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Das Tränken prüfen, wenn Kälber kümmern!

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SERVICE<br />

<strong>Das</strong> <strong>Tränken</strong> <strong>prüfen</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>Kälber</strong> <strong>kümmern</strong>!<br />

Wenn sich <strong>Kälber</strong>probleme in einem Betrieb häufen und nicht durch spezifische Erreger<br />

verursacht werden, liegen häufig Fehler beim <strong>Tränken</strong> vor. Sogenannte «Pansentrinker»<br />

sind meist trinkschwach, sehr krankheits- und durchfallanfällig und <strong>kümmern</strong>.<br />

jbg. <strong>Kälber</strong>verluste sind oftmals<br />

hausgemachte Probleme auf<br />

Milchviehbetrieben. Häufig kommen<br />

viele Faktoren zusammen,<br />

die die <strong>Kälber</strong>gesundheit beeinträchtigen<br />

und Krankheiten hervorrufen.<br />

Wichtig sind vor allem<br />

die ausreichende und zeitgerechte<br />

Biestmilchgabe möglichst bald<br />

nach der Geburt, die Haltung in<br />

kälberfreundlichem Klima (trocken<br />

und zugfrei mit viel Frischluft,<br />

z.B. im Iglu), Sauberkeit – bei<br />

der Geburtshilfe angefangen – im<br />

Umgang mit den <strong>Kälber</strong>n und das<br />

richtige Vorgehen beim <strong>Tränken</strong>.<br />

Fehler beim <strong>Kälber</strong>tränken ziehen<br />

oftmals das sogenannte «Pansentrinken»<br />

nach sich, das sich in Pansenübersäuerung,<br />

Entzündungen<br />

der Pansenschleimhaut und z.T.<br />

Pansenblähungen äussert.<br />

Milch wird im Labmagen<br />

verdaut...<br />

Die Speiseröhre endet beim Kalb<br />

wie bei der erwachsenen Kuh in<br />

einem gemeinsamen Vorhof von<br />

Pansen und Haube. Während des<br />

Saugakts des Kalbes beim Milch-<br />

trinken schliesst sich die Schleimhaut<br />

in diesem Bereich reflexartig<br />

zu einer Rinne, sodass die abgeschluckte<br />

Milch am Panseneingang<br />

vorbei direkt in den Labmagen<br />

gelangt, wo sie durch spezielle<br />

Labfermente verdaut wird. Dieser<br />

Schlundrinnenreflex funktioniert<br />

allerdings nur dann, <strong>wenn</strong> das<br />

Kalb gut saugt, die Milchtemperatur<br />

stimmt und nicht zu viel Milch<br />

aufs Mal abgeschluckt wird.<br />

...und hat im Pansen nichts<br />

verloren!<br />

Kommt es zu einem Überlaufen<br />

der Schlundrinne oder schliesst<br />

sie sich unvollständig, fliesst die<br />

Milch in den Pansen. Dieser ist<br />

beim Saugkalb solange noch unterentwickelt,<br />

bis es anfängt, regelmässig<br />

wiederzukäuen. Erst<br />

dann ist er mit einer stabilen<br />

Pansenflora besiedelt. Milch, die<br />

in den noch unbesiedelten Pansen<br />

gelangt, beginnt dort zu vergären.<br />

Dabei entstehen flüchtige<br />

Fettsäuren und Milchsäure. Der<br />

pH-Wert im Pansen sinkt dadurch<br />

zum Teil bis unter 4. Ein stark<br />

ätzendes Milieu entsteht, was die<br />

Pansenschleimhaut extrem reizt.<br />

Sie wird stark entzündet, Teile der<br />

Schleimhaut können sich bisweilen<br />

sogar ganz ablösen. Ähnlich<br />

wie die Magenschleimhautentzündung<br />

beim Menschen ist diese Erkrankung<br />

auch für die <strong>Kälber</strong> sehr<br />

schmerzhaft. Nimmt der Tierarzt<br />

bei diesen Tieren eine Spülung<br />

des Pansens vor, bei der der saure<br />

Inhalt aus dem Pansen entfernt<br />

wird, kann er ihnen meist schnell<br />

Erleichterung verschaffen.<br />

Pansentrinker haben<br />

deutliche Schmerzen<br />

Ausdruck der Schmerzen kann<br />

aufgekrümmtes Stehen, Zähneknirschen,<br />

Leer- oder Scheinwiederkäuen<br />

und das fast zwanghafte<br />

Benagen von Stroh oder Gegenständen<br />

sein. Die betroffenen<br />

<strong>Kälber</strong> sind lustlos, haben keinen<br />

Appetit und werden dadurch<br />

krankheitsanfällig. Sie bekommen<br />

ein struppiges Fell und beginnen<br />

zu <strong>kümmern</strong>. Manchen <strong>Kälber</strong>n<br />

beginnen bei länger anhaltendem<br />

Leiden die Haare auszufallen.<br />

Der Schlundrinnenreflex funktioniert umso besser, je stärker die Saugbewegungen des Kalbes sind.<br />

Dadurch, dass die Verdauung<br />

gestört ist, setzen Pansentrinker<br />

häufig grosse Mengen an grauem,<br />

lehmartigem Kot ab. Nicht selten<br />

erkranken sie dann an Durchfall.<br />

Tränkefehler, die zum<br />

Pansentrinken führen<br />

Betriebe, die häufig mit <strong>kümmern</strong>den,<br />

kränklichen oder appetitlosen<br />

<strong>Kälber</strong>n kämpfen, sollten<br />

dringend ihre Vorgehensweise<br />

beim <strong>Kälber</strong>tränken in folgenden<br />

Punkten über<strong>prüfen</strong>: Welche<br />

Mengen Milch werden vertränkt,<br />

wie schnell kann das Kalb diese<br />

Tränkemengen saufen, in welcher<br />

Haltung müssen die <strong>Kälber</strong> beim<br />

Trinken stehen, welche Temperatur<br />

hat die Milch? Oberste<br />

Priorität kommt der vertränkten<br />

Milchmenge zu. Vor allem kleine<br />

oder neugeborene <strong>Kälber</strong> sind<br />

unbedingt öfters am Tag (mind.<br />

3x) mit kleineren Mengen Milch<br />

(max. 1,5l) zu versorgen, ansonsten<br />

kann der Labmagen quasi nach<br />

oben in den Pansen überlaufen. Als<br />

Faustregel gilt: 10% des Körpergewichts<br />

eines Kalbs ist die ma-


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Häufen sich im Betrieb trinkschwache, krankheitsanfällige<br />

und <strong>kümmern</strong>de <strong>Kälber</strong>, die auf das<br />

Pansentrinken zurückzuführen sind, sollten<br />

folgenden Punkte überprüft und angepasst werden:<br />

• Kleine und neugeborene <strong>Kälber</strong> werden mehrmals täglich mit<br />

kleinen Mengen Milch getränkt<br />

• Die Milchmenge, die pro Tag vertränkt wird, entspricht maximal<br />

10% des Körpergewichts des Kalbs<br />

• Es wird ein Tränkeeimer mit Sauger verwendet, der ein hastiges<br />

Saufen unterbindet, bzw. dessen Öffnung nicht zu gross ist<br />

• Die Sauger werden frühzeitig gewechselt<br />

• Die <strong>Kälber</strong> können beim Saufen gerade mit leicht angehobenem<br />

Kopf stehen<br />

• Die Milchtemperatur (bei unbehandelter Vollmilchtränke) beträgt<br />

38–40 °C<br />

• Trinkschwache <strong>Kälber</strong> werden nicht zwangsgetränkt bzw. gedrencht<br />

• Im Betrieb befinden sich nicht vermehrt trink- bzw. lebensschwache<br />

<strong>Kälber</strong>, z.B. wegen Selenmangel o.Ä.<br />

ximale Milchmenge, die am Tag<br />

vertränkt werden sollte. Sprich:<br />

Ein Kalb mit 50kg Lebendmasse<br />

sollte nicht mehr als 5 Liter Milch<br />

pro Tag erhalten. Für die rasche<br />

Entwicklung zum Wiederkäuer<br />

ist die maximale tägliche Tränkemenge<br />

zudem auf 6 Liter zu begrenzen.<br />

Wie oben beschrieben,<br />

funktioniert der Schlundrinnenreflex<br />

umso besser, je stärker die<br />

Saugbewegungen des Kalbs sind.<br />

<strong>Das</strong> heisst, dass <strong>Kälber</strong>, die aus<br />

einem normalen Eimer getränkt<br />

werden, immer stärker gefährdet<br />

sind, dass die Milch in den Pansen<br />

läuft, als <strong>Kälber</strong>, die aus einem<br />

Tränkeeimer mit Sauger saufen.<br />

Untersuchungen der Uni Bern<br />

haben sogar gezeigt, dass Pansentrinker<br />

alleine durch die Änderung<br />

des Tränkeverfahrens von <strong>Tränken</strong><br />

aus dem Eimer zum <strong>Tränken</strong><br />

mit Nuckel komplett geheilt werden<br />

können. Dennoch ist auch die<br />

Verwendung eines Nuckeleimers<br />

noch keine Garantie dafür, dass<br />

die <strong>Kälber</strong> nicht in den Pansen<br />

trinken. Sehr wichtig ist, dass die<br />

Saugeröffnung nicht so gross ist,<br />

dass das Kalb hastig saufen kann.<br />

Die Sauger müssen daher auch regelmässig<br />

gewechselt werden. Der<br />

Tränkeeimer sollte zudem so positioniert<br />

sein, dass das Kalb gerade<br />

stehend den Kopf leicht nach oben<br />

Pansentrinker sollten möglichst früh mit Fressen beginnen<br />

(Aufzuchtfutter, Heu), damit sich der Pansen rasch entwickelt.<br />

strecken muss, um den Nuckel zu<br />

erreichen. Auch die Milchtemperatur<br />

kann Einfluss auf die Ausbildung<br />

der Schlundrinne haben. Die<br />

optimale Tränketemperatur (bei<br />

unbehandelter Vollmilchtränke)<br />

liegt bei 38–40 °C.<br />

Besonders gefährdet:<br />

trink­ und lebensschwache<br />

<strong>Kälber</strong><br />

Durch die Verknüpfung der Stärke<br />

des Saugens mit der Ausbildung<br />

der Schlundrinne im Pansenvorhof<br />

liegt es auf der Hand, dass auch<br />

trinkschwache <strong>Kälber</strong> gefährdet<br />

sind. Dies erklärt, warum <strong>Kälber</strong>,<br />

die z.B. an starkem Durchfall<br />

leiden, sehr häufig auch am Pansentrinken<br />

leiden. Die daraus resultierenden<br />

Probleme verstärken<br />

dann die ursprüngliche Erkrankung.<br />

Besonders gefährdet werden<br />

trinkschwache <strong>Kälber</strong> dabei<br />

durch das gutgemeinte Einschütten<br />

von Milch oder Elektrolyttränken.<br />

Auch mit dem im Landhandel<br />

erhältlichen «<strong>Kälber</strong>-Drencher»<br />

wird Flüssigkeit quasi direkt in<br />

den Pansen eingegeben. Daher raten<br />

Tierärzte, trinkschwache <strong>Kälber</strong><br />

besser nicht zwangszutränken.<br />

Oft kann mit viel Geduld durch<br />

Stimulation mit den Fingern doch<br />

noch ein Saugreflex ausgelöst<br />

werden. Gelingt dies nicht, sollte<br />

ein solches Kalb bis zum Wiedererlangen<br />

der Sauglust per Infusion<br />

ernährt werden.<br />

Eine Gratwanderung ist das<br />

zwangsweise Eingeben von Biestmilch<br />

bei lebensschwachen <strong>Kälber</strong>n<br />

nach der Geburt. Auf der<br />

der anderen Seite ist eine frühzeitige<br />

Biestmilchversorgung für das<br />

Kalb nahezu lebensnotwendig.<br />

Es gilt auch aus diesem Grund,<br />

lebensschwach geborene <strong>Kälber</strong><br />

so gut es geht zu vermeiden. Dies<br />

beginnt mit der Besamung mit<br />

leichtkalbigen Stieren, setzt sich<br />

fort in der korrekten Versorgung<br />

der Kuh während der Laktation<br />

und der Galtphase sowie in der<br />

fachgerechten Geburtshilfe. Die<br />

Gabe von Vitamin-E-/Selen-Präparaten<br />

in Selenmangelgebieten<br />

ist ein weiterer Punkt, die Vitalität<br />

und die Sauglust der <strong>Kälber</strong> nach<br />

der Geburt zu stärken.<br />

einen Seite besteht o.g. Risiko, auf Schlundrinne beim Kalb<br />

Vorallem neugeborene <strong>Kälber</strong> müssen öfters am Tag mit kleineren<br />

Mengen versorgt werden.

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