WANDERUNGSGESCHWINDIGKEIT - Institut für Physikalische ...
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TU Clausthal<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
Praktikum Teil A und B 13a. <strong>WANDERUNGSGESCHWINDIGKEIT</strong> Stand 11/04/2012<br />
<strong>WANDERUNGSGESCHWINDIGKEIT</strong><br />
1. Versuchsplatz<br />
Komponenten:<br />
- U-Rohr<br />
- Vorratsgefäß zum Unterschichten<br />
mit der KMnO4-Lösung<br />
- 2 Elektroden<br />
- KMnO4-Lösung<br />
- KNO3-Lösung<br />
2. Allgemeines zum Versuch<br />
Besteht zwischen zwei Elektroden, die<br />
voneinander den Abstand 1 haben, die<br />
elektrische Potentialdifferenz ϕ, so kann man, Homogenität des elektrischen Feldes<br />
vorausgesetzt, <strong>für</strong> die Feldstärke formulieren:<br />
E<br />
l<br />
ϕ →<br />
=<br />
Befindet sich zwischen den Elektroden eine Elektrolytlösung, so erfahren die Ionen nach dem<br />
Einschalten des Stromes eine Kraft in Richtung auf die Elektroden. Die Lösung übt aufgrund<br />
ihrer Viskosität eine der Relativgeschwindigkeit proportionale Gegenkraft aus. Die sich<br />
einstellende Geschwindigkeit υ ist dann von der Potentialdifferenz abhängig. Das bedeutet, dass<br />
die Bremskraft (Reibungskraft) FR den gleichen Betrag wie die auf das Ion mit der Ladung q<br />
wirkende elektrische Kraft Fel hat und dieser entgegengerichtet ist.<br />
Es gilt also:<br />
r r<br />
FR = R⋅<br />
υ<br />
(R = Reibungskonstante)<br />
r<br />
F<br />
el<br />
r<br />
= q⋅<br />
E<br />
Im stationären Fall (zeitlich konstante Driftgeschwindigkeit) gilt<br />
r r<br />
F = F<br />
R<br />
el<br />
und daher:<br />
r q r r<br />
υ = ⋅ E ≡ u⋅<br />
E<br />
R<br />
Demzufolge ist im stationären Zustand die mittlere Wanderungsgeschwindigkeit υ r der Ionen<br />
dem angelegten elektrischen Feld E r proportional. Der Proportionalitätsfaktor u wird als<br />
Ionenbeweglichkeit bezeichnet und hat die Einheit [u] = cm 2 s –1 V –1 .<br />
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Praktikum Teil A und B 13a. <strong>WANDERUNGSGESCHWINDIGKEIT</strong> Stand 11/04/2012<br />
Im Einheitsfeld von 1 V cm –1 ist die Beweglichkeit u zahlenmäßig gleich der Wanderungsgeschwindigkeit<br />
υ. Da die Beweglichkeiten der verschiedenen Ionenarten eines Elektrolyten –<br />
und damit deren Wanderungsgeschwindigkeiten – im Allgemeinem nicht gleich sind, ist <strong>für</strong> jede<br />
Ionensorte gesondert zu formulieren:<br />
r<br />
υ −<br />
r<br />
= u− E<br />
r<br />
υ = u<br />
r<br />
E<br />
+ +<br />
Bei hinreichend niedrigen Feldstärken ist die Ionenbeweglichkeit unabhängig von der Feldstärke,<br />
jedoch eine Funktion von Druck, Temperatur und Konzentration. Über die Ionenbeweglichkeit<br />
wird mit der Faradaykonstante F und der Ladungszahl z des betreffenden Ions die molare<br />
Ionenleitfähigkeit<br />
λ± = F · u± |z±|<br />
(mit [λ] = cm 2 Ω –1 mol –1 = cm 2 S mol –1 ) eingeführt und das Kohlrauschsche Gesetz der<br />
unabhängigen Ionenwanderung formuliert:<br />
∞ 0 0<br />
Λ =ν+ λ + +ν−λ −<br />
ν ist dabei der stöchiometrische Koeffizient der betreffenden Ionensorte (siehe Praktikumsversuch<br />
„LEITFÄHIGKEIT“).<br />
Das Gesetz der unabhängigen Ionenwanderung besagt, dass sich die molare Leitfähigkeit Λ ∞<br />
0<br />
eines Elektrolyten additiv aus den Leitfähigkeitsanteilen λ + der einzelnen Ionensorten<br />
zusammensetzt. Der Index „∞“ weist jedoch auf die Einschränkung hin: Das Gesetz ist nur <strong>für</strong><br />
ideal verdünnte Lösungen gültig. Bei einem Elektrolyten mit derart geringer Konzentration<br />
lassen sich elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den Ionen vernachlässigen, so dass die<br />
Bremskraft FR allein auf die Reibung zurückzuführen ist. Für kugelförmige Teilchen gilt in<br />
diesem idealisierten Fall das Reibungsgesetz von Stokes:.<br />
r r<br />
F = 6πηr<br />
υ<br />
R hyd<br />
η ist die Viskosität des Lösungsmittels und rhyd der „hydrodynamische Radius“. Für eine ideale<br />
Kugel ist der hydrodynamische Radius gleich dem geometrischen Radius. Hat das Ion die<br />
Ladung ze, so gilt <strong>für</strong> die Ionenbeweglichkeit<br />
ze<br />
u =<br />
6πηrhyd Damit ist der hydrodynamische Ionenradius rhyd experimentell zugänglich. Der hydrodynamische<br />
Radius ist oft größer als der Ionenradius, welcher sich durch Röntgenbeugung an<br />
den entsprechenden Salzkristallen ergibt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Ionen<br />
hydratisiert sind und die Hydrathülle bei der Wanderung mitgeführt wird.<br />
Es soll der Wanderungsgeschwindigkeit von Permanganat-Ionen bestimmt werden, indem<br />
man die zeitliche Verschiebung der Grenzfläche zwischen einer KMnO4-Lösung und einer<br />
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KNO3-Lösung im elektrischen Feld misst. Dabei kommt es darauf an, dass sich eine scharfe<br />
Grenzfläche zwischen den beiden Lösungen ausbildet, die gut zu beobachten ist. Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> sind zum einen ein hinreichend großer Dichteunterschied und zum anderen etwa gleiche<br />
Wanderungsgeschwindigkeit der Anionen. Aufgrund der unterschiedlichen Beweglichkeiten der<br />
– –<br />
MnO4 und NO3 -Anionen lässt sich dies nur bewerkstelligen, wenn die Feldstärken in den<br />
beiden Lösungen verschieden sind:<br />
u<br />
u<br />
→<br />
υ<br />
→<br />
υ<br />
NO<br />
−<br />
NO3<br />
−<br />
MnO 4<br />
−<br />
3<br />
MnO<br />
−<br />
4<br />
=<br />
= u<br />
=<br />
→<br />
E<br />
→<br />
E<br />
−<br />
NO3<br />
u<br />
MnO<br />
NO<br />
⋅<br />
−<br />
MnO 4<br />
−<br />
4<br />
−<br />
3<br />
3<br />
→<br />
E<br />
→<br />
⋅ E<br />
−<br />
NO3<br />
−<br />
MnO 4<br />
⎫<br />
⎪<br />
⎬<br />
⎪<br />
⎭<br />
→<br />
υ<br />
−<br />
NO3<br />
=<br />
→<br />
υ −<br />
MnO 4<br />
Das Verhältnis der Feldstärken ist jedoch durch das Verhältnis der Konzentrationen in den<br />
beiden Lösungen bestimmt, da die konzentrationsabhängige spezifische Leitfähigkeit über den<br />
Spannungsabfall im Elektrolyten die Feldstärke beeinflusst (Abb. 1).<br />
Es kann formuliert werden:<br />
→ Δϕ −<br />
MnO<br />
−<br />
4<br />
E MnO4<br />
=<br />
l2<br />
→ Δϕ −<br />
NO<br />
−<br />
3<br />
E NO3<br />
=<br />
l1<br />
Durch Konzentrationsänderungen werden also die Leitfähigkeit und dadurch der Spannungsabfall<br />
und letztlich die Feldstärke beeinflusst. Die oben angesprochene Grenzflächenstabilität<br />
wird demnach durch die richtige Wahl der Konzentrationen der Elektrolyse gewährleistet. Um<br />
die Durchführung des Versuches zu vereinfachen, wurden zwei Elektrolyte gewählt, bei denen<br />
die Beweglichkeiten der Anionen annähernd gleich groß sind, so dass gleiche Konzentrationen<br />
verwendet werden können. Dennoch sind in der Praxis die<br />
Wanderungsgeschwindigkeiten der beiden Anionen meist<br />
nicht exakt gleich groß. Deshalb wird der Versuch in einem<br />
+<br />
U-Rohr durchgeführt, in dem zwei Grenzflächen auftreten.<br />
Auch wenn die Wanderungsgeschwindigkeiten geringfügig<br />
-<br />
NO3 l1<br />
Δϕ<br />
−<br />
NO3<br />
differieren, wird sich in einem Schenkel eine relativ scharfe<br />
Grenzfläche ausbilden, (dort nämlich, wo die schnellen<br />
Anionen vorauseilen). Im übrigen haben exakte Messungen<br />
MnO<br />
-<br />
4 l2<br />
Δϕ<br />
−<br />
MnO4<br />
ergeben, dass auch eine mehr oder weniger diffuse<br />
Grenzschicht die Genauigkeit der Messung nicht<br />
-<br />
beeinträchtigt, wenn nur gewährleistet ist, dass an den beiden<br />
Abb. 1
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Endpunkten der Messstrecke immer die gleiche Stelle innerhalb der Grenzschicht zur Messung<br />
herangezogen wird.<br />
3. Orientieren Sie sich über:<br />
- Elektrische Leitfähigkeit<br />
- Ionenbeweglichkeit im elektrischen Feld<br />
- Faradaysche Gesetze<br />
- Viskosität von Flüssigkeiten<br />
4. Literatur<br />
Atkins P.W. <strong>Physikalische</strong>n Chemie, 4. Aufl.<br />
Kap. 21.2.2: Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen<br />
Wedler G. Lehrbuch der <strong>Physikalische</strong>n Chemie, 5. Aufl.<br />
Kap. 1.6: Einführung in die Elektrochemie<br />
Hamann C.H, Vielstich W. Elektrochemie, Kap. 2.3.6<br />
5. Aufgabe<br />
Es ist die Wanderungsgeschwindigkeit des Permanganat-Ions zu messen. Daraus sind die<br />
Ionenbeweglichkeit u, die molare Ionenleitfähigkeit λ und der Ionenradius rhyd zu bestimmen.<br />
6. Versuchsdurchführung<br />
Man füllt das U-förmige Elektrolysiergefäß zunächst bis etwa zur Hälfte mit 0.003 n KNO3-<br />
Lösung. Diese unterschichtet man dann langsam durch sehr vorsichtiges Öffnen des Hahnes mit<br />
der im Trichter befindlichen KMnO4-Lösung. Die Schichtgrenzen müssen sich dabei möglichst<br />
scharf ausbilden. Nach Anlegen einer Gleichspannung von 110V wird die eine Grenzschicht<br />
sich heben (welche?), die andere sich senken. Man liest 20 min lang alle 5 min die<br />
Verschiebungen ab und bildet deren Mittelwert. Schließlich misst man mit Hilfe eines<br />
entsprechend gebogenen Drahtes außen am Gefäß den Abstand d der Elektroden voneinander.<br />
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7. Auswertung<br />
Aus den beobachteten Verschiebungen werden die Wanderungsgeschwindigkeiten v<br />
berechnet. Aus diesen 8 Werten wird nun die mittlere Wanderungsgeschwindigkeit 〈v〉<br />
bestimmt. Daraus lassen sich mit Hilfe der angegebenen Formeln die zu bestimmenden Größen<br />
errechnen (Elementarladung e = 1.6×10 -19 C, Viskosität des Wassers η = 10 -3 Pa·s).<br />
Der Fehler <strong>für</strong> die mittlere Wanderungsgeschwindigkeit ergibt sich nach Ermittlung der<br />
Standardabweichung Δv, ausgehend von den 8 einzelnen Wanderungsgeschwindigkeiten. Fehler<br />
<strong>für</strong> die Ionenbeweglichkeit Δu, die molare Ionenleitfähigkeit Δλ und den Ionenradius Δrhyd<br />
berechnen sich mit Hilfe des Fehlerfortpflanzungsgesetzes<br />
5<br />
2 2<br />
⎛⎛∂u⎞ ⎞ ⎛⎛∂u ⎞ ⎞<br />
Δ u = ⎜ Δ v + Δd<br />
⎜⎜ ⎟ ⎟ ⎜⎜ ⎟ ⎟<br />
⎝∂v⎠ ⎟ ⎜⎝∂d ⎠ ⎟<br />
⎝ d, ϕ ⎠ ⎝ v,<br />
ϕ ⎠<br />
Hierbei wurde angenommen, dass die verschiedenen Fehlerquellen unkorreliert sind. Δd<br />
beschreibt den mittleren Fehler bei der Messung der Drahtlänge. Weiterhin gilt<br />
8. Wichtige Hinweise<br />
⎛∂λ ⎞<br />
Δλ = ⎜ ⎟⋅Δu,<br />
⎝∂u⎠ ⎛∂rhyd ⎞<br />
Δ rhyd = ⎜ ⎟⋅Δu<br />
⎝ ∂u<br />
⎠<br />
Die Elektroden sind zunächst auf die Apparatur aufzustecken, bevor sie mit den Polen der<br />
Spannungsquelle (Vorsicht !!! 110 V Gleichstrom) verbunden werden.<br />
Bei der Polung ist zu beachten, dass die Elektrode auf der Seite der ungünstiger ausgebildeten<br />
Grenzschicht mit (+) verbunden sein sollte.<br />
Nach Beendigung der Messung ist zunächst die Spannungsquelle auszuschalten! (NOT AUS,<br />
roter Knopf)<br />
9. R/S Sätze der verwendeten Chemikalien<br />
KMnO4-Lösung:<br />
R: 52 Giftig <strong>für</strong> Wasserorganismen<br />
53 Kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben<br />
S: 61 Freisetzung in die Umwelt vermeiden