Rhetorische Figuren (Stilmittel) - HP Joachim Schmid
Rhetorische Figuren (Stilmittel) - HP Joachim Schmid
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
<strong>Rhetorische</strong> <strong>Figuren</strong> (<strong>Stilmittel</strong>)<br />
Inhalt<br />
1. Phonetische <strong>Figuren</strong> (Lautfiguren) ......... 2<br />
1.1. Rhythmisierung .................................... 2<br />
1.2. Reim (Endreim) ................................... 2<br />
1.3. Alliteration (Stabreim) .......................... 2<br />
2. Semantische <strong>Figuren</strong> .............................. 2<br />
2.1. Archaismus ........................................... 2<br />
2.2. Neologismus ......................................... 2<br />
2.3. Fremdwort ........................................... 3<br />
2.4. Stilbruch ............................................... 3<br />
2.5. Metapher .............................................. 3<br />
2.6. Metonymie ........................................... 4<br />
2.7. Synekdoche .......................................... 4<br />
2.8. Ironie .................................................... 4<br />
2.9. Hyperbel .............................................. 4<br />
2.10. Litotes ................................................ 5<br />
2.11. Paraphrase (Periphrase) ....................... 5<br />
2.12. Personifikation ................................... 5<br />
2.13. Oxymoron .......................................... 5<br />
2.14. Pleonasmus ......................................... 6<br />
2.15. Synästhesie ......................................... 6<br />
Einleitung<br />
2.3 · ©2011-11 J. <strong>Schmid</strong> 1<br />
3. Syntaktische <strong>Figuren</strong> .............................. 6<br />
3.1. Anapher ................................................ 6<br />
3.2. Reihung, Häufung ................................ 6<br />
3.3. Ellipse ................................................... 6<br />
3.4. Syllepse (schiefe Klammer) ................... 7<br />
3.5. Hyperbaton .......................................... 7<br />
3.6. Parallelismus ......................................... 7<br />
3.7. Chiasmus .............................................. 7<br />
3.8. Klimax .................................................. 8<br />
3.9. Anakoluth ............................................ 8<br />
3.10. <strong>Rhetorische</strong> Frage ............................... 8<br />
4. Textbaufiguren ....................................... 9<br />
5. Inhaltsfiguren ......................................... 9<br />
5.1. Symbol ................................................. 9<br />
5.2. Vergleich .............................................. 9<br />
5.3. Antithese ............................................ 10<br />
5.4. Paradoxon .......................................... 10<br />
5.5. Tautologie .......................................... 10<br />
Rhetorik ist die Praxis und Theorie des auf Wirkung oder Unterhaltung bedachten Sprechens.<br />
Rhetorik kommt also vor allem in Texten und Reden zum Zug, in denen appellative oder ästhetische<br />
Sprachfunktionen vorherrschen sollen.<br />
Damit das Sprechen diese Zwecke erfüllen kann, muss die Sprache gegenüber dem auf Information<br />
ausgerichteten Sprechen abweichen. Texte, die vor allem informative Funktion haben sollen,<br />
müssen in allen Textmerkmalen auf die Effizienz der Informationsvermittlung ausgerichtet sein.<br />
Oberstes Prinzip in rein informativen Texten ist daher die Ökonomie („so knapp wie möglich,<br />
so ausführlich wie nötig“). Im einzelnen ergeben sich für informative Texte folgende Qualitätsmerkmale:<br />
Phonetik: — (irrelevant)<br />
Semantik: Verständlichkeit, Angemessenheit (neutrale Stillage), Eindeutigkeit<br />
Syntax: Übersichtlichkeit, Verständlichkeit<br />
Textbau: Übersichtlichkeit, hohe Verknüpftheit, Metakommunikation (z. B. durch Concurrent<br />
organizers)<br />
Inhalt: Sachlichkeit, Explizitheit, Stringenz der Argumentation,<br />
<strong>Rhetorische</strong>s Sprechen besteht in einer gezielten Verletzung dieser Qualitätskriterien für informatives<br />
Sprechen. Eine einzelne gezielte Verletzung heisst (rhetorische) Figur. Die klassische (griechische<br />
und lateinische) Rhetorik hat die <strong>Figuren</strong> nicht nur nach den Textmerkmalen unterschieden,<br />
in denen die Abweichung von informativem Sprechen geschieht, sondern auch nach<br />
der Art der Abweichung: Zufügung (Wiederholung), Tilgung (Kürzung), Umordnung und Auswechslung.<br />
Die <strong>Figuren</strong> sind im Folgenden nach den Textmerkmalen und, wo möglich, nach der<br />
Art der Abweichung geordnet.
Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
1. Phonetische <strong>Figuren</strong> (Lautfiguren)<br />
1.1. Rhythmisierung<br />
Wiederholung bestimmter Gruppierungen von betonten und unbetonten Silben.<br />
a. [Wilkinson – es] gibt keine bessere! (Schema: x´ x x x´ x x; daktylisch) (Werbung)<br />
b. Jubel, Trubel, Heiterkeit (Schema: x´ x x´ x x´ x x´ ; trochäisch) (Redewendung)<br />
Rhythmisierung gehört zu den subtilsten und mächtigsten Mitteln der Rhetorik. Sie zwingt das<br />
Publikum zu rhythmischem Mithören, und die musikalische Stimmigkeit verleitet oft zu einer<br />
Zustimmung zu Aussagen, denen man sonst kritischer gegenüberstehen würde. Am wirkungsvollsten<br />
sind Rhythmisierungen am Schluss von Redeteilen (Coda), wo sie eine charakteristische,<br />
den Redeteil abrundende Bremswirkung entfalten können (b.). In Textsorten, die sowieso schon<br />
rhythmisiert sind (z. B. Lyrik), können zusätzliche rhetorische Wirkungen durch Verstösse gegen<br />
einen zugrunde liegenden Rhythmus (Versmass) erzielt werden.<br />
Wirkung: Emotionalisierung, Geschlossenheit der Aussage<br />
1.2. Reim (Endreim)<br />
Gleichklang von Wörtern vom letzten betonten Vokal an.<br />
a. Jubel, Trubel, Heiterkeit (Redewendung)<br />
Lautgleichklang erhöht grundsätzlich die Einprägsamkeit und verleiht, wie Rhythmisierung, den<br />
Aussagen eine musikalische Stimmigkeit. Da vor allem der Reim, aber auch die ! Alliteration,<br />
deutlicher wahrnehmbar sind als Rhythmisierungen, kann das Bemühen um Geschlossenheit<br />
leicht naiv erscheinen, umso mehr, als zahlreiche volkstümliche Wendungen dieses Mittel verwenden.<br />
Wirkung: Geschlossenheit der Aussage, Einfachheit, Volkstümlichkeit, Verspieltheit<br />
1.3. Alliteration (Stabreim)<br />
Wiederholung eines Lauts oder einer Lautfolge am Anfang oder in den Stammsilben von Wörtern.<br />
a. Mit Mann und Maus untergehen; mit Kind und Kegel (Redewendungen)<br />
b. von Feuerland bis zum Fudschijama (Horlacher)<br />
c. den Einbruch des feindlichen Fremden ins familiäre Freundliche (Horlacher)<br />
Wirkung: Geschlossenheit der Aussage, Volkstümlichkeit, Verspieltheit<br />
2. Semantische <strong>Figuren</strong> (Tropen [Sg. Tropus m.])<br />
2.1. Archaismus<br />
Veralteter Ausdruck.<br />
a. die klassische Schauermär (Horlacher)<br />
b. die bekloppte Untertassen-Saga (Horlacher)<br />
c. wie weiland Tell<br />
Archaismen setzen ein gebildetes Publikum voraus.<br />
Wirkung: Ironisierung, Verfremdung, komischer Effekt<br />
2.2. Neologismus<br />
Wortneubildung.<br />
a. in jener Präkonfektionszeit wurden die Kleider individuell gefertigt (Ugresˇić)<br />
b. die Gummi-Monster-Kinderjahre (Horlacher)<br />
c. Leichtschwung-Kurzski<br />
Im Deutschen lassen sich Neologismen durch Nominalzusammensetzungen äusserst leicht realisieren.<br />
Häufig sind auch Wechsel der Wortartzugehörigkeit oder Diminutive (Verkleinerungs-<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
formen).<br />
Wirkung: Ironisierung, komischer Effekt, Suggestion von Autorität (Wissenschaftlichkeit), Raffung<br />
2.3. Fremdwort<br />
Ausdruck aus einer anderen Sprache.<br />
a. Im Rahmen der SAP roll-out Strategie erweitern wir unsere Dienstleistungen. (Stellenanzeige)<br />
b. eine Harddisk mounten<br />
c. die allerbösesten Aliens aller bösen Zeiten (Horlacher)<br />
Als rhetorische <strong>Figuren</strong> fallen Fremdwörter nur dort ins Gewicht, wo sie anstelle von zur Verfügung<br />
stehenden deutschen Ausdrücken verwendet werden. Während früher lateinische und griechische,<br />
später auch französische Fremdwörter en vogue waren, findet man heute englische besonders<br />
cool.<br />
Wirkung: (allgemein:) exotische Aura; Suggestion von Autorität, – Aktualität;<br />
(alte Sprachen:) Suggestion von Bildung, – Wissenschaftlichkeit;<br />
(französisch:) Suggestion von Eleganz, – Kultiviertheit;<br />
(englisch:) Suggestion von Aktualität, – Pragmatismus, – Technizität, – Knappheit.<br />
2.4. Stilbruch<br />
Ausdruck, der von seiner Stillage her nicht zum übrigen Text passt.<br />
a. wenn sie sich nicht hinter ihren nationalen Bossis zwei- und mehrteilen (Horlacher)<br />
b. das ist nichts als kapitalistische Scheisse (Flugblatt)<br />
Stilbrüche können sowohl eine höhere als auch eine niedrigere (a., b.) Stillage in den Text einbringen.<br />
Wirkung: (höhere Stillage): Ironisierung, Verfremdung<br />
(niedrigere Stillage): Schockwirkung, Tabubruch, Demontage<br />
2.5. Metapher<br />
Sprachliche Verknüpfung zweier semantischer Bereiche, die gewöhnlich unverbunden sind. »Eine<br />
Metapher […] ist eine Wort in einem Kontext, durch den es so determiniert wird, dass es etwas<br />
anderes meint, als es bedeutet.« (Weinrich). Der Kontext wird dann mit einigen Merkmalen des<br />
metaphorischen Ausdrucks ausgestattet.<br />
a. Waschmittel-Parolen wie »Stabilität, Sicherheit und Wohlstand« (Jankowski)<br />
b. Roland Emerich hat das Paranoia-Genre in die Neunziger gebombt. (Horlacher)<br />
c. Die Juden sind das Ungeziefer im deutschen Haus. (nach Goebbels)<br />
d. die rosa-hellblaue Nylonhochzeit (Ugresˇić)<br />
Die Metapher ist die wichtigste und vielfältigste rhetorische Figur. Sie kann als Gleichsetzung (c.)<br />
auftreten, als Prädikat (b.), in Wortzusammensetzungen (a., d.), aber auch als Attribut (d.) oder<br />
Apposition. Da Metaphern ein bedeutendes Mittel zur Erweiterung des Wortschatzes sind (als<br />
Katachresen, z. B. ›Maus‹ für das Cursorsteuergerät), gibt es sowohl Metaphern, die gewohnheitsmässig<br />
gedeutet werden, als auch solche, die nicht ohne weiteres verständlich sind und daher<br />
eine Verrätselung bewirken. Die rhetorische Wirkung der Metapher beruht erstens darauf, dass<br />
der Rezipient die Ähnlichkeit zwischen dem Begriffsfeld der Metapher und jenem des Kontexts<br />
selbst konstruiert, zweitens aber darauf, dass nicht nur Eigenschaften des metaphorischen Ausdrucks<br />
auf den Kontext übertragen werden, sondern der Rezipient dazu veranlasst wird, dem<br />
Kontext gegenüber eine Haltung einzunehmen, wie sie für den metaphorischen Ausdruck angemessen<br />
ist (c). Wird eine Metapher über einen grösseren Textteil systematisch entfaltet, spricht<br />
man von (literarischer) Allegorie (! Personifikation).<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
Wirkung: Behauptung von Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Gegenstandsbereichen; Schaffung<br />
einer neuen Perspektive auf einen Gegenstand, Verrätselung, Veranschaulichung<br />
2.6. Metonymie<br />
Ersetzung eines Begriffs durch einen mit ihm in realer, etwa kausaler Beziehung stehenden, z. B.<br />
den Erzeuger für das Erzeugnis (a.), das Gefäss für seinen Inhalt bzw. Ort, Land oder Zeit für<br />
Personen (b.). Der ersetzende Ausdruck kann auch nur in einer geistigen Beziehung zum Gemeinten<br />
stehen, z. B. als konventionelles Symbol oder als Gottheit (c.).<br />
a. Goethe lesen (für: Goethes Werke lesen); vom Bauern leben<br />
b. ein Glas trinken; das Theater klatschte; England/ das 20. Jahrhundert glaubt, dass…<br />
c. Lorbeeren ernten (für: Ruhm erwerben); Venus (für: Liebe)<br />
Die realen Metonymien (a., b.) sind, da sie verkürzen, auch heute noch beliebt, sind allerdings<br />
oft so gebräuchlich, dass sie kaum rhetorisch wirken. Die früher geschätzten geistigen Metonymien<br />
(c.) werden heute als künstlich und prätentiös empfunden.<br />
Wirkung: Raffung, Pointierung, Poetisierung, Verschleierung<br />
2.7. Synekdoche<br />
Ersetzung eines Begriffs durch einen zu dessen Begriffsfeld gehörenden engeren oder weiteren<br />
Begriff, z. B. einen Teil für das Ganze (pars pro toto) (a., b.) oder Verwendung eines Ober- oder<br />
Unterbegriffs (c., d.).<br />
a. Mast, Segel (für: Schiff); Dach (für: Haus); den Schleier nehmen (für: ins Kloster eintreten)<br />
b. Für Lauren Bacall war ich nur eine nichtssagende, anonyme Hand. (Ugresˇić)<br />
c. Eisen (für: Schwert);<br />
d. Unser tägliches Brot gib uns heute. (für: Nahrung) (Vaterunser)<br />
Die pars-pro-toto-Synekdochen (a. und b.), früher Zeichen von Bildung, wirken heute etwas angestrengt.<br />
Die generalisierenden (c.) oder spezialisierenden (d.) Synekdochen werden v. a. verwendet,<br />
um Wiederholungen desselben Ausdrucks zu vermeiden. Die spezialisierenden Synekdochen<br />
erhöhen ausserdem die Anschaulichkeit.<br />
Wirkung: Verklärung, Poetisierung, Variation, Abstrahierung oder Konkretisierung<br />
2.8. Ironie<br />
Ersetzung eines Begriffs durch sein Gegenteil.<br />
a. … und Brutus ist ein ehrenwerter Mann. (Antonius in der Verteidigungsrede für Cäsar)<br />
(Shakespeare)<br />
Die Ironie ist auf ein Signal angewiesen, das dem Rezipienten ihre Auflösung ermöglicht; Meist<br />
ist dies die Übertreibung oder der Kontrast zum Kontext. Da sich mittels Ironie negative Werturteile<br />
indirekt aussprechen lassen, ohne dass man darauf behaftet werden kann, kann Ironie zur<br />
Blossstellung eines mächtigeren Gegners dienen. Ironie kann auch einer ganzen Textstelle zugrunde<br />
liegen, so dass mit einer anderen Haltung gesprochen wird, als vorgegeben wird. Hat eine<br />
solche Ironie deutlich aggressiven, bitteren Charakter, spricht man von Sarkasmus.<br />
Wirkung: Blossstellung, Demontage, Angriff<br />
2.9. Hyperbel<br />
Starke Übertreibung.<br />
a. Und als sie die ersten Jeans bekam, zerriss mir endgültig das Herz vor Neid. (Ugresˇić)<br />
Hyperbeln gehören, wie die Ironie, zur Alltagsrhetorik. Sie treten meist als Metaphern auf.<br />
Wirkung: Verstärkung, Dramatisierung, Verzerrung, Schockeffekt, Pointierung, Ironisierung<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
2.10. Litotes<br />
Verneinung des Gegenteils des Gemeinten.<br />
a. Er ist kein Vulkan. (für: temperamentlos); – keine Erleuchtung (für: langweilig, geistlos); –<br />
kein Held (für: feige)<br />
b. nicht unschön<br />
Die Litotes ist eine explizite Form der Ironie, die zudem meist eine Hyperbel enthält. Ihre rhetorische<br />
Wirkung beruht darauf, dass die Verneinung stets einen Spielraum lässt, für dessen konkrete<br />
Füllung der Produzent die Verantwortung an den Rezipienten abschiebt (»nicht unschön«<br />
kann alles von »angenehm« bis »überwältigend« bedeuten).<br />
Wirkung: Blossstellung, Spott, Ironisierung, Verschleierung, Abschwächung oder ironische Verstärkung<br />
2.11. Paraphrase (Periphrase)<br />
Umschreibung eines Begriffs.<br />
a. jenes höhere Wesen, das wir verehren (für: Gott) (Böll)<br />
b. Lebensabend; Stuhlgang; einschlafen (für: sterben); Zweitfrisur (für: Perücke)<br />
c. Eierkopf (für: Intellektueller); Froschfresser (für: Franzose); Halbkreisingenieur (für: Strassenkehrer)<br />
d. unser heiliger Kampf (Hitler)<br />
Paraphrasen dienen, meist als Metaphern, entweder dazu, Anstössiges oder Unangenehmes zu<br />
verhüllen und zu beschönigen (b., Euphemismus) oder Erhabenes unbenannt zu lassen (a.), oder<br />
sie treten als Pseudo-Definitionen auf, die bestimmte Aspekte des Gemeinten hervorheben (a.)<br />
und damit, oft ironisch, den Gegenstand auf diese Eigenschaften verengen (c.). Tritt in einem<br />
Text regelmässig dieselbe Paraphrase anstelle des Gemeinten, spricht man von Apostrophierung.<br />
Wirkung: Verschleierung, Wahrung eines Tabus, Poetisierung, Verstärkung, Ironisierung, Demontage,<br />
Variation<br />
2.12. Personifikation (Personifikationsallegorie)<br />
Vermenschlichung, Ausstattung eines Gegenstands mit menschlichen Eigenschaften.<br />
a. Gevatter Tod; Mutter Erde<br />
b. Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden / geht endlich arm, zerrüttet, unbeschuht.<br />
(Mörike)<br />
c. Der amerikanische Mythos klopfte 1953 an die Tür Nachkriegsjugoslawiens. (Ugresˇić)<br />
Unter einer Personifikation oder Allegorie versteht man in der Kunstwissenschaft die Darstellung<br />
eines abstrakten Begriffs durch eine menschliche Figur mit typische Attributen (Eigenschaften<br />
oder Requisiten), z. B. der Justitia (Gerechtigkeit) mit verbundenen Augen und Waage und<br />
Schwert. Spricht man in der Literaturwissenschaft von Allegorie, so ist meist die literarische Allegorie<br />
gemeint (! Metapher).<br />
Wirkung: Poetisierung, Veranschaulichung, Suggestion von Bildung<br />
2.13. Oxymoron<br />
Verbindung zweier Vorstellungen, die sich widersprechen; Attribuierung, die mit dem Bezugswort<br />
unvereinbar ist.<br />
a. schwarze Milch der Frühe (Celan)<br />
b. Nacht / mehr denn lichte Nacht! Nacht / lichter als der Tag (für: Weihnachten) (Gryphius)<br />
Das Oxymoron ist ein konzentriertes ! Paradoxon, also ein Scheinwiderspruch, der vom Rezipienten<br />
aufgelöst werden muss, indem er mindestens einen der im Oxymoron zusammengebrachten<br />
Begriffe metaphorisch deutet.<br />
Wirkung: Schockeffekt, Verrätselung<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
2.14. Pleonasmus<br />
Explikation eines semantischen Merkmals, das im Bezugswort schon enthalten ist; überflüssige<br />
Attribuierung.<br />
a. weisser Schimmel, lediger Junggeselle<br />
b. Zum Schluss kommt Richard Gere auf einem strahlendweissen Schimmel einhergeritten, um<br />
das edelmütige Aschenputtel als Braut heimzuführen. (Filmkritik Pretty Woman)<br />
Der Pleonasmus ist in den meisten Fällen ein stilistischer Fehler, weil er aller Ökonomie des Ausdrucks<br />
zuwiderläuft.<br />
Wirkung: Verstärkung, Ironisierung<br />
2.15. Synästhesie<br />
Verbindung unterschiedlicher Sinneseindrücke.<br />
a. ein warmer Klang; ein lautes Rot<br />
b. Durch die Nacht, die mich umfangen / Blickt zu mir der Töne Licht. (Brentano)<br />
In alltägliche Synästhesien (a.), die kaum rhetorisch wirken, muss ein Ausdruck metaphorisch<br />
gedeutet werden. Komplexe dichterische Synästhesien, wie sie in der Romantik äusserst beliebt<br />
waren, verwischen die Grenzen zwischen verschiedenen Wahrnehmungen und erzeugen die Vorstellung<br />
einer „totalen Wahrnehmung“, die vom Subjekt her bestimmt ist, nicht von aussen.<br />
Wirkung: Veranschaulichung, Poetisierung<br />
3. Syntaktische <strong>Figuren</strong><br />
3.1. Anapher<br />
Wiederholung wichtiger Wörter oder Wortgruppen an Satz- oder Versanfängen.<br />
a. Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll (Goethe)<br />
b. Wer liebt, ist geduldig und gütig. / Wer liebt, der ereifert sich nicht, (1. Kor. 13.)<br />
Die Anapher ist die Gegenfigur zur üblichen und ökonomischen Klammerung (Zeugma, ! Ellipse).<br />
Indem ausformuliert wird, was normalerweise aus Gründen der Ökonomie erspart wird,<br />
erhält die Rede ein feierliches, rituelles Gepräge.<br />
Wirkung: Streckung, Verstärkung, Feierlichkeit, Suggestion von Totalität, – Wiederholung<br />
3.2. Reihung, Häufung<br />
Aufzählung mehrerer, meist syntaktisch paralleler Glieder (! Parallelismus).<br />
a. Säbel, Bumerang, Pfeilbogen, Blasrohr und Sturmgewehr bei Fuss (für: Waffen) (Horlacher)<br />
b. die United States of the World, von den Pyramiden bis zu den Iglus, von Feuerland bis zum<br />
Fudschijama, vom Roten Platz bis zum Weissen Haus (Horlacher)<br />
Aufzählungen sind erst dann rhetorisch wirksam, wenn sie Glieder enthalten, die leicht zusammengefasst<br />
werden könnten, so dass die Detailversessenheit ins Auge springt.<br />
Wirkung: Konkretisierung, Veranschaulichung, Suggestion von Totalität, – Fülle, – Wiederholung,<br />
Streckung, komischer Effekt<br />
3.3. Ellipse<br />
Unvollständiger Satz; Auslassung von Redeteilen, die leicht zu ergänzen sind.<br />
a. Dass die Untertassen-Saga Kinospass bereitet, lässt sich nicht leugnen. Leider. (für: Leider lässt<br />
sich das nicht leugnen) (Horlacher)<br />
b. Sonderfall-Regelungen sind ausgeschlossen, bilaterale Verhandlungen ebenfalls. (für: bilaterale<br />
Verhandlungen sind ebenfalls ausgeschlossen). (Horlacher)<br />
Die Ellipse erfreut sich, wie alle rhetorischen Mittel mit raffender Wirkung, grösster Beliebtheit.<br />
Die Wirkung der Ellipse hängt damit zusammen, dass Ellipsen in mündlicher Kommunikation<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
und in der Umgangssprache äusserst häufig vorkommen. Üblich ist vor allem die Klammerung,<br />
d. h. der gleichzeitige Bezug eines Wortes auf mehrere syntaktisch und semantisch gleichartige<br />
Glieder (b., Zeugma). Rhetorisch wirksam ist die Ellipse – abgesehen von der Knappheit – daher<br />
nur in einer Textumgebung, die sonst auf umgangssprachliche Verknappungen verzichtet. Das<br />
Zeugma hat kaum rhetorische Qualität, eher noch seine Unterlassung (! Anapher).<br />
Wirkung: Raffung, Schockeffekt, Suggestion von Lakonik, – Direktheit, – Mündlichkeit<br />
3.4. Syllepse (schiefe Klammer)<br />
Klammer (Zeugma), bei der sich das ausgeklammerte Glied semantisch (a., b.) oder syntaktisch<br />
(c.) nicht gleichartig auf beide eingeklammerten Glieder bezieht.<br />
a. Er sass ganze Nächte und Sessel durch. (Jean Paul)<br />
b. Heute ist nicht ganz sicher, ob Millionen von Menschen Suppe schlürfen oder – den Mythos.<br />
(Ugresˇić)<br />
c. Entzahnte Kiefern schnattern und das schlotternde Gebein. (statt: …und das schlotternde<br />
Gebein schnattert.) (Goethe)<br />
Rhetorisch wirksam ist vor allem die semantische Syllepse, bei der sich das ausgeklammerte Glied<br />
in der Regel auf eines der eingeklammerten Glieder nur metaphorisch beziehen lässt (b.). Die<br />
syntaktische Syllepse wirkt als syntaktischer Verstoss leicht störend, wird aber zuweilen wegen der<br />
Verknappung, die sie leistet, in Kauf genommen.<br />
Wirkung: (semantisch:) Verzerrung, Verfremdung, komischer Effekt; (syntaktisch:) Raffung<br />
3.5. Hyperbaton<br />
Emphatische Umstellung; willkürliche Veränderung der Wortstellung, bei der zusammengehörige<br />
Redeteile getrennt werden.<br />
a. o lass nimmer von nun an mich dieses Tödliche sehen (Hölderlin)<br />
b. Dies Pistol, wenn ihr die Klingel rühret, streckt leblos mich zu euern Füssen nieder. (Kleist)<br />
Es wirken nur jene Veränderungen der Wortstellung rhetorisch, die so ungewohnt sind, dass der<br />
Rezipient die syntaktischen Funktionen der Glieder nicht unmittelbar erkennt, oder bei denen –<br />
wie in mündlicher Kommunikation häufig – ein Einschub wie ein plötzlicher Einfall einen noch<br />
nicht als Ganzes erkennbaren Gedanken unterbricht.<br />
Wirkung: Akzentuierung einzelner Redeteile, Verfremdung, Suggestion von Mündlichkeit, –<br />
Erregtheit, – Assoziativität<br />
3.6. Parallelismus<br />
Wiederholung von syntaktisch oder semantisch gleichartigen Gruppierungen.<br />
a. als ich noch ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind, urteilte ich wie<br />
ein Kind (1. Kor. 13.11)<br />
b. Mit zehn Jahren gab ich Audie Murphy auf und ersetzte ihn erbarmungslos durch Marlon<br />
Brando, Marlon durch James Dean, James durch Anthony Perkins … (Ugresˇić)<br />
c. Schnell lief er hin, langsam kam er zurück. (Goethe)<br />
Die Wirkung der Figur hängt davon ab, ob die gleich konstruierten Gruppierungen inhaltlich<br />
analog sind (a., b.) oder nicht (c.); im ersten Fall hebt die Figur die Wiederholung, das Gleichbleibende<br />
hervor, im zweiten Fall unterstreicht der Parallelismus den Kontrast zwischen den parallel<br />
konstruierten Gliedern.<br />
Wirkung: (analog:) Suggestion von Totalität, – Wiederholung; (nicht analog:) Kontrastwirkung,<br />
Verfremdung<br />
3.7. Chiasmus<br />
Symmetrische Überkreuzstellung von syntaktisch oder semantisch entsprechenden Gliedern; Ent-<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
spricht einem Parallelismus, bei dem bei der Wiederholung die Glieder semantisch vertauscht<br />
sind (a.), oder umgekehrt einer inhaltlichen Wiederholung, die syntaktisch gegenläufig realisiert<br />
wird (b.) (Die Figur ist nach dem griechischen Buchstaben Chi benannt: ")<br />
a. Vor langer Zeit hat die blutige Wirklichkeit den balkanischen Mythos hervorgebracht,<br />
!<br />
heute bringt der balkanische Mythos eine blutige Wirklichkeit hervor. (Ugresˇić)<br />
b. wir waren dabei, als sie ihn begruben<br />
!<br />
und als er starb, haben wir geweint. (Grillparzer)<br />
Der Chiasmus wirkt natürlicher, als die Beschreibung ahnen lässt; Er dient vor allem dazu,<br />
! Antithesen effektvoll aufzubauen.<br />
Wirkung: Verstärkung, Kontrast, Hervorhebung der Gegenläufigkeit von Aussagen; Suggestion<br />
von Wiederholung<br />
3.8. Klimax<br />
Meist dreigliedrige Aufzählung, die von Glied zu Glied eine Steigerung enthält.<br />
a. Ich kam, sah, und siegte. (Caesar)<br />
b. Ich habe dem Königtum den Krieg erklärt, ich habe es geschlagen, ich habe es getötet und den<br />
Königen einen Königskopf als Fehdehandschuh hingeworfen! (Büchner)<br />
Die Klimax vermittelt zunehmende Erregung des Sprechens, da sich der Produzent nur schrittweise<br />
auf die Zielformulierung hinbewegt. Die dreigliedrige Klimax wirkt am geschlossensten.<br />
Wirkung: Verstärkung, Emotionalisierung, Anschaulichkeit, Suggestion von Geschlossenheit, –<br />
Erregung<br />
3.9. Anakoluth<br />
Satzstörung; syntaktischer Verstoss, z. B. durch Doppelbesetzung von nur einmal zu besetzenden<br />
syntaktischen Positionen (a. Präd. und Subj.) oder Unterlassung der Nebensatzinversion (b.).<br />
a. Sie schlägt, die Rüstung ihm vom Leibe reissend, den Zahn schlägt sie in seine weisse Brust.<br />
(Kleist)<br />
b. Deine Mutter glaubt nie dass du vielleicht erwachsen bist und kannst alleine für dich aufkommen.<br />
(Johnson)<br />
Anakoluthe sind in mündlicher Kommunikation häufig, werden jedoch in schriftlicher Kommunikation<br />
als äusserst störend empfunden. Ihr gezielter Einsatz, wenn sie das Stammeln und Nach-<br />
Worten-Suchen erregten Redens wiedergeben (a.), gehört zur kühnen Rhetorik.<br />
Wirkung: Emotionalisierung, Suggestion von Mündlichkeit, – Erregung, – Verwirrung<br />
3.10. <strong>Rhetorische</strong> Frage<br />
Behauptung, die als Frage formuliert wird; Scheinfrage.<br />
a. Oder wollen Sie im Ernst behaupten, wir seien mit der Reform des Bildungswesens […] vorangekommen?<br />
(Jankowski)<br />
b. Wer kann es hören ohne Jammer? (Papst Urban II.)<br />
<strong>Rhetorische</strong> Fragen veranlassen den Rezipienten zu innerer Beteiligung, indem er die hinter der<br />
rhetorischen Frage stehende Behauptung als Antwort selbst dazudenkt und sich damit auf den<br />
Gedankengang des Produzenten einlässt. Sie fördern so beim Rezipienten das Gefühl von Konsens<br />
mit dem Produzenten. Das Mittel ist insofern von seiner Wirkung her ambivalent, als rhetorische<br />
Fragen einen starken Widerstand erzeugen, wenn die hinter ihnen stehenden Behauptungen<br />
für den Rezipienten tatsächlich zweifelhaft sind.<br />
Wirkung: Verstärkung, Suggestion von Beteiligung und Gesprächssituation; Überleitung zu Behauptungen<br />
oder expliziten Appellen<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
4. Textbaufiguren (kompositorische <strong>Figuren</strong>)<br />
Mehrere syntaktische <strong>Figuren</strong> können auch über umfangreichere Textteile hinweg konstruiert<br />
werden, v. a. ! Anaphern und ! Klimaxe, aber auch ! Parallelismen u. ä. Da man von eigentlichen<br />
<strong>Figuren</strong> im Textbau nur dort sprechen kann, wo, wie etwa in einem Bericht, eine bestimmte<br />
natürliche Ordnung vorgegeben ist, beschränkt sich die Klassifikation hier auf einige allgemeine<br />
Hinweise.<br />
Vorgriffe sind ein unvermeidliches Mittel der Spannungserzeugung, bei umfangreicheren Texten<br />
auch der Orientierung.<br />
Rückgriffe lassen den Text als geschlossene, geplante Einheit erscheinen. Sie vermitteln dem Rezipienten<br />
das angenehme Gefühl, verstanden zu haben, und erleichtern die Orientierung in längeren<br />
Texten. Der Rückgriff kann als Running Gag auch komische Wirkung entfalten, wenn er<br />
genügend penetrant wiederholt wird.<br />
Sprünge entsprechen den Ellipsen; Sie bewirken eine Raffung des Textablaufs und erzeugen einen<br />
Überraschungseffekt. Sie sind nicht für jede Textsorte geeignet, da sie leicht den Eindruck<br />
erwecken, es werde etwas unterschlagen.<br />
Exkurse schützen in der Regel einen unterhaltenden Charakter vor, können aber auch ein Mittel<br />
sein, von argumentativen Notständen abzulenken. Der Exkurs muss rückblickend auf den<br />
Haupttext zu beziehen sein.<br />
5. Inhaltsfiguren<br />
5.1. Symbol<br />
Einzelgegenstände, -situationen oder -handlungen, auch Personen, die zugleich real bedeutsam<br />
sind und metaphorische Qualität haben, so dass sie einen übergeordneten Sinnzusammenhang<br />
ins Spiel bringen.<br />
a. Berliner Mauer (als Instrument und Symbol von Unterdrückung und Freiheitsberaubung)<br />
b. Lauren Bacall (im Text Yugo-Americana) (Ugresˇić)<br />
Das rhetorische Potential der Symbole beruht darauf, dass sie, im Gegensatz zu blossen Metaphern,<br />
sinnliche Evidenz haben und damit weniger Gefahr laufen, als reine Konstrukte blossgelegt<br />
zu werden.<br />
Wirkung: Aufladung der Wirklichkeit mit Bedeutung; Emotionalisierung<br />
5.2. Vergleich<br />
Explizite Verknüpfung zweier semantischer Bereiche; Im Gegensatz zur ! Metapher müssen<br />
beide Bereiche und auch die Verknüpfung selbst explizit gemacht werden.<br />
a. Die Völker scharen sich anstandslos wie ein Mann hinter dem neuen Führer. (Horlacher)<br />
b. Es rann in die jugoslawischen Heimstätten wie ein warmer Regen. (Ugresˇić)<br />
Der Vergleich ist rhetorisch ungleich weniger mächtig als die Metapher, weil er – deshalb gehört<br />
er auch zu den Inhaltsfiguren – als Behauptung auftritt und ausserdem die Vagheit der Ähnlichkeitsbeziehung<br />
ankündigt, wohingegen die Metapher immer eine Gleichsetzung von zwei semantischen<br />
Bereichen formuliert (z. B. „Sport ist Mord.“). Der Rezipient kann sich daher einem Vergleich<br />
leichter entziehen. Wirkungsvoller ist der Vergleich, wenn er zum Gleichnis oder zur Parabel<br />
ausgebaut wird, wie es im NT häufig geschieht.<br />
Wirkung: vorsichtige Behauptung von Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Gegenstandsbereichen<br />
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Deutsch · <strong>Schmid</strong> <strong>Stilmittel</strong><br />
5.3. Antithese<br />
Entgegenstellung von Begriffen und Gedanken; Häufig in syntaktischen ! Parallelismen (b.)<br />
oder ! Chiasmen (a.) realisiert.<br />
a. die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben (Goethe)<br />
b. Und als das Fernsehen alle Häuser eroberte, wurde das Bild kleiner, aber Amerika größer.<br />
(Ugresˇić)<br />
c. Was dieser heute baut / reisst jener morgen ein:<br />
Wo jetztund Städte stehn / wird eine Wiese sein / (Gryphius)<br />
Antithesen sind besonders dann rhetorisch wirkungsvoll, wenn sie als Behauptungen auftreten,<br />
die nachher entwickelt werden, oder aber als Zusammenfassungen von vorher Ausgeführtem, also<br />
als Mittel der Pointierung.<br />
Wirkung: Kontrast, Schockeffekt, Pointierung, Raffung<br />
5.4. Paradoxon<br />
(Schein-) Widerspruch; Behauptung zweier Sachverhalte, die unvereinbar scheinen. Der Widerspruch<br />
muss aufgelöst werden, indem mindestens ein Begriff einen Doppelsinn hat oder sich einer<br />
metaphorischen Interpretation unterziehen lässt.<br />
a. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren. (Mt 10.39)<br />
Wenn sie unvermittelt in einem Text auftreten, gehören Paradoxa zu den starken rhetorischen<br />
Schockeffekten, die Faszination und Spannung auf die Auflösung hervorrufen. Das Paradoxon<br />
muss sorgfältig auf die Rezipienten berechnet sein, um nicht durch Überforderung oder Hohlheit<br />
Widerstand zu wecken.<br />
Wirkung: Schockeffekt, Verrätselung, Verfremdung, Suggestion von Tiefe, – Nachdenklichkeit<br />
5.5. Tautologie<br />
Behauptung zweier Sachverhalte, die (scheinbar) gleichbedeutend sind und damit die gesamte<br />
Aussage als überflüssig erscheinen lassen. Die Auflösung der scheinbaren Sinnlosigkeit geschieht<br />
wie beim ! Paradoxon.<br />
a. Persil bleibt Persil (für: Persil bleibt so gut, wie es immer war.) (Werbung)<br />
Tautologien wirken weniger unmittelbar als Paradoxa, weil sie die Rede auf den ersten Blick als<br />
leer und redundant erscheinen lassen. Ihre Wirkung beruht hauptsächlich auf ihrer Unabweisbarkeit,<br />
die ihnen die Aura unumstösslicher, einfacher Wahrheiten und damit eine gewisse Feierlichkeit<br />
verleihen kann.<br />
Wirkung: Verstärkung, Verrätselung, Raffung, Suggestion von Faktizität, – Wahrhaftigkeit<br />
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