im Erleben kann dadurch: 

• aus jedem Gefühl ein Empfinden; 

• und aus jedem Empfinden ein Gefühl 

gleichsam herausgezogen werden.

224 

konkret und vage 

Es scheint so, dass Sie sich von Ihrer Sichtweise nicht abbringen lassen. 

Dies ist auch ganz Ihre private Sache. 

Mit meinen Anmerkungen wollte ich auch nur deutlich machen, dass ich, so 

wie es mir jetzt deutlich wird, im Ansatz radikal anders denke. 

Sie bauen dagegen Ihr gedankliches Modell auf einige gedanklich tradierte 

Dualismen auf, die Sie dann nicht mehr loslassen. 

Immer wieder klammern Sie sich an die künstlichen Alternativen "subjektiv 

oder objektiv", "Leib oder Körper", "vage oder konkret", "verbundensein 

oder gegenstehen", usw. 

Es darf Sie daher nicht wundern, wenn Ihnen dann überall das Entgegenstehen 

in die Augen springt. 

Sie tragen es ja selbst mit Ihrem Denken überall hinein. 

Dies ist aber nicht Schicksal, auch wenn in der Tradition behauptet wird, 

dass jedes Denken zwangsläufig so sei. 

Ihr Denken ist nämlich (so wie es mir erscheint), wenn es um sein Fundament 

geht, "ausnahmslos und gnadenlos" gegenstehend. Deswegen bemühen 

Sie sich ja immer wieder, diese Einseitigkeit zu kompensieren, indem 

Sie Bekenntnisse für das Verbundensein ablegen. 

Sie nehmen dabei sogar Zuflucht zu der Meinung, dass die "eigentliche 

Wahrheit" verschwommen sein müsse, weil sie ja im Fluss sei. 

Mit Bekenntnissen lässt sich aber das Denken selbst nicht korrigieren! 

Im Denken selbst bleibt es dann nämlich, trotz der Bekenntnisse, beim Alten. 

Das Denken selbst, d.h. "wie" sie denken, wird durch das, "was" sie als 

korrigierendes Bekenntnis denken, wenig beeinflusst.

225 

Sie denken dann weiterhin ähnlich wie der Zauberer, der ein vorher in seinen 

Zylinder selbst verstecktes Kaninchen immer wieder hervorholt und 

der erstaunten Menge zeigt. 

In Ihrem Falle sind Sie nun Zauberer und erstaunte Menge zugleich. 

Sie machen es unbewusst und staunen bewusst über das Ergebnis, 

das "eigentlich gar nicht sein dürfte!" 

Warum sollte die äußere Erfahrung, die durch unsere sinnlichen Möglichkeiten 

sehr eingeschränkt ist und darüber hinaus noch begrifflich verallgemeinert 

und vorgeprägt ist, "objektiv und konkret" sein im Unterschied 

zur inneren Erfahrung , bzw. zur Erfahrung unserer Innenwelt, welche 

uns unmittelbar zugänglich ist? 

Wobei es auch in der Inneren Erfahrung genau so künstliche begriffliche 

Festlegungen und Verallgemeinerungen gibt, die dann als Vorurteil die Weichen 

für das innere Erfahren und vor allem für das Reden über sie stellen. 

Das "Verbundene" ist in der unmittelbaren Erfahrung, sowohl in der Innen- 

als auch in der Außenwelt, für uns das "Konkrete", während das "Isolierte" 

eher das "Abstrakte" ist, wenn man eine solche radikale Gegenüberstellung 

überhaupt ins Auge fassen will. Also ist uns der Leib konkret 

und der Körper eher abstrakt, wenn wir diese begrifflichen Schubladen 

bedienen wollen. 

Ihr Denken über das Erleben ist, wie Ihre Darlegungen zeigen, ja ebenfalls 

abstrakt. 

Dadurch isolieren Sie ja alles zu pflegeleichten gedanklichen Alternativen, 

die als "Werkzeuge" vorerst ganz gut zu gebrauchen 

sind, die aber nicht mit jenen "Werkstücken" verwechselt werden 

dürfen, für sie "gedacht" sind. 

Sie dürfen daher die verursachten "Werkzeug-Spuren" nicht für "das zu 

bearbeitende Werkstück" ausgeben.

226 

Wobei es bei den "Werkzeugen des Denkens" nicht darum geht, 

"die Natur als Werkstück" durch grobe "Werkzeug-Spuren" umzuformen, 

sondern mit sanftem Bearbeiten den "Fugen der 

Wirklichkeit" nachzugehen. 


"Der Körper ist aufgrund der Konkretheit seines Verhältnisses bewußt, 

während der Leib als Erfahrung unbewusst oder unterbewusst 

ist." 

Sie drehen das tatsächliche Verhältnis also um. 

Sie behaupten, dass der Körper aufgrund seiner Konkretheit "bewusst" und 

der Leib dagegen als Erfahrung "unbewusst oder unterbewusst" sei. 

Im Grunde bezeichnen Sie aber nur das, was Ihnen leicht bewusst werden 

kann, als "konkret". 

Konkret" ist für Sie also das, was sich zuerst, meist über sinnliche Vermittlung, 

dem Bewusstsein aufdrängt. 

Da dies vorerst die Umwelt und der eigene Körper (insbesondere deren visuelle, 

auditive und taktile Bilder) ist, ist dann für Sie also dies "konkret". 

Also nicht das, was "konkret" ist, ist "bewusst", sondern was 

leicht "bewusst" wird, das bezeichnen Sie als "konkret". 

Dies würde aber dann auch für die Innere Erfahrung gelten, denn dort gibt 

es genau so Erfahrungen, an denen das Bewusstsein nicht so leicht vorbeischauen 

kann. 

Ob sich das Bewusstsein von diesen Erfahrungen leicht einen treffenden 

Begriff machen kann oder nicht, dies ist eine ganz andere Frage, die für die 

äußere Erfahrung genau so gilt wie für die innere. 

Ja, es kann Ihnen der Körper "konkret bewusst" sein und Sie haben 

trotzdem noch keine treffenden "Begriffe" von ihm. 

Sie können sich andererseits ihren Leib (nach Ihrer Definition) unmittelbar 

"konkret bewusst machen" und das Bewusste sehr wohl in Begriffen eini-

227 

germaßen festhalten, was nicht leichter oder schwerer ist, als z.B. das 

Bewusstmachen der eigenen äußeren körperlichen Bewegung und 

das präzise begriffliche Reden über sie.

228 

Leib und Soheit 

Meiner Ansicht nach kommt beim Denken anfänglich das "Gerade" zur Geltung, 

bis man dann das "Krumme" auch und gleichzeitig zulassen kann. Es 

spricht also weder etwas für einen "Kult des Geraden" noch für den "Kult 

des Krummen". Beides hat seine Funktion. 

Sie sagen zwar "Leib", meinen damit aber das, was traditionell im theologischen 

Anliegen als "Seele" bezeichnet wird. Sie stülpen also den "Leib- 

Seele-Dualismus" einem erdachten "Leib-Körper-Dualismus" über. 

Sie verwenden auch das "zeitlos" gedachte "ewig" als zeitlich 

"immer" und machen daraus einen in der Zeit unvergänglichen 

"Leib" im Gegensatz zu einem in der Zeit vergänglichen "Körper". 

Sie ziehen also, um der Vorstellbarkeit Willen, das "Ewige" in das 

"Zeitliche" herab. 

Sie bezeichnen Ihr "Bild der inneren Erfahrung" mit dem Wort "Leib". 

Im Bewusstsein existieren natürlich unterschiedliche Bilder von einem 

selbst. Dies ist bereits in der äußeren Erfahrung so. Sie haben von den 

Dingen ein "visuelles Bild", ein "taktiles Bild" ein "auditives Bild", usw. Diese 

Bilder stehen in ihrem Bewusstsein nebeneinander und unverbunden. 

Aber daraus schließen Sie doch auch nicht, dass in der Wirklichkeit 

diese "wahrgenommenen Bilder" nicht alle gemeinsam "einer bestimmten 

Realität zugehören" und in ihr "verbunden" sind. 

Aus der Tatsache, dass Ihnen (nicht aber einem Hund!) das gerochene 

Bild nur ein undifferenziert verschwommenes Bild liefert, schließen Sie 

doch auch nicht, dass das von Ihnen nur unzureichend Gerochene 

selbst verschwommen sei. 

Der "Leib" ist nichts anderes als der "Körper". 

So, wie im Bewegen die "Identität des Dauerns" als "Verbundensein im 

Bewegen" nichts anderes ist als das "Anderswerden des Soseins des Verän-

229 

derns", das durch Unterschiede markiert, also mit Grenzen und Orten versehen 

werden kann. 

So ist auch mein "Leib-Körper" als "Soheit" ein "einziger verbundener 

Bewegungs-Spielraum des Veränderns", der aber selbst als "bewegter 

Spielraum" wiederum mit seinem Umfeld verbunden ist, in welchem ich 

dann mit meiner Achtsamkeit (mit meinem Sein, mit meinem Verbundensein) 

hinausgehen und über den "Spielraum meines Veränderns" (über die 

spezifische "Soheit" mit seiner werdenden Verwirklichung "Körper") jeweils 

meinen "Leib" auch "bewusst" aufspannen und irgendwo zentrieren kann. 

Wo das Wissen gelagert wird, das könnte ich nicht so schnell entscheiden 

wie Sie. 

Dass im "Gehirn" etwas "verkörpert" wird, das dann bei Verlust 

von bestimmten Hirnregionen "für mich" weg ist, das schließt 

nämlich nicht aus, dass im Umfeld, dieses ebenfalls materiell 

(nicht aber unbedingt stofflich gedacht! Ich sehe die Materie mit 

ihren drei seienden Aspekten "Energie", "Information" und 

"Stoff", auf denen jeweils der Akzent liegen kann) gedacht, e- 

benfalls etwas "widergespiegelt" wird. 

Schließlich denke ich, dass das "Gedächtnis-Problem" sich auch für jede 

weitere umfassende Ganzheit stellt. Also z.B. nicht nur für die einzelne 

"Ameise", sondern auch für den "Ameisenstaat", wobei ich nicht nur daran 

denke, dass in jeder einzelnen Ameise, so wie in jeder einzelnen Zelle des 

Körpers, sich holistisch das Ganze widerspiegelt, sondern dass auch das 

jeweilige umfassende Ganze selbst eine "Gedächtnis-Chance" besitzt. 

Dies will ich aber nicht behaupten, sondern bloß deutlich machen, 

dass ich dies nicht in Abrede stellen kann.

230 

begreifen – angreifen -austeilen 

Mit dem Sprechen ist es viel schwerer als mit dem Denken. Das Denken ist 

nämlich ganz privat und folgt einer eigenen privaten Sprache. Das ist nicht 

einfach, aber einfacher als das Sprechen, welches immer die Sprache des 

Anderen "treffen" und letztlich auch zur gemeinten "Tatsache" hin 

durchdringen muss. 

Das wissenschaftliche Reden ist insbesondere für Studierende 

schwer, weil sie noch (um der Brauchbarkeit der Zitate Willen) 

voll in fremden Sprachen herumreden müssen, und dadurch 

sehr schwer selbst zu einer eigenen Sprache kommen. Sie müssen 

ja ihre eigenen Gedanken nur deswegen z.B. mit dem Wort 

"Seele" ausdrücken, um dann Zitate von anerkannten Denkern 

einbauen zu können, in denen das Wort "Seele" vorkommt. 

So ketten sie dann oft Zitate aneinander, die nur mehr 

durch das in ihnen gebrauchte Wort "Seele" miteinander verknüpft 

werden, obwohl die zitierten Denker mit dem Wort "Seele" 

oft ganz Verschiedenes meinen. 

Besonders schlimm wird es, wenn aus alten oder fremden Sprachen Texte 

zu verarbeiten sind, welche oft nur der lexikalischen Begrifflichkeit folgen. 

So ist auch die Philosophie letztlich abhängig vom Geschick der Philologen, 

deren Stärke aber leider selten das Denken ist. 

Die Jugend wächst dadurch in ein lexikalisches Gehabe von 

Philologen hinein, statt die jeweils gemeinten Tatsachen selbst 

aufzusuchen und dadurch eine eigene treffende Sprache zur Welt 

zu bringen. 

So habe ich in meinen Texten, die sich an Studenten wandten, gezwungener 

Maßen auch deren (von der Literatur geprägte) Sprache aufnehmen 

müssen. Ich habe diese "zweckvoll" angepasste Sprache dann auch dort 

beibehalten, wo es auf bestimmter Wörter nicht so ankommt. Wenn es aber 

letztlich nicht auf die Wörter, sondern auf das Verständnis des Gemeinten 

ankommt, da trennen sich dann die Geister, insbesondere dann, wenn man 

das Verständnis der Anderen "begreifen" will und deswegen auch "angreifen" 

muss. 

So auch in unserem Dialog.

231 

Aus meiner Sicht "nehmen" Sie schwerpunktmäßig auf. Sie lesen viel und 

vielerlei, hören zu und "nehmen" in Ihr Modell auf, was einigermaßen 

passt. 

Dadurch bauen Sie in Ihrem "Gedanken-Haus" ständig um- und aus, soweit 

eben die Fundamente Ihres Hauses diese umgestaltenden Aktivitäten "ertragen", 

bzw. "tragen" können. 

Dies ist ähnlich, wie wenn Sie nicht tatsächlich "laufen" würden und nur 

im Rollstuhl sitzend viel über Laufen lesen, anschauen usw. würden. 

Das Laufen selbst, über das Sie dann viel gelesen und zugeschaut 

haben, können Sie aber nur "begreifen", wenn Sie um ihrer 

Fortbewegung Willen auch gegen den Boden treten, den Boden 

also mit Ihren Fußsohlen "angreifen" und dann auch das 

"Angegriffenwerden durch die Schwerkraft" zusätzlich tätigbalancierend 

"begreifen" müssen. 

Dadurch wird Ihre "Sprache des Körpers " (ihr "Laufen"), mit der Sie sich 

tatsächlich durch den geerdeten Schwerkraftraum "tretend" (also "abgebend" 

und "austeilend") fortbewegen, zu ihrer eigenen Sprache (zu ihrem 

eigenen Laufen), über das Sie dann mehr und anders zu erzählen "wissen", 

als Sie je durch Ihr Zuschauen und Lesen gedacht hätten. 

Erst im "gebenden Austeilen" (im "Treten gegen das Andere", 

im "Angreifen") wird Ihnen die "schwankende Fortbewegung" Ihres 

Laufens "wirklich" und auch "deutlich". 

Erst dann, wenn Sie im "gebenden Austeilen" ihr Laufen tatsächlich (um 

der Tatsachen Willen) "gebrauchen", erst dann erleben Sie mit Ihrem 

Körper einen "Umgang mit der Welt", in welchem Sie voll in Ihrem Körper 

"da sind". 

Hier wird Ihnen dann der angelesene romantische Unterschied zwischen 

"Leib", "Seele", "Körper", usw. ganz "fern". 

Sie erleben aber einerseits an den "Schnittstellen des Körpers mit 

der Umgebung" die "gebende" und "nehmende" Privatheit Ihres 

bewegten Körpers, andererseits aber ein weit über diese Schnitt-

232 

stellen hinausfließendes "In-der-Welt-sein", das aber als Achtsamkeit 

ebenfalls "in ihrer privaten Hand liegt", mit der Sie 

ebenfalls "umzugehen" lernen können. 

Sie entdecken hier ein zweites Laufen, ein in raumzeitliche Ferne fließendes 

und sich dort auch fokussieren könnendes zweites Laufen, 

das ebenfalls ganz privat ist, aber mit allem "vereint". 

Was wollte ich mit diesen Bildern "bewirken"? 

Ich wollte auf-"zeigen", dass ein Dialog beides ist. Er ist "Geben" 

und "Nehmen". 

Dass aber das "Geben" nicht nur ein "Spenden eigener Gedanken" ist, 

sondern auch ein "austeilendes Angreifen" der Gedanken Anderer, in 

welchem die eigenen Gedanken erst "wirklich" (wirkend) zur Welt 

kommen und sich ggf. auch dort "bewähren". 

Im Dialog geht es nicht nur um "Zuhören", nicht nur um "monologisches 

zur Sprache bringen" der eigenen Meinung, nicht nur um "Verteidigung" der 

"angegriffenen" eigenen Meinung, weil man sich eben "angegriffen" fühlt, 

nicht nur um "Wiederholung der eigenen Meinung" und nicht nur um ihr 

"Erweitern und einsehendes Abändern". 

Ja: nicht nur! 

Sich selbst begreifen kann man nur, wenn man läuft und gegen 

den Boden tritt und sich dadurch selbst "Tat-sächlich" fortbewegt. 

Um sich selbst zu "begreifen" muss man "Anderes" mutig "angreifen", damit 

sich das Eigene "bewähren", bzw. überhaupt erst zur Welt kommen 

kann. 

Dies schließt aber nicht aus, dass man sehr viel lernen kann, 

wenn man anderen Läufern zu guckt, seien dies nun gute oder 

schlechte Läufer. 

Sie fragen mich: 

"Was ist damit gewonnen, zu sagen, dass der Leib die Seele sei? 

Weshalb verwenden Sie den Begriff des Leibes, wenn Sie keine

233 

andere Bedeutung für ihn haben als für den Begriff der Seele? 

Wenn nunmehr aber der Leib nichts anderes als der Körper sei, 

wie Sie jetzt behaupten, ist dann der Körper auch die Seele? 

Sie benötigen den Begriff des Leibes für die Einfühlung. Das ist 

deutlich zu sehen. Mit dem Körper kann man sich nicht einfühlen. 

Wenn Sie den Leib fühlen, brauchen Sie nicht mehr zu einem Körper-Ort 

zu gehen. Die Schmerzempfindung zeigt Ihnen, dass Sie 

schon da sind." 

So ist es eben auch bei mir der Fall, dass, wenn ich mit Anderen mitrede, 

dann oft gelten lasse, was jene mit den Wörter "Leib", "Seele", Psyche" 

usw. bezeichnen. 

Ist es mir aber im Zusammenhang des Gespräches wichtig, deutlich zu machen, 

was in meinem Denken das Wort "Leib" bedeutet, dann hat dieser 

von mir gemeinte "Leib" aber weder etwas mit "Fühlen" (im Sinne von 

"Wertsein"), noch etwas mit "psychischen Sosein-Wertsein-Verknüpfungen" 

zu tun. 

In diesem Sinne wäre dann die "Seele" (als "Psyche" ) bloß die 

gewordene "Software des Körpers". Der "Körper" selbst wäre 

dann (technisch isoliert betrachtet) bloß die agierende "Hardware". 

"Software" und "Hardwäre" ergeben aber zusammen noch keinen funktionierenden 

Computer. 

Ohne des "Fließens von Energie" bleiben nämlich "Stoff " 

("Hardware") und "Information" ("stofflich verkörperte Software") 

ohne Wirken. 

Also verschiebt sich mein Verständnis von "Leib" auf die Frage, wie ich "Energie" 

verstehe. 

"Energie" ist für mich (in Hinsicht auf den Körper) die im Körper 

(Hardware) über die Software "ausgerichtete Kraft". 

"Kraft" sehe ich wiederum als "Seins Fülle", welche den Menschen 

(wie in jedes Seiende) einerseits "erfüllt", andererseits a- 

ber vom Seienden zur "Energie" jeweils spezifisch "gerichtet" 

wird.

234 

Das Sein "spiegelt wider" und "erfüllt verbindend mit Kraft". 

Im Seienden "bewirken" die "gerichteten Energien" das Wechselwirken 

und formen sich gegenseitig. 

Wenn ich also vom "Leib" spreche, dann spreche ich weder von der seienden 

"Seele", bzw. "Psyche" (als Software), noch vom seienden "Körper 

als Hardware", sondern von der "Kraft des verbindenden Seins" (als "Sein 

des Seienden"), die als "privates Selbst" aufleuchtet und offensichtlich 

als "Einheit von Kraft und Widerspiegeln" auch von mir (als dem "Ich", 

Hardware+Software) "gerichtet" und "fokussiert" werden kann. 

Diesen fundamentalen Aspekt des weder "privaten" noch "nicht privaten" 

Menschen, welcher weder "seiender Körper", noch "seiende Psyche" 

ist, aber auch nicht ohne den Körper und nicht ohne Psyche ist, den 

nenne ich die "Achtsamkeit" mit ihrer raumaufspannenden, fokussierenden 

und kräftigenden Beweglichkeit. 

Ich wollte Sie schon wiederholt fragen, da Sie sich ja intensiv mit MEISTER 

ECKHART beschäftigt haben, ob Sie in diesem Zusammenhang auch etwas 

DIONYSIUS AREOPAGITA, der Eckhart besonders geprägt hat, gelesen haben. 

Auch bei DIONYSIUS AREOPAGITA geht es nämlich immer wieder um den Spagat 

zwischen einer Loyalität der tradierten Offenbarung gegenüber und der 

selbst erkannten Wahrheit, die man wegen der Gefahr, als Vertreter des 

Pantheismus verdammt zu werden, eben spannen musste. 

DIONYSIUS AREOPAGITA schrieb: 

"Es muss aber auch gewagt werden zu sagen, um der Wahrheit 

die Ehre zu geben, daß auch selbst der Verursacher des Alls infolge 

der schönen und guten Liebe zum All in der Überfülle seiner 

liebenden Güte aus sich heraustritt (Ps.115,11) durch die Fürsorge 

für das All der seiende Dinge, und selbst gleichsam bezaubert 

durch die Güte und Zuneigung und die Liebe, und aus dem Überallem-sein 

und Allem-entrückt-sein herabgeführt wird zu dem In-

235 

allem-sein durch überwesenhafte ekstatische Macht der Liebe, 

ohne dass es doch dabei aus sich herausträte." 58 

Interessant sind auch seine Gedanken zur Trinität, welche einerseits um die 

jeweilige Privatheit der drei Personen, andererseits um deren Einheit ringt, 

die er wiederholt mit einer "Über-Gottheit" verklammert. 

58 DIONYSIUS AREOPAGITA: "Von den Namen zum Unbenennbaren", Auswahl 

und Einleitung von ENDRE VON IVANKA, Johannes Verlag Einsiedeln, Reihe 

"christliche Meister", Band 39, Freiburg, 5. Aufl. 2009, ISBN 978 3 89411 

019 2, Seite 64f)

236 

„ist nichts anderes“ bedeutet nicht „ist das selbe“ 

Ihr letztes Mail hat mich unbewusst verfolgt. Da war doch etwas! Nun viel 

es mir auf. 

Sie haben geschrieben: 

"Was ist damit gewonnen, zu sagen, dass der Leib die Seele sei? 

Weshalb verwenden Sie den Begriff des Leibes, wenn Sie keine 

andere Bedeutung für ihn haben als für den Begriff der Seele? 

Wenn nunmehr aber der Leib nichts anderes als der Körper sei, 

wie Sie jetzt behaupten, ist dann der Körper auch die Seele? Sie 

benötigen den Begriff des Leibes für die Einfühlung. Das ist deutlich 

zu sehen. Mit dem Körper kann man sich nicht einfühlen." 

Dass ich die Meinung vertreten habe, dass der Leib die Seele sei, ist mir 

nicht bewusst. 

Wenn ich direkt danach gefragt werden würde, würde ich diese Meinung 

nicht vertreten. 

Mein Begriff "Leib" hat auch gerade nichts mit "Einfühlung" zu tun. 

"Einfühlung" wäre akzentuiertes Wertsein. 

Mein "Leib" hat vielmehr etwas mit "Achtsamkeit", mit "Dasein", mit dem 

"Sein des Seienden" zu tun. 

Ohne das "achtsame Verbundensein" gibt es für mich nicht nur kein "einfühlendes 

Wertsein", sondern auch kein "empfindendes Sosein"! 

Mein „Leib“ produziert weder Wertsein noch Sosein. Diese beiden 

Aspekte wären aus meiner Sicht vielmehr die Geschäfte meines 

Körpers. 

Nun fragen Sie aber in Ihrem Mail, ob ich der Meinung sei, dass der Körper 

auch die Seele sei, weil ich behauptet habe, dass "der Leib nichts anderes 

als der Körper sei".

237 

Ja, ich habe behauptet, dass der Leib "nichts anderes" als der 

Körper sei. Damit habe ich aber doch nicht gesagt, dass der Leib 

der Körper ist. 

Ich habe doch bloß gesagt, dass ich die Meinung vertrete, dass es vollkommen 

losgelöst vom Körper keinen Leib gäbe. 

Wie ich auch sagen würde, dass es kein vom "Ganzen des Seienden" 

losgelöstes und isoliertes "Sein" gibt, welches dann für 

die Theologen als "jenseitig des Seienden" ins Auge gefasst werden 

kann. 

Aber aus der Meinung, dass es "kein vom Seienden isoliertes Sein" 

gibt, kann doch nicht geschlossen werden, dass ich die Meinung vertrete, 

"dass das Sein das Seiende sei". 

So kann doch auch ganz banal aus der Tatsache, dass es "rote Äpfel" gibt: 

• weder geschlossen werden, dass "das Rot" der "Apfel" ist; 

• noch dass es "jenseits der Äpfel", bzw. "jenseits aller roten Dinge 

überhaupt" ein "Rot" gäbe, das auch ohne alle "seienden roten 

Dinge" ihr Wesen treibe.

238 

Rückblick und Voraussicht 

Wenn ich über das Wort "Dialog" nachdenke, was ich bisher meist getan 

habe, dann komme ich zu ähnlichen Sichten wie Sie. 

Wenn ich aber den Dialog in der "redenden Wirklichkeit" suche (außerhalb 

der "vorbildlich" konstruierten Dialoge, die publiziert wurden, z.B. bei Platon), 

dann kann ich nicht sehen, wie aus dem Dialog "schließlich eine Verkörperung 

wie ein Gefäß hervortritt, die jenseits der ausgetauschten privaten 

Gedanken steht und gesonderte Gestalt hat. " 

Meinen Sie damit etwas, was jeweils in einem oder in beiden Dialog-Partner 

vor sich geht, oder meinen Sie etwas Gemeinsames, das über beiden steht 

und von beiden in gleicher Weise gesehen wird? 

Mir gelingt es bestenfalls, eine Veränderung in meiner eigenen 

Meinung zu erkennen und eine solche im Dialog-Partner zu 

vermuten, bzw. zu hoffen. 

Das vorerst als Gemeinsames vermutete, ist nämlich meist verdächtig, 

denn es ist meist das, was sich im Fortgang des Dialoges verflüchtigt. 

Eine übergeordnete Einheit des Dialoges als "verpflichtendes" Sosein oder 

Wertsein kann ich vorerst nicht erkennen, was aber da ist im "wohlgemeinten 

Dialog", das ist eine "Einheit im Dasein", die aber kein "Gefäß" ist. 

Ihr Beispiel mit dem Jazz trifft eher zu. 

Nicht ein "Gefäß" als vorausliegende "übergeordnete Einheit" baut 

sich zusammen, sondern eine "Rücksichtnahme" auf das, was 

bisher im Entgegnen und Zustimmen gesagt wurde, das 

man als gemeinsame "Spur" nicht so leicht zu opfern bereit ist, 

das aber sehr wohl im Ringen um Verständnis immer wieder 

"angegriffen" wird. 

So geht es im "stimmigen Angreifen" darum, die bisherigen Spuren im 

gegenseitigen "Angreifen" aufeinander "abzustimmen".

239 

Das "Begriffene" wird dadurch immer wieder "angegriffen", manchmal dabei 

"geopfert", oftmals auch nur "auseinandergenommen und verändert", 

oft aber auch "im differenzierten Begreifen" auch "erweitert". 

So entsteht daraus auch das "Wagnis", gerade "um der Stimmigkeit 

willen", mutig einen noch "unstimmigen Ton" zu setzen, 

der "angreift" und "herausfordert". 

Alles, was dabei zählt, ist aber im Dialog nicht eine "vorausliegende Idee" 

(weder als Harmonie, noch als so-seiendes und wert-seiendes Gefäß). 

Alles ist "rückblickendes Sorgen" um die Vergangenheit 

des Gesagten, an welcher Maß genommen wird, und die "begriffen" 

werden soll, indem man aber nicht nur im Dialog redet, 

sondern auch aus der in die Zukunft gerichteten praktischen 

Tätigkeit heraus im "Hinhören" die Tat-sächliche Welt zu 

"begreifen" sucht.

240 

Hüfte 

Ich fange mit Ihrer letzten Frage nach dem Bewegen von Behinderten an. 

Mit meinen Studierenden habe ich über Semester hinweg Projekte in den 

Hamburger "Alsterdorfer Anstalten" gemacht, wo wir mit geistig- und 

mehrfachbinderten Menschen, vor allem mit Jugendlichen, arbeiteten. 

Dabei haben wir viel von einer Außensicht her gelernt. 

Damals stellte sich bei uns auch ein sog. "Einfühlen" ein, dem wir dann 

bei der Konzeption unserer Angebote folgten. 

Nun habe ich mein eigenes Problem mit meiner Hüfte, die mich behindert. 

Nun brauche ich kein Einfühlen mehr, sondern kann mir direkt 

bewusst machen, was nun der Fall ist. 

Schon am simplen Beispiel meines Hüftproblems sehe ich nun aber nicht 

nur das, was ich habe, sondern auch das, was gutmeinende Menschen 

in ihrem "wohlmeinenden" Einfühlen in mir sehen und daraus ihren 

Rat ableiten. 

Was ist nun bei mir der Fall? 

Früher hatte ich, z.B. am beim Skilaufen, mich mit dem "gesunden" 

Bewegen befasst. 

Dort fügten sich mit der Zeit einzelne Aspekte zu einem Fluss zusammen, 

der von dem Problem, welches mir jeweils der Hang stellte, sozusagen 

kanalisiert wurde. 

Mein Bewegen floss so als "Antwort" gleichsam in die praktische 

"Frage" hinein, die mir jeweils der Hang entsprechend meiner 

Absicht stellte. Auf diese Weise passten dann bald alle Teile zusammen 

und es entstand so etwas wie Harmonie. 

Nun befasse ich mich mit meinem Humpeln, als einem "kranken" Bewegen. 

Dies ist für mich vollkommenes Neuland. 

Mein ganzes früheres "Einfühlen", auf das ich mir auch etwas einbildete, 

konnte dies aber damals gar nicht erahnen.

241 

Nun ist nämlich die praktische Frage aus dem Blickfeld verschwunden. 

Ich beschäftige mich beim Bewegen gar nicht mehr, bzw. kaum 

mehr, mit Problemen der Umwelt. 

Mein Bewegen wurde Selbstzweck. 

Ich möchte mit meinem Bewegen daher gar keine äußeren Fragen beantworten, 

sondern "vorerst" mit meinem Bewegen alleine zurecht kommen 

und es so in eine "Harmonie" bringen. 

Dies ist der fatale Absturz aus der Wirklichkeit heraus und 

hinein in eine auf diese Weise aussichtlose Selbstkosmetik. 

Wenn ich nun in meiner derzeitigen von der Umwelt isolierten Perspektive 

auf mein Bewegen schaue, dann erscheint mir dies nun als ein Geflecht 

von Lügen bzw. Ausreden. 

Der eine Bewegungsteil weicht nämlich aus, um einen anderen 

Teil zu schonen, verursacht aber dadurch bei einem anderen wiederum 

Leid, was diesen erneut zum Ausweichen nötigt, usw. 

In diesem Geflecht von Ausreden lässt sich kein Anfang und auch kein 

"archimedischer Punkt" als Ansatz mehr finden. 

Eine Nebelfahrt, bzw. ein Herumstochern im eigenen Brei, ohne 

Führung durch ein Tat-sächliches äußeres Problem, das als Frage 

mit meinem mühevollen Bewegen beantwortet werden könnte, ist 

die Folge. 

Ich brauche daher zur Zeit keine auf "Einfühlung" basierenden Ratschläge, 

sondern für meinen Zustand angemessene Herausforderungen, welche 

in das kreisende Ausreden-Geflecht einen wirklichkeitsbezogenen 

Antwort-Fluss bringen. 

Ich brauche also tatsächliche Anforderungen, die meiner Rest- 

Kompetenz angemessen sind, die mich weder unterfordern, noch 

überfordern, sondern mit Augenmaß fordern.

242 

Hier tritt nun deutlich der Zusammenhang zwischen Qualität und Quantität 

in den Vordergrund. 

Es geht nun eben nicht nur um die qualitativ angemessenen Herausforderungen, 

sondern auch um die jeweilige Dosis. 

Was ich nun durch dieses exemplarische Begegnen mit meinem Hüft- 

Problem gewinne, das ist nun auch ein verändertes Verständnis des 

geistigen, bzw. gedanklichen Bewegens. 

Auch hier geht es nämlich vorerst und letztlich nicht um eine 

kosmetische Korrektur eines Denk-Modells. 

Es geht nicht darum, je nach Anlass an der einen oder anderen Schraube 

zu drehen. Dadurch würde man nur vorher passende Gedanken-Fragmente 

"verdrehen", was letztlich auch zu einem geistigen Humpeln führen würde. 

Dieses hausgemachte geistige Humpeln ist für mich aber etwas 

anderes als das geistige Schwanken im Ringen um Balance in 

der Tat-sächlichen Um- und Mitwelt. 

Wenn in einem Dialog der dritte Gesprächspartner, nämlich die reale 

Mit- und Umwelt, ausgeklammert wird und sich die beiden aufeinander 

isolierten Gesprächspartner nur einander kosmetisch korrigieren oder 

auch verunstalten, dann kommt bestenfalls ein sich umarmendes pseudo-stabiles 

Humpeln oder ein einander Wegrempeln zustande.

243 

Erleben 

Das ist ja gerade der Unterschied unserer beiden Auffassungen. 

Mir erscheint Ihr Modell, das auch ich anfangs hatte, getragen von der 

räumlichen Unterscheidung zwischen Innen und Außen, zwischen Subjekt 

und Objekt, usw. 

Dies durchzieht dann bevormundend Ihr gesamtes Modell, und wird ergänzt 

durch den Unterschied "verschwommen" und "deutlich". 

Diese Unterschiede werden dann einander "eins zu eins" zugeordnet: 

• das Innere wird subjektiv, verschwommen, wertgeladen ethisch, 

usw. 

• das Äußere dagegen objektiv, deutlich und ästhetisch. 

Das Innere wird dann ebenfalls räumlich lokalisiert: 

• so wird das Denken im Gehirn geortet; 

• das werthaltige Fühlen im Herzen; 

• das innere Empfinden in Eingeweiden, Muskeln, usw. 

Das ist alles nicht verkehrt, trifft aber meiner Meinung nach nicht das Wesentliche. 

Es wird dabei nämlich Verschiedenes miteinander vermischt: 

• das Wissen über das Herkommen dieser Erscheinungen, z.B. aus 

den Sinnen; 

• mit der hinweisenden Lokalisierung, z.B. nach innen oder außen; 

• mit der organischen Lokalisierung im Körper, usw. 

Ich habe mich daher (für mich) entschieden, ganzheitlich von meinem Erleben 

auszugehen und dieses dann unmittelbar zu differenzieren. 

Dadurch kommen die Unterscheidungen "innen oder außen" usw. später 

und bevormunden mein Denken weniger. 

Dass es im Erleben ein "Dasein", "Wertsein" und "Sosein" für mich gibt, 

das ist meines Erachtens eine fundamentale Erfahrung, auf der man solide 

aufbauen kann.

244 

Auch im Entstehen der Wahrnehmung ist dann mein Erleben primär: 

• nicht Empfindungen bauen sich zu einem Erleben zusammen; 

• sondern das da-seiende Erleben wird durch sinnliche Vermittlungen 

bloß differenziert; 

• fehlen diese Anlässe, dann bleibt es undifferenzierter. 

Im Erleben, als der Plattform meines Geschehens, wirkt mehr oder weniger 

alles mit, bzw. beeinflusst sich auch alles gegenseitig. 

Nicht alles ist mir aber bewusst. 

Und nicht alles mir Bewusste lässt sich auch bewusst differenzieren, weil 

mir eben noch die nötige Erfahrung, d.h. das Wissen dazu fehlt. 

Gehe ich in meiner Analyse vom Erleben aus, dann habe ich ein tragfähiges 

Fundament, auf dem sich all mein Wissen bewähren kann und muss. 

Was hier als "innen" und "außen" alles auseinandergeschnitten werden 

könnte, um gegebenenfalls eine bessere Orientierung zu erhalten, ist 

mir schon klar. 

Aber diese Schnitte dienen der Orientierung, nicht aber als Fundament 

eines Gedanken-Modells. 

Aber: die Alternative zu "auseinandergeschnitten" ist nicht "verschwommen"! 

Am Beispiel des "Schmerzes" können Sie deutlich sehen: 

• wie der "Ort der Lokalisierung des Schmerzerlebens" ein anderer 

ist; 

• als der "Ort der Wahrnehmung des Schmerzes". 

Der "Ort des Schmerzerlebens" kann z.B. ein "Stich-Empfinden im Bauch" 

sein, der "Ort der Schmerzwahrnehmung" dagegen z.B. "im betrachteten 

Mitmenschen", dem das Bein abgeschnitten wird, geortet sein. 

Der Schmerz ist gewissermaßen ein akzentuiertes Gewahren des „Daseins“:.

245 

• die Achtsamkeit geht vor Ort; 

• jener Ort ist dann fokussiert da. 

Dass der da-seiende und in den Raum führende Schmerz im "Erleben" 

auch wertgeladen ist und sein Sosein hat, ist unbestritten. 

Für das „Dasein“ ist aber der Schmerz fundamental das, was für 

das „Sosein“ die Empfindung ist. 

Er will im Raum lokalisieren bzw. auch in den Raum ausstrahlend erfüllen. 

Dass es im Körper hierfür auch organische (verkörperte) Strukturen und 

Prozesse gibt, das verhält sich hier ähnlich wie bei jenen Strukturen und 

Prozessen der sinnlichen Vermittlung eines „Soseins“. 

Deswegen wird ja auch analog von einem „Schmerzsinn“ gesprochen 

und es werden auch Techniken entwickelt, die Schmerzleitungen 

chirurgisch zu unterbrechen oder chemisch zu beeinflussen.

246 

Schmerz 


„Erstaunlich, dass Sie versuchen, mir den Unterschied zwischen 

unseren beiden Auffassungen zu "erklären"! Was passiert dabei? 

Kommunizieren geht ganz anders! 

Bewertungen machen eigene Vorstellungen plausibel. Nachdem 

man zu eindeutigen Bewertungen gekommen ist, ist die Suche 

nach einer tieferen Bestätigung in der Umwelt oder Mitwelt erfolglos. 

Mehr Klarheit gibt es nicht. Ein Gefühl zu haben, ist etwas 

anderes als fühlen. 

Eindeutigkeit gibt es nur in Form von subjektive Klarheit für ein 

Subjekt. 

Die Bereitschaft, Vieldeutigkeit zu ertragen ermöglicht das leibliche 

Begegnen. Loslassen können von unmittelbaren Differenzierungen 

ermöglicht das Empfinden. Im Denkmodell, im Denken 

selber und seinen Modellen ist der Schmerz schon angelegt. Es ist 

der Körper, der als eigener schmerzen muss. Insofern sind Eindeutigkeit 

und Klarheit schon Aspekte des Schmerzes. Kognition 

muss verkörpert werden. 

Ist schon der Schmerz ein akzentuiertes Gewahren des Daseins?“ 

Können Sie mir das Gleiche des letzten Mail mit anderen Worten sagen und 

nochmals schicken? Mir ist nämlich nicht klar, was Sie meinen. 

Wie kann eine "Bewertung" eine "Vorstellung" plausibel machen? 

Wie würde eine "mehrdeutige Bewertung" aussehen? 

Meinen Sie mit dem Unterschied zwischen "fühlen" und "ein Gefühl haben" 

einen ähnlichen Unterschied wie zwischen "erleben" und "Erlebnis". 

Wenn Sie über ein "Erleben" reden wollen, dann müssen Sie es 

immer festhalten, damit Sie es "haben" und zur Sprache bringen 

können.

247 

So machen Sie aus Ihrem "Erleben" ein "Erlebnis", wie Sie aus dem "Bewegen" 

eine "Bewegung" machen, damit Sie etwas "haben" worüber Sie reden 

können. 

Wie hängt die Fähigkeit "Vieldeutigkeit ertragen zu können" mit 

der "Fähigkeit des leiblichen Begegnens" zusammen? 

Was sind "unmittelbare Differenzierungen" von denen man loslassen 

muss, um "empfinden" zu können? Wovon müssen Sie 

loslassen, um z.B. die Farbe "blau" zu empfinden? 

Meinen Sie, dass in Ihrem Denkmodell der Begriff „Schmerz" bereits angelegt 

ist, oder dass das Bewusstwerden des eigenen Denkmodells bereits 

körperlich "schmerzt"?

248 

Bemühen um Eindeutigkeit 

Ich grüble nach, was Sie z.B. mit diesem Satz meinen: 

"Eindeutigkeit gibt es nur in Form von subjektive Klarheit für ein 

Subjekt. Die Bereitschaft, Vieldeutigkeit zu ertragen ermöglicht 

das leibliche Begegnen." 

Dieser Satz ist für mich noch "mehrdeutig". Ich kann ihn auf verschiedene 

Weise verstehen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie mit diesem Satz mir 

"eindeutig" etwas sagen wollten. 

Ich kann doch nicht davon ausgehen, wie es heute manche Kunsttheoretiker 

tun, dass das Kunstwerk selbst gar nichts Bestimmtes sagen möchte, 

sondern dass das Kunstwerk erst im Auge des Betrachters entsteht, 

der ihm jeweils eine für ihn selbst "eindeutige" Deutung gibt. 

Da nun jeder Betrachter dem selben Kunstwerk jeweils seine ihm eigene 

"eindeutige Interpretation" gibt, kann man sagen, dass das "eigentlich undeutliche 

Kunstwerk" erst durch die Vielfalt der Betrachter zu einem 

"pseudo-mehrdeutigen Objekt" wird. 

Oder soll der Betrachter des Kunstwerkes sich bemühen, dem Objekt verschiedene 

unterschiedliche "eindeutige" Interpretationen zu geben und dabei 

zu durchschauen, dass das Kunstwerk selbst eigentlich gar nichts Bestimmtes 

sagen will? 

Dass also das Kunstwerk gar nicht "mehrdeutig" ist, sondern 

"un-deutig" ist und es dem Belieben des Betrachters überlässt 

eine oder mehrere unterschiedliche aber jeweils "eindeutige" 

Interpretationen zu kreieren? 

Wofür soll man nun offen sein? 

Für die "eigentliche Undeutlichkeit", die dann durch die Vielzahl der Interpreten 

zwangsläufig zu einer "pseudo-Mehrdeutigkeit" wird? 

Oder soll man für die "Vielfalt eindeutiger Interpretationen" des selben Objektes 

offen sein?

249 

Oder soll man dafür offen sein, dass man jedes Objekt von mehreren 

Seiten betrachten kann, wodurch sich eine "Vielfalt von eindeutigen 

Sichten" ergibt? 

Oder soll man dafür offen sein, dass die selbe Seite eines Objektes von 

verschiedenen Betrachtern unterschiedlich gesehen, bzw. zur Sprache gebracht 

wird? 

Was soll man nun aber selbst sagen, trotz aller Offenheit? 

Soll man sich bemühen, so verstanden zu werden, wie man es meint, also 

letztlich "eineindeutig"? 

Oder soll man etwas so sagen, dass jeder seinen eigenen Gewinn hat, 

trotz Missverstehens? 

Wie kann nun ein Dialog als Gespräch laufen? 

Soll er ablaufen als sich mehr oder weniger "tangierende Monologe", die 

offen sind für "interessantes Missverstehen" und sich bloß Bälle als "Anregungen 

zum Denken" zuspielen". 

Ist unter einem solchen "interessanten" Ping-Pong-Spiel ein Dialog zu verstehen? 

Geht es im Dialog um ein tolerant-offenes "produktives Aneinander Vorbeireden"? 

Um nun zu Konfuzius zu kommen, so sah er die Sprache in Gefahr, 

Werkzeug eines nichtsagenden Plauderns zu werden, das 

bloß zum gegenseitigen gedankenlosen Abnicken führt, und er hat 

sich gerade deswegen um die "Richtigstellung der Begriffe" bemüht, 

da sich mit einer "undeutlichen" bzw. "mehrdeutigen" 

Sprache eine Gesellschaft nicht mehr "verlässlich" steuern und 

regeln lässt.

250 

Bewertungen 

Ich wollte Ihnen nicht den Unterschied zwischen unseren beiden Auffassungen 

"erklären", sondern Ihnen nur mitteilen, wie mir Ihr Modell erscheint, 

nämlich analog zu einem Modell, das auch ich früher hatte, 

aber mit ihm nicht viel weiter kam und deswegen die drei Dimensionen des 

Erlebens zum Ausgang nahm. 

Ich hatte erwartet von Ihnen zu hören, ob Sie Ihr eigenes Modell auch 

so sehen oder ob Ihre Sichtweise Ihres eigenen Modells sich von jener unterscheidet, 

die ich habe. 

Aus Ihrer Antwort glaube ich aber entnehmen zu können, dass es in Ihren 

Augen eine Bewertung darstellt, Ihnen ein solches Sosein Ihres Modells 

zu unterstellen. 

Wie habe ich hier mit meinem Vorgehen durch eine Bewertung eine 

Vorstellung plausibel gemacht? 

Ich habe mein neues Denkmodell doch nur wegen seiner Brauchbarkeit 

meinem alten Modell vorgezogen. 

Dieses "tatsächliche" Vorziehen des neuen Modells wegen seiner 

Brauchbarkeit "bewertet" erst mein altes Modell als für die 

neuen Aufgaben weniger brauchbar. 

Mein neues Modell ist für mich also nicht durch eine Wertung "plausibel" 

geworden, sondern durch seine tatsächliche Brauchbarkeit für 

neue Denk-Aufgaben. 

Also "die Suche nach einer tieferen Bestätigung in der Umwelt 

oder Mitwelt" hat mein neues Modell geboren, weil eben mein 

altes Modell sich in diesen neuen Bereichen als "erfolglos" erwiesen 

hat.

251 

Kulturelles Symbolsystem 

Ich wage kaum, meinen Gedanken auszudrücken, denn es könnte ja so 

scheinen, dass ich das Widersprechen liebe. Mir liegt nämlich Ihr erster 

Satz: 

"Es ist der begrenzte Vorrat an Wirklichkeit, der unter anderem 

die problematische Seite des Denkens ausmacht." 

in genau umgekehrter Bedeutung nahe. 

Ich würde nämlich sagen: 

"Es ist der begrenzte Vorrat an brauchbarer Sprache, der unter 

anderem die problematische Seite des Denkens ausmacht." 

Deswegen ist ja gerade der "gesunde Hausverstand" so erfolgreich, weil 

er einen angemessenen Vorrat an Sprache benutzt. 

Ganz anders ist es mit dem "kulturellen Populärverstand" (auch in der 

Wissenschaft!), welcher in dem herumschwimmen muss, was sich mit der 

Zeit als "gärender kultureller Sprachsumpf" herausgebildet hat. 

Dieser "kulturelle Populärverstand" bewegt sich dann, Mehrdeutigkeit 

zwangsläufig in Kauf nehmend, im jeweiligen "kulturellen Symbolsystem". 

Er hat es dann eben schwer, aus dem "gewebten Symbolnetz" hinaus in die 

Wirklichkeit zu finden. 

In diesem Falle "leidet" der "kulturelle Populärverstand" dann allerdings 

daran, nur auf "einen begrenzten Vorrat an Wirklichkeit" zu treffen. 

Für ihn ist dann Welterfahrung in der Tat fast nur eine Selbstbespiegelung 

gemäß seinem eigenen Deutungssystem. 

Durchschaut er, wie eine zappelnde Fliege im Spinnennetz, diesen Zustand, 

dann kommt er dadurch zwar nicht aus seiner "Verklebtheit im

252 

Netz" heraus, aber er sieht dann wenigstens, dass viele Spinnennetze mit 

unterschiedlich zappelnden Fliegen aufgespannt sind. 

Diese verschiedenen Spinnennetze sind dann für ihn seine "mehrdeutige" 

Welt, zu der er dann glaubt offen sein zu müssen, ohne sein Spinnenetz, 

an dem er festklebt, aber dadurch verlassen zu können. 

"Welterfahrung" bedeutet für ihn dann, mit anderen zappelnden 

Fliegen im selben Netz oder in anderen Netzen zu "kommunizieren". 

In diesen "Dialogen" ist aber der "entscheidende Dritte", nämlich die gemeinte 

"Wirklichkeit", ausgeklammert, wodurch dann die Rechnung 

meist ohne den Wirt gemacht wird. 

Ein der jeweiligen Wirklichkeit angemessenes Symbolsystem leistet 

dagegen ähnliche Dienste, wie ein durchsichtiges Gitter, welches 

der noch ungeübte Zeichner vor Augen hält, um die "geschaute 

Wirklichkeit" in den Quadraten des Gitternetzes 

festzuhalten. 

Dieser Zeichner braucht dann nur die adäquaten Quadrate auf seinem Zeichenblock 

zeichnend ausfüllen und schon ist die Wirklichkeit kopiert. 

Das Wesentliche eines solchen "Gitternetzes" ist aber, dass es 

die Durchsicht zur Wirklichkeit ermöglicht und nicht verdeckt. 

Das "Erleben der Wirklichkeit" wird also durch das "symbolische Gitternetz" 

keineswegs "suspendiert", im Gegenteil, ohne jenes Erleben kann das 

"symbolische Gitternetz" gar nicht mit "wirklichen Bedeutungen" gefüllt 

werden.

253 

Gleichnisse 

Ihr eigner "Umgang mit Ihrem Modell" wird mir immer deutlicher. 

Ich gab Ihnen in unserer Kommunikation ein "symbolisches Gleichnis" 

(Fliege im Netz), um Ihren Blick auf die mit diesem Beispiel von mir gemeinte 

Wirklichkeit zu lenken. 

Was tun Sie? 

Sie schlachten nun das Gleichnis selbst aus, um neue Erkenntnisse zu bekommen, 

statt das Gleichnis als Wegweiser für eine Blick auf die von mir 

gemeinte Wirklichkeit selbst zu nutzen und dann über diese zu reden. 

Obwohl ich in meinem Gleichnis gar nicht von der Spinne gesprochen 

habe, basteln Sie sich ein "Interaktionsverhältnis zwischen Spinne und 

Fliege" und stellen dann fest: 

"Fliege und Spinne sind in ihrer gegenseitigen Bezogenheit aufeinander 

gesehen geradezu Garanten ihres Seins." 

Und Sie meinen dann: 

"heute wissen wir, dass Räuber-Beute-Verhältnisse Artenreichtum, 

Vielfalt garantieren". 

Abschließend kommen sie dann zu dem Fazit: 

"Die Fliege macht sich aus Hunger auf ihren Flug und wird aus 

Hunger gefangen. Es hat sich lediglich ein einheitliches Geschehen 

bestätigt, indem sich ein inhärentes Prinzip des Hungers verwirklicht 

hat, nämlich, das ihn jeder hat." 

Dieses Modell hatte ich aber mit meinem Gleichnis nicht vor Augen! 

Ich will daher mein Gleichnis nun mit anderen Worten beschreiben: 

"Es gibt gar kein Interaktionsverhältnis zwischen Spinne und Fliege, 

denn Spinne und Fliege sind ein und das selbe Subjekt. 

Die Spinne baut sich vorerst ein Netz, um sich die Wirklichkeit 

einzufangen.

254 

Sie selbst kann sich dabei souverän im Netz bewegen, ohne sich 

zu verfangen und festzukleben. 

Da geht es der Spinne plötzlich wie dem berühmten Tausendfüßler, 

der gefragt wurde, wie er so gekonnt seine vielen Beine bewege 

und koordiniere. 

Mit einem Schlag konnte sich nun auch die Spinne in ihrem selbst 

gesponnenen Netz nicht mehr bewegen und wurde so zur zappelnden 

Fliege, die nun gezwungen ist, ohne von der Stelle zu 

kommen, mit Leidensgenossen in anderen Netzen zu 

kommunizieren. 

In ihrer Redseligkeit wurden sich dadurch die zappelnden Fliegen 

gegenseitig zu Garanten ihres Seins. 

Die zappelnden Fliegen genügen sich nun selbst und sind in ihrem 

Plaudern so voll mit sich selbst beschäftigt, dass sie meinen, 

über etwas anderes als über Spinnennetze und das vielfältige 

Zappeln in ihnen gar nicht mehr reden zu können und deshalb 

schweigen zu müssen." 

Mein Gleichnis ist also im Grunde gar keine Geschichte über eine „hungrige 

Fliege“, sondern eine Geschichte über eine „mutierende Spinne“, die 

statt die Wirklichkeit einzufangen und sich von ihr zu ernähren, nun gefangen 

träumt, von Klatsch und Tratsch leben zu können. 

Über das "Wirklichkeitsprinzip der Sprache" muss man vielleicht schweigen, 

weil man ja gar nicht weiß, was damit gemeint ist. 

Aber das bedeutet doch nicht, dass die Sprache über die Wirklichkeit 

nicht reden kann und deswegen schweigen muss. 

Da nun aber Sprache selbst auch eine Wirklichkeit ist, so kann man auch 

über Sprache sprechen. 

Man darf nur eben nicht das "Reden über Sprache" mit dem "Reden über 

die mit der Sprache jeweils gemeinte Wirklichkeit" verwechseln. 

So ist auch das "ausschlachtende Reden über Gleichnisse" noch 

nicht ein "Reden über das mit dem Gleichnis Gemeinte"

255 

Erfolgstrainer 

Mir geht es in meinem Denk-Modell (und in den mit ihm korrespondierenden 

Gleichnissen) nicht darum, einen Weg zu finden, wie der Mensch tierische 

Aufgaben, wie Atmen und Laufen, besser lösen kann. 

Dass der Mensch selbst diese einfachen Aufgaben auch nicht mehr gut 

kann, das ist ein Symptom, aber nicht das Drama . 

Um in einen neuen Weg einzufädeln, ist es allerdings wichtig, wieder (wie 

das Tier) einen unmittelbaren Bezug zur Wirklichkeit zu bekommen. 

Um dies zu erreichen, kehrt man anfangs zu einfachen Aufgabenstellungen, 

deren Lösung das Tier gleichsam aus dem Ärmel schüttelt, zurück. 

Man beginnt zum Beispiel bewusst zu atmen oder bewusst zu 

laufen, um bei diesen bereits tierischen Tätigkeiten mit seiner 

Achtsamkeit über den Körper hinaus unmittelbar ins Umfeld 

zu gelangen. 

Diesem Bemühen steht aber nicht das Denken an sich im Wege, sondern 

bloß ein unzutreffendes Denken! 

Da man aber vorerst nur über das von der Wirklichkeit trennende unzutreffende 

Denken verfügt, ist es allerdings besser, statt Unzutreffendes 

eben gar nichts zu denken, und das Tier in sich zur Geltung kommen zu 

lassen. 

Schafft man dies, dann wird man untätiger Zeuge dieses tierischen 

Geschehens, das sich wie von selbst realisiert. 

Da man aber Mensch ist, stellt sich dann auch ein Mitdenken ein, das 

von der tatsächlichen Wirklichkeit "abgezogen" ist und daher auf diese 

auch zutrifft und so nicht stört. 

Dieses hier kennen gelernte Verfahren, nämlich zutreffendes Denken 

kommen zu lassen, welches sich aber nicht nur aus der aktuellen Wirk-

256 

lichkeit speist, sondern auch jeweils zutreffende Erfahrungen "einspielt", 

brauchen wir, um uns auch menschlichen Aufgaben erfolgreich zuzuwenden, 

die weit komplexer sind als jene, welche das Tier zu meistern 

hat. 

Ich kann daher Ihrer Feststellung nicht zustimmen: 

"Die komplexen Situationen der Fortbewegung würden das Denken 

zweifellos überlasten. Der Körper weiß es selber am besten. 

Er geht nicht von Innen/Außen Unterscheidungen aus und weiß 

sich immer situativ verbunden mit einer Umgebung." 

Aus meiner Sicht wird nicht "das" Denken überlastet, sondern ein unzutreffendes 

Denken belastet das Tun. 

Da aber die äußerst komplexen und zukunftweisenden menschliche Probleme 

nicht ohne Denken "nachhaltig" zu lösen sind, ist es eine Tragik, 

dass das fehlgeleitete menschliche Denken (im Mitdenken) bereits 

beim Lösen von tierischen Aufgaben scheitert und diese Aufgaben 

bereits als zu komplex empfindet und daher dann gar nicht versucht: 

„eine Transmission dieses Empfindens in Richtung Verstand zu 

versuchen". 

Wenn man dies nämlich nicht einmal bei so einfachen Aufgaben, wie dem 

Laufen, versucht, dann wird man kaum das "wirklich" (und "wirkend") 

kennen lernen, was man als "Verstehen" bezeichnet. 

Eine lineare Gedanken-Montage macht nämlich weder den Verstand, 

noch die Vernunft aus. 

Nur, weil sich das Sprechen in der Zeit zwangsläufig im linearen 

Nacheinander von Worten realisiert, deswegen ist doch 

diese sprachliche Spur noch nicht das Denken selbst! 

Gerade deswegen ist es ja so schwierig, in der Kommunikation (über das 

Hören oder Lesen von Gesprochenem) das selbständige (auf das jeweils 

Gemeinte bezogene) Mitdenken zu entfalten!

257 

Denn das Gemeinte ist ja in der Kommunikation über eine symbolische 

Zwischenschicht etwas in die Ferne geschoben und daher schwerer zu 

fassen, als in einem direkten Bezug, wie zum Beispiel beim bereits tierischen 

Laufen oder beim unmittelbaren Beschäftigen mit einer eigenen 

oder mitfühlenden menschlichen Betroffenheit . 

Um aber nicht missverstanden zu werden: 

Ich propagiere nicht, sich alles, auch das Tierische in uns, sich 

bewusst zu machen und mit ihm mitzudenken! 

Im Gegenteil, wenn für solche einfachen Aufgaben das Denken 

die Not wendend wäre, dann hätten die Tiere auch ein Denken in 

unserer Weise entwickelt. 

Ich behaupte bloß, dass ein Mitdenken beim Lösen tierischer 

Aufgaben uns möglich ist und dass dies der einfachste Prüfstand 

für die Entwicklung unseres im Selbst ständigen 

Denkens ist. 

Dies bedarf aber einiger Übung. 

Wer aber bereits bei der achtsamen Beschäftigung mit seinem körperlichen 

Tun scheitert, der wird voraussichtlich, glückliche Zufälle ausgeschlossen, 

auch beim Mitdenken mit menschlichen Problemen und ihrem Lösen nicht 

zurecht kommen. 

Ich behaupte aber auch nicht, dass jeder Mensch dies können 

müsse. 

Ich vermute bloß, dass, wenn dies niemand unter den Menschen 

kann, bzw. wenn die, die es können ohne Macht sind, der Karren 

an die Wand fährt. 

Vor einer Woche bekam ich einen Werbebrief , der offensichtlich in Massenauflage 

verschickt wurde, von einem Herrn HANS J. SCHELLBACH, seines Zeichens 

ein "Erfolgstrainer", der verspricht, mir das "ultimative Werkzeug" 

verkaufen zu können, "um mir endlich den Durchbruch zu verschaffen".

258 

Dies hat mich neugierig gemacht und ich habe im Internet erfahren, dass 

der Herr SCHELLBACH der Sohn von OSCAR SCHELLBACH ist, der in der 30-er 

Jahren mit der gleichen Nummer große Geschäfte machte. 

Ich habe mir seine Bücher "Werkstatt der Seele" (1930) und "Mein Erfolgs-System" 

(1930) besorgt. 

Es ist erstaunlich, wie die Zeit vor Hitler ganz ähnlich der heutigen 

Zeit war und ähnliche Bücher wie heute populär machte. 

Und wie diese Welle nun heute aus den USA wieder nach Europa 

zurück bricht. 

Es mag sein, dass OSCAR SCHELLBACH es vorerst gut meinte und den vielen 

"erfolglosen Menschen mit Minderwertigkeitsgefühlen" helfen wollte, damit 

sie nicht unter ihrem Wert geschlagen werden. In dieser Hinsicht ist sein 

Ansatz sehr hilfreich. 

Aber er ist auch und insbesondere Wasser auf die Mühlen jener 

Egoisten, welche manipulierend sich das Vertrauen anderer und 

letztlich der Massen erschleichen, die ihnen dann Macht oder 

erspartes Geld anvertrauen. 

Jene Bauernfänger haben nach dem Ersten Weltkrieg den Karren genauso 

an die Wand gefahren, wie sie es heute in der sog. Finanzkrise tun. 

In erstem Falle war dann ein ebenfalls "autosuggestiv aufgeblähter Größenwahnsinniger" 

mit seinen Wahnsinnsgenossen der Lachende Dritte. 

Das den Größenwahn aufblähende und die Anderen manipulierende 

Erfolgs-Rezept passte nämlich voll in seine eigene 

"die Massen mitreißende" Strategie 

Wer wird heute der Lachende Dritte sein? 

Dies zu rechtzeitig erkennen wäre zum Beispiel ein "menschliches 

Problem", dass ohne zureichendes Mitdenken nicht zu lösen ist. 

Deswegen hat der Mensch auch die Fähigkeit des Denkens, die er 

nutzen sollte!

259 

Ausweichen und Balancieren 

Was ist der Unterschied zwischen "Ausweichen" und "Balancieren"? 

Sie weichen meinem Denken aus, ich offensichtlich dem Ihren. Wir balancieren 

also gewissermaßen aneinander vorbei. 

Was ich als "zutreffendes Denken" bezeichne, das ist für mich zutreffend 

(aber nicht unbedingt schon wahrheitsgemäß!), weil es von der gemeinten 

Wirklichkeit ausgeht, welche im Begegnen für den jeweils Denkenden 

Fragen aufwirft. 

Diese Fragen veranlassen das Denken, gemäß der bisherigen Erfahrung 

den "Fugen der Wirklichkeit" nachzugehen, bzw., wenn 

dies mangelnder Erfahrung nicht möglich ist, neue Erfahrungen 

angesichts der Wirklichkeit zuzulassen. 

Das "Fragen" ist also aus meiner Sicht der Ausgang des "zutreffenden 

Denkens". 

Man kann nun aber auch fragen, ohne die gemeinte Wirklichkeit schon im 

Visier zu haben. 

Solche Fragen verleiten dann meist zu rhetorischen Antworten, denen ich 

daher ausweiche, weil ja bereits die Frage der gemeinten Wirklichkeit ausgewichen 

ist und die Behandlung eines anderen Themas einleitet. 

Mich würden nun einige Beispiele interessieren, die Sie zu der Feststellung 

geführt haben: 

"Ich sehe allerdings kaum begründete Widersprüche, finde aber 

umso mehr Widerspruchsvolles, wenn ich Ihre Texte mit Ihren aktuellen 

Positionen vergleiche." 

Was haben Sie da im Auge? 

Falls es solche Nicht-Übereinstimmungen geben sollte, dann gehe ich davon 

aus, dass Sie meine Meinung von gestern als besser erachten und 

meine etwaige Meinungsänderung als Rückschritt betrachten.

260 

Oder gibt es auch im Subjekt die sog. "Vieldeutigkeit"? 

Dann wäre aber Ihr Meinung : 

"Eindeutigkeit gibt es nur in Form von subjektive Klarheit für ein 

Subjekt." 

nicht mehr aktuell und es wäre dann auch für das Verstehen Ihre andere 

Ansicht gefordert, nämlich: 

"Die Bereitschaft, Vieldeutigkeit zu ertragen ermöglicht das leibliche 

Begegnen". 

Bei einem "zutreffenden Denken", wie ich es verstehe, ist die gemeinte 

Wirklichkeit nicht durch eine Symbolschicht getrennt. 

Deswegen heißt es ja in den fernöstlichen Kampfsportkünsten, dass kein 

Hauch zwischen Denken und Tun sein dürfe. 

Wer sagt denn überhaupt, dass das sogenannte "intuitive Handeln" 

von keinem Denken begleitet sein könne? 

Ihrer Meinung : 

"Intuitives Handeln durch zutreffendes Denken wäre ein ganz 

neues Konzept, vor allem in den östlichen Kampfsportarten", 

stimme ich daher nicht zu. 

Was verstehen Sie unter "körperlichem Wissen"? 

• Meinen Sie damit, dass der Körper "weiß", wie er atmet? 

• Oder atmet er aus Erfahrung, ohne dies je gewusst zu haben 

und auch nicht wissen zu müssen? 

Was meinen Sie damit, wenn Sie schreiben: 

"Im Denken, auch im zutreffenden Denken wird Ganzheitliches 

zum Paradox." 

Meinen Sie damit, dass das "Denken, wie Sie es verstehen" an der Ganzheitlichkeit 

scheitert?

261 

Oder meinen Sie, dass dies auch auf das, "was ich unter zutreffendem 

Denken verstehe", von dem Sie aber, wie Sie selbst sagen, gar nicht wissen 

was das sein soll, dies auch zutreffe? 

Wenn das der Fall sein sollte, wie kann es dann aber angehen, 

dass sie über etwas, von dem Sie von mir erst eine Idee bekommen 

wollen, schon vorweg wissen, dass auch in ihm 

Ganzheitliches zum Paradox wird? 

Auf Ihre Frage: 

"Gibt es überhaupt für die Vorbereitung auf einen sportlichen 

Wettkampf irgendwo in den Sportwissenschaften das Konzept eines 

Durchdenkens?" 

lässt sich ganz eindeutig antworten, dass es nämlich hier Methoden in Hülle 

und Fülle gibt. Selbst Herr SCHELLBACH war und ist hier erfolgreich tätig. 

Es stört Sie offensichtlich, dass ich das selbstverständliche Tun des 

Menschen, das er ohne Wissen realisieren kann, als "tierisch" bezeichnet 

habe, weil analog auch Tiere diese gleichen Leistungen realisieren 

können. 

So beklagen Sie: 

"Das dauernde Kreuzen einer Unterscheidung Mensch/Tier Unterscheidung 

ist sehr problematisch. Überblicken Sie die Implikationen 

dieser Unterscheidung? Für mich ist diese Unterscheidung eine 

Nebelkerze. Ich verstehe zwar, was Sie meinen, aber welcher 

Mensch soll sich bitte vom Lösen tierischer Aufgaben angesprochen 

fühlen?" 

Geht es hier um die Arroganz des Menschen, der grundsätzlich etwas anderes 

als das Tier sein möchte und sich beschimpft fühlt, wenn man an ihm 

etwas "Animalisches" entdeckt? 

Ich habe nichts dagegen, wenn man sich um der Erholung, der Erbauung 

Willen oder aus sonstigen Gründen einem "tierischen" Tun wie 

Atmen, Gehen usw. hingibt. 

In vereinfachten Situationen kann man sich gut erholen und genießen.

262 

Daran ist nichts zu kritisieren. 

Aber aus dieser "menschlichen" Erbauungsfunktion abzuleiten, 

dass diese Erbauung nur möglich sei, wenn man vom Denken 

"insgesamt" abschalte, ist ein "bequemes Ausweichen", denn 

unzutreffendes Denken stört zwar, aber sich zum zutreffenden 

Denken vorzuarbeiten strengt anfangs doch etwas an, was natürlich 

die Erbauung oder Erholung schmälert. 

Ich hoffe nun, Ihren differenzierten Vorlagen nicht wieder ausgewichen zu 

sein.

263 

Höhlengleichnis 

Haben Sie schon einmal versucht, einem Tier, sagen wir einer Katze, etwas 

zu zeigen, indem Sie mit Ihrem Finger auf eine entfernt am Boden liegende 

Sache zeigten. 

Die Katze wird nämlich auf Ihren Finger schauen und dies um so 

gebannter tun, je mehr Sie Ihren Finger hindeutend zur Sache 

bewegen. 

Die Katze schaut also auf Ihren hinweisenden Finger etwa so, wie im Höhlengleichnis 

von PLATON die Leute auf die Höhlenwand starren und dort die 

durch das Feuer auf die Wand projizierten Schattenbilder (der hinter ihrem 

Rücken, aber vor dem Feuer vorbeigetragenen Sachen) bestaunen. 

Wer also nur auf die Sprache, d.h. auf das Wissen schaut, und dort "das 

Wissen in Frage stellt" oder von "Wissenden neues Wissen erfragt", 

der schaut in die falsche Richtung. 

Da wäre es besser, um im Gleichnis zu bleiben , eine Position zu wählen, 

in welcher man selbst (selbst als Ding unter den Dingen!) mit dem Rücken 

zum Feuer zwischen das Feuer und die anderen Dinge zu gelangen 

sucht, aber so, dass nicht der eigene Schatten gerade das Ding 

verdeckt, welches man gerade betrachten möchte. 

Man sieht dann: 

• einerseits "das betrachtete Ding unmittelbar und direkt"; 

• andererseits aber auch "die Projektionen aller Dinge, die nicht 

gerade durch den eigenen Schatten verdeckt sind", das heißt, 

man sieht jeweils alle Ding-Schatten, die nicht vom eigenen 

Schatten überlagert sind. 

Was ist nun der Trick dieses Gleichnisses? 

Ich betrachte mich selbst: 

• einerseits als "ein schattenwerfendes Ding unter allen anderen 

schattenwerfenden Dingen";

264 

• andererseits betrachte ich mich als "selbstbestimmt bewegliches 

Ding", das sich im wahrsten Sinn des Wortes die anderen 

Dinge "vornehmen" kann. 

Da ich (in diesem Gleichnis) selbst beweglich bin, stört mich nicht der 

"Blinde Fleck", mit dem ich jeweils bestimmte Dinge verdecke. 

Ich kann mich ja bewegen und meinen Schatten von diesen 

Dinge wegwandern lassen und dann die verschiedenen 

"Landkarten" aufeinander abstimmen. 

Ich habe aber dann: 

• nicht nur "den direkten und unmittelbaren Blick auf die beleuchteten 

Dinge selbst"; 

• sondern "auch auf ihre Schatten, die ich als "Wissen" auf- 

'bewahren' kann". 

Beim Ausweichen haben Sie den Vorgang gut beschrieben. 

Es geht nämlich nicht um Hunger, sondern um Sein, um Dauern, 

um Beharren, um Trägheit, usw. 

Immer ist es letztlich das Ziel, irgend etwas Bestehendes "dauern" zu lassen, 

dessen Tod zu verhindern, dessen "Fortbestand" zu ermöglichen, 

bzw. nicht zu gefährden. 

Das "Sein des Seienden" ist das höhere Gut, das maximiert werden soll. 

Um diesem Maximum zu dienen gibt es dann als Mittel ein 

optimales Ausweichen, bzw. Balancieren, das dann aber oft 

wie Hunger erscheint. 

Es kann nämlich sein, dass es bald gar nicht mehr um ein "dienendes Optimieren" 

geht, welches jeweils ein anderes Höheres Gut im Auge hat, 

das maximiert werden soll und dem Mittel den "Sinn" gibt. 

Im Falle einer solchen Sinnlosigkeit wird dann manches Mittel zum 

Selbstzweck, das sich dann hungrig selbst maximieren möchte. 

Es geht dann nicht mehr um Dauer, sondern um Fortschritt, um 

Wachstum, also letztlich um "hungrige Gier von freigesetzten 

Mitteln", die eigentlich gar keine Mittel mehr sind, weil ihnen

265 

ja die dienende Orientierung auf einen zu maximierenden 

Sinn hin fehlt. 

Die Mittel dienen sich dann selbst und wollen fortgesetzt sein im Sinne 

eines "quantitativen Mehr des Mittels selbst". 

Statt des verlorenen Sinns, welcher das Mittel vorerst zum 

Mittel machte, zieht nun das Mittel selbst aus, um sich in die 

Welt zu weiten und die Welt zu erobern. 

Sinn-Zentrum bleibt aber das Mittel selbst als erprobtes "Werkzeug der 

Welt-Eroberung". 

Es stellt sich dann der von Ihnen beschriebene Zustand ein: 

"Warum laufen meine Beine immer weiter den Hang hinauf, trotz 

eines stärker werdenden Ziehens? Es gibt keine bessere Antwort 

als: aus Appetit. Es ist ein Hunger nach Fortsetzung des Prozesses, 

in dessen Verlauf ein Erfahren des Hanges stattfindet. 

Die Beine, die Muskeln und schließlich das Herz haben eine Begierde 

nach Wirkung. 

Das Ziehen der Muskulatur ist das unmissverständliche Signal 

nach mehr. 

Es ist ihre Art der Kommunikation, die sie brauchen, denn im Körper 

zieht ja die Kommunikation auf vielen Kanälen weiter. 

Wachstum ist eine Frage an das Können des ganzen Körpers, an 

die Umgebung. 

Diese Betätigung verknüpft unglaubliche Kommunikationsketten. 

Diese Kommunikation hat die unbedingte Tendenz, aufrechterhalten 

zu werden, vorwärts zu gehen, weitergeführt zu werden. Alles 

innewohnende an Möglichkeiten soll herausgebracht werden. 

Der Natur nachzufolgen, dem, was von selbst so ist, darin besteht 

die Botschaft des sich selbst aufrechterhaltenden, bestätigenden 

Prozesse der in einer Einheit stattfindet." 

Nun werden Sie vielleicht vermuten, dass ich diesen Zustand verachte. 

Nein im Gegenteil. 

Er hat eine die Not wendende Steigbügelfunktion, die man 

allerdings nutzen sollte.

266 

Wozu? 

Dazu, um "im Erproben der Welteroberung durch ein Mittel" sich (selbst als 

ein bewegliches Ding unter Dingen) die anderen Dinge so "vorzunehmen", 

dass man nicht nur ihre Schatten an der Wand, sondern sie auch 

selbst im hellen und alles beleuchtend verbindenden Feuerschein sieht. 

Es geht also: 

• nicht darum, das "Getrenntsein von den anderen Dingen" zu beklagen; 

• sondern in der Trennung den alles verbindenden Feuerschein 

zu nutzen, um auch das "gegenüberstehende unmittelbar 

beleuchtete Antlitz der Dinge" zu schauen und dann die 

"festhaltbaren Schatten" zu nutzen, sich im Inneren ein systematisches 

Wissen aufzubauen, das dann auch in der Kommunikation 

"veräußerlicht" werden kann.

267 

Chance und Gefahr der Selbstermächtigung 

Sie haben den Springenden Punkt, von dem ich nicht los lasse und um dessen 

Willen ich oft "Fragen ausweiche", gut zur Sprache gebracht. 

Auf den ersten Blick erscheint es eben so, wie es Aristoteles in seinem 

"Handwerker-Modell" dachte, dass nämlich alles einem Plan folgend teleologisch 

eine Zweckursache habe. 

Beim Tier scheint dies auch noch zu dominieren. 

Die "Zwecke" lösen hier vorerst reflektorisch die "erprobten Mittel" aus. 

"Hunger" disponiert die "Mittel des Körpers", die "erwartete Nahrung" zu 

verdauen. 

Dies erfolgt "gemäß der Erfahrung" über "Reize", welche bisher die Nahrung 

"ankündigten". 

Um Hunger zu stillen, werden deshalb diese Reize "gesucht", 

da sie eben Nahrung ankündigen. 

Erscheint nun aber eine Nahrung, ohne durch die "gewohnten Reize" angekündigt, 

d.h. "ver-mittelt" zu werden, dann "sucht" der Körper nach Reizen, 

die wiederholt vor dem "unvermittelten" Auftreten von Nahrung 

erschienen. 

Werden solche vorerst "neutralen Reize" gefunden, dann werden 

diese neuen Reize "bedingtreflektorisch" als "neue Mittel" an 

jene "körpereigenen Mittel", welche die Verdauung vorbereiten, 

"geknüpft". 

So entstehen neue "Symbole" für die Nahrung. 

Umgekehrt ist es, wenn ein "körperliches Bewegen" als "Mittel" zufällig 

etwas Bestimmtes erzeugt, also einen potentiellen Zweck erfolgreich erfüllt. 

In diesem Falle wird eine "vorerst noch neutral-zwecklose, 

bzw. sinnlose Bewegung" erst über ihren "Erfolg" zu einem 

"Mittel", das bei wiederholtem Gelingen "verstärkt" und gelernt, 

d.h. als "Erfahrung" inventarisiert wird.

268 

In dieser Hinsicht waren am Anfang "Wort und Tat". 

Da sich der lebende Körper aber nicht nur "instinktiv als Mittel" bewegt, 

sondern im "Appetenzverhalten" sich auch entweder suchend, experimentierend, 

spielend oder sich überhaupt sinnlos bewegen kann, können 

auf diese Weise auch Bewegungen realisiert werden, die erst dann zu 

"Mitteln" werden, wenn sie zufällig "fündig" geworden sind. 

Weil es für den Menschen aber nicht nur ein "instinktiv-zweckvolles Bewegen" 

und ein "instinktiv-suchendes Bewegen", sondern auch ein "erprobendes 

Bewegen bereits vorhandener Mittel" gibt, entsteht für ihn ein 

relativ "freier Umgang mit Mitteln", seien diese "Mittel" nun "ankündigende 

Symbole" oder "herstellende Bewegungen". 

Hier werden dann "Mittel" zu "Käfigen, die Vögel suchen", wie 

Sie es formulieren. 

Dies kann dann nun in eine durch "Selbstermächtigung", wie Sie es ausdrücken, 

hervorgerufene "Krise" führen, die "Chance und Gefahr" 

zugleich ist. Diese Krisen erfordern daher, um die Not auch wenden können, 

dann auch eine "Balance". 

Die "Gefahr" ist nämlich in doppelter Hinsicht gegeben. 

• einerseits kann die "Selbstermächtigung" zur "Entfremdung von der 

sinnvollen Orientierung auf die Wirklichkeit" führen und dadurch eine 

"Mittelgläubigkeit" im wahrsten Sinn des Wortes "er-zeugen", was 

zum Fortschreiten eines sich selbst perpetuierenden "Krebsgeschwürs" 

führen kann; 

• andererseits kann ein "zu spätes Ausweichen" vor dieser Gefahr 

den Menschen "ins andere Extrem kippen lassen", was dann das 

"Empfinden und Fühlen des Körpers" (im "tierischen Sinne" 

gepaart mit einem "demütigen Verachten des Wissen-Könnens 

und des Denkens") wieder in den Fokus rückt und dadurch die 

Möglichkeit "er-zeugt", auf der nun geöffneten "Klaviatur der Instinkt-Mechanismen" 

ganze "Konzerte des bedingtreflektorischen 

Verknüpfens" zu spielen und dadurch die Menschen gezielt in die manipulierende 

Hand "selbstermächtigter religiöser und/oder 

weltlicher Mächte" zu bringen. 

Sie haben es treffend formuliert:

269 

"Das Empfinden zu dynamisieren und gleichzeitig zu konzentrieren 

und zu vereinheitlichen, während das Denken paralysiert niedersinkt. 

Gleichzeitig fällt natürlich auf, welch fatale Rolle der 

Glaube an ein Nicht-Wissen-Können des Denkens spielt. "

270 

Gewohnheit 

Sie erinnern sich sicher, dass VIKTOR VON WEIZSÄCKER unter einer "Leistung" 

verstand, ein Problem auf möglichst vielen Wegen lösen zu können. 

Also die Fähigkeit, einen bestimmten Zweck mit ganz unterschiedlichen 

Mitteln erreichen zu können. 

Beim Bewegenlernen geht es daher auch darum, z.B. im Skilauf eine bestimmte 

Schneeart in einem bestimmten Gelände mit unterschiedlichen 

Techniken (bzw. mit Variationen einer Technik) meistern zu können. 

Alles, was hier brauchbar ist und nicht zum Sturz führt, ist dann zweckmäßig, 

aber nicht alles ist ökonomisch. 

Man "gewöhnt" sich dann eine dieser Techniken an, entweder jene, die am 

bequemsten und kraftsparendsten ist, oder auch eine andere, die z.B. 

am sichersten ist, oder noch eine andere, welche anderen Gesichtspunkten 

besonders zusagt. 

Ideal wäre es aber, sich keine dieser Techniken zur Gewohnheit 

zu machen, sondern sich jeweils bewusst zu werden, was man 

jeweils eigentlich will (Kraft sparen oder Sicherheit oder Schönheit 

usw.) und was im Gelände jeweils tatsächlich der Fall ist. 

Hier steht also im Vordergrund, zu erforschen, welche Techniken für ein 

bestimmtes "vorliegendes" Problem brauchbar sind. 

Ich kann dann aber auch umgekehrt vorgehen und eine bestimmte Technik 

ins Auge fassen und fragen, wie viele verschiedene Probleme mit 

dieser einzigen Technik einigermaßen lösbar sind. 

Daraufhin kann ich mir dann in einem dritten Schritt vornehmen, ein bestimmtes 

Problem immer wieder mit der gleichen Technik zu lösen 

und darauf zu achten, was jeweils doch etwas anders ausfällt, obwohl 

ich mich streng bemühe, immer wieder exakt das Gleiche zu wiederholen.

271 

Hier werde ich dann bemerken, dass trotz des Dranges der Gewohnheitsbildung 

eine exakte Wiederholung gar nicht möglich 

ist. 

In einer Gewohnheit wird also nichts exakt Eingeschliffenes exakt 

wiederholt, sondern die Achtsamkeit schläft und merkt die kleinen 

Veränderungen nicht. 

Man könnte also drei Dinge versuchen: 

1. ein bestimmtes Problem mit möglichst viel verschiedenen Mitteln 

zu lösen; 

2. ein bestimmtes Mittel bei verschiedenen Problemen anzuwenden, 

um die Grenzen der Mittel von einer anderen Seite her 

kennen zu lernen; 

3. ein bestimmtes Problem immer mit dem exakt gleichen Mittel zu 

lösen versuchen, um nicht nur zu entdecken, dass es ein exaktes 

Wiederholen gar nicht gibt, sondern auch, um die eigene 

Achtsamkeit zu schulen. 

Auf diese Weise lässt sich nämlich erkennen, dass das Denken vom Erleben 

unmittelbar gar nicht aufgeladen wird und dass man ohne den Transmissionsriemen 

"Achtsamkeit" wie ein Radfahrer, dem die Kette herausgesprungen 

ist, im "Leerlauf" strampelt ohne weiter zu kommen.

272 

Wirbel 

Kennen Sie von ARISTOTELES: "De Divinatione per Somnum" ? 

Da soll drinnen stehen 59 , dass ARISTOTELES der Meinung war, dass die durch 

die Wahrnehmung im Wachen erzeugten Schwingungen in unseren inneren 

Flüssigkeiten zirkulieren und dann später in Gestalt innerer Wirbelungen 

auftauchen. 

Da uns im Schlaf die äußeren Sinne keine Eindrücke geben, 

könnten wir die kleinen inneren Wirbel gewesener und kommender 

Sinneseindrücke spüren. 

Im Wachen würden dagegen diese kleinen inneren Wirbel überlagert. 

ARISTOTELES meinte auch, dass es auch geträumte Botschaften aus der 

Ferne gäbe, und zwar über Menschen, die wir sehr gut kennen. 

Deren Regungen spüren wir in der Nacht aus dem Durcheinander 

der kleinen physischen Schwingungen und Wirbel über 

größere Entfernungen heraus, weil eben die Seele eingelassen sei 

in die Schwingungs-Physik der Außenwelt. 

Ein "Wirbel" ist so etwas wie eine "Wiederholung", die "beharren" 

möchte und dadurch "vorübergehend" ein Zentrum aufbaut, welches 

"hält" und daher auch als "sich verselbständigendes Mittel" gleichsam 

in einer "Selbstermächtigung" im "Wechselwirken der Mittel" gegenseitig 

"zur Verfügung steht". 

Es klommt mir das Bild von Rauchern vor die Augen, die im Ausblasen 

kunstvoll Rauchringe in die Luft "wirbeln", die "vorübergehend" 

fast "zum Anfassen" sind. 

59 vgl. Petra Gehring (TU Darmstadt): "Im Rücken der Wirklichkeit - 

Träume: Wirklichkeiten an der Schwelle des Bewusstseins". In: 

"Der blaue Reiter", Journal für Philosophie, Nr. 27, Thema: "Metaphysik - 

Wirklichkeiten hinter der Wirklichkeit“.


Depression 

Ich wurde auf einen Artikel in der SÜDDEUTSCHEN aufmerksam gemacht. Es 

wurde mir Folgendes gemailt: 

"Ich habe am WE in der Süddeutschen Zeitung auch einen interessanten 

Artikel gelesen. 

Vielmehr war dies ein Hinweis auf ein Buch von ALAIN EHRENBERG 

"Das erschöpfte Selbst" Vielleicht kennst Du es ? 

Es geht um eine Studie die EHRENBERG, ein Pariser Soziologe Mitte 

der neunziger Jahre durchführte - die Depressionen als symptomatische 

Krankheit unserer Tage deutete: 

EHRENBERG arbeitet heraus, wie sich seit den siebziger Jahre das 

freiheitliche Versprechen der Selbstverwirklichung hinter dem Rücken 

der so wunderbar Selbstverwirklichten schleichend in einen 

dämonischen Zwang verwandelte: 

Indem das authentische Selbst umfunktioniert wurde zum produktiven 

Motor all unseren Handelns, ist die Erschöpfung programmiert. 

Erschöpfung als Dauerzustand aber mündet in Depression, die bei 

EHRENBERG definiert wird als: 

"Krankheit der Verantwortlichkeit, in der ein Gefühl 

der Minderwertigkeit vorherrscht. 

Der Depressive ist nicht voll auf der Höhe, er ist erschöpft 

von der Anstrengung, er selbst werden zu 

müssen."

274 

Schön wäre es 

Ich fand Ihr Mail sehr "bewegend". 

In Ihrem folgenden Satz liegt das Problem: 

"Vielleicht könnte ich die Probleme, mit denen ich mich möbliert 

habe, daran erkennen, dass mit ihnen kein Wachstum möglich ist. 

Aber woran erkennt man die Möglichkeit des Wachstums?" 

Warum strebt man eigentlich Wachstum an? 

Bei mir geschah dies immer nur rückblickend, vorausblickend 

machte ich mir das Wachstum kaum sorgen. 

Wenn ich daran denke, wie ich mich mit der Zeit rückblickend selbst entlarvte. 

Zuerst viel mir auf, dass mich bei anderen Menschen Dinge stören, gegenüber 

denen andere Menschen sehr tolerant waren. Ich fragte mich, warum 

kratzt dies gerade mich? Irgendwann dämmerte es mir, dass mich bei anderen 

Menschen genau diese Aspekte stören, die ich auch selbst habe, 

selbst negativ bewerte und deshalb auch bei mir nicht wahrhaben möchte. 

Dann beobachtete ich andere Menschen und stellte fest, dass auch diese 

bei anderen besonders das stört, was sie aus meiner Sicht selbst zur genüge 

haben. 

Da brach vorerst für mich eine kleine Welt zusammen, denn ich sah dann 

plötzlich nur mehr Menschen, die gerade deswegen besonders moralisieren, 

weil sie selbst Dreck am Stecken haben. 

Auch fiel mir auf, dass die lautstarke Moral bei Menschen dann zunimmt, 

wenn sie selbst keine Gelegenheiten zur Amoral haben oder nicht mehr haben. 

Nach einiger Zeit gelang mir dann die Wende zu mir selbst.

275 

Ich stellte fest, dass ich Jugendsünden, die ich als solche selbst 

bewertete, mit 20 Jahren Verspätung mir selbst bewusst werden 

konnte. 

Aber ich war noch immer nicht in der Lage dies zu akzeptieren, wenn andere 

mich darauf ansprachen. 

Weil ich dies nicht konnte, begann ich diesen Anschuldigungen zuvorzukommen, 

indem ich mich selbst beichtend beschuldigte. 

Es dauerte dann noch einige Zeit, bis ich gelassen selbst darüber reden und 

mir dies auch, ohne Vorbereitung durch mich, von anderen anhören konnte. 

Nun machte ich mich auf die Suche nach Dingen, denen ich 

selbst bewertend das Prädikat "negativ" gab. 

Da entdeckte ich, dass der Zeitraum zwischen der selbst zugeschriebenen 

Sünde und deren Bewusstwerdung sich durch Üben verkürzte. 

Dauerte es anfangs 20 Jahre, so gelang es mir bald Sünden des 

vergangenen Jahres bewusst zu werden. 

Später dann auch solchen, die vor Tagen geschahen. 

Ich pirsche mich also immer mehr in die Gegenwart. 

Es waren dann letztlich auch Gewohnheiten, die meinen Charakter beschrieben, 

mit denen ich mich anlegte. 

Da ich im nachhinein zwar über diese Fehler sprechen konnte, aber sie 

trotzdem immer wieder kamen, sagte dann meine Frau, dass ich nur reden, 

aber doch nichts lernen würde. 

Sie sah ja nicht, dass ich immer näher an meine Vergangenheit 

heranrückte und sich die Zeitspanne zum Bewusstwerden immer 

mehr verkürzte. 

Das Erfolgskriterium lag also voll in meiner Hand und ich musste alleine 

weitergehen, obwohl die Welt um mich herum meinte, dass ich unverbesserlich 

sei.

276 

Dann kam die Zeit, wo ich schon in die "Gegenwart der Fehlleistung" kam 

und mir die Zunge abbeißen konnte, aber trotzdem wieder fehlte. 

Da erkannte ich, dass man nicht "geistes-gegenwärtig" sein 

müsse, sondern der Gegenwart vorauseilen müsse, also das 

"Aufkeimen der Tat" bemerken müsse, denn die kleinen Keime 

sind leichter zu bewältigen. 

So schulte ich mich, mich selbst in meinem Tun möglichst früh zu erkennen, 

was aber leider kein Dauerzustand war. 

Aber ich lernte dann auch in anderen Menschen ihre Gedanken, 

die sie erst morgen haben werden, schon heute aufkeimen zu 

sehen. 

Auf diese "Vermutungen" hin musste ich dann in Auseinandersetzungen a- 

gieren, was aber großteils erfolgreich war. 

Das beste Prädikat, dass Gegner je über mich sagten, ja was auch alles ü- 

bertraf, was Freunde an mir lobten, war: 

"Beim Tiwald weiß man nie was kommt, aber wenn es 

dann da ist, dann sagt jeder typisch Tiwald". 

Es wäre schön, wenn es wirklich so wäre.

277 

Leibanschauung als Anfang der Weltanschauung 

Wissen Sie was erstaunlich ist? 

Erstaunlich ist, dass man über etwas reden kann, indem man behauptet, 

dass man über das, worüber man redet, eigentlich gar nicht reden 

kann und dann mit dieser Redseligkeit hofft, dass durch dieses Reden 

dem Zuhörer klar werden würde, worüber man redet. 

Die Behauptung, dass man über das sog. „Nichts“ nicht reden 

könne, scheint also nicht haltbar zu sein. 

Bereits PARMENIDES hat den bedeutsamen Gedanken zur Sprache gebracht, 

dass das Nichts nicht sein könne. 

Dieses „Nichts“, über das HEIDEGGER so ausführlich redet, ist aber 

nicht jenes, welches das Erleben des ZEN beschreibt, das mit 

„Leere“ oder ebenfalls mit „Nichts“ benannt wird. 

Das „Nichts“ des ZEN ist nämlich das auch von PARMENIDES erlebte 

„Sein“, dass eben gerade „ist“. 

Es ist jenes Erleben, das sich auf das „leibliche Gewahren“ fokussiert, 

also auf das „fokussierte Beachten der Achtsamkeit selbst“. 

Dies kann in jedem sinnlich akzentuierten leiblichen Erleben angebahnt 

werden, sei dies im Sehen, Hören, Riechen, usw. 

Es kann aber auch im Bewegen angebahnt werden. 

Bei diesem „Beachten des Beachtens“ sehe ich dann vorerst nicht etwas 

„Soseiendes“, das mir sinnlich vermittelt wird, sondern ich sehe „mein“ Sehen 

ohne Objekt. 

Ich gewahre mein „Hören“ ohne „Ton“ oder „Geräusch“, mein 

Schmecken ohne Geschmack, mein Riechen ohne Geruch und e- 

ben auch mein Bewegen ohne Bewegung. 

Ich habe also „meine Sinnestore geschlossen“ und gewahre nur „meine 

spezifische Bereitschaft, etwas Spezifisches zu gewahren“. 

Auf diesem Weg vom „Gewahren der Vielfalt des sinnlichen Soseins“ 

zum „Gewahren meines spezifischen Gewahrens selbst“

278 

passiere ich die „Soheit“, welche die „Vielfalt der jeweils soseienden 

Wirklichkeit“ als „Ganzheit“, d.h. als „Feld“, d.h. als 

„Spielraum für spezifischen Verwirklichungen“ gewahrt. 

Im nächsten Schritt des Vertiefens wird nun auch diese „spezifische Bereitschaft“ 

und die „Soheit“ verlassen und es tut sich das auf, was ich als 

„Guckloch zum Sein“ bezeichnet habe. 

Hier wird dann fokussiert das „Sein im Seienden“ gewahrt, das 

als „reines Wachsein“ erlebt wird, das dann auch nicht mehr wie 

die „Achtsamkeit“ spezifisch gerichtet ist. 

Dieses Erleben hat dann auch das „Wertsein“ hinter sich gelassen. Dieses 

Erleben ist dann nicht mehr „Lust“ oder „Unlust“, sondern es wird rückblickend 

dann als „Glück“ und als „alles verbindende Liebe“, bzw. als „reines 

Dasein“ bezeichnet. 

Auf dem Weg zu dieser „gelassenen und wert-neutralen Leere“ passiert 

man, solange man sich noch gerichtet im Wertsein und Sosein bewegt, 

natürlich auch „Phasen intensiver Lust“, was natürlich den Weg auch für 

jene verlockend macht, die entweder der Unlust entfliehen wollen und/oder 

hedonistisch Lust anstreben. 

So gibt es daher auch den klösterlichen ZEN, in welchem in den 

vereinfachten Situationen einer Weltflucht solche Motive ausschlaggebend 

sein können. 

Deswegen hat mich von Anfang an besonders jener ZEN interessiert, der, 

z.B. wie in den Kampfkünsten, wieder auf den „Prüfstand der Welt“ kommt, 

also sich nicht bewusstseinsflüchtig aus dem Staube macht, sondern sich 

auch in der praktischen Welt leiblich bzw. körperlich bewährt. 

Ich habe mir dieses Jahr in meinen Urlaub zwei Bücher mitgenommen, die 

mir vor meinem Studiumsabschluss als Pflichtlektüre aufgegeben waren. Es 

war interessant, sie heute nochmals zu lesen. 

Einerseits haben sie mir jetzt gezeigt, wie stark sie mich beeinflussten und 

in mir ein solides Fundament für mein selbständiges Denken legten, andererseits 

konnte ich auch bemerken, wo und wie weit ich von diesen Positio-

279 

nen, bzw. von diesen Marschrichtungen abgewichen und „fremde“ Wege, 

bzw. in die „Fremde“ gegangen bin. 

Es waren dies die Schrift meines Doktorvaters LEO GABRIEL „Logik der Weltanschauung“ 

und die Empfehlung meines Zweitprüfers ERICH HEINTEL, der 

mir das Buch seines Lehrers ROBERT REININGER „Wertphilosophie und Ethik“ 

aufgab. 

Ich erinnerte mich nun in meinem Urlaub, dass ich damals, als 

Abweichung von meinem Doktorvater, es nicht akzeptierte, dass 

die Weltanschauung mit dem Gewahren der sinnlich vermittelten 

Umwelt beginne, sondern war der Meinung, dass sie bei dem 

Stück Welt, das ich selbst bin und von dem ich in besonderer 

Weise nicht nur eine Außensicht, sondern auch eine Innensicht 

habe, ihren Ausgang nehme. 60 

Mir erschien das Philosophieren der KANT-Nachfolger wie eine „Stubenhocker-Philosophie“, 

welche am Sessel klebt, den Hintern nicht hoch bringt 

und welcher daher dann alles in einer „Subjekt-Objekt-Spaltung“ als 

„Wahn-Gebilde“ gegenüber steht. 

Dieses ständige Gejammer, dass das Bewusstsein „immer nur sinnlich vermittelte 

Ausschnitte der Wirklichkeit abbilde“ und daher nie das „Ganze“ 

erfasse, das angeblich schon eine „Harmonie“ und „Ganzheit“ sei, beunruhigte 

mich damals sehr. 

Mir erschien daher jene Philosophie wie ein Wahn, welche vor lauter 

„gewähntem Wald“ die Bäume nicht mehr sieht. 

Wer sich nämlich tatsächlich bewegt, so meinte ich ganz vage, der weiß 

nämlich, wie brauchbar jene Wahrheit ist, einen Stein als gegenüberstehend 

zu gewahren, um nicht auf ihn zu treten und sich zu verletzen, oder 

einen einzelnen Baum rechtzeitig als gegenüberstehend zu gewahren, 

um nicht mit dem Kopf an ihn zu rennen. Man wisse dann aber auch, wie 

60 Hier war ich offensichtlich durch meine Beschäftigung mit dem ZEN- 

BUDDHISMUS von EUGEN HERRIGEL „vor-eingestellt“, der in seiner Zeit den gedanklichen 

Gegenpol zu MARTIN HEIDEGGER bildete und durch diesen in der 

Philosophie offensichtlich „verschüttelt“ wurde. Vgl. neben seinen Schriften 

über ZEN auch EUGEN HERRIGEL: „Urstoff und Urform. Ein Beitrag zur philosophischen 

Strukturlehre“, Tübingen 1926 und „Die Metaphysische Form. 

Eine Auseinandersetzung mit Kant“, Tübingen 1929.

280 

brauchbar es sei, nicht alles zu gewahren, sondern „immer nur eine der Erfahrung 

gemäße brauchbare Reduktion der Sinnesflut“. 

Man wisse dann auch, dass „bewusst“ und „willkürlich“ ganz unterschiedliche 

Aspekte des Erlebens sind, die aber nicht zwangsläufig 

miteinander verknüpft sind. 

Nicht alles, was ich beim Laufen willkürlich mache, muss mir auch bewusst 

sein und ich kann mir manches an meinem Bewegen bewusst machen, z.B. 

mein Atmen, was vorher unbewusst und auch unwillkürlich geschah. 

Beim Beachten der Welt, wie sie sich mir unmittelbar im eigenen 

Bewegen offenbart, gerät die „Stubenhocker-Sicherheit im Umgang 

mit der Sprache“ gewaltig ins Wanken, so dass man dann 

auch im Reden eine neue Balance finden muss, deren Kompass 

aber nun die eigene Erfahrung ist, nicht mehr die Vereinbarung 

von Experten, die „pflichtbewusst“ von allen abgenickt wird. 

Ich war daher sehr froh, als ich später auf die Schriften von SALOMON 

STRICKER 61 

stieß, welcher schon vor 100 Jahren aufzeigte, dass am Wahrnehmen 

nicht nur die Sinne, sondern auch das eigene Bewegen beteiligt 

sind, und dass eben KANT in seiner berechtigten „Kritik des Sensualismus“ 

irrte, als er annahm, dass Raum und Zeit a priori seien. 

Raum und Zeit sind nämlich in der Leiblichkeit. Was wiederum 

zeigt, dass KANT und seine nachbetenden Nachfolger bis heute 

trotz ihrer Kritik den Sensualismus eben bloß negiert, aber nicht 

überwunden haben. 

Als ich im diesjährigen Urlaub in SARDINIEN am Strand lag und mit geschlossenen 

Augen einen Kieselstein in der Hand rollte, war mir ganz deutlich, 

dass ich die Gestalt des Steines unmittelbar erfasste: 

• seine Dicke war mir zwar nicht sinnlich vermittelt, aber 

unmittelbar durch die Distanz der Berührungsstellen leiblichräumlich 

evident; 

61 vgl. SALOMON STRICKER: „Studien über das Bewusstsein“, Wien 1879; „Studien 

über die Sprachvorstellungen“, Wien 1880; „Studien über die Bewegungsvorstellungen“, 

Wien 1882; „Studien über die Assoziation der Vorstellungen“; 

Wien 1883; „Physiologie des Rechts“, Wien 1884; „Über die Wahren 

Ursachen“, Wien 1887; „Untersuchungen über das Ortsbewusstsein“, 

in: „Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften“, Wien 

1877.

281 

• ebenso wurde mir seine Gestalt durch mein Bewegen, in welchem 

der Stein im zeitlichen Nacheinander mir durch meine 

Finger glitt, unmittelbar deutlich.

282 

Danebenstehen 


„Bewusste sinnliche Wahrnehmung dissoziiert eine ganze Wirklichkeit 

in einen Empfängerteil und einen Herkunftsteil. Ein Graben 

wird aufgeworfen, durch den zwei Seiten entstehen, von denen 

die eine als innerlich, die andere als äußerlich erfahren wird. 

Dabei wird einheitlich verbundenes aktiv und künstlich von einem 

Bewusstsein auseinander gehalten.“ 

Ich finde dieses Modell sehr mechanistisch, bzw. technisch. 

Jede bewusste Form entsteht nämlich durch das Unterscheiden. Dieses Unterscheiden 

ist aber nicht nur „künstlich“, sondern es folgt vorerst den 

„realen Fugen der Wirklichkeit“. 

Es gibt ein So-Sein nur durch einen Unterschied zu einem „anderen 

So-Sein“, das eben „gegensteht“. 

Das Sosein entsteht also nur dadurch, dass ein Anderes „gegensteht“. 

Das „eigen-artige“ Sosein ist immer von einem „gegenstehenden 

Anderen“ getrennt! 

Die Vielfalt des real Anderen, das in vielfältigen Dimensionen „gegensteht“, 

wird durch das Wert-Sein für mich selektiert und mit mir spezifisch 

„verknüpft“, so dass mich dann jeweils nur ein spezifisch Anderes „betrifft“. 

Erst mein „Betroffensein“ setzt dann (mich vorerst „faszinierend“) ein 

„fremdbestimmtes“ Bewusstwerden in Gang. 

In diesem Bewusstwerden erlebe ich mich (durch das „Verknüpfen 

im Wertsein“) vorerst wieder mit dem gegenstehenden Objekt im 

„Dasein“ als „eins“, d.h. mit ihm „im Sein verbunden“. 

In dem Maße, wie nun mein Bewusstsein, um eines eigenen Handelns 

Willen, am nun „vereint Gegenstehenden“ auch „emotional interessiert“ 

ist, geht es dann auch achtsam den „Fugen der Wirklichkeit“ nach: 

• es wird also die „Form der selektierten Wirklichkeit“ im Bewusstsein 

widergespiegelt, d.h. sie wird als „gegenstehendes

283 

Handlungsziel“ nun auch (der eigenen Erfahrung gemäß) 

„künstlich“ aufgebaut; 

• besteht dagegen kein „emotionales Interesse“ an einem eigenen 

Handeln, dann kann das Bewusstsein sich auch im „sich als Eins 

erlebenden Wertsein“ (weil mit der Wirklichkeit „selektiv verknüpft“) 

befassen und dort Lust konsumierend „verweilen“; 

• es kann aber auch das „Verknüpftsein durch das Wertsein“ 

bloß als Durchgangs-Phase dazu genutzt werden, um sich, „jenseits 

von Sosein und Wertsein“, in das fundamentale „Verbundensein 

im Dasein“ zu „versenken“. 

Die „Frage des Gegenstehens“ kann man aber auch erweitern zur „Frage 

nach dem Danebenstehen“. Dies ganz im umgangsprachlichen Sinne. 

Man steht oft, wie „geistesabwesend“, bei einem aktuellen Anliegen, das 

real „ansteht“, daneben. Dies bedeutet aber etwas anderes als das vorher 

gemeinte „Gegenstehen“. 

Wenn man irgendwo geistig „daneben steht“, dann bedeutet dies, dass 

man „geistig abwesend“ und mit seinen Gedanken „nicht bei der Sache“, 

sondern wo anders ist. 

Aber jenes, womit man sich dann tatsächlich geistig beschäftigt, 

bei diesem Anliegen steht man keineswegs „daneben“, sondern ist 

mit diesem eigentlich „voll konfrontiert“ und sei dies auch nur unbewusst 

oder unterbewusst. 

Es kommt daher nicht nur darauf an, ob und wie etwas im Bewusstsein 

„gegensteht“, sondern auch darauf, worauf sich die Achtsamkeit (bewusst 

oder unbewusst) fokussiert. 

Oft meint man bei der real vorhandenen Sache zu sein, obwohl man nur in 

seiner Erfahrung herumsucht und Vorstellungen nachhängt. 

Ein Beispiel: 

• man kann eine vorhandene Blume fokussiert beachten und die 

sinnlich vermittelte Gestalt „empfindend“ und „fühlend“ erfassen; 

• man kann aber auch die Augen schließen und sich aus der Erfahrung 

heraus (sich er-innernd) nur eine sinnlich gefärbte und 

wertgeladene Vorstellung vor das Innere Auge bringen;

284 

• ich kann dies aber auch bei geöffneten Augen tun, also einerseits 

zwar auf die vorhandene Blume hinblicken, andererseits 

mich aber mit der Achtsamkeit fokussiert in der Vorstellung betätigen 

und mich an dieser die Wirklichkeit ergänzenden, bzw. 

oft auch verfälschenden „künstlichen“ Montage erfreuen. 

In diesem letzten Falle stehe ich dann hinsichtlich der tatsächlichen Blume 

mehr oder weniger daneben, ohne dies auch immer selbst schon zu bemerken. 

Dies kann man bei Entspannungs-Methoden gut am eigenen Leib erfahren. 

Dort gibt es auch die Anweisung: 

• mit seinem Bewusstsein zum Beispiel voll in den rechten Arm 

hineinzufließen. 

• Erst nach einigem Üben wird man aber den Unterschied gewahren: 

• zwischen einem Hineinfließen in die „Vorstellung des rechten 

Armes“; 

• und dem tatsächlichen Präsent-Sein im rechten Arm. 

Beim Beachten des eigenen Atmens lässt sich nach einigem Üben ebenfalls 

dieser Unterschied bemerken: 

• vorerst steigt man meist mit seiner „Vorstellung eines vermutlich 

richtigen Atmens“ ein und versucht dann, diese Vorstellung 

fest im Bewusstsein zu halten, um sich selbst autosuggestiv zu 

veranlassen, dies auch wirklich so zu tun; 

• hier „steht“ man aber immer „daneben“, obwohl das Atmen sich 

autosuggestiv verändert; 

• ganz anders ist es, wenn man nur versucht, zu gewahren, wie 

man tatsächlich atmet; 

• hier muss man nämlich zwangsläufig versuchen, mit seiner 

Achtsamkeit dem Atmen zu folgen und die „Fugen des tatsächlichen 

Atmens“, ohne zu bewerten, vorurteilsfrei aufzunehmen; 

• was aber auch hier nicht auf Anhieb gelingt, da man vorerst 

immer wieder sehr schnell in die Vorstellung abgleitet und 

dann wieder „daneben stehend“ auf sich innerlich als dem Atmenden 

herabschaut. 

Was man aber dann tatsächlich erfahren hat, das ist der Unterschied: 

• zwischen einem „erfahrenen Daneben-Stehen“ und einem (im 

sportlichen Sinne) sog. „In Form sein“; 

• bzw. man bekommt einen Vorgeschmack auf das „pulsierende Ringen“ 

um „Balance in diesem Schwanken“; 

• wobei dieses Pulsieren kein zeitlich abwechselndes Nacheinander, 

sondern eher ein akzentverlagerndes Pulsieren zwischen „be-

285 

wusster Figur“ und den beiden „Hintergründen“: der „Erfahrung“ 

und der „vorhandenen Wirklichkeit“ ist.

286 

Weltflucht 

Sie haben recht, wenn Sie das Bewegen als eine Art Flucht auffassen, welche 

die Not wendet. 

Aber das ist eine Flucht in der Welt, nicht aus der Welt. 

Sie ist weder die Flucht in eine jenseitige Leere, noch in eine jenseitige soseiende 

Vorstellung. 

So ist auch Selbsterkenntnis keine Flucht aus der Welt in die 

"Vorstellung eines Selbst" als "Erkenntnis", sondern vorerst ein 

"In-der-Welt-sein", das vordergründig im Bewusstsein auch als 

"Figur" erkennt wird, aber ohne aus dem "hintergründigen Seienden" 

zu "fliehen", sondern mit ihm im "Sein des Seienden" weiterhin 

"verbunden" zu sein. 

Wir dürfen daher gerade nicht fliehen, wenn wir Selbsterkenntnis erlangen 

wollen. 

Sein und Erkennen sind keine Alternative! 

Die "Zuflucht" ist für unser "flüchtiges Bewegen" allemal die "Mutter", die 

"Materie", die wir ohnehin auch "selbst" sind und die als "Sein" alles 

"verbindet" und "erfüllt". 

Alles andere wäre "selbstherrliche" Isolierung, die scheitern 

"muss"!

287 

Unterschiede und Grenzen 

Ich vermute, dass viele Denkschwierigkeiten entstehen, wenn man einer 

meiner Ansicht nach falschen Vorstellung der „Zeit“, bzw. des „Hier und 

Jetzt“ folgt. 

Schon ZENON benutzte eine unzutreffende Vorstellung der „Zeit“, um die 

Ansicht HERAKLITS, dass alles Bewegen sei, zu widerlegen. 

ZENON unterstellte nämlich in seinen vorerst verblüffenden Widerlegungsversuchen, 

dass ein „Bewegen“ eine „Ortsveränderung“ 

sei. Dass also das „Bewegen“ sich von einer „Ruhe an einem 

Ort“ augenblicklich in eine „Ruhe am nächsten Ort“ verwandle 

und dass das Bewegen, weil der Ort angeblich ohne 

Ausdehnung sei, eben nicht vom Fleck kommen könne. 

Es könne sich also ein geschossener Pfeil nicht von der Stelle bewegen. 

In seinem berühmten Widerlegungsversuch, dass nämlich der schnelle 

ACHILL eine langsame Schildkröte nicht einholen könne, wandte er einen 

anderen Gedanken-Trick an. 

ZENON gab einerseits zu, dass es ein Bewegen der Schildkröte gäbe, 

andererseits unterstellte er aber insgeheim, dass ACHILLES an 

jedem Ort seines Bewegens in Ruhe sei. Um diese Unterstellung 

zu verdecken, lenkte ZENON die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer 

auf den Vorsprung, welcher der Schildkröte gegeben wurde. 

Mit diesem gedanklichen Verwirrspiel lähmte ZENON das Denken seiner Zuhörer, 

die dann seinen Gedanken „gefesselt“ folgten. 

ZENON behauptete dann forsch, dass, selbst wenn ACHILLES sich wirklich bewege, 

er, wenn er jenen Ort, den die Schildkröte beim Start verlassen 

habe, erreicht hab, noch hinter der Schildkröte sei, weil diese ja weitergelaufen 

sei, was man ja zugeben muss. Er lenkte also von der Unterstellung, 

dass ACHILLes an jedem Ort einhalte, ab, indem er die Aufmerksamkeit auf 

den sich angeblich immer wieder verringernden Vorsprung lenkte. 

Dadurch wurde die Tatsache verschleiert, dass es ja gar nicht um 

den angeblich sich immer wieder verringernden Vorsprung geht, 

sondern um die Unterstellung, dass ACHILL am „Ort des Erreichens 

der Schildkröte“ dort „einhalte“, während die Schildkröte sich 

weiterbewegt.

288 

Diese gedankliche Konstruktion, welche Ruhe und Bewegen kombiniert, 

unterstellt eben, dass ein „Bewegen am Ort jeweils in Ruhe sei“, also 

anhalte. 

Der Widerspruch dieses Gedankens liegt eben darin: 

• dass einerseits eine „ausdehnungslose Ruhe des Ortes“ unterstellt 

wurde; 

• dass aber andererseits diese „Ruhe“ als ein „Quantum“ ausreiche, 

dass sich die Schildkröte während dieser angeblichen 

„Nicht-Zeit“ sehr wohl „in der Zeit ihren Ort verändernd“ bewege; 

• diese Unterstellung führt aber gedanklich in keiner Weise zu 

einer „allmählichen Distanz-Verkürzung“ (an der die Mathematiker, 

welche in der „Falle des Zenon“ zappeln, tapfer herumbasteln, 

um ZENON zu widerlegen), sondern führt gedanklich, 

ab dem „Erreichen der tatsächlichen Position der Schildkröte“ 

zu einer gleichbleibenden Distanz, wenn man der tatsächlichen 

Unterstellung gedanklich folgt. 

Auch AUGUSTINUS meinte, dass das „Hier und Jetzt“ ausdehnungslos sei 

und man ein Vorher und Nachher nur deshalb gewahre, weil man in der Erinnerung 

Bilder der vergangenen Augenblicke habe und sich die Zukunft 

auch nur als Bild gedanklich vorstelle. 

Obwohl AUGUSTINUS einen hervorragenden Bezug zur Inneren Erfahrung 

hatte, ist ihm aber diese Meinung nicht aus seiner tatsächlichen 

Erfahrung, sondern nur aus seinen spekulativen 

Denkprozessen erwachsen. 

Dieser Spekulation saß später auch noch KANT auf, der meinte, 

„Raum“ und „Zeit“ als „subjektive Anschauungsformen“ nicht aus 

der Erfahrung, sondern „transzendental“ herleiten zu müssen. 

In der Inneren Erfahrung begegnet man aber keinem ausdehnungslosen 

„Hier und Jetzt“ als einem „ausdehnungslosen Augenblick“, sondern einer 

„Ausdehnung, die Vergangenes und Zukünftiges in der Gegenwart 

unmittelbar gewahrt“, wie zum Beispiel eben auch eine Melodie als ein 

„Ganzes“. 

Man gewahrt im „Augenblick“ also kein „ruhendes Nichts“ als „gedankliche 

Schnittstelle, bzw. als Grenze zwischen Vorher und 

Nachher“, sondern man gewahrt die „Fülle eines raumzeitlichen 

Bewegens“, das „mehr oder weniger“ (aber „unbegrenzt“!) 

ausgedehnt sein kann.

289 

Die Innere Erfahrung zeigt einem auch, dass dieses „Ausdehnen des 

Unmittelbaren“ sich weiten aber auch verengen kann. 

Dies gewahrt man aber „diesseits“ eines gedanklichen Erinnerns 

und in die Zukunft Spekulierens. 

Mit dem Erinnern und Spekulieren bekommt diese „unmittelbare und unbegrenzte 

Fülle“ bloß ihre Struktur, ihr „Sosein“, nicht aber ihre „seiende“ 

unmittelbare Weite oder Enge, welche als „gewahrtes Sein“ dann die eng 

oder weit „seienden“ Vorstellungen als deren konkreter Hintergrund „verbindet“. 

Das Erinnern und das Vorstellen „malt“ also bloß „erfahrungsgemäß“ die 

unmittelbare Weite oder Enge aus, sie schafft sie aber nicht. 

Das Erinnern und das Vorstellen von Künftigem erzeugt also nicht 

die „Raumzeit“, sondern malt diese in ihrem „Sosein“ und 

„Wertsein“ bloß erfahrungsgemäß aus. 

Beim unmittelbaren Gewahren einer konkreten Situation leuchten nämlich 

unmittelbar „raumzeitliche Dimensionen“, z.B. als „bereits seiende Situationspotentiale“ 

auf, die bloß „der Erfahrung gemäß erfasst und genutzt“ 

werden können. 

Hat jemand seine Erfahrung aber bloß als erinnerbares Wissen und hat er 

selbst keinen unmittelbaren Bezug zur konkreten Situation, dann nützt ihm 

das zutreffendste Wissen nichts, denn ohne unmittelbaren Bezug zur Situation 

kann er den als „Situationspotentiale aufleuchtenden raumzeitlichen 

Fugen der Wirklichkeit“ gar nicht folgen. 

Er „steht“ dann eben „daneben“, im Unterschied zu jenen, die 

vielleicht weniger erinnerbares Wissen haben, dafür aber „in 

Form sind“, wie oft manche Sportler, Spieler, Politiker oder auch 

Börsenspekulanten. 

Es gibt „Fugen in der Wirklichkeit“. 

Diese sind aber keine Grenzen! 

Die Frage ist nun, in welcher Art es überhaupt „Unterschiede“ gibt: 

• im „Denken“ arbeiten wir mit „Unterschieden“, die über ein 

Ein- und Ausgrenzen „definiert“ werden.

290 

Dadurch grenzt sich ein „im Menschen verkörpertes Symbol“ von anderen 

„verkörperten Symbolen“ ab, und es „definiert“, d.h. es „begrenzt“ sich 

durch vielfache Relationen zu ebenfalls „begrenzten“ anderen Symbolen. In 

der „Symbol-Welt des Denkens“ geht es daher auch nicht anders, als in ihr 

„harte Grenzen“ zu suchen. 

Ganz anders ist es aber beim unmittelbaren Gewahren der Wirklichkeit, 

wo sich Gegebenheiten in „weichen Fugen des wechselwirkenden 

Austausches“ begegnen. 

Hier „bestimmt“ sich die Gegebenheit nicht durch ihre „Grenze“, sondern 

durch ihr zumindest vorübergehend klar und deutlich unterschiedenes 

„Zentrum“, welches jeweils als „Gravitationszentrum“ ihre „Soheit“ im 

doppelten Sinne „bewegt hält“: 

• sie „hält“ durch ihre „Beharrlichkeit“ die „bewegte Soheit“ träge 

zusammen; 

• und sie „hält“ die „Soheit“ im „jeweils die Not balancierend 

wendenden Bewegen“. 

Wenn also „Subjekt“ und „Objekt“ voneinander „unterschieden“, bzw. „geschieden“ 

sind, was tatsächlich der Fall ist: 

• dann sind sie gedanklich durch „Grenzen“ getrennt; 

• tatsächlich aber durch ihre „Zentren“ unterschieden. 

Im „unmittelbaren Gewahren der tatsächlichen Welt“ gibt es bloß „Zentren“ 

und „weiche Fugen des wechselwirkenden Austausches“, in denen es aber 

sehr wohl ein vernichtendes hartes Aufprallen oder Zerstören geben kann. 

Die „menschliche Gesellschaft“ versucht, der Erfahrung gemäß die 

Welt mit „harten Grenzen“ gedanklich zu erfassen und dementsprechend 

auch „technisch zu konstruieren“. 

Dies kann nun „natürlich“ zur Folge haben, dass sie, wenn sie 

ihr „Augenmaß des unmittelbaren Begegnens mit der Wirklichkeit“ 

verliert, dann „die Rechnung ohne den Wirt macht“ 

und zu Grunde geht.

291 

Potentiale des Seienden nutzen 

Um zu verstehen, was Sie mit Ihrer Feststellung hinsichtlich des „Wissens“ 

meinen, muss ich mir vorerst Ihren Text in meine Sprache übersetzen. 

Was ich damit bezwecke, das können Sie dem 1. Mail meiner „Dialogspur“ 

entnehmen, wo ich ähnlich das Wort „Sein“ durch das Wort „Seiendes“ 

ersetzt habe, was auseinander zu halten für mein Denken ganz wichtig 

ist. 

Ich markiere daher vorerst mit Fettdruck jene Stellen, wo ich statt dem 

Wort „Sein“ für mich das Wort „Seiendes“ setzen würde. 


„Nun könnte es dazu kommen, dass Achilles die verschiedenen 

Formen des Wissens und ihr Verhältnis zum Sein überdenkt, 

sich an seine eigene Geschichte erinnert und bemerkt, dass Wissen 

auf diese Art ebenfalls ein Rennen darstellt, bei dem das 

Sein nie eingeholt werden kann. 

Er bemerkt, ‚es gibt Fugen in der Wirklichkeit, dies sind aber keine 

Grenzen!’. 

Was kann er anderes machen, als sich von einem Wissen zugunsten 

des Seins zu befreien? 

Von Kräften und Schmerzen kann man wissen, man kann aber 

auch auf die andere Seite dieses Wissens gelangen und einfach 

laufen, ohne dem Wissen weitere Bedeutung zu geben, weil es 

nur auf das Ausschöpfen des Seins ankommt und jedes Wissen-wollen 

dem Sein Potential nimmt und auch die Frage nach 

dem relativen Ausgang des Rennens unerheblich ist, wenn nur alle 

Potentiale genutzt wurden. 

Das heißt, Achilles müsste für den guten Ausgang des Rennens alles 

Wissen hinter sich gelassen haben.“ 

Wenn ich nun Ihren Text mit dem Wort „Seiendes“ statt dem Wort „Sein“ 

überdenke, dann leuchtet mir ein, dass das Wissen als „Figur im Bewusstsein“: 

• sich einerseits vor dem Hintergrund der „in mir seienden Erfahrung“; 

• andererseits aber auch vor dem Hintergrund des „tatsächlich 

Seienden“, auf welches sich das Wissen bezieht, denkend figuriert. 

Das „aktuell bewusste Wissen“ hat also:

292 

• sowohl ein Verhältnis zur „in mir seienden Erfahrung“; 

• als auch ein Verhältnis zum „Seienden, das anliegt und daher aktuell 

bedacht wird“. 

Es leuchtet mir auch ein, dass das Wissen nie „alles, was man vom Seienden 

wissen könnte“, einzuholen vermag. So gesehen „rennt“ das Wissen 

daher immer auch dem Seienden, das anliegt und aktuell bedacht wird, 

hinterher. 

Nicht leuchtet mir aber ein, dass es das Ziel dieses persönlichen 

Rennens sei, alles, was man hinsichtlich des aktuell Seienden bedenken 

könnte, zu erreichen. 

Das Ziel dieses persönlichen Rennens ist vielmehr, hinsichtlich der aktuellen 

Betroffenheit und deren Folgen eine treffende Reduktion des 

Wissbaren herauszufiltern, um erfolgreich und „nachhaltig“ handeln zu 

können. 

Es geht daher gar nicht darum, sich vom Wissen zu befreien, sondern im 

Gegenteil: 

• sowohl in der „in mir seienden Erfahrung“ ist eine aktuell zutreffende 

und brauchbare Auswahl zu treffen; 

• als auch in der Fugen des „tatsächlich anliegenden Seienden“, 

auf welches sich das Wissen bezieht, ist eine für ein eigenes 

nachhaltiges Handeln brauchbare Reduktion herauszufiltern 

und diesen Fugen dann nachzugehen. 

Das persönliche Ausschöpfen des Seienden ist gerade nur dann möglich, 

wenn man diese beiden Reduktionen vornimmt und, den „aktuell anliegenden 

Fugen der Wirklichkeit“ nachgehend, dann auch ein „neues Wissen“ 

ins Bewusstsein und über dieses auch in die „in mir seiende Erfahrung“ 

einbringt, um auch dort die Uhren nachzustellen. 

Gerade das persönliche Wissen-wollen und das Einbringen eigener 

Erfahrung schöpft daher das Potential des Seienden aus. 

Was dem Seienden sein Potential nimmt, das sind unzutreffende Erfahrungen 

und das Aufnehmen nebensächlicher Fugen in der aktuellen 

Wirklichkeit. 

Nicht alles Wissen muss man daher hinter sich lassen, um im 

Leben erfolgreich zu „rennen“, sondern bloß das aktuell un-

293 

brauchbare Wissen, das den Blick auf das „tatsächlich anliegende 

Seiende“ verstellt. 

Diese Gedanken betreffen das „Wissen hinsichtlich des aktuellen persönlichen 

Handelns in der Welt“. Ganz anders verhält es sich mit dem „Wissen 

in der Wissenschaft“. Dort wird nach Möglichkeit alles Wissen gesammelt 

und versucht, es gegenseitig „abzustimmen“. 

Hier geht es: 

• einerseits darum, das „bereits in der Gesellschaft seiende 

Wissen“ zu ordnen und einander begegnen zu lassen; 

• andererseits aber auch darum, neues Wissen zu suchen, welches 

zur Zeit als Problem vielleicht noch gar nicht anliegt oder 

das aus Bereichen geholt wird, welche dem Bewusstsein überhaupt 

nie unmittelbar anliegen und welches daher nur mit technischen 

Mitteln aufgespürt werden kann. 

Hier entsteht leicht ein „der Aktualität vorauseilender Vollständigkeitswahn“, 

der, vor lauter Anhäufen von Wissen, oft „das Augenmaß für eine 

die aktuell Not nachhaltig wendende Reduktion“ verliert. 

Das Entfremden des Bewusstseins liegt also der „Wissenschaft“ 

viel näher als dem „Menschen als Person“, es sei denn, der einzelne 

Mensch leidet bereits an einer „Wissenschaftsgläubigkeit“ 

als Ersatzreligion.

294 

Wissen 

Sie erweitern das Beachten des Laufens von ACHILLES. Ich markiere mit 

Fettdruck wieder jene Stellen, auf die meine Gedanken Bezug nehmen. Sie 

schreiben: 

„Jetzt kommen verschiedene Stufen des Wissens in den Blick. Gesetzt, 

Achill läuft im Stadion mit andern Läufern ein Rennen, das 

über etliche Runden geht. 

Mitten im bereits gestarteten Rennen kommt man hinzu. 

Nun sieht der Zuschauer, der nicht von Anfang an dabei war, nur 

die relativen Positionen der Läufer zueinander linear wie auf einer 

Perlenkette. 

Er kann im unmittelbar darauffolgenden Moment vielleicht gewisse 

Angaben machen, welcher Läufer gerade stark oder schwach 

erscheinen mag, theoretisch kann er mit dieser Aussage Recht 

haben, aber es wäre ein reiner Zufall. 

Dieses Wissen erscheint mir ähnlich wie das auf Sinnesbasis vermittelte 

Wissen. 

Er weiß nichts über die wirkliche Position der einzelnen Läufer. 

Dieses Wissen hat aber ein fachkundiger Zuschauer, der die Läufer 

nicht mit ihren momentanen Positionen und zweidimensionalen 

Abständen bezüglich dem Stadionoval sieht, sondern entsprechend 

einer dreidimensionalen Sicht nach Plätzen, die sich 

aus gelaufenen Runden und der Position zueinander ergeben, 

das Oval wird zu einer Helix. 

Diese Art des Wissens würde ich dem Denken zuordnen. 

Dieses Wissen ist schon recht genau, aber ebenfalls unvollkommen, 

denn was kann nicht noch alles im Rennen passieren! 

Jede Voraussage mit einem Risiko behaftet, denn man kennt nicht 

das aktuelle Leistungsvermögen der Läufer. 

Nun denke ich, dass es eine weitere, genauere Form des Wissens 

gibt, wenn man zur gedachten Position noch den körperlich 

vermittelten Eindruck der Läufer nimmt. 

Zum Denken kommt das körperlich vermittelte Empfinden hinzu. 

Dann erhält man den Eindruck, dass es zwar Unterschiede hinsichtlich 

Abstand, Position, und Entkräftung zwischen allen 

Läufern gibt, die sich auswirken können und das ist ein starkes 

Wissen, es gibt Situationspotentiale, aber auch dies ist für absolutes 

Wissen immer noch nicht ausreichend. 

Diese Art von Wissen setze ich für das intuitiven Wissen. 

Sagen wir, die Läufer wissen auch, wie man Kräfte mobilisiert und 

dass man das jeden Augenblick machen kann. 

Dennoch ist das nur relatives Wissen. 

Stimmen Sie mir zu dass hier der Übergang von Grenzen zu 

Zentren erreicht ist?

295 

Jeder Läufer sieht sich in seiner Situation. Die Situation ist selber 

beweglich. 

Wie könnte es nun weitergehen?“ 

In meinem Verständnis ist Wissen eben Wissen. 

Wissen ist eine verständige Erfahrung und es ist eben immer in 

jenem Modus, in welchem eben die Erfahrung denkend verarbeitet 

wird. 

Auch das sog. „intuitive Wissen“ muss sich, sobald es Wissen ist, diesem 

„Modus der Deutlichkeit“ fügen. 

Ob das Wissen „intuitiv“ im Selbst ständig vorwiegend aus den „Fugen 

der Wirklichkeit“ „abgezogen“ wurde oder vorwiegend „rational schlüssig 

erdacht“ wurde, das macht bloß seine „schwerpunktmäßige Herkunft“ 

deutlich, nicht aber die „Art des Wissens“. 

Entweder weiß man etwas klar und deutlich oder man tappt noch 

im Dunkel des Vor- oder Nicht-Wissens. 

Aus einer anderen Sicht könnte man, hinsichtlich seiner „Präsenz im Bewusstsein“: 

• vielleicht ein „nur-Wissen“, das den „unmittelbaren Durch- 

Blick auf die Wirklichkeit“ verloren, bzw. noch nicht im „AHA- 

Erlebnis“ als „Evidenz“ gewonnen hat und deshalb „entfremdet 

daneben steht“; 

• von jenem Wissen unterscheiden, das über einen Durchblick auf 

die „Fugen der Wirklichkeit“ noch bzw. schon „ver-fügt“. 

Hier geht es aber immer nur um die „Wissenspräsenz im Bewusstsein“ 

und nicht um ein kommunizierbares und daher z.B. in Bild, Wort oder 

Schrift „objektiviertes Wissen“. 

Da man das „objektivierte Wissen“ sammeln, archivieren, vergleichen 

und erneut schlüssig durchdenken kann, führt dies zu einem 

immer „umfassenderen objektivierten Wissen“, aber nie zu 

einem „vollständigen Wissen“ oder zu einem Wissen, das auf 

die Wirklichkeit „absolut zutrifft“. 

„Wissen“ ist und bleibt immer ein „Behelf“, d.h. ein „Hilfs-Mittel“, welches 

danach strebt, „brauchbar“, also insofern ein „starkes Wissen“ zu sein. 

„Wissen“ ist ein „Werkzeug“ und daher, die Not wendend, nicht 

mit dem „Werkstück“ identisch.

296 

Das Wissen „hält fest“. 

Insofern bringt das Wissen ein Bewegen zur Ruhe und schafft dadurch „beruhigte 

Positionen“, zu denen dann ein Bewegen als relativ aufgezeigt 

wird. 

So gibt es dann im „begrifflichen Wissen“ immer nur „relative 

Positionen“ und ein auf „Beobachter-Positionen“ bezogenes 

„relatives Bewegen“. 

Auf diese Weise erscheint dann im Wissen etwas entweder selbst als „momentane 

Position“ oder als „relatives Bewegen“ in Bezug zu einer „momentanen 

Position“, z.B. eben der des Beobachters. 

Von einer „wirklichen Position“ zu sprechen ist eigentlich Unsinn, 

wenn man davon ausgeht, dass letztlich alles Bewegen ist. 

Ein „wirkliche Position“ zu unterstellen, das ist ja gerade jene Falle, die 

ZENON für Leichtgläubige aufgestellt hatte. 

ZENON unterstellte eben, dass ein Bewegen ein „kontinuierliches 

Positions-Ändern“ sei, wobei in einer erdachten „wirklichen Position“ 

eben Ruhe herrsche. 

Wenn man im Wissen dem Bewegen gerechter werden möchte, dann 

könnte man die „angeblich wirkliche Position“ gedanklich in ein „mehr 

oder weniger weites Feld“ umwandeln und dieses „Feld“ dann als ein 

„träge gerichtetes Ausmaß der Unmöglichkeit an einer bestimmten 

Position zu sein“ betrachten. 

Je weiter dann jenes „gegenwärtige Feld“ wäre und je steiler der 

Abfall jener Unmöglichkeit wäre, umso schneller würde dann die 

jeweilige „Geschwindigkeit und Stärke des Bewegens“ erscheinen. 

Und dorthin, wohin das Bewegen gerichtet wäre, dort wäre die „beharrliche 

Weite“ dieses Feldes dann „als Fuge ausgebuchtet“, in der sich das Bewegen 

gleichförmig fortsetzt, es sei denn, es wird, durch ein Begegnen 

mit einem anderen „Feld“, die „gerichtete Beharrlichkeit“ verändert, 

oder so ähnlich. 

Der Übergang des erdachten bzw. mit Denken kontrollierten „Wissens in 

Form von definierenden Grenzen“ zu einem von der Wirklichkeit abgezogenen 

Wissen in Form von „Mustern von zentrierten Feldern“ bleibt in beiden

297 

Fällen letztlich ein „festgehaltenes Wissen“, das sich aber gegenseitig 

keineswegs ausschließt, sondern bloß schwerpunktmäßig unterschiedlichen 

Bereich der Brauchbarkeit zugeordnet ist.

298 

Schmetterling-Gleichnis 

Das „Wissen“ ist für den Menschen, d.h. es ist für die „Menschheit“ ein 

„Werkzeug“, um ihre Not zu wenden, d.h. das Wissen ist für die Menschheit 

„notwendig“. 

Deswegen darf man das „Wissen“ als „Werkzeug“ nicht mit dem 

„Werkstück“ verwechseln. 

Das „Werkzeug“ erhebt nie den Anspruch, mit dem „Werkstück“ identisch 

zu sein, sondern bloß „brauchbar“ zu sein, das „Werkstück“ zu bearbeiten. 

Es ist deswegen meines Erachtens ein Fehler, das „Werkzeug“ 

selbstherrlich vom „Werkstück“, d.h. von der „Wirklichkeit“ zu isolieren 

und dadurch, einem „Vollständigkeitswahn“ folgend, das 

„Mittel“ zum „Selbst-Zweck“ zu erklären. 

Das „Wissen“ ist auch nicht bloß als Inhalt eines „individuellen Bewusstseins“ 

gedacht. 

Das „Wissen“ peilt nicht den sog. „freien Menschen als Individuum“, 

sondern die „Menschheit als werdendes Ganzes“ an. 

Dies verhält sich analog zur „Metamorphose des Schmetterlings“. 

Das „Wissen“ wäre dann analog als „Raupe“ im Bewusstsein bloß 

das Ausgangsstadium. 

Bei der „Anwendung“ im Endstadium wäre aber dann das „Wissen“ 

der flatterhaft bewegte „Schmetterling“, der „in der 

Wirklichkeit tätig seine ‚Eier’ legt“, aus denen dann, im „unmittelbaren 

Gewahren“, wieder gefräßige „Raupen“ schlüpfen, 

die sich im „Bewusstsein“ dann mit der „Erfahrung“ voll fressen. 

Diese „Raupen“ müssen sich aber, um dann bei der „Menschheit“, als 

dem eigentlichen Ziel, anzukommen, vorerst „verpuppen“, d.h. das 

Wissen muss „als Larve erstarren“, d.h. es muss sich „objektivieren“. 

Es bedarf daher der „Sprache“, damit „Wissen“ überhaupt 

dorthin verteilt werden kann, wofür es gedacht ist. 

Es bedarf daher auch des „Larven-Stadiums“, damit später tätige Schmetterlinge 

„abgestimmt“ herumflattern können, um für die „gesamte

299 

Menschheit“ die Not zu wenden und dabei, die Welt handelnd umgestaltend, 

wiederum „brauchbare Eier“ zu legen, aus denen dann im „Bewusstsein 

der Individuen“ wieder die „Raupen der Erkenntnis“ schlüpfen. 

In diesem „flatterhaften Kreislauf“ zeigt sich, wie wichtig auch die 

„Phasen der Selbstermächtigung“ und auch die der „isolierenden 

Verpuppung des Wissens“ sind. 

Gefährlich ist bloß die „Selbstherrlichkeit“, welche das „Bewegen des 

Kreislaufens“ zur „erstarrenden Ruhe“ bringt und dann als „Selbstzweck“ 

aufbläht. 

Diese „Selbstherrlichkeit“ kann auch als eine „heilbringende 

Aufklärung“ mit betonter „Wissens-Orientierung“ erscheinen. 

Als „logische Folge“ dieser „rationalistischen Einstellung“ kann dann 

nämlich auch eine von den „Folgen des Handelns“ isolierte „Gesinnungs- 

Ethik“ propagiert werden, welche dann die „individuelle Freiheit“ und die 

„Zweckfreiheit“ hochhält, und dann in einer „Selbstermächtigung“ das 

„eigene Wissen“ („nach bestem Wissen und Gewissen“) als Grundlage einer 

„Pflicht-Orientierung“ liefert. 

Wo also „im Bewusstsein“ der „Übergang von der Raupe zur 

Larve“, also die „Verpuppungs-Phase“, aus dem „Kreislauf des 

seienden Lebens“ herausgeschnitten wird.

300 

Die Not wenden 

Es wird mir immer deutlicher, wo der Punkt ist, bei dem Sie mir gedanklich 

nicht folgen, "können?" oder "wollen?"? 

Sie schreiben nämlich erneut, dass es mein Gedanke sei, "das 

Sein in Bewegung 'aufzulösen' ". 

Gerade dies liegt mir aber sehr fern. 

Deswegen ist es ja für mein Denken so grundlegend, sprachlich 

zwischen "Sein" und "Seiendem" zu unterscheiden. 

Ich sehe vielmehr das "Seiende" (nicht das "Sein"!) auch als "Bewegen". 

Ich löse das "Sein" nicht in "Bewegen" auf, sondern zeige gerade im "seienden 

Bewegen" das "Sein" auf. Das "Bewegen" ist deswegen "seiend", 

weil es "ist", weil es eben sein "Sein" hat. 

Die Unterscheidung von "Sein" und "Seiendem" ist für mich deswegen 

"seiend wesentlich", weil ich in meinem "seienden Denken" nicht den 

folgenschweren Fehler begehen möchte, im "Sein" ein "Wesen" zu sehen, 

also anzunehmen, dass alles "Sosein" und "Wertsein" im "Sein" bereits eingefaltet 

sei. 

So ist für mich das "Sein" eben gedanklich unterschieden vom gedachten 

"Ganzen des Seienden", das bloß ein "zur vorübergehenden, 

trägen Ruhe gebrachtes seiendes Bewegen" ist. 

"Bewegen" ist eben: 

• einerseits "seiendes Verändern" (das sich im Begegnen dann 

"wert- und so-seiend verknüpft"); 

• das aber andererseits im "verbindenden Sein": 

• einerseits seine "träge seiende Identität"; 

• und andererseits im "alles verbindenden Sein" die 

"Identität mit Allem im Sein" ist. 

Wer sagt, dass das "Sein" in "Bewegen" aufgelöst wird, der tappt in die 

„Falle des ZENON“, welcher ja unterstellte, dass das Bewegen ein "kontinuierliches 

Verändern ruhender und ausdehnungsloser Positionen 

sei". 

Wenn man dagegen nicht nur vom "Bewegen" im Sinne von ZENON redet, 

sondern das "Bewegen selbst und unmittelbar" beachtet und zur Sprache 

bringt, dann schaut man ja bereits beim "Bewegen von Körpern", dass 

bereits dieses "spezielle Bewegen" ein sog. Widerspruch ist:

301 

• man erkennt nämlich das Bewegen zwar als "ständiges Verändern 

des Ortes des Körpers"; 

• aber dies erkennt man gleichzeitig nur deswegen als ein "Bewegen", 

weil man den Körper als "identisch" gewahrt, also in 

seinem "jeden seiner Orte verbindenden Sein", wodurch das 

"Sosein des Körpers" als mehr oder weniger "gleich" bleibend 

unterstellt wird. 

Versuche ich mir nun gedanklich ein "Bewegen selbst", d.h. ein "seiendes 

Bewegen ohne Körper", als "Soheit" ins Bewusstsein zu holen, dann 

lässt sich in einem sog. "AHA-Erlebnis" unmittelbar gewahren: 

• dass "Bewegen" einerseits ein "seiendes Verändern einer sound 

wertseienden Gleichheit"; 

• andererseits aber ein "identisches Sein" ist. 

Daraus ergibt sich dann gedanklich, dass das elementare noch körperlose 

"Ur-Bewegen" in seiner "Soheit" (in seinem "seienden Wesen"): 

• einerseits seiner sound wertseienden Form nach ein "Verändern"; 

• andererseits in seinem "Inhalt" ein kraftvoll erfüllendes und 

widerspiegelnd verbindendes "Sein" ist, dem ich den Namen 

"Materie" gebe. 

"Materie" ist daher für mich nicht "seiender Stoff" oder "seiende Energie" 

oder "seiende Information", sondern das "Sein" erfüllt als "Materie" (als 

"Inhalt") sowohl die "seiende Information", als auch den "seienden Stoff" 

und die "seiende Energie". 

Die "Not" ist dann ein Konflikt im "seienden Wertsein". 

Sie ist ein Konflikt insofern, als im "seienden Begegnen" ein "treibender 

Widerspruch", der zum "verändernden Bewegen" drängt, auftritt. 

Wenn man nun unterstellt, dass die "Trägheit", mit der das "Seiende" 

ausgestattet ist, so etwas wie der "Wunsch nach Andauern der Existenz 

des jeweils Seienden" ist, der sich aber beharrlich und konservativ 

an das "Gleichbleiben des Seienden" klammert, so erscheint dann diese 

"Not" als "Krise", d.h. als Widerspruch: 

• entweder zu Grunde zu gehen, indem man sich beharrlich an 

das "Gleichbleiben des Soseins und Wertseins des jeweils Seienden" 

klammert; 

• oder "als Bewegen im Sein weiter zu dauern", indem man sich 

verändert und das "Klammern an das Gleichbleiben" opfert.

302 

Dieses "Wenden der Not" ist aber "nicht zwingend notwendig" und so gesehen 

immer auch "frei", bzw. es ist "vogelfrei" dem Untergang preisgegeben, 

bzw. den Wirrnissen zum Fraß "vorgeworfen". 

Der Untergang ist daher in der "Soheit" auch "zugelassen"! 

Um dieser "Not" zu entgehen, erfindet sich der Mensch, im "Begegnen" 

mit der Welt, "Werkzeuge", von denen er "hofft", sie mögen ebenfalls 

möglichst lange unverändert halten und brauchbar sein. 

Aber auch diese "Hoffnung" wird nur teilweise und vorübergehend 

erfüllt. 

Der Mensch gerät dadurch auch mit seinen "Werkzeugen" in die Not, sich 

von ihnen zu trennen, sich neue anzufertigen, um die Uhren nachzustellen, 

d.h. um Existenz-Zeit zu gewinnen. 

Ihre derzeitigen "Denk-Werkzeuge" beißen offensichtlich noch auf 

"trägen Granit", wenn sie meine "beharrliche Denk-Position" zu 

verstehen suchen. 

Vielleicht wäre es auch hier ein brauchbares "Werkzeug": 

• nicht von einer "Position" auf eine andere, und sei es auch eine 

"bewegte Position" zu zielen, etwa wie man ein Flugzeug abschießt; 

• sondern "sich selbst im Parallelflug an das Ziel-Flugzeug 

anzuschmiegen", um es im "bewegten Begegnen" ggf. abzudrängen, 

um sich durch Reibung ziehen zu lassen, um den 

Windschatten zu nutzen, um es zu beschleunigen, usw.

303 

sat-chit-ananda 

Sie folgen offensichtlich derzeit gezielt alten indischen Denkwegen. 

Wie Sie dort sicher schon bemerkt haben, wird in den alten Texten das 

Gleiche oft mit ganz unterschiedlichen Namen bezeichnet, so dass die 

Kommentatoren immer wieder aufklärend übersetzen müssen. 

Bereits in den indischen Texten selbst scheiden sich, bzw. vermischen 

sich nämlich verschiedene Versionen mit den verschiedensten 

Bezeichnungen, welche dann den Spielraum für unzählige Interpretationen 

liefern. 

Es geht daher immer wieder darum, das jeweils Gemeinte in der eigenen 

„Inneren Erfahrung“ aufzusuchen und, wenn gefunden, dann erneut zur 

Sprache zu bringen. 

Dies geschieht dann ganz ähnlich, wie es ja bereits in den 

UPANISHADEN selbst erwähnt wird, dass nämlich die Texte verschlungen 

und dann wieder „erbrochen“ wurden. 

Die deutschen Übersetzungen kleben oft zusätzlich am lexikalischen Wortgebrauch 

und schieben auch vieles in die Nähe des westlichen IDEALISMUS. 

Meiner eigenen Erfahrung nach hat die Dreiheit: „sat-chitananda“ 

einen in der eigenen „Inneren Erfahrung“ nachvollziehbaren 

Sinn, daher erscheint es mir brauchbar, hier anzusetzen: 

• mit „sat“ wäre dann das gemeint, was uns als unser „fundamentales 

Werkzeug“ das „Sein“ gewahren lässt, bzw. es ist 

das, was in uns „selbst“ als „Sein“ hineinragt und von uns als 

„Achtsamkeit“ erfahrbar ist. Das „achtsame Gewahren des 

Seins im Seienden“, bzw. auch der fokussierte Durchblick 

durch das in der „Soheit“ aufleuchtende „Schlüsselloch zum alles 

verbindenden und erfüllenden Sein“, wird dann meist mit 

dem Wort „Wahrheit“ übersetzt, was aber nichts anderes 

meint, als „die bewusste Anwesenheit der seienden Wirklichkeit“. 

Hier geht es also um „Achtsamkeit“ und im „Erleben“ 

um den Aspekt „Dasein“ als dem „Inhalt des Seienden“. 

• mit „chit“ wird dagegen das „Bewusstsein“, bzw. das „Wissen“, 

also die „erkannte Form des Seienden“, das „Wesen“ bezeichnet. 

Hier geht es dann im Erleben um die Dimension „Sosein“, welche 

akzentuiert das „Sosein des Seienden“ als „Form“ abbildet 

oder als „seiende Soheit“ schaut.

304 

• „ananda“ ist nun die Freude und Glückseligkeit, also die Dimension 

„Wertsein“, die sich im „seienden Erleben“ beim Gewahren 

des „alles in der Liebe verbindenden Seins“, bzw. beim Gewahren 

des „Seins des Seienden“ einstellt. (Bei PLATON war dies 

dann das „Gute“, als die „höchste Idee“. 

Diese Dreiteilung entspricht etwa den drei „Gunas“: 

• „sattwa“ (Achtsamkeit, Dasein); 

• „tamas“ (Wissen, Sosein, Form, Gewohnheit) 

• „rajas“ (Wertsein, Emotion) 

Da das indische Beschäftigen mit der Innerlichkeit sich im Volke letztlich 

auf die „Befreiung“ und den „Glücksgewinn“ fokussierte, wurde im „seienden 

Glücks-Erleben“, insbesondere beim Gewahren des „Seins des seienden 

Glückserlebens“, die „grenzenlose und unendliche Weite“ dieses 

Erlebens ins Auge gefasst. 

Durch diese hedonistische Akzentuierung verschob sich die Dreiteilung: 

• die im „ananda“ nun erlebte „Grenzenlosigkeit“ („ananta“) 

wurde nun zu dem, was vorher mit „sat“ gemeint war, nämlich 

zum „Gewahren des Seins“, d.h. nun zum „Gewahren der Dimension 

des Daseins im akzentuierten Wert-Erleben“; 

• dadurch wurde dem Wort „sat“ semantisch etwas Sinn geraubt. 

Die nun reduzierte Position wurde dann als „satya“ zur „Wahrheit“ 

als formloses „Gewahren des Seins“; 

• und das vorerst mit „chit“ Gemeinte wurde nun als „Wissen“ zu 

„jnana“. 

Dies hat nun zur Folge, dass in den deutschen Übersetzungen und Erläuterungen 

die Wörter „Wahrheit“, „Wissen“, „Wesen“, „Glück“ usw. oft sehr 

willkürlich durcheinander geworfen werden und dadurch ganz unterschiedliche 

Auffassungen des indischen Denkens erzeugen. 

Es ist daher ein guter Rat, die indischen Texte auch in ihren Übersetzungen 

zu „verschlingen“, auf den Prüfstand des „seienden“ 

eigenen „Inneren Erfahrens“ zu bringen und dann wieder zu 

„erbrechen“.

305 

Über das Verachten der Widersprüche 


"Im Denken wird das Seiende bewahrt. Das ist das Wertsein und 

Sosein eines sich selbst erscheinenden Subjekts in einer Welt." 

Dies klingt so, als würde für Sie das Denken nichts Seiendes sein und als 

würde es dem Seienden gegenüber stehen. 

Es wäre aus meiner Sicht dagegen treffender, wenn Sie sagen würden: 

"Im seienden Denken wird das Seiende bewahrt. Das ist das 

Wertsein und Sosein eines sich selbst erscheinenden Seienden 

in der seienden Welt." 

Wenn Sie meinen: 

"Ich halte es für einen selbstwidersprüchlichen Gedanken, es ließe 

sich ein körperloses Ur-Bewegen zu denken. Das einzige, was 

sich widerspruchsfrei auffinden läßt, ist Bewusstsein, während 

Bewegung, wie Sie sagen, widersprüchlich ist und sich daher immer 

widerlegen lässt. Wie NAGARJUNA zeigt, sind Entstehen, Stehen 

und Vergehen nichts als Truggebilde ". 

Dann haben Sie sich eben für die sprachliche Dialektik des ZENON entschieden 

und das Bewegen eben "weggeredet". 

Ganz ähnlich machte dies ja auch NAGARJUNA. 

Es ist ganz ehrenwert, als Anwalt für das „Sein“ aufzutreten. Man leistet 

aber einen Bärendienst, wenn man dabei glaubt, das „Seiende“ vernichten 

zu müssen. Dabei wird dann meist das Seiende auf das Stoffliche reduziert 

als gäbe es nur ein Bewegen von stofflichen Körpern. 

Dieses Denken nimmt die Ruhe und die Widerspruchsfreiheit, die 

es im Seienden nirgendwo gibt, als Wahn für das Denken als 

Grundlage. 

Woher stammt denn dieser Wahn?

306 

Dies ist mir zu einfach. Es lädt doch bloß zum genussvoll träumenden Abnicken 

ein, es ist aber trotzdem bloß eine "Denk-Falle" mit verlockendem 

Käse. 

Im übrigen, das einzige, das sich widerspruchsfrei auffinden lässt, 

das ist die bloß widerspiegelnde Achtsamkeit. Das Bewusstsein 

selbst ist voll von Widersprüchen und lebt in seiner Orientierung 

nur vom "Beachten von Widersprüchen". 

Hätte das Bewusstsein keine Widersprüche, dann könnte und bräuchte es 

nicht zu denken. Dann wären Sie bei der "Leere" von NARGAJUNA. 

Aber in dem Augenblick, wo sie über diese "Leere" reden, brauchen 

Sie, um der sprachlichen Argumentation wegen, gerade die 

"Widersprüche", sonst könnten Sie sich gedanklich gar nicht 

"bewegen". 

Das zu verachten und zu negieren, wovon das Denken lebt, nämlich die 

"seienden Widersprüche", bedeutet so viel, wie "geistigen Selbstmord". 

Aber auch dieser ist in der "Vogelfreiheit" der Menschen "zugelassen".

307 

Zenon und Nagarjuna 

Nun kommen wir dem Unterschied näher. 


"Indem das Denken durch sein Tun das Seiende immer weiter 

entfaltet, macht es seine einzig mögliche Bewegung in Richtung 

auf das Sein hin, erreicht es aber nicht. Ist es damit unerheblich, 

mit welcher Sorgfalt es das Sein als Seiendes bedenkt? Nein, man 

kann Unmögliches denken. Man sollte dies durchaus tun, als Experiment, 

aber den Faden aus dem Labyrinth dabei festhalten. " 

Das Denken ist "seiend". Insofern man denkt, vermehrt man sein "seiendes 

Wissen über das Seiende". 

"Entfalten" würde man dieses Wissen aber nur, wenn in jenem 

Wissen, welches als bereits vorhanden bedacht wird, das Ergebnis 

jenes Über-Denkens schon vorweg "eingefaltet" wäre. 

Was nun aber das "Seiende" insgesamt betrifft, das vom Denken bedacht 

wird, so wird dieses "Seiende" vom Denken selbst nicht verändert, also 

auch nicht "entfaltet". 

Die Umgestaltung des "Seienden" erfolgt nur über das Tun, welches 

im praktischen "Umgang mit dem Seienden" Gedanken 

objektiviert. 

Das Denken kann auch irren, bzw. wie Sie es sagen, „Unmögliches bedenken“, 

bzw. phantasieren. 

Eine solche Phantasie ist es auch, dass man über das "Bedenken 

des Seienden" sich "in Richtung auf das Sein bewege". 

Das Denken bewegt sich bloß in Richtung auf ein "Ganzen des Seienden", 

das aber weder "ist" noch eingefaltet "vor-liegt". 

Dieses spekulativ erdachte "Ganze des Seienden" ist doch nicht 

das, was man als "Sein jedes einzelnen Seienden" gewahren 

kann.

308 

Um dieses "Sein im Seienden" zu gewahren, bedarf es aber keines Denkens, 

bzw. über das Denken lässt sich dieses "Sein des Seienden" niemals 

gewahren: 

• das Denken landet bestenfalls bei einem in fernste Zukunft geschobenen 

Phantasiegebilde eines "Ganzen des Seienden"; 

• oder es landet beim "Untergang eines bestimmten Seienden in 

der Zeit", welcher dann als "Nichts" ebenfalls erdacht wird. 

Dieses "Nichts" kann aber, wie PARMENIDES bereits erkannt hat, „nicht sein“. 

Wenn Sie nun sagen: 

"ZENON und NAGARJUNA stellten das Denken auf die Probe. 

NAGARJUNA ging es dabei um das Sein. Die verunsichernde Wirkung 

ist noch heute seinem Denken zu entnehmen. Unsicherheit 

ermöglicht Wach-werden", 

so ist das schon richtig, dass sie nämlich nur das Denken auf die Probe 

stellten, aber: 

• das, was beide nämlich als "Denk-Falle" vorlegen, ist eben als 

"Erdachtes" unbrauchbar; 

• sie verkaufen es aber so, als hätten sie nicht "das Denken auf 

die Probe gestellt", sondern das "Seiende" mittels eines (unbrauchbaren) 

Denkens geprüft. 

Ganz ähnlich ist das Verfahren der Atheisten: 

• diese stellen vorher einen Pappkameraden, als "ihre Vorstellung 

eines Gottes", auf; 

• und versuchen diesen dann mit ihrer "Denk-Akrobatik" abzuschießen.

309 

Ur-Bewegen 


"Mittlerweile glaube ich zu ahnen, worauf Sie mit Ihrem Stichwort 

vom "körperlosen Urbewegen" deuten wollen. 

Es lässt sich sprachlich nur kaum sagen, denn meiner Ansicht ist 

es gerade Kennzeichen eines körperlosen Urbewegens, dass sich, 

indem sich alles verändert, nichts verändert. Weder ist ein Körper 

feststellbar noch ein Grund, denn dieses Urbewegen ist nicht gegenständig. 

Aber ist dies ein Kennzeichen?" 

Dieses Urbewegen ist sehr wohl "gegenständig", denn es ist in sich selbst 

"polar", bzw. widersprüchlich, und sein Bewegen verändert eben alles "Seiende". 

Was verbindet und für ein Verändern gar nicht zur Disposition 

steht, das ist das "alles Seiende verbindende und erfüllende 

Sein". 

Dass es „seiende Widersprüche“ gibt, das "weiß" ich nicht, weil ich es mir 

"erdacht" habe, sondern weil es sich "ergibt", wenn ich eine "Soheit" 

schauend sie zur Sprache bringen will und dabei "zwangsläufig" im realen 

"Feld" (im realen Spielraum der Chancen für Verwirklichungen) dort die 

"Fugen" aufspüre. 

Einen Widerspruch sich als seiend zu "erdenken", das ist geradezu 

"unmöglich", da es je die Regel des Denkens ist, keinen Widerspruch 

als seiend "gelten" zu lassen. 

Deswegen ist es für mich gar nicht so erheblich, ob sich im Denken Paradoxien 

und Widersprüche "ergeben". Auch der "seiende und vorerst schlüssige 

Wahn" erweist sich ja letztlich auch als Paradoxie oder als unbeweisbar. 

Für mich wäre daher ein aufgedeckter Widerspruch eher ein Hinweis 

darauf, dass auch hier die Chance besteht, dass gerade der 

"gedanklich aufgespürte" Widerspruch als "Gegensatz" einen 

"heuristischen Wert" hat. 

Der "gedanklich sich zeigende Widerspruch" kann sich nämlich: 

• sowohl auf einen Regelverstoß des "seienden Denkens", der e- 

ben auch "zugelassen" ist, beziehen;

310 

• als aber auch auf den "objektiven Widerspruch", welcher gerade 

"bedacht" wird und an dem eben gerade das "regelgerechte" 

Denken "scheitert", weil es sich zum "bedachten Seienden" in 

einen "seienden Gegensatz" stellt und so seinen "Fugen" gar 

nicht nachgehen, d.h. sich an ihn nicht anschmiegen kann. 

Was nun mein "körperloses Ur-Bewegen" betrifft, so ist dieses "Ur- 

Bewegen" nichts weiter als ein "Wahn", der als Steilvorlage mein Denken 

weiterbewegen will. 

Wenn ich nämlich der Auffassung bin, dass das Bewegen fundamentaler 

als Raum und Zeit ist, und auch meine, dass das Bewegen 

sich eben nicht in Raum und Zeit ereignet, sondern dass 

Raum und Zeit erst durch das Bewegen aufgespannt werden, 

dann ergibt sich für mich "gedanklich zwingend", zu versuchen, 

mir den "räumlichen" Körper, der sich "zeitlich" bewegt, aus dem 

Bewegen heraus zu erklären. 

Wenn ich also das Bewegen als "Soheit" schaue, dann weiß ich von seinem 

"so-seienden Wesen" vorerst eben nichts: 

• ich gewahre vorerst bloß einen Spielraum, in welchen viele Formen 

des Bewegens "zugelassen" sind; 

• das Fortbewegen eines bewegten Körpers ist hier bloß eine in 

diesem Feld realisierte Chance; 

• die Fugen dieses Feldes weisen aber auch in eine viel grundlegendere 

Form des Bewegens, auf die ich mich nun gedanklich 

hinzubewegen bemühe. 

Es gibt ja bereits gedankliche Konzepte, in denen eine "Urform" (als "Ur- 

Information") und auch ein "Urstoff" (als räumliche "Ur-Sache) anvisiert 

sind. 

Ich meine nun: 

• dass grundlegender als eine "Urform" oder als ein "Urstoff" eben 

ein "Ur-Bewegen" (als "Ur-Akt", oder als "Ur-Wirken" oder als 

"Ur-Energie") sei; 

• dann meine ich, dass diese "Ur-Energie" in sich selbst gegensätzlich 

(polar, widersprüchlich wie Yin und Yang) sei. 

Dieses seiende "Ur-Bewegen" ist aber als polare "Ur-Energie" (also auch 

hier in der Mikrowelt gedacht) nicht das "Sein", sondern das "elementarste 

Seiende", das ebenfalls nur deshalb ist, weil es vom "Sein" erfüllt ist.

311 

So sehe ich in diesem fundamentalen Mikro-Bereich des "Seienden" 

(d.h. des "Bewegens") das "Ur-Bewegen", d.h. die "Ur- 

Energie", vom "Sein" als der alles verbindenden und widerspiegelnden 

"Kraft" erfüllt. 

Die "Ur-Energie" ist also nur "seiend", weil sie vom "Sein" als der "Kraft" 

erfüllt ist. 

Aber weder das "elementarste kleinste Seiende", noch das Umfassendste 

"Ganze des Seienden" sind das "Sein". 

Sie sind aber nur deswegen "seiend", weil sie vom alles verbindenden 

"Sein" erfüllt sind. 

Über dieses "Sein" gibt es nicht mehr zu sagen, als seinen "Namen" 

und dass es "erfüllt", "verbindet", "widerspiegelt" und in 

jedem "Seienden" gewahrt werden kann, und dass es ohne "Seiendes" 

nicht gewahrt werden kann, und es daher bloß ein 

"Wahn" ist, ein jenseits des "Seienden" ein "wesendes" "Sein" 

anzunehmen. 

Dies bedeutet aber nicht, dass eine solcher "seiender Wahn", als "seiende 

Steilvorlage" für Denken und Tun, vorerst keine "seiende Bedeutung" und 

keine "seiende Wirkung", d.h. keine "seiende Energie" hätte. 

Auch dieser "seiende Wahn" ist nur deshalb "seiend", weil er 

„zugelassen“ und vom "Sein" erfüllt ist.

312 

Wie Gleichnisse auch irreführen 

Es ist interessant, wie mein Schmetterling-Gleichnis bei Ihnen angekommen 

ist, bzw. welche Denk-Bewegungen es bei Ihnen ausgelöst hat. 


"Die Raupenphase nehme ich als Verhaltensphase, in der situativ 

entscheidendes geschieht, die Schmetterlingsphase Ihrer Vorgabe 

entsprechend als Objektivation oder als Körper, mit der das Verhalten 

sequenziert, ein und auf den Punkt gebracht wird. 

Der Körper ist eine Symbolisation, die das Weitertragen einer 

Verhaltensänderung ermöglicht und Verhalten in sinnvolle Einheiten 

zerlegt, das Verhalten ist die Verwirklichung des Körpers, das 

das zum Ausdruck-Kommen des Signifikanten der aus dem Erfahren 

hervorgegangenen Änderungen ermöglicht. 

In der Verhaltensphase ist der Körper und damit gleichzeitig das 

Weitertragen selber als sich wiederholender Prozess der Wiedergabe 

gefährdet, in der Körperphase ist die Verwirklichung und 

Entfaltung des der verkörperten Erfahrung gefährdet." 

Sie interpretieren mein Schmetterling-Gleichnis also ganz anders, als es 

mir vor Augen schwebte. Dies zeigt wiederum, wie wenig auch Gleichnisse 

geeignet sind, etwas mitzuteilen. 

Ich dachte nämlich in dem Schmetterling-Gleichnis nicht an eine 

Trennung von Körper und Geist. 

Für mich war in dem Gleichnis die seiende Raupe das die Erfahrung fressende 

Bewusstsein, d.h. eben das sich dort bildende und sich abstimmende 

seiende Wissen . 

Die seiende Larve wäre dagegen die erstarrende unbewegliche Objektivierung 

des Wissens in Bild Wort, Schrift usw. 

Der seiende Schmetterling wäre dagegen die die Welt umgestaltende 

Handlungsphase des Menschen;

313 

Die seienden Eier wiederum die durch handelndes Begegnen spezifisch 

umgestaltete Welt, aus der dann im Gewahren erneut die Raupen des Bewusstseins 

schlüpfen. 

In dieser Metamorphose erleidet bloß der handelnde Mensch seinen 

natürlichen Tod, egal ob er in der Welt Eier legt oder nicht. 

Beides ist "zugelassen". 

Bei den seienden Eiern in der seienden Welt beginnen dann vermehrte 

und erneuerte Kreisläufe.

314 

Steilvorlage 

Sie fragen, wozu eine Steilvorlage nötig sei und meinen: 

"Gedankenvoll zu sein und Gedanken immer weiter zu entfalten 

ist für mich nicht erstrebenswert, denn so lange ich an Seiendes 

denke, gewahre ich nicht das Sein. Zu leben ist etwas völlig anderes 

als Gedanken vom Leben zu haben. 

Wenn es wahr ist, dass lebendig sein zur Bedingung hat, Gedanken 

vom Leben nicht weiter zu entfalten, sondern ziehen zu lassen, 

wozu brauche ich eine Steilvorlage für das Denken?" 

Meiner Ansicht nach ist es dagegen gerade nicht wahr, dass man Gedanken 

ziehen lassen müsse, um lebendig zu sein. 

Gedanken im Denken zu verarbeiten ist wie ein inneres Probe- 

Handeln, also eine "menschliche Probe-Lebendigkeit", um das Leben 

zu erhalten. 

Wer als Mensch ohne zu denken in den Tag hineinlebt, der lässt bloß andere 

für sich denken und schmarotzt am Voraus-Denken anderer. 

Dieses Vorausdenken kann natürlich irren oder selbstherrlich aufgebläht 

sein. Wer aber nur schmarotzend nicht mitdenkt, der darf sich auch nicht 

darüber beklagen, dass andere und schlechte Vor-Denker den Karren an 

die Wand fahren. 

Es ist meiner Ansicht auch nicht wahr, dass ich, solange ich an 

das „Seiende“ denke, das „Sein“ nicht gewahre. 

Ich kann nämlich überhaupt nur dann aus dem „Seienden“ selbstständig 

"herausdenken", wenn ich im "Selbst" stehe, d.h. wenn ich das "Sein des 

Seienden" bzw. das „Sein im Seienden“ gewahre. 

Ob dies nun das „Sein meiner seienden Gedanken“ oder das „Sein 

des mit meinen Gedanken bedachten Seienden“ ist, dies gilt es 

eben zu unterscheiden. 

Das Denken stört nämlich solange nicht, als es das „Seiende“ betrifft und 

dieses als Hintergrund der bedachten Gedanken auch "trifft".

315 

Wechsle ich aber den Hintergrund in dem ich z.B. mein „seiendes 

Wissen“ reflektiere, dann hat sich das „bedachte Seiende“ eben 

gewechselt, das aber dann sehr wohl auch sein „Sein“ hat. 

Was ich bei dieser „Wende zum Wissen“ (als etwas in mir „Seiendes“) verliere, 

das ist nicht das „Sein“, sondern bloß das mit jenem Wissen gemeinte 

„Seiende“, demgegenüber ich dann eben "daneben stehe", bzw. ins 

"Schwanken" komme, weil ich mich auf kein bestimmtes (aber geschiedenes) 

„Seiendes“ mehr konzentrieren kann. 

Das „Sein“ ist in einer Konzentration auf ein bestimmtes „Seiendes“ natürlich 

als „Sein“ in diesem bestimmten „Seienden“ leichter zu gewahren als 

das „Sein“ in einer "seienden Offenheit", die als „Wachheit“ auch meditativ 

hergestellt werden kann. 

Aber auch der „seiende Humor“ und die „seiende Selbst-Ironie“ 

hat ihr „Sein“, das von einer Meta-Ebene her gewahrt und als 

beglückend erlebt werden kann. 

Dies ist allerdings nicht so leicht zu erreichen. 

Dies wäre nämlich ein "geistesgegenwärtiges" Gewahren meines 

„schwankenden Danebenstehens“. 

Es geht eben auch bei der „Selbst-Ironie“ nicht darum: 

• nachträglich sein Danebenstehen bloß zu bemerken und dann 

nachträglich einen Gedanken darüber zu "haben"; 

• sondern im Danebenstehen dieses Danebenstehen gewahrend 

und bedenkend zu "sein". 

Diese Fähigkeit erscheint „unlogisch“, aber wir leben von und aus ihr, da 

wir vorwiegend aus unseren Fehlern, bzw. aus unserem Fehlen lernen, 

wenn wir es geistesgegenwärtig gewahren. 

Das ist das Wunder der Achtsamkeit. 

Nur Erinnerungen, die man hat, zu bearbeiten, ist ähnlich, wie die Welt nur 

mit guten Vorsätzen, die man hat, verändern zu wollen.

316 

So wird auch das Denken als "Probe-Handeln" immer mehr zu einem 

"selbstständigen" (zum im "Selbst" stehenden) "Probe-Sein", 

bzw. zum "Stehen im Sein des seienden Probe-Handelns".

317 

Über das Nicht-Seiende 


"Doch welche Vorsorge ist dies? Wo befindet sich das Voraus des 

Vorausdenkens? Wer kann an zwei Orten zugleich sein, einem e- 

xistierenden im Jetzt und einem nicht-existierenden im Voraus?" 

Hier denken sie in der "Falle des Zenon". Sie unterstellen nämlich, an einem 

Ort zu sein, und kommen dann aus diesem gedanklich selbst gebauten 

Schneckenhaus nicht mehr heraus. 

Dann leiten Sie zwei Fragen ein, indem Sie schreiben: 

"Im Denken verwebe und verwirre ich bewegend eine auseinandergesetzte 

Soheit in nicht vorhersagbare Strukturen, die teilweise 

als Eigenstruktur und als Fremdstruktur anfällt. 

Wenn der Läufer das Rennen gewinnt, woran hat es gelegen, an 

ihm, an der Konkurrenz, am Laufen? An dem Seienden oder an 

dem Nicht-Seienden, an beidem, weder an dem einen noch an 

dem anderen?" 

Wenn Sie diesen Fragen nachgehen, sollten Sie sich fragen, was das 

"Nicht-Seiende" in Ihrem Denken eigentlich sein soll. 

Es gibt gedanklich nur ein "Nicht-Seiendes", wenn Sie gedanklich 

das "jeweils Seiende" als Ort vom "Ganzen des Seienden" 

trennen, bzw. wenn Sie im "Ganzen des Seienden" das "derzeit 

Seiende" vom "nicht mehr Seienden" und dem "noch nicht 

Seienden" trennen. 

Um aber das "Nicht-Seiende" gedanklich näher zu bestimmen, müssen Sie 

weiterdenken: 

• soll das "Nicht-Seiende" nur das "noch nicht Seiende" sein? 

• oder gehören zum "Nicht-Seienden" auch jene jeweils im 

"Spielraum der Soheit" konkret seienden Chancen, die nie verwirklicht 

wurden und werden? 

Was nun das "Nicht-Vorhersagbare" betrifft, so ist in der "Soheit" sehr wohl 

etwas "vorhersagbar". 

Erinnern Sie sich an das Lob, das ich erhalten habe, nämlich:

318 

• hinsichtlich der angeblichen "Nicht-Vorhersehbarkeit" dessen, 

was bei mir als Handlung kommt; 

• und der "Sicherheit im Nachhinein" in der Feststellung, dass 

das von mir Realisierte für mich typisch gewesen sei. 

Diese Qualifikation, so zu erscheinen, musste ich mir aber bitter erwerben: 

• eben weil in den Augen meiner Gegner sehr wohl voraussagbar 

war, was bei mir nicht kommt, was ich nie tun würde. 

Es war also: 

• "vorhersehbar", was "nicht zugelassen ist"; 

• aber es war "nicht-vorhersehbar", was alles "zugelassen" 

ist. 

Dies alles hängt aber nur von meiner "Soheit" ab. 

Was allerdings von dem, "was zugelassen ist", dann verwirklicht 

wird, erst dieses hängt auch von den Umständen und der Voraussicht 

ab.

319 

Über Objektivierungen 

Ein kleiner Nachtrag zu Ihrer Sicht. 


"Im Gewahren finde ich mich mit allem, was zu dieser Wirklichkeit 

gehört, verbunden. Die Negation dieser Verbundenheit, die 

ich erfahren kann, ist der erste Kardinalfehler des Denkens. Hier 

bezahle ich für das Konkrete, das ich aus der Basiswirklichkeit 

selber mache. 

Dieser Preis ist sehr hoch! Denn zu denken und dabei diesen Kardinalfehler 

nicht mitzubedenken macht bekanntermaßen krank." 

Dieser Sicht stimme ich zu, aber ich würde es anders sagen: 

"Im Gewahren finde ich mich einerseits mit allem Sein verbunden und 

andererseits dem, was zum gewahrten Seienden gehört, aber gegenüber. 

Dieses gewahrte Gegenüber aufzunehmen ist Voraussetzung des 

Denkens. 

Der Verlust jener Verbundenheit aber, die ich selbst seiend erfahren kann, 

und das nicht Gewahren der Seins-Verbundenheit des eigenen seienden 

Denkens, ist der Kardinalfehler des entfremdeten Denkens. 

Hier bezahle ich für das Abstrakte, das ich aus der Basiswirklichkeit 

selber mache. 

Dieser Preis ist sehr hoch! 

Er ist aber, um der Kommunikation Willen, vorübergehend zu 

bezahlen, wenn sich nämlich das Denken, z.B. in Wort und Schrift 

objektivieren muss. 

Aber die auf diese Weise objektivierten Gedanken dann als "vermitteltes" 

Seiendes aufzunehmen und dabei jenen Kardinalfehler, der nur um der 

Objektivierung Willen gemacht werden musste, nicht mitzubedenken, 

das macht bekanntermaßen krank. 

Das seiende Gehirn, das in seiner Seins-Verbundenheit zum Gewahren 

fähig ist, ist dann nämlich bloß ein Blatt Papier oder 

ein PC, der mit Gedanken beschrieben ist, wo diese eben ohne 

Durchblick auf das bedachte Seiende objektiviert sind ."

320 

Karma 

Nun muss ich tief Luft holen, denn ich muss mir einiges vorerst in meine 

Sprache übersetzen. 

Verstehe ich Sie recht: 

• dass für Sie die "Soheit" als "Wesen" die "Substanz" ist; 

• die „im Spielraum verwirklichte Aktualität“ ist für Sie dagegen die 

„Form“. 

Weiter nehmen Sie an, dass die "Substanz" sich nicht bewege, obwohl sie 

als unterscheidbares „Wesen“ ein "Seiendes" ist. 

Für mich ist die "Substanz" das "Sein", welches jedes "Seiende" 

erfüllt. Nur dieses "Sein" bewegt sich nicht und ist das "Selbe". 

Alles, was dagegen als "Seiendes" vergleichbar ist, das bleibt sich bloß 

"ähnlich". 

Ist dessen "seiende Trägheit" besonders groß, dann bleibt es 

"scheinbar" "gleich". 

Nur unter dem "Gesichtspunkt der Praktikabilität" kann das Bewegen, 

d.h. das „träge Verändern der Soheit" vernachlässigt werden. 

Wie wir bei einem in die Luft geworfenen Stein ja auch davon 

sprechen, dass er "gleich" bleibe, weil wir die Veränderungen im 

Begegnen mit der Luft (und auch anderes) vernachlässigen, und 

trotzdem treffsicher agieren können. 

Ihren Satz: 

"Impliziert ein Wandel der Form einen Wandel der Wirklichkeit? 

Nein, denn trotz des Wandels der Form wird in der Substanz die 

identische Wesenheit erkannt, nämlich daran, was sie eindeutig 

nicht ist." 

verstehe ich nicht. 

Meinen Sie damit, dass die "Form eines Gedankens" nicht die "Form der 

Wirklichkeit", die er bedenkt, verändert?

321 

Was meinen Sie mit einer "Wesenheit", die in einer "Substanz" erkannt 

werden kann? 

Man kann doch nur in einem „Wesen“ (als einem unterscheidbaren 

„Seienden“) die alles verbindende „selbige Substanz“ gewahren. 

An sich selbst kann man doch sehr wohl gewahren: 

• dass sich die eigene "Soheit" auch ändert, wenn auch träge; 

• und letztlich wirken auch die "Verwirklichungen im Spielraum", 

d.h. die Taten, als "Karma" zurück.

322 

Die Brauchbarkeit von Gleichnissen 

Ich komme auf einen Gedanken zurück, den ich in einem meiner letzten 

Mails über die Brauchbarkeit von „Gleichnissen“ geäußert habe. 

Hier sind wir nämlich an einem Punkt angelangt, wo es sich „entscheidet“, 

worüber man letztlich redet: 

• redet man über „Seiendes“ und wie dieses „Seiende“ zu seinem 

„Bewusstsein“ kommt, und was alles an „Seiendem“ hier 

mitwirkt, bzw. wie das „seiende Denken“ im „seienden Bewusstsein“ 

auch irren und daher das Handeln fehlleiten kann, usw; 

• oder versucht man die „Einheit und den Unterschied“ von 

„unmittelbarem Gewahren“ und „vermittelten Wahrnehmen“ zu 

verdeutlichen. 

Über alles „Seiende“ lässt es sich relativ leicht mit „Begriffen“ und „Gleichnissen“ 

reden. Schwierig wird es dagegen, über das „Sein“ zu reden, dessen 

Fülle jedes „Seiende“ bedarf, solange es eben „seiend“ ist. 

Wie lässt sich diese „Fülle des Seins“ vom „Wechselwirken 

des Seienden“ sprachlich differenzieren? 

Wenn man „Seiendes“ als „Bewegen“ auffasst, dann sollte man eben auch 

den treibenden „Widerspruch“ ins Auge zu fassen: 

• zwischen „dem Begehren zu beharren“ einerseits; 

• und „der Unmöglichkeit vor Ort zu ruhen“ andererseits; 

was sich im „Bewegen“: 

• einerseits in der „quantitativen Trägheit“; 

• und andererseits im „qualitativen Ändern“ des Bewegens zeigt. 

Somit gibt es aus dieser Sicht kein „Seiendes“, das man als „Substanz“ bezeichnen 

könnte, sondern es gibt nur „Bewegen“ mit unterschiedlicher Beharrlichkeit. 

Nun wird aber aus einer Praktikabilität heraus die „quantitative 

Trägheit“, wenn sie ein bestimmtes Ausmaß erlangt hat, gedanklich 

als sog. „Substanz“ angesehen, und aus dem deutlich veränderbaren 

„Qualitativen“ die sog. „Form“ gemacht. 

Wenn man also die Unterscheidung zwischen dem „Sein“ (der „Substanz“) 

und dem „Seienden“ aus Gründen der Praktikabilität glaubt ignorieren zu

323 

können und dann im „Seienden“ selbst etwas „träge Veränderliches“ als 

„Substanz“ erklärt, dann wüsste ich nicht, wie man mit dieser Begrifflichkeit 

die „erfahrbare und seiende Unmittelbarkeit“ erklären könnte. 

Um diese „unbeschreibliche Unmittelbarkeit“, die auch Sie als 

„Geheimnis“ bezeichnet haben, geht es bereits seit langer Zeit. 

Wenn man die Reden von GAUTAMA BUDDHA liest, dann trifft man immer 

wieder auf die Meinung von BUDDHA: 

• „dass durch Gleichnisse manchem verständigen Manne der Sinn 

der Rede (über das „Geheimnis“) klar werden würde“. 

Auch in der CHRISTLICHEN TRADITION treffen wir auf eine Skepsis gegenüber 

„Gleichnissen“. 

Hier gewinnt man aber auch den Eindruck, dass man auch in „Gleichnissen“ 

deshalb rede, damit jeder irgendetwas „für sich“ verstehe, und dann 

„glaube“, das Geheimnis verstanden zu haben. 

Durch das Reden in „Gleichnissen“ wird dann auch das „Geheimnis“ 

mehr oder weniger für die Eingeweihten esoterisch bewahrt. 

MARKUS berichtet über folgende WORTE JESU: 

„Wer Ohren hat, zu hören, der höre! 

Und da er allein war, fragten ihn die um ihn waren, samt den 

Zwölfen, über die Gleichnisse. 

Und er sprach zu ihnen: 

Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber 

draußen widerfährt es alles durch Gleichnisse, auf dass sie es mit 

sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden 

Ohren hören und doch nicht verstehen, auf dass sie sich nicht 

etwa bekehren und ihnen vergeben werde. 

Versteht ihr dies Gleichnis nicht, wie wollt ihr dann die anderen 

alle verstehen? 

Der Sämann sät das Wort. 

Das aber sind die anderen Wege; wo das Wort gesät wird, und 

wenn sie es gehört haben, so kommt alsbald der Satan und 

nimmt das Wort weg, das in sie gesät wart.“ (MARKUS 4/9-15) 

„Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, 

wie sie es zu hören vermochten. 

Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; 

aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.“ 

(MARKUS, 4/33-34) 

Deutlicher noch wird dies im MATTHÄUS-Evangelium berichtet:

324 

„Und die Jünger traten zu ihm und sprachen: 

Warum redest Du zu ihnen in Gleichnissen? Er antwortete und 

sprach: 

Euch ist’s gegeben, dass ihr die Geheimnisse des Himmelreiches 

verstehet, diesen aber ist’s nicht gegeben. 

Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer 

aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat. 

Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. 

Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren 

hören sie nicht; und sie verstehen es auch nicht. Und an ihnen 

wird die Weissagung JESAJAS erfüllt, die da sagt (JESAJA 6/9- 

10) 

‚Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet es nicht verstehen; 

und mit sehenden Augen werdet ihr sehen und 

werdet es nicht erkennen. 

Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren 

hören übel, und ihre Augen schlummern, auf dass sie 

nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören 

und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, 

und ich ihnen hülfe.’ 

Aber selig sind eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass 

sie hören. 

Wahrlich ich sage euch: 

Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr 

sehet, und haben’s nicht gesehen, und zu hören, was ihr höret, 

und haben’s nicht gehört.“ 

(MATTHÄUS 13/ 10-17, vgl. auch JOHANNES 12/34ff)

325 

Fünf pathische Kategorien 

Über Ihr Mail habe ich mich sehr gefreut. 

Sie haben eine wichtige Bergetappe hinter sich. Nun kommt die Talfahrt 

der "Raupen", wo alles (im "Bewusstsein") "scheinbar" wie von selbst 

läuft. 

Bei der Talfahrt ist nun aber eine andere Qualifikation gefragt, als bei der 

Bergfahrt, damit es einen hier nicht aus der Kurve trägt. 

So begegnet man beim mühsamen Anstieg auch einem ganz anderen 

"Willen" als bei der Abfahrt. 

Auf beiden Strecken läuft man aber Gefahr, "ins Bewusstsein abzudriften 

und sich dort zu verlieren". 

Beim Anstieg kann dies allerdings auch nützlich sein, weil über Vorstellungen 

eventuell sogar autonom geschützte Energie-Reserven mobilisiert werden 

können. 

Bei der Abfahrt, wo es um den "Willen im Steuern und Bremsen" 

geht, kann dieses Phantasieren aber verheerende Folgen haben. 

Das Leben ist ja, wie das "Schmetterling-Gleichnis" veranschaulichen 

sollte, ein Kreislauf, nun im "Gleichnis der Radrundfahrt" ist es ein "ständiges 

Auf und Ab", was in den einzelnen Phasen ganz unterschiedliche Qualifikationen 

und auch andere Arten des sog. Willens in den Vordergrund 

rückt. 

Betrachtet man das Bewegen selbst, und unterstellt man bereits dem Bewegen 

so etwas wie einen Willen, dann wird nämlich bereits dort deutlich, 

dass dieser Wille eine "Spannung" und kein "Etwas" ist: 

• einerseits ist nämlich das Bewegen "träge" und "will" beharren;

326 

• andererseits „muss“, bzw. "will" es zwangsläufig weiter, um 

eben beharren, d.h. existieren zu "können". 

Jedes "seiende" Bewegen "beharrt gleichförmig" in ihrem Bewegen bis 

es im "Wechselwirken" einem anderen Bewegen "begegnet". 

Wenn Sie nun schreiben: 

"In LYDIA BRÜLLS ‚Einführung in die japanische Philosophie’ lese ich 

zu NISHIDA KITARO auf den S. 161,162: 

'Das Wesen des Bewusstseins liegt im Willen, nicht in der 

Intention. Intention ist nichts anderes als ein schwaches 

Wollen. 

Daß man meint, die Intentionalität sei das Wesen des 

Bewusstseins, kommt daher 

Da Wollen wissendes Wirken und wirkendes Wissen ist, 

gehört es zu einer ganz anderen Gattung, als das bloß 

theoretische Verhalten, als die bloße Intention eines Gegenstandes. 

Das wissende Ich schaut das wirkende Ich an, d.h., es 

sieht die Veränderung des Ich. 

Was bedeutet nun für ein solches wissende Ich, das "ich" 

wirke? Das wirkende Ich ist die Kontinuität eines so wissenden 

Ichs. Das wirkende Ich schließt das wissende ein. 

Das Bewußtsein hat also erst im Handeln seinen Inhalt." 

Dies ist zwar eine gut gemeinte, aber meiner Meinung nach doch sehr grobe 

Vereinfachung. 

Fasst man das Problem des Willens nämlich erst beim "Bewusstsein", 

bzw. beim "Wissen", dann darf man aber die Herkunft des 

Wissens nicht ausblenden. 

Es gilt eben auch das Wechselwirken des Wertseins und des Soseins im 

"Erleben" zu gewahren: 

• wo also das Wertsein das selektiert, was dann als Sosein zum 

Wissen wird,

327 

• und was dann als "wertseiendes Wissen" sowohl das "Handeln", 

als auch das "suchende Gewahren" und vor allem das "Interpretieren 

des Gewahrten" mitbestimmt . 

Es ist doch bloß ein Wortspiel, wenn man formuliert, dass das "Wollen" sowohl 

ein "wissendes Wirken" als auch ein "wirkendes Wissen" sei und dass 

das "Ich", als das "Subjekt des Wollens", dann "logischer" Weise als 

"wirkendes Ich" auch ein "wissendes Ich" sei. 

Diese Gedanken sind doch keine originär fernöstlichen Gedanken, sondern 

sie sind der Ausfluss eines westlich geschulten japanischen Geistes: 

• der anstrebt, das japanische Denken im westlichen Geiste 

zu modernisieren; 

• und der dann eben versucht, das japanische Denken im Geiste 

des Idealismus Schopenhauers zu reformieren. 

In jener Zeit galt eben die japanische Tradition überhaupt nichts mehr. 

Man öffnete sich dem Westen, holte westliche (auch deutsche) Lehrer ins 

Land und glaubte dadurch, mit dem Abendland endlich geistig mithalten zu 

können. 

Der Unterschied zwischen: 

• einem "Willen als Kind einer begehrenden und auf eine wünschenswerte 

Zukunft bezogenen Vorstellung", was ich mit 

"Möchten", andere mit dem Wort "Intention" bezeichnen; 

• und einem "Willen", der sich auf das eigene "Können" und auf 

das "in der Situation Machbare" bezieht, den ich als "Willen" bezeichne, 

ist mir schon deutlich. 

Bei manchen Bergfahrten (aber nicht bei allen!) hat das Steilvorlagen gebende 

"Möchten" auch seine Bedeutung, bei der Talfahrt ist dagegen das 

"Wollen" immer angesagt. 

Im schwankenden Bewusstsein ist daher immer (also sowohl bei 

der Berg- als auch insbesondere bei der Talfahrt) ein "Steilvorlagen 

gebendes Möchten des Sollens" mit einem "Willen, der mit 

Augenmaß das eigene Können und sowohl die tatsächlichen 

Chancen des Dürfens, als auch die Grenzen des Müssens gewahrt" 

auszubalancieren.

328 

Das Problem des "Willens" lässt sich meiner Ansicht nach differenzierter 

durchleuchten, wenn man hierfür auch die "fünf pathischen Kategorien" 

von VIKTOR VON WEIZSÄCKER mitdenkt, nämlich: 

• das "Wollen"; 

• das "Können"; 

• das "Dürfen"; 

• das "Sollen"; 

• das "Müssen".

329 

Klettergarten 

Sie haben ja ROBERT REININGER schon auseinandergelegt: 

• einerseits haben Sie sein gewandtes geistiges Bewegen gesehen, 

welches ganz "undogmatisch den Ball laufen lässt"; 

• andererseits aber auch Ihr eigenes Unbehagen mit seiner Reduktion 

auf "subjektives Werten", d.h. auf das eigene Bewegen, 

bemerkt. 

Ich brauchte einige Zeit, um zu bemerken, dass ROBERT REININGER nicht im 

"freien Fels" klettert, sondern letztlich immer noch im "Klettergarten von 

Kant". 

Aber ich habe trotzdem hinsichtlich des geistigen Bewegens viel 

gelernt, indem ich ihm vorerst im "Klettergarten" nachkletterte 

und von "vorgefertigtem Griff" zu "vorgefertigtem Griff" 

mich emporstemmte, bzw. oft auch emporzog. 

In einem solchen "Klettergarten" lernt man natürlich, sich zu kräftigen und 

sich gewandt zu bewegen. 

Aber das Wahrnehmen für das echte Gelände bleibt unentwickelt, 

da man ja immer nur "vorgefertigte Halte-Stellen" sucht und 

dadurch in keiner Weise Erfahrungen, z.B. über die Brüchigkeit 

oder Festigkeit des Felsens, bekommt. 

Im "freien Fels" beginnt man dann also wieder von vorne, es sei denn: 

• man meidet diesen erneut und geht auch dort nur in "Klettergärten, 

die in den freien Fels hineingebaut wurden"; 

• und folgt dann dort wiederum nur den vorgegeben Routen, d.h. 

den "technisch hergestellten Fugen"; 

• und fasst nur an jenen Stellen Griff, die vom TÜV auf ihre Festigkeit 

"geprüft" wurden. 

Im letzten Mail habe ich den Unterschied zwischen dem, was ich als 

"Möchten" bezeichne, zu dem, was ich als "Wollen" benenne, angesprochen:

330 

• dies ist ein ähnlicher Unterschied, wie ich ihn zwischen "Aufmerksamkeit" 

und "Achtsamkeit" mache. 

Es geht dabei aber nicht nur darum, zu unterscheiden: 

• ob die "wankelmütige Fremdbestimmung" aus dem "vorstellenden 

Bewusstsein" oder aus der "Faszination der aktuellen Wirklichkeit" 

kommt; 

• sondern auch darum, zu beachten, ob diese Fremdbestimmung 

"als unbewusste Gewohnheit" aus der "eigenen Erfahrung heraus", 

oder aus der in mir aufgehobenen "phylogenetischen Erfahrung 

des Menschen" kommt, die mich ebenfalls als beharrliche 

Gewohnheit "fremdbestimmt", meist zu meinem Vorteil, a- 

ber auch oft zu meinem Nachteil, wenn diese Gewohnheiten keine 

echte Funktion mehr haben. 

Der Ausweg aus diesem Schwanken ist daher nicht: 

• "einfach nichts zu denken" und "die Gewohnheiten des 

Körpers zuschlagen zu lassen"; 

• sondern ein "im Selbst ständiges Gewahren" zu erreichen, 

was mir dann von einer "Über-Sicht" her eine "Einsicht in eine 

die Not wendende Balance" gewährt. 

In dieser Hinsicht könnte man auch HEGELS Meinung verstehen, dass "Freiheit 

die Einsicht in die Notwendigkeit" sei. 

Wie sieht dann aber in diesem Gedanken ein "Wille", oder sogar ein "freier 

Wille" aus? 

Beim "Möchten" ist es viel leichter, gedanklich voran zu kommen. 

Schon das schillernde Wort selbst zeigt in seiner semantischen 

Tiefe das Problem auf. 

In der Gegenwarts-Form (ich "möchte") weist das Wort auf eine Zukunft, 

auf ein "vorgestelltes Sosein, das man gerne wolle". 

In der Vergangenheits-Form (ich habe "gemocht", ich "mochte") schwindet 

aber der Bezug auf das "Sosein einer begehrten Zukunft" und es tritt das 

"damals aktuelle Wertsein" (wie es im "mögen" zum Ausdruck kommt) in 

den Vordergrund. Es liegt dann auch der Bezug zum "Können" (ich "vermochte") 

sehr nahe.

331 

Auch in der Sprache gibt es eben "technisch hergestellte 

Klettergärten", wo Kommissionen immer neue "Haltestellen" 

und "grammatikalische Routen" vorschreiben. 

Auch diese "Klettergärten" werden dann in den "freien Fels" (in die lebendige 

Sprache) hineingebaut, geschult, geprüft und festgeschrieben, was sich 

natürlich auch auf das Denken auswirkt: 

• welches dann nur mehr "lexikalisch festgelegte Griffe" sucht; 

• weil sich das "unmittelbare Wahrnehmen der Wirklichkeit" noch 

nicht entwickelt hat.

332 

Balancieren als Pendeln 

Sie sprechen einen zentralen Punkt an, wenn Sie schreiben: 

"Erfordert es nicht die Balance, sich auch für Ausgleichsbewegungen 

zu öffnen? Wenn Bewegung zu einer Objektivierung und zu 

eindeutigen Figur drängt, ist es nicht Aufgabe der Balance, die 

sich hieraus ergebenden Einseitigkeiten mitzuberücksichtigen und 

heilend in einer mitzuerfindenden Ausgleichsbewegung oder Gegenbewegung 

wieder einen Ausweg in den Stand zu eröffnen?" 

Auch hier geht es um den "Gegensatz von Führen und Folgen". 

Oft wird hier auch das "Fließen des Wassers" als Bild herangezogen, das 

ausweichend "folgt", aber gerade dadurch (sich in den Lücken sammelnd) 

enorme Kräfte des "Führens" entwickelt, und es dann scheint, als würde 

das "biegsame Schwache" das "harte Starke" besiegen. 

Um aber in seinem eigenen Bewegen "gewandt" zu werden, bedarf 

es nicht nur eines Loslassens, sondern auch einer Geschmeidigkeit 

des Bewegens selbst. 

Das Bewegen muss selbst mehr Freiheitsgrade, z.B. "Gelenke 

der Beweglichkeit", bekommen, um sich anschmiegen zu können. 

Ein Beispiel: 

Fädeln Sie auf einen Faden zwei Röhren auf und halten dann den Faden 

oben fest, so dass er senkrecht hängt und pendeln kann. 

Sie werden dann ein Pendeln mit nur einem Gelenk bekommen, 

welches noch sehr grob und eckig schwingt. 

Nun zerschneiden sie die beiden Rohrteile zunehmend in immer mehr Teile 

und fädeln dann dieses (immer wieder in kleinere Teile zerschnittene Rohr) 

immer wieder auf den Faden und beobachten dann jeweils das Pendeln. 

Das Pendeln (Balancieren) wird immer flüssiger. Sie haben nämlich 

in der vorerst groben Ordnung des Rohrs immer mehr Fugen 

frei gelegt und dadurch in der Ordnung immer mehr Freiheit 

geschaffen.

333 

Begegnet nun diesem Pendeln ein seitlicher Widerstand, dann umfließt das 

eigene Pendeln als Ausgleichsbewegung die Störung immer mehr. 

Auch unsere Sinnlichkeit ist auf solch einem sanften Pendeln aufgebaut, 

welches im Begegnen mit der Welt keine argen Karambolagen 

erzeugt, und dadurch (die Welt umfließend) die Grundlagen 

des Wahrnehmens "heimholt".

334 

„flow“-Erlebnis 

Ich möchte an der HEIDEGGER-ÜBERSETZUNG, mit der Sie Ihr letztes Mail beschließen, 

etwas "herumreden". 

Sie schrieben: 

"Noch ein Versuch der Übersetzung von Parmenides durch Heidegger: 

‚Nicht nämlich gesondert vom Anwesen des Anwesenden kannst 

du ausfindig machen das In-die-Acht-nehmen: Seiendes seiend." 

Diese Übersetzung drückt wohl aus, das es getrennt vom "Seienden" kein 

"Sein" gibt. 

Aber wenn Sie den Satz umformulieren in: 

"Nicht nämlich gesondert vom Wesen des Wesenden kannst du 

ausfindig machen das In-die-Acht-nehmen: Seiendes seiend." 

dann öffnet sich die Möglichkeit einer weiteren Formulierung. Da nämlich 

HEIDEGGER vom "Anwesen" spricht, liegt es nun logisch nahe, auch von einem 

"Abwesen" zu sprechen. Hier würde dann der Satz lauten: 

"Nicht nämlich gesondert vom Abwesen des Abwesenden kannst 

du ausfindig machen das In-die-Acht-nehmen: Seiendes seiend." 

Das „Nicht-Sein“ kann eben „nicht sein“. Deswegen ist auch das „Abwesende“ 

„seiend“. Der „Tod im Seienden“ ist daher kein „Nichts“, das man als 

„Sein“ identifizieren könnte. 

Nimmt man nun die erste Übersetzung ernst, dann wird dort unterschieden 

zwischen dem "Anwesen" und dem "In-die Achtnehmen" 

und dann deren Einheit behauptet. 

Daraus würde nun wieder folgen, dass nicht nur das "Anwesen des Anwesenden" 

seiend, sondern auch das "In-die-Acht-nehmen" seiend ist. 

Das "In-die-Acht-nehmen" wird von mir als "seiende Achtsamkeit" 

(welche in ihrem Sein das Seiende widerspiegelt) vom "Wesen

335 

des Seienden" (von seiner "Soheit") unterschieden, welches im 

"seienden Wechselwirken" entsteht. 

Wenn ich nun auch den Gedanken von PARMENIDES hinzuziehe, dass "Denken 

Sein sei", so bedeutet dies meiner Ansicht nach nicht, dass dieser 

Gedanke umkehrbar ist, etwa zu der Behauptung, dass "Sein Denken 

sei". 

Der Gedanke sagt meiner Ansicht nach nur, dass auch das Denken 

seiend sei, welches man als ein Seiendes eben auch "Indie 

Acht-nehmen" kann. 

Genau so, wie das "In-die-Acht-nehmen" als ein "Seiendes" sich 

selbst "In-die-Acht-nehmen" kann. 

Hinsichtlich des „flow-Erlebnisses“ schreiben Sie: 

„Sie ziehen das Fließen des Wassers als Bild heran, und es ergibt 

sich der Begriff der Lebendigkeit. Man kann auch an "flow"- 

Erlebnisse denken. 

Aber wann ergeben sich flow-Erlebnisse? Die Situationen des Lebens, 

in denen solches erfahrbar ist, sind begrenzt.“ 

Wenn sich nun das "Erleben des Seins im Seienden" selbst in die Acht 

nimmt, dann kann dieses "Erleben" dann auch in dem "vom Erleben in 

die Acht genommenen Seienden" verweilen. 

Es kann aber auch beim "In-die-Acht-nehmen" das "Wertsein 

dieses Erlebens" fokussieren und dieses selbst als "Seiendes" 

festhalten. 

In diesem Falle entsteht aus dem "fließenden Erleben" ein "um sich selbst 

kreisendes Erlebnis", von dem dann entzückt berichtet werden kann und 

das dann Ziel für weitere Bemühungen wird, wie es ja im individualistischen 

Hedonismus der Fall ist. 

Diese festhaltende Umwandlung in ein "Erlebnis" entsteht leichter 

im "spektakulärem Erleben", oft in Zufällen und in extremen 

Situationen. 

Dies ist Chance und Gefahr zugleich.

336 

Deswegen wird, da es letztlich um das "Verweilen im Erleben beim Erlebten" 

und nicht um das "Konsumieren von abgehobenen Erlebnissen" 

geht, oft gefordert, das "Sein im faden Seienden" zu suchen, das einem 

nicht so schnell im „flow“ (im Sinne von Flut) aus der Fassung bringt. 

Man braucht also Gelassenheit, um im "Sein des Seienden" fließend 

verweilen, bzw. balancieren zu können.

337 

Schlafwandler 

Sie haben angemerkt: 

"Sie gebrauchen das Bild des Schlafwandlers und sagen, dass Sie 

sich selbst in dem Ihnen als gelungen erscheinenden Tun gar 

nicht frei fühlen. 

Ein paradoxes Bild. Der Schlafwandler mag vielleicht nicht frei im 

Sinne eines selbstbewußten Denkers sein, aber er überquert das 

Dach sicher, ohne zu fallen, während der Denker sich möglicherweise 

als befreit sieht, dafür aber leicht stürzt." 

Hierzu meine "erinnernde Vermutung". 

Wenn man als Kind, das seine ersten Gehversuche macht, an der Hand eines 

Erwachsenen die ersten Schritte in seinem Leben macht, dann fühlt 

man sich doch in diesem Gelingen "so frei wie nie vorher und selten 

nachher in seinem Leben". 

Die bis dahin nur "gehaltene Geborgenheit" in den Armen des Erwachsenen 

bekommt nun eine neue Qualität, die Qualität eines 

"geborgenen und leicht geführten eigenen Balancierens". 

Erst in der Pubertät meidet man dann trotzig diese Geborgenheit: 

• um es nun ganz alleine zu machen; 

• später lässt man sich dann auch nichts mehr sagen, weil man 

alles alleine entdecken will. 

Das Balancieren gerät dadurch in Bereiche, in denen man viel Lehrgeld bezahlen 

muss. 

Aber es bleibt nicht aus, dass man trotz des Meidens einer 

menschlichen Führung, insbesondere beim Gelingen in schwierigen 

Situationen, Ähnliches gewahrt, wie einst, als man von den 

leiblichen Eltern geborgen an die Hand genommen wurde. 

Man lernt dann eben ein "Hinhören neuer Art", das "Aufnehmen eines helfenden 

Einstellwirkens aus dem Umfeld", und ein "Verweilen in einer Geborgenheit", 

die alles von einem fordert, aber das Gelingen trotzdem als 

eine "Gemeinschafts-Produktion" gewahren lässt.

338 

Man sollte daher unterscheiden: 

• zwischen dem "pubertären Freiheitserleben", welches Bindungen 

abwehrt, was aber auch seinen Lebens-Sinn hat; 

• und dem "fundamental-kindlichen Freiheitserleben", welches 

sich beim Gelingen der geführten ersten Schritte im Leben 

einstellt und das im Leben immer wiederkehrt, auch wenn man 

es in einem zur Gewohnheit gewordenen und kultivierten "pubertären 

Freiheits-Wahn" nicht wahr haben will. 

Dieser "pubertären Freiheits-Wahn" bringt dann im "selbständigen" 

und "isoliert selbstbewussten" Denken unseren kulturell-gängigen Freiheitsbegriff 

zur Welt, welcher dann dem Wahn entsprechend auf einem 

"abgehobenen Freiheits-Erlebnis" beruht. 

Ganz anders verhält es sich beim Gedanken des "fundamentalkindlichen 

Freiheits-Erleben", das in einem "im Selbst ständigen 

Gewahren" gedacht werden "darf" und "kann".

339 

Im Klettergarten von Kant 

Sie beharren in Ihrem "unterscheidenden Denken" darauf, dass die 

"Unterschiede", die ein „Seiendes“ zu einem "Besonderen" machen, objektiv 

gar nicht gegeben wären, und dass erst das Denken in das „Seiende“ 

Unterschiede hineinprojiziere. 

Daraus folgern Sie dann, dass, wenn im Seienden etwas Besonderes gefunden 

wird, dies von einem "falschen Geist" des Gewahrenden zeuge. 

Oder verstehe ich Sie falsch, wenn Sie sagen: 

"Wird das Besondere gefunden und wahrgenommen, ist das schon 

der falsche Geist. Wahr ist vielmehr, daß nichts gesondert ist, und 

dennoch: diese Feststellung reicht allein schon aus, um wiederum 

mit einem Bewusstsein hieran erfolgreich anzuknüpfen." 

Mir scheint, dass in Ihrem Denken, wie in einer Offenbarungs-Religion, 

alles mit einem in den Raum gestellten Dogma beginnt. In Ihrem Fall mit 

der dogmatischen Behauptung, dass das Bewusstsein kein die Not des Lebens 

wendendes Werkzeug, sondern ein Widersacher des Lebens sei. 

Auf dieser "dogmatischen Denk-Basis" kommen Sie dann zu der weiteren 

Auffassung: 

"Für das Bewusstsein-haben reichen die geringsten Unterscheidungen 

und Wahrnehmungen aus. Lebendig sein heißt aber, nicht 

nötig zu haben, das Besondere aufsuchen und bewahren zu müssen 

oder wie Sie treffend ausdrücken, festhaltend das Sein des 

Seienden in seiende Erlebnisse umzuwandeln". 

Ich bin aber gerade der Meinung, dass ein "seiendes Erlebnis" sehr wohl 

auch sein "Sein" habe. 

Es wird ja kein "Sein" umgewandelt, sondern ein anderes "Seiendes" 

fokussiert. 

Im Falle des "Erlebnisses" wird eben ein "seiender Wirbel" im Menschen 

selbst fokussiert, "der sich vom weltoffen seienden Erleben ablöst" 

und sich dann als "Innerlichkeit" vorübergehend verselbständigt

340 

und in dieser Phase festzuhalten, d.h. als innerlicher "Griff" zu ergreifen" 

(zu "begreifen") gesucht wird. 

Aus Ihrer Position erwächst dann konsequent die dogmatische Lebensanleitung, 

dass man sich vom Bewusstsein und allen Erfahrungen trennen müsse, 

denn die Erfahrung verhindere das Erleben: 

"Das Festhalten bewirkt ähnlich wie beim Schmecken, dass ein 

anderes Erleben nicht möglich ist. Damit ich Geschmackswahrnehmungen 

haben kann, muss ich zunächst aus meine Geschmacksknospen 

alle Geschmacksstoffe entfernen. Lebendigkeit 

aber braucht offenbar kein Bewusstsein. Spülen wir den Geist 

aus, wie den Mund, wenn wir feine Geschmacknuancen erkennen 

wollen, wird sich die Freiheit eines zutreffenden und tiefen selbstständigens 

Gewahrens ergeben." 

Dieser dogmatische Denkansatz zwingt nun aber doch zum Heranziehen 

von Erfahrung, um ihn zu erläutern. Statt aber die zutreffende Erfahrung 

zu Rate zu ziehen, wird auf etwas Unzutreffendes ausgewichen. 

Beim Schmecken darf ich nämlich die Erfahrung gerade nicht 

weglassen, wenn ich "feine Geschmacksnuancen erkennen will." 

Beim Mundausspülen geht es ja doch nicht um das Beseitigen von Erfahrung 

und Bewusstsein, sondern um Reinigung dessen, was als 

Objekt empfunden werden soll. 

Bei Ausspülen beseitigen Sie doch weder die Erfahrung, noch ihr 

Schmeckorgan, sondern die Reste von dem, was außerhalb 

der Schmeckorgane ist und sich mit anderen (eben objektiv unterschiedenen) 

anders schmeckenden Objekten vermischen würde. 

Sie reinigen nicht sich selbst, sondern ihr Umfeld! 

Sie sind auch noch im "Klettergarten von Kant", wenn Sie ROBERT REI- 

NIGER in seiner Aussage zustimmen: 

"Wir fühlen uns dann zwar in jedem Erlebnisaugenblicke nach wie 

vor frei im Sinne von Selbstbestimmung, scheinen uns aber nur 

unfrei denken zu können im Sinne von Fremdbestimmtheit. Es 

rührt dies daher, daß ein gedachtes Ich schon Objekt geworden 

ist und damit aufgehört hat, wahrhaft ein Ich zu sein, während

341 

dieses Ich, auch als Subjekt seines Sich-selbst-Denkens, unberührt 

von seinen Objektivationen immer wieder miterlebt wird." 

Dies verhält sich meiner Erfahrung nach nämlich genau umgekehrt. 

Um sich "frei" zu fühlen, muss man doch vorerst wissen, was das 

Wort "frei" bedeuten soll. 

Seinen Wunsch-Inhalt hat das Wort "frei" aber gerade durch das "isolierthoffende 

Denken" und nicht aus der eigenen Erfahrung bekommen! 

Dieser "erdachte Wunsch" lässt sich nun aber im "logischen 

Denken" nicht bestätigen. Auch im logischen Denken treffe ich 

nämlich auf keine absolute Freiheit, wie sie als Wunsch-Idee 

erdacht wurde. 

Weil es nun eben (dem Klettergarten dogmatisch entsprechend) nicht 

wahr sein darf, dass es eine "absolute Freiheit" gar nicht gibt, wird das 

"Nicht-gewahren dieser absoluten Freiheit" nun dem Denken angelastet, 

welches das "gedachte Ich" zum Objekt mache, während, das "wahrhafte 

Ich" (als "Ding an sich") mit dem Denken aufgehört habe, als "wahres Ich" 

gewahrt werden zu können. 

Dieses "ausgeblendete Ich" sei es aber, das dann "unberührt 

von seinen Objektivationen" dann im Denken als "fremd" 

miterlebt werden würde. 

Also ganz ähnlich wie beim BARON VON MÜNCHHAUSEN, nur dass in diesem 

Märchen der BARON eben durch sein Denken so geblendet wäre, so dass er 

das "eigene Ziehen" an seinem Schopfe nun als einen "fremden Zug" 

wahrnehme und dann fälschlich glaube, dass ein Fremder ihn aus dem 

Sumpf gezogen habe. 

Es ist interessant, welche Märchenstunden im Klettergarten von 

Kant immer wieder veranstaltet werden.

342 

Tod und Nichts 


„Ihren Satz: ‚Der Tod im Seienden ist daher kein Nichts, das man 

als Sein identifizieren könnte’ finde ich sehr bemerkenswert.“ 

Mit diesem Satz meine ich: 

• dass der Tod einerseits „seiend“ ist; 

• andererseits aber als „Seiendes“, wie jedes andere „Seiende“ 

auch, sein „Sein“ hat. 

Es ist daher für mich nicht einleuchtend, wenn man den Tod als ein „Nichts“ 

mit dem „Sein“ identifiziert. 

Der Tod ist „seiend“ und hat sein „Sein“ wie jedes andere „Seiende“ auch, 

aber er ist nicht das „Sein“. 

Weniger „nicht-zutreffend“ wäre es, den „Tod“ mit dem „Seienden“, bzw. 

das „Seiende“ mit dem „Tod“ zu identifizieren, wie etwa HERAKLIT meinte, 

dass im Bewegen das Kommende jeweils den Tod des Vergangenen lebe 

und deswegen zwischen Leben und Tod kein Unterschied bestehe. 

Ich versuche mir dies schwierige Problem mit der Sprache selbst 

zu veranschaulichen. 

Wenn ich das Wort „Sein“ mit der Bedeutung der „All-Möglichkeit“ fülle, 

dann ist „Sein“ für mich jene „Potenz“, die „allem Seienden die Existenz 

gibt“. 

In diese All-Möglichkeit „denke“ ich nun die „Un-Möglichkeit“ 

hinein. 

Das eigentliche Wunder besteht aus dieser Sicht dann darin, dass 

die „All-Möglichkeit“ auch die „Un-Möglichkeit“ als das „Nichts“ 

ermögliche. 

Das „Nichts“ kann aber, wie schon PARMENIDES sah, nicht sein. 

Aber es gehört zum „Nichts“, dass es sich konsequent auch 

selbst negiert. 

Daraus entsteht dann die „Nicht-Un-Möglichkeit“, die auf diese Weise als 

„in sich widersprüchliche Bewegung“ erscheint und das „Seiende“ ausmacht. 

Betrachtet man nun das „Seiende“:

343 

• dann ist jedes „Seiende“ nur der „Tod des ihr Unmöglichen“; 

• und ihr „Sosein“ erhält es wiederum nur von dem, was es „nicht 

ist“. 

Das, was jenseits des „jeweils Seienden“ ist, also das, was es „unmöglich 

selbst sein“ kann, mach es erst zu einem jeweils „bestimmten Seienden“, 

das aber „nicht sein kann“, sondern „zum Werden ver-ur-teilt ist“. 

Das „jeweils Seiende“: 

• lebt also „seinen ständigen Tod“; 

• und ist „bestimmt“ durch das, „was es nicht ist“, durch das also, 

was (relativ zu ihr) „ihr eigener Tod wäre“. 

Dies meinte ich mit meinem folgenden Text: 

GRUND-GEDANKEN EINES NICHT-UNMÖGLICHEN 

MATHEMATISCHEN SPIELS 

11. 05. 2004 

• Die All-Möglichkeit, als die formlose „Kraft“, als die All-Potenz, 

könnte man als das Sein, als die wirkungs- und bewegungslose 

Ruhe betrachten. Das, was seiend ist, wäre dann nur deswegen 

wirkend „wirklich“, weil es „möglich“ ist, weil es also von dieser 

formlos leeren Möglichkeit erfüllt ist. 

• Die Konsequenz dieser All-Möglichkeit wäre, dass sie auch das 

Un-Mögliche möglich macht, wodurch es dann die Konsequenz 

des Un-Möglichen wäre, sich selbst unmöglich zu machen. 

• Die Un-Möglichkeit wäre dann das Nichts, die Null, die Grenze, aber 

auch der Tod, der nicht ruhen, der nicht sein kann. Die Un- 

Möglichkeit wäre der sich selbst negierende Widerspruch, der das Un- 

Mögliche negiert und so die Nicht-Unmöglichkeit als die erscheinende 

Bewegung hervortreibt. 

• Die Nicht-Unmöglichkeit, die als das Bewegen das Seiende ist, 

wäre daher einerseits möglich und als solches Identität, andererseits 

wäre das Nicht-Unmögliche aber als Gleichheit unmöglich 

und wäre damit ein Verändern, ein Akt, eine „Energie“, ein 

Bewegen. Die „Kraft“ wäre dann nicht schon abgepackte, gerichtete 

und wirkende „Energie“, aber die „Energie“ wäre auch keine 

„Energie“, wenn sie nicht von „Kraft“ erfüllt wäre. 

• Das Bewegen wäre so einerseits „Identität“ andererseits „Verändern“. 

Als Erscheinung könnte die Nicht-Unmöglichkeit (das Be-

344 

wegen) aber auch ein komplementäres Bewegungs-Paar, d.h. 

ein komplementäres Paar von zwei gegengerichteten Wirkungen, 

zweier komplementärer „Energien“ sein. 

• Wenn das Nichts mit Null (0) symbolisiert werden würde, dann 

würde sich dieses Nichts (0) in der seiner Konsequenz entsprechenden 

Negation in ein komplementäres Bewegungspaar auseinandersetzen. 

• Aus der Un-Möglichkeit (aus dem Nichts, aus der negierten 

„Kraft“), würde bei der Selbst-Negation des Nichts (der Un- 

Möglichkeit, der Null) ein verklebtes komplementäres Paar von 

Akten, von Wirkungen, von Bewegungen, von „Energien“ werden. 

• Das eine Bewegen würde vorwiegend dem Nichts zustreben 

(würde Grenzen setzen, unterscheiden, zentrieren) und könnte 

mit minus (-) symbolisiert werden. Da es sich aber um ein komplementäres 

Bewegungs-Paar handelt, könnte man nur von einer 

Dominanz des Minus in der Einheit von Un-Möglichkeit (als 

minus) und Nicht-Unmöglichkeit (als plus) sprechen. In der anderen 

komplementären Bewegung würde dagegen das Nicht- 

Unmögliche (+) in der gleichen Einheit von negativ und positiv 

dominieren. 

• Das zum Nichts strebende negative (-) Bewegen würde so durch 

das Unterscheiden eine zunehmende Komplexität schaffen. Sie 

wäre damit ein neg-entropisches Bewegen, während das das 

Nichts negierende positive (+) Bewegen Ordnungen gleichverteilend 

auflösen, sich entropisch weiten und einem Stillstand, einer 

Ruhe zustreben würde. 

• In seiner Verklebtheit würde also das sich „kreativ“ aus dem 

Nichts heraus bewegende und das Nichts setzende (d.h. Grenzen 

setzende) negative Bewegen die Struktur bewirken und so 

das scheinbar Positive hervortreiben, während das positive Bewegen 

wiederum gesetzte Grenzen weitend auflösen, so die Öffnung 

für „Kreativität“ schaffen und auf diese Weise für die Weiterentwicklung 

von Ordnungen, aber auch für den „chaotischen“ 

Zerfall und damit für den Tod des Seienden sorgen würde. 

• In der selben Verklebtheit würde wiederum in den Strukturen 

das negative Bewegen „rhythmisch“ lebendige (widersprüchliche 

und innere komplementäre) Spannungen bewirken, während das 

bejahend positive Bewegen für „rhythmische“ Wiederholungen 

und so für den Erhalt der Ordnungen sorgen würde, indem sie 

diese festhalten und zur Ruhe bringen, d.h. zum Sein (zur All-

345 

Möglichkeit) bringen möchte, aber das Seiende nur zum Nichts 

(zum Tod, zur Un-Möglichkeit) bringen kann. 

• Auf diese Weise wären sowohl der „Rhythmus“ als auch die 

„Kreativität“ ein jeweils anders akzentuiertes Paar des selben 

komplementären Bewegens. 

• Die Un-Möglichkeit (0), das den Tod setzende aber auch das die 

Form haltend Begrenzende, wäre in der Erscheinung das Ursprüngliche 

(daher bewegte Entstehung aus dem Nichts, aber 

Erfüllung durch das Sein). Also am Anfang des Bewegens (nicht 

des Seins!) wäre die Null. Aus ihr würde dann durch Negation 

das komplementäre Bewegungspaar von „Bewegen zum Nichts“ 

als Minus (-) und dessen Negation, das Plus (+), als Bewegung 

zur Ruhe, zur scheinbaren Erscheinung, entspringen. Das Plus 

wäre, wie das Symbol „+“ verdeutlicht, das durchgestrichene, 

d.h. negierte Minus (-). 

• Das Positive wäre also die Konsequenz des Negativen. Das erscheinend 

Positive würde fast „biblisch“ aus dem Nichts entstehen, symbolisch 

ausgedrückt wäre dann das Positive als Plus die negierte Null! 

• Unser mathematischer Hausverstand dagegen, der von den scheinbar 

ruhenden und abzählbaren Erscheinungen als etwas sinnlich Positivem 

ausgeht, würde aus dieser Sicht gewissermaßen Kopf stehen. 

• Für den Hausverstand ist nämlich das Positive zuerst und das Minus 

ist ihm die Negation des Positiven. Es ist für ihn daher etwas überraschend, 

dass Minus mal Minus ein Plus ergeben soll und dass ein Minus 

mit Plus multipliziert ein Minus ergibt. In seinem Kopfstand 

leuchtet ihm dies vorerst sinnlich gar nicht ein, daher muss er dies ja 

„lernen“. 

• Ganz anders wäre es, wenn man vom Nichts, von der Null ausgeht 

und die Erscheinung als eine Nicht-Unmöglichkeit sieht. Hier würde 

es unmittelbar einleuchteten, dass etwas Nicht-Unmögliches (als etwas 

Positives, als ein Plus, als ein bereits negiertes Negatives), wenn 

es erneut negiert wird, es wieder etwas Negatives wird, dass also das 

Positive durch Negation zum Negativen zurückkehrt. Es leuchtet dann 

aber auch unmittelbar ein, dass etwas Negatives, wenn es negiert 

wird, etwas Positives wird, dass also Minus mal Minus eben Plus wird. 

• Wenn wir also experimentelle physikalische Erscheinungen als „positiv“ 

oder „negativ“ bezeichnet vorfinden (zum Beispiel in einer Polarität), 

dann sollten wird uns immer auch fragen, warum eigentlich bei 

dieser im Experiment unmittelbar einleuchtenden Erscheinung das eine 

gerade als „positiv“ und das andere dann konsequent als „negativ“ 

bezeichnet wurde. Es wäre dann auch zu prüfen, ob es nicht anders

346 

herum benannt auch Sinn ergibt und ob das sog. Positive als das „Eigentliche“ 

oder als die „Negation eines Negativen“ gefasst wird. Auch 

wäre zu überlegen, ob das als „negativ“ Bezeichnete wirklich nur negativ 

ist oder eine in sich komplementäre Einheit von positivem und 

negativem Bewegen darstellt, die bloß akzentuiert ist. 

• Da heute viele gedankliche Brücken von der westlichmathematischen 

Naturwissenschaft zu fernöstlichen Denkmodellen 

geschlagen werden, gilt es, in dem hier skizzierten gedanklichen 

Spiel, auch dort zu fragen, 

ob zum Beispiel mit Yin oder mit Yang das vorwiegend Negative (in 

dem hier aufgezeigtem Sinne) gemeint ist und warum. 

der GRUND, die LEERE, die KRAFT, das SEIN, das WUJI, die SUNNATA, das BRAHMAN 

die ALL-MÖGLICHKEIT, 

die UN-MÖGLICHKEIT, das NICHTS 

das werdende „GANZE“ oder das SEIENDE, das NICHT-UNMÖGLICHE, das „TAIJI“ 

Widerspiegeln 

FÜLLE, QI, ATMAN, 

EXISTENZ, 

ACHTSAMKEIT, Da-Sein 

achten 

WESEN, MAYA, ERSCHEINUNG 

So-Sein 

Wert-Sein 

empfinden 

fühlen 

Komplementarität,

347 

janusköpfige Zeit 

Betrachten Sie das "Erlebnis" als Versuch, im "fließenden Gehen" etwas, 

was "auf dem Weg liegt", deutlich "festzuhalten", damit es dann als "Markierung" 

am Weg liegen bleibt, wie etwa die Brotkrumen, die Hänsel und 

Gretel auf ihren Weg streuten, die aber leider die Vögel fraßen. 

Aus dieser Sicht sind die aus den "Erlebnissen" heraus festgehaltenen 

"Symbole" bloß Wegmarkierungen, die als "Wegweiser" 

am Weg stehen. 

Man kann nun alle diese Schilder einsammeln und dann mit diesen Schildern 

einen "künstlichen Klettergarten bauen". 

Die Schilder werden dann der Erinnerung nach als "Griffe" (Begriffe) 

wieder ähnlich aufgebaut, wie Sie in der Realität am Weg 

gestanden haben. 

Man kann aber die Schilder auch am Weg stehen lassen und sie in der Realität 

immer wieder als Hilfen verwenden. In diesem Falle denkt man dann 

"in der Realität mit Blick auf die Realität". 

Es gibt aber hier auch die Möglichkeit, wenn man in der Realität 

nicht mehr weiter kommt, über das "Erinnern der Schilder" sich 

leichter "an vergangene Wegstrecken erinnern" zu können. 

Nun kann man sich hier folgende Frage stellen: 

• hole ich beim "Erinnern" aus dem Gedächtnis Symbole heraus, 

welche die Vergangenheit abbilden; 

• oder gehe ich mit Hilfe der Symbole leichter in eine erfahrene 

Vergangenheit. 

Vergegenwärtige ich mir also Bilder oder die reale Vergangenheit. 

Hole ich mir also "Bilder über die Vergangenheit" in das "gegenwärtige Bewusstsein" 

oder "gehe ich mit Hilfe der in mir als Erfahrung gespeicherten 

Symbole in die vergangene Realität", etwa so, wie es bei den 

Sakramenten unterstellt wird. 

Sind also Symbole:

348 

• brauchbare "Kletterhilfen in die Vergangenheit"; 

• oder sind sie "losgelöste Bilder, die nur auf andere aufbewahrte 

Bilder verweisen und auch nur von diesen ihren 

Sinn bekommen"; 

• oder sind sie beides! 

Da der zweite Fall unserer gängigen Lehrmeinung entspricht, erscheint uns 

der "Weg in die Vergangenheit" absurd. 

Aber mit welcher logischen Begründung? 

Er erscheint uns doch nur absurd, wenn wir uns in der "Falle des 

Zenon" gefangen haben. 

Es ist dann beides gleich schwer zu verstehen: 

• sowohl die Tatsache, wie man räumlich aus sich hinaus kommen 

und mit einem Ding eins werden könne; 

• als auch die Tatsache, dass man janusköpfig-zeitlich sowohl 

mit der Zukunft als auch mit der Vergangenheit real 

einswerden könne. 

Dies ist aber bloß dann absurd, wenn man in der "Falle des Zenon" eine 

zeitlich unausgedehnte Gegenwart als Augenblick, bzw. einen räumlich unausgedehnten 

Punk als Ort unterstellt. 

In dem Augenblick aber, wo ich dieser Falle entkomme, stellt sich 

die Frage, wo fängt für mich die Zukunft und wo die Vergangenheit 

an? 

Habe ich die "unmittelbar vergangene und unmittelbar kommende 

Zeit" noch als "überschaute Gegenwart" präsent? 

Wo verblasst dann diese Gegenwart in der janusköpfigen Ferne ? 

Gibt es "erlebnis-intensiv markierte Löcher", wo sich für mich das Gewahren 

janusköpfig raum-zeitlich weitet?

349 

Gegen-Wart 

Wir tauschen beide über das Internet nur Schilder aus. Und trotzdem vermuten 

wir, dass der jeweils Andere mit der Zeit auf das durchblickt, was 

beschildert, bzw. "geschildert" wurde. 

Es "soll" also gelingen, dass der jeweils Andere nicht nur versteht, 

was man sagt, sondern auch, was man meint. 

Die Schilder sind doch ein brauchbares Werkzeug. Sie können doch die 

Schilder nicht weglassen, um zu verstehen, was ich mit meinen Schilderungen 

meine. 

Wenn man verstanden hat, was der Andere meint, dann bekommen 

doch die Schilder erst ihren treffenden Wert. Man stimmt ihnen 

dann zu und „will“ sie keineswegs entbehren. 

Genau so ist es, wenn Sie ein Bild als Kunstwerk betrachten. 

In dem Maße, wie Sie das Bild verstehen, wollen sie auch die 

Feinheiten des Bildes nicht missen. 

Das Bild vertieft dann nämlich Ihr Verstehen immer mehr. 

Genau so ist es, wenn sie die wirkliche Realität, z.B. eine Landschaft, betrachten. 

Je mehr sie differenzierend etwas "bemerken", also beschildern, 

umso tiefer werden Sie eins mit der Landschaft. 

Genau so ist es aber auch im Schilderwald. 

Je mehr Sie sich in diesem Wald bewegen und neue Schilder ihres 

Bewegens aufstellen, um so mehr werden Sie eins mit Ihrem Gedankengebäude, 

obwohl Ihnen klar ist, dass dies bloß ein Schilderwald 

ist, der zutreffen "soll", aber dies nicht zwangsläufig 

"muss" und auch nicht unbedingt "kann". 

Es ist doch positiv, sich in der Bastelstube des Schilderwaldes erproben und 

Werkzeuge anfertigen zu "dürfen". 

Wenn man bei sich merkt, dass man dies auch "kann", dann 

"will" man es auch.

350 

Diese Bastelstube zu verachten, liegt bloß den "Möchtegern-Bastlern" 

nahe, denen die Gedanken-Arbeit zu anstrengend ist, und die es daher 

auch nicht dazu bringen, dies auch zu "können". 

Deshalb gibt es zu viele Füchse, denen die Trauben zu sauer sind. 

Sie bedauern anscheinend, dass Sie nur Seiendes „erkennen“, wenn Sie 

schreiben: 

„Was fangen wir also mit dem Denken an? Der seiende Gedanke 

über das Sein ist nicht das Sein sondern auch nur Seiendes. 

Diese Einschränkung gilt auch für das Denken des Todes. 

Dennoch bemühen wir uns, weiterzudenken. 

Der Wunschgedanke nach Freiheit bringt keine Freiheit, sondern 

Unfreiheit. 

Unfreiheit lässt den Gedanken an Befreiung entstehen. Anstrengung 

führt nicht zur Freiheit. 

Der Sein-Gedanke ist und schafft nur Seiendes. 

Während das Sein immer da ist, wird nur gedacht und sich in diesem 

Denken gehalten.“ 

Der „seiende Gedanke über das Sein“ betrifft das „Sein“, das ihn ja selbst 

„seiend“ macht. 

Sie gewahren diesen „Gedanken über das Sein“, weil sie den Gedanken 

in Ihrer „Gegenwart“ haben, d.h. weil Sie selbst in Ihrer 

„Seins-Verbundenheit“ sind. 

Was wollen Sie im „Sein“ mit Denken markieren, wo es doch überall ist. 

Das Erkennen und das Denken brauchen Sie nur für das „Seiende“, weil nur 

dieses sich verändert. 

Das „Sein“ brauchen sie bloß in der „Gegenwart“ zu gewahren. 

Das „Sein“ läuft Ihnen nicht davon, solange Sie leben, so lange 

Sie eben „seiend“ sind. 

An das „Sein“ brauchen Sie sich auch nicht zu erinnern, es ist 

ständig in Ihrer „Gegenwart“. Wozu also Schilder aufstellen und 

grübeln, wo doch gar nichts verloren gehen kann. 

Wenn Sie nun doch ein Schild mit der Aufschrift „Sein“ haben, dann ist 

dies „kein Wegweiser“, sondern bloß eine Mahnung, ein „Seiendes“ nicht 

zum „Sein“ zu erklären. Mehr nicht! Da gibt es sonst gar nichts zu entdecken 

und herum zu denken. 

Wenn Sie nun meinen:

351 

„Die Formulierung: 

‚mit der Zukunft als auch mit der Vergangenheit real einswerden’ 

ist scheinbar paradox. 

Eine zeitlich ausgedehnte Gegenwart sich auszudenken ist ebenfalls 

paradox, denn dann erstreckt sie sich teilweise in die Zukunft 

und teilweise in die Vergangenheit, ist also keine Gegenwart.“ 

Nun, dass etwas im Denken paradox erscheint, das wäre kein eindeutiger 

Hinweis darauf, dass es nicht so wäre. 

Es könnte ja auch sein, dass man bloß in seinem Schilderwald 

Schwierigkeiten bekommt, diese „paradoxen Schilder“ auch „regelgerecht“ 

aufzustellen. 

Wenn man sich in der „Falle des Zenon“ in seinem Schilderwald die „Gegenwart“ 

als „ausdehnungslos“ definiert, dann ist es ja zwangläufig ein 

Regelverstoß, sich eine „ausgedehnte Gegenwart“ ausdenken zu wollen. 

Wer sagt aber überhaupt, dass die Gegenwart etwas Zeitliches 

ist? 

Etwas „Ausdehnungsloses“ kann doch weder zeitliche noch räumliche 

Eigenschaften haben! 

Bereits das Wort „Gegenwart“ selbst macht doch schon deutlich, dass es 

sich um eine „Warte“ handelt, von der man Ausschau hält und dann das 

„raumzeitlich-seiende Bewegen“, welches dann „der Warte gegen steht“ 

über-„schaut“. 

So gesehen ist die „Gegen-Wart“ das „widerspiegelnde Selbst“, 

bzw. sie ist das in mich (als ein „Seiendes“) hineinragende und 

mich erfüllende „Sein“. 

Wenn ich das „selbständige Denken“ als das „im Selbst stehende Denken“ 

bezeichne, dann meine ich damit: 

• dass dieses Denken ein Denken ist, welches auf einem „gegenwärtigen 

Gewahren“ aufruht; 

• und daher auch das „durchblickend gewahrt“, was es „bedenkt“. 

Bewegt sich dieses Denken nur im „Schilderwald“, dann gewahrt es eben, 

dass es „Schilder“ sind. 

Bewegt es sich im „Seienden, das bedacht wird“, dann stören die „seienden 

Schilder“ nicht.

352 

Im Gegenteil, sie sind „brauchbare Werkzeuge“, die das Gewahren 

nicht trüben, sondern den Blick weiten und leiten, sowie das 

„gegenwärtig Geschaute“ verdeutlichen. 

Nur darf man eben nicht nur auf die Schilder starren und blind durch die 

Gegend fahren: 

• Schilder sind wie „Leuchttürme“; 

• wer glaubt, sie seien das Ziel, der landet auf den Klippen; 

• den „Leuchttürmen“ sollte man daher in seiner Navigation nicht 

zu nahe kommen; 

• sondern rechtzeitig nach „Gegen-Leuchttürmen“ Ausschau 

halten; 

• und dann „durch die Lücke balancieren“. 

Die Leuchttürme sind also sehr wohl brauchbare Beschreibungen der Wirklichkeit. 

Daher stimme ich Ihnen nicht zu, wenn Sie sagen: 

„Indem man die Schilder stehen lässt, ist man immer noch bei 

den Schildern. So erlebt man die Landschaft nie. 

Die Konsequenz kann doch nur sein, von den Schildern weg zu 

kommen, indem man dies bemerkt.“ 

Warum möchten Sie aus der Realität die Schilder entfernen. Die Schilder 

sollen doch die Realität nicht eins-zu-eins und vollständig verdoppeln. Sie 

sind doch bloß brauchbare Werkzeuge. 

Ich stimme daher auch folgendem Satz nicht zu: 

„Eine gültige Beschreibung der Wirklichkeit und des Seins ist von 

der Realität des Denkens her unmöglich.“ 

Was soll hier „gültig“ heißen, ein Schild ist dann „gültig“, wenn es auf das 

tatsächlich hinweist, was auf ihm steht. 

Das Schild ist als „Symbol“ real und dann wirklich, wenn es als mein 

Werkzeug auf mich wirkt. 

Genau so ist das, worauf es hinweist, real und wirkt. 

Deswegen sehe ich keinen Bedarf, den auf mich wirkenden Schilderwald 

als „Wirklichkeit“ von dem zu unterscheiden, was ich selbst in 

meinem Wirken tatsächlich bin, sowie von dem, was als reales Umfeld 

auf mich wirkt. 

Das reale Umfeld wirkt auch als Wirklichkeit auf mich, egal ob ich in ihm 

Schilder aufgestellt habe oder nicht.

353 

Etwas erst dann als „Wirklichkeit“ für mich zu erklären, wenn es 

von mir beschildert ist, ist wohl ein „Schildbürger-Witz“ der „Kletter-Gärtner“. 

Man nennt dies doch auch „Vogel-Strauß-Politik“.

354 

Stille 

"Denken" und "Gewahren" sind Verschiedenes. 

Das „eigene Denken“ kann man aber selber nur "bedenken", 

wenn man es von einer Meta-Position her vorerst "gewahrt". 

Erst über dieses "Gewahren" gibt es ein "Denken des Gedachten". 

Das "Gewahren" ist daher nicht das "Denken des Denkens", sondern es gibt 

nur etwas zu "bedenken", wenn ich es "gewahre", und was ich dann "bedenke", 

das ist nicht das "Denken", sondern das "Gedachte". 

Es ist daher auch nicht das "Denken", das "durchblickend gewahrt", 

sondern ich bin es, der "gewahren", und gleichzeitig des 

"Gewahrte" auch "denken" und dadurch "seiende Gedanken über 

das Gewahrte" erzeugen "kann", die wiederum vorerst "gewahrt", 

dann "bedacht" und schließlich "in seiende Gedanken 

geformt werden". 

Deswegen trifft Ihr "Bedenken" meiner Ansicht nach nicht zu, wenn Sie sagen: 

"Ein Denken, das selber 'durchblickend gewahrt', was es 'bedenkt', 

das scheint mir gegen das GÖDELSCHE Unvollständigkeitstheorem 

zu verstoßen! Danach wäre Gewahren das Denken des 

Denkens, das sich nicht selbst als Element enthält? Ein Begriff 

kann nicht Argument für sich selber sein!" 

Was nun den GÖDELSCHEN "Unvollständigkeitssatz" betrifft: 

• dass nämlich in einer einigermaßen komplexen formalen Sprache 

auch Sätze formuliert werden "dürfen", die im System 

selbst weder formal bewiesen noch widerlegt werden "können" 

("Jedes hinreichend mächtige formale System ist entweder 

widersprüchlich oder unvollständig".); 

bzw. was auch RUSSELLS "Theorie der semantischen Stufen" betrifft: 

• welche eine Relation von "Meta-Sprache" zu der von ihr besprochenen 

"Objekt-Sprache" unterschied (wobei die "Meta- 

Sprache einer Objekt-Sprache" wiederum selbst "Objekt- 

Sprache" einer weiteren "Meta-Meta-Sprache" sein kann);

355 

beziehen sich bloß auf die "semantischen Stufen" des "Schilderwaldes". 

Nur hier hat es dann Sinn, in einer "Typentheorie" davon zu sprechen: 

• dass "Mengen" keine "Glieder" enthalten "dürfen", die nur in 

Bezug auf diese "Menge" definierbar sind; 

• d.h., dass "Mengen" stets von höherem Typ sein "sollen" als 

ihre "Elemente"; 

• simpel gesprochen bedeutet dies auch, dass das "Ganze" sich 

„nicht“ selbst als "Element" oder "Glied" enthalten „darf“. 

Diese Auflage ist eben das Opfer, das wir dem Werkzeug "formale Sprache" 

bringen müssen. 

In der "natürlichen Sprache" können wir aber sehr wohl folgenden Satz zur 

Sprache bringen: 

"Das Ganze kann zwar nicht sein eigenes Element, wohl 

aber ein Element seiner Elemente sein ." 

Dies leuchtete mir im wahrsten Sinn des Wortes bereits als Kind ein, als ich 

mit leuchtenden Augen vor dem Weihnachtsbaum stand und mich das gegenseitige 

Widerspiegeln der bunten Kugeln in den Bann zog. 

Später dann, während des Studiums, als ich RUSSELLS Herumturnen im 

"Klettergarten der Mengentheorie" verfolgen "durfte", fiel mir blitzartig 

mein Kindheitserleben ein und ich brachte damals den soeben zitierten Satz 

zur Sprache. 

• Es gibt also für jeden Menschen mindestens ein beobachtbares 

"Seiendes", wo mein Satz zutrifft. 

Damit hatte ich für mein weiteres Denken einen "Gegen-Leuchtturm" 

entdeckt, den ich auch heute noch respektvoll im Auge habe. 


"Mit Gegen-Leuchttürmen kommt man aus der Leuchtturm-Sicht 

des Meeres nicht hinaus. Nur indem man nach Leuchttürmen und 

Gegen-Leuchttürmen nicht mehr Ausschau hält, kann etwas anderes 

in den Blick kommen."

356 

dann meinen Sie wohl, dass es ohne Leuchttürme etwas zu sehen gäbe. 

Gehen Sie als Beispiel einmal davon aus, es sei finstere Nacht: 

• würden Sie hier die Leuchttürme nicht haben, sie würden 

nichts in den Blick bekommen; 

• in dieser finsteren Nacht ohne Orientierungsmarken gewahren 

Sie aber besonders intensiv das "Sein", aber das hilft 

ihnen nicht, im "Seienden" zu navigieren. 

Es ist eben nicht so, dass die Stille "mehrdimensionale lebendige Seiten" 

hätte. 

Hier "gewahren" Sie nur ihr "Gewahren" als "Gegen-Wart". Diese 

hat aber selbst noch keine Unterschiede! 

Stellen Sie sich weiter vor, dass sie im Konzert sind und dass Sie ihr "Gewahren" 

voll auf das Hören fokussiert haben: 

• alle anderen Sinnesmodalitäten, die im "Seienden" ebenfalls etwas 

markieren könnten, sind ausgeblendet; 

• nun tritt in der Musik Stille ein; 

• Sie sind aber nach wie vor mit ihrer Achtsamkeit voll auf das 

Hören fokussiert; 

• in Ihrer "Gegen-Wart" "er-warten" sie, einen Ton zu "gewahren"; 

• es herrscht aber Funkstille; 

• Sie hören also kein "gegenstehendes Seiendes", sondern "gewahren" 

in der Stille bloß Ihr Hören als "Gegen-Wart"; 

• hier sind sie sich selbst als dem "unmittelbar Seienden" besonders 

nahe; 

• da Sie aber selbst auch stumm sind, bleibt Ihrem "Gewahren" 

bloß das "Gewahren des Seins im Seienden" übrig. 

Haben Sie schon alleine in stiller Natur in der Dunkelheit von ferne Glocken 

läuten hören und dabei voll fasziniert auf dieses Läuten geachtet? 

• und dann hört das Läuten auf; 

• der letzte Klang verfließt in die Stille; 

• Sie sind in dieser Stille ganz bei sich und sukzessive erwacht 

in Ihnen die vorher ausgeblendete Sinnlichkeit wieder; 

• Sie riechen nun zum Beispiel die umgebende Natur mit einer 

Wachheit, wie selten zuvor.

357 

Wie schrecklich sind dagegen Konzerte, wo die Stille am Ende „nicht zugelassen" 

wird und sofort der tobende Applaus der "Musik-Banausen" losbricht. 

Wobei es sich bei diesen tobenden Menschen in unseren Konzerten 

meist gar nicht um jene Menschen handelt, die im alten Griechenland 

deshalb abwertend als "Banausen" bezeichnet wurden, 

weil sie mit ihrer Hände Arbeit ihr Leben gestalten "mussten" und 

daher nicht die "Muße" hatten, in den "Klettergärten der Bildung" 

herumkünsteln zu "dürfen".

358 

Weltbilder 

Es schält sich die grundlegend unterschiedliche Position unserer "Weltbilder" 

heraus. 

Sie glauben vermutlich, dass Sie in einem "unmittelbaren Begegnen 

mit der Welt" diese frei von jeder Erfahrung bereits differenziert 

wahrnehmen würden. 

Dies nehmen Sie vermutlich an, weil Sie jenes Weltbild zum Ausgang nehmen, 

dass im "Sein" alles "Seiende" eingefaltet sei. 

Wenn man also "im Sein stehe", dann gewahre man eine differenzierte 

Welt, die viel reichhaltiger sei, als die reduzierte "gedachte 

Welt". 

Ich gehe dagegen von dem Weltbild aus, dass das "Sein" die "bloß widerspiegelnde 

undifferenzierte Kraft" ist, die "alles Seiende erfüllt". 

Würden Sie also (in meinem Weltbild) einem "puren Sein" begegnen 

(das ich in meinem Weltbild aber nicht vorsehe), dann 

gäbe es dort nichts zu gewahren und daher auch über das "Sein" 

nichts zu berichten. 

Wenn Sie also die Meinung vertreten: 

"Daß wir für das zur Anwendung-bringen unserer Werkzeuge (Unterscheidungen, 

Begriffe) Opfer bringen, geben Sie zu, daß aber 

das Nicht-Unterschiedene, Unentfaltete mehrdimensionale Seiten 

hätte, bestreiten Sie. 

Kann ich mein Gewahren tatsächlich gewahren? Ich kann mein 

Denken gewahren, das Aufkeimen von Empfindungen, objektivierenden 

Gedanken, das Entstehen eines Subjekt-Gedanken gewahren. 

Dabei gewahre ich, dass diese Gedanken eine Gegen-wart hineingesetzt 

werden, deren Leere als der Richtung ihres Herkommens 

der alles ermöglichende und erfüllende Grund erscheint." 

Ich bin nicht der Meinung, dass wir "für das Zu-Anwendung-bringen unserer 

Werkzeuge (Unterscheidungen, Begriffe) Opfer bringen", sondern dass 

das Herstellen der Werkzeuge von uns Opfer verlangt.

359 

Auf unsere Werkzeuge zu verzichten und sie nicht anzuwenden, 

wäre dagegen ein "selbstmörderisches Opfer". 

Das Problem scheint eher darin zu liegen, dass die Werkzeuge immer mehr 

verbessert und verbreitet werden, ohne auch eine Gebrauchsanleitung mitzuliefern. 

Das "Gewahren" ist etwas "Seiendes". Warum sollte man es daher 

nicht "gewahren" können. 

Das "Gewahren" geht, als "Ausrichten der Achtsamkeit in der Gegen-Wart", 

dem Empfinden, Fühlen und letztlich auch dem Wahrnehmen voraus. 

"Gewahren" ist wie Ausrichten eines Spiegels , damit sicht etwas 

Bestimmtes in ihm zeigt. 

Da man das "Gewahren" in der "Gegen-Wart" unterschiedlich ausrichten, 

d.h. fokussieren kann, gibt es "unterschiedliches Gewahren", z.B. das Hören, 

das Sehen, das Schmecken, usw. 

Wenn Sie also ihren Spiegel auf das "Hören" ausrichten und es ist 

"akustische Stille", dann können Sie sehr wohl in der "Gegen- 

Wart" Ihre "Hör-Ab-Sicht" in sich "gewahren". 

Fokussieren Sie sich immer mehr auf das Hören, weil sie eben noch nichts 

hören, dann blenden Sie alle anderen "Ausrichtungen des Gewahrens" immer 

mehr aus. 

Entdeckt dieses "fokussierte Gewahren" aber nichts Entsprechendes, 

dann wird das seiende "Gewahren des Hörens" (als ein 

"ausgerichtet seiendes Gewahren") immer leerer an Form, aber 

in Ihnen "ent-deckt" sich "Ihr eigenes Sein" für Sie immer mehr. 

Ähnliches geschieht, wenn Sie in der "Gegen-Wart" Ihr "Gewahren" fixiert 

auf ein "sich nicht veränderndes Objekt", oder auf ein "monoton wiederkehrendes 

Geschehen" richten. Da sich in diesem "Gewahren" wenig ändert, 

erfolgt ein ähnlicher Effekt: 

• das "Sein Ihres Gewahrens" bringt sich Ihnen immer näher.

360 

Entdecken Sie aber in Ihrem gerichteten Gewahren "etwas", dann gewahren 

Sie vorerst nur das "Dasein" dieses "Etwas". 

Ohne Ihre Erfahrung können Sie nur ansatzweise unterscheiden, 

d.h. nur wenig den "Fugen der gewahrten Wirklichkeit" nachgehen 

und dadurch das "Etwas" in seinem "Sosein" und 

"Wertsein" nur wenig differenziert widerspiegeln. 

In dem Maße, als Sie nun Erfahrung haben und diese in das Gewahren einbringen, 

werden Sie schneller und differenzierter Gewahren und dabei das 

der Erfahrung gemäß Bedrohliche und Brauchbare herausfiltern. 

Bei "einfachen Lebensbewältigungen" brauchen Sie weder Ihr 

"Bewusstsein", noch Ihr "Denken" einzuschalten. 

Die in Ihnen "phylogenetisch aufbewahrte Erfahrung" malt das Widergespiegelte 

entsprechend aus, so dass Sie "unbewusst" mit der Welt interagieren 

können, z. B. beim Atmen, beim Gehen, beim Stoßen usw. 

Für diese Weltprobleme, die auch das Tier erfolgreich meistert, 

brauchen Sie weder Bewusstsein, noch Denken. 

Die Vertreter des von Ihnen vertretenen Weltbildes, flüchten daher (auf der 

Suche nach Belegen) immer in ganz einfache Tätigkeiten (in reduzierten 

Umwelt-Herausforderungen, wie Einsamkeit, Kloster, usw.), die auch ohne 

Denken zu realisieren sind. 

Diese Menschen hocken sich dann hin und atmen, gehen meditierend 

im Kreis, fixieren Räucherstäbchen, lauschen dem Gong, 

usw. 

Um diese Tätigkeiten zu verrichten, brauchen wir allerdings kein Bewusstsein 

und kein Denken. 

Wäre dies immer schon "die" Welt gewesen, dann hätte sich das 

Leben auch nicht zum Bewusstsein und zum Denken "erheben" 

müssen. 

Ganz anders schaut aber die Sache in der "menschlichen Lebenswelt" 

aus. Hier gewahren Sie ohne eine durch Denken aufbereitete und großteils 

mitgeteilte Erfahrung nicht viel.

361

362 

Unbewusstes Denken 

ich habe die Anmutung, dass wir der Sache immer näher kommen. 

Sie fragen: 

"Wie ist es möglich, Erfahrung in das Gewahren zu bringen? Betrachtet 

man Erfahrung, sieht man Erlebtes. Sieht man Erlebtes, 

ist man nicht mehr im Erleben". 

Auch Tiere machen Erfahrungen und werden gewissermaßen klug daraus. 

Wenn wir uns überlegen, wie das funktioniert, dann rufen wir uns das Bild 

vor Augen, welches den sog. "bedingten Reflex" veranschaulicht. 

Auch beim Menschen werden über diesen Weg Erfahrungen in die Gegenwart 

gespült, aber nicht nur. 

Der Hauptweg geschieht über das Denken. Aber nicht über das 

"Bedenken der Erfahrung", sondern im "denkenden Beachten 

der aktuellen Wirklichkeit". 

Da die in mir gespeicherte Erfahrung nur zum Teil meine eigene ist, der 

Großteil aber z.B. mir über Sprache vermittelt wurde, muss ich diesen gemischten 

Topf auch verarbeiten, was einerseits und vorwiegend unbewusst 

bedenkend geschieht, aber auch durch bewusstes Erinnern und 

Überdenken. Nur in diesem Falle "sehe" ich und "betrachte" ich meine "Erfahrung". 

Nur in diesem Falle stehe ich, wenn es gleichzeitig geboten ist, die Aktualität 

fokussiert zu beachten und zu handeln, dann "daneben". Aber nicht 

deswegen "stehe ich daneben", weil ich denke, sondern weil ich an etwas 

anderes denke. Und auch nicht deswegen, weil ich ein Bild habe, sondern 

weil mir ein Bild der Vergangenheit und nicht der Aktualität "vorschwebt". 

Deswegen heißt es ja in den fernöstlichen Kampfkünsten: "Es 

darf kein Hauch sein zwischen Denken und Tun!". Es geht

363 

eben sehr wohl um simultanes Denken, nicht aber um "grübelndes" 

Nach-Denken und auch nicht um Voraus-Denken. 

Wenn Sie nun sagen: 

"Ihre Behauptung, nur "einfache Tätigkeiten" liessen sich ohne 

Denken bewerkstelligen, ruft eine gewisse Verwunderung hervor. 

Immerhin gibt es östliche Kampftechniken, die Sie kennen... " 

Die fernöstlichen Techniken sind gerade ein Beispiel dafür, wie man 

"kämpferische Kunstfertigkeiten" sich sehr wohl als Techniken bewusst 

erwerben muss und dabei auch die mitgeteilten Erfahrungen 

des Meisters beachten lernen muss, dass man aber im Kampf selbst in seinem 

"unbewegten Begreifen" darauf vertrauen muss, dass sein "unbewusstes 

Denken" bei der Sache ist. 

Das Gerede über ein sog. "Nicht-Denken" leitet in die Irre. 

Gemeint ist dabei nämlich, im Unterschied zu den Ratschlägen in 

der Meditation, nur kein "erinnerndes Nach-Denken" und kein 

"erfolgorientiertes und bildgeleitetes Vorausdenken" zuzulassen, 

was ja zwangsläufig, da dadurch ein anderes Seiendes in 

den Fokus der Achtsamkeit kommt, zum "Daneben-Stehen" 

und zum "Versagen im Kampf" führen würde.

364 

Raumzeit 


"Kein Nachdenken und kein Vorausdenken, da stimme ich zu. 

Nur das Problem in der Gegenwart sehe ich damit noch nicht gelöst. 

Das, was Sie in Ihrem Text über Takuans Schwertkunst gesagt 

haben, insbesondere über ‚mushin’ scheint es mir dagegen genau 

zu treffen." 

Nun müssen Sie zu diesem Bild aber noch jenes Bild, das ich von der Gegen-Wart 

gegeben habe, hinzudenken. 

Ich sprach nämlich von einer bestimmten Art des Nachdenkens 

und des Vorausdenkens, nämlich vom "erinnernden Nach- 

Denken" und vom "erfolgorientierten und bildgeleiteten 

Vorausdenken" 

Für Sie ist das Problem anscheinend deswegen noch nicht gelöst, weil Sie, 

wenn Sie vom Denken reden: 

• immer nur an ein "bildhaftes Gedanken haben" denken; 

• und dabei in der "Falle des Zenon", eine "zeitlich unausgedehnte 

Gegenwart" annehmen; 

• die auf eine von ihr "getrennte" und aber sehr wohl "räumlich 

ausgedehnte Bewegtheit" blickt; 

• und dort angeblich etwas Differenziertes "vernimmt". 

Sie "trennen" ihn diesem Bilde (im "Klettergarten von Kant" sich übend): 

• nicht nur die "Raumzeit" in einen "getrennten Raum" und in 

eine "isolierte Zeit"; 

• sondern sie vollbringen in diesem "Klettergarten" sogar das 

"Kunst-Stück", diese getrennten Phantasien dann auch unterschiedlich 

zu behandeln. 

Dies zeigt sich darin: 

• dass Sie die "getrennte Zeit" sie zum "zeitlosen Augenblick" 

schrumpfen lassen; 

• während sie in dieser zeitlich unausgedehnten Gegenwart ihren 

Blick in eine "isolierte räumlich unendliche Weite" schweifen 

lassen;

365 

• in der Sie angeblich ein wundervoll differenziertes räumliches 

Bild "unmittelbar" gewahren. 

Ich denke hier dagegen mit anderen Denk-Zutaten: 

• ich denke nicht mit voneinander getrennten Konstrukten wie 

"Raum" und einer "vom Raum getrennten Zeit"; 

• sondern ich denke mit "raumzeitlichem Bewegen" als 

Grundlage. 

Daraus ergibt sich eine "Gegen-Wart", die janusköpfig gewahrt, also 

"im Selbst stehend" sehr wohl in Vergangenheit und Zukunft 

"schaut". 

Dadurch stellt sich für mich das "Problem der Gegenwart" nicht 

mehr in der Art, wie es Sie anscheinend noch plagt.

366 

Aurobindo 

Ich wandere gewissermaßen, ohne Absicht in gewisser Weise zufällig in 

meine Denk-Vergangenheit. 

Im Urlaub habe ich mir LEO GABRIEL und ROBERT REININGER "gegriffen". 

Nun lief mir zufällig die Aphorismen-Sammlung von SRI AUROBINDO "Kaskaden 

des Lichts" über den Weg. 

Bevor ich mich nämlich mit westlicher Philosophie befasste, 

"schwebte" ich im indischen und fernöstlichen Denken, um mir 

meine Selbsterfahrung besser entschlüsseln zu können. 

Damals packte mich besonders der Zen und der Integrale Yoga von AURO- 

BINDO. Der ZEN stand dann in meiner Dissertation im Vordergrund. 

Nun lese ich die Aphorismen von AUROBINDO und finde dort offensichtlich 

"Samen", die in meinem Denken aufgegangen und gediehen sind. Ich 

markiere mit Fett-Druck die "für mich" bedeutenden Stellen. 

Da heißt es zum Beispiel auf Seite 9: 

"Was ich jetzt noch nicht kann, zeigt mir an, was ich künftig tun 

soll. 

Das Bewusstwerden der Unmöglichkeit ist der Beginn aller 

Möglichkeiten. 

Weil diese zeitbedingte Schöpfung paradox und unmöglich war, 

schuf sie der Ewige aus seinem Sein. 

Das Unmögliche ist nur die Summe des größeren unverwirklichten 

Möglichen. Es verschleiert kommende Entwicklungsstufen 

und eine noch unbeendete Reise." 

Da denke ich sofort an den von mir schon öfters zitierten Gedanken von 

KARL HEINRICH WAGGERL, dass nämlich unser Böses Gott vielleicht verzeihen 

würde, aber unverziehen das Gute bleibe, das wir nicht getan haben.

367 

Oder ich denke dabei auch an den Begriff "Karma", der in dieser Sicht ein 

Rückwirken meiner Taten auf meine "Soheit" (als das "größere Mögliche") 

ist, in welcher (als "Spielraum von Chancen") mich insbesondere 

das "belastet", was ich nicht in mir verwirklicht habe, und das mich deshalb 

drängt, es als noch unerledigt nachzuholen, wozu ich eben diesem 

Unerledigten entsprechend wiedergeboren werden müsste. 

Oder wenn dann auf Seite 28 steht: 

"Das Geheimnis liegt darin, sich nicht im Einssein zu verlieren, 

sondern sich im Einssein zu gewinnen. Gott und Mensch, 

Diesseits und Jenseits werden eins, wenn sie einander erkennen. 

Ihre Entzweiung verursacht Unwissenheit; Unwissenheit aber 

verursacht Leiden". 

Ich denke auch sofort an den "Ur-Widerspruch des Bewegens", wenn ich 

auf Seite 40 lese: 

"Alle Welt sehnt sich nach Freiheit, und doch ist jedes Geschöpf 

in seine Ketten verliebt; das ist der Urwiderspruch, der unentwirrbaren 

Knoten unserer Natur." 

oder auf Seite 50: 

"Die Ruhelosigkeit und die schnelle Erschöpfbarkeit unseres aktiven 

Wesens und seiner Instrumente sind ein Hinweis der Natur 

darauf, dass Ruhe unser wahres Fundament, Unruhe aber eine 

Krankheit der Seele ist; die Sterilität und Monotonie bloßer 

Ruhe aber ist ein Hinweis darauf, dass sie auf dieser festen 

Grundlage die Entfaltung von Aktivitäten von uns fordert." 

und auf Seite 55. 

"Freiheit erwächst aus einem Einssein, dem keine Grenzen gesetzt 

sind; denn das entspricht unserem wahren Wesen. 

Wir mögen die Essenz dieses Einheitsbewusstseins in uns selbst 

erreichen, und wir mögen es im Spiel des Einswerdens mit allen 

anderen verwirklichen. 

Diese zweifache Erfahrung entspricht der vollen Absicht der 

Seele in der Natur."

368 

oder auf Seite 63: 

"Seelen ohne Sehnsucht bezeugen Gottes Misserfolge; der 

Natur aber gefallen sie, und sie vermehrt sie gern; weil durch 

sie ihre Stabilität gesichert und ihre Herrschaft verlängert 

wird." 

und letztlich auf Seite 65: 

"Hilf den Menschen, aber mindere nicht ihre Energie; führe 

und lehre sie, aber achte darauf, dass ihre Initiative und ihre 

Ursprünglichkeit unversehrt bleiben; nimm die Anderen in 

dich auf, aber schenke ihnen dafür die volle Göttlichkeit ihrer 

Natur. Wer das kann, ist Führer und Guru."

369 

Werkzeug und Werkstück 

In Ihre Feststellung hat mich jene Stelle getroffen, die ich nun fett markiert 

habe:: 

"Interessant, Ihre Aphorismen-Sammlung! 

Natürlich fällt mir etwas anderes auf als Ihnen. 

Vereinzelt und aus dem Kontext gelöst sieht vieles anders aus. 

Der Satz: 

'Das Unmögliche ist nur die Summe des größeren unverwirklichten 

Möglichen. Es verschleiert kommende 

Entwicklungsstufen und eine noch unbeendete Reise.' 

ist einer dieser 'räuberischen' Gedanken, die auf geschickte Art 

Wirklichkeit immer genommen haben. 

Dieser Gedanke ist zwar formal in Ordnung, aber über Möglichkeiten 

nachzudenken statt ins Handeln zu kommen, 

raubt immer und ausnahmslos Wirklichkeit. 

Dieser Gedanke über das Mögliche und Unmögliche, den ich auch 

viele Male gedacht habe, steht selber an Stelle einer 'möglichen' 

Wirklichkeit." 

Diese Alternative hat mich aufgeschreckt und mir nun erstmals bewusst 

gemacht, wie dies in mir ausschaut. 

Ich entdecke mich: 

• sowohl bei einem "halbherzig-gewohnheitsmäßig mitlaufenden 

Denken"; 

• als auch in einem "halbherzig-gewohnheitsmäßig mitlaufenden 

Tun". In beiden Fällen stehe ich dann nicht im 

"Selbst". 

Mein Problem ist daher nicht: 

• "Gedanken über etwas wälzen" oder "etwas wirklich zu 

tun";

370 

• sondern entweder "halbherzig-gewohnheitsmäßig mitzulaufen" 

oder "im Selbst stehend seiend zu sein". 

So könnte man auch den Ratschlag verstehen: 

• dass kein Hauch sein sollte zwischen Denken und Tun . 

Für mich ist nämlich ein "im Selbst stehendes Ringen mit unpassenden Gedanken" 

genau so körperlich und schweißtreibend wie ein "im Selbst stehendes 

praktisches Ringen mit schwierigen neuen Aufgaben": 

• Hier kann ich im erleben das Bewusstsein gar nicht vom 

Körper trennen! 

• In beiden Fällen erlebe ich mich bewusst handelnd in der 

Wirklichkeit angekommen; 

• sowohl beim denkenden als auch beim praktischen Danebenstehen 

ist mir dagegen im Selbst-Gewahren das 

"Daneben" als Trennung evident. 

Was ist nun eigentlich unser Mail-Dialog? 

Reden wir da bloß über ein "Nachdenken über Möglichkeiten" oder sind wir 

handelnd in der Wirklichkeit angekommen? 

• Unsere Mails sind doch nur unsere "Werkzeuge", die wir zwar 

im "Denken über Gedanken" anfertigen, aber nicht nur in diesem 

Wälzen von Gedanken. 

• Wir reden doch nicht mit Sprechblasen bloß monologisch in einen 

"freien Raum" hinein! 

• Wir haben doch jeweils ein "Werkstück" vor Augen und beachten 

auch, was wir mit unseren "Werkzeugen" jeweils "anstellen". 

Unsere "mitgeteilten Gedanken" sind "Werkzeuge" und keine "Stellvertreter 

für Werkstücke", sie stehen daher nicht selber an Stelle einer 'möglichen' 

Wirklichkeit. 

Gedanken sind erst wirklich in ihrer "Anwendung", wie es auch heißt: 

• dass Hände erst Hände sind, wenn sie Blumen pflücken 

und sie Buddha reichen.

371 

Das Weltbild der Balance zwischen Gegensätzen 

I. 

Den folgenden Gedanken liegt als „vorausgesetzte Weltanschauung“ ein 

„Weltbild“ zugrunde, welches auch durch das „Yin-Yang-Symbol“ zu 

veranschaulichen gesucht wurde. 

Das „Yin-Yang-Symbol“ ist ein Kreis, der als ein „Ganzes“ durch eine 

Schlangenlinie „in zwei gegensätzliche Hälften geteilt“ ist: 

• die eine Hälfte ist weiß, die andere schwarz markiert; 

• in der weißen Hälfte befindet sich ein schwarzer, in der schwarzen 

Hälfte ein weißer Punkt. 

In der Sicht-Richtung von außen nach innen kehrt also die Gegensätzlichkeit 

immer wieder, denn für die „Punkte als Kreise“ gilt jeweils das Gleiche 

wie für „den die beide Hälften umfassenden Kreis“: 

• der „ganze Kreis“ teilt sich also in zwei „gegensätzliche Hälften“; 

• diese „gegensätzlichen Elemente des Ganzen“ enthalten in 

sich aber wiederum die „Gegensätzlichkeit des Ganzen“; 

• auf diese Weise ist das „Ganze“ zwar „nicht unmittelbar Element 

von sich selbst“, aber sehr wohl „ein Element seiner Elemente“. 

Kehren wir nun die Sicht-Richtung um und blicken vom Element jeweils 

auf das umfassende Ganze. 

Dieser Blick veranschaulicht wiederum: 

• dass sowohl der weiße Punkt, als auch der schwarze Punkt jeweils 

„von einem zu ihm gegensätzlichen Feld umgeben ist“; 

• und dass das jeweils „umfassende Feld“ ebenfalls (wie die Punkte 

bereits in sich selbst) seinen „äußeren Gegensatz“ auszutragen 

hat. 

Die „innere Gegensätzlichkeit“ kann daher, um der Balance Willen, nicht 

von der „Gegensätzlichkeit zum jeweiligen Umfeld“ isoliert werden. 

II. 

Beziehen wir dieses „Weltbild“ auf den eigenen Körper, dann erscheint der 

eigene Organismus als eine „nach innen hin auf mehreren Ebenen immer

372 

mehr differenzierte Gegensätzlichkeit“, was sich z.B. auch im Zusammen- 

und Gegenwirken der Organe zeigt. 

Dem „vorgegebenen Weltbild“ entsprechend betrachtet man nun 

im chinesischen Denken die beiden Felder des „Yin-Yang- 

Symbols“ als „zwei gegensätzliche Energien“, die nun auch im 

Körper getrennte, aber gegen- und zusammenwirkende Wege gehen, 

bzw. in getrennten Bahnen fließen. 

So geht es in den von diesem „Weltbild“ getragenen Gesundheitsmaßnahmen 

vorerst gezielt darum, im Körper selbst zu entdecken, wo die „Balance“ 

gestört ist, um durch geeignete Maßnahmen in bestimmten Körperregionen 

gezielt Energieflüsse zu dämpfen oder zu stärken. Wobei das 

Dämpfen des dort gegensätzlich wirkenden Energieflusses vorerst Ähnliches 

bewirken kann wie das Stärken des anderen. 

Die Gefahr bei diesen Maßnahmen besteht allerdings darin, in dieser 

Sicht stecken zu bleiben, die Maßnahmen auf den Körper zu 

fixieren und dadurch den Körper vom gegensätzlichen Umfeld zu 

isolieren, was dann aber nicht ohne Einfluss auf den Körper bleibt. 

III. 

Es geht daher letztlich darum, nicht nur „den Körper in sich“ ausbalancieren 

zu wollen, sondern ihn auch mit dem „jeweils gegebenen Umfeld“ in eine 

Balance zu bringen, bzw. ihn in jenes Umfeld zu bringen, wo die den Körper 

fordernden und fördernden Herausforderungen des Umfeldes den Chancen 

des Körpers noch einigermaßen entsprechen. 

Es geht nämlich für die Gesundheit des Körpers auch darum, 

„gegensätzliche Energien aus dem Umfeld aufzunehmen 

und durch den Körper fließen zu lassen“, denn letztlich verdankt 

der Körper seine Existenz, wie sie in ihrer hochorganisierten 

Form derzeit vorliegt, nur dem herausfordernden Wechselwirken 

mit dem Umfeld und kann auch nur in diesem Wechselwirken gesund 

bleiben. 

Hier reicht es aber nicht aus, das „Wechselwirken mit dem Umfeld“ auf die 

von außen zugeführte „Ernährung“ oder auf mechanische oder energetische 

Anwendungen, wie z.B. „Magnetfelder“, „Vibrationen“, oder „Massagen“ zu 

reduzieren. 

Alle diese Anwendungen sind allerdings im Ansatz oft geboten, 

aber als „Dauerlösung“ sicher zu „eng“.


IV. 

Ich will dies am muskulären Wechselwirken mit dem Umfeld erläutern. 

Im Hinterkopf sollte man bei diesem Beispiel allerdings behalten: 

• dass es sich bei der „ständigen Umwandlung von Energien“, von 

der Sonnenenergie bis zu Muskelverkürzungen und mechanischen 

Bewegungen, um einen weiten und langen Weg handelt; 

• und dass man die Energieflüsse der verschiedenen Ebenen auch 

gedanklich auseinanderhalten sollte! 

Die Muskel-Energie wird im chinesischen Denken als „sog. rohe Muskelkraft“ 

als „Li“ bezeichnet. 

Auch diese Energie ist im Körper „gegensätzlich organisiert“, so 

dass fast überall zu jedem Muskel (als „Agonisten“) auch ein zugeordneter 

Gegenspieler (als „Antagonist“) tätig werden kann. 

In diesem Zusammenwirken organisieren wir zum Beispiel auch unsere aufrechte 

Haltung im Schwerefeld der Erde. 

In diesem Bemühen hat nun das unsere Haltung organisierende 

„bereits selbst gegensätzliche muskuläre Bewegen“ als „äußeren 

Gegensatz“ die permanent auf uns einwirkende Schwerkraft. 

Erfolgt nun zum Beispiel ein Schlag auf unseren Körper, dann versuchen 

wir unseren Körper zu „panzern“, indem sowohl die entsprechenden „Agonisten“ 

als auch die zugeordneten „Antagonisten“ gleichzeitig einander 

entgegenarbeiten. Dies führt dann zu einer die Muskel wenig verkürzenden 

und vorwiegend in ihrer Dicke weitenden Anspannung und einer 

dementsprechenden Härtung unserer Oberfläche. 

Sind wir nun z.B. in „ängstlicher Erwartung eines Angriffes“, dann 

panzern wir uns präventiv, was auch später, einer „chronischen 

Ängstlichkeit“ entsprechend, zu „chronischen Verspannungen“ 

führen kann, die wir auch als „Dis-Balancen“ in uns entdecken 

können. 

In diesem Bemühen uns zu panzern, verspannen wir uns auch dann, wenn 

uns z.B. jemand wegschieben möchte. Dies erleichtert aber einem überlegenen 

Gegner sein Wegschieben, weil wir durch unseren harten Widerstand 

seine eigenen Kräfte durch unseren Körper leiten, er dadurch leichter

374 

unseren Schwerpunkt treffen und uns dadurch auch von der Stelle wegbewegen 

kann. 

Würden wir in diesem Falle aber entspannen, der äußeren Kraft möglichst 

wenig Widerstand bieten und ausweichend unseren Körperschwerpunkt etwas 

aus der Schusslinie bringen, dann würde die Kraft des Gegners ins 

Leere laufen, bzw. sich gar nicht aufbauen können. 

Es liegt also an uns, selektiv äußere Kräfte gezielt durch unseren 

Körper zu führen oder sie in unserem Körper mehr oder weniger 

verschwinden zu lassen. 

Wenn wir z.B. selbst hoch- oder wegspringen wollen, dann müssen wir 

vorerst selbst gegen den Boden treten, also unsere „eigene rohe Muskelkraft“ 

(„Li“) aktivieren und dabei darauf achten: 

• dass unsere Antagonisten aus lauter Bemühen um Kräftigkeit 

sich nicht ebenfalls mit-aktivieren und dadurch unsere agonistische 

Stoßkraft selbst behindern. 

Haben wir nun gegen den Boden getreten, dann springen wir aber dadurch 

noch nicht weg! 

Wir brauchen bloß daran zu denken, von einem kleinen Boot ans Land 

springen zu wollen: 

• wenn das Boot keinen Widerstand leistet und statt dessen ausweicht 

und wegschwimmt, dann plumpsen wir bloß bäuchlings 

ins Wasser; 

• erst wenn wir für unseren Tritt festen Widerstand bekommen, 

erst dann können wir „die uns fremde Kraft des Widerstandes“ 

gezielt durch unseren Körper in unseren Schwerpunkt leiten 

und dadurch wegspringen. 

Auf der „Ebene der mechanischen Energien“ geht es nun darum, das 

mechanische Wechselwirken mit dem Umfeld gezielt zu organisieren. Dies 

baut unsere Muskulatur auf, vermeidet die Schädigung unseres Körpers 

und ist ein unentbehrlicher Beitrag zu unserer Gesundheit. 

Ein ähnliches Wechselwirken ereignet sich auch auf den anderen 

Energie-Ebenen. 

V. 

In dem soeben angeführten Beispiel: 

• ist nun die „eigene Kraft“ die rohe Muskelkraft „Li“;

375 

• während jene mir begegnende „Kraft des Umfeldes“, bzw. des 

Gegners, die ich aufnehme und die ich mir zum Nutzen gezielt 

durch meinen eigenen Körper leite oder verschwinden lasse, die 

sog. „Jin-Kraft“ ist. 

Auf diese Art erscheint „Jin“ auf der „Ebene der mechanischen 

Energien“. 

Um nun aber eine „Balance der Jin-Kraft“ in meinem Körper gezielt zu realisieren, 

brauche ich eine zusätzliche Energie aus einer anderen E- 

nergie-Ebene meines Organismus, welche das „Leiten der Jin-Kraft“ 

steuert. 

Diese Energie (aus einer „nicht-mechanischen Energie-Ebene“) 

wird als „Shen“ bezeichnet, was man auch mit „Achtsamkeit“ 

übersetzen könnte. 

Betrachtet man nun die „Jin-Kraft“: 

• nicht nur auf der „mechanischen Ebene“; 

• sondern auch auf der „Steuerungs-Ebene“; 

• dann ist die „Jin-Kraft“ bereits umfassender geworden; 

• denn ohne „Shen“ kann sie nicht optimal genützt werden. 

Nun gibt es aber noch eine weitere Ebene, nämlich jene des sog. „Qi“, 

(das als „allgemeine Kraft“ alle „wirkenden Energien“ erfüllt). 

Um nun die „Jin-Kraft“ noch effektiver zu nutzen und um auch die eigene 

Muskelkraft (die „Li-Kraft“) zu verstärken, geht es hier nun darum: 

• die „Li-Kräfte“ optimal mit „Qi“ zu versorgen; es soll also mehr „allgemeine 

Kraft“ („Qi“) in die „rohe Muskelkraft“ („Li“) eingespeist 

werden. 

Für diese gezielte Versorgung ist wiederum die „Achtsamkeit“ („Shen“) als 

„Steuerungs-Energie“ gefragt. 

Um das Geschehen aber noch mehr zu optimieren, gilt es dann 

zusätzlich, in diesen Vorgang auch noch das „aktuelle aber erfahrene 

Wahrnehmen“ einzubinden. 

Dieses „bewusste Vorstellen“ („Yi“) wird nun wiederum von einer anderen 

„Energie-Form“ („Yi“) in unserem Organismus („Qing“) geleistet. 

Hier ist aber ebenfalls die „Shen-Energie“ („Achtsamkeit“) gefragt, 

welche im sog. „inneren Verbinden“ nun auch die Energieform 

des „Yi“ in das mechanische Geschehen einbindet.

376 

Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass sich nun in dem Maße, in dem sich die 

„Shen-Energie“ in das Umfeld hinein weitet: 

• sie nicht nur das „Wahrnehmen des Umfeldes“ optimiert; 

• sondern das „Shen“ führt auch dem Gesamt-Organismus aus 

dem Umfeld heraus mehr „Qi“ zu, um über die „geweitete Achtsamkeit“ 

(„Shen“) das eigene energetische „Gesamt-Geschehen“ 

zu stärken. 

„Shen“ spürt darüber hinaus in seiner „Weite“ im Umfeld auch jene E- 

nergien auf, die zur Zeit dem eigenen Organismus: 

• entweder als „Förderung“ positiv zugeführt; 

• oder die als „selbstaktivierende Forderung“ gegensätzlich aufgegriffen 

werden sollten. 

VI. 

Die soeben dargelegten Gedanken sollten verdeutlichen, dass man, wenn 

man z.B. das „mechanische Bewegen unseres Körpers“ differenziert betrachtet, 

zwangsläufig: 

• nicht nur andere „Energie-Ebenen des eigenen Organismus“; 

• sondern auch verschiedene „Energie-Ebenen des Umfeldes“ als 

bereits einbezogen entdeckt. 

Ähnlich verhält es sich, wenn wir fokussiert das Geschehen auf anderen „Energie-Ebenen“ 

betrachten, z.B. auf jener Ebene, welche unser „psychisches 

Geschehen“ prägt. 

Auch dort finden wir viele verschiedene Ebenen sowohl des „eigenen Organismus“, 

als auch solche des „Umfeldes“ einbezogen, z.B.: 

• auch die sog. „somatische Ebene des eigenen Organismus“; 

• dann die „sozialen Energie-Ebenen des Umfeldes“; 

• aber auch die „mechanische Ebene des eigenen Ausdrucks- 

Bewegens“; 

• bis zu jenen alles verbindenden aber „technisch unfassbaren E- 

nergie-Ebenen“, die häufig als „spirituell“ bezeichnet werden. 

VII. 

Eine „Weltanschauung“, die in ihrem grundlegenden „Weltbild“ eine solche 

Vielfalt solcher „Energie-Ebenen“ gedanklich „zulässt“ (d.h. nicht ausschließt!), 

sollte sich aber immer bewusst sein, dass es sich bei diesem

377 

„vorausgesetzten Weltbild“ nur um ein brauchbares „Werkzeug“ der 

„gedanklichen Orientierung“ und des „praktischen Forschens“ handelt. 

Es wäre nämlich schade, wenn dieses „naheliegende Weltbild“ als 

„Freibrief“ für esoterisches Fabulieren missbraucht werden würde.

378 

Glasperlenspiel 

Es tut mir richtig leid, dass ich Sie durcheinander bringe, oder vielleicht 

auch nicht? 

Es könnte ja sein, dass Sie sich Ihr eigenes Weltbild, das letztlich 

die Spielregeln Ihres Denkens bereits vorweg festlegt, noch gar 

nicht bewusst gemacht haben, bzw. es sich gar nicht bewusst 

machen möchten. 

Sie sind vielleicht auch der Meinung, dass Sie selbst die hochgeladene 

Software sind, wo Sie doch der sind, der die Software auswählt, eingibt und 

dann auch anwendet. Es macht mindesten so den Eindruck, wenn Sie hinsichtlich 

des Aneignens eines "neuen Weltbildes" schreiben: 

"Das ist ja ein upload neuer Software. Die muss ja auch nicht 

'verstanden' werden, sondern gewissermaßen 'nur' 'kompatibel' 

also syntaktisch-semantisch anschliessbar, vereinbar, zusammenpassend 

sein. 

Software muss auch nicht erfasst, d.h. be- und gegriffen, sondern 

nur eingeladen werden. Die Einladung erfolgt nicht in einem 

Arbeitszustand des Computers, sondern in einer Art Dämmerzustand." 

Hier haben Sie das Problem schon treffend beschrieben, denn das Betriebssystem 

muss einerseits die Software annehmen und andererseits muss 

auch die Hardware das Betriebssystem selbst auch "zulassen". 

Bezogen auf die Hardware kann ich nun nicht verstehen, was Sie 

mit "Dämmerzustand" meinen. 

Wenn Sie beim Computer den Strom ausschalten, dann läuft nämlich gar 

nichts, auch wenn Sie als "Bediener des Computers" hell wach und aktiv 

sind. 

Deswegen ist die Analogie zum Computer nur in Grenzen zutreffend, 

denn sie blendet das eigentliche Problem aus, nämlich den 

"Bediener des Werkzeuges: Computer". 

Wenn ich z.B. einen Text lese, dem ein anderes Weltbild (oder meist sogar 

nebeneinander unterschiedliche Weltbilder) zugrunde liegt, als ich es selbst

379 

vorziehe, dann versuche ich, mir die Voraussetzungen des anderen Denkens 

bewusst zu machen und dann von diesen Voraussetzungen her zu 

verstehen, was der andere eigentlich im Visier hatte und aufgrund seines 

"vorausgesetzten Weltbildes" eben so sehen musste, bzw. manches z.B. 

gar nicht sehen konnte oder nicht durfte. 

So scheint es mir, dass Sie bisher bloß innerhalb Ihres eigenen 

Weltbildes unterschiedliche Standorte und entsprechende Perspektiven 

zur Kenntnis genommen haben, aber gar nicht daran 

denken, auch anzunehmen, dass Ihr noch unbewusstes Weltbild 

selbst, welches Ihr Denk-Revier absteckt, selbst bloß ein Revier 

ist, bzw. ein "Werkzeug", wie ich es nenne. 

Ich nehme also mein Weltbild als mein "Werkzeug" bewusst in die Hand 

und versuche, im Gewahren mit ihm den "Fugen der Wirklichkeit" nachzugehen. 

Dann mache ich mir bewusst, welche anderen Werkzeuge ich in 

meinem Leben bisher mehr oder weniger bewusst in die Hand 

genommen habe und in kleineren Wirkbereichen mit ihnen ebenfalls 

erfolgreich war. 

So habe ich in mir eine ganze Reihe von Weltbildern gefunden, die ich oft 

mit großem Eifer in Anwendung brachte. 

Diese Werkzeuge erkenne ich nun auch leichter in den Händen 

anderer Denker und leide dann oft erinnernd mit, wenn versucht 

wird, mit einem Pinsel Dosen zu öffnen, oder mit einem 

Schraubenzieher Wände zu streichen. 

Ich kenne aber auch Menschen, die bloß Werkzeuge sammeln und pflegen, 

so als hätten sie etwas Größeres vor. 

Aber statt die Werkzeuge anzuwenden, statten sie damit bloß die 

Wände ihrer "Hobby-Werkstatt" aus und freuen sich darüber, wie 

umfassend sie für den Bedarfsfall gerüstet wären. 

Da diese Menschen aber vor lauter "Werkzeug-Kaufen" gar nicht die Zeit 

haben, auch die Gebrauchsanweisungen zu lesen oder die Werkzeuge entsprechend 

der Anleitung zumindest sogar etwas auszuprobieren, verspüren 

sie auch gar keine Lust, mit ihren Werkzeugen wirklich etwas zu tun, denn

380 

ein unsachgemäßer Gebrauch könnte ja die kostbaren Werkzeuge kaputt 

machen. 

Im Laufe meines Lebens habe ich auch das "Werkzeug des chinesischen 

Denkens" kennen gelernt und mit ihm Probleme, die mir schon mein ganzes 

Leben lang als Wirklichkeit nahe lagen, damit zu bearbeiten gesucht. 

Und siehe da, mit diesem Werkzeug kam ich weiter als mit meinen 

bisherigen, die aber auch ihren Anwendungsbereich hatten 

und behalten. 

Aber dies scheint der Unterschied zu sein, der mir zu gute kam: 

• ich bin nämlich als Typ gar kein „Glasperlenspieler“; 

• sondern jemand, der vielleicht „Glasperlen“ in die "Fugen der 

Wirklichkeit" laufen lässt und sich an den dort entstehenden 

Mustern, die durch die hineingerollten Perlen entstehen, deshalb 

erfreuen kann, weil sie als "Leuchttürme" den Weg für 

praktisches Helfen markieren.

381 

Wildbachverbauung 

Sie haben sich eine mächtige Fessel ans Bein gebunden, wenn Sie schreiben: 

"Doch bei dieser Gelegenheit sage ich noch einmal: 

Weltbilder sind Denk-Gefängnisse! 

Die Frage ist nicht, ob ausgewachsene Elefanten an einem dünnen Ast 

angebunden werden können, sondern nur, wie man Elefanten entsprechend 

ihren eigenen Vorlieben am leichtesten anbindet! 

Mit ihren eigenen Überzeugungen, ihrem Glauben an ihre eigenen Verdienste, 

mit ihrem Weltbild, ihren Anhaftungen geht es natürlich am einfachsten! 

Auch der Werkzeug/Werkstück-Dualismus ist ganz klar eine Fessel, ein 

Hemmnis des Denkens!" 

Was Sie da denken, das läuft etwa auf die Feststellung hinaus: 

• "dass das Denken eine Fessel und ein Hemmnis des 

Denkens sei." 

Überlegen Sie nun mit Ihrem "gehemmten Denken" was Sie, "logisch 

betrachtet", eigentlich damit sagen. 

Oder stellen Sie sich vor, ob, wenn dieser Definition nach "das 

Denken ein gehemmtes Denken ist", ein "ungehemmtes Denken“ 

überhaupt möglich ist. 

Ein solches gibt es dann nämlich nicht. 

Aber gerade diese Erkenntnis ist das "Kind ihres gehemmten 

Denkens", usw. 

Würden Sie aber mit mir sagen: 

• dass das Denken "ein aus der Wirklichkeit gebrochenes Stück 

Wirklichkeit ist", das eben "aus der Wirklichkeit herausgebrochen", 

"gefesselt", "festgehalten" und "im Wegfließen gehemmt" 

ist; 

• und sich gerade deswegen in unseren Händen als "Werkzeug" 

auch brauchbar gegen die Wirklichkeit wenden kann;

382 

• dann wären Sie bei meinem "Weltbild" und dann auch herausgekommen 

aus Ihrem "logischen Zirkel". 

Das Denken ist nämlich nicht "gehemmtes Denken", sondern "symbolisch 

gehemmte Wirklichkeit"! 

Das ist ein grundlegender Unterschied! 

Da die Wirklichkeit aber "härter ist" als das herausgebrochene und gehemmte 

"Werkzeug", deswegen ist eben das "weichere Werkzeug" nur 

dann brauchbar, wenn es in die "Fugen der Wirklichkeit" hinein- und heraus-"fließt". 

Auf diese Weise besiegt eben das "Weichere" (d.h. das "Fließen 

des seitlich gehemmten Denkens" besiegt) die "harte Wirklichkeit". 

Auch das "Gefesselte" und "Gehemmte", bzw. das "festgehalten Regulierte" 

hat sein "mächtiges Fließen": 

• so dass man eben auch aufpassen muss, die "denkenden 

Wildbäche" nicht zu stark "technisch-logisch" zu regulieren; 

• damit nicht das objektivierte Denken (als "geballte Technik") 

die an sich "härtere Natur" doch noch "nachhaltig" beschädigt 

und zurückwirft, d.h. in ihren Fugen sprengt.

383 

Neurowissenschaft 

Wenn über die Wirklichkeit gesprochen wird, dann stören mich Widersprüche 

nicht, sondern sie interessieren mich, denn sie könnten ja auf die Wirklichkeit 

zutreffen. 

Geht es dagegen um das Reden in und über logische Gedankenspiele, 

dann stören mich natürlich Regelverstöße, die dann als 

logische Widersprüche erscheinen und das Spiel verderben. 

Wenn Sie nun schreiben: 

"Woran man haftet, dadurch tritt man in Erscheinung. Die Struktur 

von Welt und Ego wird durch den Prozess der fünf skandhas 

gebildet. Diese sind: 

1. Form; 

2. Gefühl; 

3. Wahrnehmung; 

4. Zweck; 

5. Bewusstsein. 

Dieser Prozess in seiner Gesamtheit macht die Wirklichkeit, die 

das Ich objektiv erlebt. Das Denken gehört dazu. " 

Dieser Gedanke ist, abgesehen von der willkürlichen Fünfer- 

Einteilung, schon richtig. 

Wenn ich nämlich nicht denke, dann erscheint mir eben auch 

keine Wirklichkeit. 

Nur in dem Maße, als ich eben meine "Gedanken-Perlen" als "Kontrastmittel" 

in die "Fugen der Wirklichkeit" rieseln lasse, und dadurch die Wirklichkeit 

"anfärbe", nur in dem Maße tritt diese auch "für mich" in "Erscheinung". 

Nur dieses "Für-Mich" ist dann aber "für mich" das „Maya“. Nicht 

ist aber in diesem Gedankengang jenes das „Maya“, worauf 

sich die Gedanken beziehen! 

Jener erkenntnistheoretische Gedanke (dem auch die Neurowissenschaft 

nachgeht) berührt daher in keiner Weise die ontologische Behaup-

384 

tung, dass nur das „mystische Sein" tastsächlich sei, während alles "Seiende", 

weil es nur vergängliches "Bewegen" sei, nicht „sein“ könne. 

Deshalb ist es bloß ein Taschenspieler-Trick, aus den Forschungen 

der Neurobiologie von der „erkenntnistheoretischen Ebene“ 

auf die „ontologische Ebene“ hinüber zu springen. 

Ich widerspreche daher Ihrer Meinung, wenn Sie sagen: 

"Neurobiologie und Kognitionswissenschaften finden jeden Tag 

neue Belege für die Richtigkeit der buddhistischen Grundaussagen. 

Die ‚harte’ Wirklichkeit ist Maya. Es ist Täuschung zu glauben, 

sie manifestiere sich unabhängig vom Denken." 

Aus der Art, wie die Wirklichkeit uns „erscheint“ und wie das „Vermitteln 

dieser Erscheinung“ uns „erscheint“, lassen sich allerdings „strukturierte 

Gedanken“ bilden und diese dann auch „technisch objektivieren“, z.B. in 

Computern. 

Es ist daher ein nicht zutreffender Gedankengang, zu meinen, dass nun, 

weil: 

• diese "technischen Objektivierungen" (des "erkenntnistheoretischen 

Maya"!) auch als "Werkzeug" (z.B. als sog. 

„künstliche Intelligenz“) funktionieren; 

• also nun ontologisch betrachtet "seiend sind", 

• man nun von diesen seienden "technischen Objektivierungen 

eines erkenntnistheoretischen Maya" darauf schließen könne; 

• dass in einer „ontologischen Betrachtung“ dies ähnlich sein 

müsse; 

• dass also, weil das „seiende Gehirn“ (ganz im Sinne von KANT) 

nicht aus sich hinaus in die „seiende Welt an sich“. kommen 

könne, es eine solche „seiende Welt“ gar nicht gäbe und diese 

von uns auch nicht ansatzweise zu „gewahren“ sei. 

Da ein Computer aus sich nicht hinaus kommt und daher nur von Eingaben 

lebt, gibt es für ihn tatsächlich nur Eingaben: 

• so wird dann eben, in diesem Gedanken-Trick die Welt gedanklich 

analog auf ein Bewusstsein reduziert, und dieses als ein 

„sich selbst eingebender Computer“ betrachtet, den zu 

bauen ja „geträumt“ wird.

385 

Analog dazu solle daher, diesen „Taschenspieler-Beweisen“ entsprechend, 

auch nur der einzelne Mensch (als ein der Neurowissenschaft aber sehr 

wohl zugängliches "körperlich Seiendes") das „einzige Seiende" sein 

und alles um ihn herum (also auch seine Mitmenschen und letztlich auch er 

selbst) dann nur eine Projektion auf seinem aber ebenfalls körperlichen 

Bildschirm sein, denn nur von einem solchen redet ja die Neurowissenschaft, 

sofern sie auch Wissenschaft ist. 

Wenn Sie nun sagen. 

"Auch das Werkzeug ist nicht unabhängig gegeben, es ist bedingt 

durch die Unterscheidung eines Werkstücks. 

Nicht Denken leitet das Denken in richtige Bahnen, sondern 

Achtsamkeit, wie Sie selber festgestellt haben. " 

Dann ist dies hinsichtlich des Werkzeuges schon richtig, aber die Achtsamkeit 

als "Widerspiegelungsfähigkeit" leitet an sich gar nicht. 

Erst wenn die „Achtsamkeit“ gebunden wird, entweder fremdbestimmt als 

faszinierte "Aufmerksamkeit" (von außen oder durch eigene Gewohnheiten) 

oder selbstbestimmt (im Selbst stehend) von der Erfahrung ("Yi") her, 

kommt es zu einem selektiven Leiten, Fokussieren, Anhangen, usw. 

Es geht daher auch hier um die Balance und um keine absolut 

freie Achtsamkeit. In meinem Denkmodell „darf“ und „sollte“ 

dieses Balancieren durch ein "Im-Selbst-Stehen" optimiert 

werden.

386 

Die fünf Skandhas 

Im letzten Mail bin ich etwas pauschal und vielleicht etwas geringschätzig 

mit Ihrem Bezug auf die fünf "Skandhas" umgegangen. Sie schrieben: 

"Woran man haftet, dadurch tritt man in Erscheinung. Die Struktur 

von Welt und Ego wird durch den Prozess der fünf skandhas 

gebildet. Diese sind: 

1. Form.;. 

2. Gefühl; 

3. Wahrnehmung; 

4. Zweck; 

5. Bewusstsein. 

Dieser Prozess in seiner Gesamtheit macht die Wirklichkeit, die 

das Ich objektiv erlebt. Das Denken gehört dazu. " 

Was mich daran störte, waren bloß die irreführenden deutschen Begriffe, 

die als Übersetzungen angeboten wurden. 

In meiner Sprache würde dieser Gedanke etwa so klingen: 

Das "Erleben", welches man "selbst" gewahrt und das dadurch zu dem 

wird, was wir "Bewusstsein" nennen, hat in ihrem "verbindenden Dasein" 

jeweils "für mich" zwei Dimensionen: 

• das "Sosein"; 

• und das "Wertsein". 

Das "Sosein" lässt die "unterscheidende und trennende Form" und das 

"Wertsein" das "verknüpfende Gefühl" für mich "erscheinen". 

"Sosein" und "Wertsein" interagieren aber im Erleben hinsichtlich 

meines "Wahrnehmens". 

Das "Wertsein für mich" selektiert das "Sosein für mich" und macht mir 

als "Form" bewusst, was mich "betrifft". 

Das "Sosein für mich" (also "die aktuell vom Wertsein für mich selektierte 

Form" sowie die "bereits in mir als Erfahrung" aufgehobenen "für mich se-

387 

lektierten Formen") "fokussiert" wiederum das "mich mit der Welt verknüpfende 

Wertsein" auf das "Gewahren von bereits begehrendselektierte 

Formen" als Ziele und "Zwecke" und steuert so mein "begehrendes" 

Handeln. 

Das im "Selbst" der Erlebens-Dimension "Dasein" (die mein 

Erleben mit dem Umfeld "verbindet") stehende "Bewusstsein" 

umfasst auf diese Weise (als das konkret in das Umfeld 

hinausreichende "Ganze") in seiner "Weite" die Welt in einer 

"für mich" relevanten Perspektive und Reduktion. 

Im "Dasein des Erlebens" unterscheidet sich also "Sosein" und "Wertsein", 

was im "Bewusstwerden des Erlebens" den Unterschied zwischen "Form 

(1.) des Erlebens" und "Gefühl (2.) des Erlebens" erzeugt. 

Im wechselwirkenden Interagieren dieser beiden Erlebens-Dimensionen 

entsteht im "bewussten Gewahren des Erlebten" die "für mich selektierte 

Wahrnehmung (3.) des Soseins des Erlebten" und "die für mich selektiert 

begehrte Form" als Ziel und "Zweck" (4.) meines strebenden Bewegens. 

All dies wird in mir als "Erfahrung" aufbewahrt, was dann gemeinsam mit 

meinem aktuellen Gewahren das aktuelle "Bewusstsein" (5.) mit bestimmt 

und mir dort als "Gewohnheit" nicht nur als "Werkzeug" dienen, 

sondern mich auch fesseln kann. 

Zu beachten ist bei diesem Gedanken-Gang, dass man den Unterschied 

zwischen dem "Gewahren des Erlebens" und dem 

"Gewahren des Erlebten" beachtet. 

Es ist dies eine ähnliches Unterscheiden wie jenes, das ich zwischen "Bewegen" 

und "Bewegung" oder zwischen "Erleben" und "Erlebnis" mache. 

Auch wäre der Zusammenhang mit den drei Gunas zu beachten.

388 

Nichtwissen 

In den zur Zeit bei uns aufgegriffenen östlichen "Weltbildern", scheint ein 

zentraler Begriff das "Nichtwissen" zu sein, über das aber gerade mit 

eben diesem "Nichtwissen" unermüdlich geredet wird. 

Dieses Reden soll die Prediger anscheinend zu einem "ihnen von 

ihrem eigenen Nichtwissen vorgegaukelten" echten "Wissen" 

führen, das man aber eigentlich gar nicht "wissen" könne. 

Also betrachten diese Propheten jenen Augenblick, in welchem im Menschen 

ein "handlungsrelevantes Wissen" (das sie aber als "Nichtwissen" 

bezeichnen) auftaucht, als den "entscheidenden Moment". 

Hier solle man nämlich die das "handlungsrelevante Wissen" 

(das eigentliche "Lebenswerkzeug") zurückweisen, weil sonst irgend 

ein Zug, den diese Seher aber nur in ihrem Nichtwissen 

zu sehen meinen, "abgefahren" sei. 

Da sie diese "die Lebens-Not wendenden Werkzeuge" aber abweisen zu 

versuchen (d.h. zu "ver-achten") ist selbstredend dann kein im "Sein verbundener 

seiender Grund" (d.h. kein Ihnen entgegenstehender Grund) zu 

finden, den diese Weltflüchtlinge mit Ihrem "verachteten Werkzeug" hätten 

suchen und bearbeiten können. 

Sie wollen ja, ihrem Weltbild entsprechend, in der Welt gar 

nicht arbeiten, sondern weltflüchtig nur eine in ihrem Nichtwissen 

als Begriff auftauchende sog. "Stille" erreichen. 

So meinen diese Denker in ihrem "regen Nichtwissen" (welches die Arbeit 

in der Welt hinausschiebt und lieber einen "grandiosen Teppich des Nichtwissens" 

webt) zu entdecken: 

• dass es gerade dieses "für Ihr Entdecken angeblich brauchbare 

Nichtwissen" es sei, welches für sie das eigentliche "Schlamassel" 

anrichtet, indem es ihnen vorgaukelt, dass sie in einer 

"angeblich vom Nichtwissen vorgegaukelten Welt" 

arbeiten sollten.

389 

Damit also "der von ihrem Nichtwissen vorgegaukelte Zug" nicht mit ihnen 

"abfährt", treiben sie weiterhin "in ihrem Nichtwissen eine flotte Denk- 

Gymnastik", welche aber angeblich ohnehin nichts taugt. 

Also müssten diese Prediger aufgrund dieses "Herumturnens in 

ihrem Nichtwissen" doch zu der sie verwirrenden Ansicht 

kommen, dass all dies, was ihr "Nichtwissen" ihnen als "eigentliches 

Wissen" selbst "nichtwissend vorgaukelt" eigentlich ein "die 

Tat meidender Selbstbetrug" sei. 

Also muss man, wie Sie richtig schreiben, früh beginnen: 

"Auf (unvermutete) Sinneseindrücke reagieren wir mit einer 

Empfindung als geistige Reaktion (vedana). Wer hier stoppen 

kann, der hat’s geschafft." 

Ein kleiner Nachtrag: 

Wenn in deutschen Übersetzungen vorwiegend mit „begrifflichen Negationen“ 

gearbeitet wird, dann ist immer Vorsicht am Platz. 

In solchen Übersetzungen weiß man nämlich immer sehr redselig 

und anschaulich zu beschreiben und dann auf dem Beschriebenen 

herumzudenken, z.B. was es mit dem sog. „Nicht-Wissen“ 

für eine Bewandtnis habe, ohne aber sagen zu „können“, was 

das Negierte, also das „Wissen“, dann eigentlich sein soll. 

Oder wenn dann unter dieses Denken dann noch „gegenteilige Begriffs- 

Negationen“ darunter gemischt werden, wie „Nicht-Tun“, „Nicht- 

Denken“ oder „Nicht-Geist“ usw. 

Da brauen sich dann im Kopf unbewusst Sätze zusammen, wie: 

• „Nur durch ‚Nicht-Denken’ kannst Du ‚Wissen’ erwerben. 

• Jedes ‚Denken’ führt dagegen zum ‚Nicht-Wissen’. 

• Dem ‚Nicht-Wissen’ entsprechend zu handeln, führt wiederum 

zum ‚Tun’, während ‚wissend’ zu handeln zum ‚Nicht-Tun’ führe. 

• Aber alles dies dürfe sich nur im ‚Nicht-Geist’ abspielen, usw.“ 

Was damit gesagt werden soll, ist schon klar und einleuchtend. Aber diesen 

Sachverhalt kann man doch „direkter“ und dafür „differenzierter“ sagen.

390 

Also nicht bloß mit „herumredenden“ Negationen und gerade 

deswegen eben auch verständlicher und treffender.

391 

Jesus Sirach 

Ihre Anmerkung kann ich gut nachvollziehen, wenn Sie schreiben: 

"Ihr Email ist auch eine ausgezeichnete Achtsamkeitsübung. 

Meine Botschaft ist ein wenig schwieriger zu vermitteln als Ihre, 

denn sie muss sich eines Mediums bedienen, gegen dessen uneingeschränkter 

Betätigung sie argumentiert. 

Daher sind scheinbare Widersprüche, die Sie im übrigen als untrügliches 

Indiz der Wirklichkeitsnähe schätzen, nicht immer zu 

vermeiden. 

Dagegen entfalten Sie neue Gegensatzpaare nach Belieben, ordnen 

Weltbilder zu, stellen Weltflüchtigkeit fest und finden 

schliesslich den Tatbestand des 'die Tat meidenden Selbstbetrugs' 

verwirklicht." 

Es soll nun nicht den Anschein einer "wissens-orientierten Kritik" erwecken, 

wenn ich zu jedem Ihrer Mails wieder eine "hinein-schneidende" 

Kritik "an-führe". 

Auch hier im denkenden Interagieren "nehme" ich ihre "mit-geteilten" Gedanken 

als etwas Seiendes "wahr", und "schneide" dann in meinem 

Denken, als einem "realitätsbezogenen Probehandeln" (als einem auf Ihre 

"seiend mit-geteilten" Gedanken bezogenen Denken) "kritisch" in die 

"Fugen Ihrer mit-geteilten Wirklichkeit". 

In diesem Tun ist aber, wenn ich mein Mail schreibe, so etwas wie "kein 

Hauch" zwischen meinem "wahrnehmenden Denken", meinem "probehandelnden 

Denken" und meinem "körperlichen schreibenden Handeln". 

Ich gewahre bei diesem Tun im begleitenden Denken auch kein 

"Ihrem Ich" gegenüberstehendes "eigenes Ich" und auch keine 

uns beiden "gegenüberstehende Welt". 

In diesem Bereich des Unterscheidens ist dann eben so etwas wie "Stille", 

die sich bloß als "Wohlgefühl" einstellt und mir so etwas gibt, wie ein 

"Gewahren eines Richtig-Liegens" in einem "freien Lauf".

392 

Wenn mein Mail dann geschrieben ist, dann bin ich oft selbst ü- 

berrascht, was da alles steht. 

Auch ich muss dann schmunzeln, welche scheinbar an den Haaren herbeigezogene 

"Schmetterlinge" ich da im "denkenden Handeln" loslasse, 

welche mir "für mich alleine nachdenkend" vielleicht gar nicht in den Sinn 

gekommen wären. 

Die also aus den von mir kritisch aufgenommenen "Fugen der 

Wirklichkeit" Ihrer "mit-geteilten" Gedanken emporstiegen. 

Da kommt mir nun der Gedanke: 

• dass ich an einem Strand sitze und handelnd etwas aus dem 

Wasser "bergen" möchte; 

• während Sie jemanden vor Augen haben, der am Strand sitzt 

und das Wellenspiel mathematisch erfassen oder die Freude 

an der am Horizont untergehenden Sonne als Stille genießen 

will. 

Dies kenne ich auch. 

In beiden "Stimmungen" stellt sich Freude und Verbundensein mit der 

Welt ein. 

Ich fühle mich nun aber als Typ vielleicht mehr dem "einen Ruf 

vernehmenden Bergen" unbewusst "hin-gezogen". 

Ich gewahre mich daher als nicht getroffen, wenn Sie mich beruhigend nun 

so charakterisieren: 

"Befürchten Sie, dass Sie sich verlieren werden, wenn das Denken 

aufhört und Stille einkehrt? 

Diese Sorge ist völlig unbegründet. 

Ich bin nicht dafür, das Denken zu meiden. 

Auch im Augenblick denke ich. 

Man sollte denken, wo es Sinn macht, aber es sollte selbsterhellend 

sein, zu einem Wissen führen, was seine Beweggründe, Begleitumstände, 

Rückwirkungen sind.

393 

Darin sehe ich ein Erfahren des Denkens. 

Das Denken sollte seine Tendenz zur Selbstdistanzierung vom 

Handeln bedenken können! 

Es scheint mir so, als könnten Sie dieses gerade nicht denken. " 

Anderer Meinung bin ich hinsichtlich dieser Gedanken nur hinsichtlich des 

"Zweckes des Denkens". 

Sie meinen offensichtlich, dass das Denken zu einem "Wissen" 

führen "solle". 

Ich bin dagegen der Meinung, dass das Denken dazu da ist, "Wissen 

handlungsrelevant zu verarbeiten", damit dann das "so vorbereitete 

und begleitende Denken" aus dem Handeln die "laufenden Rückkoppelungen 

des Tuns" simultan aufnehmen und zur "Grundlage neuer Erfahrungen" 

machen kann, die dann wiederum als "Wissen" vom Denken 

handlungsrelevant verarbeitet werden. 

Ob die Handlung nun im "mit-teilenden Dialog" besteht oder 

im "körperlichen Tun", das macht hinsichtlich des Denkens für 

mich keinen wesentlichen Unterschied. 

Deswegen ist ja meiner Ansicht nach die begriffliche Entgegensetzung von 

"Körper und Geist" ziemlich irreführend. 

Ihrer Ansicht: 

"Das Denken sollte seine Tendenz zur Selbstdistanzierung vom 

Handeln bedenken können!" 

stimme ich schon zu, aber es macht eben einen Unterschied: 

• ob dieses Denken "anwendungsbezogen"; 

• oder bloß "sich selbst aufschaukelnd selbstbezogen" ist und 

seine Anwendung immer nur "zeitlich" vor sich herschiebt. 

Eine "direkte Selbstanwendung" des "Gedachten" ist ziemlich schwierig.

394 

Es ist aber ein Traum, wie die Lügengeschichte des Baron von 

Münchhausen zeigt. 

Leichter ist es, jene Gedanken auch auf sich selbst anzuwenden, indem 

man sie "kritisch-helfend" auf einen Anderen anwendet. 

Wo man also gleichsam "über die Bande des mitmenschlichen 

Helfens" die Kugel auf sich selbst zurück spielt. 

Nur muss man dabei eben das unmittelbare Rückwirken als "Belohnung" 

auch gewahren und "zulassen" und man sollte nicht "erwartend" darauf 

"spekulieren", dass eine vom Anderen ausgehende Aktion als "vermittelte 

Rückwirkung" eintritt. 

Diese Erwartung wird selten erfüllt! Meist bleibt der Helfende alleine, 

wenn er selbst Hilfe braucht. 

Hierher passt die chinesische Lebensweisheit: 

• dass man nämlich, wenn man Mitmenschen Gutes tut, nur bewirkt, 

dass sie einen vergessen, denn sie wollen ja ihre Schuld 

vergessen; 

• wolle ich dagegen bewirken, dass Mitmenschen mich auf ewig 

in ihr Herz schließen, dann sollte ich ihnen Gelegenheit "geben", 

für mich Gutes zu tun, denn ihre eigenen guten Taten 

würden sie sicher nicht vergessen, diese daher auf ewig in Erinnerung 

behalten und daher mit ihrem eigenen guten "Geben" 

auch mich auf ewig in ihr Herz schließen. 

Durch Zufall lief mir vor einigen Tagen "Das Buch Jesus Sirach" über 

den Weg. 

Gestern habe ich es fasziniert durchgelesen. 

Dieses Buch kann meiner Ansicht nach unmöglich ein und der selbe Mensch 

verfasst haben: 

• der erste Teil entspricht mir vollkommen. Es wird dort "handlungsrelevante 

Weisheit" mitgeteilt. An die Stelle des Wortes 

"Gottesfurcht" brauche ich beim Lesen nur meinen eige-

395 

nen Gedanken des "Hinhörens auf das jeweils Umfassende" 

mir ins Bewusstsein rufen, aus welchem ja sofort das 

"Hinhören auf das Mit-Andere" und das "Aufnehmen eines 

Einstellwirkens" aufleuchtet; 

• der letzte Teil des Buches ist dagegen "weltbild-orientiert 

lobpreisende Gottes-Propaganda" im Dienste einer Priester- 

Organisation.

396 

Eingipfeliges Bewusstsein 

Sie bewegen sich in Ihrem Denken in der "Falle des Zenon", wenn Sie von drei Zeiten 

sprechen. Sie schreiben: 

"Noch ein weiterer Punkt ist unklar. 

Denken findet in den drei Zeiten statt. 

Handeln in absoluter Präsenz, wie soll im anwendungsbezogenen Denken 

der Übergang zwischen diesen Welten stattfinden?" 

Zu dieser Dreiteilung passt dann auch Ihre Zweiteilung: 

"Wie hört das Denken auf, wie fängt das Handeln an? 

Dennoch scheint es mir richtig, vor allem ausgehend von einem sich mit 

problematischen Produkten selbst zusetzenden Denken, dass es zu einem 

Durchbruch aus der Sackgasse heraus kommen muss. 

Die Sackgasse ist das sich selbst zusetzende Denken..... 

Dass selbstbezogenes Denken zu den grössten Verzerrungen führt, ist 

klar (aber ist sinnendes Denken schon selbstbezogen?)." 

Sie sehen offensichtlich das "Denken" vom "Handeln" zeitlich getrennt und meinen 

auch moralisierend, dass eine "Selbstbezogenheit des Denkens" ein Fehler sei: 

• ich sehe für mich dagegen keine zeitliche Trennung, welche das "Denken" 

vom "Handeln" scheiden würde; 

• auch leuchtet mir nicht ein, warum die unterschiedlich möglichen "Bezüge 

des Denkens" von unterschiedlichem Wert sein sollten. 

Problematisch ist doch ggf. nicht das "Denken", sondern das "Haben von Gedanken". 

Es macht auch beim "Bewegen" einen Unterschied, ob ich mich z.B. beim 

Laufen im Einssein mit dem Gelände "bewege", oder ob ich beim Laufen 

nur "Gedanken" als vorgestellte "Bewegungen" ausführe. 

Nur in diesem Falle könnte man fragen, wann und wie das "vorsätzliche Gedanken- 

Haben" zeitlich endet und wann dann deren Realisierung beginne. 

Aber wer sagt denn, dass nur deshalb, weil das "Gedanken-Haben" endet, dann auch 

das "Denken" enden müsse?

397 

Auf welche Weise könnte dann, wenn das "Ausführen einer vorsätzlichen 

Bewegung" nicht wie vorgestellt läuft, das "tatsächliche Bewegen" denkend 

verarbeitet und dann als Rückkoppelung verändernd in das Realisieren 

eingebracht werden? 

Ich kann mich auch hinlegen und atmen, ohne mir ein "Bild vom richtigen Atmen" zu 

machen, und dann "ohne Gedanken zu haben" sehr wohl das "tatsächliche Atmen" 

achtsam denkend begleiten und dieses zu "Gedanken über das tatsächliche Atmen" 

formen, so dass ich dann im "Bewusstsein" die "Gedanken möglicher Vorsätze" 

mit dem "Gedanken der tatsächlichen Realisierung" vergleichen und ggf. dementsprechend 

auch mein "Bewegen" korrigieren kann. 

"Bewusst vergleichen" kann man nämlich nur "Wissen", also "Bewegungen", 

und nie das "Bewegen" selbst. 

Sie meinen nun auch, dass sich das "Bewusstsein" mit "Gedanken" zusetze, was 

dann auf das "Denken" eine zu starke Faszination ausübe. 

Hier liegt aber das Problem nicht darin, dass man nun nicht mehr "denken" 

könne, sondern gerade darin, dass das "Denken" so chaotisch beschleunigt 

wird, dass es gar nicht mehr bei einer Sache verweilen, und 

dadurch gar keinen "Gedanken" mehr fassen kann. 

Dies sowohl: 

• im Sinne von "bei einem Gedanken verweilen können"; 

• als auch im Sinne von "einen zusammenfassenden eigenen Gedanken 

zur Welt bringen" zu können. 

Ein Handeln kann dann allerdings die Achtsamkeit umorientieren und dadurch das 

erfolglose Bemühen, einen Gedanken zu fassen, abschalten. 

Was hier als Plage abgeschaltet wird, das sind aber nicht die "Gedanken", 

sondern das Bemühen, "denkend einen Gedanken zu fassen". 

Deswegen wird in der Meditation auch das sogenannte "eingipfelige Bewusstsein", 

bzw. die "Einspitzigkeit des Geistes" (citt`ekaggata) angestrebt, was dann eine "Soheit" 

erscheinen lässt.

398 

Sammlung 

Sie fragen: 

"Wo ist von der Denkanregung ausgehend die Abzweigung dieser 

zwei Wege? Das Denken, das Sie vom 'Haben der Gedanken' 

unterscheiden, ist notwendigerweise gegenstandslos, es verschmilzt 

ja mit seinem Objekt, subjektlos und ist nicht-dual. 

Dann findet es auch nicht in gegensätzlichen Kategorien statt. 

Mangels Subjekt-Objekt keine Fixierung. Dieses Denken ist 

nicht-sprachlich. Es entspricht offenbar einer 'Schau' ". 

und sind der Meinung: 

"Reflexives Denken ist aber eine weitere Form des Denkens. 

Was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Verhältnis 

zu Ihrem eingipfeligen Denken und zum 'Gedanken haben'?" 

Ich habe nie von einem "eingipfeligen Denken" gesprochen, sondern von 

einem "eingipfeligen Bewusstsein", in welchem die "Vielheit der Gedanken" 

gelassen denkend in "Eins" gebunden sind. 

Das Denken in einem "eingipfeligen Bewusstsein“ ist daher in 

meinem Denken keineswegs "gegenstandlos", wie redegewandte 

Mystik-Theoretiker geschickt vorgaukeln, in dem sie das 

"fast gegenstandslos" zum "absoluten Gegenstandslos" hochphantasieren. 

Warum sollte, wenn man "im Selbst steht" und dadurch im "Sein des 

Seienden" mit dem "seienden Gegenstand" "verbunden" ist, dieser gegenstehende 

"seiende Gegenstand" aus dem Bewusstsein verschwinden, so 

dass dann das Bewusstsein und das Denken "gegenstandslos" wäre? 

Diese Weltanschauung ist meines Erachtens reine Phantasie, 

welche als Weltbild allerdings auf das Denken "wirkt". 

Ich unterscheide daher das "eingipfelige Bewusstsein", welches mir als 

"Soheit" erscheint, von einem "in ein Vielerlei von Gedanken zerlegtes 

Bewusstsein", welches mir als geordnetes oder chaotisches "Sosein", d.h.

399 

als ein „geordnetes oder chaotisches seiendes Gedanken Haben" gegenüber 

tritt. 

Ich habe auch keine verschiedenen Arten des Denkens. 

Je nach dem, worauf sich mein Denken richtet, könnte man 

es allerdings vom Gegenstand her unterschiedlich "benennen", 

z.B. als "reflexiv" dann, wenn es Gedanken zum Gegenstand 

hat. 

Das Denken in einem "eingipfelige Bewusstsein" hat daher ebenfalls einen 

Gegenstand. Dieser Gegenstand können die reflexiiv in Eins gebundenen 

"seienden Gedanken" sein, oder eben das "in-Eins-gebundene außer mir 

Seiende", in dessen "Fugen" mein Denken fließt, um aus diesem "Gegenstand" 

(bzw. Objekt) dann "Gedanken" herauszuziehen und zu formen. 

Es handelt sich also immer nur um eine "Umorientierung der Achtsamkeit". 

deswegen schrieb ich ja in meinemletzten Mail: 

"Ein Handeln kann dann allerdings die Achtsamkeit umorientieren und dadurch 

das erfolglose Bemühen, einen Gedanken zu fassen, abschalten. 

Was hier als Plage abgeschaltet wird, das sind aber nicht die 

"Gedanken", sondern das Bemühen, "denkend einen Gedanken 

zu fassen". 

Deswegen wird in der Meditation auch das sogenannte "eingipfelige Bewusstsein", 

bzw. die "Einspitzigkeit des Geistes" (citt`ekaggata) angestrebt, 

was dann eine "Soheit" erscheinen lässt, und ich füge nun hinzu, 

dass dies vorgeschlagen wird: 

• weil man eben als Anfänger in seinem Bemühen, "denkend einen 

Gedanken zu fassen", meist deswegen scheitert, weil man 

das „gelassene Sammeln“ angesichts der „Vielheit der Gedanken“ 

und deren „wertgeladener Bedeutung“ noch nicht 

„kann“; 

• geht es daher vorerst darum, jenes überfordernde „Bemühen“ 

aufzugeben und die Gedanken in Ruhe zu lassen;

400 

• um eben mit dem Denken gelassen die „Sammlung“ („samadhi“) 

anzubahnen; 

• bis man eben erreicht hat, in einem "eingipfelige Bewusstsein" 

verweilen zu „können“; 

• und dieses Bewusstsein dann, "denkend" den „Fugen 

der Wirklichkeit folgend“, (bzw. "denkend" den "Fugen der 

seienden Soheit" als Wirklichkeit folgend) sich „wandeln“ und 

bewegt „wandern“ zu lassen. 

Dass auf diesem Weg sich "Phasen intensiver Freude" einstellen, die, wie in 

der "Sammlung", zum Verweilen und zum Abbrechen des Weges "einladen", 

das ist allerdings der "Fall".

401 

Verschmelzen und Gegenstandslosigkeit 


"In dem Mail betreffend Jesus Sirach schrieben Sie mir noch: 

'Ich gewahre bei diesem Tun im begleitenden Denken 

auch kein 'Ihrem Ich' gegenüberstehendes 'eigenes Ich' 

und auch keine uns beiden 'gegenüberstehende Welt'.' 

Das ist eine sehr weitreichende Aussage. 

Wenn es nicht einmal einem Gewahren gelingt, den Vorgang der 

Selbstkonstruktion von Welt beim Denken zu sehen, wie soll es 

einem Denken gelingen?" 

Wenn ich "im Selbst stehend" mein mit der Umwelt agierendes Bewegen 

(oder auch das "denkende Bewegen" im Dialog) selbst gewahre, wenn also 

genau dieses Wechselwirken im Fokus meiner Achtsamkeit steht, dann gewahre 

ich "daneben" kein "isoliertes" Subjekt und keine "isoliertes" 

Objekt, sondern ich bin in der "bewegte Brücke" meines Handelns. 

Das bedeutet aber nicht, dass es die auch getrennt zu gewahrenden 

Ufer "nicht gibt". 

Dann setzen Sie fort: 

"Zunächst stellen Sie mir die Alternative 'Gedanken-haben' zum 

'Denken' vor, daraufhin gelingt mir eine Zuordnung: aha, das 

muss also das Denken ohne Subjekt/Objekt sein, in dem es keine 

gegenüberstehende Welt, kein Ich gibt. 

Wieder falsch. 

Jetzt sagen Sie, dass Sie 'nicht einmal' verschiedene Arten des 

Denkens hätten. 

Dafür hat diese Bewegung recht viele Spuren hinterlassen." 

Wenn ich sage, dass es für mich "nur eine Art des Denkens" gibt, so ist 

das wie mit meinem Auto. 

Ich habe nur eines, obwohl ich mit diesem an verschiedene Orte fahren 

und auf dem Weg dorthin unterschiedliche Spuren hinterlassen kann:

402 

• hier sage ich ja auch nicht, dass ich, je nach angesteuertem 

Ort, ein "München-Auto", ein "Paris-Auto", ein "Kopenhagen- 

Auto" usw. habe. 

Hinsichtlich des "Bergens" merken Sie an: 

"Sie sprachen auch von einem 'Bergen'. 

Das Bergen steht typischerweise im Interesse des Geborgenen 

und nicht des Bergenden. 

Damit kann, wenn diese Bedeutungen stimmen, Erkenntnis nicht 

das Ziel eines solchen Vorgehens sein. 

Ich halte die Vorstellung nicht für überfordernd, dass ein Denken 

oder ein Bergen gegenstandslos ist. 

'Bergen' kann auch kein 'Verstehen' sein. 

So etwas wie Gegenstandslosigkeit gibt es nur im Zen, dort findet 

ein Verschmelzen statt. " 

Wer sagt denn, dass das "Bergen" im "Interesse" des Geborgenen geschieht? 

Es ist zum "Nutzen" des Geborgenen. 

Dieser Nutzen ist aber doch nicht das Motiv des Bergens! 

Die "Geborgenheit des Zu-Bergenden" ist der "unmittelbare 

Zweck" der "Handlung des Bergens". 

Bei diesem "Bergen" kann natürlich der Bergende ohne bewusstes eigenes 

Motiv sein und einer "inneren Stimme", d.h. einem "Einstellwirken" 

folgen. 

Aber dadurch gerät doch "der zu bergende Gegenstand" nicht 

aus dem Blick, so dass man von "gegenstandslos" sprechen 

könnte. 

Ich verstehe daher auch nicht, wie durch ein sog. "Verschmelzen" eine 

sog. "Gegenstandslosigkeit" entstehen soll? 

Wenn "Ich" mit etwas "verschmelze", dann meine ich damit, 

dass ich mich im "Sein des Seienden" als "verbunden" gewahre.

403 

Warum soll deswegen sowohl das Ich als auch das Du nicht mehr "gewahrt" 

werden können? 

Ich kann in diesem Erleben meine Achtsamkeit auch "wandern" lassen, z.B. 

auf das "Glück", dass das Verbundensein ist und dann meine Achtsamkeit 

auf das "Wertsein dieses Erlebens" fokussieren, was natürlich dann das 

"Sosein" in den Hintergrund treten lässt. 

Dies ist aber keine notwendige Folge des Gewahrens des 

Verbundenseins, sondern die "Folge der veränderten Fokussierung 

meiner Achtsamkeit". 

Das Wandern ihrer Achtsamkeit "wandelt" nicht nur Ihr Erleben, sondern 

auch Ihr Handeln. 

Wenn Sie zum Beispiel mit dem "Zweck" laufen, sich mittels des Laufens 

"Freude zu bereiten", dann ist das Laufen nicht mehr das "Mittel eines 

Fortbewegens", sondern ein "Mittel des Lustgewinns". 

Sie "laufen" dann aber eigentlich "nicht als Handlung", sondern 

sie bereiten sich "handelnd" Lust mittels des Laufens. 

Ich habe den Eindruck, dass das Ihrem Denken vorausgesetzte Weltbild 

sehr stark geprägt ist: 

Also: 

• einerseits von der westlichen Unterscheidung von Subjekt 

und Objekt: 

• andererseits von Interpretationen mystizierender Theoretiker, 

welche über ein angeblich im „Seienden“ mögliches 

„gegenstandsloses Verschmelzen“ phantasieren. 

• auf der einen Seite haben Sie dann eine "absolut getrennte Gegenständlichkeit"; 

• auf der anderen eine "absolute Verschmelzung", die alles 

auslöscht. 

Mit einem solchen Weltbild werden Sie "denkend" nicht glücklich werden 

"können", sondern vermutlich immer nur denkend im Dreieck springen.

404 

Ich habe auch den Eindruck, dass Sie alle meine Gedanken zuerst in Ihre 

eigenen Schläuche schütten und erst danach als "angeeignete Gedanken" 

denkend verarbeiten. 

Sie werden nun fragen, wie denn etwas anderes möglich wäre, 

wenn es doch Ihrer Meinung nach: 

"nicht einmal einem Gewahren gelingt, den Vorgang der 

Selbstkonstruktion von Welt beim Denken zu sehen, wie 

soll es einem Denken gelingen?" 

Da sage ich darauf, dass Sie vom "Gedanken der Selbstkonstruktion von 

Welt" loslassen und "mit der Selbstkonstruktion von Welt selbst beginnen" 

sollten: 

• fangen Sie also an zu "denken", statt sich über Gedanken Gedanken 

zu machen; 

• Sie werden dann den Unterschied schon merken, wenn Sie 

denkend die Spuren Ihres eigenen Denkens aufnehmen und als 

eigene Gedanken zu Ihren bereits vorhandenen Gedanken dazu 

stellen. 

Dies ist ganz ähnlich wie bei jenem Koan des Zen, welches die Frage aufdrängt, 

wie das eingesperrte Küken aus der Flasche kommt. 

Hierzu fällt mir ein, dass ich vor sechs Jahren ein Buch in die 

Hand bekam, welches mich sehr erfreute, weil es vieles bestätigte, 

was ich mir bitter selbst erarbeiten musste. 

Beim Lesen dieses Buches sah ich aber auch, wie der westlich geschulte 

Geist des fernöstlichen Autors in manchen seiner Interpretationen auch 

nicht heraus kam aus dem ihn imponierenden "Klettergarten von Kant". 

Da es sich hierbei aber nur um etwas Angeeignetes handelte, 

verdeckte es nicht die klare Sicht des Autors auf die Welt. 

Es handelt sich um das lesenswerte Buch des Japaners GEORGES OHSAWA 

(NYOITI SAKURAZAWA): "Das Einzige Prinzip der Philosophie und der 

Wissenschaft des fernen Ostens".

405

31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

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