Zusammenfassung-Familienrecht-ZGB-II
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Das <strong>Familienrecht</strong> des Schweizerischen Zivilgesetzbuches <br />
H. Hausheer/T. Geiser/R. E. Aebi-‐Müller <br />
§ 1 Einführung in das <strong>Familienrecht</strong> <br />
1. Gegenstand des <strong>Familienrecht</strong>s <br />
a. Familie <br />
-‐ soziale Gruppe <br />
-‐ Mehrzahl von (verwandten, verschwägerten oder im gleichen Haushalt lebenden) Per-sonen<br />
<br />
à Familienstruktur ist stetigem gesellschaftlichen Wandel unterworfen <br />
b. <strong>Familienrecht</strong> <br />
-‐ Gesamtheit der Normen, die personen-‐ und vermögensrechtliche Beziehungen, durch <br />
Ehe oder Verwandtschaft entstanden, regeln <br />
-‐ regelt Vormundschafts-‐ und Erwachsenenschutz <br />
-‐ sehr vielfältig und lebensnah <br />
c. Charakterisierung der Regelungsbereiche <br />
-‐ <strong>Familienrecht</strong> regelt Rechtsbeziehungen zwischen einzelnen Familienmitgliedern <br />
-‐ das <strong>Familienrecht</strong> hat eine ordnende Funktion (Bestimmungen zum Personenstatus) <br />
-‐ „dogmatisch erfassbare“ (Bsp. Güterrecht) und stark wertungs-‐/ermessensgeprägte <br />
Teilbereiche (Bsp. elterliche Sorge) <br />
-‐ Bestimmungen zu Sozialhilferecht und materiell öff. Recht (Erwachsenenschutz) <br />
2. Gesetzessystematik <br />
<strong>Familienrecht</strong> ist der zweite Teil des Zivilgesetzbuches und in drei Abteilungen unterteilt: <br />
-‐ Eherecht (1. Abteilung) <br />
-‐ Verwandtschaft (2. Abteilung) <br />
-‐ Vormundschaft/Erwachsenenschutz (3. Abteilung) <br />
3. Charakterisierung des <strong>Familienrecht</strong>s <br />
a. Beschränkte Gleichstellung der Beteiligten <br />
-‐ Gleichstellung im <strong>Familienrecht</strong> teilweise fragwürdig: Eltern-‐Kind-‐Verhältnis, Vormund-schaftsschutz<br />
à Gleichstellung? (beides Private, trotzdem „hoheitliche“) <br />
b. Einschränkung der Privatautonomie <br />
-‐ <strong>Familienrecht</strong> setzt privatautonomer Rechtsverhältnisse Schranken mittels zwingendem <br />
Recht oder durch Behörden <br />
-‐ Gründe: <br />
• Rechtssicherheit (was meint Ehe, Verlöbnis etc. konkret) <br />
• Schutz vor Machtgefällen/Emotionen (Scheidung, Adoption) <br />
c. Höchstpersönliche Rechte <br />
-‐ unübertragbar, nicht vererbbar, im Voraus unverzichtbar, bedingungsfeindlich <br />
• relativ: können ausnahmsweise mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters aus-geübt<br />
werden, Vertreter kann Handlung für Person vornehmen <br />
• absolut: vertretungsfeindlich, Vertreter kann Rechte nicht an Stelle von Person <br />
wahrnehmen <br />
<br />
1
4. <strong>Familienrecht</strong> und ausserrechtliche Faktoren <br />
-‐ eherechtliche Bestimmungen sind meist zwingende Normen <br />
-‐ menschliche Beziehungen basieren aber auf Zuneigung und Liebe, die nicht vom Gesetz erzwun-gen<br />
werden können <br />
-‐ Recht probiert deshalb Missbräuchen entgegenzuwirken und die Schwächeren zu schützen <br />
-‐ Gerichte und Sozialhilfebehörden unterstützen die Durchsetzung <br />
-‐ <strong>Familienrecht</strong> durchzusetzen ist nur dann möglich, wenn Bevölkerung sich mit den Regeln und <br />
ihren Anschauungen und Brächen identifizieren kann <br />
-‐ familienrechtliche Regeln notwendig um Schutz der Schwächeren und Rechtsfrieden zu gewähr-leisten<br />
<br />
5. Historische Wurzeln des <strong>Familienrecht</strong>s <br />
-‐ vor 1912 war <strong>Familienrecht</strong> einzeln durch die Kantone geregelt <br />
-‐ seit 1912 einheitliches Eherecht im <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ inzwischen einige Male revidiert und abgeändert <br />
6. Die eingetragene Partnerschaft <br />
-‐ der Ehe ähnliche Rechtsform <br />
-‐ vermögensrechtliche Gleichbehandlung wie bei Ehepaaren (Gütertrennung) <br />
-‐ Adoption ist für gleichgeschlechtliche Paare nicht möglich <br />
§ 2 Ehe und Eherecht <br />
1. Begriff der Ehe <br />
-‐ Willenseinigung zwischen Mann und Frau <br />
-‐ Begründung einer auf Dauer angelegten öffentlich anerkannten Lebensgemeinschaft <br />
-‐ gesetzlich geordnete Verbindung zweier nicht gleichgeschlechtlichen Personen (Institution) <br />
2. Die Ehe als Vertrag und Institution <br />
-‐ Vertrag mit gesellschaftlichem Charakter <br />
-‐ Absolutheit der Bindung und gesetzliche Inhaltsbestimmung als Besonderheiten <br />
3. Ehe und Kirche <br />
-‐ nach Säkularisierung auch Ehe klar säkularisiert (Art. 97 Abs. 3 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ religiöse Eheschliessung erst nach Ziviltrauung möglich <br />
4. Schutz der Ehe als Institution <br />
-‐ es gilt die Ehefreiheit sowie der Schutz der Ehe als Institution gegenüber des Staates <br />
(garantiert in der BV und EMRK) <br />
-‐ Schutz der Eheentscheidungsfreiheit als absolut höchstpersönliches Recht <br />
-‐ Schutz gegen Ehestörung durch Dritte <br />
-‐ lex specialis; besondere persönlichkeitsrechtliche Klagen gegen den Ehepartner möglich <br />
5. Eherecht im formellen und materiellen Sinn <br />
a. formeller Sinn: Rechtnormen betreffend Abschluss, Wirkungen und Auflösung der Ehe <br />
b. materieller Sinn: Rechtsnormen, die an Bestand einer Ehe Wirkungen knüpfen <br />
(Entstehung eines Kindsverhältnisses, Schwägerschaft, Erbrecht) <br />
<br />
2
§ 4 Verlobung und Verlöbnis <br />
1. Einführung <br />
-‐ geringe praktische Bedeutung <br />
-‐ Ausdruck individueller Moralvorstellung, Rechtstradition <br />
-‐ dem Eheversprechen bei Zivilstandsamt geht zwingend ein Verlöbnis voraus <br />
2. Begriffe <br />
a. Verlobung: <br />
familienrechtlicher Vertrag, gegenseitiges Eheversprechen zwischen Mann und Frau, <br />
führt zum Verlöbnis <br />
b. Verlöbnis: <br />
familienrechtlicher Status, an den bestimmte Wirkungen geknüpft sind <br />
3. Die Verlobung als Vertrag <br />
a. Allgemein <br />
-‐ Klage auf Abschluss der Ehe ist nicht möglich <br />
-‐ absolut höchstpersönliches Recht, keine Vertretung möglich <br />
b. Persönliche Voraussetzungen <br />
-‐ Urteilsfähigkeit <br />
-‐ Volljährigkeit oder Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (bei Minderjährigen) <br />
-‐ keine Ehehindernisse (nahe Verwandtschaft, verheiratet sein) <br />
-‐ bestehendes Verlöbnis ist kein Hindernis für eine weitere Verlobung <br />
c. Form <br />
-‐ formfrei <br />
-‐ konkludente (übereinstimmende) Erklärung genügt, kein Eheversprechen nötig <br />
-‐ Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens zur Eheschliessung gilt als Ehe-versprechen<br />
<br />
d. Wirkungen <br />
-‐ Verlobung begründet Treuepflicht <br />
-‐ Verlobte sind nahe stehende Personen, im Strafrecht jedoch keine „Angehörige“ <br />
e. Kein Erfüllungsanspruch <br />
-‐ Nichterzwingbarkeit der Erfüllung des Eheversprechens <br />
-‐ unvollkommene Verbindlichkeit (kein Erfüllungsanspruch) <br />
4. Beendigungsgründe <br />
-‐ durch Eheabschluss wird Verlöbnis beendet <br />
-‐ einseitige Auflösung des Verlöbnisses ist jederzeit möglich <br />
-‐ Rücktrittsgründe spielen keine Rolle <br />
5. Folgen der Beendigung eines Verlöbnisses ohne Vertrag <br />
a. Rückgabe der Geschenke (Rückerstattungspflicht nach Art. 91 <strong>ZGB</strong> unter Verlobten) <br />
-‐ Geschenke (Vermögensgegenstände mit Vermögenswert), können gegenseitig zurückge-fordert<br />
werden <br />
-‐ übliche Gelegenheitsgeschenke zum Geburtstag, Weihnachten etc. sowie Briefe/Fotos <br />
mit Affektionswert können nicht zurückgefordert werden <br />
-‐ Dritte können sich nicht auf Rückerstattungspflicht nach Art. 91 <strong>ZGB</strong> berufen <br />
à müssen nach Vorschriften des Schenkungs-‐/Bereicherungsrechts vorgehen <br />
<br />
3
. Beitragspflicht (Art. 92 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ für Aufwendungen, die in guten Treuen im Hinblick auf Eheschliessung vorgenommen <br />
wurden, kann Verlobter vom anderen angemessenen Beitrag verlangen, wenn Verlöbnis <br />
aufgelöst wird <br />
-‐ dabei müssen diese Ausgaben Vermögensverminderung bzw. entgangener Gewinn zur <br />
Folge gehabt haben <br />
-‐ Dritte können grundsätzlich keine Beiträge nach Art. 92 <strong>ZGB</strong> verlangen; Auslagen dann <br />
den Verlobten zurechnen, wenn diese ohne Unterstützung Dritter von den Verlobten <br />
selbst getätigt worden wären (Bsp. Hochzeitsessen von Eltern organisiert) <br />
c. Genugtuung bei Verlöbnisbruch? <br />
-‐ grundsätzlich keine Genugtuungsansprüche wegen Verlöbnisbruch <br />
-‐ schwere Persönlichkeitsverletzungen bleiben vorbehalten <br />
§ 5 Die Eheschliessung <br />
1. Voraussetzungen <br />
a. Ehefähigkeit <br />
-‐ Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit (höchstpersönliches Recht) <br />
-‐ Entmündigte dürfen mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters heiraten <br />
b. Ehehindernisse <br />
-‐ Verwandtschaft in gerader Linie, Geschwister, Halbgeschwister, Adoptivkinder <br />
-‐ Verbot der Bigamie (frühere noch bestehende Ehen als Hindernis für neue Ehe) <br />
-‐ gleichgeschlechtliche Partner à eingetragene Partnerschaft <br />
2. Vorbereitungen der Eheschliessung <br />
a. Vorbereitungsverfahren <br />
-‐ vor und mit Zivilstandsbeamten <br />
-‐ keine religiöse Eheschliessung vor der Ziviltrauung <br />
-‐ zuerst Gesuch um Durchführung Vorbereitungsverfahren am Wohnsitz einer Person <br />
-‐ Zivilstandsamt prüft Gesuch (Identität der Brautleute, Ehevoraussetzungen) <br />
-‐ falls Kriterien erfüllt; Abschluss des Vorbereitungsverfahrens, !gesetzliche Fristen! <br />
-‐ bei Scheinehen 1 oder Zwangsheiraten tritt Zivilstandsamt nicht auf Gesuch ein <br />
b. Trauung <br />
-‐ nach frühstens 10 Tagen (Bedenkzeit) und spätestens 3 Monaten nach Abschluss des <br />
Vorbereitungsverfahrens stattfinden <br />
-‐ in jedem Zivilstandskreis und amtlichen Trauungslokal der Schweiz möglich (Trauungs-ermächtigung,<br />
falls Trauung in anderem Zivilstandskreis stattfindet als Vorbereitungsver-fahren)<br />
<br />
-‐ öffentlich, Anwesenheit zweier volljähriger und urteilsfähiger Zeugen (Trauzeugen) <br />
-‐ amtliche Erklärung der Ehe hat nur deklaratorischen (feststellenden) Charakter <br />
3. Eheungültigkeit <br />
a. Grundsatz: keine Eheungültigkeit ohne gesetzliche Grundlage <br />
-‐ von Zivilstandbeamte geschlossene Ehe kann nur aus Gründen von Art. 105 <strong>ZGB</strong> oder <br />
Art. 107 <strong>ZGB</strong> für ungültig erklärt werden (unbefristete/befristete Ungültigkeit) <br />
1 Ehe zur Umgehung der Bestimmungen über Aufenthalt von Ausländer. Verlobte die ein Schweizer Bürgerrecht besitzen, müssen <br />
rechtmässigen Aufenthalt in Schweiz nachweisen. <br />
<br />
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. „Nichtehe“ <br />
-‐ es liegt keine Ehe vor, wenn grundlegende Mängel die Ehe verunmöglichen <br />
-‐ keine Ungültigkeitsklage möglich, da nie eine „Ehe“ bestanden hat <br />
c. Unbefristete Ungültigkeit <br />
-‐ Klagegründe: <br />
• Bigamie <br />
• dauernde Urteilsunfähigkeit zur Zeit der Eheschliessung <br />
• Verwandschaft/Stiefkindverhältnis <br />
• Scheinehe <br />
-‐ Klagelegitimation: <br />
• kantonale Behörde am Wohnsitz der Ehegatten (Klage von Amtes wegen) <br />
• jedermann der Interessen ökonomischer, ideeller, aktueller oder virtueller Natur <br />
hat (betreffende und frühere Ehegatten) <br />
• Klage ist nicht befristet und verjährt nicht <br />
d. Befristete Ungültigkeit <br />
-‐ Klagegründe: <br />
• bei Trauung aus vorübergehendem Grund nicht urteilsfähig <br />
• Irrtum in der Person, Ehe nie gewollt <br />
• absichtliche wesentliche Täuschung <br />
• Drohung (wegen Vermögenswerten kein Ungültigkeitsgrund) <br />
-‐ Klagelegitimation: <br />
• nur betroffener Ehegatte kann klagen, Behörden nicht <br />
• Erben können Klage nur weiterführen, wenn sie bereits vor dem Tod des klagen-den<br />
Ehegatten angehoben wurde <br />
• Klagefrist dauert 6 Monate seit Kenntnis des Ungültigkeitsgrundes, in jedem Fall <br />
aber nach Ablauf von 5 Jahren seit Eheschliessung (Verwirkungsfrist) <br />
e. Wirkungen des Urteils <br />
-‐ ex nunc („von nun an, ab jetzt“) <br />
-‐ bis zum Urteil bleibt Ehe gültig und Eheleute bleiben verheiratet <br />
-‐ alle ehelichen Wirkungen (Ausnahme erbrechtliche Ansprüche) bleiben bestehen <br />
§ 6 Die allgemeinen Wirkungen der Ehe <br />
1. Die eheliche Gemeinschaft <br />
a. Begriff (Art. 159 Abs. 1 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ bestehend aus Ehegatten, gemeinsamen, minderjährigen Kindern und evt. nichtgemein-samen<br />
Kindern die im gleichen Haushalt zusammenleben <br />
-‐ entsteht bei Trauung und dauert bis zum Tod, Scheidung oder Ungültigkeitsurteil <br />
-‐ kein Rechtssubjekt, hat kein eigenes Vermögen <br />
-‐ sie entfaltet ihre Wirkungen gegenüber Eheleuten sowie gegenüber Dritten <br />
b. Inhalt und Wirkungen <br />
-‐ Intern: <br />
• durch Eheschliessung entsteht Interessengemeinschaft <br />
• deren Inhalt und Wirkungen sind zwingend durch Gesetz geregelt <br />
<br />
5
-‐ Verhältnis zu anderen Bestimmungen: <br />
• weitere Artikel ergänzen/präzisieren die Tragweite der Gemeinschaft <br />
(Bsp. Art. 114 <strong>ZGB</strong>: zweijähriges Getrenntleben reicht für Scheidungsbegehren) <br />
-‐ Extern: <br />
• Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch einen Ehegatten möglich <br />
-‐ Stellung der Ehegatten: <br />
• beide Ehegatten sind gleichberechtigt und gleichverpflichtet <br />
• Ehegatten sind gemeinsam „Haupt der Familie“ und tragen Verantwortung <br />
2. Die Organisation der ehelichen Gemeinschaft <br />
a. Einträchtiges Zusammenwirken <br />
-‐ Wahrung des Wohls und der Interessen der Gemeinschaft <br />
-‐ freie, formlose aber verbindliche „Rollenverteilung“ in der ehelichen Gemeinschaft <br />
-‐ übereinstimmende Abänderbarkeit der Vereinbarung: Gesamtwohl der Ehe im Vorder-grund<br />
<br />
-‐ Art. 159 <strong>ZGB</strong> als Grund-‐ und Auslegungsnorm für das gesamte Eherecht: Zusammenwir-ken<br />
der Treue-‐ und Beistandspflicht als Grundregel für alle Bereiche des Ehelebens, <br />
Pflicht der Sicherstellung des Wohlergehens der ehelichen Gemeinschaft und gemein-samer<br />
Unterhalt/Erziehung der Kinder <br />
b. Treuepflicht (Loyalität) <br />
-‐ sexueller, geistig-‐sittlicher Schutz der Intimität, gegenseitige Achtung und Loyalität <br />
-‐ gegenseitige Auskunftspflicht und Rücksichtnahme der Gemeinschaftsinteressen <br />
c. Beistandspflicht (Solidarität) <br />
-‐ Wohlergehen der ehelichen Gemeinschaft sichern <br />
-‐ gegenseitige moralische sowie materielle Unterstützung bei Schwierigkeiten <br />
-‐ moralische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten sind begrenzt, kei-ne<br />
gegenseitige „Ausbeutung“ und in Notlageversetzung <br />
d. Pflicht zum Zusammenleben <br />
-‐ gesetzliche Vorschrift des Zusammenlebens in einer ehelichen Wohnung <br />
à gemeinsamer Wohnsitz <br />
-‐ Verweigerung einer Wohngemeinschaft bedeutet Pflichtverletzung und kann zu Verlust <br />
der Unterhaltsleistungen sowie zu Scheidung führen <br />
§ 7 Der persönliche Status der Ehegatten <br />
1. Namensrecht <br />
a. Der amtlicher Name <br />
-‐ Amtliche Namen werden im Zivilstandsregister eingetragen (Familienname) <br />
-‐ Allianzname und Name des täglichen Gebrauchs sind nicht-‐amtliche Namen <br />
b. Der Familienname <br />
-‐ Grundsatz vom Name „von Wiege bis zur Bahre“ <br />
-‐ bei Heirat: Ehegatten behalten ihren Namen bei oder wählen einer ihrer Ledignamen als <br />
gemeinsamen Familiennamen <br />
-‐ entscheiden sich die Eheleute nicht für einen Familiennamen, so müssen sie trotzdem <br />
bei Heirat erklären, wie allfällige Kinder heissen sollen <br />
<br />
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à nach Geburt des ersten Kindes können sie innert Jahresfrist den Namen nochmals <br />
ändern (nach Änderung gilt Familienname für alle Kinder), alles Kinder aus gleicher Ehe <br />
sollen gleichen Namen tragen <br />
c. Der Allianzname und der Name des täglichen Gebrauchs <br />
-‐ der nicht als gewählte Familienname des anderen Ehegatten wird mit Bindestrich an <br />
Familiennamen gehängt <br />
-‐ Pseudonyme können als Namen des täglichen Gebrauchs im Rahmen künstlerischer Tä-tigkeiten<br />
auch nach Heirat weitergeführt werden <br />
-‐ Allianzname und Pseudonym sind beides nicht-‐amtliche Namen <br />
d. Der Name der Ehegatten nach Auflösung der Ehe <br />
-‐ bei Auflösung der Ehe durch Tod behält überlebender Ehegatte den Familiennamen bei <br />
-‐ bei Auflösung durch Scheidung behalten Ehegatten Namen bei, sofern sie nicht binnen <br />
Jahresfrist erklären, wieder den Ledignamen führen zu wollen <br />
e. Familienname und Firma <br />
-‐ Firma ist der für den Handelsverkehr gewählten Name des Trägers einer Unternehmung <br />
-‐ Einzelkaufleute müssen Firma aus Familienname bilden <br />
-‐ Kollektiv-‐/Kommanditgesellschaften müssen als Firma wenigstens einen Familiennamen <br />
tragen <br />
2. Bürgerrecht <br />
-‐ Bürgerrecht im <strong>ZGB</strong> = Kantons-‐ und Gemeindebürgerrecht <br />
-‐ Erwerb/Verlust des Schweizer Bürgerrechts durch öff. Recht des Bundes geregelt <br />
-‐ für Erwerb des Kantonsbürgerrechts ist Kanton zuständig <br />
a. Bedeutung von Art. 161 <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ findet nur Anwendung auf Ehen zwischen Schweizer Staatsbürgern <br />
-‐ Ehefrau erwirbt kantonales/kommunales Bürgerrecht ihres Mannes ohne Verlust ihres <br />
ledigen Bürgerrechts <br />
b. Bürgerrecht bei Auflösung der Ehe <br />
-‐ durch Auflösung der Ehe behält Frau durch Ehe erworbene Bürgerrechte bei <br />
-‐ verwitwete Frauen verlieren ihre Bürgerrechte nur durch Wiederverheiratung <br />
c. Bürgerrecht der Kinder <br />
-‐ Kind, das in Ehe geboren wurde, erwirbt Bürgerecht seines Vaters, ist nur die Mutter <br />
Schweizerin, erwirbt Kind das Bürgerrecht der Mutter <br />
-‐ besteht keine Ehe, erhält Kind das Bürgerrecht der Mutter, heiraten die Eltern später, <br />
erwirbt Kind das Bürgerrecht des Vaters <br />
d. Ausländische Ehegatten: Schweizerbürgerrecht und Familiennachzug <br />
-‐ kein automatisches Schweizer Bürgerrecht bei Heirat mit Schweizer, lediglich erleichter-te<br />
Einbürgerung <br />
-‐ ausländischer Ehegatte erhält Kantons-‐ und Gemeindebürgerrecht seines Partners <br />
-‐ ausländische Ehegatten haben Rechtsanspruch auf Erteilung und Verlängerung einer <br />
Aufenthaltsbewilligung (stets befristet) <br />
-‐ nach ununterbrochenem Aufenthalt in Schweiz während mind. 5 Jahren hat ausländi-scher<br />
Ehegatte Anspruch auf Niederlassungsbewilligung (unbefristet) <br />
-‐ kein Verlust des Schweizerbürgerrechts bei Heirat mit Ausländer <br />
3. Wohnung und Wohnsitz der Ehegatten und Kinder <br />
a. Eheliche Wohnung (Art. 162 <strong>ZGB</strong>) <br />
<br />
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-‐ tatsächlich gemeinsam bewohnte Wohnräume <br />
-‐ mehrere eheliche Wohnungen möglich (Mietwohnung, Ferienwohnung) <br />
-‐ Ehegatten bestimmen eheliche Wohnung gemeinsam; oft ist Wahl von verschiedenen <br />
Faktoren abhängig (Finanzen, Beruf, Schule, Familiengrösse) <br />
b. Familienwohnung (Art. 169 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Mittelpunkt des Ehe-‐ und Familienlebens, Lebensmittelpunkt <br />
-‐ grundsätzlich nur eine Familienwohnung möglich, Ehegatten verfügen gemeinsam dar-über<br />
<br />
c. Rechte der Ehegatten bezüglich der ehelichen Wohnung <br />
-‐ beide Ehegatten haben Recht, eheliche Wohnung zu bewohnen <br />
-‐ beide Ehegatten verfügen über Hausgewalt, häusliche Autorität <br />
§ 8 Allgemeine vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe <br />
1. Der eheliche Unterhalt nach Art. 163 <strong>ZGB</strong> <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Ehegatten sorgen gemeinsam mit ihren möglichen Kräften für den Familienunterhalt <br />
-‐ Unterhaltsleistungen sind geschuldet von Heirat bis zur Auflösung der Ehe <br />
-‐ das Recht auf Unterhaltsanspruch ist höchstpersönlich <br />
b. Umfang des Unterhalts <br />
-‐ Verpflichtung beider Ehegatten für den Familienunterhalt zu sorgen <br />
-‐ Bedürfnisse aller Mitglieder der Familie müssen befriedigt werden <br />
-‐ gesamter Lebensbedarf (häusliche und persönliche Bedürfnisse der Familie) decken <br />
c. Konkretisierung des Lebensbedarfs <br />
-‐ nach Art. 163 <strong>ZGB</strong> haben Ehegatten für den gebührenden Unterhalt der Familie zu sor-gen<br />
(wirtschaftliche und individuelle Verhältnisse) <br />
-‐ wirtschaftliche Verhältnisse richten sich nach Einkommen <br />
-‐ Lebenshaltung wird von beiden Ehegatten vereinbart und beide haben Anspruch auf <br />
gleiche Teilhabe an vereinbarten Lebenshaltung <br />
d. Beitragsarten <br />
-‐ Geldleistungen (aus Einkommen) und Naturalleistungen (Dienst-‐/Sachleistungen) <br />
-‐ die wichtigsten ideell gleichwertigen Leistungsarten werden in Art. 163 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> auf-gezählt:<br />
Geldzahlungen, Haushaltsbesorgung, Kinderbetreuung, Mithilfe im Be-ruf/Gewerbe<br />
des anderen <br />
e. Aufteilung der Unterhaltsbeiträge <br />
-‐ Aufteilung der Unterhaltsbeiträge/Rollenverteilung ist Sache der Ehegatten <br />
-‐ Einigung über Ehemodell (Mass und Art der Beiträge) <br />
-‐ familiäre Bedürfnisse, persönliche Umstände und Leistungsfähigkeit berücksichtigen <br />
-‐ es Leistungsbeiträge sind im Sinne der zu unternehmenden Anstrengung gleichwertig <br />
-‐ bei Uneinigkeiten der Ehegatten bezgl. Beitragsumfang à gerichtliche Festlegung <br />
-‐ zwei Arten von Unterhaltsbeiträgen: <br />
-‐ Beiträge an den gesamten Unterhaltsbedarf <br />
-‐ Geldbeiträge für die Ehegatten <br />
f. Abänderbarkeit der Vereinbarung <br />
-‐ getroffene Vereinbarungen sind verbindlich; auf gemeinsamen Wunsch abänderbar <br />
<br />
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-‐ einseitige Abänderung zulässig, wenn keine groben Nachteile entstehen <br />
-‐ „clausula rebus sic stantibus“: Aufgabenteilung nach Treu und Glauben (Art. 2 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Vereinbarungen werden im Verlauf der Ehe den veränderten Verhältnissen angepasst <br />
g. Besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung <br />
-‐ wenn beide Ehegatten erwerbstätig sind, wird für Pfändung Verhältnis der Einkommen <br />
berücksichtigt und pfändbare Quote danach festgelegt <br />
-‐ Existenzminimum wird auf Nettoeinkommen der Ehegatten aufgeteilt <br />
h. Vollstreckung des Anspruchs zwischen den Ehegatten <br />
-‐ Beitreibungsverfahren jeder Zeit möglich um vertragliche Beiträge zu erreichen <br />
-‐ Gläubiger kann bis zum Existenzminimum des Schuldners eingreifen, sofern Gläubiger <br />
zur Deckung seines Notbedarfs darauf angewiesen ist <br />
2. Der Betrag zur freien Verfügung des haushaltführenden Ehegatten nach Art. 164 <strong>ZGB</strong> <br />
a. Zweck der Bestimmung <br />
-‐ erweiterter Unterhaltsanspruch des Ehegatten, der für Haushalt/Kinder sorgt <br />
-‐ soll anderem Ehegatten persönliche Befriedigung eigener Bedürfnisse sichern <br />
-‐ gibt ihm gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit (ohne Rechenschaft abzulegen) <br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ Hausgattenehe (einer arbeitet, einer besorgt Haushalt/Kinder) <br />
-‐ wenn beide arbeiten, nur dann Anspruch, wenn Erwerb einer Person keine wirtschaftli-che<br />
Unabhängigkeit ermöglicht <br />
-‐ Betrag zur freien Verfügung nur dann, wenn wirtschaftliche Verhältnisse es zulassen <br />
c. Angemessener Betrag <br />
-‐ Ehegatten bestimmten Höhe/Arte des Beitrags zur freien Verfügung selbst <br />
-‐ Betrag soll so hoch sein, dass Ehegatte nach Abzug der allgemein zu begleichenden Las-ten<br />
Summe für persönliche Bedürfnisse übrig hat <br />
d. Rechtsnatur des Anspruchs <br />
-‐ familienrechtlicher Anspruch „sui generis“ <br />
-‐ Betrag soll dem Gatte gewisse finanzielle Selbständigkeit/Freiraum ermöglichen <br />
-‐ Ehegatte soll Alltag und persönliche Bedürfnisse ohne „Betteln“ finanzieren können <br />
e. Zwangsvollstreckung <br />
-‐ Zwangsvollstreckung unter Ehegatten immer möglich <br />
-‐ Betrag zur freien Verfügung ist Privileg erster Klasse <br />
-‐ Eingriff in Existenzminimum des Schuldners ist berechtigt <br />
-‐ bei Beiträgen durch Dritte ist Pfändbarkeit eingeschränkt <br />
-‐ Eingriff in ihr Existenzminimum ist grundsätzlich ausgeschlossen <br />
3. Ausserordentliche Beiträge eines Ehegatten an den Familienhaushalt nach Art. 165 <strong>ZGB</strong> <br />
a. Zweck der Bestimmung <br />
-‐ angemessener Ausgleich für Ehegatte, der erheblich grösseren Beitrag an ehelichen Un-terhalt<br />
geleistet hat <br />
-‐ Entschädigungsanspruch für Ehegatte auch dann, wenn er aufgrund der Beistandspflicht <br />
mehr zum Unterhalt beitragen muss, als normalerweise erforderlich <br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ Entschädigungsanspruch, wenn geleisteter Beitrag erheblich/aussergewöhnlich grösser <br />
ist und übliches Mass klar übersteigt <br />
<br />
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-‐ kein Anspruch bei geringen Mehrleistungen und besonderen Vertragsverhältnissen <br />
c. Angemessene Entschädigung <br />
-‐ keine volle sondern nur eine angemessene Entschädigung nötig <br />
-‐ Leistungsfähigkeit des Schuldners und Umfang der Beitragsleistung berücksichtigen <br />
d. Arten von ausserordentlichen Beiträgen <br />
-‐ Dienstleistungen (Beruf, Gewerbe des anderen Ehegatten) <br />
-‐ finanzielle Leistungen <br />
-‐ soweit Mitarbeit im Gewerbe des anderen Ehegatten sich im Rahmen hält, besteht kein <br />
Anspruch auf Gegenleistung (Mithilfe im Betrieb) <br />
-‐ Gegenleistung nötig, wenn Ehegatte durch Einkommen/Vermögen im weit grösserem <br />
Mass zum Familienunterhalt beigetragen hat <br />
-‐ Beitrag nicht als Rückerstattung sondern nur als „angemessene Entschädigung“ <br />
e. Festsetzung der Entschädigung <br />
-‐ Ansprüche nach Art. 165 <strong>ZGB</strong> können jederzeit geltend gemacht werden <br />
-‐ falls Ehe zur Zeit im Scheidungsverfahren, wird Gericht darüber bestimmen <br />
f. Geltendmachung der Forderungen nach Art. 165 <strong>ZGB</strong> unter Ehegatten <br />
-‐ Entschädigungsanspruch ist höchstpersönlich und verjährt während Ehe nicht <br />
-‐ bis vor Abschluss des Scheidungsverfahrens ist Anspruch jederzeit einforderbar <br />
g. Massenzuordnung der Anspruch nach Art. 165 <strong>ZGB</strong> im ordentlichen, subsidiären Güterstand <br />
-‐ Entschädigung bei Gläubiger als Errungenschaft (ordentlicher Güterstand) <br />
-‐ Belastung der Errungenschaft des Schuldners <br />
-‐ Errungenschaft des Gläubigers unterliegt aber der hälftigen Teilung <br />
4. Die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft <br />
a. Überblick <br />
-‐ tägliche Verbindlichkeiten zur Deckung der Familienbedürfnisse <br />
-‐ Art. 166 <strong>ZGB</strong> verpflichtet Ehegatten zu solidarischer Mithaftung gegenüber Gläubiger <br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ volle Handlungsfähigkeit des vertretenden Ehegatten notwendig (keine Vertretungs-macht<br />
für Ehegatten mit Beistandschaft) <br />
-‐ Vertretungsrecht besteht nur während dem Zusammenleben der Ehegatten <br />
-‐ Vertretung der ehelichen Gemeinschaft nur im Rahmen der „Familienbedürfnisse“ <br />
-‐ die Leistungen müssen unmittelbar dem Haushalt/Familienmitglieder zukommen <br />
-‐ Familienbedürfnisse werden hinsichtlich der Vertretungsbefugnis unterteilt: <br />
-‐ laufende Bedürfnisse; des täglichen Lebens (Kleider, Essen, Arzt) <br />
-‐ übrige Bedürfnisse; Ferienkosten, Mietzins, Autokauf <br />
c. Umfang der Vertretungsbefugnis <br />
-‐ ordentliche Vertretungsbefugnis für laufende Bedürfnisse der ehel. Gemeinschaft <br />
(Befugnis steht beiden Ehegatten jederzeit zu) <br />
-‐ ausserordentliche Vertretungsbefugnis für übrige Bedürfnisse <br />
(Ermächtigung des Ehegatten, Gericht oder Dringlichkeit im Familieninteresse) <br />
-‐ Ermächtigung des Ehegatten kann stillschweigend oder ausdrücklich sein <br />
-‐ Ermächtigung des Gerichts, wenn Einigung der Ehegatten nicht möglich, Antragssteller <br />
kann von Gericht für bestimmtes Rechtsgeschäft ermächtigt werden <br />
-‐ Dringlichkeit, wenn Geschäft nicht aufgeschoben werden und Genehmigung des ande-ren<br />
Ehegatten nicht rechtzeitig eingeholt werden kann <br />
<br />
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d. Wirkungen der Vertretung der ehelichen Gemeinschaft gegenüber Dritten <br />
-‐ beide Ehegatten haften solidarisch und gleichmässig für Rechtsgeschäfte <br />
-‐ gutgläubige Dritte ist geschützt, indem er beide Ehegatten belangen kann <br />
-‐ bei ausserordentlichen Vertretungsbefugnissen muss Dritter nachweisen, dass Ermäch-tigung<br />
oder Fall der Dringlichkeit vorlag <br />
-‐ wenn Ehegatte Schulden begleichen muss, für die er intern nicht aufkommen müsste, <br />
kann er güterrechtliche Ersatzforderung verlangen <br />
e. Entzug der Vertretungsbefugnis <br />
-‐ Entzug der Vertretungsbefugnis durch Eheschutzgericht <br />
-‐ Gründe der Entziehung sind: <br />
-‐ Unfähigkeit eines Ehegatten <br />
-‐ Überschreitung seiner Befugnis <br />
-‐ die Entziehung wirkt sofort, sie darf nicht durch öffentliche Publikation erfolgen <br />
5. Fähigkeit/Freiheit zur Eingehung von Rechtsbeziehungen mit anderem Ehegatten und Dritten <br />
a. Grundsatz <br />
-‐ jeder Ehegatte kann mit anderem oder Dritten Rechtsgeschäfte abschliessen (sofern Ge-setz<br />
nichts anderes bestimmt) <br />
-‐ Rechtsgeschäfte = beliebige Willenserklärungen, obligationenrechtliche Verträge <br />
b. Rechtsbeziehungen zwischen den Ehegatten <br />
-‐ Freiheit der Berufswahl aber mit Pflicht zur Rücksichtnahme auf Gemeinschaftswohl <br />
-‐ es gilt die gegenseitige Auskunftspflicht über Einkommen, Vermögen, Schulden <br />
-‐ Recht auf Informationen und wirtschaftliche Lage des Ehegatten <br />
-‐ Schulden zwischen Ehegatten können nicht verjähren, so lange die Ehe andauert <br />
c. Rechtsbeziehungen eines Ehegatten zu Dritten: Schutz der Familienwohnung <br />
-‐ Art. 169 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> beschränkt Recht der Ehegatten, ohne Zustimmung des anderen <br />
über Familienwohnung zu bestimmen à Schutz vor Verlust der Familienwohnung <br />
-‐ als Familienwohnung gelten Räumlichkeiten, in denen sich Ehegatten mit Kindern zu <br />
Wohnzwecken hauptsächlich aufhält <br />
-‐ grundsätzlich eine Familienwohnung, bei jahreszeitlichen Wechsel oder gesundheitli-chen<br />
Problemen innerhalb der Familie können auch zwei Familienwohnungen möglich <br />
sein <br />
-‐ Art. 169 <strong>ZGB</strong> beschränkt Handlungsfähigkeit der Ehegatten bzgl. Familienwohnung <br />
-‐ die Zustimmung des anderen Ehegatten muss ausdrücklich aber ohne bestimmte Form <br />
erfolgen (nachträgliche Zustimmung wirkt ex tunc) <br />
-‐ bei fehlender Zustimmung ist kein Geschäftsabschluss möglich bzw. nichtig <br />
-‐ will Vermieter die Familienwohnung künden, so muss er beiden Ehegatten getrennt <br />
form-‐ und fristgerecht die Kündigung zustellen <br />
-‐ beide Ehegatten haben Recht auf Anfechtung der Kündigung <br />
§ 9 Schutz der ehelichen Gemeinschaft <br />
1. Allgemeines <br />
-‐ bei Uneinigkeiten betreffend eheliche Gemeinschaft à Eheschutzgericht als Vermittlerin <br />
-‐ Mithilfe bei Konfliktlösung und zum Schutz der Persönlichkeit (Hilfe zur Heilung der gefährdeten <br />
Ehe und Verhinderung der Scheidung) <br />
a. Zweck und Aufgabe des Eheschutzes <br />
-‐ Verhinderung, dass Uneinigkeiten zur vollständigen Entfremdung führen <br />
<br />
11
-‐ Hilfe zur Konsensfindung durch Beratung, Ermahnung und gerichtliche Massnahmen <br />
b. Gerichtliche Massnahmen (Art. 172 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ nicht autoritativer Eheschutz: ohne konkrete Anordnung (Ermahnung, Vermittlung) <br />
-‐ autoritativer Eheschutz: mit gerichtlichen Massnahmen verbunden (Verpflichtungen) <br />
-‐ neben Schutz der Ehe ist auch Art. 28b <strong>ZGB</strong> bedeutend (Schutz vor häuslicher Gewalt <br />
und Stalking), welcher jedoch sinngemäss angewendet werden soll <br />
c. Ehe-‐ und Familienberatung <br />
-‐ Beratung zum Schutz und Hilfe zwischenmenschlicher Beziehungen <br />
-‐ Beratungsstellen geben Rat zu Lebens-‐, Beziehungs-‐ und Erziehungsfragen <br />
2. Voraussetzungen des gerichtlichen Eheschutzes <br />
a. Formelle Eheschutzvoraussetzungen <br />
-‐ Eheschutz soll nur auf Ersuchen eines oder beider Ehegatten tätig werden <br />
-‐ Eheschutz erfolgt nicht von Amtes wegen (Ausnahme Massnahmen bezüglich Kinder) <br />
b. Materielle Eheschutzvoraussetzungen <br />
-‐ zwei Gründe zur Anrufung des Eheschutzrichters: <br />
• Vernachlässigung familiärer Pflichten: <br />
o objektiv feststellbares Fehlverhalten <br />
o<br />
o<br />
ernsthafte Missachtung der Familienpflichten <br />
eheliche Pflichten auf Grund des Gesetzes (Treue und Beistand, Zusam-menwirken<br />
zum Wohl der Gemeinschaft) oder aus vereinbarten Aufgaben-teilung<br />
der Ehegatten <br />
• Uneinigkeiten in wichtigen ehelichen Angelegenheiten: <br />
o Ehe verlangt grosses Mass an Kooperationsbereitschaft <br />
o Verweigerung an Mitwirkung der gemeinsamen Entscheide gilt als Miss-achtung<br />
der Pflichten <br />
o allgemeine Meinungsverschiedenheiten (politisch, religiös) betreffen nicht <br />
den Eheschutz <br />
c. Hoffnung auf Wiedervereinigung der Ehegatten? <br />
-‐ Eheschutz als Helfer, einen unheilbaren Konflikt im Sinne Schadensbegrenzung wieder in <br />
die richtigen Bahnen zu lenken à nach Scheidung soll Zusammenwirken der Familie <br />
möglich bleiben <br />
-‐ Eheschutz setzt deshalb nicht voraus, dass eheliche Gemeinschaft noch rettbar ist <br />
3. Massnahmen nicht autoritativer Art <br />
-‐ die Ermahnung dient zur Versöhnung und Pflichten in Erinnerung rufen <br />
-‐ durch die Vermittlung soll Bedeutung, Umfang und Ursachen der Meinungsverschiedenheiten <br />
erklärt werden und Aussöhnung der Ehegatten möglichst erreichen <br />
4. Autoritative Eheschutzmassnahmen <br />
a. Massnahmen während des Zusammenlebens <br />
-‐ Festsetzung von Geldleistungen durch Gericht auf Antrag eines Ehegatten <br />
(für Familienunterhalt und Beträge zur freien Verfügung) <br />
-‐ Entzug der Vertretungsbefugnis eines Ehegatten bei böswilliger Überschreitung seiner <br />
Vertretungsbefugnis à Schutz vor Haftungsrisiken wegen Solidarhaftung <br />
b. Aufhebung des gemeinsamen Haushalts <br />
i. -‐ grundsätzlich sind Ehegatten verpflichtet zusammenzuleben <br />
-‐ Getrenntleben = Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes <br />
<br />
12
-‐ keine Pflichtverletzung wenn weiteres Zusammenleben <br />
-‐ Gefährdung der Persönlichkeit <br />
-‐ materielle Sicherheit <br />
-‐ Familienwohl gefährdet <br />
-‐ Eheschutzgericht stellt fest, ob Getrenntleben gerechtfertigt ist falls nicht, beste-hen<br />
gegenseitig keine Unterhaltansprüche <br />
ii.<br />
-‐ Regelungen des Getrenntlebens hängen von Abmachungen der Ehegatten ab <br />
bei Auflösung muss Lebensbedarf beider gedeckt sein (abhängig von bisheriger <br />
Aufgabenteilung) à Eheschutzgericht legt zu erbringende Beträge der Ehegatten <br />
fest <br />
-‐ Unterhaltsbeiträge von Leistungsfähigkeit und Bedarf der Familie abhängig <br />
-‐ Unterhaltsbeiträge sind nach unten durch Existenzminimum und nach oben durch <br />
bisherige Lebenshaltung begrenzt <br />
-‐ Eheschutz ist für Vorbereitungen der Scheidung zuständig <br />
-‐ Zuteilung der Familienwohnung/Hausrat entscheidet Gericht nach freiem Ermes-sen<br />
<br />
-‐ Auflösung des Haushaltes bedeutet nicht automatisch Gütertrennung v.G.w. <br />
-‐ Gericht setzt fest, wie hoch Unterhaltsbeiträge für Kinder sind, wer Obhut der -‐ <br />
Kinder hat und wie Besuchsrecht geregelt sein wird, zuständig für Kinderschutz-massnahmen<br />
<br />
c. Weitere autoritative Eheschutzmassnahmen <br />
-‐ Anordnung möglich, egal ob gemeinsamer Haushalt besteht oder aufgelöst wurde <br />
i. Auskunftspflicht <br />
-‐ Voraussetzung für guten Gang der Gemeinschaft <br />
-‐ um über wirtschaftliche Verhältnisse Bescheid zu wissen dürfen Auskünfte einge-holt<br />
werden und bei Eheschutzgericht Gütertrennung verlangt werden <br />
à Schutzmassnahmen des Ehegatten und Familie <br />
ii.<br />
iii.<br />
Anweisung an die Schuldner <br />
-‐ wenn Ehegatte Unterhaltspflicht nicht erfüllt, kann Gericht Schuldner anweisen, <br />
Zahlungen dem anderen Ehegatten zukommen zu lassen <br />
-‐ Nichterfüllung der Unterhaltspflicht braucht kein Verschulden <br />
-‐ zum Familienunterhalt zählen Kosten für Pflege und Erziehung der Kinder <br />
Beschränkung der Verfügungsbefugnis <br />
-‐ Verfügungsbefugnis über Vermögen beschränken (Sicherung der wirtschaftlichen <br />
Lage der Familie) <br />
-‐ Voraussetzung: ohne Beschränkung ist wirtschaftliche Lebensgrundlage der Fami-lie<br />
ernsthaft gefährdet <br />
-‐ Vermögenswerte und Gegenstände mit Verfügungsbeschränkung müssen mög-lichst<br />
bestimmt angegeben werden <br />
-‐ die Verfügungsbeschränkung verlangt eine Zustimmung des anderen Ehegatten, <br />
ansonsten ist die Beschränkung nichtig <br />
-‐ sichernde Massnahmen, damit Ehegatte tatsächlich keine Verfügungsmöglichkeit <br />
mehr hat (Bankkontensperre etc.) <br />
d. Gültigkeitsdauer und Abänderung der Massnahmen <br />
-‐ Gültigkeit ist begrenzt und endet, sobald sich Verhältnisse ändern <br />
-‐ Änderungen auf Antrag eines Ehegatte, wenn wesentlich veränderte Verhältnisse <br />
-‐ angeordnete Eheschutzmassnahmen gelten solange bis sie durch vorsorgliche Mass-nahmen<br />
oder Scheidungsregelungen abgelöst werden <br />
<br />
13
e. Vereinbarung der Ehegatten über die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts <br />
-‐ Vereinbarungen bedürfen keiner gerichtlichen Genehmigung <br />
Ausnahme: elterliche Sorge <br />
5. Zuständigkeit und Verfahren <br />
a. Örtliche Zuständigkeit bzw. Gerichtsstand <br />
-‐ ausschliesslich und zwingend Gerichtsstand am Wohnsitz eines Ehegatten zuständig <br />
-‐ für Abänderung, Ergänzung oder Aufhebung der Massnahmen ist Gericht zuständig, wel-ches<br />
Eheschutzmassnahmen angeordnet hat <br />
b. Sachliche Zuständigkeit <br />
-‐ Eheschutzmassnahmen sind durch kantonale gerichtliche Behörden zu erlassen <br />
-‐ bei Kinderschutzmassnahmen ist exklusive die Vormundschafts-‐/ Kindesschutzbehörde <br />
zuständig <br />
c. Verfahren und Rechtsmittel <br />
-‐ Summarverfahren <br />
-‐ Richter darf bi Entscheidungen nicht über Rahmen dessen hinausgehen, was die Partei-en<br />
von ihm verlangen (Dispositionsmaxime) <br />
-‐ Eheschutzgericht führt mündliche Verhandlung und versucht einvernehmliche Lösung <br />
zwischen Parteien herbeizuführen <br />
-‐ für Massnahmen betreffend Kinder gelten die Offizial-‐ /Untersuchungsmaxime <br />
-‐ Eheschutzentscheide auf kantonaler Ebene mit Berufung anfechtbar <br />
-‐ letzte kantonale Entscheide sind auf Bundesebene mittels Beschwerde in Zivilsachen zu-lässig<br />
<br />
§ 10 Die Ehescheidung <br />
I. Die Scheidungsvoraussetzungen <br />
1. Einleitung <br />
drei Scheidungsgründe der Ehe: <br />
• einverständliche Ehescheidung im Interesse aller Beteiligten (Art. 111 -‐ 112 <strong>ZGB</strong>) <br />
• bei Uneinigkeit nach zweijähriger Trennungszeit Scheidungsbegehren einreichen (Art. 114) <br />
• bei Unzumutbarkeit vor der zweijährigen Trennungszeit auf Scheidung klagen (Art. 115) <br />
à Scheidungsgründe gelten, wenn Ehe als endgültig gescheitert gilt. <br />
2. Die Scheidung auf gemeinsames Begehren <br />
a. Vollständige Einigung <br />
-‐ vollständige Einigung über das Scheidungsbegehren und alle Scheidungsfolgen <br />
-‐ Scheidungsfolgen werden in einer Scheidungsvereinbarung geregelt <br />
-‐ die Vereinbarung muss klar, vollständig, zulässig und angemessen sein <br />
-‐ sie muss gerichtlich genehmigt werden und gilt als qualifizierter Rechtstitel <br />
-‐ die Kinderbelangen unterliegen der Offizial-‐ und Untersuchungsmaxime (Art. 145 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Gericht berücksichtig jedoch Antrag der Eltern sowie Meinung der Kinder <br />
-‐ Zustimmung zur Scheidung und zur Vereinbarung ist grundsätzlich unwiderruflich <br />
-‐ die Vereinbarung muss auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen <br />
b. Teileinigung <br />
-‐ Einigung über den Scheidungswillen, jedoch Uneinigkeiten bezgl. Scheidungsfolgen <br />
-‐ offene/streitige Fragen zu den Scheidungsfolgen soll Gericht klären und entscheiden <br />
-‐ das gerichtliche Gesamturteil gilt als Scheidungsurteil <br />
<br />
14
c. Wechsel vom gemeinsamen Scheidungsbegehren zur Scheidungsklage <br />
-‐ wenn Voraussetzungen für Scheidung nicht erfüllt sind, Frist für jeden Ehegatten, um <br />
Scheidungsbegehren durch Klage zu ersetzen <br />
3. Die Scheidung auf Klage eines Ehegatten <br />
a. Klage nach Getrenntleben <br />
-‐ keine Einigung über Scheidungswille (einer will, der andere will nicht scheiden) <br />
-‐ wenn Ehegatten mind. zwei Jahre getrennt leben, kann jeder von ihnen, gegen den Wil-len<br />
des anderen, ein Scheidungsbegehren einreichen <br />
-‐ Trennungsfrist beginnt, wenn eheliches Zusammenleben willentlich aufgegeben ist <br />
(gewolltes Getrenntleben) <br />
b. Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe <br />
-‐ wenn es dem scheidungswilligen nicht zumutbar ist, währen zwei Jahren die Ehe fortzu-setzen<br />
und getrennt zu leben, kann auf Unzumutbarkeit der Ehe geklagt und die Schei-dung<br />
verlangt frühzeitig verlangt werden <br />
à Schutzwirkung des Scheidungswilligen/Notventil für Härtefälle <br />
-‐ für das frühzeitige Scheidungsbegehren sind schwerwiegende Gründe nötig <br />
-‐ schwerste körperliche Attacken <br />
-‐ psychische Krankheit <br />
-‐ Belästigung und Verfolgung <br />
-‐ Scheinehe <br />
c. Zustimmung zur Scheidungsklage oder Widerklage <br />
-‐ wenn beide Ehegatten die Ehe auflösen wollen, sie sich aber nur über die Scheidungfol-gen<br />
streitig sind, sind Bestimmungen über gemeinsames Begehren (Art. 111/112) an-wendbar<br />
<br />
-‐ beim gemeinsamen Begehren sind beide Parteien mit der Entscheidung des Gerichts <br />
einverstanden <br />
<strong>II</strong>. Die persönlichen Wirkungen der Ehescheidung <br />
-‐ Scheidungsurteil ist ex nun wirksam (ab nun/jetzt, für die Zukunft) <br />
-‐ gewisse Wirkung der Ehe bestehen jedoch auch nach der Scheidung weiter <br />
(Bsp. Schwägerschaft bleibt auch nach der Scheidung bestehen) <br />
<strong>II</strong>I. Die wirtschaftlichen Wirkungen Nebenfolgen der Ehescheidung <br />
1. Güterrechtliche Auseinandersetzung <br />
-‐ nur besondere Vorschriften für den Scheidungsfall, wenn die einzelnen Güterstände dies vorse-hen<br />
(Art. 217 bzw. 242 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ güterrechtliche Auseinandersetzung im Scheidungsfall muss gerichtlich genehmigt werden <br />
2. Wohnung der Familie <br />
a. Zweck von Art. 121 <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ einem Ehegatten werden Recht und Pflichten aus dem Mietvertrag alleine übertragen, <br />
wenn dieser auf die Familienwohnung angewiesen ist <br />
-‐ wenn die Familienwohnung im Eigentum eines Ehegatten ist, kann das Gericht dem an-deren<br />
Ehegatten ein befristetes Wohnrecht nach Art. 776 ff. <strong>ZGB</strong> eingeräumt werden <br />
-‐ dieses Wohnrecht wird aber angemessen entschädigt bzw. am Unterhaltsanspruch an-gerechnet<br />
<br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ Übertragung des Mietvertrages oder Einräumung des Wohnrechts erfolgt nur aus einem <br />
wichtigen Grund (richterliches Ermessen nach Art. 4 <strong>ZGB</strong>) <br />
<br />
15
-‐ Interessenabwägung, Zumutbarkeit und Affektionsinteresse sehr bedeutend <br />
(Kinder in bisherigen Lebensumständen weiterleben, Berufsausübung eines Gatten) <br />
-‐ die nachehelichen Verhältnisse sollen für beide Partner ertragbar sein <br />
c. Modalitäten <br />
i. Mietwohnung <br />
-‐ bei Mieterwechsel wird Vermieterinteresse geschützt, in dem der bisherige <br />
Mieter für den Mietzins solange haftet, bis sein Mietvertrag beendet ist <br />
-‐ falls bisheriger Mieter in dieser Zeit für den Mietzins aufkommen muss, kann <br />
er den bezahlten Betrag ratenweise in der Höhe des monatlichen Mietzinses <br />
beim anderen Ehegatten verrechnen (u.U. mit den Unterhaltsbeiträgen) <br />
ii. Einräumung eines Wohnrechts <br />
-‐ durch das eingeräumte Wohnrecht wird Eigentümer in seiner faktischen Ver-fügungsmöglichkeit<br />
beschränkt <br />
-‐ deshalb wird das Wohnrecht nur befristet eingeräumt (Art. 121 Abs. 3 <strong>ZGB</strong>) <br />
• bei älteren Kindern, kurze Befristung des Wohnrechts <br />
• bei jüngeren Kindern, länger befristetes Wohnrecht <br />
-‐ aus wichtigem Grund kann das Wohnrecht vorzeitig aufgehoben werden, ei-ne<br />
Verlängerung ist jedoch ausgeschlossen <br />
-‐ das Wohnrecht wird im Grundbuch eingetragen <br />
-‐ Eigentümer muss angemessen entschädigt werden (entgeltliches Recht) <br />
-‐ die Entschädigung wird am Verkehrswert der Liegenschaft bemessen <br />
-‐ bei Hypotheken; Wohnberechtigter soll Hypothekarzinsen bezahlen <br />
3. Berufliche Vorsorge <br />
a. Altersvorsorge im Allgemeinen <br />
-‐ Drei-‐Säulen-‐Prinzip (AHV/IV, berufliche Vorsorge, freiwillige Vorsorge Säule 3a) <br />
-‐ 1. Säule bildet gleichmässige Renten für die Ehegatten <br />
-‐ Beiträge der 2. Säule werden kumuliert und gleichmässig auf Ehegatten verteilt <br />
-‐ Beiträge der 3. Säule sind Errungenschaften und somit hälftig zu teilen <br />
b. Aufteilung der 2. Säule: Ausgangslage <br />
-‐ nach Art. 122 <strong>ZGB</strong> werden die Anwartschaften zwischen den Ehegatten ausgeglichen <br />
-‐ die Teilung fördert die wirtschaftliche Selbständigkeit der Ehegatten nach der Scheidung <br />
(Vorsorge für die Zukunft wäre sonst beiden zugekommen) <br />
c. Aufteilung bei Scheidung vor Eintritt des Vorsorgefalles <br />
i. Grundsatz: (hälftige) Teilung der Austrittsleistung <br />
-‐ Anwartschaften (Anspruch auf künftige Leistung) muss geteilt werden <br />
-‐ Art. 122 Abs. 1 legt Austrittsleistung fest, die der Person gegenüber ihrer bis-herigen<br />
Vorsorgeeinrichtung zusteht, die Hälfte davon dem Ehegatten <br />
-‐ wenn beide Ehegatten Anspruch auf Austrittsleistung haben, wird nur der <br />
Differenzbetrag der beiden Beträge auf die Ehegatten aufgeteilt <br />
ii.<br />
iii.<br />
Durchführung der Teilung <br />
-‐ die Ansprüche werden nicht in bar ausbezahlt <br />
-‐ die Ehegatten erhalten sog. Freizügigkeitsleistungen, mit denen sie sich in ei-ner<br />
Vorsorgeeinrichtung neu „einkaufen“ können <br />
Ausnahme: Verzicht und Verweigerung einer hälftigen Teilung <br />
-‐ Verzicht auf Teilungsanspruch nur möglich, wenn AHV/IV auf andere Weise <br />
gewährleistet ist <br />
<br />
16
-‐ wenn Teilung offensichtlich unbillig ist, kann Gericht nach Art. 123 Abs. 2 die-se<br />
verweigern, krasse Missverhältnisse sollen verhindert werden <br />
iv.<br />
Vorbezüge <br />
-‐ bei Vorbezügen der Vorsorgeleistungen für Wohneigentum oder Hypothe-kenabzahlung,<br />
werden diese Beträge zur Austrittsleistung hinzugerechnet <br />
v. Barauszahlung <br />
-‐ Barauszahlung der Austrittsleistung kann verlangt werden (Verlass der <br />
Schweiz, selbständige Erwerbstätigkeit) <br />
-‐ bei Scheidung wird Anspruch auf Austrittsleistung geschmälert <br />
-‐ Ausgleich findet dann güterrechtlich statt (bildet Errungenschaft) <br />
-‐ nach Art. 124 schuldet Ehegatte, der Barauszahlung erhalten hat, dem ande-ren<br />
eine angemessene Entschädigung <br />
d. Entschädigung bei Scheidung nach Eintritt des Vorsorgefalles <br />
-‐ kein Anspruch auf Austrittsleistung, wenn während Ehe ein Vorsorgefall (Invalidität, <br />
Rentenalter) eingetreten ist <br />
-‐ Ausgleich findet in diesem Sinn durch angemessene Entschädigung statt <br />
4. Nachehelicher Unterhalt <br />
a. Ausgangslage <br />
-‐ wer nicht selber in der Lage ist, nach der Scheidung für seinen Unterhalt in zumutbarer <br />
Weise aufzukommen, hat Anspruch auf nachehelichen Unterhalt <br />
-‐ der andere Ehegatte muss in diesem Fall einen angemessenen Unterhaltsbeitrag bezah-len,<br />
sofern er in der Lage ist <br />
-‐ wirtschaftliche Nachteile im Unterhaltsbereich („Scheidungsschaden“) entstehen, wenn <br />
Versorgung der Ehegatten und Kinder nach Scheidung nicht mehr gesichert ist <br />
à nachehelicher Unterhaltsbedarf nötig <br />
b. Konkretes Vorgehen bzw. Prüfschema <br />
i. War gelebte Ehe lebensprägend (Lebensverhältnisse)? <br />
ii. zumutbare Eigenversorgung bzgl. nachehelicher Eigenversorgung <br />
iii. wo sind Grenzen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten? <br />
iv. Ausschlussgrund zur Unterhaltspflicht bei Unbilligkeit/Rechtsmissbrauch? <br />
c. Die Nachhaltigkeit der Ehe du die Bedeutung für den Scheidungsunterhalt <br />
i. Lebensprägende Ehe <br />
-‐ wirtschaftliche Nachteile nur ausgleichspflichtig bei lebensprägender Ehe <br />
-‐ Ausgleich, um an letzten ehelichen Lebensstandard anzuknüpfen <br />
-‐ lebensprägend wenn; <br />
• Kinder, die weiterhin zu betreuen sind <br />
• lange Ehedauer (mehr als 10 Jahre) <br />
• Entwurzelung des unterhaltsbedürftigen Gatten aus Ursprungsland <br />
und keine Reintegration in Aussicht <br />
ii.<br />
Nicht lebensprägende Ehe <br />
-‐ i.d.R. für beide Ehegatten kein Problem, mit ihrer Lebensweise an die vorehe-lichen<br />
Verhältnisse anzuknüpfen <br />
-‐ Ehegatten so stellen, wie wenn Ehe nie abgeschlossen worden wäre <br />
-‐ nicht lebensprägend wenn; <br />
• kurze (weniger als 5 Jahre) und kinderlose Ehe <br />
<br />
17
• Altersehe von kurzer Dauer <br />
à Ehedauer vor allem bei kinderlosen Ehen wesentliches Kriterium <br />
d. Die Höhe des nachehelichen Ehegattenunterhalts <br />
i. Der nacheheliche Bedarf <br />
-‐ gebührender Unterhalt (Art. 163), zu erreichende Zielgrösse nach Scheidung <br />
-‐ bei längerer Trennungszeit (ca. 10 Jahre) vor Scheidung wird von i.d.R. tiefe-ren<br />
Lebenshaltung während Trennungszeit ausgegangen <br />
ii.<br />
iii.<br />
Die Leistungsfähigkeit (Eigenversorgungskapazität) der Ehegatten <br />
-‐ veränderter Bedarf soll durch Eigenleistungen gedeckt werden <br />
à Eigenverantwortlichkeit <br />
-‐ nur bei Unzumutbarkeit wird Unterhaltsbeitrag geschuldet <br />
à Gedanken der nachehelichen Solidarität <br />
-‐ wirtschaftliche Leistungskraft = Eigenversorgungskapazität bemisst sind an <br />
• voraussichtlicher Vermögensertrag <br />
• künftiger Vermögensanfall <br />
• Anwartschaften der AHV/IV und beruflichen Vorsorge <br />
• tatsächliche und hypothetische Erwerbseinkünfte <br />
à für Unterhaltsbedürftige und –verpflichtete zu bemessen <br />
Tatsächliche und hypothetische Erwerbseinkünfte der Ehegatten <br />
-‐ Erwerbstätigkeit nach Scheidung möglich und zumutbar <br />
-‐ zumutbare Erwerbstätigkeit als hypothetisches Einkommen angerechnet <br />
-‐ Kriterien zur Abklärung der Zumutbarkeit nach Art. 125 Abs. 2 <strong>ZGB</strong>, Bsp: <br />
• Betreuungspflicht bei minderjährigen Kindern <br />
Teilzeitarbeit zumutbar, wenn alle Kinder mind. 10jährig <br />
volle Erwerbstätigkeit, wenn alle Kinder 16jährig <br />
• lange Ehedauer und traditionelle Rollenteilung <br />
wenn älter als 45jährig, Wiedereinstieg in Beruf unzumutbar <br />
-‐ fehlende Möglichkeit (Krankheit, Invalidität) auch Hindernis der Wiederauf-nahme<br />
der Erwerbstätigkeit <br />
-‐ Ausbildung, Erwerbsaussichten und Aufwand für Eingliederung beachten <br />
e. Angemessener nachehelicher Unterhaltsbeitrag eines Ehegatten an den anderen <br />
Unterhaltsbeitrag von Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten abhängig <br />
i. Ausreichende Mittel <br />
-‐ vorhandene/zumutbare Mittel reichen aus, um familienrechtliches Existenz-minimum<br />
aller unterhaltsberechtigter Parteien (inkl. Kinder) zu decken <br />
-‐ Überschuss wird gleichmässig geteilt (wenn lebensprägende Ehe) <br />
-‐ wenn letzter gelebter Lebensstandard nicht fortgesetzt werden kann, haben <br />
beide Ehegatten gleichen Anspruch auf Lebenshaltung auf tieferer Stufe <br />
-‐ Unterhaltsbeitrag geht aber nicht höher als letzter Lebensstandard (Grenze) <br />
ii.<br />
iii.<br />
Mangellage <br />
-‐ Unmöglichkeit der Deckung des familienrechtlichen Existenzminimums <br />
-‐ Existenzminimum = erweiterter Notbedarf <br />
Sehr gute wirtschaftliche Verhältnisse <br />
-‐ Fortführung der bisherigen Lebenshaltung, kein Anspruch auf mehr <br />
-‐ Überschuss wird deshalb nicht geteilt <br />
<br />
18
f. Höhe, Dauer und Form des Unterhaltsbeitrags <br />
-‐ Unterhaltpflicht endet meistens mit Eintritt des AHV-‐Alters des Berechtigten, da durch <br />
die Vorsorge im Rentenalter wirtschaftlich beide ungefähr gleich gestellt sind <br />
-‐ bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ist unbefristete Dauerrente möglich <br />
-‐ Unterhaltsbeitrag kann je nach Veränderungen der Lebenskosten geändert werden <br />
-‐ Unterhaltsbeitrag i.d.R. in Form einer Rente <br />
-‐ unter besonderen Umständen auch in Form einer Kapitalabfindung (Vorteil: durch ein-malige<br />
Zahlung sind Parteien „quitt“, Nachteil: nachher keine Änderungen möglich) <br />
g. Unterschiedliche Berechnungsmethoden <br />
i. Allgemeines <br />
-‐ Unterhalt muss exakt nach vorgegebenen Kriterien berechnet werden <br />
-‐ die Kriterienumsetzung in Zahlen durch Berechnungsmethoden bestimmt <br />
ii.<br />
iii.<br />
Abstrakte Methode <br />
-‐ der Bedarf jedes Beteiligten entspricht bestimmten einem Anteil des zur Ver-fügung<br />
stehenden Einkommens <br />
-‐ nacheheliches Einkommen wird somit in Quoten aufgeteilt (Prozentanteil) <br />
-‐ „Drittelsregel“: Anteil der nichterwerbstätigen Ehefrau beträgt einen Drittel <br />
am Einkommen des Ehemannes <br />
-‐ einfache evt. willkürliche Berechnung <br />
Konkrete Methoden <br />
-‐ detaillierte Einkommens-‐ und Bedarfsermittlung <br />
-‐ Pauschalisierung kombiniert mit individuellen Einzelfragen <br />
-‐ familienrechtliches Existenzminimum + hypothetisches Einkommen vs. ge-samtes<br />
massgebliches Einkommen nach Auflösung des Haushaltes <br />
-‐ evt. Überschuss wird gleichmässig verteilt, sofern ausreichend Mittel vorhan-den<br />
sind (nicht höherer Lebensstandard als vor der Scheidung) <br />
h. Kürzung zufolge Rechtsmissbrauch <br />
-‐ wenn Unterhaltsbeitrag offensichtlich unbillig ist, kann er versagt oder gekürzt werden <br />
(Rechtsmissbrauch) <br />
-‐ Verschulden muss nicht vorliegen <br />
i. Erlöschen und nachträgliche Abänderung von Unterhaltsrente <br />
i. Allgemeines <br />
-‐ zur Berechnung der Unterhaltsbeiträge von Zukunftsprognosen ausgehen <br />
-‐ falls im Nachhinein unzutreffend, Aufhebung/Abänderung nötig <br />
ii.<br />
iii.<br />
iv.<br />
Erlöschen der Unterhaltspflicht von Gesetzes wegen <br />
-‐ Tod (Vererblichkeit ausgeschlossen, falls nichts anderes vereinbart) <br />
-‐ Wiederverheiratung <br />
-‐ mit Abschluss der Ausbildung erlischt Anspruch bei Volljährigen <br />
Aufhebung oder Abänderung nach vorheriger Vereinbarung <br />
-‐ in Scheidungsurteil/-‐konvention kann vorgesehen werden, dass Rente bei <br />
Eintritt eines bestimmten Ereignis dahinfällt/abgeändert wird <br />
Nachträgliche Aufhebung oder Herabsetzung von Renten durch das Gericht <br />
-‐ bei Veränderungen der Verhältnisse (unvorhersehbar, erheblich, dauernd) <br />
kann Richter die Unterhaltsrente herauf-‐/hinabsetzen <br />
-‐ v.a. wenn Verhältnisse des Berechtigten verbessert <br />
<br />
19
v. Nachträgliche Festsetzung oder Erhöhung von Renten durch das Gericht <br />
-‐ wenn sich wirtschaftliche Verhältnisse des Verpflichteten verbessert haben <br />
-‐ innerhalb von 5 Jahren seit Scheidung kann Rente erstmals festgesetzt bzw. <br />
neu erhöht werden <br />
-‐ nachträgliche Anpassung in Folge der Teuerung möglich <br />
vi.<br />
Sistierung der Unterhaltsrente <br />
-‐ Zahlungspflicht einstellen und Entwicklung der Verhältnisse abwarten <br />
-‐ die Sistierung der Rente muss immer für eine bestimmt Zeit erfolgen <br />
-‐ Sistierung kann nachträglich, jedoch auch bereits auf den Zeitpunkt der <br />
Scheidung festgesetzt werden <br />
j. Durchsetzung des Unterhaltsbeitrages <br />
-‐ Inkassohilfe durch Vormundschaftsbehörde, falls Unterhaltsbeiträge nicht oder nicht re-gelmässig<br />
erbracht werden <br />
-‐ Arbeitgeber des Schuldners kann bis zur Höhe des Unterhaltsbeitrages den Lohn an den <br />
Unterhaltsberechtigen entrichten <br />
IV. Kind und Scheidung der Eltern <br />
1. Offizial-‐ und Untersuchungsmaxime <br />
-‐ bezüglich der Kinderbelange <br />
-‐ Partei darf nicht nur den Parteianträgen folgen, sondern muss beste Lösung für Kind suchen <br />
-‐ Lösung im Bereich <br />
-‐ elterliche Sorge <br />
-‐ Recht auf persönlichen Verkehr <br />
-‐ Kinderunterhalt <br />
2. Zuteilung der elterlichen Sorge <br />
a. Elterliche Sorge an einen Elternteil <br />
-‐ Zuordnung der elterlichen Sorge am Kindeswohl orientieren <br />
-‐ Interessen des Kindes und seine Umstände sind für Zuteilungsentscheid massgebend <br />
-‐ insgesamt muss Gericht bei Entscheid Umstände des Einzelfalls betrachten <br />
-‐ persönliche Beziehung zwischen Eltern und Kind <br />
-‐ Erziehungsfähigkeit der Eltern <br />
-‐ stabile Lebensverhältnisse des Kindes (Freunde, Schule, etc.) <br />
-‐ Zuteilungswunsch des Kindes <br />
-‐ in der Regel keine Trennung der Geschwister <br />
b. gemeinsame elterliche Sorge <br />
-‐ Voraussetzungen für das gemeinsame Sorgerecht der Eltern <br />
-‐ gemeinsamer Antrag der Eltern (Kooperationswillen) <br />
-‐ gemeinsame elterliche Sorge ist mit Kindeswohl vereinbar <br />
-‐ Vereinbarung der Eltern dem Gericht zur Genehmigung vorlegen (Anteile der <br />
künftigen Betreuung und Verteilung der Unterhaltskosten festgelegt) <br />
-‐ gemeinsame Sorge i.d.R. nur bei Scheidungen auf gemeinsames Begehren <br />
3. Besuchsrecht <br />
-‐ Regelung des persönlichen Verkehrs des Kindes mit Elternteil ohne elterliche Sorge <br />
-‐ es bestehen gegenseitige Rechte des nicht obhutsberechtigten Elternteils und des Kindes <br />
-‐ Besuchsrecht dient dem elterlichen Kontakt mit dem Kind in dessen Interesse <br />
-‐ für die Ausgestaltung des Besuchsrecht muss das Kindeswohl berücksichtigt werden <br />
-‐ der sorgeberechtigte Elternteil muss alles vorkehren, damit ein sinnvoller, persönlicher Verkehr <br />
mit dem anderen Elternteil stattfinden kann <br />
<br />
20
-‐ wer den nicht fürsorgeberechtigten an der Ausübung seines Besuchsrecht hindert, kann bestraft <br />
werden <br />
4. Anhörung des Kindes und Prozessbeistand <br />
a. Anhörung des Kindes <br />
-‐ für die Mitgestaltung der Zukunft ist Kindesmeinung anzuhören und zu berücksichtigen <br />
-‐ die Anhörung dient der Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des rechtlichen Gehörs <br />
-‐ Gericht ist jedoch nicht an Meinung des Kindes gebunden (auch wenn urteilsfähig) <br />
-‐ bei urteilsunfähigen Kindern hat die Anhörung lediglich eine Sachverhaltsermittlung zum <br />
Zweck, um Klarheit über das Verhältnis des Kindes zu seinen Eltern zu schaffen <br />
-‐ die Anhörung hat durch den Richter selbst zu erfolgen <br />
-‐ von der Abhörung kann abgesehen werden bei Kleinkindern < 6 Jahre <br />
b. Prozessbeistand <br />
-‐ falls nötig, kann Gericht eine Vertretung des Kindes im Verfahren anordnen <br />
-‐ das Gericht selbst bestimmt eine dafür geeignete Person <br />
5. Kinderunterhalt <br />
-‐ der Inhaber der elterlichen Sorge trägt seinen Beitrag am Unterhalt in Form des Naturalunter-halts<br />
bei, während der nicht Inhaber der elterlichen Sorge den Unterhalt in bar erbringt <br />
-‐ auch der Kinderunterhalt hat seine Grenze am Existenzminimum des Verpflichteten <br />
-‐ alle Geschwister haben grundsätzlich Anspruch auf Gleichbehandlung <br />
-‐ die Werte sind an Leistungsfähigkeit der Eltern und konkrete Kinderbedürfnisse anzupassen <br />
-‐ Kinderzulagen, die dem unterhaltsverpflichteten zufallen, sind dem Unterhaltsberechtigten zu-sätzlich<br />
zum Unterhaltsbeitrag zu bezahlen <br />
-‐ die Kinderrenten können jederzeit auch erhöht werden <br />
-‐ die Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehegatten geht derjenigen des volljährigen Kindes vor <br />
-‐ jedes Kind hat Anspruch auf eine angemessene Erstausbildung <br />
6. Änderung des Scheidungsurteils bezüglich der Kinderbelange <br />
-‐ die Umteilung der elterlichen Sorge kann erfolgen, wenn auf Grund wesentlicher Veränderun-gen<br />
der Verhältnisse dem Kindeswohle entspricht <br />
-‐ Voraussetzung der Abänderung des persönlichen Verkehrs ist, dass die Regelung infolge der <br />
Entwicklung der Verhältnisse unangemessen geworden ist <br />
-‐ die Veränderung des Unterhaltsbeitrags ist bei erheblichen Veränderungen der Verhältnisse auf <br />
Antrag eines Elternteils oder des Kindes möglich <br />
-‐ besondere Beitragsleistung bei nichtvoraussehbarem ausserordentlichen Bedürfnis des Kindes <br />
V. Das Scheidungsverfahren <br />
1. Zuständigkeit <br />
-‐ Gericht am Wohnsitz des einen oder des anderen Ehegatten <br />
-‐ Verhältnisse im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (Klageerhebung) entscheidend <br />
2. Rechtshängigkeit <br />
-‐ gemeinsames Scheidungsbegehren wird im Zeitpunkt der Einreichung bei Gericht rechtshängig <br />
-‐ die Rechtshängigkeit führt zur Fixierung des Gerichtsstandes, zum Ausschluss weiterer gleicher <br />
Prozesse und zum grundsätzlichen Verbot der Klageänderung <br />
-‐ mit Eintritt der Rechtshängigkeit ist Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes für Verfahrens-dauer<br />
möglich <br />
3. Vorsorgliche Massnahmen <br />
-‐ mit Rechtshängigkeit der Scheidungsklage, kann Gericht auf Antrag alle nötigen vorsorglichen <br />
Massnahmen anordnen (bzgl. Lebensbedingungen der Ehegatten: Beiträge, Familienwohnung) <br />
<br />
21
-‐ vorher ist Eheschutzgericht für Reglung des Getrenntlebens zuständig <br />
-‐ Auflösung des ehelichen Haushaltes bedarf keiner besonderen Rechtfertigung <br />
-‐ Gericht am Wohnsitz eines Ehegatten ist für vorsorgliche Massnahmen zuständig <br />
4. Prozessgrundsätze <br />
-‐ Grundsatz der freien Beweiswürdigung <br />
-‐ Gericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest à Untersuchungsgrundsatz gilt <br />
-‐ Gericht ist in Bezug auf Kinderbelangen an die Offizialmaxime 2 gebunden <br />
5. Rechtsmittel <br />
-‐ Scheidungsurteil ist innert 30 Tagen mit Berufung anfechtbar <br />
-‐ gegen das kantonale Urteil (2. Instanz) ist die Beschwerde in Zivilsachen an BGer möglich <br />
-‐ im Verfahren vor der oberen kt. Instanz kann man nur neue Tatsachen/Beweismittel vorbringen <br />
-‐ Klageänderung ist nur zulässig, wenn sie auf neuen Tatsachen und Beweismitteln beruht <br />
-‐ Mängel im Vertragsschluss (Irrtum, Täuschung) sind bundesrechtlich ein Revisionsgrund <br />
VI. Die Ehetrennung <br />
-‐ bei Vorliegen eines Scheidungsgrundes kann auf Antrage eines/beider Ehegatten eine Trennung auf <br />
bestimmte/unbestimmte Zeit verlangt werden <br />
-‐ Trennung anstatt Scheidung (religiöse Gründe, kein Untergang der erbrechtl. Ansprüche) <br />
-‐ durch die Trennung gelten die Wirkungen der Ehe weiter (Ausnahme: Pflicht des Zusammenlebens) <br />
§ 11 Allgemeine Vorschriften zum ehelichen Güterrecht <br />
1. Güterrecht <br />
-‐ Wirkungen der Ehe auf Vermögen der Ehegatten <br />
-‐ Zuordnung und Behandlung der Vermögenswerte der Ehegatten <br />
-‐ Haftung und Aufteilung der Vermögensmassen bei Auflösung des Güterstandes <br />
-‐ eheliches Güterrecht ist nur Ausschnitt des ehelichen Vermögensrecht <br />
2. Güterstände und ihre Ordnung <br />
a. Begriff <br />
-‐ Güterstand ordnet Vermögen der Ehegatten <br />
-‐ es besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Güterständen <br />
à Gütertrennung, Gütergemeinschaft und Errungenschaftsbeteiligung <br />
-‐ Ermöglichung der individuellen Gestaltungsmöglichkeit der Ehegatten <br />
b. Überblick über die Güterstände <br />
i. ordentlicher Güterstand <br />
-‐ Errungenschaftsbeteiligung (wenn nichts anderes geregelt) <br />
-‐ am weitesten verbreiteter Güterstand <br />
ii.<br />
iii.<br />
vertragliche Güterstände <br />
-‐ Gütergemeinschaft und Gütertrennung <br />
-‐ durch freie Willensbildung der Ehegatten mittels Ehevertrag <br />
ausserordentlicher Güterstand <br />
-‐ ausserordentlicher Güterstand der Gütertrennung <br />
-‐ Eintritt auf gerichtliche Anordnung oder von Gesetzes wegen <br />
2 Gericht ist nicht an Anträge der Eltern gebunden, sondern kann eigene Lösung durchsetzen. <br />
<br />
22
3. Begriff des Ehevertrags <br />
-‐ vertragliche Vereinbarung zur Begründung, Wechsel oder Modifikation des Güterstandes <br />
-‐ vermögensrechtliche Bestimmungen der Ehe sind nicht Gegenstand des Ehevertrages <br />
4. Voraussetzungen des Ehevertrags <br />
a. Persönliche Voraussetzungen <br />
-‐ Urteilsfähigkeit und Volljährigkeit <br />
-‐ bei fehlender Urteilsfähigkeit können anderer Ehegatte und gesetzlicher Vertreter ge-richtliche<br />
Anordnung der Gütertrennung verlangen (Abschluss eines Ehevertrags bleibt <br />
unmöglich) <br />
b. Formelle Voraussetzungen <br />
-‐ öffentliche Beurkundung <br />
-‐ Unterzeichnung beider Vertragsschliessenden <br />
-‐ Abänderung/Aufhebung in gesetzlicher vorgeschriebener Form <br />
5. Inhaltliche Schranken des Ehevertrags <br />
-‐ Güterstand kann nur innerhalb gesetzlicher Schranken gewählt/aufgehoben werden <br />
-‐ Kombinationen von Güterständen ist nicht zulässig <br />
-‐ infolge eines Konkurses kann Gütertrennung von Gesetzes wegen eintreten <br />
-‐ nach Befriedigung der Gläubiger kann Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Gütergemein-schaft<br />
wieder hergestellt werden <br />
6. Wirkungen des Ehevertrags <br />
-‐ Ehevertrag wird mit Abschluss wirksam und dauert bis zur Auflösung der Ehe (ausser, wenn vor-her<br />
ausserordentlicher Güterstand eintritt) <br />
-‐ Wirkungen erstrecken sich auf Eheleute sowie auf Dritte <br />
7. Die Ehegattengesellschaft (Exkurs) <br />
a. Begriff und Bedeutung <br />
-‐ Begründung einer einfachen Gesellschaft für Liegenschaften <br />
-‐ Ergänzung zur Errungenschaftsbeteiligung à Gesamthandverhältnis (Eigentum) <br />
-‐ Gesamteigentum ist jedoch für wirtschaftlich schwächere Person risikoreicher <br />
b. Gesellschaftsvertrag <br />
-‐ Gesellschaftsvertrag nötig, falls Ehegatten nicht in Gütergemeinschaft leben <br />
à formlos, übereinstimmender Wille <br />
c. Gesellschaftsbeschlüsse, Vertretung und Haftung <br />
-‐ Regeln der einfachen Gesellschaft <br />
-‐ für Beschlüsse ist Einstimmigkeit erforderlich <br />
-‐ Ehegatten haften solidarisch für Schulden bezüglich Ehegattengesellschaft <br />
d. Auflösung der Ehegattengesellschaft <br />
-‐ aus Gründen nach Art. 545 OR <br />
-‐ Auflösung der Ehe führt i.d.R. zur Auflösung der einfachen Gesellschaft <br />
-‐ bei Auflösung wird Gesellschaft zu Liquidationsgesellschaft <br />
-‐ Vermögen dient der Tilgung der gemeinschaftlichen Schulden <br />
-‐ Überschuss bzw. Fehlbetrag wird unter Ehegatten hälftig aufgeteilt <br />
e. Güterrechtliche Auseinandersetzung <br />
-‐ Gesellschaft gehört zum Vermögen der Ehegatten <br />
-‐ Gewinn bzw. Verlust muss den Ehegatten zugeordnet werden <br />
<br />
23
-‐ Rückforderungsanspruch nach Art. 206 <strong>ZGB</strong> eines Ehegatten, falls er Gesellschaft stärker <br />
finanziert hat (sofern keine Schenkung) <br />
8. Verwaltung des Vermögens der Ehegatten <br />
-‐ jeder Ehegatte verwaltet seine alleinigen Vermögenswerte selbst <br />
-‐ Verwaltung des Vermögens durch anderen Ehegatten mittels Auftrag möglich <br />
-‐ Voraussetzung der Vermögensverwaltung durch anderen Ehegatte ist getrenntes Eigentum <br />
-‐ Vermögensverwaltung durch anderen Ehegatten kann auch nur Teilvermögen betreffen <br />
-‐ es gelten die allgemeinen Regeln des OR, wobei die Interessen mit Sorgfalt zu bewahren sind <br />
-‐ Vermögensverwalter ist jederzeit zur Rechenschaftsablegung verpflichtet <br />
-‐ der Auftrag kann von beiden Ehegatten jederzeit widerrufen/gekündigt werden <br />
9. Inventar <br />
-‐ öffentliche Beurkundung nötig (Nachweis der Richtigkeit) <br />
-‐ zur Beweisvereinfachung bei güterrechtlicher Auseinandersetzung <br />
-‐ Inventar kann von jedem Ehegatten verlangt werden à Mitwirkungsverpflichtung <br />
-‐ Gesetz vermutet inhaltliche Richtigkeit des Inventars <br />
10. Schutz der Gläubiger <br />
a. Zweck und Inhalt von Art. 193 <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ Gläubiger sollen in ihrem Vertrauen auf Vermögensverhältnisse geschützt werden <br />
-‐ Behandlung des Gläubigers, wie wenn die Änderung der Vermögenszuordnung nie statt <br />
gefunden hätte (er soll nichts „spüren“) <br />
b. Anwendungsbereich <br />
-‐ bei Errungenschaftsbeteiligung und Gütertrennung haftet jeder Ehegatte uneinge-schränkt<br />
mit einem Vermögen wie ein Unverheirateter <br />
-‐ Gläubigerschutz umfasst jede Vermögensübertragung vom Schuldner auf seinen Ehegat-ten<br />
<br />
-‐ Abwicklung von Rechtsgeschäften unter Ehegatten bedeutet keine güterrechtliche Aus-einandersetzung<br />
<br />
-‐ bei Güterstandswechsel wird dem Gläubiger Haftungssubstrat für Forderung entzogen <br />
11. Zweck und Wirkung der Gütertrennung <br />
-‐ in Fällen, wenn wirtschaftliches Zusammenwirken der Ehegatten gestört oder Vermögensverfall <br />
eingetreten ist <br />
-‐ Zweck; Trennung der vermögensrechtlichen Interessen der Ehegatten <br />
-‐ Art. 185 <strong>ZGB</strong> als Eheschutzmassnahme <br />
-‐ Übergang zur Gütertrennung, nicht auf vertragliche Gütertrennung anwendbar <br />
-‐ Wirkung der vertraglichen Gütertrennung: bei Auflösung des Güterstandes stehen den Ehegat-ten<br />
keine Ansprüche zu à in vermögensrechtlicher Hinsicht als wären sie unverheiratet <br />
-‐ Gütertrennung = ausserordentlicher Güterstand (tritt auch gegen Willen eines Ehegatten ein) <br />
-‐ kann auf Begehren eines Ehegatten oder des Gerichts oder von Gesetzes wegen eintreten <br />
12. Eintritt des ausserordentlichen Güterstandes aufgrund gerichtlicher Anordnung <br />
a. Auf Begehren eines Ehegatten <br />
-‐ aus wichtigen Gründen (Art. 185 <strong>ZGB</strong>) <br />
wenn ideelle und materielle Grundlagen ernstlich gefährdet sind <br />
-‐ als Eheschutzmassnahme bei Getrenntleben <br />
Anordnung der Gütertrennung bei begründeter Aufhebung des gemeinsamen Haushalts, <br />
wenn es die Umstände rechtfertigen <br />
-‐ im Rahmen vorsorglicher Massnahmen im Scheidungs-‐/Trennungsverfahren <br />
<br />
24
Gütertrennung als nötige vorsorgliche Massnahme nach Art. 137 <strong>ZGB</strong> <br />
Scheidungsklage als wichtiger Grund <br />
b. Auf Begehren der Aufsichtsbehörde in Betreibungs-‐ und Konkurssachen <br />
-‐ gerichtliche Anordnung der Gütertrennung (wenn Ehegatten bereits in Gütergemein-schaft<br />
leben) <br />
-‐ Anordnung möglich, wenn Anteil am Gesamtgut gepfändet wird <br />
c. Zuständigkeiten und Verfahren <br />
-‐ Örtlich: Gericht am Wohnsitz eines Ehegatten, bei Betreibungssachen Gericht am Wohn-sitz<br />
des Schuldnerehegatten <br />
-‐ Sachlich: i.d.R. Eheschutzgericht (Kantone bestimmen), ordentliches Gericht für güter-rechtliche<br />
Auseinandersetzungen <br />
-‐ Endentscheid vor Bundesgericht ist mit Beschwerde in Zivilsachen anfechtbar <br />
13. Eintritt des ausserordentlichen Güterstandes von Gesetzes wegen <br />
-‐ Wechsel zur Gütertrennung erfolgt von Gesetzes wegen, wenn übe Ehegatte(n) in Gütergemein-schaft<br />
lebend Konkurs eröffnet wird <br />
14. Beginn der Wirkung des ausserordentlichen Güterstandes <br />
-‐ Gütertrennung tritt rückwirkend (ex tunc) auf Tag des Begehrens an das Gericht/Ehegatten oder <br />
mit rechtskräftiger Konkurseröffnung ein <br />
15. Vornahme der güterrechtlichen Auseinandersetzung <br />
-‐ güterrechtliche Auseinandersetzung ist grundsätzlich Sache der Ehegatten <br />
-‐ jeder Ehegatte nimmt vom Gesamtgut zurück, was unter der Errungenschaftsbeteiligung sein Ei-gengut<br />
wäre <br />
16. Aufhebung der Gütertrennung <br />
a. Aufhebung durch Ehevertrag <br />
-‐ wenn Gütertrennung auf Begehren eines Ehegatten angeordnet wurde, kann jederzeit <br />
durch Ehevertrag wieder anderer/früherer Güterstand vereinbart werden <br />
-‐ Gläubigerinteresse müssen geschützt und befriedigt werden <br />
b. Aufhebung durch Gericht <br />
-‐ Gericht kann auch gegen Willen des anderen Ehegatten früherer/anderer Güterstand <br />
herstellen <br />
-‐ nur, wenn Grund der zur Gütertrennung geführt hat, weggefallen ist <br />
17. Örtliche und sachliche Zuständigkeit für Klagen über die güterrechtliche Auseinandersetzung <br />
-‐ Örtlich: für güterrechtliche Auseinandersetzung sind zwingende Gerichtsstände zuständig <br />
-‐ Auflösung durch Tod: Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers <br />
-‐ Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung: Gericht am Wohnsitz einer Partei <br />
-‐ übrige Fälle: Gericht am Wohnsitz einer Partei <br />
-‐ Sachlich: ordentliches Gericht ist zuständig, sofern nicht bereits anderes hängiges Verfahren <br />
§ 12 Die Errungenschaftsbeteiligung <br />
1. Allgemeines <br />
-‐ jeder Ehegatte verfügt über zwei Vermögensmassen innerhalb seines Vermögens <br />
-‐ er nutzt, verwaltet und verfügt selbständig darüber <br />
<br />
25
-‐ kein eheliches Vermögen (Vermögensmasse, die beiden Ehegatten gehört) <br />
2. Errungenschaft <br />
a. Gesetzliche Umschreibung <br />
Errungenschaft besteht aus Vermögenswerten, die Ehegatte während der Dauer des Güter-standes<br />
entgeltlich erwirbt <br />
b. Entgeltlichkeit <br />
-‐ Rechtsgeschäfte mit Austauschcharakter <br />
-‐ Entgeltlicher Erwerb führt grundsätzlich zu Errungenschaften <br />
(Ausnahme: erworbene Gegenstände dienen ausschliesslich persönlichem Gebrauch) <br />
-‐ Unentgeltlich sind Schenkungen unter Lebenden und von Todes wegen <br />
c. Gesetzestechnische Anmerkung zu Art. 197 Abs. 2 und 198 <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ Art. 198 <strong>ZGB</strong> ist abschliessend, Art. 197 Abs. 2 jedoch nicht <br />
-‐ alles was nicht dem Eigengut zugeordnet werden kann ist Errungenschaft <br />
-‐ Bsp. für nicht gesetzlich erwähnte Errungenschaften: Familienzulagen <br />
d. Grundsatz der Unveränderlichkeit der Gütermassen <br />
-‐ die Zuordnung der Vermögensmassen ist zwingen, da sie nur im Rahmen von Art. 199 <br />
<strong>ZGB</strong> abgeändert werden kann (zu Lasten der Errungenschaft) <br />
-‐ soll Eigengut verringert werden, so ist Güterstand der Gütergemeinschaft zu wählen <br />
e. Arbeitserwerb <br />
-‐ Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit <br />
-‐ Gewinn im Zusammenhang mit einem Gewerbe oder Unternehmen <br />
-‐ industrielle Mehrwerte <br />
-‐ Entschädigungen der wirtschaftlichen Tätigkeit <br />
f. Leistungen von Personal-‐/Sozialfürsorgeeinrichtungen und Sozialversicherungen <br />
-‐ ausgerichtete Leistungen fallen der Errungenschaft zu <br />
à Ersatz für Erwerbseinkommen <br />
-‐ nur Teil des Kapitals, welches die Rente bis zur Auflösung des Güterstandes ersetzt, zählt <br />
zur Errungenschaft <br />
-‐ Leistungen der ersten und zweiten Säule (AHV und PK) gehören zur Errungenschaft <br />
-‐ Leistungen der dritten Säule (freiwillige Vorsorge) wird jener Gütermasse zugeordnet, <br />
welche dafür finanziell aufgekommen ist <br />
g. Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit <br />
-‐ Kostenersatz, Ausfall von Erwerbseinkommen und Erschwerung des wirtschaftlichen <br />
Fortkommens wird im Sinne von Art. 46 Abs. 2 OR entschädigt <br />
h. Erträge des Eigengutes <br />
-‐ natürliche und zivile Früchte (Zinsen, Dividenden) <br />
-‐ Gratisaktien und Liquidationsgewinne sind keine Erträge <br />
i. Ersatzanschaffungen für Gegenstände der Errungenschaft <br />
-‐ Ersatzanschaffungen dienen der Erhaltung des wertmässigen Bestandes der Gütermasse <br />
à Surrogation 3<br />
-‐ hier geht es nicht um Zweck-‐, sondern um Wertersatz <br />
3 Surrogation = Zuordnung eines neu erworbenen Vermögensgegenstanden zu einer Vermögensmasse, unabhängig vom <br />
Willen der Parteien <br />
<br />
26
3. Eigengut <br />
a. Begriff <br />
-‐ erweiterbares Sondervermögen, welches bei Auflösung des Güterstandes vollumfänglich <br />
dem Eigentümer verbleibt <br />
-‐ Erträge des Eigenguts fallen der Errungenschaft zu <br />
b. Gegenstände zum ausschliesslichen persönlichen Gebrauch <br />
-‐ hauptsächlich bewegliche Sachen (Schmuck, Kleider) und weitere Vermögensgegenstän-de<br />
<br />
-‐ Mittel zum persönlichen Gebrauch, auch wenn sie durch Finanzierungsmittel der Errun-genschaft<br />
erfolgen <br />
-‐ bei grösseren Anschaffungen, die über gewöhnlichen Rahmen hinaus gehen, entsteht <br />
eine Ersatzforderung der Errungenschaft gegenüber dem Eigengut <br />
c. Vermögenswerte, die Ehegatte vor oder während der Ehe unentgeltlich erworben hat <br />
-‐ Vermögenswerte, die bereits vor Ehe bzw. vor Güterstand erworben wurden <br />
-‐ unentgeltlichen Vermögensanfälle während Ehe werden dem Eigengut zugerechnet <br />
-‐ Unentgeltlichkeit, wenn keine persönliche/vermögensmässige Gegenleistung erbracht <br />
worden ist <br />
(Bsp: Erbschaft, Schenkung, Schuldenerlass) <br />
d. Genugtuungsansprüche <br />
-‐ Vermögensvorteile aufgrund physischen/psychischen Leiden im Zusammenhang mit <br />
Persönlichkeitsverletzungen <br />
-‐ Genugtuung sehr personenbezogen, deshalb Eigengut betreffend <br />
e. Ersatzanschaffungen für Eigengut <br />
-‐ Ersatzanschaffungen für Eigengut bilden wiederum Eigengut <br />
-‐ Wert-‐/Mittelersatz, nicht jedoch Zweckersatz <br />
f. Ehevertraglich begründetes Eigengut <br />
-‐ mittels Ehevertrag können Vermögensbestandteile dem Eigengut zugewiesen werden <br />
4. Beweisfragen <br />
a. Nachweis des Eigentums <br />
-‐ Art. 200 <strong>ZGB</strong> regelt die Beweislast <br />
-‐ Vermutung und Fiktion spielen grosse Rolle <br />
-‐ Inventar bewirkt eine Beweiserleichterung (Art. 195a <strong>ZGB</strong>) <br />
b. Zuordnung zu den Gütermassen <br />
-‐ gesetzliche Vermutung zu Gunsten der Errungenschaft <br />
-‐ Ehegatte, der Zugehörigkeit eines Gegenstandes zum Eigengut behauptet, muss Nachtei-le<br />
einer allfälligen Beweislosigkeit tragen <br />
5. Eigentumsunabhängige Vermögensaufteilung bei Auflösung des Güterstandes <br />
-‐ bei Auflösung behalten Ehegatten ihr Eigengut und die Hälfte ihrer Errungenschaft <br />
6. Verwaltung, Nutzung und Verfügung <br />
-‐ jeder Ehegatte nutzt und verwaltet sein eigenes Vermögen <br />
-‐ Ehegatten verfügen grundsätzlich frei über ihr Vermögen <br />
<br />
27
7. Haftung <br />
-‐ jeder Ehegatte haftet für seine Schulden ausschliesslich mit seinem gesamten Vermögen <br />
-‐ im Rahmen des Unterhalts oder aus einer entsprechenden Vereinbarung entsteht eine solidari-sche<br />
Haftung <br />
8. Massenzuordnung von Schulden <br />
-‐ Schulden gegenüber Dritten belasten Vermögensmassen, mit welchen sie sachlich zusammen-hängen<br />
<br />
-‐ Entstehungszeitpunkt der Schuld bedeutend: liegt er vor Abschluss der Ehe, wird immer Eigen-gut<br />
belastet <br />
-‐ bei Schulden, die während der Ehe entstanden sind, wird Schuld beim Einkommen angeknüpft <br />
-‐<br />
-‐<br />
Schuld belastet Gütermasse, welcher das entsprechende Einkommen zufliesst <br />
nur wenn Schuld nicht bei Einkommen anknüpft, kommt es auf Massenzuordnung des <br />
Vermögensgegenstandes an, Objektschuld ist derjenigen Gütermasse zuzuordnen, <br />
welcher der fragliche Vermögensgegenstand zusteht <br />
9. Verhältnis und Zusammenwirken zwischen den Gütermassen eines Ehegatten <br />
a. Ausgangslage <br />
-‐ wenn sich beide Gütermassen eines Ehegatten an Finanzierung eines Vermögenswertes <br />
beteiligen, muss Gegenstand einer bestimmten Gütermasse zugeordnet werden <br />
-‐ vollständige Zuordnung nötig (entweder voll Eigengut oder voll Errungenschaft) <br />
b. Massenzuordnung <br />
-‐ Vermögenswert wird jeweils der Masse zugeordnet, die Übergewicht an Beteiligung hat <br />
-‐ bei gleich grosser Beteiligung, wird von Errungenschaft ausgegangen <br />
-‐ Massenzuordnung wird nach Zeitpunkt der ersten Beteiligung gemacht <br />
-‐ spätere Veränderungen/Beteiligungen bleiben unbeachtlich <br />
c. Ersatzforderung der anderen beteiligten Gütermasse <br />
-‐ wird Vermögensgegenstand der einen Gütermasse zugeordnet, entsteht für andere Gü-termasse<br />
eine variable Ersatzforderung (Art. 209 Abs. 3 <strong>ZGB</strong>) <br />
10. Sonderfall: Massenzuordnung einer Liegenschaft bei Erwerb mittels Hypotheken <br />
a. Zuordnung der Liegenschaft im Verhältnis zwischen Ehegatten nach sachlichen Kriterien <br />
-‐ Liegenschaft wird Vermögen desjenigen Ehegatten zugeordnet, der durch Grundbuch-eintrag<br />
als Eigentümer gilt <br />
-‐ falls sich anderer Ehegatte auch am Liegenschaftserwerb beteiligt hat, steht ihm eine <br />
mehrwertberechtigte Forderung nach Art. 206 <strong>ZGB</strong> zu <br />
-‐ Mit-‐/Gesamteigentum möglich, wenn im Grundbuch eingetragen <br />
b. Reiner Kreditkauf (Hypothek) <br />
-‐ wenn Erwerb ausschliesslich durch grundpfandgesicherten Kredit, wird Liegenschaft der <br />
Errungenschaft des/der berechtigten Ehegatten zugeordnet <br />
c. Erwerb durch Eigenmitte und Mittel aus grundpfandgesichertem Kredit (Hypothek) <br />
i. Zuordnung der Liegenschaft innerhalb Gütermassen des/der Eigentümer nach <br />
Übergewicht der Beteiligung <br />
• bei Finanzierung durch Eigenmittel und Hypothek, wird Liegenschaft der Gü-termasse<br />
zugeordnet, die engsten sachlichen Zusammenhang mit Liegenschaft <br />
hat <br />
• andere Gütermasse erhält Ersatzanspruch nach Art. 209 <strong>ZGB</strong> <br />
• falls gleich grosse Beteiligung herrscht, wird auch hier von Errungenschaft aus-gegangen<br />
<br />
<br />
28
ii.<br />
Zuordnung der Hypothek <br />
• grundsätzliche Zuordnung zu Vermögensmasse mit welcher Liegenschaft sach-lich<br />
zusammenhängt <br />
• Ausnahme: wenn Hypothekarzinsen durch andere Gütermasse bezahlt wer-den,<br />
als Hypothek angehört, ist Neuzuteilung der Hypothek möglich <br />
• Gegenausnahmen: <br />
o falls Hypothekarzinsen aus Mieterträgen bezahlt werden, zählt Hy-pothek<br />
zu Errungenschaft, da auch Mieterträge einer Eigengutslie-genschaft<br />
an Errungenschaft fallen würden <br />
o auch keine Umteilung, wenn Eigengutsliegenschaft eheliche Woh-nung<br />
ist und Zinsen aus Errungenschaftsmittel bezahlt wird <br />
à Beitrag an Unterhalt <br />
• Amortisationen durch belastete Gütermasse ersetzen Hypothek und ändern <br />
nichts an Zuordnung der Hypothek <br />
11. Die Mehrwertbeteiligung nach Art. 206 <strong>ZGB</strong> <br />
a. Zweck der Bestimmung <br />
-‐ wenn Ehegatte auch zur Finanzierung eines Vermögenswertes beigetragen hat und kon-junktureller<br />
Mehrwert entsteht, soll „Gewinn“ beiden Ehegatten zukommen <br />
-‐ verhindern, dass Gütermasse zu Lasten des anderen Ehegatten finanziert wird <br />
b. Investition eines Ehegatten in einen Vermögenswert des anderen <br />
-‐ erforderlich für Mehrwertbeteiligung ist Investition in Vermögenswert des anderen Ehe-gatten<br />
<br />
-‐ Investition kann durch Geld oder geldwerte Sach-‐ oder Arbeitsleistung erfolgen <br />
c. Verwendung der Investition <br />
-‐ investierter Betrag muss Erwerb (Erlangung des Eigentums), Verbesserung (zur wesentli-chen<br />
Veränderung der Gebrauchsfähigkeit) oder Erhaltung (Verhinderung von Wertzer-fall)<br />
des Vermögensgegenstandes dienen <br />
d. Ohne entsprechende Gegenleistung <br />
-‐ Beitrag darf weder Schenkung noch Betrag mit Gegenleistung sein <br />
-‐ er muss ein entschädigungsloser Rückforderungsanspruch mit sich führen <br />
e. Beschränkung auf konjunkturelle Mehrwerte <br />
-‐ Beitrag muss zu konjunkturellem Mehrwert führen (Wertzuwachs) <br />
-‐ Mehrwert muss im Zeitpunkt d. güterrechtlichen Auseinandersetzung vorhanden sein <br />
f. Keine Beteiligung am Minderwert (Nennwertgarantie) <br />
-‐ Minderwert bleibt unbeachtlich <br />
-‐ Beitragsleistender hat Anspruch auf Rückerstattung des Nennwerts seines Beitrages <br />
g. Berechnung des Mehrwertanteils <br />
-‐ Mehrwert = Differenz zwischen Anfangswert und Endwert <br />
-‐ Wertsteigerung eines Vermögenswertes ist anteilsmässig auf Eigentümerehegatten auf-zuteilen<br />
à nach proportionalem Beitragsverhältnis im Zeitpunkt der Investition <br />
-‐ Mehrwert wird verhältnismässig auf beteiligte Gütermassen aufgeteilt <br />
-‐ bei neuen Investitionen ist Mehrwert auf frühere Investitionen zu verteilen <br />
-‐ bei mehreren Investitionen in verschiedene Vermögenswerte à Globalrechnung <br />
h. Rechtsnatur des Mehrwertanteils <br />
-‐ einheitliche, einseitig variable Forderung <br />
-‐ abhängig vom Schicksal des Vermögensgegenstandes im Vermögen des Eigentümers <br />
<br />
29
i. Massenzuordnung <br />
i. Im Vermögen des Berechtigten <br />
• Mehrwert gehört zur Vermögensmasse, welche die Investition erbrachte <br />
• jeder Masse steht mindestens Wert der ursprünglichen Investition zu <br />
ii.<br />
Im Vermögen des Verpflichteten <br />
• Forderung/Schulden nach Art. 206 Abs. 1 <strong>ZGB</strong>, die Vermögen betreffen <br />
• Vermögensmasse belastet, welcher Vermögenswert angehört <br />
• Verlust muss vollumfänglich der Eigentümer-‐Ehegatte tragen <br />
• Fallunterscheidungen bei Globalrechnung <br />
o Investitionen durch Errungenschaft und Eigengut; Mehrwerte auch <br />
entsprechende Gütermassen zuordnen <br />
o Gesamtbetrag (Mehr-‐/Minderwerte) wird dem Berechtigten belas-tet<br />
<br />
o wenn Gesamtbetrag weniger als Summe der Investitionen ergibt, <br />
hat Gläubiger Anspruch auf getätigte Investitionen <br />
j. Fälligkeit und Rückzahlbarkeit <br />
-‐ Mehrwertanteile werden erst mit güterrechtlicher Auseinandersetzung fällig <br />
-‐ bei vorzeitiger Veräusserung des Vermögensgegenstandes wird Abrechnung vorgezogen <br />
-‐ vorzeitige Rückzahlung des Beitrages ist nur mit Zustimmung des Gläubigerehegatten <br />
möglich <br />
-‐ Berechnung des Mehrwertanteils muss mit Dauer des Beitrags übereinstimmen <br />
k. Ausschluss der Mehrwertbeteiligung <br />
-‐ Mehrwertbeteiligung als dispositives Recht <br />
-‐ Verzicht auf Mehrwertanteil ist möglich <br />
-‐ umstritten, ob Mehrwertbeteiligung durch Ehevertrag ausgeschlossen werden kann <br />
12. Mehr-‐ und Minderwertbeteiligung nach Art. 209 Abs. 3 <strong>ZGB</strong> <br />
a. Zweck <br />
-‐ beide Vermögensmassen eines Ehegatten werden für Vermögenswert verwendet <br />
-‐ zwischen Gütermassen entsteht Ersatzanforderung <br />
à damit keine Vermögensverschiebung zu Lasten einer Vermögensmasse entsteht <br />
b. Ausgestaltung <br />
i. Gemeinsamkeit/Unterschied zu Art. 206 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> <br />
• bei beiden ist Zweck, dass keine Vermögensmasse zur Finanzierung der anderen <br />
verwendet wird <br />
• Voraussetzungen für Mehr-‐/Minderwert ist investierter Beitrag für Erwerb, Verbes-serung,<br />
Erhaltung des Vermögenswertes <br />
• im Gegensatz zu Art. 206 umfasst Art. 209 auch Minderwerte <br />
• Art. 209 setzt kein Fehlen einer Schenkung voraus, Art. 206 jedoch schon <br />
• Art. 206 erfordert für vorzeitige Rückzahlung Zustimmung des Ehegatten <br />
ii. Massenzuordnung <br />
• Ersatzforderung wird Masse zugerechnet, welcher auch Gegenstand angehört <br />
• nachträgliche Investitionen fallen ebenfalls in gleiche Masse <br />
iii. Berechnung <br />
• Minderwertanteil erfolgt analog zur Mehrwertanteilsberechnung <br />
• bei mehreren Investitionen wird jeder Mehr-‐/Minderwert einzeln berechnet <br />
<br />
30
iv. Rechtsnatur <br />
• nach Art. 209 ist Mehr-‐/Minderwertbeteiligung zwingendes Recht <br />
• durch Ehevertrag ist Ausschluss der Beteiligung nach Art. 199 zulässig <br />
c. Sonderproblem: Berechnung von Mehr-‐/Minderwertanteil auf Hypothek oder Vorbezug <br />
i. Aufteilung des Mehrwerts auf beteiligte Vermögensmassen <br />
• Finanzierung der Hypothek aus beiden Gütermassen sowie aus Kreditmittel <br />
• Mehr-‐/Minderwertanteil wird nach Übergewicht der einen Gütermasse zugeordnet; <br />
variable Ersatzforderung für weniger beteiligte Gütermasse <br />
ii. Praktisches Vorgehen <br />
• 1. Schritt: <br />
-‐ Berechnung des Verhältnisses der Beteiligungen (Vermögensmassen und Hypo-thek)<br />
an der Liegenschaft <br />
-‐ Wertminderung/-‐steigerung der Liegenschaft wird verhältnismässig auf Hypothek <br />
und Vermögensmassen aufgeteilt <br />
• 2. Schritt: <br />
-‐ Mehr-‐/Minderwert der Hypothek ist im Verhältnis der Beteiligung auf Vermö-gensmassen<br />
aufzuteilen <br />
-‐ bei jeder neuen Investition/Amortisation der Hypothek ist bisher eingetretener <br />
Mehrwert auf frühere Investitionen zu verteilen <br />
iii. Ausnahme: Aufteilung bei einer dem Nichteigentümer zugeteilte Hypothek <br />
• Minderwert der Hypothek wird nicht auf Investition des Nichteigentümerehegatten <br />
verteilt, nur Beteiligung an Mehrwerten (Art. 206) <br />
13. Hinzurechnung und Herabsetzung nach Art. 208 und 220 <strong>ZGB</strong> <br />
a. Zweck <br />
-‐ Schutz des Anspruchs eines Ehegatten auf Beteiligung am Vorschlag (Art. 215) <br />
-‐ nötig, da jeder Ehegatte frei über Errungenschaft verfügen (und verschleudern) kann <br />
b. Tatbestände der Hinzurechnung <br />
-‐ Art. 208; zwei Tatbestände, damit Vermögenswerte, die sich bei Auflösung des Güter-standes<br />
nicht mehr in Vermögen des Ehegatten befinden, trotzdem für Berechnung des <br />
Vorschlags berücksichtigt werden <br />
i. Unentgeltliche Zuwendung ohne Zustimmung des Ehegatten <br />
• in letzten fünf Jahren vor Auflösung getätigt (keine Gelegenheitsgeschenke) <br />
• dabei handelt es sich nur um Zuwendungen aus der Errungenschaft <br />
ii. Vermögensentäusserung in Schädigungsabsicht <br />
• Umgehungsgeschäfte <br />
• Schmälerungsabsicht; Entäusserung zur Verminderung des Beteiligungsanspruchs <br />
des anderen Ehegatten <br />
c. Hinzurechnungswert <br />
-‐ erfolgt wertmässig; Verkehrswert massgebend <br />
-‐ Wert im Zeitpunkt der Veräusserung <br />
d. Berechtigte <br />
-‐ jeder Ehegatte kann Hinzurechnung verlangen, wenn er Entäusserung nicht zugestimmt <br />
hat <br />
<br />
31
-‐ wenn er bereits gestorben ist, können Erben das Recht geltend machen <br />
e. Verjährung <br />
-‐ Anspruch auf güterrechtliche Hinzurechnung wird mit Auflösung des Güterstandes fällig; <br />
Verjährung beginnt mit diesem Zeitpunkt an zu laufen <br />
f. Wirkung der Hinzurechnung <br />
-‐ grundsätzlich nur unter Ehegatten und nur rechnerisch <br />
-‐ Hinzurechnung richtet sich gegen Veräusserer (Ehegatte) <br />
-‐ durch Vermögensveräusserung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten wird in erster <br />
Linie das Eigengut des Veräusserers belastet <br />
g. Klage gegen Dritte (Herabsetzung) <br />
i. Zweck <br />
• wenn Vermögen des Veräusserers nicht ausreicht, um Forderung der Hinzurech-nung<br />
zu begleichen, kann diese beim begünstigten Dritten bis zur Höhe des Fehlbe-trags<br />
eingefordert werden <br />
• evt. Schadenersatzforderung des Dritten gegenüber dem Veräusserer <br />
ii. Massgebender Wert <br />
• Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung für Beurteilung der Vermö-gensdeckung<br />
massgeblich <br />
• Art. 220 nur anwenden, wenn Vermögen des verpflichteten Ehegatte im Zeitpunkt <br />
der güterrechtlichen Auseinandersetzung Forderung nicht deckt <br />
iii. Frist <br />
• Klage gegen Dritte nur binnen Jahresfrist seit Kenntnis der Verletzung und innert 10 <br />
Jahren seit Auflösung des Güterstandes geltend gemacht werden <br />
14. Auflösung des Güterstandes und güterrechtliche Auseinandersetzung <br />
a. Auflösung des Güterstandes <br />
-‐ bei Tod und Vereinbarung eines anderen Güterstandes fällt Auflösung des Güterstandes <br />
mit Ereignis zusammen <br />
-‐ bei Scheidung, Ungültigkeitserklärung etc. fällt Auflösung mit Tag der Einreichung des <br />
Begehrens zusammen <br />
-‐ bei Verschollenheit wird Ehe mit Verschollenheitserklärung aufgelöst; Zeitpunkt der To-desgefahr<br />
bzw. der letzten Nachricht massgeblich <br />
b. Zweck der güterrechtlichen Auseinandersetzung <br />
-‐ Aussonderung des Vermögens jedes Ehegatten <br />
-‐ Verwirklichung der Vorschlags-‐ und Mehrwertbeteiligungen <br />
-‐ bei Tod wird zuerst güterrechtliche dann erbrechtliche Auseinandersetzung gemacht <br />
-‐ Vorgehen der güterrechtlichen Auseinandersetzung: <br />
-‐ Trennung von Mannes-‐/Frauengut <br />
-‐ Vorschlagsberechnung (Mehrwertanteile berücksichtigen) <br />
-‐ Beteiligung am Vorschlag bestimmen <br />
-‐ Erfüllung der Ansprüche <br />
c. Trennung von Frauen-‐ und Mannesgut <br />
i. Rücknahme des Eigentums <br />
-‐ bei Miteigentum wird Sache dem Ehegatten zu Alleineigentum zugewiesen, der <br />
überwiegendes Interesse daran vorweist <br />
<br />
32
-‐<br />
-‐<br />
anderer Ehegatte erhält volle Entschädigung dafür <br />
so lange Vermögenszuweisung noch nicht klar ist, wird vorerst Wert des Miteigen-tumsanteils<br />
zugeordnet <br />
ii. Begleichung der gegenseitigen Schulden <br />
-‐ Schulden werden mit dem Nennwert eingesetzt und werden beglichen <br />
-‐ Forderungen nach Art. 206 sind zu bereinigen, Mehrwertanteil bezieht sich auf <br />
Wert des Gegenstandes im Zeitpunkt der Auseinandersetzungen <br />
-‐ auch Schulden gegenüber Dritten müssen beglichen werden <br />
d. Berechnung des Vorschlags <br />
i. Allgemeines <br />
-‐ Saldo der Errungenschaft bestimmen (nach Festlegung der Aktiven/Passiven) <br />
-‐ Vorschlag bzw. Rückschlag (positiver bzw. negativer Vorschlag) <br />
-‐ jeder Ehegatte bzw. Erben haben Anspruch auf Teilvorschlag des anderen <br />
ii. Vorgehensweise <br />
-‐ Zuweisung innerhalb des Mannes-‐/Frauengutes <br />
-‐ Aufteilung der Vermögenswerte auf Eigengut bzw. Errungenschaft <br />
-‐ engster sachlicher Zusammenhang entscheidend <br />
-‐ Errungenschaftswert ist zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung massgebend <br />
-‐ Feststellung und Begleichung von Ersatzforderungen zwischen Gütermassen <br />
-‐ Schulden der Vermögensmasse zuordnen, mit welcher sie sachlich zusammen-hängen<br />
<br />
-‐ Ersatzanforderung nötig, wenn Schulden aus „falscher“ Vermögensmasse be-zahlt<br />
wurden <br />
-‐ Berechnung und Zuordnung von Mehr-‐/Minderwertanteilen <br />
-‐ Ersatzforderung entspricht dem Anteil des Beitrages und wird wertmässig zum <br />
Zeitpunkt der Auseinandersetzung bzw. der Veräusserung berechnet <br />
-‐ Korrektur zu Gunsten des Eigengutes <br />
-‐ Kapitalleistungen gehören während Güterstand zur Errungenschaft (Erwerbser-satz),<br />
nach dessen Auflösung wird noch zustehender/nicht gebrauchter Betrag <br />
dem Eigengut zugerechnet <br />
-‐ Hinzurechnung veräusserter Vermögenswerte <br />
-‐ unentgeltliche Zuwendungen sowie Veräusserungen (ohne Zustimmung des <br />
Ehegatten in letzten fünf Jahre vor Auflösung getätigt) der Errungenschaft zurech-nen<br />
<br />
iii. Bestimmung des Saldos der Errungenschaft <br />
-‐ Wert der Errungenschaft bemisst sich nach Zeitpunkt der güterrechtlichen Ausei-nandersetzung<br />
<br />
-‐ die einzelnen Vermögenswerte der Errungenschaft werden zum Verkehrswert (ak-tueller<br />
Marktwert) berechnet <br />
-‐ Nettoverkehrswert massgebend (Wert nach Abzug der lastenden Schulden) <br />
e. Verteilung des Vorschlags <br />
i. Gesetzliche Regelung <br />
-‐ jedem Ehegatten steht Hälfte des Vorschlags des anderen zu <br />
-‐ niemand muss mehr als Hälfte des Vorschlags dem anderen abgeben <br />
ii. Ehevertragliche Abänderung der Vorschlagsteilung <br />
-‐ Änderung der gegenseitigen Vorschlagsteilung durch Ehevertrag möglich <br />
<br />
33
-‐<br />
erbrechtliche Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder dürfen durch <br />
veränderte Vorschlagsverteilung aber nicht beeinträchtigt werden <br />
iii. Zur Scheidungsresistenz einer abgeänderten Vorschlagsteilung <br />
-‐ abgeänderte Vorschlagsteilung gilt nur dann auch im Scheidungsfall, Ehetrennung, <br />
Ungültigkeitserklärung oder gerichtlicher Anordnung der Gütertrennung, wenn <br />
dies ausdrücklich im Ehevertrag vereinbart wurde <br />
f. Erfüllung der Ansprüche <br />
i. Fälligkeit und besondere Zahlungsfristen <br />
-‐ Forderungen der Ehegatten aus Güterrecht miteinander verrechnen <br />
-‐ Ansprüche werden mit Abschluss d. güterrechtlichen Auseinandersetzung fällig <br />
-‐ bei ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten kann Gericht Zahlungsaufschub geben <br />
-‐ der Zahlungsaufschub ist aber mit Zinspflicht verbunden <br />
ii. Klage gegen Dritte <br />
-‐ falls Ehegatte Beteiligungsforderung nicht decken kann, darf Ehegatte bzw. seine <br />
Erben bis Höhe des Fehlbetrags auf begünstigte Dritte zurückgreifen <br />
(Art. 220 <strong>ZGB</strong>) <br />
iii. Zuteilung von Wohnung und Hausrat bei Tod eines Ehegatten <br />
-‐ auf Antrag kann überlebendem Ehegatte Nutzniessung oder Wohnrecht an Woh-nung<br />
sowie Eigentum am Hausrat zugeteilt werden <br />
-‐ Recht auf Wohnung und Hausrat unter Vorbehalt auf Nutzung durch Nachkom-men<br />
und Gewerbe <br />
§ 13 Die vertraglichen Güterstände <br />
I. Die Gütergemeinschaft (Art. 221 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
1. Merkmale der Gütergemeinschaft <br />
-‐ Gesamtgut; gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten, steht beiden zur Verfügung <br />
-‐ gemeinschaftliches Eigentum als materiell vermögensrechtliche Gleichstellung beider E. <br />
-‐ eher schwerfälliger und nicht leicht durchschaubarer Güterstand <br />
-‐ Misswirtschaft des einen berührt immer auch den anderen <br />
-‐ grosses Mass an Kooperationsbereitschaft nötig <br />
-‐ drei Gütermassen: Gesamtgut, Eigengut Frau, Eigengut Mann <br />
2. Vertragsfreiheit innerhalb des Güterstandes <br />
-‐ Wille der Ehegatten, was zu Gesamtgut gehört und was Eigengut bleibt <br />
-‐ von Gesetzes wegen drei Möglichkeiten der Aufteilung, Ehegatten entscheiden für eines <br />
-‐ durch Ehevertrag kann gewähltes Modell aber jederzeit geändert werden <br />
a. Allgemeine Gütergemeinschaft (Grundmodell) <br />
-‐ Gesamtgut beinhaltet alles Vermögen und alle Einkünfte der Ehegatten <br />
-‐ gesetzliches Eigengut bleibt Eigengut <br />
-‐ Anwendung des Grundmodells, wenn Ehevertrag keine näheren Bestimmungen über <br />
Gesamtgut enthält <br />
b. Errungenschaftsgemeinschaft (Variante I) <br />
-‐ Gesamtgut enthält alle Errungenschaften (entgeltlich erworbene Vermögenswerte <br />
während der Ehe beider Ehegatten, Arbeitserwerb, Erträge des Eigengutes) <br />
<br />
34
c. Ausschlussgemeinschaft (Variante <strong>II</strong>) <br />
-‐ durch Ehevertrag werden bestimmte Vermögenswerte vom Gesamtgut ausgeschlossen <br />
(bspw. Grundstück, Arbeitserwerb, Geschäftsvermögen) <br />
-‐ Gesamtgut = alle nicht zum gesetzl. Eigengut gehörenden Vermögenswerte <br />
-‐ durch Vertrag können Gegenstände dem Eigengut zugeordnet werden (Art. 199) <br />
3. Das Gesamtgut <br />
a. Umfang <br />
-‐ Gesamtgut als notwendige Voraussetzung der Gütergemeinschaft <br />
-‐ zwingend vom Gesamtgut ausgenommen sind gesetzliche Eigengutsgegenstände <br />
-‐ Erträge des Eigenguts fallen aber ins Gesamtgut (Art. 223 Abs. 2 <strong>ZGB</strong>) <br />
b. Eigentumsverhältnisse <br />
-‐ Gesamtgut als gemeinschaftliches Eigentum beider Ehegatten (Art. 652-‐654a <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Eintrag ins Grundbuch kann jeder Ehegatte vornehmen à deklaratorische Wirkung <br />
c. Beweisfragen <br />
-‐ Gesamtgut wird bei allen Vermögenswerten vermutet, solange nicht Eigengut bewie-sen<br />
wird (Art. 226 <strong>ZGB</strong>) <br />
d. Verwaltung und Verfügung <br />
-‐ Verwaltung durch beide Ehegatten, Kosten belasten Gesamtgut <br />
-‐ ordentliche Verwaltungshandlung: alleinige Verwaltung eines Ehegatten <br />
-‐ ausserordentliche Verwaltungshandlung: Zustimmung beider Ehegatten nötig <br />
-‐ mit Zustimmung kann Ehegatte alleine Gewerbe betreiben und Rechtsgeschäft vor-nehmen<br />
(Art. 229) <br />
-‐ die Ausschlagung einer Erbschaft ist gemeinsam vorzunehmen <br />
4. Das Eigengut <br />
a. Umfang und Entstehungsgründe <br />
-‐ durch Gesetz, Ehevertrag, Zuwendung Dritter, Ersatzanschaffung durch Surrogation <br />
-‐ Eigengut = Gegenstände zum ausschliesslichen persönlichen Gebrauch, Genugtuungs-ansprüche<br />
und Ersatzanschaffungen für Eigengut <br />
b. Nutzung, Verwaltung und Verfügung <br />
-‐ Eigengut = Alleineigentum, selber verwalten und verfügen <br />
-‐ wenn Erträge ins Eigengut fallen, trägt dieses auch Kosten der Verwaltung <br />
5. Haftung der Ehegatten <br />
a. Haftung gegenüber Dritten <br />
i. Vollschulden (Art. 233 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ jeder Ehegatte haftet mit Eigengut und Gesamtgut <br />
-‐ Haftung erforderlich durch unerlaubte Handlung (Solidarschuldner) <br />
-‐ volle Haftung auch, wenn Verwaltung des Gesamtgutes in Frage steht <br />
-‐ Erbschaftsschluden fallen nicht unter die Vollschulden <br />
ii.<br />
Eigenschulden (Art. 234 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Ehegatte haftet mit Eigengut und Hälft des Gesamtgutes <br />
-‐ diese Haftung gilt bei allen Schulden, die keine Vollschulden sind <br />
-‐ Wert des Gesamtgutanteils: Gesamtgut abzüglich Schulden und Ersatzanschaffun-gen<br />
berechnen <br />
<br />
35
. Schulden unter den Ehegatten <br />
-‐ Schulden belasten Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängen <br />
-‐ im Zweifel das Gesamtgut <br />
-‐ Ersatzanforderungen und Mehrwertanteile nach Art. 206 <strong>ZGB</strong> berechnen (weil zwei <br />
Ehegatten am Gesamtgut beteiligt) <br />
6. Besonderheiten der Schuldbetreibung <br />
-‐ Zahlungsbefehle und Betreibungsurkunden immer beiden Ehegatten zustellen <br />
-‐ Ehegatte ist Mitbetriebener und kann Rechte eines Betriebenen ausüben (Rechtsvorschlag) <br />
-‐ bei Vollschluden kann Eigengut des Schuldners sowie ganzes Gesamtgut gepfändet werden <br />
-‐ bei Eigenschulden wird nur Eigengut des Schuldners sowie halbes Gesamtgut verpfändet <br />
-‐ Gesamtgut kommet bei Eigenschuld nur dann in Betracht, wenn Eigengut nicht ausreicht <br />
-‐ die Pfändung des Gesamtgutsanteils führt meist zur Auflösung der Gütergemeinschaft <br />
à „Schönwettergüterstand“ (wenig konfliktresistent) <br />
-‐ bei Konkurseröffnung tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein <br />
7. Auflösung des Güterstandes und güterrechtliche Auseinandersetzung <br />
-‐ durch Tod, Verschollenheit, Vereinbarung eines anderen Güterstandes, Konkurseröffnung <br />
-‐ güterrechtliche Auseinandersetzung: <br />
a. Feststellung des Gesamtguts <br />
-‐ Eigengut und Gesamtgut aufteilen, Zeitpunkt der Auflösung massgebend <br />
-‐ Schulden belasten Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängen <br />
-‐ im Zweifel das Gesamtgut <br />
-‐ Mehrwertanteile nach Art. 206 verrechnen <br />
b. Bestimmung der Anteile <br />
i. bei Auflösung durch Vertrag oder Tod <br />
-‐ jedem Ehegatte bzw. dessen Erben steht Hälft des Gesamtgutes zu <br />
-‐ durch Ehevertrag kann andere Teilung vereinbart werden <br />
à Pflichtteile aller Nachkommen müssen berücksichtigt werden <br />
ii.<br />
bei gerichtlicher Auflösung <br />
-‐ jeder Ehegatte nimmt zurück, was unter Errungenschaftsbeteiligung zu Eigengut <br />
gehören würde à nachträgliche gesetzl. Errungenschaftsbeteiligung <br />
-‐ Gesamtgut wird hälftig geteilt <br />
-‐ vorbehalten bleiben andere vertraglich geregelte Verteilungsschlüssel <br />
c. Durchführung der Teilung <br />
-‐ überlebender Ehegatte kann verlangen, dass ihm überlassen wird, was unter Errun-genschaftsbeteiligung<br />
Eigengut wäre (auf Anrechnung) <br />
-‐ weiter kann er verlangen, dass er auf Anrechnung Eigetum am gemeinsamen Haus er-hält<br />
<br />
-‐ bei überwiegendem Interesse ist Übertragung weiterer Vermögenswerte auf Anrech-nung<br />
denkbar <br />
-‐ bei Auflösung nicht durch Tod, kann jeder Ehegatte dieselben Begehren stellen wie der <br />
andere; überwiegendes Interesse vorausgesetzt <br />
<strong>II</strong>. Die Gütertrennung (Art. 247 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
1. Merkmale der Gütertrennung <br />
-‐ Nichtgüterstand <br />
-‐ Eheschliessung hat keinen Einfluss auf Vermögen der Ehegatten (wie unverheiratete Leute) <br />
<br />
36
-‐ durch die Auflösung des Güterstandes entstehen keine durch die Ehe begründeten Forderungen <br />
(Ausnahme: Art. 251 <strong>ZGB</strong>, Vermögenswerte im Miteigentum) <br />
-‐ Gütertrennung kann ehevertraglich von Brautleuten oder während Ehe von Ehegatten der Er-rungenschaftsbeteiligung<br />
bzw. Gütergemeinschaft vereinbart werden <br />
-‐ zwei Vermögensmassen: Vermögen Frau, Vermögen Mann <br />
2. Verhältnisse während des Güterstandes <br />
-‐ Investitionen in Vermögenswerte des Partners haben keine Mehrwertbeteiligung bzw. Hinzu-rechnung<br />
zur Folge <br />
-‐ jeder Ehegatte verwaltet, nutzt und verfügt selbständig über sein Vermögen <br />
-‐ bei Vermischungen von Gütermassen, gilt die Miteigentumsvermutung (Art. 248) <br />
-‐ bei gegenseitigen Schulden kann zur Begleichung besondere Zahlungsfrist verlangt werden <br />
3. Güterrechtliche Auseinandersetzung <br />
-‐ keine eigentliche güterrechtliche Auseinandersetzung nötig <br />
-‐ Auseinandersetzung bzgl. Rücknahme der Vermögenswerte und Regelung der Schulden <br />
-‐ Ausnahme güterrechtlicher Ansprüche: bei Vermögenswerten im Miteigentum und überwie-gendem<br />
Interesse kann Gericht Vermögenswert gegen Entschädigung einem Ehegatten zuwei-sen<br />
(Art. 251 <strong>ZGB</strong>) <br />
§ 15 Grundlagen des Kindesrechts <br />
1. Das Kindesrecht <br />
-‐ Verhältnis zwischen Eltern und Kind <br />
-‐ Regelung der Rechte und Pflichten, die aus Eltern-‐Kind-‐Beziehung entstehen <br />
-‐ Aufgabe ist es, jungen Menschen (Minderjährigen) besonderen Schutz zu gewähren <br />
2. Das Kindesverhältnis <br />
-‐ genetische (Erbgut für die Zeugung), biologische (Austragung des Kindes) und geistig-‐soziale <br />
(Adoptiv-‐,Stief-‐, Pflegeeltern)Eltern-‐Kind-‐Beziehung <br />
-‐ das rechtliche Kindesverhältnis ist Grundlage aller rechtl. Wirkungen die aus Eltern-‐Kind-‐<br />
Beziehung hervorgehen <br />
-‐ Regelung der Verwandtschaft/Schwägerschaft eines Kindes (Abstammungsverhältnis) <br />
3. Das Kindeswohl <br />
-‐ wegen Minderjährigkeit handlungsunfähig und nicht selbstentscheidungsbefugt (Willkür?) <br />
-‐ Anrecht auf Wahrung ihrer Integrität und Entfaltung der Persönlichkeit <br />
-‐ dieser Grundsatz richtet sich an alle, die mit minderjährigen Kindern in Kontakt treten <br />
-‐ Gefährdung des Kindeswohls nach Art. 11 BV kann zu behördlichem Einschreiten führen <br />
§ 16 Die Entstehung des Kindesverhältnisses <br />
I. Im Allgemeinen <br />
-‐ Rechtliche Zuordnung eines Kindes zu bestimmten Eltern <br />
-‐ Kindesverhältnis zur Mutter durch Geburt, zum Vater durch Ehe zur Mutter, Anerkennung, Urteil <br />
-‐ Entstehung des Kindesverhältnis durch Adoption <br />
-‐ Möglichkeit, dass Kind nur einen Elternteil besitzt (Einelternschaft) <br />
-‐ Offizial-‐ und Untersuchungsmaxime gelten zur Feststellung/Anfechtung des Kindesverhältnisses <br />
<br />
37
<strong>II</strong>. Das Kindesverhältnis zur Mutter <br />
1. Entstehung <br />
a. Im Allgemeinen <br />
-‐ durch Geburt entsteht Kindesverhältnis zur Mutter (biologisch), Art. 252 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ Entstehung des Kindesverhältnis entsteht unabhängig vom Willen der Mutter <br />
-‐ Kindesverhältnis zur Mutter beginnt bereits in der Schwangerschaft (Rechtsfähigkeit des <br />
Nasciturus vorbehalten) <br />
-‐ Kindesverhältnis zur Mutter als Grundlage zu deren Verwandtschaft sowie zur Feststel-lung<br />
des Kindesverhältnisses zum Vater <br />
b. Unbekannte oder streitige Mutter <br />
-‐ auch zum Findelkind und seiner unbekannten Mutter besteht ein Kindesverhältnis <br />
-‐ sobald mutmassliche Mutter ausfindig gemacht -‐> Klage auf Feststellung der Mutterschaft <br />
(per DNA-‐Analyse die genetische Abstammung abklären) <br />
à künstliche Fortpflanzung (Eispende) in der Schweiz verboten: Kindesverhältnis zur genetischen <br />
Mutter wäre dann nur durch Adoption begründbar, da keine Anfechtung mütterlicherseits möglich! <br />
2. Erlöschen <br />
Kindesverhältnis zur leiblichen Mutter erlischt durch Adoption (Vorbehalt: Stiefvateradoption) <br />
<strong>II</strong>I. Das Kindesverhältnis zum Vater <br />
1. Im Allgemeinen <br />
-‐ Kindesverhältnis zum Vater entsteht durch Ehe zur Kindesmutter, durch Anerkennung durch Va-terschaftsurteil<br />
(aufgrund einer Vaterschaftsklage) <br />
-‐ Kindesverhältnis zum Vater nur feststellbar, wenn rechtliche Mutter klar <br />
-‐ geistig-‐soziale Beziehung zwischen Vater und Kind ist bedeutender als die genetische <br />
2. Die vermutete Vaterschaft des Ehemannes <br />
a. Voraussetzungen <br />
-‐ Vaterschaftsvermutung; wer bei Geburt mit Kindesmutter verheiratet ist (Art. 255 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ gerichtl. Trennung/Auflösung des Haushaltes, kein Grund des Vermutungsausschlusses <br />
-‐ auch kein Vermutungsausschluss bei Zeugungsunfähigkeit, äussere Erscheinung (Haut) <br />
-‐ Vermutung besteht weiter, wenn Kind innert 300 Tagen nach Tod des Ehemannes gebo-ren,<br />
falls Kind später geboren -‐> Nachweis der Zeugung vor dem Tod des Ehemannes <br />
(gleiche Geltung für Verschollenheit: 300-‐Tagefrist ab Todesgefahr, letzter Nachricht) <br />
-‐ Vaterschaftsvermutung endet mit Scheidung <br />
-‐ Kindesverhältnis durch Anerkennung oder Vaterschaftsurteil begründen <br />
b. Besonderheiten bei der künstlichen Befruchtung <br />
-‐ Vaterschaftsvermutung gilt auch, wenn Kind durch künstliche Befruchtung gezeugt, egal, <br />
ob Sperma des Ehemannes oder eines anderen Mannes <br />
-‐ für die Verwendung der Samenzellen des Dritten ist Zustimmung des Ehemannes nötig <br />
c. Zusammentreffen zweier Vermutungen <br />
-‐ wenn Mutter vor 300 Tagen nach Tod des ersten Ehemannes wieder heiratet, gilt verstor-bener<br />
Ehegatte wie auch neuer Ehegatte als Vater <br />
-‐ nach Art. 257 wird der neue Ehemann als Vater vermutet, solange diese Vermutung nicht <br />
widerlegt wird <br />
d. Heirat der Eltern nach der Geburt des Kindes <br />
-‐ Vater wird durch nachträgliche Heirat mit der Kindesmutter nicht automatisch zum recht-lichen<br />
Vater des Kindes <br />
-‐ die Vaterschaft des Ehemannes muss durch Anerkennung oder Urteil hergestellt werden <br />
<br />
38
e. Anfechtung der Vaterschaft nach Art. 256 ff. <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ durch Beweis des Gegenteils, Vaterschaft des Ehemannes angezweifelt -‐> Klage <br />
i. Aktiv-‐ und Passivlegitimation <br />
-‐ Klagerecht steht dem Ehemann zu (sofern er nicht der künstlichen Befruchtung zu-gestimmt<br />
hat), verstirbt er oder wird er während Klagerist urteilsunfähig, könne <br />
seine Eltern klage (Art. 258) <br />
-‐ Kind ist klageberechtigt, sofern Eltern den gemeinsamen Haushalt während seiner <br />
Minderjährigkeit aufgelöst hatten <br />
-‐ Kindesmutter und Dritte sind nicht klageberechtigt <br />
à relativ höchstpersönliches Recht <br />
ii. Klagegrund <br />
-‐ Vaterschaft des Ehemannes als Anfechtungsgegenstand <br />
-‐ Ehemann sei nicht genetischer Vater (direkter Nachweis mittels DNA-‐Analyse) <br />
iii. Klagefristen <br />
-‐ Ehemann: Klage innert Jahresfrist, seitdem er von der Geburt und der Tatsache er-fahren<br />
und Gewissheit hat, absolute Verwirkung nach 5 Jahren nach der Geburt <br />
-‐ Kind: bis zum 19. Geburtstag klageberechtigt <br />
à Interesse aller, Frage der Vaterschaft möglichst schnell zu kälren <br />
iv. Wirkungen des Urteils <br />
-‐ bei Gutheissung der Klage -‐> rückwirkende Aufhebung des Kindesverhältnis <br />
-‐ Unterhaltspflicht zum vermeintlichen Vater entfällt ebenfalls rückwirkend <br />
(geleistete Unterhaltsbeiträge können zurückgefordert werden, Art. 62 ff. OR) <br />
-‐ durch Anerkennung/Vaterschaftsurteil wird Kindesverhältnis zum leiblichen Vater <br />
begründet <br />
3. Begründung des Kindesverhältnisses durch Anerkennung <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Feststellung des Kindesverhältnis zum Vater durch formellen Akt (Anerkennung) <br />
-‐ unwiderrufliche Erklärung des Mannes, mit seinem Willen das Kindesverhältnis zu be-gründen<br />
und sich als Vater des Kindes zu bezeichnen <br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ es besteht nur ein Kindesverhältnis zur Mutter <br />
-‐ die genetische Vaterschaft muss sich mindestens als möglich erweisen <br />
-‐ die Urteilsfähigkeit des Anerkennenden ist erforderlich (absolut höchstpersönliches R.) <br />
-‐ Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten durch letztwillige Verfügung <br />
-‐ falls gleichzeitig eine Vaterschaftsklage hängig ist, erfolgt die Erklärung vor Gericht <br />
-‐ Anerkennung des Kindes nach seinem Tode ist möglich <br />
c. Wirkung <br />
-‐ durch Anerkennung wird Kindesverhältnis rückwirkend auf Zeitpunkt der Geburt festge-stellt<br />
<br />
-‐ der Anerkennende erwirbt sämtliche Rechte und Pflichten einen rechtlichen Vaters <br />
d. Anfechtung der Anerkennung <br />
i. Klagelegitimation <br />
-‐ die Anerkennung des Kindes kann vor Gericht angefochten werden (Art. 260a ff.) <br />
-‐ jedermann, der ein Interesse hat, ist zur Klage berechtigt (Mutter, Kind, genetischer <br />
Vater, Verwandte des Anerkennenden) <br />
-‐ der Anerkennende ist nur zur Anfechtung berechtigt, falls er unter Drogeneinfluss <br />
stand oder sich in einem groben Irrtum befand <br />
<br />
39
ii. Klagegrund <br />
-‐ Anfechtungskläger muss beweisen, dass der Anerkennende nicht der Vater des Kindes <br />
ist (DNA-‐Analyse) <br />
iii. Fristen <br />
-‐ Anfechtung innert Jahresfrist, seitdem Kläger Kenntnis hat, dass der Anerkennende <br />
nicht Vater ist bzw. ein Dritter mit Kindesmutter zum gefragten Zeitpunkt Sex hatte <br />
-‐ Anfechtung durch den Anerkennenden selbst binnen eines Jahres nach Wegfall der <br />
Drohung bzw. Irrtum <br />
-‐ absolute Verwirkungsfrist nach 5 Jahren seit der der Anerkennung <br />
-‐ Kind kann bis zu seinem 19. Geburtstag klagen <br />
iv. Wirkungen der erfolgreichen Anfechtung <br />
-‐ bei erfolgreicher Anfechtung wird Anerkennung aufgehoben <br />
-‐ das Kindesverhältnis fällt rückwirkend zum Zeitpunkt der Geburt dahin <br />
4. Die Vaterschaftsklage -‐ Begründung des Kindesverhältnisses durch Urteil <br />
a. Im Allgemeinen <br />
-‐ falls Kindesverhältnis nicht freiwillig anerkannt wird, kann dieses mittels Vaterschaftsklage <br />
gerichtlich begründet werden (Art. 261 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ Bestehen eines Kindesverhältnis zur Mutter <br />
-‐ kein Vorliegen eines väterlichen Kindesverhältnisses <br />
c. Parteien <br />
-‐ Mutter und Kind sind klageberechtigt (relativ höchstpersönliches Recht) <br />
-‐ Vertretung des Kindes mittels Beistand (nicht gesetzlicher Vertreter bzw. Mutter) <br />
-‐ Klage richtet sich gegen den Mann, der von den Klägern als Vater behauptet wird <br />
-‐ wenn mehrere Männer in Frage kommen, muss gegen jeden einzelnen einen separate <br />
Klage erhoben werden <br />
-‐ falls der beklagte Mann bereits tot ist, richtet sich die Klage gegen seine Nachkommen, El-tern<br />
oder Geschwister <br />
-‐ Vaterschaftsklage gegen den künstlichen Befruchter ist ausgeschlossen <br />
d. Klaggrund <br />
-‐ Kläger muss beweisen, dass der Beklagte der Vater des Kindes ist (DNA-‐Analyse) <br />
-‐ der Beklagte kann die Klage anerkennen (=Anerkennung durch Erklärung bei Zivilst.B.) <br />
e. Klagefrist <br />
-‐ Mutter: binnen Jahresfrist seit Geburt des Kindes <br />
-‐ Kind: bis zu seinem 19. Geburtstag <br />
à Fristen gemäss Art. 263 <strong>ZGB</strong> <br />
f. Wirkung <br />
-‐ durch die erfolgreiche Vaterschaftsklage wird das Kindesverhältnis zum Beklagten rück-wirkend<br />
auf den Zeitpunkt der Geburt begründet <br />
5. Erlöschen <br />
Das Kindesverhältnis zum Vater erlöscht <br />
-‐ durch eine erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaftsvermutung (durch Vermutung entstanden) <br />
-‐ durch eine erfolgreiche Anfechtung der Anerkennung (durch Anerkennung entstanden) <br />
-‐ bei der Adoption des Kindes (Stiefvateradoption vorbehalten) <br />
<br />
40
IV. Die Adoption <br />
1. Im Allgemeinen <br />
-‐ rechtliche Eltern-‐Kind-‐Beziehung auf Grund eines nicht genetischen Abstammungsverhältnis <br />
-‐ ein Adoptivkind erhält die gleiche Rechtsstellung wie ein leibliches Kind zu seinen Eltern <br />
-‐ die Adoption ist grundsätzlich unauflöslich (Anfechtung nach Art. 269 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ internationales Recht von grosser Bedeutung, da Adoptionen oft grenzüberschreitend erfolgen <br />
2. Voraussetzungen der Adoption <br />
a. Eigenschaften des/der Adoptierenden <br />
i. Allgemeines <br />
-‐ die adoptierende Person muss handlungsfähig sein, da die Adoption Rechte und <br />
Pflichten begründet und mit sich bringt <br />
-‐ Urteilsfähigkeit von besonderer Bedeutung <br />
-‐ kein Bestehen eines rechtlichen Kindesverhältnisses <br />
ii. Gemeinschaftliche Adoption <br />
-‐ Adoption durch verheiratete Personen <br />
-‐ seit mind. 5 Jahren verheiratet oder 35 Jahre alt sein <br />
iii. Einzeladoption <br />
-‐ kann nur durch eine unverheiratete Person erfolgen, mind. 35 jährig <br />
-‐ verheiratete Person adoptionsberechtigt, falls der Ehegatte dauernd urteilsunfähig, <br />
seit mehr als zwei Jahren abwesend ist (Ort unbekannt) oder die Ehe seit mehr als <br />
drei Jahren gerichtlich getrennt ist. <br />
à Kind hat dann aber nur einen Elternteil (Kindeswohl?!) <br />
iv. Stiefkindadoption <br />
-‐ der Stiefelternteil adoptiert das Kind seines Ehegatten <br />
-‐ „Einzeladoption“, da nur ein Elternteil adoptiert <br />
-‐ Stiefkindadoption nur nach mind. 5 jähriger Ehedauer zulässig <br />
b. Alter des zu Adoptierenden <br />
-‐ Minderjährigenadoption; der zu adoptierende ist ein Kind (minderjährig, Art. 14) <br />
-‐ Adoption von Volljährigen; wenn Voraussetzung nach Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1-‐3 erfüllt <br />
-‐ der Altersunterschied muss in beiden Fällen mind. 16 Jahre und höchstens 45 Jahre betra-gen,<br />
um mit dem Kindeswohl vereinbar zu sein. <br />
c. Vorgängiges Pflegeverhältnis <br />
-‐ zukünftige Adoptiveltern müssen dem zu adoptierenden Pflege und Erziehung erweisen <br />
à Probe-‐ und Bedenkzeit <br />
-‐ bei der Minderjährigenadoption muss das Pflegverhältnis mind. 1 Jahr bestehen <br />
(Pflegezeit in der Schweiz entfällt, wenn die Adoption im Heimatstaat des Kindes erfolgt) <br />
-‐ Pflegekindverhältnis (Familienverhältnis) = minderjährige Person lebt in der Obhut von <br />
Personen, mit denen sie nicht durch ein rechtliches Kindesverhältnis verbunden ist <br />
-‐ das Pflegeverhältnis dient dem Schutz/Entwicklungsmöglichkeit des Kindes <br />
-‐ falls das Pflegeverhältnis im Hinblick auf eine Adoption aufgenommen wird, ist eine be-hördliche<br />
Bewilligung erforderlich <br />
d. Kindeswohl <br />
-‐ die Adoption muss dem Wohl des Kindes dienen = Ziel/Rechtfertigung der Adoption <br />
-‐ das neue Kindesverhältnis muss die Entwicklung/Entfaltung des Kindes fördern <br />
-‐ die Adoptiveltern dürfen durch die Adoption ihre evt. anderen (leiblichen) Kinder nicht <br />
schlechterstellen bzw. unbillig zurücksetzen <br />
<br />
41
e. Zustimmungen <br />
i. Zustimmung der leiblichen Eltern <br />
-‐ Zustimmung durch Vater und Mutter; Elternteile, die mit dem Kind in einem rechtli-chen<br />
Kindesverhältnis stehen (nur genetische Abstammung genügt nicht) <br />
-‐ falls ein rechtl. Elternteil dauernd urteilsunfähig oder lange abwesend ist oder sich <br />
nicht um Kind gekümmert hat, ist von dessen Zustimmung zur Adoption absehbar <br />
-‐ Eltern können der Adoption durch bestimmte/bekannte Adoptiveltern oder zur In-kognitoadoption<br />
zustimmen (Adoptiveltern unbekannt) <br />
-‐ Zustimmung frühestens 6 Wochen nach der Geburt möglich und während 6 Wo-chen<br />
widerrufbar (keine überstürzte Zustimmung, Gefühlsschwankung, Druck ...) <br />
-‐ Zustimmung nach Widerruf ist jedoch endgültig (Vorbehalt: Willensmangel) <br />
ii. Zustimmung der urteilsfähigen zu adoptierenden Person <br />
-‐ Zustimmung erforderlich, sofern die Person urteilsfähig ist (mind. 14 jährig) <br />
-‐ Urteilsunfähige müssen mind. in das Adoptionsverfahren einbezogen werden <br />
iii. Zustimmung der vormundschaftlichen Aufsichts-‐ bzw. Kindesschutzbehörde <br />
-‐ wenn zu adoptierendes Kind bevormundet ist, müssen Eltern sowie die Kindes-schutzbehörde<br />
der Adoption zustimmen (auch wenn das urteilsfähige Kind zu-stimmt),<br />
die Behörde stimmt zu, wenn die Adoption dem Kindeswohl dient <br />
f. Besondere Voraussetzungen der Erwachsenenadoption <br />
-‐ gilt als Ausnahme, Voraussetzungen der Minderjährigenadoption müssen erfüllt sein (Kin-desverhältnis<br />
im Interesse des zu Adoptierenden, seine Zustimmung , falls urteilsfähig, <br />
mind. 16 Jahre Altersunterschied) <br />
-‐ zusätzliche Voraussetzungen: <br />
o Person ist dauernd hilfsbedürftig oder andere wichtige Gründe (Adoptiveltern haben <br />
ihr bereits seit mind. 5 Jahren Pflege bzw. Hausgemeinschaft erwiesen) <br />
o Erwachsenenadoption möglich, falls während Minderjährigkeit während mind. 5 Jah-ren<br />
ein Pflegeverhältnis bestanden hat <br />
o falls zu adoptierende Person verheiratet ist, ist Zustimmung des Ehegatten nötig <br />
o die Adoptiveltern/Adoptierenden dürfen keine eigenen Nachkommen haben (weder <br />
leiblich noch adoptiert, keine Enkel oder Urenkel) <br />
3. Wirkungen der Adoption <br />
-‐ Volladoption: Rechtsstellung eines Kindes zu seinen Adoptiveltern mit Verwandtschaftswirkung <br />
wie bei leiblichen Kindern <br />
-‐ Kindesverhältnis zu den bisherigen rechtlichen (evt. leiblichen) Eltern wird aufgehoben <br />
-‐ Adoptivkind erhält den Familiennamen der Eltern (bei der Heirat für die Kinder gewählt) <br />
-‐ die Adoptiveltern können dem Kind einen neuen Vornamen geben (Kindeswohl!!) <br />
-‐ es erhält das Kantons-‐/Gemeindebürgerrecht dessen Adoptivelternteils, dessen Namen es trägt <br />
-‐ die Adoption ist endgültig/unauflöslich, Aufhebung nur durch Anfechtung oder neue Adoption <br />
4. Verfahren <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Hoheitsakt, Verfahren unterliegt der Untersuchungsmaxime 4<br />
-‐ kant. Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern bzgl. Entscheid über Adoption zuständig <br />
b. Ablauf des Verfahrens <br />
-‐ Adoptionsvermittler führen Adoptionswillige und Adoptivkinder zusammen <br />
4 Untersuchungsmaxime = der Sachverhalt ist von Amtes wegen von der Behörde festzustellen (Untersuchungen veranlassen und <br />
Beweise erheben). <br />
<br />
42
-‐<br />
-‐<br />
-‐<br />
-‐<br />
Vermittlung ist bewilligungspflichtig, Pflegeplatzbewilligung durch die Eltern einholbar <br />
Gesuch durch die Adoptiveltern (absolut höchtpersönliches Recht) <br />
falls Gesuchsteller nach Einreichung urteilsunfähig oder tot; keine Hinderung der Adopti-on,<br />
falls im Interesse/Wohl des Kindes <br />
Wirkung der Adoption ist rückwirkend auf Einreichung des Adoptionsgesuches <br />
c. Untersuchung der Umstände und Entscheid <br />
-‐ umfassende Untersuchung der Umstände und der Voraussetzungen zur Adoption <br />
-‐ negativer/positiver Entscheid ist zu begründen <br />
-‐ bei Gutheissung muss begründetes Kindesverhältnis, Familienname und evt. Vorname im <br />
Entscheid vermerken <br />
5. Anfechtung der Adoption <br />
-‐ Anfechtung des Adoptionsentscheides durch die bisherigen rechtlichen Eltern, falls ohne gesetz-lichen<br />
Grund ihre Zustimmung zur Adoption nicht eingeholt wurde (Art. 269 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ zur Beseitigung von schwerwiegenden Mängel der Adoption ist jedermann ist zur Klage berech-tigt,<br />
der ein Interesse daran hat <br />
-‐ in jedem Fall darf durch die Anfechtung das Kindeswohl nicht ernstlich beeinträchtigt werden <br />
-‐ Verwirkungsfrist der Klage beträgt 6 Monate seit der Entdeckung des Anfechtungsgrundes und <br />
spätestens nach 2 Jahren seit der bewilligten Adoption <br />
6. Adoptionsgeheimnis <br />
-‐ Identität der Adoptiveltern darf den bisherigen rechtlichen Eltern nur mit Zustimmung der <br />
Adoptiveltern bekannt gegeben werden <br />
-‐ leibliche Eltern haben aber Anspruch darauf zu wissen, ob und wann ihr Kind adoptiert wurde <br />
-‐ Adoptiveltern haben Informationspflicht, das Kind über den Umstand der Adoption zu informie-ren<br />
(Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung) <br />
V. Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung <br />
-‐ nach dem 18. Lebensjahr hat Adoptivkind Recht, Auskunft über die Personalien seiner leiblichen Eltern <br />
zu verlangen; dieses Recht gilt auch Kinder, die durch Samenspende gezeugt wurden <br />
-‐ bezüglich der Samenspende ist eine Interessenabwägung vorzunehmen; falls neben der Einsicht in die <br />
Akten noch eine genetische Untersuchung erforderlich ist, muss Samenspender selber zustimmen <br />
§ 17 Die Wirkungen des Kindesverhältnis <br />
I. Die Gemeinschaft der Eltern und der Kinder <br />
1. Allgemeines <br />
-‐ Wirkungen des Kindesverhältnis bzgl. den Rechten/Pflichten bzw. Personenstandes des Kindes <br />
-‐ allg. Erscheinungsbild der Beziehung gegen aussen, Rechte/Pflichten gegen innen <br />
2. Personenstand <br />
a. Familienname <br />
-‐ Kinder erhalten Familiennamen, den die Eltern bei der Eheschliessung festgelegt haben <br />
(Ledigname, Änderung des Namens binnen Jahresfrist nach Geburt des ersten Kindes) <br />
-‐ bei unverheirateten Eltern erhält das Kind den Ledignamen der Mutter <br />
-‐ falls die elterliche Sorge auf beide Elternteile übertragen wird, kann binnen Jahresfrist der <br />
Ledigname des Vaters als Name des Kindes erklärt werden <br />
-‐ falls Kind dann bereits 12 jährig ist, ist seine Zustimmung zur Namensänderung nötig <br />
b. Bürgerrecht <br />
-‐ Kind erhält das Kantons-‐/Gemeindebürgerrecht jenes Elternteils, dessen Namen es trägt <br />
<br />
43
-‐<br />
falls es während seiner Minderjährigkeit den Namen des anderen Elternteils erwirbt, er-hält<br />
es seine Bürgerrechte an Stelle der bisherigen <br />
c. Wohnsitz <br />
-‐ Wohnsitz richtet sich nach Inhaber der elterlichen Sorge <br />
-‐ falls beide Elternteile die elterliche Sorge, jedoch keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, <br />
hat das Kind den Wohnsitz des Elternteils, in dessen Obhut es sich befindet <br />
3. Beistand und Gemeinschaft <br />
a. Im Allgemeinen <br />
-‐ gegenseitiges Pflichtenrecht, sich gegenseitig Rücksicht und Achtung zu gewähren <br />
-‐ Beistandspflicht zwischen Personen, die durch ein rechtl. Kindesverhältnis direkt mitei-nander<br />
verbunden sind (unabhängig von der elterlichen Sorge) <br />
-‐ Inhalt des Pflichtenrechts ist von den konkreten Umständen abhängig, grundsätzlich gilt <br />
das Verhalten der Eltern als Vorbild-‐ und Schutzfunktion <br />
-‐ nach Art. 272 <strong>ZGB</strong> sind die Beteiligten nach Möglichkeiten/Fähigkeiten zu Beistand ver-pflichtet<br />
<br />
-‐ die Erfüllung der Beistandspflicht ist nicht mit Rechtsmittel durchsetzbar, sondern kann <br />
nur freiwillig erfolgen <br />
b. Zu den einzelnen Inhalten <br />
-‐ Leistungen zugunsten des Kindes/der Eltern -‐> Natural-‐, Geld-‐, Dienstleistungen <br />
-‐ geistig-‐sittlicher Beistand (Pflicht zur psychischen-‐/physischen Unterstützung) <br />
-‐ gegenseitige Informationspflicht als schutzwürdiges Interesse <br />
-‐ körperliche/seelische Eigenarten bei der Beistandspflicht beachten <br />
-‐ Achtung der Persönlichkeit als Teilaspekt der gegenseitigen Rücksichtname <br />
4. Persönlicher Verkehr <br />
a. Im Allgemeinen, Sinn und Zweck <br />
-‐ Regelung zwischen minderjährigem Kind und Elternteil ohne elterliche Sorge/Obhut <br />
-‐ Art. 273 ff. <strong>ZGB</strong> regeln den persönlichen Verkehr zwischen diesen Personen <br />
b. Berechtigte und Verpflichtete <br />
-‐ Berechtigt ist Elternteil ohne elterliche Sorge bzw. Obhut (rechtliches Kindesverhältnis <br />
aber vorhanden) sowie das Kind à gegenseitiges Pflichtenrecht <br />
-‐ leibliche Eltern, die ihr Kind zur Adoption freigegeben haben, haben keinen Anspruch auf <br />
persönlichen Verkehr zu ihrem leiblichen Kind <br />
-‐ verpflichtet, den persönlichen Verkehr zu gewährleisten, ist der Inhaber der elterlichen <br />
Sorge/Obhut <br />
-‐ der Berechtigte gilt insofern ebenfalls als Verpflichteter, als dass er den persönlichen Ver-kehr<br />
wahrzunehmen hat <br />
c. Form, Inhalt und Umfang <br />
-‐ der persönliche Verkehr beinhaltet jegliche Art von Kontakt (Besuchsrecht, telefoni-scher/schriftlicher<br />
Verkehr <br />
-‐ der Verkehr soll dem Kindeswohl angemessen sein, keine Gefährdung des Kindeswohls <br />
-‐ Verweigerung/Entziehung des persönlichen Verkehrs als ultima ratio, wenn das Besuchs-recht<br />
negative Auswirkungen hat, die auch durch „begleitetes Besuchsrecht“ nicht verhin-dert<br />
werden können <br />
-‐ wenn ein urteilsfähiges Kind den Kontakt verweigert, ist vom pers. Verkehr abzusehen <br />
<br />
44
-‐<br />
die Kosten des Besuchsrechts trägt der Berechtigte, sofern dieser nicht in wesentlich <br />
schlechteren wirtschaftlichen Verhältnissen ist als der Sorgeberechtigte (v.a. der Fall bei <br />
behinderten Kindern) <br />
d. Regelung des persönlichen Verkehrs <br />
-‐ der pers. Verkehr untersteht der Selbstregulierung <br />
-‐ falls dies nicht möglich ist, wird die Kindesschutzbehörde eingeschaltet <br />
-‐ die Meinung des Kindes ist von der Behörde immer anzuhören <br />
-‐ gerichtliche Regelung des pers. Verkehrs, wenn die elterliche Sorge/Obhut via Eheschutz-‐<br />
/Scheidungsverfahren oder ein Abänderungsverfahren festgelegt wird <br />
-‐ Kindesschutzbehörde kann beteiligte ermahnen und ihnen Weisungen erteilen <br />
-‐ Begleitetes Besuchsrecht als Weisungsmöglichkeit à Besuchsrechtsbeistandschaft <br />
e. Recht auf Information und Auskunft <br />
-‐ Eltern ohne elterliche Sorge haben Recht auf Informationen und Auspflicht bzgl. des Kin-des,<br />
sie dürfen selbständig Auskünfte einholen (Lehrer, Ärzte etc.) <br />
-‐ bei wichtigen Entscheidungen sind sie anzuhören <br />
<strong>II</strong>. Die Unterhaltspflicht <br />
1. Im Allgemeinen <br />
a. Gegenstand, Umfang und Dauer <br />
-‐ alles, was das Kind für die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung benötigt <br />
-‐ physische Grundbedürfnisse und geistige und emotionale Anliegen à Art. 276 ff. <strong>ZGB</strong> <br />
-‐<br />
-‐<br />
Eltern müssen alle ihre Ressourcen ausschöpfen, um den Kinderunterhalt zu bestreiten <br />
i.d.R. endet die Unterhaltspflicht mit der Volljährigkeit, vorbehalten bleibt, wenn das Kind <br />
zu diesem Zeitpunkt noch keine angemessene Ausbildung hat und den Unterhalt nicht <br />
selber bestreiten kann (Art. 277) <br />
b. Die Unterhaltsverpflichteten <br />
-‐ die Eltern, mit dem Kind durch ein Kindesverhältnis verbunden <br />
-‐ Stiefeltern (ohne Adoption) sind durch Ehe nur indirekt zu Unterhalt verpflichtet <br />
-‐ Pflegeeltern haben Anspruch auf angemessene Entschädigung für die Pflege <br />
-‐ Unterhaltsbeiträge stehen dem Kind zu (Geldunterhalt geht an die gesetzl. Vertreter) <br />
-‐ wenn der Unterhalt nicht finanziert werden kann, unterstützt das Gemeinwesen <br />
-‐ Gemeinwesen kann Ansprüche später evt. beim Unterhaltsverpflichteten zurückfordern <br />
c. Form und Berechnung des Geldunterhalts <br />
-‐ Unterhalt durch Naturalleistung und Geldzahlung <br />
-‐ Geldzahlung nur, wenn Kind nicht unter Obhut der rechtlichen Eltern lebt <br />
-‐ Höhe der Unterhaltsleistung ergibt sich aus den Bedürfnissen des Kindes (Bedarf) <br />
-‐ durch den Kindesunterhalt muss aber das Existenzminimum der Eltern gewahrt bleiben <br />
2. Volljährigen Unterhalt im Besonderen <br />
-‐ ist geschuldet, bis eine angemessene Ausbildung abgeschlossen ist <br />
-‐ die Kosten der Ausbildung sind ebenfalls Bestandteil der elterlichen Unterhaltspflicht <br />
-‐ der Volljährigenunterhalt muss für die Eltern zumutbar sein <br />
-‐ Eltern gelten als leistungsfähig, wenn ihnen neben Unterhalt noch weiter Mittel verbleiben <br />
3. Ansprüche der unverheirateten Mutter <br />
-‐ keine eherechtlichen Ansprüche gegen den Erzeuger des Kindes <br />
-‐ Schadloshaltung gemäss Art. 295 <strong>ZGB</strong> à Anspruch der unverheirateten Mutter auf Ersatz der <br />
Entbindungskosten, Erstausstattung des Kindes <br />
-‐ wenn Dritte für die Auslagen aufkommen, ist der Erzeuger von der Ersatzpflicht bereit <br />
-‐ Ansprüche müssen binnen Jahresfrist nach Geburt gerichtlich geltend gemacht werden <br />
<br />
45
-‐<br />
Schadloshaltung steht auch der verheirateten Mutter zu, die ein aussereheliches Kind gezeugt <br />
hat à Anwendung des Artikels, wenn Mutter nicht mit Erzeuger des Kindes verheiratet ist <br />
4. Verfahren <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Unterhaltsbeiträge durch Vereinbarung oder mittels Urteil festgesetzt <br />
-‐ oft werden die Beiträge zusammen mit anderen Verfahren (bspw. mit Klage zur Feststel-lung<br />
des Kindesverhältnis) festgesetzt <br />
b. Unterhaltsvertrag <br />
-‐ genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft, Konkretisierung der gesetzl. Unterhaltspflicht <br />
-‐ als Voraussetzung gilt das Vorhandensein eines Kindesverhältnisses <br />
-‐ der Unterhaltsvertrag muss durch die Vormundschaftsbehörde genehmigt werden <br />
-‐ Vereinbarungen, die den Unterhalt von volljährigen Kindern regeln, bedürfen keiner be-hördlichen<br />
Genehmigung, da das Kind als selbständig handelnde Partei auftritt <br />
c. Unterhaltsurteil, Art. 280 <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ einfaches, rasches Urteil, es gelten die Untersuchungs-‐ und Offizialmaxime <br />
-‐ für die Unterhaltsklage ist Gericht am Wohnsitz einer Partei zuständig <br />
-‐ bei erstmaliger Festsetzung des Unterhaltsbeitrages kann das Gericht festlegen, dass die <br />
Beiträge bei veränderten Verhältnissen automatisch angepasst werden sollen <br />
-‐ wird diese Klausel nicht erwähnt, wird Gericht den Unterhalt nur neu festlegen, falls sich <br />
Verhältnisse erheblich und dauernd geändert haben <br />
-‐ bei ausserordnetlichen und unvorhersehbaren Bedürfnissen können Eltern zur Leistung <br />
eines besonderen Beitrages verpflichtet werden <br />
<strong>II</strong>I. Die elterliche Sorge <br />
1. Begriff <br />
-‐ Pflichtrecht der Eltern, das minderjährige Kind in die Selbständigkeit zu führen <br />
-‐ Aufgaben: notwendige Entscheidungen treffen, erziehen, vertreten, Vermögen verwalten <br />
2. Inhaber <br />
a. Voraussetzungen der elterlichen Sorge <br />
-‐ Kindesverhältnis, nur rechtliche Eltern können Inhaber der elterlichen Sorge sein <br />
-‐ der Stiefelterteil ist zur Unterstützung des Gatten berechtigt (Art. 299 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Pflegeeltern werden bei wichtigen Entscheidungen angehört, sie vertreten die rechtlichen <br />
Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge <br />
-‐ zur Ausübung der elterlichen Sorge müssen die Eltern volljährig sein und nicht unter um-fassender<br />
Beistandschaft stehen <br />
b. Die Inhaber der elterlichen Sorge im Einzelnen <br />
i. verheiratete Eltern <br />
-‐ gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge während Ehe <br />
-‐ bei gerichtl. Trennung oder Aufhebung des Haushaltes, kann Gericht die elterliche <br />
Sorge einem Ehegatten übertragen, soweit möglich, aber bei beiden belassen <br />
-‐ bei Scheidung entscheidet Gericht über die Zuteilung der elterlichen Sorge <br />
(mittels Vereinbarung können Eltern gemeinsame Sorge beantragen) <br />
-‐ beim Tod eines Ehegatten steht die elterliche Sorge dem Überlebenden zu <br />
ii. unverheiratete Eltern <br />
-‐ volljährige Mutter als Alleininhaberin der elterlichen Sorge, auch wenn ein Kindes-verhältnis<br />
zum Vater besteht <br />
<br />
46
-‐ ist Mutter minderjährig, unter umfassender Beistandschaft, gestorben oder der el-terlichen<br />
Sorge entzogen à Vormund oder Übertragung der elterlichen Sorge an <br />
den Vater (sofern Kindesverhältnis); Kindeswohl massgebend (Art. 298 Abs. 2) <br />
-‐ mittels Vereinbarung können auch unverheiratete Eltern gemeinsame elterliche <br />
Sorge beantragen (Art. 298a) <br />
-‐ bei späterer Heirat erhält Ehemann elterliche Sorge, wenn das Kindesverhältnis zu <br />
ihm besteht (Art. 259) <br />
3. Dauer der elterlichen Sorge <br />
-‐ elterliche Sorge entfällt mit der Volljährigkeit des Kindes <br />
-‐ sie entfällt bereits vorher, wenn Eltern sterben oder unter umfassende Beistandschaft gestellt <br />
werden <br />
-‐ wird Kind nach der Volljährigkeit entmündigt, wird elterliche Sorge verlängert (Art. 385 Abs. 3) <br />
4. Inhalt der elterlichen Sorge <br />
a. Erziehung <br />
-‐ Recht und Pflicht der Erziehung nach Verhältnissen der Eltern und Fähigkeit des Kindes <br />
-‐ Ziel ist die persönlichkeitsadäquate Förderung der körperlichen, geistigen und sittlichen <br />
Entfaltung des Kindes (Schul-‐/Berufsbildung, Gesundheits-‐/Körperpflege, Ernährung) <br />
-‐ religiöse Erziehung; endet mit vollendetem 16. Lebensjahr des Kindes) <br />
b. Obhut <br />
i. rechtliche Obhut <br />
-‐ Recht, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen <br />
-‐ Bestandteil der elterlichen Sorge, steht dessen Inhaber zu <br />
-‐ Recht der Aufenthaltsbestimmung richtet sich gegen Kind und gegen Dritte <br />
-‐ Kind darf Gemeinschaft nicht ohne Einwilligung der Eltern verlassen <br />
-‐ Kind darf den Eltern nicht widerrechtlich entzogen werden <br />
ii. faktische Obhut <br />
-‐ tatsächliches Zusammenleben mit Kind in häuslicher Gemeinschaft <br />
-‐ fällt mit rechtlicher Obhut zusammen, wenn Kind mit Inhaber der rechtl. Obhut lebt <br />
-‐ wenn Kind bei Dritten lebt (Pflegeeltern), verfügen diese über die faktische Obhut <br />
-‐<br />
-‐<br />
-‐<br />
persönlicher Verkehr und öff.rechtl. Pflichten (Schulpflicht) als Schranken der Obhut <br />
mittels Kindesschutzmassnahmen kann den Inhabern der elterlichen Sorge die Obhut oder <br />
auch die elterliche Sorge (und damit die Obhut) entzogen werden <br />
durch den Entzug der rechtlichen Obhut, geht die Aufenthaltsbestimmung aber nicht auf <br />
Inhaber der faktischen Obhut über à Kindesschutzbehörde entscheidet <br />
c. Vertretung <br />
-‐ Eltern treffen für das Kind nötige Entscheidungen (Art. 304 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ ein urteilsfähiges Kind ist beschränkt handlungsunfähig (höchstpersönliche Rechte, ent-geltliche<br />
Vorteile und Schadenersatzpflicht bleiben vorbehalten möglich) <br />
-‐ für die übrigen Rechtsgeschäfte ist Zustimmung des gesetzl. Vertreters nötig oder es wird <br />
von diesem vertreten (Art. 304) <br />
5. Schranken der elterlichen Sorge <br />
-‐ die elterliche Entscheidungsbefugnis geht bis zur Handlungsfähigkeit des Kindes <br />
-‐ das Kindeswohl und die Persönlichkeit des Kindes bilden Schranken der elterlichen Sorge <br />
<br />
47
6. Kindesschutz <br />
a. Begriff <br />
Rechtsbehelfe, die Eingriff in die elterliche Sorge erlauben, um Gefährdung des Kindeswohls <br />
abzuwenden <br />
b. Grundsätze des Kindesschutzes <br />
-‐ Kindesschutzmassnahmen werden nur angeordnet, wenn das Kindeswohl gefährdet ist <br />
-‐ Massnahmen (subsidiär) nur ergreifen, falls Gefährdung nicht anders abwendbar ist <br />
-‐ elterliche Fähigkeiten sollen durch Massnahmen nicht verdrängt sondern ergänzt werden <br />
-‐ die Massnahmen müssen verhältnismässig sein und die elterliche Sorge nur soweit nötig <br />
einschränken <br />
c. Massnahmen <br />
vier Arten von Massnahmen werden nach Schwere des Eingriffs unterschieden <br />
i. Geeignete Massnahmen (Art. 307 Abs. 1) <br />
-‐ Ermahnung, Erteilung von Weisungen <br />
-‐ Person bestimmen, die Beobachtungen an Kindesschutzbehörde meldet <br />
ii. Beistandschaft <br />
-‐ Beistand für das Kind, welcher die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge unter-stützt<br />
und dem Kind mit Rat und Tat zur Seite steht (Art. 308) <br />
-‐ Erziehungsbeistand beschränkt teilweise die elterliche Sorge <br />
-‐ bei zerstrittenen Eltern kann Besuchsrechtsbeistand eingesetzt werden <br />
iii. Obhutsentzug <br />
-‐ wenn Gefährdung des Kindes nicht anders abgewendet werden kann (Art. 310 Abs. 1) <br />
-‐ Kindesschutzbehörde entscheidet in diesem Fall über den Aufenthaltsort des Kindes <br />
-‐ Eltern oder Kind sollen um die Aufhebung der Obhut ersuchen <br />
-‐ durch die Aufhebung der Obhut werden aber Recht auf persönlicher Verkehr und Ent-scheide<br />
über Ausbildung nicht eingeschränkt <br />
iv. Entzug der elterlichen Sorge <br />
-‐ Eltern dauernd unfähig zur Ausübung der elterlichen Sorge (Unerfahrenheit, Krankheit) <br />
-‐ Eltern kümmern sich nicht ernsthaft um das Kind <br />
-‐ Entzug ist unbefristet, frühestens nach Ablauf eines Jahres aufgehoben <br />
-‐ Recht auf persönlichen Verkehr und Unterhaltspflicht sind dadurch nicht betroffen <br />
d. Änderung und Dauer der Massnahmen <br />
-‐ wenn sich Verhältnisse wesentlich und dauernd geändert haben <br />
-‐ die elterliche Sorge wird für mind. ein Jahr entzogen <br />
-‐ Kindesschutzmassnahmen enden mit Eintritt der Volljährigkeit (Art. 307 ff.) <br />
e. Zuständigkeit <br />
-‐ Behörden für Anordnung von Kindesschutzmassnahmen zuständig <br />
-‐ Gericht zuständig, falls Massnahmen im eherechtlichen Verfahren angeordnet werden <br />
-‐ Behörden am Wohnsitz des Kindes (falls gleicher Wohnsitz wie Eltern) <br />
-‐ falls nicht gleicher Wohnsitz, Behörden beider Wohnortsitze zuständig <br />
-‐ beim Verfahren werden Kinder persönlich angehört, wenn nicht unbillig (Art. 314 Ziff. 1) <br />
7. Exkurs: fehlende elterliche Sorge <br />
-‐ Kind erhält einen Vormund <br />
-‐ Sicherstellung, dass alle Kinder einen gesetzlichen Vertreter haben <br />
-‐ durch Vormund hat Kind gleiche Rechte wie wenn Eltern die Sorge hätten <br />
<br />
48
V. Das Kindesvermögen <br />
1. Begriff <br />
-‐ Umfasst vermögenswerte Rechte (Schenkung, Erbgang, Arbeitserwerb, Unterhaltszahlung) <br />
-‐ Freies Kindesvermögen (Art. 321 ff. <strong>ZGB</strong>): vermögenswerte Rechte die dem Kind zustehen <br />
-‐ Kindesvermögen i.e.S. (Art. 318 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
2. Befugnisse und Pflichten <br />
a. Kindesvermögen i.e.S. <br />
-‐ Eltern verwalten Kindesvermögen, solange sie die elterliche Sorge haben <br />
-‐ Ziel: Kindesvermögen zu erhalten und zu mehren <br />
-‐ Wenn nur ein Elternteil elterliche Sorge hat, ist er Alleinverwalter, muss aber Kindesschutzbe-hörde<br />
ein Inventar des Kindesvermögen einreichen/vorlegen <br />
-‐ Erträge des Kindesvermögen zur Erziehung und Ausbildung des Kindes verwenden (wenn elterli-che<br />
Einkünfte nicht ausreichen, können Erträge auch für Haushalt eingesetzt werden) <br />
-‐ Abfindungen, Schadenersatz u.ä. werden nur für den Kindesunterhalt verwendet <br />
b. Freies Kindesvermögen <br />
-‐ elterliche Verwaltung ausschliessbar, Zuwendender entscheidet über Verwalter <br />
-‐ Erträge der Zuwendung dürfen nicht durch Eltern verwendet werden <br />
-‐ Arbeitserwerb des Kindes gehört zum freien Kindesvermögen und wird vom urteilsfähigen Kind <br />
selbst verwaltet und genutzt (Art. 323 <strong>ZGB</strong>) <br />
3. Kindesvermögensschutz <br />
-‐ Schutz vor unsorgfältiger Verwaltung und ungetreuer Verwendung, abwehrende Massnahmen in <br />
Art. 324 ff. <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ Wenn Kindesvermögen gefährdet und Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann, wird <br />
Verwaltung des Vermögens einem Beistand übertragen <br />
4. Ende der elterlichen Befugnisse <br />
-‐ Elterliche Sorge und somit Verwaltung des Kindesvermögens erlischt mit Volljährigkeit (Art. 325) <br />
§ 18 Die Familiengemeinschaft <br />
I. Im Allgemeinen <br />
-‐ Familienverhältnisse regeln, die Mehrzahl von Verwandten, im gleichen Haushalt lebenden Personen be-treffen<br />
oder über mehrere Generationen bedeutsam sind <br />
-‐ Die Normen/Regelungen beziehen sich nicht auf Eltern-‐Kind-‐Verhältnis <br />
<strong>II</strong>. Die Verwandtenunterstützung <br />
1. Funktion <br />
-‐ Eltern sind für Unterhaltspflicht der Eltern verantwortlich <br />
-‐ Frage, wer unterstützt, wenn erwachsene Person in finanzielle Schwierigkeiten gerät <br />
à öffentlichrechtliche und privatrechtliche Unterhalts-‐/Unterstützungspflichten <br />
-‐ Verwandtenunterstützungspflicht ist subsidiär ggü. den Unterhaltspflichten (Art. 328 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
2. Voraussetzungen <br />
a. Notlage des Berechtigten <br />
-‐ Betreibungsrechtlicher Notbedarf (Deckung des Lebensbedarfs auf bescheidenem Niveau) <br />
-‐ Wenn Deckung unmöglich kommt Verwandtenunterstützungspflicht zum Zuge <br />
-‐ Obergrenze bildet Bedarf, für den das Gemeinwesen im Rahmen der Sozialhilfe aufkommen <br />
müsste (Verschulden ist unwichtig) <br />
<br />
49
. Unterstützungspflichtige Verwandte <br />
-‐ In auf-‐ und absteigender Linie zwischen den Verwandten (Vorfahren und Nachkommen) <br />
-‐ Rechtliches Kindesverhältnis massgebend, Verschwägerte werden indirekt über die Beistands-pflicht<br />
unterstützungspflichtig <br />
-‐ Zusätzlich zur Verwandtschaft muss auch angemessene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vorhan-den<br />
sein (wohlhabende Lebensführung) à Unterstützungsbeiträge dürfen Lebensstandard nicht <br />
wesentlich beeinträchtigen <br />
-‐ Die Existenz des Unterstützungspflichtigen bleibt gesichert <br />
-‐ Wenn mehrere Verwandte unterstützungspflichtig, geht Pflicht gemäss Reihenfolge der Erbbe-rechtigung<br />
(zuerst Nachkommen, dann Vorfahren) <br />
-‐ Bei Unbilligkeit kann Gericht die Unterstützungspflicht aufheben/ermässigen <br />
3. Umfang <br />
-‐ Umfang richtet sich nach Notlage des Berechtigten und nach Leistungsfähigkeit des Verpflichteten <br />
-‐ <strong>Familienrecht</strong>liche Unterstützungspflicht geht öffentlichrechtlicher Unterstützung vor <br />
-‐ Dagegen gehen Sozialversicherungsleistungen (ALV, IV) der Unterstützungspflicht vor <br />
4. Geltendmachung des Anspruchs und Subrogation <br />
-‐ Zuerst gelangt Berechtigter an Gemeinwesen, um Leistungen der sozialen Sicherheit zu erlangen <br />
-‐ Verwandtenunterstützungspflicht besteht zuerst auf freiwilliger Basis, Gemeinwesen kann Berechtigter <br />
nicht an Verwandte verweisen <br />
-‐ Wenn nach Art. 328 f. <strong>ZGB</strong> tatsächlich Unterstützungspflicht besteht, kann Gemeinwesen die erbrachten <br />
Leistungen von den pflichtigen Verwandten zurückfordern à Subrogation <br />
<strong>II</strong>I. Die Hausgewalt <br />
1. Begriff <br />
-‐ Eine Person als Familienhaupt den Hausgenossen übergeordnet (Art. 331 Abs. 1 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Recht und Pflicht, Ordnung zu wahren und Fürsorge zu leisten <br />
-‐ Hausgewalt kann im Haushalt mehreren Personen zustehen <br />
-‐ Bedeutend ist Regelung der Haftung des Familienhauptes und Bestimmungen über Lidlohn <br />
2. Die Haftung des Familienhauptes <br />
-‐ Familienhaupt haftet, wenn es nicht nachweisen kann, dass es das übliche und gebotene Mass an Sorg-falt<br />
aufgebracht hat à milde Kausalhaftung (Art. 333 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Wenn Hausgewalt mehreren Personen zusteht, haften sie solidarisch <br />
-‐ Minderjährige bzw. umfassend verbeiständete Person führt einem Dritten widerrechtlich Schaden zu, <br />
Familienhaupt haftet <br />
3. Der Lidlohn <br />
-‐ Angemessener finanzieller Ausgleich für erwachsene Kinder, die im Gewerbe mitgearbeitet haben oder <br />
auswärts verdienten Lohn in Haushalt eingebracht haben (Art. 334 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Gesetzlicher, schuldrechtlicher Anspruch eines Hausgenossen gegen das Familienhaupt <br />
-‐ Anspruch nur innerhalb Eltern-‐Kind bzw.Grosseltern-‐Kind-‐Verhältnis <br />
-‐ Kind wird nur für Arbeit und Einkünfte entschädigt, die es dem gemeinsamen Haushalt nach Erreichen <br />
der Volljährigkeit zugewendet hat <br />
-‐ Lidlohn bildet eine angemessene Entschädigung <br />
-‐ Keine Verjährung vorgesehen, spätestens bei Teilung der Erbschaft <br />
IV. Das Familienvermögen <br />
1. Im Allgemeinen <br />
-‐ Bestimmtes Vermögen mit der Familie verbinden <br />
-‐ Den Mitgliedern der Familie über Generationen hinweg erhalten bleiben (Art. 335 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />
2. Familienstiftung <br />
<br />
50
-‐ Verselbständigtes Zweckvermögen mit eigener Rechtspersönlichkeit <br />
-‐ Destinatäre sind ausschliesslich Familienangehörige des Stifters <br />
-‐ Zweck: Unterstützung der Familienangehörigen in besonderen Lebenslagen <br />
-‐ Rechtspersönlichkeit ohne Handelsregistereintrag, keiner Aufsichtsbehörde unterstellt <br />
3. Gemeinderschaft <br />
-‐ Rechtsgemeinschaft verwandten Personen <br />
-‐ Zweck: gemeinsame Nutzung eines Familienvermögens <br />
-‐ Familienvermögen als Gesamteigentum der Verwandten <br />
§ 19 Grundlagen des Erwachsenenschutzrechts <br />
I. Allgemeines zum Erwachsenenrecht <br />
1. Begriff <br />
-‐ bis anhin kantonale Regelung, seit 1.1.2013 Vereinheitlichung <br />
-‐ Erwachsenenschutzrecht befasst sich mit volljährigen Personen <br />
-‐ für behördliche Massnahmen bei Minderjährigen ist Kindesschutzbehörde zuständig <br />
-‐ Erwachsenenschutz ist in Art. 360-‐456 <strong>ZGB</strong> geregelt (Massnahmen und Organisation) <br />
2. Aufgabe und Rechtsnatur <br />
-‐ Schwächezustände, die das Wohl des Betroffenen gefährden, sollen durch Erwachsenenschutzrecht <br />
gemildert, ausgeglichen werden à Interessen von Betroffenen dauerhaft wahren/sichern <br />
-‐ Erwachsenenschutzmassnahmen: von Gesetzes wegen, von betroffener Person selbst getroffen (ei-gene<br />
Vorsorge) oder von Behörde angeordnet <br />
-‐ Anordnung von Massnahmen nur möglich, wenn gesetzlicher Schwächezustand vorliegt <br />
3. Arten von Massnahmen <br />
a. nicht behördliche: Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung, Vertretung von Gesetzes wegen bei Ur-teilsfähigkeit<br />
(Vertretung vor allem bei medizinischen Massnahmen und Rechtsgeschäften) <br />
b. behördliche: Arten von Beistandschaften, Arten zur fürsorglichen Unterbringung <br />
<strong>II</strong>. Grundsätze des Erwachsenenschutzrechts <br />
1. Verhältnismässigkeit <br />
-‐ Massnahme darf nur so weit erforderlich in Rechtsstellung des Betroffenen eingreifen <br />
-‐ Geeignetheit (Zweck-‐/Zielerfüllung) <br />
-‐ Erforderlichkeit (Notwendigkeit) <br />
-‐ Interessenabwägung (privat vs. öffentlich) <br />
2. Stufenfolge der Massnahmen des Erwachsenenschutzrechts <br />
-‐ Eingriffsintensität; Ziel, angepasste Massnahmen anordnen (-‐> Verhältnismässigkeitsprinzip) <br />
-‐ umfassende Beistandschaft = schwerster (behördlicher) Eingriff <br />
-‐ Begleitbeistandschaft = mildester (behördlicher) Eingriff (Handlungsfähigkeit nicht beschränkt) <br />
3. Subsidiaritätsprinzip <br />
-‐ Erwachsenenschutzmassnahmen sollen nur angeordnet werden, wenn Folgen des Schwächezu-standes<br />
nicht anders abgewendet werden können (bspw. Betreuung durch persönl. Umfeld) <br />
-‐ Erwachsenenschutzmassnahmen gelten also subsidiär zu anderen Möglichkeiten <br />
4. Stufengebundenheit <br />
-‐ Behörde verfügt über Gestaltungsfreiheit bzgl. Kombinationen von Arten von Beistandschaften <br />
-‐ kann jedoch nur die gesetzlich vorgesehen Massnahmen treffen <br />
<br />
51
<strong>II</strong>I. Erwachsenenschutz und Handlungsfähigkeit <br />
-‐ Handlungsfähigkeit; Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit nötig (Art. 13 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ bei Urteilsunfähigkeit -‐> handlungsunfähig (behördlicher Akt notwendig in allen Belangen) <br />
-‐ bei Unmündigkeit oder entzogener Handlungsfähigkeit: <br />
o beschränkt handlungsunfähig: <br />
§ urteilsfähige Minderjährige oder umfassend verbeiständete Personen (urteilsfähig) <br />
§ selbständige Vornahme von täglichen Rechtsgeschäften, Vorteile erlangen <br />
§ für weiter rechtsgeschäftliche Angelegenheiten benötigen sie die Zustimmung des ge-setzlichen<br />
Vertreters <br />
§ Schadenersatzpflicht bei unerlaubter Handlung (da urteilsfähig und somit deliktsfähig) <br />
o beschränkt handlungsfähig: <br />
§ urteilsfähig und volljährig <br />
§ Handlungsfähigkeit durch Erwachsenenschutzrecht eingeschränkt <br />
§ selbständige Teilnahme am Rechtsleben <br />
§ Ausnahmen: Bereiche, für welche ihnen die Handlungsfähigkeit entzogen wurde <br />
à massgeschneiderte Massnahmen <br />
IV. Organisation und Verfahren <br />
1. Behörden des Erwachsenenschutzrechtes <br />
a. Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Fachbehörde aus mind. drei Mitgliedern (genaue Vorgaben kantonal bedingt) <br />
-‐ Aufgaben: Anordnung/Aufhebung von Beistandschaften, Überwachung des Beistandes, Einschrei-ten<br />
bei Interessensgefährdung <br />
b. Aufsichtsbehörde <br />
-‐ Gericht oder Administrativbehörde (kantonal bedingt) <br />
-‐ Aufsicht über die Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Organisation und Fachkenntnis der ESB kontrollieren und sicherstellen <br />
c. Das Arten des Beistandes <br />
-‐ Begleitbeistand: Personensorge, keine gesetzl. Vertretungsmacht, kann aber ermächtigt werden <br />
-‐ Mitwirkungsbeistand: kein gesetzl. Vertreter, handelt mit Betroffenem zusammen (beraten) <br />
-‐ Vertretungsbeistand/umfassender Beistand: gesetzl. Vertreter, durch ihr Handeln berechtigen <br />
und verpflichten sie die betroffene Person <br />
à Kombination der verschiedenen Beistandschaften möglich (ausgeschlossen die umfassende Bei-standschaft!)<br />
<br />
2. Verfahren <br />
a. Zuständigkeit der vormundschaftlicher Behörde <br />
-‐ Behörde am Wohnsitz der betroffenen Person zuständig <br />
-‐ bei grosser Gefahr kann auch Behörde am Aufenthaltsort zuständig werden <br />
b. Anordnung der Massnahmen <br />
-‐ kantonales Recht, ansonsten Bestimmungen der ZPO <br />
-‐ zur Anordnung einer Erwachsenenschutzmassnahme wird zuständige Behörde von Amtes wegen <br />
oder auf private Meldung hin tätig <br />
-‐ ESB trifft vorsorgliche Massnahmen für Dauer des Verfahrens <br />
c. Beschwerde und andere Rechtsbehelfe <br />
-‐ gegen Handlungen/Unterlassungen des Beistandes und Dritter kann ESB angerufen werden <br />
-‐ Beschwerde ist nicht an bestimmte Frist gebunden <br />
-‐ Beschlüsse der ESB können mit Beschwerde an Gericht angefochten werden <br />
-‐ Beschwerde an Gericht ist binnen 30 Tagen seit Beschlussmitteilung beim Gericht einzureichen <br />
-‐ alle die ein geschütztes Interesse haben sind zur Beschwerde legitimiert <br />
<br />
52
d. Datenschutz und Zusammenarbeit mit anderen Behörden <br />
-‐ Erwachsenenschutzgeheimnis <br />
-‐ Zusammenarbeit verschiedener Behörden/Polizei, wenn Person in ernsthafter Gefahr <br />
-‐ bei Zusammenarbeit ist gegenseitige Informationspflicht nötig <br />
V. Erwachsenenschutzrechtliche Verantwortlichkeit <br />
-‐ Verantwortlichkeit für Handlungen der Organe des Erwachsenenschutzes (Art. 454-‐456 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Kausalhaftung; der betroffenen Person wurde im Rahmen behördlicher Massnahmen widerrechtlich <br />
Schaden zugefügt <br />
§ 20 Die Rechtsinstitute des Erwachsenenschutzrechts <br />
I. Eigene Vorsorge <br />
1. Der Vorsorgeauftrag <br />
a. Inhalt und vorsorgebeauftrage Person <br />
-‐ Betroffener beauftragt Person, die bei seiner Urteilsunfähigkeit für ihn handelt <br />
-‐ Entscheidungsbefugnis bzgl. Medizinischen Massnahmen und Personensorge <br />
-‐ Vorsorgebeauftragter muss namentlich bezeichnet werden <br />
-‐ Natürliche oder juristische Person als Vorsorgebeauftragter einsetzen <br />
(bspw. Pro Senectute; erhöhte Professionalität, ausführende Peron aber unbekannt) <br />
-‐ Grundsätzlich nur eine Person als Vorsorgebeauftragte <br />
-‐ Bei mehreren Personen: Verhältnis und Aufgabenteilung/Kompetenzen regeln <br />
b. Form und Errichtung, Hinterlegung und Register <br />
-‐ Zum Zeitpunkt der Errichtung muss Auftraggeber handlungsfähig sein <br />
-‐ Auftrag entweder öffentlich beurkundet oder eigenhändig errichtet (wie Testament) <br />
-‐ Vorsorgeauftrag nur gültig, wenn Behörde Kenntnis hat <br />
-‐ Mitteilung an Zivilstandsamt, dass und wo sich Vorsorgeauftrag befindet <br />
-‐ Vorsorgeauftrag wird dann im Register der Vorsorgeaufträge eingetragen (Infostar) <br />
c. Widerruf und Erlöschen des Vorsorgeauftrags <br />
-‐ Widerruf bei Urteilsfähigkeit jederzeit möglich (solange Vorsorgefall nicht eingetreten) <br />
-‐ Widerruf durch Vernichtung oder Neuerrichtung des Vorsorgeauftrags <br />
-‐ Wenn Urteilsfähigkeit wieder erlangt, erlischt Vorsorgeauftrag <br />
-‐ Bei erneuter Urteilsunfähigkeit tritt Vorsorgeauftrag wieder in Kraft, wenn Person ihn nicht <br />
widerrufen hat <br />
-‐ Grundsätzlich erlischt der Vorsorgeauftrag mit dem Tod des Auftraggebers <br />
-‐ Keine Pflicht der beauftragten Person zur Annahme des Auftrags <br />
-‐ Zweimonatige Kündigungsfrist, jederzeit und ohne Begründung möglich <br />
d. Wirkungen des Auftrags und Aufgaben des Beauftragten <br />
-‐ Eintritt des Vorsorgeauftrags mit dauerhafter Urteilsunfähigkeit der Person <br />
-‐ Auftraggeber muss im Auftrag umschriebenen Rechtsbereich urteilsunfähig sein <br />
-‐ Beauftragter ist nur für im Auftrag genannten Aufgaben zuständig <br />
-‐ Insbesondere für: <br />
• Wahrnehmung der Interessen des Urteilsunfähigen <br />
• Entgegennahme von Mitteilungen und Informationen <br />
• Rechtsgeschäftliche Vertretung für umschriebene Aufgaben <br />
• Dokumentation der betreuten Geschäfte, Bericht, Rechenschaftsablage <br />
• Unverzügliche Benachrichtigung der ESB, falls nötig, weitere Geschäfte zu besorgen, <br />
welche nicht im Auftrag stehen, um Interessen zu wahren <br />
-‐ Sobald Vorsorgefall eingetreten, muss Beauftragter ESB informieren <br />
<br />
53
-‐ Beauftragter ist rechtsgeschäftlicher Vertreter des Auftraggebers <br />
-‐ Ob Entgeltlicher/unentgeltlicher Auftrag bestimmt Auftraggeber selbst <br />
-‐ Erlaubnis der ESB, diesen Punkt des Vorsorgeauftrags zu ergänzen, falls zum Zeitpunkt der Er-richtung<br />
nicht klar, wie gross der Aufwand sein wird <br />
-‐ Entschädigungen sind durch Einkommen/Vermögen des Auftraggebers zu decken <br />
e. Aufgaben der Behörden <br />
-‐ Wenn ESB von Urteilsfähigkeit einer Person erfährt, klärt sie bei Zivilstandsamt ab, ob Vorsor-geauftrag<br />
vorliegt <br />
-‐ Prüfung der Gültigkeit, Wirksamkeit und Geeignetheit der Person durch ESB <br />
-‐ ESB darf Ergänzungen in Nebenpunkten vornehmen (bspw. Entgeltlichkeit), Zuweisung neuer <br />
Aufgaben etc. ist nicht zulässig <br />
-‐ Mittels Verfügung stellt ESB Wirksamkeit und Aufgaben des Beauftragten fest <br />
-‐ Dies Urkunde dient Beauftragtem zum Ausweis <br />
-‐ ESB führt Beauftragten in Amt ein und klärt ihn über seine Rechte und Pflichten auf <br />
-‐ Falls Auftrag missbraucht wird und Aufgaben nicht ordnungsgemäss ausgeführt, kann ESB ein-greifen<br />
<br />
-‐ Eingriffsmöglichkeit i.S.v. Anordnung weiterer Massnahmen (bspw. Inventarvorlegung, Rech-nungsablage,<br />
Berichterstattung, allg. Weisungen erteilen, Befugnisse entziehen) <br />
-‐ Falls beauftragte Person nicht mehr geeignet, wird anstelle einen Beistand errichtet <br />
2. Die Patientenverfügung <br />
a. Ausgangslage <br />
-‐ Für rechtmässige medizinisches Eingriffe ist Einwilligung des Patienten erforderlich <br />
-‐ Einwilligung setzt Urteilsfähigkeit voraus <br />
-‐ Frage nach der Behandlung, wenn Patient in diesem Zeitpunkt urteilsunfähig <br />
-‐ Möglichkeit der vorgängigen Anordnung (Patientenverfügung) <br />
b. Inhalt und beauftragte Person <br />
-‐ Anordnung bzgl. Zukünftigen medizinischen Massnahmen falls urteilsunfähig <br />
-‐ Festlegung, welchen Massnahmen sie allgemein zustimmt und welche sie ablehnt und/ oder <br />
bestimmte Person bestimmen, die für sie über med. Massnahmen entscheidet <br />
-‐ Beauftragte Person muss individuell bezeichnet werden, nur natürliche Person möglich <br />
-‐ Keine Verpflichtung, Auftrag anzunehmen, Widerruf der Annahme analog Art. 404 OR <br />
c. Form, Errichtung und Widerruf <br />
-‐ Zur Errichtung der Patientenverfügung ist Urteils-‐, nicht aber Handlungsfähigkeit nötig <br />
-‐ Verfügung muss in einfacher Schriftlichkeit und datiert errichtet worden sein <br />
-‐ Verfügung muss zum massgeblichen Zeitpunkt bekannt sein <br />
-‐ Die Tatsache und der Hinterlegungsort der Verfügung können auf Versichertenkarte eingetra-gen<br />
werden <br />
-‐ Patientenverfügung ist jederzeit widerrufbar, sofern Urteilsfähigkeit vorliegt <br />
d. Wirkung der Patientenverfügung <br />
-‐ Wirkung erst und nur solange Urteilsunfähigkeit des Betroffenen vorliegt <br />
-‐ Arzt ist verpflichtet, bei Eingriff an urteilsunfähiger Person abzuklären, ob Patientenverfügung <br />
vorliegt (sofern aus Dringlichkeit nicht unmöglich) <br />
-‐ Liegt Patientenverfügung vor, muss Arzt Folge leisten <br />
-‐ Bei begründeten Zweifeln am Willen des Patienten ist Verfügung unverbindlich <br />
-‐ Jede dem Patienten nahestehende Person kann ESB schriftlich informieren, wenn Behandlun-gen<br />
der Ärzte der Verfügung widersprechen <br />
<br />
54
e. Aufgaben der Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Einschreiten der ESB von Amtes wegen oder wenn schriftlicher Antrag durch nahestehende <br />
Person eingeht, dass Verfügung nicht befolgt wird <br />
-‐ ESB kann keine Entschädigungen festlegen, sofern Person dies in Verfügung nicht selbst an-ordnet<br />
<br />
<strong>II</strong>. Massnahmen von Gesetzes wegen <br />
1. Gesetzliches Vertretungsrecht <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Persönliche und materielle Bedürfnisse einer urteilsunfähigen Person sollen weiter befriedigt <br />
werden können, ohne dass ESB eingeschaltet werden muss <br />
-‐ Vertretungsrecht besteht, falls und solange zu vertretende Person urteilsunfähig ist <br />
-‐ Wenn eine Beistandschaft angeordnet oder Vorsorgeauftrag errichtet wird, entfällt das Vertre-tungsrecht<br />
<br />
b. Vertretungsberechtigte Personen <br />
-‐ Ehegatte und eingetragener Partner sind gesetzlich berechtigte Vertreter <br />
-‐ Vertretungsrecht aber nur gerechtfertigt, wenn Beziehung auch tatsächlich gelebt wird <br />
c. Inhalt des Vertreterrechts <br />
-‐ Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs erforderlich sind <br />
-‐ Ordentliche Verwaltung des Einkommens und Vermögens <br />
-‐ Für ausserordentliche Aufgaben (vgl. Art. 227 f. <strong>ZGB</strong>) ist Zustimmung der ESB nötig <br />
-‐ Keine Verpflichtung zur Handlung, lediglich im Sinne der Beistandspflicht <br />
-‐ Wenn Vertretungsrecht wahrgenommen wird, müssen Handlungen aber im Interesse des Ver-tretenen<br />
ausgeführt werden <br />
-‐ Die Vertretungsperson erhält von ESB eine Urkunde über ihr Vertretungsrecht <br />
d. Aufgaben der Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Wird ESB zur Ausstellung einer Urkunde ersucht, erfährt sie dabei von Urteilsunfähigkeit der <br />
Person und prüft gleichzeitig, ob zur Vertretungsmacht auch noch weitere schützende Mass-nahmen<br />
nötig sind <br />
-‐ ESB kann Vertretungsmacht jederzeit entziehen/einschränken (Interessenwahrung) <br />
-‐ Zustimmungserteilung zu ausserordentlichen Verwaltungs-‐/Verfügungsaufgaben <br />
2. Vertretung bei medizinischen Massnahmen <br />
a. Gesetzliches Vertretungsrecht <br />
-‐ Person erteilt stellvertretende Einwilligung für urteilsunfähigen Patienten <br />
-‐ Vertretungsrecht im Interesse der betroffenen Person <br />
-‐ Entscheidung im Sinne des mutmasslichen Willens des Patienten <br />
-‐ Erstellung eines Behandlungsplans bei Behandlung eines Urteilsunfähigen <br />
b. Zur Vertretung berechtigte Personen <br />
-‐ Vertretungsrecht nach Art. 377 ff. <strong>ZGB</strong>, wenn Person urteilsunfähig <br />
-‐ Reihenfolge der Zuständigkeit der Vertreter: <br />
• Mittels Patientenverfügung/Vorsorgeauftrag befugte Person <br />
• Von der ESB ernannter vertretungsberechtigter Beistand <br />
• Ehegatte bzw. eingetragener Partner, wenn in gemeinsamem Haushalt <br />
• Alle Personen, die mit Betroffenem im gleichen Haushalt leben und dieser regelmässig <br />
Beistand leisten (aber nicht in rechtlicher Beziehung zur Person stehen) <br />
• Schliesslich können auch Nachkommen, Eltern und Geschwister (in dieser Reihenfolge) <br />
als Vertreter handeln, sofern sie regelmässig Beistand leisten <br />
<br />
55
à wenn mehrere Personen gleichzeitig vertretungsberechtigt sind, entscheiden sie gemein-sam<br />
<br />
c. Vorgehen bei Dringlichkeit der medizinischen Massnahmen <br />
-‐ Bei grosser Dringlichkeit ist Medizinpersonal berechtigt, selber zu entscheiden und nicht auf <br />
Meinung des Vertretungsberechtigten zu warten <br />
-‐ Arzt entscheidet nach mutmasslichem Wille und Interesse der urteilsunfähigen Person <br />
d. Aufgaben der Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen entsteht von Gesetzes wegen <br />
-‐ Keine behördliche Verfügung nötig (Voraussetzungen müssen aber erfüllt sein) <br />
-‐ Eingriff der ESB, wenn Vertretung nicht sichergestellt ist und Interessen gefährdet <br />
<strong>II</strong>I. Die behördlichen Massnahmen <br />
1. Bedeutung <br />
-‐ ESB ist für Anordnung, Prüfung, Durchführung und Überwachung der Massnahmen zuständig <br />
-‐ Wohl und Schutz der hilfsbedürftigen Person sicherstellen <br />
-‐ Massnahmen sollen Selbstbestimmung des Betroffenen so weit wie möglich erhalten/fördern <br />
-‐ à Subsidiaritätsprinzip <br />
-‐ Massnahmen werden von Amtes wegen oder auf Antrag der Betroffenen/nahe stehenden Perso-nen<br />
getroffen (Art. 390 <strong>ZGB</strong>) <br />
2. Amtsgebundene Massnahmen (Beistandschaften) <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Beistandschaft als behördliche Massnahme <br />
-‐ verschiedene Arten, unterscheiden sich in Intensität ihres Eingriffs in Handlungsfähigkeit <br />
-‐ Beistandschaft wird flexibel und im Einzelfall verhältnismässig ausgestaltet <br />
-‐ Beistandschaft endet mit Tod des Verbeiständeten oder wenn kein Grund mehr besteht <br />
-‐ Abänderungen sind jederzeit Möglich <br />
b. Voraussetzungen <br />
-‐ Unvermögen, bestimmte Angelegenheiten zu besorgen <br />
-‐ Unvermögen auf Grund eines gesetzlichen Schwächezustandes <br />
§ geistige Behinderung, psychische Störung (Intelligenzdefekte) <br />
§ vorübergehend urteilsunfähig oder abwesend (Psychose, Demenz, Sucht) <br />
c. Aufgaben des Beistandes <br />
-‐ Aufgaben müssen möglichst genau umschrieben werden <br />
-‐ Beistandschaften stellen Massnahmen nach Mass dar <br />
-‐ Ermächtigungen bzw. Einwilligung des Verbeiständeten muss ausdrücklich vorliegen (bspw. für <br />
Post öffnen, Wohnräume betreten) <br />
d. Beistandschaften im Einzelnen <br />
i. Begleitbeistandschaft <br />
-‐ Beistand für bestimmte Angelegenheiten <br />
-‐ betroffene Person muss mit Zusammenarbeit einverstanden sein <br />
-‐ keine Einschränkung der Handlungsfähigkeit, nur Kontrolle und Beratung <br />
ii. Vertretungsbeistandschaft <br />
-‐ Vertretung für gewisse Angelegenheiten <br />
-‐ Beistand als gesetzlicher Vertreter in Angelegenheiten, in denen Vertretung möglich ist <br />
-‐ Handlungsfähigkeit berührt, da Betroffener Handlungen des Beistandes zulassen muss <br />
-‐ Verbeiständeter kann aber selber auch handeln -‐> konkurrierende Handlungsbefugnis <br />
<br />
56
iii. Vermögensverwaltungsbeistandschaft <br />
-‐ Person verfügt über grössere Vermögenswerte, die sie nicht selber verwalten kann <br />
-‐ klare Anordnung der ESB, welche Vermögenswerte verwaltet werden <br />
-‐ verwaltetes Vermögen soll erhalten bleiben, zweckverwendet oder gemehrt werden <br />
-‐ Möglichkeit einer Einkommensverwaltung <br />
iv. Mitwirkungsbeistandschaft <br />
-‐ kein gesetzlicher Vertreter, er handelt nicht für sondern mit der betroffenen Person <br />
-‐ Person kann nicht mehr alleine gültig handeln (Zustimmung des Beistandes nötig) <br />
v. Kombinierte Beistandschaft <br />
-‐ keine bestimmte Beistandschaft <br />
-‐ Möglichkeit, verschiedene Beistandschaften zu kombinieren (Art. 397 <strong>ZGB</strong>) <br />
vi. Umfassende Beistandschaft <br />
-‐ Beistand in allen Angelegenheiten, absolut höchstpersönliche Rechte ausgeschlossen <br />
-‐ Angelegenheiten der Personensorge, Vermögenssorge, Rechtsverkehr <br />
-‐ Handlungsfähigkeit entfällt ganz, beschränkt handlungsunfähig, sofern urteilsfähig <br />
-‐ umfassende Beistandschaft vor allem bei dauernder Urteilsunfähigkeit <br />
-‐ 1. Funktion: Vornahme weiterer Handlungen durch Person ist unverantwortbar <br />
-‐ 2. Funktion: Schutz für Personen, die nicht mehr handeln können <br />
e. Die Ernennung des Beistandes <br />
i. Geeignete Person <br />
-‐ bzgl. persönlichen, fachlichen Eigenschaften und Sozial-‐, Selbst-‐ und Fachkompetenz <br />
-‐ nur natürliche Personen können Beistand sein <br />
-‐ Mitglieder der ESB können nicht Beistand sein, ungenügende Unabhängigkeit <br />
-‐ mehrere Personen als Beistände, Zuständigkeiten festlegen <br />
-‐ Angehörige als Beistand müssen Berichterstattung ablegen, Zustimmungen einholen <br />
ii. Wünsche der betroffenen Person <br />
-‐ wenn Person vorgeschlagen wird, die Amt annehmen würde, muss ESB auf Antrag eingehen <br />
-‐ betroffene Person darf von ESB vorgeschlagene Person ablehnen <br />
iii. Entschädigung <br />
-‐ Erstattung der Auslagen und Entschädigung der Tätigkeit (Art. 404 Abs. 1 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Entschädigung fällt Beistand bzw. Arbeitgeber zu (falls in Anstellungsverhältnis) <br />
-‐ Spesenersatz und Entschädigung wird aus Vermögen des Verbeiständeten bezahlt <br />
f. Die Führung der Beistandschaft <br />
i. Übernahme des Amtes und Inventarpflicht <br />
-‐ ESB umschreibt Aufgaben des Beistandes möglichst genau <br />
-‐ Beistand nimmt mit verbeiständeten Person Kontakt auf, Überblick verschaffen <br />
-‐ Inventar aufnehmen, wenn Vermögensverwaltungsbeistand <br />
ii. Verhältnis zur betroffenen Person und Vertetungsrecht <br />
-‐ persönliche Fürsorge von Hilfsbedürftigkeit der Person abhängig <br />
-‐ sofern urteilsfähig, weiterhin am Rechtsverkehr teilnehmen und über Lebenshaltung <br />
entscheiden -‐> soweit möglich grosser Spielraum belassen <br />
-‐ Vertretungsmacht des Beistandes entfällt bei Interessenskollisionen <br />
iii. Vermögensverwaltung <br />
-‐ sorgfältige Verwaltung, „risikoarm“ anlegen <br />
-‐ Pflicht des Beistandes, Rechnung über die Verwaltung zu führen und Berichte vorzulegen <br />
<br />
57
-‐ verbotene Geschäfe: Bürgschaften eingehen, Stiftungen errichten, Schenkungen vorneh-men<br />
(übliche Gelegenheitsgeschenke vorbehalten) <br />
-‐ Verbeitständeter hat gewisse Autonomie: Beistand lässt ihr angemessener Betrag zur freien <br />
Verfügung <br />
iv. Pflichten des Mitwirkungsbeistandes <br />
-‐ Beistand ist nicht selber zum Handeln verpflichtet <br />
-‐ verbeiständete Person zieht Beistand zum Geschäft hinzu <br />
-‐ Beistand entscheidet über Zustimmung bzgl. Interesse des Betroffenen <br />
v. Sorgfalts-‐, Verschwiegenheits-‐ und Informationspflicht <br />
-‐ Aufgaben mit Sorgfalt ausüben, Haftung nach Art. 454 f. <strong>ZGB</strong> <br />
-‐ Vertraulichkeit der Informationen; Grenze bei überwiegendem Interesse <br />
-‐ Beistand informiert ESB über Veränderungen und wichtige Ereignisse <br />
g. Ende des Amtes des Beistandes <br />
-‐ von Gesetzes wegen (Tod, Frist) oder durch Entscheid der ESB (Entlassung wegen wichtigen <br />
Gründen) <br />
-‐ Interesse des Verbeiständeten muss mit Aufhebung des Beistandes nicht gewahrt bleiben <br />
-‐ abtretender Beistand muss Schlussbericht und Schlussrechnung der ESB noch abliefern <br />
h. Mitwirkung der Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Beaufsichtigung des Beistandes durch ESB <br />
-‐ Beschwerden bzgl. Tun/Unterlassen des Beistandes an ESB einreichen (Verbeiständeter und <br />
Nahestehende) <br />
-‐ Rechnungen und Berichte des Beistandes sind zu prüfen und zu genehmigen <br />
-‐ gewisse Geschäfte kann Beistand nicht alleine für Verbeiständeten vornehmen (Art. 416 I) <br />
3. Eigenes Handeln der Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ wenn nur punktuelle Eingriffe durch Vertretung erforderlich sind, kann ESB selbst als gesetzlicher <br />
Vertreter für betroffene Person handeln <br />
-‐ ESB kann vorsorgliche Massnahmen anordnen, solange Vefahren auf Anordnung eines Beistandes <br />
noch nicht abgeschlossen ist <br />
4. Die fürsorgerische Unterbringung <br />
a. Allgemeines <br />
-‐ Praktisch bedeutsam, nicht amtsgebundene Massnahme <br />
-‐ Wenn Person Fürsorge und Pflege bedarf und ihre diese aber nur in einer geeigneten Anstalt <br />
erbracht werden kann <br />
-‐ keine eingeschränkte Handlungsfähigkeit, aber Einschränkung der Bewegungsfreiheit <br />
-‐ Person in Selbständigkeit zurückführen und Eigenverantwortung stärken <br />
b. Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung <br />
i. Schwächezustand <br />
-‐ Psychische Störung, geistige Behinderung (auch Suchtkrankheiten), schwere Ver-wahrlosung<br />
(Art. 426 Abs. 1 <strong>ZGB</strong>) <br />
ii. Besonderes Schutzbedürftigkeit <br />
-‐ Schwächezustand erfordert persönliche Fürsorge <br />
iii. Verhältnismässigkeit <br />
-‐ Allgemeine Grundsätze des Erwachsenenrechts berücksichtigen <br />
<br />
58
c. Rechtsfolgen <br />
i. Unterbringung oder Zurückbehaltung <br />
-‐ Unterbringung oder Zurückbehaltung einer betroffenen Person gegen oder ohne <br />
deren Willen in eine Einrichtung <br />
ii. Geeignete Einrichtung <br />
-‐ Nicht unbedingt geschlossene Anstalt, aber Entweichen daraus entweder verbo-ten<br />
oder nicht ohne weiteres möglich <br />
-‐ „geeignet“, wenn Einrichtung es erlaubt, die wesentlichen Schutzbedürfnisse der <br />
eingewiesenen Person abzudecken <br />
iii. Vertrauensperson <br />
-‐ Zur Unterstützung der betroffenen Person in allen mit Aufenthalt verbunden Ver-fahren<br />
<br />
-‐ Aufklärung der Rechte und Formulierungen der Anliegen des Betroffenen <br />
-‐ Mit Vollmacht Anspruch auf Einsicht in Krankengeschichte und Akten <br />
d. Entlassung <br />
-‐ Zwingende Entlassung, wenn Voraussetzungen für Unterbringung nicht mehr erfüllt (Art. 426 <br />
Abs. 3 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Jederzeit Gesuch um Entlassung möglich, auf welches aber nicht eingegangen werden muss <br />
-‐ Stufenweise Lockerung der Massnahmen denkbar (Freiheitsbeschränkung verringern) <br />
-‐ Austrittsgespräch (Art. 436 <strong>ZGB</strong>) <br />
-‐ Ambulante Nachbetreuungen möglich, kantonal geregelt <br />
e. Zuständigkeit <br />
i. Für die Unterbringung und Zurückbehaltung <br />
-‐ Für die Anordnung ist ESB zuständig (zeitlich unbeschränkt) <br />
-‐ Kt. Möglichkeit, Ärzte als zuständig zu bezeichnen (zeitlich befristet, max. 6 Wo-chen<br />
<br />
-‐ Bei freiwilligem Eintritt in Klinik muss Klinikleitung dem Austritt jederzeit zustim-men<br />
(bei psych. Störung max. 3 Tage gegen Willen zurückbehalten) <br />
ii. Für die Entlassung <br />
-‐ Hat ESB die Unterbringung angeordnet, entscheidet sie über Entlassung <br />
-‐ Falls Arzt Unterbringung angeordnet hat, entscheidet Einrichtung darüber <br />
-‐ Möglichkeit der ESB, Entlassungskompetenz an Einrichtung zu übertragen <br />
-‐ Pflicht der ESB, nach max. 6 Monaten die Einweisung auf ihre Notwendigkeit zu <br />
überprüfen (bzgl. Passivverhalten/Abfindung der Person mit Situation) <br />
f. Verfahren <br />
i. Vor der Erwachsenenschutzbehörde <br />
-‐ Verfahren gemäss Art. 443 ff. <strong>ZGB</strong> <br />
ii. Bei Einweisung der Ärzte oder Rückbehaltung durch die Klinik <br />
-‐ Verfahren nach Art. 430 <strong>ZGB</strong>, hoheitliche Aufgabe an Private übertragen <br />
• Arzt muss betroffene Person persönlich anhören/untersuchen <br />
• Angaben bzgl. Einweisungsentscheid (Anlass für Massnahme) <br />
• Rechtsmittelbelehrung (Hinweisung der Person, dass gegen Entscheid innert 10 <br />
Tagen schriftlich Beschwerde eingereicht werden kann) <br />
-‐ Unterbringungsentscheid an Person und Klinik aushändigen <br />
iii. Gerichtliche Überprüfung <br />
-‐ Gegen alle Entscheide der ESB ist Beschwerdefrist von 10 Tagen seit Mitteilung des <br />
Entscheids möglich, keine Begründung nötig <br />
-‐ Für Entscheid bzgl. psychischer Störung ist sachliches Gutachten nötig <br />
<br />
59
g. Behandlung und Zwangsmassnahmen <br />
-‐ Art. 433 ff. <strong>ZGB</strong> bzgl. Regelung zur Behandlung/Zwangsmassnahmen bei psychisch Kranken, <br />
wenn diese fürsorgerisch in Klinik untergebracht <br />
-‐ Erstellung eines schriftlichen Behandlungsplans, Person oder mind. Vertrauensperson hat <br />
Kenntnis davon <br />
-‐ Behandlung auch ohne oder gegen Willen der Person ausführbar <br />
• Ernsthaft drohender gesundheitlicher Schaden <br />
• Ohne Behandlung ist Leben/körperliche Integrität Dritter gefährdet <br />
• Patient ist bzgl. Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig (somit keine Zwangsbehand-lung<br />
bei Urteilsfähigen) <br />
• Keine milderen Mittel vorhanden/einsetzbar <br />
-‐ Gegen alle Anordnungen kann Gericht angerufen werden (Art. 439 <strong>ZGB</strong>) <br />
IV. Exkurs: Aufenthalt in Wohn-‐ oder Pflegeeinrichtungen <br />
-‐ Selbständiger Vertragsabschluss mit Einrichtung bzgl. Leistungen wenn urteilsfähig <br />
-‐ Wohn-‐/Pflegeheim fördert Aussenkontakte und benachrichtigt Angehörige bzw. ESB <br />
-‐ Einschränkung der Bewegungsfreiheit nötigenfalls möglich wenn: <br />
• Leben/körperliche Integrität der Person in ernsthafter Gefahr <br />
• Ernstliche Drittgefährdung vorliegt <br />
• Zur Beseitigung schwerwiegender Störungen des Gemeinschaftslebens <br />
-‐ Dokumentation der Massnahmen und Information der Person/Vertreter nötig <br />
-‐ Gegen Massnahmen; schriftlich ESB am Sitz der Einrichtung anrufen (nicht Gericht!) <br />
-‐ Kt. Verpflichtung, Wohn-‐/Pflegeeinrichtungen Urteilsunfähiger einer Aufsicht zu unterstellen <br />
§ 23 Intertemporales Recht <br />
I. Gegenstand des intertemporalen Rechts <br />
-‐ Regelung von Rechtsfolgen bzgl. Tatsachen, die bereits vor Inkrafttreten neuer Bestimmungen <br />
eingetroffen sind <br />
-‐ oft übergangsrechtliche Regelungen für Tatsachen, die vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung <br />
eingetreten sind à Art. 1-‐50 SchlT <strong>ZGB</strong> (Schlusstitel) <br />
<strong>II</strong>. Allgemeine Regeln des schweizerischen intertemporalen Privatrechts <br />
1. Grundsatz der Nichtrückwirkung <br />
-‐ Grundsatz des Rückwirkungsverbot (neue Regel gilt nicht für Tatsachen, die vor Gesetzesän-derung<br />
eingetreten sind) à Vertrauensschutz <br />
-‐ Dauertatsachen (Zustand zur Zeit des alten Rechts eingetreten und nach Eintritt des neuen <br />
Rechts beendet), werden nach neuem Recht beurteilt <br />
2. Ausnahmen <br />
-‐ Grundsatz des Vertrauensschutzes <br />
-‐ Ausnahme, wenn öff. Interesse daran besteht, die Tatsache nach neuem Recht zu beurteilen <br />
(Art. 2-‐4 SchlT <strong>ZGB</strong>) <br />
<strong>II</strong>I. Bedeutung für das Eherecht <br />
1. Bedeutung für das Eheschliessungs-‐ und Ehescheidungsrecht <br />
a. Eheschliessung und Ehescheidung <br />
-‐ der Frist (nach neuem Recht) zur Anfechtung der Ehe wegen befristetem Ungültig-keitsgrund<br />
wird angelaufene Frist des alten Rechts angerechnet <br />
-‐ Klage wegen unbefristetem Ungültigkeitsgrund kann jederzeit erhoben werden <br />
-‐ Scheidungsurteile, die vor Gesetzesrevision rechtskräftig wurden, bleiben anerkannt <br />
<br />
60
2. Bestimmungen über die allgemeinen Wirkungen der Ehe <br />
-‐ Wirkungen früherer Ehen bleiben nach Gesetzesrevision anerkannt <br />
3. Güterrecht <br />
-‐ Art. 9-‐11a SchlT <strong>ZGB</strong> regeln Folgen für Ehen bei Gesetzesänderungen <br />
-‐ für Ehen mit Güterverbindung (vor 1988) gelten seit Gesetzesrevision die Bestimmungen der <br />
Errungenschaftsbeteiligung, diese gelten auch bei Auflösung der Ehe für die ganze Ehedauer <br />
-‐ Ehegatten konnten ohne Zustimmung des anderen schriftlich erklären, dass sie die Anwen-dung<br />
des neuen Rechts für Ehedauer vor 1988 nicht wollen <br />
-‐ Beibehaltungserklärung der Güterverbindung innert Jahresfrist seit neuem Recht gemeinsam <br />
und schriftlich einreichen (Art. 9e SchlT <strong>ZGB</strong>) <br />
IV. Bedeutung für das Kindesrecht <br />
-‐ grundsätzlich haben „alte“ Adoptionen Wirkung nach altem Recht (einfache Adoption, keine <br />
rechtliche Aufhebung zur vorherigen Familie) <br />
-‐ mit gemeinsamem Begehren der Adoptiveltern und des Adoptierten konnten sie innert Frist <br />
beantragen, die Adoption unter neues Recht zu stellen <br />
-‐ wurde diese Begehren nicht eingereicht, können heute „alte“ Adoptionen nur noch durch <br />
neue Adoption die Wirkung der Volladoption erhalten <br />
§ 24 Internationales Privatrecht <br />
I. Gegenstand des internationalen Privatrechts <br />
1. Einleitende Informationen <br />
-‐ jeder Staat hat kulturell, geschichtlich bedingte eigene Rechtsordnung <br />
-‐ staatliche Rechtsordnungen regeln grundsätzlich Sachverhalte, die eine Beziehung zum <br />
Staat/Inland haben <br />
-‐ bei internationalen Sachverhalten stellt sich Frage nach zuständigem Gericht und Recht <br />
2. Vorbehalte internationaler Vereinbarungen <br />
-‐ Staatsverträge stehen auf Stufe der Bundesgesetze <br />
-‐ zwar ist Bundesverfassung die höchste gesetzliche Grundlage <br />
-‐ gemäss Art. 190 BV müssen Behörden und Bundesgericht vom Parlament genehmigt Staats-verträge<br />
anwenden, auch wenn sie der BV widersprechen <br />
3. Anwendung bi-‐ und multilateraler Verträge <br />
-‐ EMRK garantieren einen minimalen europäischen Standard, im <strong>Familienrecht</strong> v.a. Art. 8, 12, 14 <br />
-‐ Lugano-‐Übereinkommen, zur Einklage des Unterhaltsschuldner, sofern er in Vertragsstaat wohnt <br />
-‐ Haager-‐Übereinkommen, erleichtern Anerkennung und Durchsetzung familienrechtl. Ansprüche <br />
(bspw. Zusammenarbeit von Behörden des Heimatlandes des Kindes und der Adoptiveltern) <br />
<strong>II</strong>. Das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht <br />
1. Gegenstand <br />
-‐ Regelung internationaler Sachverhalte <br />
-‐ für Eherecht ist Staatsangehörigkeit Voraussetzung für Vorliegen internationalen Sachverhalt <br />
2. Wesentliche Grundsätze <br />
-‐ Regelung der zuständigen Schweizer Gerichte für internationale Sachverhalte <br />
-‐ ohne besondere Regelung der Zuständigkeit ist subsidiär schweiz. Gericht am Wohnsitz des Be-klagten<br />
zuständig (Art. 2 IPRG) <br />
-‐ Schweizer Gerichte/Behörden müssen IPRG von Amtes wegen anweden <br />
-‐ Rückverweisungen des IPR auf Schweiz. Recht (Renvoi) nur beachten, wenn das IPRG dies vorsieht <br />
<br />
61
-‐<br />
Ordre Public (Generalklausel): Ermächtigung des Richters, ausnahmsweise ausländisches Recht <br />
nicht anzuwenden, wenn dies konkret zu einem ungerechten Ergebnis führen würde (Art. 17) <br />
3. Die IPRG-‐Bestimmungen im Eherecht <br />
a. Eheschliessung <br />
-‐ Schweizer Behörden zuständig, sofern eine Person Wohnsitz in Schweiz hat oder <br />
Schweizer Bürger ist <br />
-‐ fehlt beides, kann Ehe nur bewilligt werden, sofern geschlossene Ehe in Heimat-‐<br />
/Wohnsitzstaat beider Ehegatten anerkannt ist/wird, Durchführung nach CH-‐Recht <br />
-‐ geschiedene Eheleute können nur heiraten, sofern die Scheidung in Schweiz ausgespro-chen<br />
oder zumindest anerkannt ist <br />
-‐ im Ausland geschlossene Ehen in CH grundsätzlich anerkannt <br />
-‐ Verweigerung der Anerkennung nur, wenn Ehe gegen Ordre public verstösst oder im Aus-land<br />
geschlossen wurde, um zwingendes Schweizer Recht zu umgehen <br />
b. Wirkungen der Ehe im Allgemeinen <br />
-‐ Unterhaltsklagen/Eheschutzmassnahmen am Aufenthaltsort der klagenden Partei <br />
-‐ Schweizer ohne Wohnsitz/Aufenthalt in Schweiz, können am Heimatort klagen bzw. Mas-snahmen<br />
verlangen <br />
-‐ Rechte &Pflichten der Eheleute nach Staatsrecht, indem sie Wohnsitz haben (Art. 48) <br />
c. Ehegüterrecht <br />
-‐ bei Tod sind Schweizer Gerichte/Behörden für güterrechtl. Auseinandersetzung zuständig <br />
-‐ bei Scheidung die verantwortlichen Gerichte <br />
-‐ Zuständigkeit von Schweiz. Gerichten/Behörden, wenn Ehegatte Wohnsitz/gewöhnl. Auf-enthalt<br />
in Schweiz hat <br />
-‐ wenn für Auslandschweizer unzumutbar, Gerichte des Wohnsitz-‐/Aufenthaltsstaates an-zurufen,<br />
ist ebenfalls Schweizer Gericht zuständig <br />
-‐ Güterstand ist gewähltem Recht unterstellt, falls kein Recht gewählt, unterliegt er dem <br />
Recht, in dessen Staat die Eheleute Wohnsitz haben/zuletzt hatten <br />
d. Scheidung und Trennung <br />
-‐ Gericht am Schweizer Wohnort, sofern Kläger/Beklagter mind. ein Jahr dort wohnt oder <br />
Schweizer Bürger ist <br />
-‐ Schweizer Gerichte beurteilen nach Schweizer Recht, Ausnahme: Heimatrecht von aus-ländischen<br />
Staatsangehörigen wird angewendet, wenn nur einer Wohnsitz in Schweiz hat <br />
-‐ ausländische Scheidungen/Trennungen werden grundsätzlich in Schweiz anerkannt (es <br />
muss aber mind. ein Ehegatte dem Land, das das Urteil ausgesprochen hat, angehören) <br />
4. IPRG-‐Bestimmungen im Kindesrecht <br />
a. Feststellung und Entstehung des Kindesverhältnisses <br />
-‐ Recht bzgl. Kindesverhältnis nach Aufenthaltsort bei Geburt des Kindes bestimmt <br />
-‐ für Feststellung/Anfechtung der Vaterschaft ist Gericht am Wohnsitz/Aufenthalt des Kin-des,<br />
der Mutter oder des Vaters zuständig <br />
-‐ wenn keine der Personen Wohnsitz/Aufenthalt in Schweiz hat und Klage im Ausland nicht <br />
zumutbar, so kann Klage am Heimatort von Mutter/Vater eingereicht werden <br />
-‐ für Adoption ist grundsätzlich Behörde am Wohnsitz der adoptierenden Person zuständig <br />
-‐ bei Gefahr, dass Schweiz. Adoption in Heimatstaat nicht anerkannt wird, kann Heimat-recht<br />
berücksichtigt werden <br />
<br />
62
. Wirkungen des Kindesverhältnisses <br />
-‐ Klagen bzgl. Beziehung zwischen Eltern und Kind betreffen Gericht am Aufenthaltsort <br />
des Kindes (Notzuständigkeit am Heimatort) <br />
-‐ für Unterhaltspflicht ist Haager-‐Übereinkommen anzuwenden; Kaskade möglicher An-knüpfungspunkte<br />
zur Sicherstellung, dass Unterhaltsanspruch besteht <br />
c. Kindesschutzmassnahmen <br />
-‐ Haager-‐Übereinkommen stellt Anerkennung und Vollstreckung der Schutzmassnahmen <br />
in allen Vertragsstaaten sicher und erleichtert die behördliche Zusammenarbeit <br />
-‐ Behörden des Aufenthaltsstaates des Kindes für Massnahmen zuständig <br />
-‐ Abkommen gilt unter Vertragsstaaten, nach Schweizer Auffassung gilt es aber auch ge-genüber<br />
Nichtvertragsstaaten, da das Abkommen für „alle“ Kinder anwendbar sei <br />
5. Vormundschafts-‐ bzw. Erwachsenenschutzrecht <br />
-‐ Haager Erwachsenenschutzübereinkommen ist wie bei Kindern auch im Verhältnis zu Drittstaaten <br />
(Nichtvertragsstaaten) anwendbar <br />
-‐ es regelt die Zuständigkeit und das anwendbare Recht bzgl. ES-‐Massnahmen und fürsorgerische <br />
Freiheitsentziehung <br />
6. IPRG-‐Bestimmungen im Recht der eingetragenen Partnerschaft <br />
-‐ für Eintragung ist Schweiz. Behörde zuständig, sofern eine Partei Wohnsitz in Schweiz oder <br />
Schweizer Bürgerrecht hat <br />
-‐ Ausländer ohne Wohnsitz können sich nicht in Schweiz eintragen lassen à Vermeidung eines <br />
„Eintragungstourismus“ <br />
-‐ in Ausland geschlossene Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen gilt in Schweiz trotzdem <br />
nur als eingetragene Partnerschaft <br />
-‐ eingetragene Partner können in der Schweiz nicht adoptieren <br />
-‐ bewirken aber eingetragene Partner im Ausland eine Adoption, die in der Schweiz nach adopti-onsrechtlichen<br />
Grundsätzen anerkannt ist, so kann die Wirkung der Adoption in der Schweiz nicht <br />
verweigert werden: das Partnerschaftsgesetz gehört in diesem Fall nicht zum Ordre Public <br />
<br />
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