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Reine Geschmacksfrage - Moritz Hunzinger

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Der bekannte Medienunternehmer empfängt ungezwungen<br />

seine Gäste. Zügig geht es hoch auf die Dachterrasse<br />

im 5.Stock. Starallüren sind <strong>Hunzinger</strong> ebenso fremd<br />

wie aufgesetztes Getue. Und so startet der Abend mit einem<br />

schnörkellosen Glas Menger-Krug Riesling. „Schließlich gibt es<br />

doch fast nichts besseres, als diesen ehrlichen deutschen Sekt.<br />

Das Ganze quasi von nebenan, aus dem Rheingau oder der Pfalz“,<br />

ergänzt <strong>Hunzinger</strong> mit einem leicht schwärmenden Unterton. Im<br />

übrigen sei man den überbewerteten Prosecco mit dem viel zu<br />

hohen Schwefelanteil wohl allmählich leid.<br />

Ganz sachlich der Schwenk zum auslaufenden Thema Nummer<br />

Eins, dem seit 2002 bei der <strong>Hunzinger</strong> Information AG investierten<br />

Großaktionär und Düsseldorfer Verleger Bolko Hoffmann.<br />

<strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong>, rund 25 Jahre Vorstandsvorsitzender der 1.200<br />

Mann-Firma (<strong>Hunzinger</strong> PR, infas-Institut, Fotoagentur action press)<br />

in Frankfurt, schied am 1. April 2004 im Unfrieden über Hoffmanns<br />

Filetierungsstrategie aus. Wie ginge es mit der von ihm<br />

1979 gegründeten Unternehmensgruppe weiter, wenn Hoffmann<br />

nicht peu à peu den Konzern an der Börse übernommen hätte?<br />

<strong>Hunzinger</strong>: „Die Gruppe war mit ihren drei profitablen Geschäftsfeldern<br />

widerstandsfähiger, aber Hoffmann sah das als Einziger<br />

Prominente am Herd<br />

<strong>Reine</strong><br />

<strong>Geschmacksfrage</strong><br />

<strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong> ist PR-Legende. Und immer<br />

Gastgeber gewesen. Und nun erstmals für das<br />

Team des Top Magazins. Hier soll er diesmal<br />

stattfinden, der legendäre „Promi-Koch-Abend“,<br />

in den Räumen des <strong>Hunzinger</strong>-Hauses in der<br />

Holzhausenstraße. Hier hatte bis zum 1. April die<br />

<strong>Hunzinger</strong> Information AG ihren Sitz.<br />

anders“. Nun sei es an der Zeit, das Kapitel <strong>Hunzinger</strong> Information<br />

AG abzuschließen. Und so wäre <strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong> nicht <strong>Moritz</strong><br />

<strong>Hunzinger</strong>, wenn er nicht auch zu diesem Thema ein passendes<br />

Zitat parat hätte: „Jeder hört mal auf. Dinge ändern sich eben. 25<br />

Jahre sind nicht zuletzt auch verdammt harte Arbeit gewesen.“<br />

Das glaubt man ihm. Das Nachrichtenmagazin Spiegel: „Von <strong>Moritz</strong><br />

<strong>Hunzinger</strong> lernen heißt, dem Leben stets das Positive abzuringen“.<br />

Für ein Dasein als „Privatier“ ist der 45jährige Hobbykoch freilich<br />

zu jung, und so kümmert sich <strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong> nun erst mal um<br />

seine neuen Aufgaben: Er hält Aktien von Medienunternehmen<br />

und kümmert sich um seine Immobilien in Berlin-Mitte, die gut<br />

vermietet sind. Selektiert übernimmt er noch Beratungsaufgaben:<br />

Eine interessante kommunikative Herausforderung beispielsweise<br />

ist die spektakuläre Scheidung von Carrie Otto, Noch-<br />

Ehefrau des Hamburger Versandhaus- und Immobilienunternehmers<br />

Alexander Otto. Die mit einem Streitwert von über zwei<br />

Milliarden Dollar teuerste deutsche Scheidung aller Zeiten dürfte<br />

viel Medienecho zur Folge haben. Und damit viel Arbeit für PR-<br />

Profi <strong>Hunzinger</strong>. Berührungspunkte mit dem Versandhausclan?<br />

Für <strong>Hunzinger</strong> kein Thema. Im Gegenteil, sagt er, jede Seite läßt<br />

sich gut beraten. Alexander Otto betreut der Presseanwalt Professor<br />

Matthias Prinz, der das berühmte „Caroline“-Urteil für die<br />

monegassische Prinzessin erstritt.<br />

Nun wird erst mal die zwei Stockwerke weiter unten liegende<br />

Küche in Beschlag genommen. Wie es sich für einen echten Profi<br />

gehört, übernimmt <strong>Hunzinger</strong> – ganz Gentleman – auch am Herd<br />

die Regie. Und ergänzt, fast entschuldigend, „die Zwiebeln hätten<br />

schon mal eine Weile in Ölivenöl gelegen. Nicht zuletzt auch des<br />

Aromas wegen.“ Die Gasflamme erhitzt auf kleiner Stufe den<br />

Wok. Mit flinken Griffen werden die Tomaten gewürfelt und in<br />

die zischenden Zwiebeln gegeben. <strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong> rührt in den<br />

schmorenden Zutaten und gibt nach und nach eine ordentliche<br />

Portion Pfifferlinge hinzu: „Zwei volle Hände pro Person, wie es<br />

sich gehört.“<br />

Fotos: TOP Magazin Redaktion


Fotos: TOP Magazin Redaktion<br />

Schließlich noch Salz und Pfeffer, Rosmarin, Oregano, frischer<br />

grüner Pfeffer, etwas Chili, einen Hauch Knoblauch. „Wie so oft<br />

gilt auch hier: Nicht zu viel, sonst wird der Pilzgeschmack<br />

dominiert“, erklärt der Hausherr, der aus Überzeugung jeden<br />

Handgriff selbst übernimmt. „Ich habe sehr gern die Küche voller<br />

Gäste, aber kochen tue ich lieber allein“, schmunzelt der PR-Chef,<br />

„Das ist einfacher und verhindert im übrigen allzu martialischen<br />

Umgang miteinander.“ Und ergänzt nach einer kurzen Gedankenpause,<br />

„Meine Orientierung ist, emanzipiert kochen und leben. Da<br />

habe ich in den letzten zwei, drei Jahren viel dazu gelernt.“<br />

Keine Chance also für ein Koch-Duell. Macht aber nichts, denn<br />

dafür entschädigt <strong>Hunzinger</strong> seine Gäste nicht nur mit heiteren<br />

Episoden, sondern obendrein mit allerlei Leckerein vorweg. Zum<br />

Beispiel gefüllte Weinblätter, mit Thunfisch in kleinen Paprika<br />

und Tomaten mit Mozarella und frischem Basilikum. Obendrauf<br />

einen winzigen Schuss „Aceto Balsamico di Modena“ und der<br />

Maitre macht erst mal eine kurze Verschnaufpause am Kaminfeuer.<br />

„Pfifferlinge! Ich wollte gern einmal etwas ausprobieren,<br />

was ich noch nie zuvor verarbeitet habe“, und lacht. „Und die<br />

Farfalle sind so schön flatterhaft. Ähnlichkeiten mit dem Koch<br />

sind nicht ausgeschlossen, oder“?<br />

Steht auf und geht schon wieder zurück zum zischenden Wok.<br />

Schwupps, schnell noch den letzten Schluck Riesling in die<br />

schmorenden Tomaten, Deckel zu und weiter geht’s am Herd:<br />

Farfalle „auf den Punkt“. „Nudeln nicht al dente? Nichts ist<br />

schlimmer. Aber auch Tomaten und Pilze dürfen gerade mal ein<br />

paar Minuten sanft angeschmurgelt werden“ erklärt der Pasta-<br />

Liebhaber. Wichtig sei auch ein kräftiger Schluck vom Tischwein.<br />

Und auch noch Sekt? <strong>Hunzinger</strong>, schlagfertig wie immer: „Der<br />

stand eben so frech herum“. Doch keine Frage, der Wechsel zum<br />

Wein hat sich gelohnt: Zum Essen gibt es einen „Chateau Latour a<br />

Pomerol“ aus dem Jahr 1995.<br />

Auf dem Arbeitsblock in der Mitte der Küche liegt auf einem Glastablett<br />

allerhand Krimskrams: Eine hölzerne Limonenpresse,<br />

zwei kleine Safran- und Minzkaraffen, sogar ein Pusteapparat<br />

zum Seifenblasen. Auffällig sind zwei Salz- und Pfefferstreuer aus<br />

Porzellan und Holz und eine Olivenölspritze. Die beispielsweise<br />

war ein Geschenk des bei einem Attentat ums Leben gekommenen<br />

serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic zu <strong>Hunzinger</strong>s<br />

40. Geburtstag. Ansonsten herrscht gnadenlose Ordnung. „Die<br />

Küche soll nicht aussehen wie ein Schlachtfeld. Ganz einfach,<br />

weil es praktischer ist.“ Klingt logisch. Praktisch mag er es überhaupt<br />

am liebsten. Und einfach. Aber nicht bequem. So benutzt<br />

<strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong> beispielsweise so oft es geht sein handliches<br />

„Brompton“-Klapprad, fährt darüber hinaus gerne mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln.<br />

Zu den wichtigen Dingen im Leben des <strong>Moritz</strong> <strong>Hunzinger</strong>s gehört<br />

eben vor allem die perfekte Wohn- und Esskultur. Und noch authentischer<br />

als Lieblingsitaliener „Garibaldi“, „Mutter Ernst“ oder<br />

„Nummer 16“ ist für <strong>Hunzinger</strong> selber kochen und bewirten:<br />

Wohnküche mit Kamin, Esszimmer – die Wohnung im <strong>Hunzinger</strong>-<br />

Haus ist auf die Bewirtung ihrer Gäste ausgerichtet. Ebenfalls zur<br />

persönlichen Note gehört die vor 25 Jahren mit liebevoller Penetranz<br />

begonnene „Stühle“-Sammlung. Fazit? „Ich mag alles was<br />

schön ist. Dazu zählen eben auch Gläser, Tischdekoration und<br />

Stoffservietten. Kochen macht eine wunderbare Stimmung und<br />

ist so herrlich kommunikativ.“<br />

Wahrhaftig, gegessen haben hier schon einige, wie ein Blick in<br />

das Gästebuch verrät. Auch eine <strong>Hunzinger</strong>-Besonderheit: Es gibt<br />

dabei keine Unterscheidung zwischen Freunden und Geschäftspartnern.<br />

„Ob Bundesminister oder Student, bei mir gibt es kein<br />

Klassensystem: Jeder, der bei mir zu Hause ist, wird gleich behandelt.“<br />

Kaum ausgesprochen, tischt Küchenchef <strong>Hunzinger</strong> neu<br />

auf: Zum Abschluss des Abends gibt es Espresso, dazu auf<br />

kleinen Tellern frische Himbeeren mit altem Balsamico und<br />

etwas Pfeffer. Verrückte Kombination? Wohl nur auf den ersten<br />

Blick. Dem Meister entgeht keiner der erstaunten Blicke, „Sind<br />

wir nicht alle manchmal gerne etwas verrückt?“ sh ■<br />

Alles frisch: „Farfalle a la <strong>Hunzinger</strong>“<br />

mit frischen Pfifferlingen für 4–5 Personen<br />

3 kleine Zwiebeln würfeln, in Olivenöl mit Butter und Salz im<br />

Wok glasig dünsten<br />

15 kleine junge Tomaten würfeln, kurz andünsten<br />

2 volle Hände Pfifferlinge (pro Person)<br />

Salz, Pfeffer, Rosmarin, Oregano, Chili, Basilikum, etwas<br />

Knoblauch, grüner Pfeffer, ein Glas Rotwein<br />

500 g Nudeln („Farfalle“) ca. 8 Minuten kochen<br />

abschließend Petersilie und Basilikum darüber streuen

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