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Knochenleim, Kasein, Kleister – Anwendung und Eigenschaften ...

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Zusammenstellung der Information:<br />

Matthias Stappel, Laubweg 5, 61267 Neu-Anspach<br />

m.stappel@hessenpark.de<br />

<strong>Knochenleim</strong>, <strong>Kasein</strong>, <strong>Kleister</strong> – <strong>Anwendung</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Eigenschaften</strong> alter Leime<br />

Unter dem Begriff Leim wurde früher eine Vielzahl von Materialien zusammen gefasst, welche die bekannten klebenden<br />

Substanzen sowie kuriose Randbereiche des Klebens (Judenleim als Synonym für Asphalt, Goldleim als Synonym von<br />

Malachit) beinhalten. Leim wird schon sehr lange benutzt, so wurde für das Bett der Ehefrau Tut-Anch-Amuns ein<br />

Furnier aufgeleimt. Das römische Militär benutzte Schilde, welche aus kreuzförmig verleimten Furnieren<br />

bestand, ähnlich unseren heutigen Furnierplatten. Erst in der Renaissance wird durch die Einführung von Furnier<br />

<strong>und</strong> anderer Holzverbindungen der Leim wichtig. Die traditionellen Leime bestehen aus stickstoffhaltigen, tierischen<br />

Verbindungen, welche in kaltem Wasser unlöslich sind, aber darin quellen. Erst durch das anschließende Erwärmen<br />

(deshalb Warmleim) werden sie löslich <strong>und</strong> entwickeln ihre Klebkraft. Beim Erkalten gelieren sie zu einer elastischen<br />

Masse, der Gallerte. Als einziger der ehemals vielen Vertreter ist zumeist nur noch die Gelatine bekannt. Bei Gelatine liegt<br />

die gleiche hoch gereinigte Substanz vor, welche hautsächlich aus Glutin besteht <strong>und</strong> Namensgeber für die ganze Gruppe<br />

der Glutinleime ist. Bei Gelatine wird hauptsächlich auf Gelierfähigkeit geachtet, bei den Leimen auf die Klebekraft. Bei der<br />

Bezeichnung wird einerseits das Rohprodukt wie bei Knochen-, Haut- oder Lederleim herangezogen. Andererseits<br />

werden die Handelsform wie Leimperlen, Leimpulver oder Tafelleim sowie Qualitätsbezeichnungen wie Kölner<br />

Leim (für hellgelben klaren Leim) oder Schottischer Leim bzw. <strong>Anwendung</strong>sgebiete wie Tischlerleim (colle forte, glue)<br />

benutzt.<br />

Herstellung von Glutinleimen<br />

Wenn Leim aus Haut <strong>und</strong> hautartigen Teilen gewonnen wird handelt es sich um das sogenannte Kollagen, bei der<br />

Gewinnung aus Knochen ist es das Ossein <strong>und</strong> bei Knorpeln nennt man das entstehende Produkt Chondrin, welches aber<br />

aufgr<strong>und</strong> der geringen Klebkraft nicht zum Einsatz kam. Als Rohstoffe kommen<br />

Lederabfälle, Knochen, Sehnen, Abfälle von Kaninchenfellen,<br />

Fischabfälle <strong>und</strong> Schwimmblasen verschiedener Fische in Betracht. Die<br />

besten Leimsorten wurden aus Pergamentabfällen, Handschuhleder <strong>und</strong><br />

Häuten, der gewöhnliche Leim aus Sehnen, Flechsen <strong>und</strong> ab ca. 1800<br />

auch aus Knochen hergestellt. Die Leimausbeute betrug zwischen 18 %<br />

(Sehnen) bis 60 % (Häute).<br />

Bei dem <strong>Knochenleim</strong>, welcher um 1800 entwickelt <strong>und</strong> besonders im<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert verwendet wurde, gibt es zwei Herstellungsmethoden.<br />

Entweder werden die Knochen mit Salzsäure entkalkt <strong>und</strong> dann ausgekocht oder<br />

die Knochen werden gedämpft (Hochdruckdampf in einer Art Schnellkochtopf,<br />

Papinianischer Topf genannt) <strong>und</strong> der Leim mit Wasser ausgezogen. Bei dem<br />

Säureverfahren wird das Calciumphosphat herausgelöst (dient als<br />

Futterkalk) <strong>und</strong> es bleibt eine Art Knorpel zurück, welcher nach dem<br />

Waschen mit Wasser zu Leim verkocht wird. Bei Bedarf kann zuvor auch das<br />

Fett durch Benzin oder Kalk herausgelöst werden, wodurch die Säurewirkung<br />

schneller einsetzt. Reste von Phosphorkalk geben diesem Leim ein milchiges<br />

Aussehen. Beim Dämpfverfahren werden die zerkleinerten Knochen entfettet,<br />

gereinigt, durch Dämpfen ausgelaugt, die Leimbrühe gefiltert,<br />

eingedampft, erstarren gelassen, mit einem Draht in Scheiben<br />

geschnitten <strong>und</strong> getrocknet. Durch das Dämpfen verliert der Leim etwas an<br />

Bindekraft. Ein Zusatz von schwefliger Säure, während der verschiedenen<br />

Verarbeitungsschritte, schützt vor Fäulnis <strong>und</strong> bleicht genauso wie<br />

Wasserstoffsuperoxid, welches ebenfalls zugesetzt wurde. Um den<br />

beliebten klaren Leim zu erhalten wurden u.a. Eichenrinde, Sumach <strong>und</strong> Albumin<br />

eingesetzt, welche Schwebstoffe binden. Die Trocknung der gelierten<br />

Perlleim, Glutinleim in Graupeln,<br />

verschieden stark gereinigt<br />

Masse erfolgt auf Netzen (öfters Wenden, damit die Tafeln nicht ankleben), welche das typische Muster in den Leimtafeln<br />

ergeben. Leimperlen entstehen beim Eintropfen von Leimlösung in Benzin <strong>und</strong> diese lassen sich wieder schneller auflösen<br />

als die Leimtafeln.


Das Säureverfahren für die <strong>Knochenleim</strong>herstellung<br />

scheint um 1810/20 eingeführt worden zu sein (vgl.<br />

Leuchs 1826). Früher wurden in Fäulnis übergehende<br />

Rohprodukte gerne verwendet, weil man ihnen<br />

helleren <strong>und</strong> besseren (wohl weicheren) Leim nachsagte.<br />

Diese Praxis wurde aber schon um 1900 wegen der starken<br />

Geruchsbelastung verboten.<br />

<strong>Knochenleim</strong> war als gewöhnlicher Tischlerleim oder<br />

auch unter dem Namen Hornleim im Handel. Er wurde<br />

nach der Helligkeit in drei Klassen eingeteilt, dem hellsten<br />

oder feinen, dem mittleren <strong>und</strong> dem dunkeln oder<br />

schwarzen ordinären. In Deutschland gab es<br />

Leimsiedereien in Reutlingen, Crailsheim, Heilbronn,<br />

Nördlingen, Nürnberg, Ansbach, Köln, Merseburg.<br />

Gewöhnlicher Leim war auch unter den Namen<br />

Glutinum, Gluten, Colla, Colla taurins, franz. Colleforte,<br />

Colle de Taurau im Handel.<br />

Bei der Gewinnung von Leder- <strong>und</strong> Hautleimen<br />

werden die Abfälle zuerst mit Kalkmilch oder anderen Alkalien<br />

lange gelagert <strong>und</strong> anschließend gut ausgewaschen.<br />

Dabei werden störende Eiweißstoffe gelöst <strong>und</strong> beseitigt.<br />

Durch anschließendes Kochen wird der Leim herausgelöst.<br />

Ein Zusatz von schwefliger Säure, Wasserstoffsuperoxid<br />

1 Colla Piscium (Schwimmblase)<br />

2 Hausenblase in Blättern<br />

3 Salianski-Hausenblase<br />

4 „Fischleim“ flüssiger <strong>Knochenleim</strong> 5<br />

Pergamentleim in Blättern<br />

oder Chlorkalk reinigt <strong>und</strong> bleicht den Leim. Nach dem Filtern wird die Leimlösung eingedampft <strong>und</strong> nach dem Gelieren<br />

ebenfalls in Tafeln geschnitten <strong>und</strong> getrocknet.<br />

Kaltflüssiger Leim entsteht durch einen Essig-, Salz- oder Salpetersäurezusatz bzw. modernen Mitteln wie<br />

Thioharnstoff in eine Leimlösung. Weitere Zusätze wie Alkohol oder Zinksulfat sind ebenfalls für diesen Leimtyp<br />

erwähnt. So dürften wohl Produkte wie Hide Glue hergestellt werden.<br />

Fischleim entsteht beim Auskochen von Fischhaut, der Schwimmblase oder sonstiger Fischteile von Dorsch,<br />

Kabeljau, Stör, Stockfisch u.a.. Hierbei darf aber 50 °C nicht überschritten werden, da sonst die Klebefähigkeit<br />

abnimmt. Fischleime sind ebenfalls kaltflüssig <strong>und</strong> leicht am Geruch erkennbar. Der qualitätsvolle<br />

Hausenblasenleim wird aus der Schwimmblase des Fischs „Hause“ hergestellt, aber leider auch aus anderen<br />

Fischarten. Früher wurden große Mengen für die Klärung von Wein <strong>und</strong> Bier eingesetzt. In diese Gruppe gehört,<br />

neben dem bekanntesten Hausenblasenleim <strong>und</strong> Störleim, aber auch historische Namen wie Gummi<br />

Sacacollae. Englischer Leim oder starker Leim (Colle forte, Colle d'Angleterre) wird aus Knorpeln, Flossen <strong>und</strong><br />

Häuten verschiedener Fische gekocht, ist hell <strong>und</strong> hart. Unter dem gleichen Namen „Fischleim“ wurden auch stark<br />

abgebaute Gelatinesorten gehandelt, welche schon in kaltem Wasser löslich waren, aber weniger Klebekraft hatten.<br />

Hasenleim besitzt eine dunkle Farbe. Früher war er<br />

in dünnen quadratischen Platten im Handel. Er wurde aus Hasenhaut gewonnen <strong>und</strong> besitzt eine hohe Elastizität, ist<br />

weich hat aber eine geringe Binde<br />

kraft. Dafür trocknet er mit wenig Spannung auf. Die beste franz. Sorte Totin war teuer <strong>und</strong> wurde für die Polimentvergoldung<br />

verwendet. Bei den deutschen Sorten gab es keinen Unterschied zwischen Hase <strong>und</strong> Kaninchen <strong>und</strong><br />

waren noch dunkler.<br />

Unter der Bezeichnung Fassleim kam die noch nicht eingetrocknete Leimgallerte direkt aus der Produktion in den<br />

Handel.<br />

Unter M<strong>und</strong>leim wurde ein Glutinleim verstanden, dem Honig oder Zucker als Weichmacher zugesetzt <strong>und</strong> durch die<br />

Wärme im M<strong>und</strong> geschmolzen wurde. Hierbei dürfte es zusätzlich zu einem enzymatischen Abbau kommen, was einen<br />

weicheren Leim ergibt. Diese Leime stinken nicht <strong>und</strong> wurden gerne von Buchbindern benutzt. Ein Rezept für den<br />

leichtlöslichen M<strong>und</strong>leim nennt als Bestandteile beispielsweise Hausenblase, Gummi arabicum <strong>und</strong> Zucker.<br />

Pergamentleim wurde auch Spießgenleim, Colle de brochette, Hornleim genannt <strong>und</strong> aus Pergamentabschnitten<br />

einfach durch kaltes Quellen, Erwärmen <strong>und</strong> Absieben hergestellt.<br />

Patentleim bestand aus <strong>Knochenleim</strong> (nach dem Säureverfahren), welche mit Kreide, Zinkweiß, Schwerspat oder<br />

Kaolin weiß eingefärbt wurde. Der russische Leim bestand aus ebenfalls mit 4-8 % Zinkweiß, Bleiweiß oder<br />

Kreide weiß eingefärbtem Lederleim.


Verwendung von Glutinleimen<br />

Die verschiedenen Leime sowie Gelatine wurden <strong>und</strong> werden als Kleber,<br />

Bindemittel für Farben, Papierleimung, Weberschlichte, Bindemittel für Kite, für die<br />

Herstellung von Fotopapieren, als Lebensmittel (Sülze, „Gummi Bärchen“, Verdicker<br />

in Joghurt...), als Überzug („Leimfirnis“) usw. benutzt. Die Schreiner erhitzen<br />

ursprünglich den Leim direkt auf dem Ofen, später im Wasserbad, da hierdurch eine<br />

schonendere Erwärmung erfolgte. Da die Warmleime beim Abkühlen gelieren<br />

müssen sie sehr schnell verarbeitet werden. Um die Verarbeitungszeit hinaus zu<br />

zögern bzw. eine bessere Eindringtiefe zu bekommen wurden die zu verleimenden<br />

Hölzer auf einem Wärmeofen vorgewärmt. Nach dem Zusammenfügen der Teile<br />

geliert <strong>und</strong> klebt der Leim innerhalb einer Minute. Voll belastbar ist die Verleimung aber<br />

erst nach der Durchtrocknung. Eine gute Leimfuge muß dünn sein, wird heiß<br />

aufgetragen <strong>und</strong> mit Schraubzwingen verpreßt. Poröse Hölzer<br />

werden zuvor mit einer Leimtränke abgesperrt. Hirnholz soll durch Alkohol<br />

oder Knoblauch "entfettet" werden <strong>und</strong> dadurch besser leimen.<br />

Erwärmen von Leim<br />

auf dem Ofen erwärmen<br />

Auf sehr dichtem Holz (Buchs, Ebenholz, Pockholz) hält der Leim schlecht. Der gelierte, noch wasserhaltige Leim<br />

kann durch feuchte Wärme wieder verflüssigt werden <strong>und</strong> dadurch eine verschobene Verleimung noch korrigiert<br />

werden. Der gleiche Effekt wurde früher beim Furnieren gebogener Teile ausgenützt, da der angewärmte<br />

Leimhammer den gelierten Leim auf der Furnierrückseite verflüssigte <strong>und</strong> durch gleichzeitigen Druck angeleimt werden<br />

konnte (ohne aufwendige Zulagen). Oft wurden die Leimflächen extra aufgeraut, weil angeblich dadurch der Leim besser<br />

hält. Solche Leimritzungen sind schon seit 1200 nachweisbar. Das Verleimen von Holz stand früher nur den Tischlern zu<br />

<strong>und</strong> war eine wichtige Unterscheidung zu den Zimmerleuten. Vergolder benutzten früher gerne Pergament- oder<br />

Handschuhleim mit Gummi arabicum.<br />

Leimzusätze<br />

Durch verschiedene Zusätze ändern sich die <strong>Eigenschaften</strong> des Glutinleims. Wird <strong>Knochenleim</strong> während der<br />

Verarbeitung Alaun, Chromalaun, Kaliumbichromat, Gerbsäure zugesetzt, wird dieser nach dem Austrocknen<br />

wasserunlöslich. Alkoholzusätze während dem Leimen verflüssigen die Lösung <strong>und</strong> sorgen für ein besseres Eindringen.<br />

Mit Royal Glue wird ein Warmleim bezeichnet, welcher mit Essigsäure behandelt <strong>und</strong> dem Alkohol <strong>und</strong> Glycerin zugesetzt<br />

wurde. Der Chromleim ist zudem kaltflüssig. Ebenso erzeugt die Zugabe von Salzsäure einen kaltflüssigen Leim, welcher<br />

aber an Bindekraft verliert. Durch einen Zusatz von 40 %iger Essigsäure wird der Schmelzpunkt auf 21° C erniedrigt <strong>und</strong><br />

die Klebkraft nimmt sogar um 20 % zu. Calciumchlorid erzeugt ebenfalls einen kaltflüssigen Leim mit weniger<br />

Klebkraft. Eine Harnstoffzugabe senkt den Schmelzpunkt auf 14,5 °C, wodurch ein kaltflüssiger Leim entsteht.<br />

Dem normalen Tischlerleim wurde Leinölfirnis zugesetzt, wenn er feuchtefest sein sollte. Ein Zusatz von<br />

Zinksulfat diente als Konservierungsmittel. Der früher teilweise vorhandene Fettanteil (2-10 %) hatte positive<br />

<strong>Eigenschaften</strong>, wie weniger Schaumbildung <strong>und</strong> ein weicheres Produkt zur Folge. Diese gewünschten <strong>Eigenschaften</strong><br />

gingen durch die moderne <strong>Knochenleim</strong>produktion verloren. Ein Zusatz von Glyzerin erhöht die Elastizität des fertigen<br />

Leims <strong>und</strong> führt zu einem kautschukartigen Produkt, welches früher den Silikon beim Abformen ersetzte. Dunkelbrauner<br />

bis schwarzer Leim wurde zu stark erhitzt, was oft durch Gummigut oder durch Bleichen mit schwefliger Säure optisch<br />

rückgängig gemacht wurde. Ein Überzug der Leimtafeln mit Kalkmilch sollte vor Fäulnis schützen.<br />

<strong>Eigenschaften</strong><br />

Wird Leim während der Herstellung oder Verarbeitung zu stark bzw. zu lange erhitzt verliert er an Bindekraft. Glutinleim<br />

zeichnen sich beim Trocknen durch eine hohe Oberflächenspannung aus. Dies ist oft ein Nachteil, weshalb schon<br />

lange nach Weichmachern gesucht wurde. Erste Versuche die Festigung von wurmbefallenem Holz mit Leim<br />

durchzuführen, zeigten aufgr<strong>und</strong> der großen Oberflächenspannung kein befriedigendes Ergebnis. Neuer Leim<br />

zeigt kaum Fluoreszenz im Gegensatz zu alten bzw. mit UV-Licht gealterten Leimen, welche dann hauptsächlich<br />

gelbgrünlich erscheinen. Leinölzusatz hat keinen Farbeinfluß. Die manchmal blaue Fluoreszenzfarbe der Leime<br />

unter Furnieren ist bisher nicht zu erklären. Die Wiederlöslichkeit der Leime ist direkt von der Verdünnung<br />

während des Auftrags abhängig. Hohe Konzentrationen bleiben löslicher als große Verdünnungen wie in<br />

Leimlöschen. Um schwer lösliche, wasserfeste Leime, wie beispielsweise <strong>Knochenleim</strong> mit Alaunzusatz oder Kalkkasein<br />

zu lösen, können Enzyme eingesetzt werden. Hier steht beispielsweise durch die Albertina-Kompresse jetzt schon ein<br />

praktikables Produkt zur Verfügung.


<strong>Kasein</strong>leim<br />

<strong>Kasein</strong> (Käsestoff) ist der wichtigste Eiweißstoff der Milch, welcher zusätzlich Phosphor enthält. Er ist in Wasser quellbar,<br />

aber durch das Phosphor wasserunlöslich <strong>und</strong> muss daher mit Hilfe von alkalischen Verbindungen wie Kalk,<br />

Salmiakgeist oder Borax aufgeschlossen, d.h. löslich gemacht werden. Mit Kalk aufgeschlossenes <strong>Kasein</strong>, sog.<br />

Kalkkasein, das man früher als Kaltleim verwendete, bildet eines der beständigsten Bindemittel für die<br />

Wandmalerei auf bereits trockenem Putz <strong>und</strong> für Fassadenanstriche. Als feuchtefester Leim taucht Kalkkasein schon<br />

sehr früh in der Literatur auf. Etwas weniger witterungsbeständig sind die mit anderen Alkalien aufgeschlossenen<br />

<strong>Kasein</strong>leime, welche früher u.a. zum Bemalen von Bauernmöbeln verwendet wurden <strong>und</strong> zum Teil heute noch in Farben<br />

(beispielsweise „Plaka“) enthalten sind. Früher wurde <strong>Kasein</strong> aus Quark <strong>und</strong> zumeist Kalk direkt hergestellt. Heute<br />

ist <strong>Kasein</strong>leim als Pulver erhältlich, welches 1:1 in Wasser eingerührt wird. Der angerührte Leim ist nicht lange haltbar<br />

<strong>und</strong> sollte nicht in Eisen- oder Kupfergefäßen aufbewahrt werden, da diese angegriffen werden. Während der Trocknung<br />

soll das verleimte Objekt mindestens drei St<strong>und</strong>en eingespannt bleiben <strong>und</strong> erst nach 24 St<strong>und</strong>en ist die Leimfuge<br />

belastbar. <strong>Kasein</strong> verfärbt gerbsäurehaltige Hölzer wie Eiche. Es gibt relativ viele historische Rezepte mit <strong>Kasein</strong>,<br />

aber wenig Objekte, bei denen er bisher nachgewiesen werden konnte. Am bekanntesten sind wohl die <strong>Kasein</strong>festigungen<br />

von Wandmalereien um 1900. Bei historischen Rezepten wird neben frisch gelöschtem Kalk auch Holzasche<br />

zugesetzt. In alten Rezepten wird <strong>Kasein</strong> auch Käsekalk, Quarkleim, Käsegummi <strong>und</strong> Casigomme genannt. Ein<br />

typisches Rezept besteht aus 3 Teilen Quark <strong>und</strong> 1 Teil Sumpfkalk.<br />

<strong>Kleister</strong><br />

Bei historischen <strong>Kleister</strong>rezepten wird Mehl oder Stärke mit Wasser aufgekocht, wobei die Masse verkleistert, dick wird<br />

<strong>und</strong> Klebekraft entwickelt. Der gleiche Prozess wird beim Puddingkochen benutzt, wobei Stärke als<br />

Verdickungsmittel erst durch das Kochen aufgeschlossen werden muss. Wenn Mehl ohne Wasser erhitzt wird, entsteht<br />

ein gelbliches, wasserlösliches Produkt mit guter Klebekraft, das Dextrin. Der gleiche Prozess wird beim<br />

Kochen, zum Verdicken von Soßen durch die Mehlschwitze, benutzt. Dextrin lässt sich aus jeder Stärke herstellen.<br />

Besonders geeignet ist die Kartoffelstärke, welche bei maximal 200° C in einer Pfanne geröstet oder mit verdünnten<br />

Säuren hergestellt wird. Sie wird in Wasser gelöst <strong>und</strong> dient als Klebeoder Verdickungsmittel für Farben <strong>und</strong> Beizen.<br />

Andere <strong>Anwendung</strong>sgebiete sind das Gummieren von Briefmarken, das Stärken von Textilien, das Glasieren von<br />

Karton, etc. <strong>Kleister</strong> wurde hauptsächlich bei der Verarbeitung von Papier als Klebemittel verwandt. Daneben<br />

wurde das Pigment Florentiner-Lack u.a. auch mit Stärkekleister geb<strong>und</strong>en. Heutige <strong>Kleister</strong>typen bestehen aus<br />

Celluloseprodukten wie Methylzellulose. Sie zeichnen sich durch eine gute Klebekraft, geringe Oberflächenspannung<br />

aus <strong>und</strong> werden auch als „Farbenleim“ oder „Malerleim“ gehandelt.<br />

Moderne Leime<br />

Die heute gebräuchlichen Weißleimtypen (beispielsweise „Ponal“) wurden seit 1948 verwendet <strong>und</strong> sind Polyvinylacetate,<br />

welche beim Altern Essigsäure abgeben <strong>und</strong> durch Polymerisation unlöslicher werden. Solche<br />

Produkte waren auch unter den Namen Dorus, Blancol, Crylacolle oder Syncoll im Handel. Ab 1885 bis 1935 gab<br />

es auch Kuriositäten wie Blutalbumin-Leime für die Sperrholzproduktion. Der bei Schreinern beliebte Kauritleim kommt ab<br />

1931 auf den Markt, um nur wenige Beispiele für die große Menge der modernen Leime zu nennen, welche die<br />

Warmleime heute, fast komplett, verdrängt haben.<br />

Verwendete Literatur :<br />

- E. Frey (Hrsg.): Luegers Lexikon der gesamten Technik, Berlin 1927³, Band 3, S. 508f.<br />

- Karmarsch, Karl: Handbuch der mechanischen Technologie. Hannover 1857. S. 739-742<br />

- Leuchs, Johann Carl: Allgemeines Waaren-Lexicon, oder vollständige Waarenk<strong>und</strong>e, 1. Theil A-M, Nürnberg 1826, S. 733ff. -<br />

Maltechnik/Restauro Heft 2 1986 S. 63-71<br />

- Meyers Konversations-Lexikon, 17 Bände, Leipzig 1897<br />

- Merck´s Warenlexikon, Leipzig 1920<br />

- Christoph Pitzen: Warmleimmodifikationen, Diplomarbeit FH Köln1991<br />

- Restauratorenblätter Österreichs, Band 10, S. 119ff.<br />

- Franziska v. Schinkel: Sperrholz, Bildträger in der Malerei, Diplomarbeit<br />

- Walch <strong>und</strong> Koller: Lacke des Barock <strong>und</strong> Rokoko, München 1997, S. 297-304<br />

- Kurt Wehlte: Werkstoffe <strong>und</strong> Techniken der Malerei 1967<br />

- Zedler`s Unversal-Lexicon, 57 Bände, Leipzig 1732-1748, Band 17, S. 1587ff.<br />

Adressen u.a.:<br />

Farbmühle Kremer, Hauptstr. 41-47, D-88317 Aichstetten/Allgäu, Tel.: 07565/1011 FAX<br />

1606, mail: kremer-pigmente@t-online.de, Internet: http://www.kremer-pigmente.de

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