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Mitbestimmen! Methodensammlung für partizipative Pädagogik

Herausgegeben von: Österreichische Gesellschaft für das Schöpferische Spiel Ballgasse 2, 1010 Wien ZVR 685080381

Herausgegeben von:
Österreichische Gesellschaft für das Schöpferische Spiel
Ballgasse 2, 1010 Wien
ZVR 685080381

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MITBESTIMMEN!<br />

<strong>Methodensammlung</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>partizipative</strong> <strong>Pädagogik</strong>


Impressum:<br />

Österreichische Gesellschaft <strong>für</strong> das Schöpferische Spiel<br />

Ballgasse 2, 1010 Wien<br />

ZVR 685080381<br />

Redaktion:<br />

Christina Schauer<br />

Anna Wegscheider<br />

Grafik & Design:<br />

Daniel Preglau<br />

Karin Blum<br />

Beratend:<br />

Daniela Gruber-Pruner<br />

Martin Müller<br />

Wien, März 2018<br />

unterstützt von


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung ...........................................................................................................................................................4<br />

Eine Geschichte der Mitbestimmung ............................................................................................................6<br />

Theorie und Modelle der Partizipation.........................................................................................................10<br />

Das 1x1 der Projektplanung......................................................................................................................... 13<br />

Gelebte Mitbestimmung............................................................................................................................... 15<br />

Methoden TO GO.......................................................................................................................................... 37<br />

Feedback als Mitbestimmungsmethode..................................................................................................... 69<br />

Weblinks und weiterführende Infos............................................................................................................. 77<br />

EINLEITUNG<br />

3


Einleitung<br />

Einigen hilft alle Welt, doch den meisten fehlt das Geld,<br />

sie müssen dauernd kämpfen <strong>für</strong> ihr Recht.<br />

Darum Kinder aufgepasst, dass Ihr Euch nichts gefallen lasst,<br />

denn keiner ist von ganz alleine blöd!<br />

Dumm geborn ist keiner! Dumm wird man gemacht!<br />

Und wer behauptet: „Dumm bleibt dumm!“, der hat nicht nachgedacht.<br />

Dumm geborn ist keine! Dumm wird man gemacht!<br />

Und wer behauptet: „Dumm bleibt dumm!“, vor dem nehmt Euch in Acht.<br />

Auszug aus dem Lied „Dumm geboren ist keiner“<br />

Text: Volker Ludwig, Musik: Birger Heymann<br />

„DUMM GEBOR‘N IST KEINER! DUMM WIRD MAN GEMACHT!“ In diesem Lied geht es darum,<br />

dass jedes Kind die selben Rechte und Chancen haben soll. Kinder haben Rechte! Diese sind in der<br />

UN Kinderrechtskonvention von 1989 niedergeschrieben. Dabei stellt die Mitbestimmung von Kindern<br />

einen wesentlichen Teil dar. Niedergeschrieben ist das Recht auf Meinung im Artikel 12 und 13 der UN<br />

Kinderrechtekonvention.<br />

Artikel 12 Recht auf Meinung<br />

Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung<br />

zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden<br />

Angelegenheiten frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung des Kindes<br />

angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.<br />

Artikel 13 Recht auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen<br />

Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt<br />

die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut<br />

jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere vom<br />

Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.<br />

Für eine funktionierende Demokratie wollen wir keine Kinder, die sich etwas<br />

gefallen lassen. Wir brauchen Beteiligung und Mitbestimmung von engagierten<br />

jungen Menschen und Rahmenbedingungen, die dieses Engagement<br />

möglich machen. Wir müssen junge Menschen fordern, um aktive, engagierte<br />

und politisch eigenständig denkende Menschen zu werden. Dies kann<br />

nur durch eine Basis geschaffen werden, wo demokratische Beteiligung und<br />

Mitbestimmung von klein auf gelebt werden.<br />

4 MITBESTIMMEN!


Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen bedeutet die verbindliche Einbindung in<br />

Entscheidungsprozessen, von denen sie mittelbar oder unmittelbar betroffen sind.<br />

Aufgrund der Wichtigkeit der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen ist diese <strong>Methodensammlung</strong><br />

entstanden. Es geht um Beteiligung und Partizipation von jungen Menschen in Bereichen,<br />

welche sie direkt betreffen. Diese <strong>Methodensammlung</strong> ist als erster Schritt und als Hilfestellung <strong>für</strong><br />

Menschen gedacht, die mit Kindern und Jugendlichen sowohl im Bildungskontext, als auch freizeitpädagogisch<br />

arbeiten. Zudem enthält diese Sammlung auch einen Abschnitt <strong>für</strong> die Mitbestimmung von<br />

Kindern und Jugendlichen im Familienkontext.<br />

Diese <strong>Methodensammlung</strong> wurde von der Gesellschaft <strong>für</strong> das schöpferische Spiel in Kooperation und<br />

mit der Expertise der Kinderfreunde und Roten Falken Österreich entworfen.<br />

EINLEITUNG<br />

5


Eine Geschichte der<br />

Mitbestimmung der<br />

Österreichischen Kinderfreunde<br />

Partizipation und Mitbestimmung waren seit der Gründung der Kinderfreunde im Jahre 1908 wesentlicher<br />

Bestandteil der pädagogischen Konzepte und der praktischen Arbeit der größten Kinder- und<br />

Familienorganisation Österreichs. Während im ersten Jahrzehnt des Bestehens des Vereins vor allem<br />

der Fürsorgegedanke im Mittelpunkt der Arbeit stand, entwickelten in der Zwischenkriegszeit die Vordenker*innen<br />

der Kinderfreunde revolutionäre pädagogische Ansätze, deren Strahlkraft weit über die<br />

Grenzen Österreichs reichten. Im folgenden Artikel wurde versucht, einen kurzen Abriss über die Geschichte<br />

der Kinderfreunde im Allgemeinen und über das pädagogische Konzept der Mitbestimmung<br />

im Besonderen zu geben. Es werden einige der handelnden Personen vor- und vor allem ein Bezug zur<br />

Gegenwart hergestellt. Bezug wird dabei auf zwei Publikationen von Heinz Weiss genommen: „Das rote<br />

Schönbrunn - Der Schönbrunner Kreis und die Reformpädagogik der Schönbrunner Schule“ und „Otto<br />

Felix Kanitz. Vom jüdischen Klosterschüler zum Top-Roten der Zwischenkriegszeit“ genommen.<br />

Der Beginn<br />

Im Jahr 1908 gründete der Tischler Anton Afritsch<br />

in Graz die Kinderfreunde. Neben der Überwindung<br />

von Not und Elend sowie der Bekämpfung<br />

von Armut und Hunger standen auch erzieherische<br />

Ansprüche im Zentrum der Vereinsarbeit.<br />

Diese Idee breitete sich rasch über ganz Österreich<br />

aus und 1917 wurde Max Winter zum ersten<br />

Reichsobmann gewählt.<br />

Die <strong>Pädagogik</strong> rückt in den Mittelpunkt<br />

Nach dem 1. Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie<br />

wurde 1918 in Österreich die Republik<br />

ausgerufen. Auch innerhalb der Kinderfreunde<br />

begann ein starker Demokratisierungsprozess. In<br />

dieser Aufbruchstimmung schien es keine Grenzen<br />

im Kopf zu geben und geradezu revolutionäre<br />

Ideen wurden geboren. Vor allem der Umgang<br />

mit dem Kind wurde hinterfragt und progressive<br />

Ansätze hielten Einzug in die pädagogische Arbeit<br />

der Kinderfreunde. Junge Menschen begannen<br />

sich <strong>für</strong> <strong>Pädagogik</strong> zu begeistern. Man wollte den<br />

„neuen Menschen“ formen. Frei von Militarismus,<br />

Unterdrückung und Ungleichheit. Somit gab es<br />

<strong>für</strong> die Kinderfreunde zwei Arbeitsfelder: Zum einem<br />

wollte man <strong>für</strong> und mit den Kindern neue<br />

Formen der Betreuung und Erziehung finden,<br />

zum anderen brauchte man dazu progressive Erzieher*innen<br />

und Lehrer*innen, die es ebenfalls<br />

auszubilden galt. In beiden Bereichen stand Mitbestimmung<br />

und Partizipation im Mittelpunkt der<br />

Arbeit. Selbst heute noch als „modern“ geltende<br />

Konzepte und Ideen, etwa „Peer Education“ oder<br />

„verbale Beurteilungen“ wurden von den Kinderfreunden<br />

vor 100 Jahren erfolgreich in ihrer täglichen<br />

Arbeit eingesetzt.<br />

Von der Baracke ins Schloss<br />

Im Sommer 1919 nahm die Geschichte der<br />

Kinderrepublik ihren Anfang. Sie begann in den<br />

Baracken der Ferienkolonie in Gmünd und fand<br />

ihren Höhepunkt im Schloss Schönbrunn, in das<br />

gegen Ende des Sommers Kinder einzogen. Eine<br />

Geschichte, wie von Hollywood erdacht und doch<br />

fand sie genauso statt.<br />

Am Anfang war das Lager<br />

Das Feriencamp Gmünd oder die Ferienkolonie,<br />

wie solche Aktionen damals genannt wurden,<br />

hatte seinen Ursprung in der Landverschickungsaktion.<br />

Die Kinder der Städte waren großteils<br />

arm und unterernährt. Viele hatte der Krieg zu<br />

Waisen gemacht, waren auf der Flucht verloren<br />

gegangen oder wurden unter unklaren Familienverhältnissen<br />

geboren. An jeder Ecke fand man<br />

hungrige, obdachlose Kinder. Selbst jenen, die in<br />

geordneten Familienverhältnissen aufwuchsen,<br />

fehlte es an den materiellen Grundgütern um<br />

6 MITBESTIMMEN!


die Grundbedürfnisse ausreichend befriedigen<br />

zu können. Vor diesem Hintergrund organisierten<br />

die Kinderfreunde und andere Einrichtungen<br />

Landverschickungsaktionen, bei denen die Kinder<br />

ausreichend zu Essen und Erholung fanden. Eine<br />

solche Aktion <strong>für</strong> 1400 Kinder,wie sie in Gmünd<br />

stattfand, war jedoch beispiellos. Ebenso der pädagogische<br />

Anspruch der Kinderfreunde hier etwas<br />

zu schaffen, das über das Stillen des Hungers und<br />

körperlicher Erholung hinausgehen sollte. Um die<br />

Gesellschaft zu verändern, die solch ein Unrecht<br />

zuließ, musste man bei der Erziehung der Kinder<br />

beginnen. „Der neue Mensch“ sollte selbstbestimmt<br />

und frei durchs Leben gehen können.<br />

Im Sommer 1919 wurde im niederösterreichischen<br />

Gmünd die erste Kinderrepublik von Otto<br />

Felix Kanitz ins Leben gerufen. 1400 Arbeiterkinder<br />

waren damals in Barackenlagern (ein Überbleibsel<br />

aus dem 1. Weltkrieg) auf Sommerfrische.<br />

Das junge Team an Erzieher*innen, rund um Otto<br />

Felix Kanitz, nutzte diese Chance um etwas auf<br />

die Beine zu stellen, das es so in Österreich noch<br />

nie gegeben hatte: Ein von Kindern selbstverwaltetes<br />

Feriencamp. Die Kinderrepublik war geboren.<br />

Es lässt sich 100 Jahre später nur erahnen,<br />

wie fortschrittlich diese Ideen <strong>für</strong> diese Zeit waren<br />

und welchen Paradigmenwechsel das bedeutete.<br />

Noch im Vorjahr tobte der Weltkrieg, jahrhundertelang<br />

wurden Kinder geboren, um dem Kaiser zu<br />

dienen. In den Familien war es noch üblich, den<br />

Vater per Sie anzusprechen und die körperliche<br />

Züchtigung von Kindern war nicht nur allgegenwärtig,<br />

die gängige Meinung war sogar, dass es<br />

schändlich sei, Kinder nicht zu schlagen. Die Ideen<br />

der Kinderfreunde waren natürlich auch nicht<br />

unumstritten, gerade von konservativen Kräften<br />

wurden diese Ideen und Projekte bekämpft. Ein<br />

bis heute nicht überwundener ideologischer Gegensatz,<br />

wenn man an die unendlichen Diskussionen<br />

und Reformprojekte im Bildungsbereich<br />

denkt.<br />

Die Kinderrepublik<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es parallel<br />

einige Ansätze der Demokratisierung von Erziehung<br />

und <strong>Pädagogik</strong>. Besonders erwähnenswert<br />

sind hier die Initiativen von Janusz Korczak in<br />

Polen, der ab 1911 sein berühmtes Waisenhaus<br />

demokratisch führte. Ebenso die „George Junior<br />

Republics“ in den USA, welche rund um die<br />

Jahrhundertwende gegründet wurden und die,<br />

zumindest dem Namen nach, bis heute bestehen.<br />

Im deutschsprachigen Raum wurde dieses Konzept<br />

erstmals von den Österreichischen Kinderfreunden<br />

aufgenommen, erweitert und 1919 in<br />

Gmünd umgesetzt. Die Kinder waren bereit, das<br />

Geschehen in ihrer Republik mitzugestalten. Die<br />

1400 Kinder wurden auf zwei Turnusse aufgeteilt.<br />

Heinz Weiss beschreibt in seinem Werk „Das rote<br />

Schönbrunn“ die Kinderrepublik wie folgt: „Die<br />

jeweils 700 Kinder bildeten eine Gemeinschaft<br />

und jedes Haus wählte eine Vertrauensperson.<br />

Die zehn Kindervertrauensleute bildeten mit dem<br />

Leiter der Erholungsstätte den sogenannten Kolonie-Ausschuss,<br />

der Gesetzgebung und Durchführung<br />

in seiner Hand vereinigte. Die Kinderkolonie<br />

hatte ihre Verfassung, die vom Kolonie-Ausschuss<br />

vorgeschlagen und von der Vollversammlung genehmigt<br />

war. In der Vollversammlung wurden anfallende<br />

Probleme besprochen und die Mädchen<br />

und Buben unterstützen in Form der Selbstverwaltung<br />

die jungen Erzieher*innen in ihrer verantwortungsvollen<br />

Aufgabe“.<br />

So war es möglich den Geist der Selbstverwaltung<br />

und Selbstbestimmung in den Kindern zu<br />

verankern. Die jungen Menschen blühten auf und<br />

waren bereit, ihr Leben in einer demokratischen<br />

Gemeinschaft selbst zu gestallten. Einen großen<br />

Schwerpunkt legten die Kinder auf das Thema<br />

„Kunst und Kultur“. Jeden Sonntag fanden Darbietungen<br />

im Rahmen eines Festaktes statt. Dabei<br />

wurden Gedichte vorgetragen, der Kinderchor<br />

trat auf und das „Kolonieorchester“ spielte <strong>für</strong> die<br />

Teilnehmer*innen der Kolonie. Aus heutiger Sicht<br />

bemerkenswert ist das Repertoire dieser Kinder.<br />

Von Kinderliedern bis Schubertliedern, von Gedichten<br />

bis zu Mozart reichten die Vorführungen.<br />

Nicht zu kurz kamen auch die Grundsatzreden<br />

von prominenten Kinderfreunde*innen wie Max<br />

Winter und natürlich den Vertrauensleuten, also<br />

den Kindern selbst. Besonders beachtlich, wenn<br />

man die mangelnde Schulbildung der Kinder bedenkt<br />

und daher durchaus auch als „Leistungsschau“<br />

der Reformpädagogik zu verstehen. Ganz<br />

ohne Drill wurden die Kinder dazu gebracht, außergewöhnliche<br />

Leistungen zu vollbringen und<br />

das nötige Selbstbewusstsein zu entwickeln, dieses<br />

Können auch öffentlich vorzuführen. Das Auditorium<br />

bestand immerhin über 700 Personen,<br />

darunter auch meist einige Prominente. Für viele<br />

Zeitgenoss*innen war es eine völlig abwegige<br />

Vorstellung, Kindern nicht durch Drill und Zucht<br />

schulische Lernziele oder Wissen zu vermitteln.<br />

Mit der Kinderrepublik wurde das Gelingen der<br />

Reformpädagogik jedoch eindrucksvoll belegt.<br />

EINLEITUNG<br />

7


Ein Palast <strong>für</strong> die Reformpädagogik:<br />

Schönbrunn in Kinder(freunde)händen!<br />

Während Otto Felix Kanitz und sein Team in<br />

Gmünd sensationelle Erfahrungen und Erfolge<br />

mit der Kinderrepublik erzielten, tat sich in der<br />

Bundeshauptstadt eine historische Chance auf.<br />

Das Schloss Schönbrunn war seit der Abdankung<br />

von Kaiser Karl im November 1918 offiziell unbewohnt<br />

und in Besitz der jungen Republik übergegangen.<br />

Die hatte aber vorerst andere Sorgen,<br />

als sich darum zu kümmern, welchen Nutzen<br />

das Schloss <strong>für</strong> die Stadt oder den Staat haben<br />

konnte. Es wurde defacto sich selbst überlassen<br />

und schon bald nahmen es Kriegsheimkehrer und<br />

andere obdachlose Menschen in Besitz. Im Frühsommer<br />

1919 versuchte man, Ordnung in diese<br />

Chaos zu bringen. Dem Reichsobmann Max<br />

Winter, er war auch Vizebürgermeister von Wien,<br />

gelang es durch geschicktes Verhandeln einen<br />

sehr großen Teil des Schlosses (84 Räume) <strong>für</strong><br />

die Kinderfreunde zu reklamieren. Jedoch waren<br />

auch viele andere Vereine und Institutionen an<br />

diesen Räumlichkeiten interessiert. So entstand<br />

ein Vertrag, der die Kinderfreunde zum raschen<br />

Handeln zwang: Dieser Vertrag verlangte, dass<br />

das Schloss innerhalb von drei Tagen von den<br />

Kinderfreunden bezogen werden müsse. Otto<br />

Felix Kanitz fuhr daraufhin mit 100 Kindern aus<br />

Gmünd nach Wien, um das Schloss zu beziehen.<br />

Ein langer Zug noch immer schlecht ernährter<br />

und meist schlecht gekleideter Zug von Waisen<br />

und Arbeiterkindern durchtrat am 19. August<br />

1919 das große eiserne Tor vor dem Schloss, um<br />

die 84 Zimmer zu beziehen. In der Folge errichteten<br />

die Kinderfreunde im Schloss Schönbrunn<br />

eine Erzieherschule mit dem Ziel auch die Lehrerschaft<br />

von den reformpädagogischen Ansätzen<br />

zu überzeugen und eine neue Generation an Pädagog*innen<br />

auszubilden. Bis 1924 wurden hier<br />

progressive Lehrkräfte ausgebildet. Später prominente<br />

Menschen unterrichteten hier die angehenden<br />

Pädagogen*innen: Alfred Adler, Wilhelm<br />

Jerusalem, Anton Tesarek, Josef Luitpold Stern<br />

und natürlich Otto Felix Kanitz. Als bekannteste<br />

Absolventen können wohl Karl Popper und Fritz<br />

Kolb genannt werden.<br />

Der Geist der Schönbrunner Schule<br />

Finanzielle Schwierigkeiten sorgten <strong>für</strong> das Aus<br />

der Schönbrunner Erzieherschule im Jahre 1924.<br />

Die Abslovent*innen fanden auch selten im Regelschuldienst<br />

eine Anstellung. Die meisten arbeiteten<br />

später bei den Kinderfreunden. Von 1924<br />

bis 1934 waren die Räumlichkeiten ein Heim <strong>für</strong><br />

Studierende aus aller Welt. 1934 endete die Demokratie<br />

in Österreich. Die Reaktion bekämpfte<br />

alles Progressive. Die Kinderfreunde wurden enteignet.<br />

Noch viel schlimmer als der materielle<br />

Verlust währte jedoch der intellektuelle Verlust.<br />

Otto Felix Kanitz wurde im KZ Buchenwald ermordet,<br />

Max Winter befand sich beim Ausbruch<br />

des Bürgerkriegs in den USA, eine Rückkehr<br />

wurde verunmöglicht und er verstarb verarmt<br />

in Hollywood. Viele andere führende Köpfe der<br />

Reformpädagogik mussten ins Exil oder wurden<br />

von den Nationalsozialisten ermordet. Der Faschismus<br />

und sein Menschenbild warfen die Entwicklung<br />

in der <strong>Pädagogik</strong> um Jahrzehnte zurück,<br />

nicht nur in Österreich. Erst mit den gesellschaftlichen<br />

Aufbrüchen der „68er Generation“ kamen<br />

wieder frische Impulse.<br />

Die Mitbestimmung von Kindern und die partnerschaftliche<br />

Erziehung wirken an vielen Stellen<br />

als Produkt der heutigen Zeit. In Wirklichkeit sind<br />

die Diskussionen darüber so alt wie die die institutionalisierte<br />

Bildung selbst. Jede Zeit formt ihre<br />

Menschen und Bildung und Erziehung sind dabei<br />

wesentliche Gussformen.<br />

Wer weiß, wo wir heute stünden, hätte es nicht<br />

mit dem Faschismus und den 2. Weltkrieg den<br />

Super GAU der Menschheit gegeben.<br />

Wenn wir uns nun 100 Jahre nach der ersten<br />

Kinderrepublik in Österreich beinahe ehr<strong>für</strong>chtig<br />

an diese erinnern, dann müssen wir uns vor<br />

Augen halten, wie visionär und teilweise befremdlich<br />

diese Konzepte den Zeitgenoss*innen<br />

vorgekommen sein müssen. Jeder Vergleich mit<br />

den damaligen Akteuer*innen erscheint wie ein<br />

Sakrileg. Was uns mit den Pionier*innen jedoch<br />

eint, ist das Wissen und das Bewusstsein, dass<br />

kein Weg an Partizipation vorbeiführt. Wenn wir<br />

heute mit Kindern arbeiten, dann ist vieles von<br />

dem, was Kanitz und Co. gefordert haben, anerkannt<br />

und unumstritten (Gewaltverzicht, motivieren<br />

statt Drill, Gruppenarbeiten,...). Einige dieser<br />

Methoden gelten immer noch avantgardistisch<br />

und werden eher in der Erwachsenenbildung als<br />

im Schulunterricht eingesetzt (Z.B. peer education,<br />

Feedbackschleifen, etc.) Andere Forderungen<br />

scheitern immer noch an unterschiedlichen<br />

Ideologien oder dogmatischen Verteidigen von<br />

Privilegien. (gemeinsame Schule <strong>für</strong> alle Kinder,<br />

Ethik statt Religion, verbale Beurteilungen statt<br />

Notendruck, etc)<br />

8 MITBESTIMMEN!


Dieses Methodenset knüpft an diesen großen<br />

Vordenker*innen der Kinderfreunde an. In unseren<br />

Kindergruppen versuchen wir den Geist der<br />

Schönbrunner Schule am Leben zu halten und<br />

deren Ideen auf der Höhe der Zeit zu halten. Mitbestimmung<br />

von Kindern soll unser oberstes Ziel<br />

sein. Die Kinderrepublik wird auch heute noch<br />

jährlich in Döbriach am Millstättersee ausgerufen<br />

und in „Kinderkonferenzen“ legen wir unsere<br />

gesellschaftspolitischen Positionen Kindern altersgerecht<br />

aufgearbeitet vor und lassen diese auch<br />

abstimmen.<br />

In diesem Methodenset finden sich viele unterschiedliche<br />

Best Practice Beispiele von Kindermitbestimmung.<br />

Alle haben eines gemeinsam: Sie<br />

haben schon einmal funktioniert und werden es<br />

wieder tun. Man muss sich nur darauf einlassen.<br />

EINLEITUNG<br />

9


Theorien und Modelle<br />

der Partizipation<br />

Es gibt viele verschiedene Arten der Partizipation und somit auch unterschiedlichste Facetten, über die<br />

oftmals diskutiert wird. Partizipation ist nicht gleich Partizipation und nur weil wir von kindgerechter<br />

Beteiligung sprechen, beinhaltet es nicht automatisch kindgerechte Beteiligung. Um die Analyse allgegenwärtiger<br />

Beteiligungsmethoden und -formen, sowie deren Unterschiedlichkeiten zu vereinfachen<br />

und zu verstehen, beschäftigen wir uns bereits zu Beginn mit diversen Theorien der Partizipation.<br />

Roger Hart und die Stufen der<br />

Partizipation<br />

Der Geograph Roger Hart, dessen Forschung<br />

unter anderem auf die Entwicklung von beteiligungsorientierten<br />

Gemeinschaften fokussiert ist,<br />

teilt verschiedene Partizipationsformen in acht<br />

Stufen ein. Diese reichen von Manipulation bis<br />

Selbstbestimmung und zeigen klar auf, dass mit<br />

dem Ausdruck „Beteiligung von Kinder und Jugendlichen“<br />

unterschiedliche Ausprägungen gemeint<br />

sein können.<br />

Die untersten drei Stufen stellen sogenannte<br />

„Pseudoformen“ der Partizipation dar und zählen<br />

nicht zur tatsächlichen Mitbestimmung, in welchen<br />

Kinder/Jugendliche befragt und ernst genommen<br />

werden.<br />

Die oberen fünf Stufen hingegen werden als wahre<br />

Partizipation bezeichnet.<br />

Manipulation<br />

Erwachsene benutzen Kinder, um ihre eigenen<br />

Ziele zu erreichen. Hier werden die Kinder/Jugendlichen<br />

weder über die Absicht und die Ziele<br />

der jeweiligen Aktion informiert, noch wird<br />

versucht, Verständnis zu schaffen. Sie werden<br />

hauptsächlich zum Zwecke der Aufmerksamkeit<br />

„miteingebunden“ und befragt; dies jedoch ohne<br />

Mitteilung der Ergebnisse.<br />

Dekoration<br />

Dies beschreibt Situationen, in welchen Kindern<br />

und Jugendliche <strong>für</strong> einen bestimmten Zweck<br />

bei Veranstaltungen von Vereinen oder Ähnlichem<br />

singen oder tanzen dürfen. Dies geschieht<br />

oftmals ohne ihnen das Ziel und den Sinn davon<br />

zu erklären und lässt sie als liebe oder talentierte<br />

10 MITBESTIMMEN!


Gruppe erscheinen. In vielen Bereichen ist diese<br />

auch dazu da, um die Existenz einer Vereinigung<br />

zu begründen.<br />

Alibi-Teilnahme<br />

Heranwachsende nehmen an Sitzungen und/oder<br />

Konferenzen teil und sind vermutlich stimmberechtigt.<br />

Ohne spezielle Vorbereitung oder Beratung<br />

mit Gleichaltrigen sollen diese die Gruppen<br />

vertreten (beispielsweise Vertretung einer Altersgruppe).<br />

Sie haben wenig bis keinen Einfluss auf<br />

das Geschehen.<br />

Zugewiesen, aber informiert<br />

Das jeweilige Projekt wird zwar von Erwachsenen<br />

geleitet und bestimmt, aber die Kinder/<br />

Jugendlichen wissen dessen Ziele und auch ihre<br />

Wirkungs- und Handlungsmöglichkeiten. Sie bekommen<br />

bestimmte Aufgaben zugeteilt und werden<br />

gut darüber informiert. Beispiele da<strong>für</strong> wären<br />

etwa Projektausflüge und Thementage in Verbänden<br />

oder offenen Einrichtungen.<br />

Mitwirkung – Information und Konsultation<br />

Die Betroffenen werden im Vorhinein über das<br />

Projektthema befragt und können den Grad ihres<br />

Interesses kundtun, jedoch werden sie im weiteren<br />

Prozess nicht mit einbezogen.<br />

TIPP<br />

Um die Beteiligungsstufe in einem Projekt<br />

zu benennen, können folgende Fragen gestellt<br />

werden:<br />

••<br />

Erhalten die Kinder genügen Informationen?<br />

••<br />

Können Sie ihre Meinung sagen?<br />

••<br />

Werden ihre Meinungen ernst genommen<br />

und in Betracht gezogen?<br />

••<br />

Können sie Entscheidungen treffen?<br />

• • Sind sie da<strong>für</strong> verantwortlich, die Entscheidungen<br />

umzusetzen? Wer kann<br />

zur Rechenschaft gezogen werden?<br />

Mitbestimmung<br />

Das Projekt wird von Erwachsenen initiiert sowie<br />

geleitet. Weitere Entscheidungen werden in Folge<br />

jedoch mit den Jugendlichen gemeinsam getroffen.<br />

Die Meinung der Heranwachsenden wird<br />

ebenso ernst genommen und gleich gewichtet<br />

wie die der Erwachsenen.<br />

Selbstbestimmung<br />

Anders als bei der Form der Mitbestimmung setzen<br />

Kinder/Jugendliche ihre eigenen Ideen alleine<br />

um und sind hier die Initiatoren. Hier wird erstmalig<br />

von einer „Politik von Kindern und Jugendlichen“<br />

gesprochen. (Dobesberger et al., Handbuch<br />

Methoden der Kinder- und Jugendarbeit,<br />

2005: 379)<br />

Gemeinsame Entscheidungen von<br />

Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen<br />

Die Entscheidungsfindung wird hier geteilt und<br />

Projekte können mit Hilfe von Erwachsenen<br />

durchgeführt werden. Dies kann man sich als<br />

Tandem vorstellen. Kinder/Jugendliche arbeiten<br />

selbstständig an einem Projekt, wenn Unterstützung<br />

benötigt wird, leisten Erwachsene eine Hilfestellung.<br />

Diese Form wird im Kapitel „Gelebte<br />

Mitbestimmung“ des Handbuchs erneut aufgegriffen.<br />

Je höher desto besser?<br />

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die<br />

einzelnen Stufen des Models nicht hierarchisch -<br />

je weiter oben desto fortschrittlicher - geordnet<br />

sind. Ein starker Fokus soll dabei stets auf dem<br />

Projektkontext gelegt werden bzw. soll dieser sowie<br />

die persönlichen Möglichkeiten der Teilnehmenden<br />

stets beachtet werden.<br />

Es ist wichtig, die Balance zwischen bereits vorhandenen<br />

und den sich noch entwickelnden Fähigkeiten<br />

zu finden und folglich zu versuchen,<br />

den Grad der Verantwortung festzulegen, die sie<br />

übernehmen können. Anstatt diese Entscheidung<br />

ohne diese zu treffen, kann dies auch in Absprache<br />

mit den Betroffenen geschehen. Das Stufenmodell<br />

soll nicht unbedingt als starres System gesehen<br />

werden. Ein Projekt kann zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten des Prozesses auch auf verschiedenen<br />

Stufen sein.<br />

EINLEITUNG<br />

11


John Huskins und das Modell der progressiven Verantwortung<br />

Der Wissenschaftler John Huskins hat ein Modell entwickelt, welches zeigt, dass die Fähigkeiten und<br />

die Verantwortung einer Gruppe, sei es eine Klasse oder eine Jugendgruppe eines Vereins, wachsen<br />

können. Je mehr Kompetenzen die Kinder und Jugendlichen entwickeln, desto besser können sie Entscheidungen<br />

treffen und Verantwortung übernehmen.<br />

→ Übernahme einer Leitungsrolle oder Peer-Bildung<br />

→ Intensive Gruppenarbeit, initiiert von Jugendlichen<br />

→ Workshops von Jugendlichen organisiert und durchgeführt<br />

Level 7: Leitung<br />

Jugendliche übernehmen volle Kontrolle und<br />

Verantwortung. Unabhängigkeit erreicht.<br />

→ Übernahme von Verantwortung <strong>für</strong> Programmpunkte<br />

→ Gruppenarbeit moderiert von Jugendlichen<br />

→ Themen im Detail bearbeiten<br />

Level 6: Organisation<br />

Jugendliche beginnen, Verantwortung<br />

einzufordern.<br />

→ Aktive Rolle in der Planung und Umsetzung<br />

von Programm<br />

→ Jugendliche entscheiden über Programm<br />

Level 5: Engagement<br />

Jugendliche fangen an, mitzuhelfen und sich<br />

einzubringen.<br />

→ Teilnahme an Aktivitäten basierend auf<br />

Interesse und Bedürfnissen der Jugendlichen<br />

→ Einführung in Partizipation<br />

Level 4: Teilnahme<br />

Programm wird so entwickelt, dass es die von den Jugendlichen<br />

ausgedrückten Bedürfnisse erfüllt.<br />

→ Regelmäßige Diskussion,<br />

basierend auf Vertrauen<br />

→ Regelmäßige Aktivitäten<br />

Level 3: Kontaktpflege<br />

Jugendliche fangen an, Meinungen auszutauschen, Ideen zu testen<br />

und Antworten zu suchen.<br />

→ Regelmäßige Treffen<br />

→ Namen lernen<br />

Level 2: Wiedersehen<br />

Jugendliche und Gruppenhelfer*innen treten in Kontakt, sprechen<br />

miteinander, Austausch und Vertrauen beginnt.<br />

→ Anfangskontakt<br />

Level 1: Kontaktaufnahme<br />

Jugendliche haben Zugang zu Informationen und Möglichkeiten,<br />

das Beziehungsniveau ist niedrig, Jugendliche in Abhängigkeit.<br />

Checkliste<br />

Die folgenden Punkte wurden<br />

aus dem Handbuch<br />

Methoden der Kinder<br />

und Jugendarbeit herausgearbeitet<br />

und <strong>für</strong> dieses<br />

Methodenset in eine<br />

Checkliste von Qualitätsmerkmalen<br />

verarbeitet.<br />

oo<br />

Strikte Freiwilligkeit<br />

oo<br />

Wertschätzung <strong>für</strong> alle<br />

oo<br />

Kompetente Begleitung, die aber nicht bevormundet<br />

oo<br />

Eigeninitiative<br />

oo<br />

Gemeinsame Zielformulierung aller Interessierten und Betroffenen<br />

oo<br />

Keine Instrumentalisierung <strong>für</strong> politische und/oder religiöse Zwecke<br />

oo<br />

Generationen-übergreifender Dialog<br />

oo<br />

Transparenz und Prozessverfolgung<br />

oo<br />

Öffentlichkeitsarbeit: offen und gleichberechtigt<br />

oo<br />

Regelmäßiges Feedback<br />

12 MITBESTIMMEN!


Das 1x1 der<br />

Projektplanung<br />

Das Projekt planen …<br />

Bevor es losgeht, ist eine Projektplanung notwendig. Je nach Größe des Projekts, ist die Planung mehr<br />

oder weniger aufwändig. Wesentlich ist dabei, dass auch bei kleineren Projekten nicht darauf verzichtet<br />

werden soll. Dabei soll euch die folgende Checkliste unterstützen:<br />

Ziel<br />

Was wollen wir erreichen?<br />

Was soll anders sein?<br />

Wer ist unsere Zielgruppe?<br />

Team<br />

Wer macht mit?<br />

Wie oft/in welchen Abständen wollen wir uns<br />

treffen?<br />

Ort<br />

Wo soll das Projekt stattfinden?<br />

Was brauchen wir an diesem Ort?<br />

Unterstützung<br />

Wer könnte unserer Meinung sein?<br />

Wer könnte uns dabei helfen, unser Ziel zu erreichen?<br />

Wie wollen wir vorgehen?<br />

Wann wollen wir fertig sein?<br />

Wie wollen wir starten?<br />

→ Nimm den Aktionsplan zur Unterstützung!<br />

Geld<br />

Wo<strong>für</strong> brauchen wir unter Umständen Geld?<br />

Wo könnte das Geld herkommen?<br />

Wer kümmert sich darum?<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Wer soll von unserem Anliegen erfahren?<br />

Welche Medien kennen wir?<br />

Wann wollen wir uns an die Öffentlichkeit wenden?<br />

Wie wollen wir das tun?<br />

Wer kümmert sich darum?<br />

Dokumentation<br />

Wer macht die Fotos?<br />

Wer aktualisiert immer wieder den Zeitplan?<br />

Nachbereitung<br />

Was lief gut?<br />

Was lief schlecht?<br />

Was können wir besser machen?<br />

Aktionsplan/Zeitplan<br />

Um den Überblick nicht zu verlieren, solltet ihr einen Aktionsplan erstellen. Auch wenn ihr alleine an<br />

einem Projekt arbeitet, hilft ein Zeitplan dabei, die Übersicht nicht zu verlieren. Der Zeitplan kann als<br />

Zeitstrahl auf einem großen Plakat dargestellt werden oder in Tabellenform, wie folgt:<br />

Fertig bis: Was? Wer ist verantwortlich? Wer kann uns helfen?<br />

EINLEITUNG<br />

13


Gelebte<br />

Mitbestimmung<br />

••<br />

Familienrat<br />

••<br />

Klassenrat<br />

••<br />

Demokratie leben mit Kindern<br />

••<br />

Konferenz der Kinder<br />

••<br />

Die Jugend ist die Gegenwart<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

15


Was du noch wissen musst...<br />

Es gibt verschiedenste Orte, in welchen Partizipation er- und gelebt werden kann. Einer dieser Orte ist<br />

bei den Kinderfreunden und den Roten Falken. Egal ob in der Gruppenstunde, am Sommerlager oder<br />

bei den verschiedensten Veranstaltungen, wir geben unser Bestes, Mitbestimmung zu leben und immer<br />

wieder in einem neuen Licht anzusehen.<br />

Dieses Kapitel gibt unter anderem Aufschluss über die Best Practice Modelle der Kinderfreunde und<br />

Roten Falken, denn wir haben über die Jahre bereits einiges an Knowhow in dieser Praxis angesammelt<br />

und nun ist es Zeit, sie verständlich aufzubereiten und unter allen Interessierten zu verbreiten. Weiters<br />

wird auch der Kontext der Mitbestimmung in der Familie anhand des Familienrates der Individualpädagogik<br />

präsentiert.<br />

Manche dieser Methoden der Mitbestimmung sind auch auf den Schulkontext übertragbar, oder wie<br />

der Klassenrat direkt <strong>für</strong> die Schule entwickelt.<br />

16 MITBESTIMMEN!


Familienrat<br />

„Sind so schöne Münder<br />

Sprechen alles aus.<br />

Darf man nie verbieten<br />

Kommt sonst nichts mehr raus.<br />

Gerade, klare Menschen<br />

Wär‘n ein schönes Ziel<br />

Leute ohne Rückgrat<br />

hab’n wir schon zuviel.“<br />

Kinder - Bettina Wegner, 1978<br />

Kindern zu mutigen und kritischen Menschen zu erziehen, sollte ein Ziel der Menschheit sein. Mit Kindern<br />

sollen wir achtsam und respektvoll umgehen, dann werden sie zu geraden, klaren Menschen und<br />

nicht zu Leuten ohne Rückgrat, wie Bettina Wegner bereits in den 70er singt. Die Erziehung beginnt<br />

dabei in der frühen Kindheit und der Familienrat ist eine erprobte Methode, mit Kindern respektvoll<br />

umzugehen. Selbstverständlich nicht nur mit Kindern, sondern mit allen Mitgliedern einer Gruppe. Das<br />

Konzept des Familienrates basiert auf der Grundüberzeugung der Individualpsychologie: Alle Menschen<br />

sind gleichwertig.<br />

Die Grundstruktur des Familienrates ist von der Homepage des Vereins <strong>für</strong> praktizierte Individualpsychologie<br />

e.V. übernommen und mehr Informationen zu dem Thema sind unter www.familienrat.eu zu<br />

finden.<br />

Theorie des Familienrates<br />

“ (Rudolf<br />

„Alle Familienmitglieder sind gleichwertige Partner in der Familie,<br />

mit Aufgaben und Verantwortung, entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten.“<br />

Dreikurs)<br />

Entwickelt wurde das Konzept des Familienrates<br />

von dem Psychologen und Vertreter der Individualpsychologie<br />

Rudolf Dreikurs (1897 – 1972).<br />

Er beschäftigte sich vor allem mit humaner und<br />

demokratischer Erziehung und einige der grundlegenden<br />

Ansichten <strong>für</strong> das Konzept des Familienrates<br />

gehen auf ihn zurück:<br />

••<br />

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Sein<br />

Selbstwertgefühl und sein Wohlbefinden<br />

hängen davon ab, dass er sich einer Gemeinschaft<br />

zugehörig fühlen kann.<br />

••<br />

Kinder wollen mitarbeiten, wenn man ihnen<br />

eine Chance dazu gibt, weil sie sich zugehörig<br />

fühlen wollen.<br />

••<br />

Alle Menschen sind gleichwertig, unabhängig<br />

von ihrer Unterschiedlichkeit. Ob groß oder<br />

klein, ob alt oder jung, ob männlich oder<br />

weiblich. Jeder Mensch hat den gleichen<br />

Wert.<br />

••<br />

Jedes menschliche Verhalten ist zielgerichtet.<br />

••<br />

Jeder Mensch kann nur sein eigenes Handeln<br />

lenken, beeinflusst damit aber das Verhalten<br />

anderer.<br />

Diese grundlegenden Haltungen bilden die Basis<br />

<strong>für</strong> den Familienrat und machen das Leben miteinander<br />

um Vieles schöner. Im Zuge der Mitbestimmung<br />

von Kindern geht Rudolf Dreikurs<br />

als Individualpsychologe davon aus, dass es der<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

17


wichtigste Wunsch eines Kindes ist, in der Gemeinschaft<br />

anerkannt zu werden und einen Platz<br />

in der Gemeinschaft zu bekommen. Was ein Kind<br />

tut, um diesen Wunsch zu erfüllen, kann konstruktiv<br />

oder destruktiv sein. Der Familienrat bietet<br />

mithilfe verschiedenster Methoden einen Raum,<br />

damit Kinder ihren Wunsch auf konstruktive Weise<br />

erreichen können.<br />

Praxis des Familienrates<br />

Familie ist mehr als ein „Steh jetzt endlich auf,<br />

sonst kommst du zu spät in die Schule!“ und ein<br />

entgegengebrülltes „NEIN!“. Eltern glauben aufgrund<br />

ihrer eigenen Erfahrung zu wissen, was<br />

gut <strong>für</strong> ihre Kinder ist. Sie wünschen ihnen nur<br />

das Beste und versuchen, ihren Kindern Kummer<br />

und Leid zu ersparen. Kinder haben natürlich<br />

viel weniger Lebenserfahrung und sind in vielen<br />

Bereichen einerseits auf ihre Eltern angewiesen,<br />

andererseits sind sie auch kompetente, eigenständige<br />

kleine Wesen, die neugierig auf die Welt<br />

sind und am liebsten alles selbst entdecken wollen.<br />

Ein „NEIN“ ist aus der Sicht des Kindes dann<br />

nur logisch. Kinder lernen die Spielregeln von den<br />

Eltern und wenn die Eltern Macht haben, werden<br />

die Kinder auch versuchen Macht zu bekommen.<br />

Ein Machtkampf entsteht.<br />

Der Familienrat ist ein Konzept, in dem es vor<br />

allem darum geht, alle Mitglieder der Familie als<br />

gleichwertig anzusehen und mit allen respektvoll<br />

umzugehen. Folgende Merkmale des Familienrates<br />

sind dabei zu beachten.<br />

Merkmale eines Familienrates<br />

• Gleichwertigkeit aller Mitglieder<br />

Gleichwertigkeit ist unabhängig von Alter<br />

und Stellung in der Familie.<br />

• Gegenseitige Achtung<br />

Jeder Beitrag ist es wert, gehört zu werden.<br />

• Blick auf das Positive<br />

Das, was in der Familie gelingt, ist wichtiger<br />

als das, was schiefgeht.<br />

• Regelmäßigkeit<br />

Fest vereinbarter Termin, zu dem jede*r Zeit<br />

hat, ohne auf etwas zu verzichten.<br />

• Gemeinsam vereinbarte Regeln<br />

Jede Familie legt die Regeln gemeinsam fest<br />

und diese gelten <strong>für</strong> alle in gleicher Weise.<br />

• Gemeinsame Beratung<br />

Jede*r kann einen Vorschlag machen und<br />

seine Meinung zu den Vorschlägen der anderen<br />

äußern.<br />

• Gemeinsame Entscheidung<br />

Jede*r soll an dem Zustandekommen einer<br />

Entscheidung mitwirken. Die Entscheidung<br />

sollte nach Möglichkeit einstimmig sein.<br />

• Wechselnde Verantwortung<br />

Bei jedem Familienrat-Treffen gibt es eine*n<br />

Vorsitzende*n und eine*n Protokollführer*in.<br />

Diese Aufgaben sollen regelmäßig wechseln.<br />

Der Familienrat sollte immer als Experiment angesehen<br />

werden, wobei es schwierig ist, Regeln<br />

oder Leitlinien <strong>für</strong> den Familienrat aufzustellen.<br />

Schlussendlich muss jede Familie <strong>für</strong> sich selbst<br />

einen geeigneten Weg finden und auch selbst definieren,<br />

ob und welche Art von Regeln notwenig<br />

sind. Die Einführung eines Familienrates ist immer<br />

eine Herausforderung, doch eine sehr Lohnende.<br />

Die folgenden Regeln und Leitlinien <strong>für</strong> den Familienrat<br />

sind auch auf der Homepage www.familienrat.eu<br />

nachzulesen.<br />

Regeln und Leitlinien <strong>für</strong> den<br />

Familienrat<br />

••<br />

Erweiterte Familien: Alle zur Gemeinschaft<br />

gehörende Familienmitglieder sind Teil des<br />

Familienrates. Niemand wird zur Teilnahme<br />

gezwungen, aber die Beschlüsse gelten <strong>für</strong><br />

alle.<br />

••<br />

Regelmäßige Treffen: Rudolf Dreikurs empfiehlt,<br />

sich einmal die Woche zu treffen. Die<br />

Abstände können auch größer sein, nur die<br />

Regelmäßigkeit ist wesentlich.<br />

••<br />

Tagesordnung: Der Familienrat mit einer Tagesordnung,<br />

um einer klare Struktur zu folgen.<br />

••<br />

Leitung eines Familienrates: Jeweils ein Mitglied<br />

soll im Wechsel die Leitung der Treffen<br />

übernehmen. Dies können Kinder bereits im<br />

Schulalter machen. Die Leitung ist verantwortlich<br />

da<strong>für</strong>, dass die Regeln eingehalten<br />

werden.<br />

• • Protokollführer: Jeweils ein Mitglied soll im<br />

Wechsel das Protokoll führen. Hier werden<br />

die Ergebnisse jeder Beratung festgehalten.<br />

Das Protokollbuch kann ein dickes Heft sein,<br />

das die Familie über mehrere Jahre begleitet.<br />

So entsteht ganz nebenbei eine Familienbiographie.<br />

18 MITBESTIMMEN!


••<br />

Ermutigung: Jedes Treffen beginnt mit einer<br />

Ermutigungs- oder Komplimentenrunde.<br />

••<br />

Nicht unterbrechen: Jedes Mitglied darf ausreden.<br />

Diese Regel ist sehr wichtig und der<br />

Leiter bzw. die Leiterin achtet besonders darauf,<br />

dass diese Regel eingehalten wird.<br />

••<br />

Freie Kommunikation: Jedes Mitglied darf so<br />

sprechen, wie es möchte. Provozierend, emotionsgeladen,<br />

gelangweilt, jedoch nicht beleidigend.<br />

Dies wird nicht zum Thema gemacht,<br />

auch nicht nach der Familienrat-Sitzung. Das<br />

Dabeisein zählt.<br />

••<br />

Offenes Forum: Man darf über alle Themen<br />

sprechen, die alle in der Familie betreffen. Es<br />

gibt keine Zensur.<br />

••<br />

Gemeinsame Beschlüsse: Eine Entscheidung<br />

kann nur <strong>für</strong> alle gelten, wenn alle zugestimmt<br />

haben. Gelingt dies nicht, soll sich<br />

jeder bis zum nächsten Treffen so verhalten,<br />

wie er es <strong>für</strong> richtig hält. Mehrheitsbeschlüsse<br />

sind <strong>für</strong> den Familienrat nicht geeignet, weil<br />

sie die Minderheit ins Unrecht setzen.<br />

Was kann eine Familie mit dem<br />

Familienrat erreichen?<br />

1. Der Familienrat verbessert die Beziehung in<br />

der Familie, indem das kooperative Klima das<br />

Gefühl der Wertschätzung von den Mitgliedern<br />

fördert.<br />

2. Der Familienrat erleichtert die Arbeit, die in<br />

der Familie erledigt werden muss, weil Verantwortungen<br />

geteilt werden. Durch das Gefühl<br />

der Gleichwertigkeit fühlt sich jedes Mitglied<br />

der Familie <strong>für</strong> die anfallenden Arbeiten<br />

zuständig.<br />

3. Kinder lernen, sich auszudrücken und Konflikte<br />

mit Worten zu lösen. Der Familienrat<br />

stärkt das Selbstvertrauen der Kinder und bereitet<br />

sie auf die Zukunft vor.<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

19


Klassenrat<br />

Der Klassenrat ist eine konkrete Umsetzung der 1989 in der UN verabschiedeten Kinderrechtskonvention.<br />

Kinder haben ein Recht darauf, gehört zu werden und sich ernst genommen zu fühlen. Sie haben<br />

ein Recht darauf, dabei unterstützt zu werden, ihre Bedürfnisse und Interessen zu entdecken, ihre Wünsche<br />

und die der anderen Kinder wahrzunehmen und sich an der Gestaltung ihres Alltags zu beteiligen.<br />

Der Klassenrat eignet sich da<strong>für</strong> sehr als basisdemokratischer Ansatz. Dabei werden die Ideen von<br />

Gleichberechtigung, Gleichheit und Menschenwürde vermittelt, vor allem deshalb, weil er alle anspricht<br />

und die Teilhaberechte aller Jungen und Mädchen einer Klasse garantiert und fördert.<br />

Das Ziel des Klassenrates ist es, alle Schülerinnen und Schüler in Planungs- und Entscheidungsfindungsprozesse<br />

einzubinden. Für die Lehrkräfte bedeutet das eine (Lern-)Gelegenheit zu schaffen, damit sich<br />

jeder und jede gesehen und gefragt fühlt, und dabei den Prozess, der von den Schülerinnen und Schülern<br />

selbst gestalteten Klassenratssitzungen entsprechend zu reflektieren und zu begleiten.<br />

Mit der Umsetzung der Partizipation von Kindern und der Kinderrechte in der Schule beschäftigt sich<br />

die Publikation von Wolfgang Edelstein, Lothar Krappmann und Sonja Student „Kinderrechte in der<br />

Schule. Gleichheit, Schutz, Förderung, Partizipation“, welche als Hauptlektüre <strong>für</strong> diesen Artikel verwendet<br />

wurde.<br />

Aus der UN Kinderrechtskonvention von 1989<br />

Artikel 12 Recht auf Meinung<br />

1. Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung<br />

zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen, das Kind berührenden<br />

Angelegenheiten, frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung<br />

des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.<br />

2. Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in<br />

allen das Kind berührenden Gerichts - oder Verwaltungsverfahren, entweder<br />

unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle,<br />

im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften, gehört zu<br />

werden.<br />

Artikel 13 Recht auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen<br />

1. Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht<br />

schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen, Informationen<br />

und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke<br />

oder andere vom Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen<br />

und weiterzugeben.<br />

2. Die Ausübung dieses Rechts kann bestimmten, gesetzlich vorgesehenen<br />

Einschränkungen unterworfen werden, die erforderlich sind<br />

a. <strong>für</strong> die Achtung der Rechte oder des Rufes anderer oder<br />

b. <strong>für</strong> den Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung<br />

(ordre public), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sicherheit<br />

20 MITBESTIMMEN!


Theorie des Klassenrates<br />

Die Klasse bietet die kleinste soziale Einheit, in<br />

der Partizipation, Verantwortung und Beteiligung<br />

im sozialen Miteinander von Anfang an gelernt<br />

und Selbstwirksamkeit erfahren werden kann. Der<br />

Klassenrat ist ein basisdemokratischer Ansatz, der<br />

davon ausgeht, dass Kinder und Jugendliche in<br />

allen Bereichen, die das Miteinander in der Klasse<br />

und der Schule bestimmen, beteiligt sind und<br />

Verantwortung übernehmen.<br />

In der Theorie stammt der Klassenrat aus der<br />

Freinet-<strong>Pädagogik</strong> und aus der Individualpsychologie<br />

von Alfred Adler und Rudolf Dreikurs. Adler<br />

und Dreikurs haben in den 1920er-Jahren den<br />

Klassenrat in Wiener Schulen etabliert. Ihre Idee<br />

dahinter war, durch den Klassenrat ein demokratisches<br />

Miteinander zu erreichen, wodurch die<br />

Schülerinnen und Schüler Verantwortung übernehmen<br />

und so ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird<br />

und sie sich in der Gruppe gleichaltriger geschätzt<br />

und angenommen fühlen.<br />

Was lernen Kinder durch den Klassenrat?<br />

••<br />

Einander zuhören<br />

••<br />

Einen Sachverhalt aus einer anderen Perspektive<br />

betrachten<br />

••<br />

Sich miteinander verständigen statt einander<br />

zu verurteilen<br />

••<br />

Menschen als gleichwertig anerkennen<br />

••<br />

Konstruktiv mit Problemen umgehen<br />

••<br />

Gemeinsam nach Lösungen suchen, nicht<br />

nach Ursachen<br />

••<br />

Verantwortung <strong>für</strong> das eigene Handeln übernehmen<br />

••<br />

Besser kommunizieren<br />

••<br />

Schließlich stärkt der Klassenrat die Identifikation<br />

mit der Schule.<br />

Die Aufgaben des Klassenrates sind:<br />

••<br />

Besprechung organisatorischer Themen, wie<br />

besondere Vorkommnisse der kommenden<br />

Woche oder Unternehmungen außerhalb des<br />

Unterrichts<br />

••<br />

Beratungen bei zwischenmenschlichen Problemen<br />

»»<br />

Lösung von Konflikten der Schülerinnen<br />

und Schüler untereinander<br />

»»<br />

Lösung von Konflikten zwischen Schüler*innen<br />

und Lehrer*innen<br />

Rolle der Lehrperson<br />

Die Lehrperson übernimmt nur in der Anfangsphase<br />

die Rolle der Moderation mit dem Ziel,<br />

dass die Schülerinnen und Schüler den Klassenrat<br />

nach kurzer Zeit selbst moderieren können. Wenn<br />

der/die Lehrer*in nicht Gruppenleiter*in ist, so<br />

hat er/sie die gleiche Funktion wie jeder andere.<br />

Die Lehrperson muss sich zu Wort melden, wenn<br />

er/sie einen Vorschlag einbringen möchte. Bei<br />

Abstimmungen zählt die Stimme so viel wie die<br />

der anderen. Jedoch hat die Lehrperson ein Vetorecht,<br />

wenn Beschlüsse gegen geltendes Recht<br />

verstoßen oder pädagogisch bedenklich sind. Das<br />

Ziel des Klassenrates ist, dass die Klassengemeinschaft<br />

eigenständig Lösungen <strong>für</strong> Konflikte findet.<br />

Ablauf des Klassenrates<br />

Der Ablauf des Klassenrates orientiert sich an der<br />

Expertise der Website des Vereins <strong>für</strong> praktizierte<br />

Individualpsychologie e.V. www.familienrat.eu.<br />

Vorbereitung der Klassenratsstunde<br />

1. Die Schüler*innen tragen während der Woche<br />

in Listen Themen ein, die besprochen<br />

werden sollen. Oder sie legen ein Klassenbuch<br />

an, in das alle Schüler*innen jederzeit<br />

eine Eintragung machen kann, was beim<br />

nächsten Treffen besprochen werden soll.<br />

2. Anhand dieser Liste bereitet die Leitung des<br />

Klassenrats die Sitzung vor.<br />

Organisation des Klassenrates<br />

••<br />

Regelmäßigkeit: Der Klassenrat findet einmal<br />

wöchentlich zu einer festgelegten Zeit statt,<br />

z.B. montags in der zweiten Stunde. Die Regelmäßigkeit<br />

der Treffen hat eine präventive<br />

und entlastende Wirkung, weil sich die Schüler*innen<br />

darauf verlassen können, dass ihre<br />

Themen Gehör finden. Zusätzliche Sitzungen<br />

können bei besonderen Anlässen einberufen<br />

werden.<br />

••<br />

Dauer: Je nach Alter der Schüler*innen 20<br />

bis 45 Minuten.<br />

••<br />

Sitzordnung: Die Schüler*innen sitzen im<br />

Kreis zusammen. Mit kleineren Schüler*innen<br />

kann man auch in eine Leseecke gehen.<br />

• • Liste/Klassenbuch: Die Schüler*innen schreiben<br />

im Laufe der Woche Themen, Konflikte,<br />

Wünsche in das Klassenbuch oder in vorbereitete<br />

Klassenratslisten. Die Lehrperson<br />

berichten, dass auch Eintragungen während<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

21


einer normalen Unterrichtsstunde entlastend<br />

sind <strong>für</strong> eine Person, da er/sie nun weiß, dass<br />

sein Anliegen nicht vergessen wird.<br />

••<br />

Themenbearbeitung: Die Themen werden in<br />

der Klassenratssitzung der Reihe nachbearbeitet.<br />

••<br />

Es gibt feste Gesprächsregeln.<br />

Beispiel <strong>für</strong> den Verlauf der Klassenrat-Sitzungen<br />

Phase 1:<br />

Phase 2:<br />

Phase 3:<br />

Phase 4:<br />

Ermutigungsrunde<br />

Die Schülerinnen und Schüler berichten von positiven Erlebnissen in der Woche. Alternativ:<br />

Eine Aufwärmphase, in der die Kinder mitteilen, wie es ihnen gerade geht.<br />

Dies kann auch nichtsprachlich geschehen, indem die Kinder z.B. Bildkarten aussuchen,<br />

die ihr momentanes Befinden zum Ausdruck bringen.<br />

Ausblick auf die kommende Woche<br />

Die Kinder sind eingestimmt und vorbereitet auf die besonderen Termine wie z.B.<br />

Projektarbeiten, Klassenarbeiten, Filmvorführung ...<br />

Problembearbeitung<br />

Die Punkte des Klassenbuches bzw. der Liste werden abgearbeitet.<br />

Meist sind dies zwischenmenschliche Konflikte, die erfahrungsgemäß alle interessieren,<br />

so dass die Kinder mitarbeiten oder zumindest aufmerksam sind. Viele Probleme<br />

können schon allein dadurch gelöst werden, dass man die „andere Seite“ sieht. Kann<br />

ein Problem nicht in der Situation durch Reden und Verstehen gelöst werden, so wird<br />

ein Konsens gesucht, der in das Klassenbuch oder auf einer Beschluss-Liste notiert<br />

wird. Das Verhalten der betroffenen Parteien kann dann in der nächsten Stunde<br />

nochmals thematisiert und der Konsens überprüft werden.<br />

Verteilung von Aufgaben<br />

Kinder möchten einen Beitrag <strong>für</strong> die Gemeinschaft leisten. Wenn ein Kind genau<br />

weiß, dass es <strong>für</strong> eine Aufgabe verantwortlich ist, übernimmt es diese Aufgabe auch<br />

gewissenhaft. Dies stärkt das kindliche Selbstvertrauen und die Identifikation mit der<br />

Schule. Das Kind übernimmt den Dienst immer freiwillig. Entweder wechselt die Zuständigkeit<br />

in einem bestimmten Rhythmus oder die Aufgabe wird in der Gruppe neu<br />

vergeben.<br />

22 MITBESTIMMEN!


Demokratie leben mit<br />

Kindern - ein Ferienprojekt<br />

Der beste Weg Demokratie zu verstehen, ist Demokratie zu leben. Hier bietet das Sommerlager der Roten<br />

Falken die perfekte Möglichkeit. In der Kinderrepublik, welche bereits seit dem Jahre 1919 gelebt<br />

wird, geht es darum, Kinder und Jugendlichen abseits von ihrem Alltag in einer sicheren Umgebung die<br />

Möglichkeit zu geben, den Camp-Alltag mitzubestimmen und bei Themen, welche sie betreffen, ihre<br />

Meinung kundzutun und sich einzubringen. Unser Wunsch ist es, dass Kinder nicht nur auf Ferienlagern<br />

ihre Umwelt gestalten können, sondern auch in der Schule und in ihrem Alltag. Um dies möglich zu machen,<br />

versuchen wir das Grundprinzip des Demokratiemodells allgemein zu erklären und später anhand<br />

des Beispiels der Kinderrepublik genauer darauf einzugehen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass sich<br />

diese Mitbestimmungsmöglichkeit gut auf Ferienlager oder längeren Projektwochen umsetzen lässt.<br />

Der Kern von jedem Demokratiemodell liegt im Ziel der Repräsentation einer bestimmten Gruppe.<br />

Egal ob die gemeinsamen Charakteristika ein ähnliches Gedankengut, das Alter oder die Klasse ist. Es<br />

besteht in den meisten Fällen ein gemeinsamer Nenner, welcher sich je nach Grundgesamtheit (Bsp.:<br />

Bevölkerung eines Landes, Schule, Ferienlagerturnus) unterscheidet.<br />

Gruppengröße: 50+<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

6-16 Jahre<br />

1-2 Wochen<br />

Was wird gebraucht:<br />

••<br />

Je nach Gruppengröße ist es sinnvoll eine<br />

oder auch zwei verantwortliche Personen <strong>für</strong><br />

die Durchführung zu bestimmen, welche auch<br />

<strong>für</strong> den allgemeinen Ablauf zuständig ist/sind.<br />

••<br />

Für die anfänglichen Demokratie-Workshops<br />

sollte pro Workshop eine Person eingeplant<br />

sein. Eine Workshop Gruppe soll etwa 10 -<br />

15 Personen beinhalten.<br />

••<br />

Zudem benötigt ihr einen fixen Versammlungsort<br />

<strong>für</strong> den sogenannten Minister*innenrat<br />

••<br />

Zusätzliches Arbeitsmaterial: Flipchartpapier,<br />

Stifte, Wahlurnen, Wahlzettel, Materialien <strong>für</strong><br />

die Gestaltung von Wahlplakaten (Stifte, Farbe,<br />

Pinsel, etc.)<br />

••<br />

Je nach Gestaltungsspielraum braucht es pro<br />

Woche ein Budget von 100 bis 250 Euro.<br />

Hier kommt es natürlich auf den Hintergrund<br />

und die Größe der Veranstaltung an.<br />

Allgemeines Modell:<br />

••<br />

Grundgesamtheit – alle Teilnehmenden eines<br />

Ferienlagers oder Projektausflugs<br />

(im Falle von großen Gruppen ist die Grundgesamtheit<br />

in verschiedene Gruppen/Delegationen<br />

gegliedert)<br />

••<br />

Diese entsenden Minister*innen (je nach<br />

Gruppengröße eine bestimmte Anzahl)<br />

••<br />

Diese Minister*innen bilden den Minister*innenrat<br />

••<br />

Aus diesem wird ein Kanzler und eine Kanzlerin<br />

gewählt.<br />

••<br />

Zusätzlich: Staatsekretär*in<br />

TIPP: Moderiert eure Sitzungen und definiert<br />

ein gemeinsames Ziel.<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

23


So funktioniert das Demokratiemodell…<br />

Vor der Durchführung:<br />

••<br />

Überlegt, welcher Minister*innen-Schlüssel<br />

verwendet wird (pro Gruppe können wie viele<br />

Minister*innen gewählt werden)<br />

••<br />

Einen Zeitplan, welcher sich nicht zu sehr mit<br />

dem Programm überschneidet, planen und<br />

bekannt geben (einen Anhaltspunkt findet ihr<br />

an der Methode angehängt). Stellt euch die<br />

Frage, wie oft sich der Minister*innenrat treffen<br />

soll. Plant dabei die Einstiegs-Workshops,<br />

die Kampagnenworkshops, die Wahl und die<br />

Minister*innen-Treffen mit ein.<br />

••<br />

Allgemeine Infos über das Demokratiemodell<br />

an die jeweiligen Verantwortlichen verteilen<br />

und diese vorab informieren.<br />

••<br />

Ein Budget festlegen, welches dem Minister*innenrat<br />

zur Verfügung steht.<br />

••<br />

Eine passende Räumlichkeit <strong>für</strong> die Treffen<br />

finden.<br />

••<br />

Die Einstiegs-Workshops vorbereiten (eine<br />

Unterstützung findet ihr angehängt) und die<br />

Workshopleiter*innen da<strong>für</strong> finden. Daraufhin<br />

diese mit dem Konzept vertraut machen.<br />

••<br />

Überlegt euch evtl. auch vorab, welche Punkte<br />

durchaus wichtig <strong>für</strong> den „Verhaltenskodex“/“Völkerrecht“/“Code<br />

of Conduct“ eurer<br />

Gruppe sind.<br />

Vorgeschlagener Zeitplan<br />

Tag 1<br />

Tag 2<br />

Ankunft<br />

Die Durchführung:<br />

1. Haltet Einstiegs-Workshops <strong>für</strong> Gruppen von<br />

etwa 10-15 Personen ab.<br />

2. Macht einen Kampagnenworkshop <strong>für</strong> alle<br />

Interessierten, in welchem sie ihre Plakate <strong>für</strong><br />

den „Wahlkampf“ vorbereiten und ihre Ideen<br />

und Vorhaben nach außen kommunizieren<br />

können.<br />

3. Die Kinder haben ein bestimmtes Zeitfenster<br />

<strong>für</strong> den Wahlkampf. Sammelt währenddessen<br />

die Namen der Kandidat*innen und fertigt<br />

die Wahlzettel an.<br />

4. Führt die Wahl (inklusive Wahlurne) durch.<br />

Alle Teilnehmenden des Projektausfluges/ Ferienlagers<br />

sind wahlberechtigt. Das Wahlergebnis<br />

wird nach der Auszählung verkündet.<br />

5. Nun trefft euch regelmäßig mit dem Minister*innenrat<br />

und diskutiert gewünschte Veränderungen<br />

und Vorhaben. Lasst sie nicht<br />

alleine arbeiten, sondern seid als Unterstützung<br />

dabei. WICHTIG: Wählt bei der ersten<br />

Sitzung einen Kanzler und eine Kanzlerin aus<br />

der Gruppe der Minister*innen.<br />

6. Stellt nun die Minister*innen, den Kanzler<br />

und die Kanzlerin den restlichen Teilnehmenden<br />

vor.<br />

TIPP: Bei einer Projektdauer von zwei Wochen könnt ihr nach der ersten<br />

Woche erneut wählen, um mehr Kindern/Jugendlichen die Möglichkeit zu<br />

geben, Minister*in zu sein.<br />

Beschreibung<br />

Einstiegs- und Kampagnenworkshops,<br />

Wahlkampf und Wahl<br />

Ergänzungen<br />

Tag 3 Erster Minster*innenrat Code of Conduct, gemeinsame Ziele<br />

definieren, Kanzler und Kanzlerin wählen,<br />

Brainstorming und Ideen <strong>für</strong> Programm<br />

überlegen<br />

Tag 5 Zweiter Minister*innenrat Programmplanung, Änderungen, Verhandlungsgespräche,<br />

...<br />

Tag 6<br />

Tag 7<br />

TIPP: Haltet in eurem Zeitplan einen Programm-Slot <strong>für</strong> die Minister*innen<br />

frei, damit etwas von ihnen geplant und durchgeführt werden kann.<br />

Programmdurchführung<br />

Abreise<br />

24 MITBESTIMMEN!


Evaluierung<br />

Ein wesentlicher Teil der Umsetzung ist auch die<br />

Evaluierung, welche nach jeder Durchführung gemacht<br />

werden soll. Zur Methodik der Reflektion<br />

wird auf das Kapitel „Feedback als Mitbestimmung“<br />

verwiesen.<br />

Die Umsetzung<br />

Um alles noch ein bisschen klarer zu machen,<br />

präsentieren wir hier die beispielhafte Durchführung<br />

der Kinderrepublik am Sommerlager der Roten<br />

Falken, die jedes Jahr in Döbriach umgesetzt<br />

wird.<br />

Die Kinderrepublik in wenigen Sätzen erklärt:<br />

Die Kinderrepublik ist ein demokratiepolitisches<br />

Beteiligungsprojekt. Dabei werden Elemente der<br />

Selbstverwaltung, der direkten und indirekten<br />

Demokratie und des Parlamentarismus miteinander<br />

verbunden. Wobei die Selbstverwaltung ein<br />

wesentliches Kernelement darstellt. Kindern und<br />

Jugendlichen soll auf spielerische Art und Weise<br />

die Wichtigkeit von demokratischen Entscheidungsprozessen<br />

vermittelt werden. Zudem kann<br />

mit der Kinderrepublik auf politische Ereignisse<br />

in der Gemeinde-/Landes-/Bundespolitik – wie<br />

beispielsweise die Wiederholung der Bundespräsidentschaftswahl<br />

im Jahr 2016 – eingegangen<br />

werden.<br />

Auf einem Sommerlager geht es um eine Grundgesamtheit<br />

von etwa 400 Personen; dementsprechend<br />

gibt es einen Schlüssel <strong>für</strong> jede Delegation,<br />

wie viele Minister*innen sie stellen können.<br />

Wie die Roten Falken/ Kinderfreunde es machen:<br />

Zu Beginn der Kinderrepublik steht die Information<br />

der Teilnehmer*innen über das Demokratiemodell<br />

und die Mitbestimmungsmöglichkeiten,<br />

welche die Kinderrepublik hat, an. In Döbriach<br />

wird eine Tour durch die Dörfer gemacht und dabei<br />

werden das Demokratiemodell, die Aufgaben<br />

der Kinderrepublik und die Entscheidungsmöglichkeiten<br />

(Campordnung, Programmslots etc.)<br />

vorgestellt.<br />

Es empfiehlt sich mit den Kandidat*innen oder<br />

allgemein mit den Teilnehmenden des Camps<br />

einen „Demokratieworkshop“ zu machen. Bei<br />

diesem haben wir uns immer mit den Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

der Kinder und Jugendlichen<br />

in ihrem Alltag beschäftigt und eine Brücke<br />

zu den Mitbestimmungsmöglichkeiten im Camp<br />

geschlagen.<br />

In den einzelnen Dörfern (entspricht verschiedenen<br />

Delegationen/Großgruppen) wurde anschließend<br />

nach Kandidat*innen <strong>für</strong> den Minister*innenrat<br />

gesucht. Um einen Schlüssel zu<br />

bekommen, reihten wir die Dörfer der Größe nach<br />

und teilten diesen einen gewissen Schlüssel zu. So<br />

konnten die größten Dörfer drei Minister*innen,<br />

die mittleren Dörfer zwei Minister*innen und die<br />

kleinen Dörfer eine*n Minister*in stellen. Kandidieren<br />

konnten und sollten jedoch mehr.<br />

Die Kandidat*innen des Minister*innenrats finden<br />

sich am zweiten Tag des Sommerlagers in<br />

der „Wahlkampfwerkstatt“ ein und bereiten ihren<br />

Wahlkampf vor. Sie basten Schilder, erfinden<br />

Slogans und verbildlichen ihre Ideen. Am Nachmittag<br />

stanf Wahlkampf, gefolgt von der abendlichen<br />

Wahl der Minister*innen in den einzelnen<br />

Dörfern, am Programm.<br />

Zeitnah nach der Wahl der Minister*innen in den<br />

Dörfern, fandt eine erste Sitzung des Minister*innenrates<br />

statt. Hier werden die Minister*innen<br />

(Kinder) von einem/einer Staatssekretär*in (Betreuer*in)<br />

begleitet.<br />

Wichtig: Nur die Kinder dürfen im Minister*innenrat<br />

sprechen – die Staatssekretär*innen sind<br />

TIPP: Bei großen Gruppen ist es von Vorteil,<br />

eine*n Betreuer*in mit dem Kind/<br />

Jugendlichen mitzuschicken. Zum einen<br />

um Berührungsängste vorzubeugen und<br />

zum anderen, um Enstscheidungen und<br />

Informationen zurück in die Gruppe tragen<br />

zu können.<br />

<strong>für</strong> den Informationsfluss in die Dörfer zuständig,<br />

Bei der ersten Sitzung des Minister*innenrates<br />

werden aus der Mitte der Minister*innen Kanzler<br />

und Kanzlerin gewählt, der Code of Conduct und<br />

das Völkerrecht besprochen und beschlossen. Es<br />

wird auch erklärt, wie Anträge eingebracht werden<br />

können.<br />

In einer zweiten Sitzung werden die Anträge behandelt,<br />

die sowohl die Regeln im Camp (jene<br />

die sich nicht auf Basis des Jugendschutzes ergeben),<br />

als auch die Programm-Slots betreffen. Die<br />

Kinder können zwei bis drei Programmpunkte pro<br />

Woche selbst gestalten.<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

25


Kinderrepublik | Völkerrecht<br />

Childrens‘ Republic | International Law<br />

§1. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jegliche Gewalt – sowohl körperlicher als auch<br />

psychischer Natur – ist verboten.<br />

§2. Am gesamten Camp-Gelände gelten die Grundsätze der Roten Falken, abgeleitet aus<br />

den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Vielfalt, und Frieden. Zusätzlich<br />

gelten die Campordnung und das Jugendschutzgesetz des Landes Kärnten.<br />

§3. Ab 22:00 ist Camp-Ruhe. Kinder sind ab diesem Zeitpunkt in ihren Zelten, Jugendliche im<br />

Dorf oder bei speziellen Angeboten <strong>für</strong> ihre Altersgruppe anzutreffen. Der Helferkonsum<br />

ist nur <strong>für</strong> Betreuer/innen geöffnet.<br />

§4. In der Kinderrepublik Döbriach sind alle illegalen Drogen verboten, Alkohol ist nur <strong>für</strong> über<br />

16-Jährige und nach 22:30 erlaubt. Rauchen ist ebenfalls nur <strong>für</strong> Personen über 16 Jahren<br />

und in speziell gekennzeichneten Raucherzonen erlaubt.<br />

§5. Die Verantwortung <strong>für</strong> die einzelnen Gruppen liegt zu jedem Zeitpunkt bei dem/der jeweiligen<br />

Gruppenbetreuer*in.<br />

§6. In der Kinderrepublik sind Bestrafungen grundsätzlich verboten. Konsequenzen sollen ausschließlich<br />

entstandene Schäden wiedergutmachen oder zum Schutz der restlichen Campteilnehmer*innen<br />

gedacht sein.<br />

§7. Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich, das Völkerrecht zur Grundlage ihrer Verfassung<br />

und der weiteren Gesetzgebung zu machen und ausnahmslos einzuhalten.<br />

TIPP: Erstellt vorab ein Völkerrecht eures Projektes, welche Regeln beinhaltet<br />

die nicht geändert werden können und <strong>für</strong> alle gelten. Natürlich<br />

könnt ihr es anders nennen.<br />

Zeit Beschreibung Material<br />

11:00 Begrüßung, Worum geht’s: Darstellen, dass wir über Demokratie und die<br />

Demokratie im Camp reden.<br />

11:05 Wo erlebe ich Demokratie? Kids sammeln auf Kärtchen, wo sie Demokratie<br />

erleben.<br />

11:15 Zusammenführen der Ergebnisse: Gemeinsam mit den Kids werden ihre<br />

Begriffe auf drei Plakate (Freizeit, Schule, Familie) zugeteilt und darüber<br />

gesprochen.<br />

11:30 Demokratie im Camp: Erklären, dass es im Dorf und im Camp Demokratie<br />

gibt. Auf Dorfebene werden pro drei Zelten so genannte ZeltgruppensprecherInnen<br />

gewählt. Zusätzlich werden <strong>für</strong> die Campebene auch<br />

noch pro Dorf ein bis drei (je nach Dorfgröße) Minister*innen gewählt.<br />

Im Dorf sind die ZeltgruppensprecherInnen und die MinisterInnen der<br />

Dorfrat, die das Dorf-Programm und die Dorf-Regeln beeinflussen können.<br />

Sie sind dem Morgenkreis verantwortlich.<br />

Im Camp bilden die Minister*innen den Minister*innenrat. Sie können<br />

über Programmpunkte bestimmen und die Camp-Regeln beeinflussen,<br />

sie haben außerdem ein Budget von 250 Euro je Woche.<br />

Gemeinsam wählen die Minister*innen und die ZeltgruppensprecherInnen<br />

den*die Kanzler*in auf Campebene. Sie leiten die Sitzungen und<br />

Verhandeln mit der Campleitung.<br />

11:45 Abschluss: Kids motivieren selbst zu kandidieren und Hinweis, dass am<br />

Nachmittag Wahlkampfwerkstatt ist.<br />

Stifte, Kärtchen<br />

Stifte, Klebstoff,<br />

3-Flipcharts mit<br />

Kategorien<br />

Zeichnung Mitbestimmung<br />

im<br />

Camp<br />

26 MITBESTIMMEN!


Konferenz der Kinder<br />

Mitbestimmung von Kindern ist ein wichtiges Anliegen. Egal ob bei kommunalen Entscheidungen, bei<br />

der Gestaltung des Lebensraums, in der Kindergruppenarbeit oder auch im schulischen Kontext. Immer<br />

wieder scheitern aber auch oft gut gemeinte Initiativen. Diese werden von Kindern nicht angenommen<br />

oder die Ergebnisse sind nicht wirklich verwertbar. Die Beteiligungsformate müssen kindgerecht und<br />

attraktiv sein. Es entstand die Idee von Konferenzen mit und <strong>für</strong> Kinder, um dabei mit Kindern an Themen<br />

und Aktivitäten zu arbeiten, mit ihnen gemeinsam neue Schwerpunkte und Projekte zu entwickeln<br />

und auch Inputs der Kinder zu Themen/Überlegungen einholen.<br />

Zielgruppe der Konferenz der Kinder<br />

Ca. 100 Kinder im Alter von 8-12 Jahren aus Kinder-<br />

und Jugendgruppen UND aus Einrichtungen<br />

(Schulen, Horte, Nachmittagsbetreuung, Jugendzentren<br />

(JUZ), etc.).<br />

TIPP: Auf Ausgewogenheit achten!<br />

Wenn spezielle Anforderungen notwendig<br />

sind, rasch mitteilen (Barrierefreiheit<br />

in jeder Hinsicht!)<br />

Parallel zum Hauptprogramm <strong>für</strong> die Kinder gibt<br />

es <strong>für</strong> die anwesenden Erwachsenen eigene Train<br />

the Trainer Workshops zum Thema Partizipation.<br />

Möglich <strong>für</strong> Anfänger*innen und Fortgeschrittene.<br />

Die Erwachsenen sind auf der Konferenz der<br />

Kinder definitiv „Gäste“ – sie werden nicht aktiv<br />

beteiligt.<br />

Zeit<br />

Für eine Konferenz der Kinder sollte man einen<br />

ganzen Tag einrechnen. Das Format würde auch<br />

zweitägig funktionieren und eine vertiefte Arbeit<br />

ermöglichen. Dies ist allerdings eine logistische<br />

Frage (Unterbringung etc.) und finanzielle Herausforderung.<br />

Hier haben Schulen natürlich andere<br />

Möglichkeiten und können so eine Konferenz<br />

auch mehrtägig als Projekt durchführen.<br />

Team<br />

Grundsätzlich besteht das Team aus Mitarbeiter*innen<br />

<strong>für</strong> Workshops (Kinder/Erwachsene),<br />

Moderation, Animation und auch die Dokumentation.<br />

Format<br />

Mischung aus ernsthafter/feierlicher/wichtiger<br />

Konferenz (Ausweis/Namensschild), gepaart mit<br />

kindgerechter Atmosphäre – Spiele zum Auflockern<br />

und Kennenlernen<br />

TIPP: Der Ort der Kinderkonferenz sollte<br />

definitiv ein Ort zum Wohlfühlen sein.<br />

Bringt Decken und Polster, damit man<br />

es sich gemütlich machen kann.<br />

Bestuhlung: Weg von Sesselreihen, hin zu am Boden<br />

sitzen oder in Tischgruppen etc.<br />

Visualisierung: Optische Aufbereitung von allem,<br />

was besprochen wird und worum es geht<br />

Ablauf: Nicht zu lange Einheiten und Abwechselnd<br />

kognitive/motorische, interaktive/frontale<br />

Phasen<br />

Inhalt/Programm<br />

Kreative und inhaltliche Formate wechseln einander<br />

den Tag über ab.<br />

Die Themenstellung ergibt sich durch Fragestellungen,<br />

welche die Veranstalter gerade beschäftigen<br />

& die von den Kindern selbst genannt<br />

werden. Dies in zwei Blöcken (VM und NM) mit<br />

entsprechender Mittagspause und freizeitpädagogischen<br />

Elementen.<br />

TIPP: Wir halten es <strong>für</strong> sinnvoll, Themen,<br />

die in den sog. „oberen“ Strukturen entwickelt<br />

werden, mit den anwesenden<br />

Kindern abzustimmen. Demnach sollten<br />

Themen vorgeben werden, und dazu<br />

das Expert*innenwissen der Konferenzteilnehmer*innen<br />

eingeholt werden. So<br />

können diese Bereiche auch ganz konkret<br />

besprochen und eine erweiterte<br />

Sicht darauf gewonnen werden.<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

27


Die Aufgabe besteht auch darin, die Kinder anzuhören,<br />

ihnen zuzuhören, ihre Themen und Anliegen<br />

aufzugreifen und diese gemeinsam mit ihnen<br />

einer weiteren Öffentlichkeit zugänglich zu<br />

machen. Die entsprechende mediale Verbreitung<br />

Möglicher Konferenzablauf<br />

ab 8.30 Uhr - Ankommen/Eintreffen<br />

Musik – Gaukler – Obst und Getränke zur<br />

freien Entnahme<br />

Kinder werden empfangen, einzeln begrüßt<br />

(Kernteam)<br />

Kinder bekommen ein Namensschild (ev.<br />

Unterlagen, die sie brauchen)<br />

Mitmachstationen<br />

9.00 Uhr - Eröffnung / Beginn<br />

Moderatorin begrüßt alle Anwesenden<br />

Begrüßung durch ###<br />

Eisbrecher-Spiel<br />

Moderierte Aufstellung – Atome-Spiel<br />

Vorstellung des Ablaufes (Folie)<br />

9.30 Uhr - Themenforen 1<br />

Aufteilung in die ersten, moderierten Themenforen<br />

(max. 10-15 TN/Thema) mit<br />

interaktivem Input und kreativer Gestaltungsmöglichkeit:<br />

Vormittag: Thema 1 / Thema 2 / Thema 3 /<br />

Thema 4<br />

Selbstbestimmte kurze Pausen<br />

12.00 Uhr - Mittagessen / Mittagspause<br />

Buffet<br />

Möglichkeiten zum Spielen, Chillen, Austoben<br />

13.00 Uhr - Plenum<br />

Spiel<br />

Erklärung <strong>für</strong> den Nachmittag<br />

bzw. das Herantragen der Ergebnisse an die zuständigen<br />

Personen sind daher ein wesentlicher<br />

Faktor zum Gelingen dieser Mitbestimmungsmethode.<br />

13.30 Uhr - Themenforen 2<br />

Aufteilung in die zweite Runde der Themenforen<br />

mit interaktivem Input und kreativer<br />

Gestaltungsmöglichkeit:<br />

Nachmittag: Thema 5 / Thema 6 / Thema 7<br />

/ Thema 8<br />

Selbstbestimmte kurze Pausen<br />

TIPP: Wenn ihr wollt könnt ihr hier Themen<br />

die am Vormittag aufkamen intensiver<br />

besprechen und in den Raum<br />

stellen.<br />

16.00 Uhr - Kurze Pause & Vorbereitung Plenum<br />

Getränke, Obst - Bewegung/Interaktion<br />

Plakate/Tafeln werden ins Plenum gebracht<br />

16.15 Uhr - Plenum<br />

Moderatorin begrüßt alle Kinder & alle erwachsenen<br />

Gäste<br />

Gemeinsames Spiel zur Auflockerung/als<br />

Einstieg<br />

Präsentationen aus jedem Forum - in Form<br />

einer gemeinsamen Wanderung<br />

Ausblick: Wie geht es weiter mit den Ergebnissen<br />

des heutigen Tages?<br />

16.45 Uhr - Abschluss<br />

Feedback (spielerisch)<br />

Gruppenfotos, Selfies mit neuen<br />

Freund*innen<br />

Austausch der give-aways untereinander<br />

Verabschiedung<br />

17:00 Uhr - Ende Konferenz<br />

Parallel: Beteiligungsworkshops <strong>für</strong> Erwachsene<br />

& Teilnahme am Abschlussplenum<br />

28 MITBESTIMMEN!


Ergebnis/Dokumentation & Nachhaltigkeit<br />

••<br />

Dokumentation der Konferenz durch ein<br />

„junges Medienteam“ aus Kindern und Jugendlichen<br />

••<br />

Am Ende der Veranstaltung wird nur Tagesfeedback<br />

zur Stimmung abgefragt – spielerisch<br />

••<br />

Ergebnis/Dokumentation der Konferenz <strong>für</strong><br />

alle Teilnehmer*innen<br />

••<br />

Alle Teilnehmenden werden nach wenigen<br />

Wochen nochmals persönlich angeschrieben<br />

(oder in Gruppen) und bekommen Zusammenfassung<br />

mit Fotos zur Konferenz & Info<br />

darüber, was mit Ergebnissen passiert ist.<br />

••<br />

Sie werden aber auch zu einem Online-Feedbackbogen<br />

eingeladen<br />

••<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse als Forderungen<br />

an die zuständigen Personen/Institutionen<br />

••<br />

Feedback, Kritik und Anregungen zu den<br />

Themen, die den Veranstalter bewegen<br />

••<br />

Blickwinkel, Fragestellungen, Ideen der Expert*innen<br />

Aufgebaut wird auf den Erfahrungen von mitmischen2,<br />

Kinder Denken Bildung, KinderUni, Kinderrepublik,<br />

etc.<br />

Öffentlichkeit<br />

• Regional- und Landesmedien einladen<br />

• Im Ort selber Ankündigung, Berichterstattung,<br />

Transparente<br />

• Zum Abschluss PolitikerInnen einladen (lokal,<br />

Land, Bund)<br />

Pädagogische Anmerkungen<br />

Ausgangssituation / Annahmen<br />

Kinder kennen einander nicht alle<br />

Es muss eine Ankommens-Phase geben um sich<br />

zu beschnuppern: wer ist aller da? Dabei muss<br />

auf das unterschiedliche Alter der Kinder Rücksicht<br />

genommen werden<br />

Kinder sind aufgeregt oder schüchtern<br />

Eine emphatische Moderation muss sie quasi abholen<br />

und durch das ganze Programm begleiten<br />

Beispiel <strong>für</strong> ein „Mitmachplakat“ als Feedback-<br />

Methode<br />

Abstimmung mit verschiedenfärbigen Smileys<br />

Eventuell Peers, die Kleingruppen begleiten. Auch<br />

sogenannte ice-breaker-Spiele zu Beginn machen<br />

Sinn<br />

Kinder brauchen zwischendurch Bewegung/“Lüftung“<br />

Pausen mit „Animation“: Möglichkeiten, sich zu<br />

bewegen. Dabei sollen/können alle Sinne angesprochen<br />

werden<br />

Kinder sind öfter hungrig und durstig<br />

Lieber zwischendurch immer wieder mal Snacks,<br />

als nur einmal großes Mittagessen – eventuell<br />

Buffetcharakter mit fixen Öffnungszeiten; Getränke<br />

durchgehend…<br />

Kinder sprechen auf unterschiedliche Methoden an<br />

Kinder arbeiten unterschiedlich und bringen sich in<br />

den Bereichen, die sie gut können besser ein. Daher<br />

macht ein Methodenmix über den ganzen Tag<br />

verteilt Sinn: zeichnen/malen, schreiben, sprechen,<br />

plastisch darstellen, sich gegenseitig etwas zeigen,…<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

29


Kinder wollen etwas herzeigen<br />

Irgendein give-away, das sie mit nach Hause nehmen<br />

und Familie/FreundInnen zeigen können<br />

(z.B. Foto, etc.) – Dabei kann die Nachhaltigkeit<br />

durch Selbstproduktion hergestellt werden, z.B.<br />

give-away ev. selbst produzieren und dann tauschen<br />

mit anderen Teilnehmer*innen<br />

Kinder sind unter sich offener<br />

Erwachsene haben während Arbeitsphase nur<br />

maximal moderierende Rolle; keine Zuhörer*innen/Beobachter*innen<br />

Kinder wollen wissen, was mit ihrer Arbeit passiert<br />

Vor Ort sollen die Kinder bereits darüber informitert<br />

werden, was weiter mit den Ergebnissen<br />

der Konferenz passiert. Aber auch eine bestimmte<br />

Zeit nach der Konferenz Kinder nochmals anschreiben<br />

mit Info, was sich getan hat seit der<br />

Konferenz.<br />

Und die Kinder bekommen die Möglichkeit, Feedback<br />

zur Veranstaltung zu geben.<br />

Kinder sind unterschiedlich vertraut mit solchen<br />

Settings<br />

ModeratorInnen müssen darauf Rücksicht nehmen<br />

und Ausgewogenheit der Wortmeldungen<br />

etc. herstellen. Berücksichtigung des Alters, der<br />

Wortgewandtheit, etc. durch Einsatz gezielter<br />

Methoden, bei denen sich alle äußern können!<br />

Kinder haben unterschiedliche Konzentrationsspanne<br />

und Arbeitstempo<br />

Manche Kinder haben in fünf Minuten alles gesagt,<br />

was zu sagen ist. Manche verlieren sich gerne<br />

im Detail und wollen herumtüfteln. Beides soll<br />

möglich sein.<br />

Pädagogische Haltung aller anwesenden Erwachsenen:<br />

muss im Vorfeld an alle teilnehmenden Erwachsenen<br />

und alle erwachsenen Gäste übermittelt<br />

werden!<br />

••<br />

Alles, was vor Ort passiert, ist freiwillig: Kinder<br />

werden gefragt (Fotos machen, interviewt<br />

werden, etc)<br />

••<br />

Die Kinder sind an diesem Tag die ExpertInnen<br />

••<br />

Die Erwachsenen sind die Lernenden an diesem<br />

Tag, also hauptsächlich ZuhörerInnen<br />

Was nicht passieren darf<br />

• Instrumentalisierung der Kinder<br />

• Manipulation der Kinder<br />

• Erwachsene mischen sich inhaltlich ein<br />

• Erwachsene reden mehr als Kinder<br />

• Ergebnisse/Meinungen der Kinder werden<br />

korrigiert<br />

• Über Ergebnisse/Meinungen der Kinder wird<br />

gewitzelt, geflüstert<br />

Die Moderation muss sich als Anwält*in der Kinder<br />

sehen und das Durchsetzen!<br />

30 MITBESTIMMEN!


Beispiel Ergebnis „Konferenz der Kinder 2017 in St. Georgen/Gusen“<br />

Deklaration der Kinder 2017*<br />

Kinder sind wichtiger als Geld!<br />

Gerecht behandeln – ALLE!<br />

Dass jedes Kind kriegt, was es braucht.<br />

Sich <strong>für</strong> Kinderrechte einsetzen!<br />

Jeder Mensch soll einen Job bekommen und genug Geld verdienen.<br />

Freundschaft ist das Beste.<br />

Gemeinsam Lösungen finden.<br />

Wir wollen Frieden! - Sich <strong>für</strong> (Welt)Frieden einsetzen<br />

BILDUNG<br />

Workshops gegen Mobbing<br />

Eine gute Schule, auch <strong>für</strong> arme Kinder, mit Essen & und gratis Sachen.<br />

Schule so verändern, dass lernen Spaß macht.<br />

Lernen macht Spaß, wenn man es will und Freund/innen dabei sind.<br />

Dass Kindern beim Lernen geholfen wird.<br />

FAMILIE<br />

Familie ist das Beste.<br />

Mehr Zeit verbringen mit der Familie.<br />

Alle Familien sollen einen schönen<br />

Platz zum Wohnen haben.<br />

Eine Familie muss nicht zusammen leben.<br />

Familien sollen finanziell unterstützt werden.<br />

*beschlossen am 18.11.2017 in<br />

St. Georgen a.d. Gusen von<br />

den Kinder-Delegierten<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

31


Panel-Ablauf im Detail<br />

Zeit Programm Details<br />

14:00 Panel-LeiterInnen nehmen „ihre“ Kinder mit in<br />

den Raum<br />

gegen<br />

15:00<br />

Zusammensetzen & 2 Kennenlernspiele<br />

Ablauf erklären<br />

unser Thema ist: XXX<br />

Was gehört zu diesem Thema?<br />

Was ist dir so wichtig an diesem Thema?<br />

Was ist das Problem? Was gehört getan?<br />

Wenn ich MinisterIn wäre, dann würde ich ...<br />

kleine Pause mit Trinken und Essen, das Kinder<br />

selbst mitgebracht haben<br />

Spiele <strong>für</strong> Zwischendurch<br />

Was sollen die Kinderfreunde <strong>für</strong> dieses Thema<br />

tun?<br />

Vorschlag 1: „Und das ist ein Elefant“<br />

Vorschlag 2: „Doris wie Drache“<br />

nur benennen; eventuell warum wir das Thema<br />

ausgesucht haben, aber dass die Kinder die ExpertInnen<br />

sind!<br />

Mindmap gemeinsam zeichnen<br />

Einzelarbeit - Plenum<br />

Vision: was wäre der Idealzustand / das Paradies<br />

- 2. Problem: Warum ist es nicht gut? Was ist<br />

das Problem? Wer hat Schuld? - 3. Lösung: Was<br />

müsste passieren, damit es gut wird?<br />

nehmt das „Mikrofon“ und lasst die Kinder eine<br />

kleine „Ansprache“ halten<br />

Aramsamsam, Vater Abraham, BoogieWoogie,<br />

Fangen<br />

„Ich wünsche mir von den Kinderfreunden ...“<br />

Beispiel <strong>für</strong> eine kindgerechte Einladung zu einer „Konferenz der Kinder“<br />

32 MITBESTIMMEN!


Die Jugend ist die<br />

Gegenwart<br />

Oft hört man, die Jugend sei unsere Zukunft, doch eigentlich ist sie nicht nur unsere Zukunft, sondern<br />

auch unsere Gegenwart. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, Kindern und Jugendlichen Mitbestimmung<br />

zu ermöglichen und ihnen einen Einblick, sowie auch die Mitarbeit in unseren Strukturen zu<br />

ermöglichen und ihnen die Chance zu geben, Verantwortung zu übernehmen.<br />

Hierzu gibt es zwei Beteiligungsprojekte, welche wir mit euch teilen möchten:<br />

••<br />

Das Beteiligungsmodell JUHE (Junghelfer*innen) - Gruppenbezogen<br />

••<br />

Das Beteiligungsmodell „Helpers/ JUHE“ – Projektbezogen<br />

Die Grundlagen sind die selben. Es geht darum, Jugendlichen die Aufgaben eines*einer Betreuer*in/<br />

Projektleiters*Projektleiterin näher zu bringen und ihn*sie damit vertraut zu machen.<br />

Beteiligungsprojekt Junghelfer*in<br />

Gruppengröße:<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

15-30 Personen<br />

13-18 Jahre<br />

fünf Wochenenden (Module)<br />

innerhalb von einem Jahr<br />

In dem Modell des JuHe-Kurses geht es darum,<br />

das Wissen zwischen der jetzigen Generation und<br />

der kommenden weiterzugeben, sowie jungen<br />

Leuten die Möglichkeit zu geben, ihren Platz in<br />

Jugendorganisationen zu finden. So sind die Jugendlichen<br />

untereinander vernetzt und stärken<br />

unsere Organisation.<br />

Der JunghelferInnen-Kurs setzt sich aus fünf<br />

Modulen zusammen. Innerhalb der fünf Module<br />

(Wochenenden) bekommen die Jugendliche<br />

theoretisches und praktisches Wissen vermittelt,<br />

damit sie eine Kindergruppe gut leiten können<br />

und langsam in die Rolle eines Betreuers, einer<br />

Gruppenleiterin hineinwachsen. Dies ermöglicht<br />

die tägliche Arbeit neu zu sehen und innovative<br />

Ideen aufzugreifen. Zudem ist es eine großartige<br />

Möglichkeit <strong>für</strong> Jugendliche neue Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen zu erlangen und das Projekt<br />

als JuHe mitzubestimmen und -gestalten. Grundbausteine<br />

in der Ausbildung sind:<br />

••<br />

Teambuilding<br />

••<br />

<strong>Pädagogik</strong> – richtiges Leiten von Kindergruppen<br />

••<br />

Projektmanagement<br />

••<br />

Öffentlichkeitsarbeit /Aktionismus<br />

••<br />

Steigerung des Selbstwertgefühls<br />

••<br />

Verantwortung übernehmen und tragen<br />

Auch tagesaktuelle Inhalte fließen immer wieder<br />

in die Ausbildung mit ein. Die Inhalte werden von<br />

ReferentInnen gehalten, welche Expertise in bestimmten<br />

Thematiken vorweisen. Die Vermittlung<br />

basiert auf non-formalen Methoden und wird auf<br />

das Alter und die Fähigkeiten der Zielgruppe angepasst.<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

33


Was wird gebraucht:<br />

••<br />

Ein Team <strong>für</strong> die Organisation und Durchführung<br />

••<br />

ReferentInnen, die ihr Spezialwissen einbringen<br />

••<br />

Budget<br />

••<br />

Locations<br />

••<br />

Seminarmaterialien (Flipcharts, Stifte, Beamer,<br />

Notebook – je nach Angebot)<br />

••<br />

TeilnehmerInnen<br />

So funktioniert´s:<br />

Grundplanung:<br />

1. Teamgründung<br />

2. Inhaltliche Ausrichtung des Kurses<br />

a. Welche Themenschwerpunkte werden<br />

gesetzt<br />

b. Wo wollen wir hin, was wollen wir erreichen?<br />

3. Gewünschte Inhalte planen<br />

a. Roter Faden durch alle Module<br />

b. Passende Referent*innen da<strong>für</strong> finden<br />

c. Inhalte sollen Zielgruppen orientiert und<br />

abgestimmt sein<br />

Detailplanung (pro Modul)<br />

••<br />

Teilnehmende einladen<br />

»»<br />

Anmeldeliste erstellen und up to date<br />

halten<br />

»»<br />

Personalisierte Briefe aussenden<br />

»»<br />

Programmübersicht des Moduls aussenden<br />

••<br />

Detailplanung <strong>für</strong> das Modul erstellen<br />

»»<br />

Referent*innen suchen<br />

»»<br />

Location suchen<br />

»»<br />

Verpflegung organisieren<br />

»»<br />

Materialliste schreiben<br />

»»<br />

Personalplan erstellen: Wer ist <strong>für</strong> was<br />

zuständig<br />

••<br />

An Team Detailplanung aussenden und bei<br />

Unklarheiten erklären<br />

••<br />

Workshop—Vorbereitung<br />

••<br />

Materialien vorbereiten<br />

••<br />

Seminarverpflegung + Sonstiges<br />

••<br />

Durchführung<br />

••<br />

Reflexion und Feedback<br />

»»<br />

Mit den Teilnehmenden<br />

»»<br />

Im Team<br />

••<br />

Änderungen und Verbesserungen gleich in<br />

die nächste Planung mit aufnehmen<br />

••<br />

Protokoll schreiben und aussenden<br />

Beteiligungsprojekt Helper (JUHE) - projektbezogen<br />

Das Praktikant*innen-Modell ist anders als das JuHe-Modell etwas einfacher einsetzbar und auch <strong>für</strong><br />

kurzfristigere Projekte benutzbar. Die Idee dahinter ist, bei Ferienlagern, internationalen Projekten wie<br />

etwa Jugendbegegnungen oder ähnlichem, Jugendlichen die Möglichkeit zu geben in die Rolle eines<br />

Teamers einzusteigen um später nicht ohne jegliche Erfahrung die Rolle übergestülpt zu bekommen.<br />

Es ist das Ziel, eine sichere Umgebung aufzubauen in der eine junge Person ihre Fähigkeiten ausprobieren<br />

und erweitern kann.<br />

Wir haben dies bereits bei einer Erasmus+ Jugendbegegnung erfolgreich ausprobiert und möchten die<br />

wichtigsten Punkte, auf die ihr Acht geben solltet, mit euch teilen.<br />

Gruppengröße:<br />

1-2 Personen pro Team/Betreuer*in<br />

Alter: 16+<br />

Dauer:<br />

Projektdauer und Vor- & Nachbereitung<br />

34 MITBESTIMMEN!


So funktioniert´s:<br />

Mobilisierung<br />

Mit der Suche von Teilnehmenden eines Projektes<br />

beginnt auch die Suche nach einer*eines<br />

Praktikantin*Praktikanten. Wenn ihr dies öffentlich<br />

mit der Einladung zum Projekt ausschreibt,<br />

dann steigt die Wahrscheinlichkeit, motivierte<br />

Jugendliche da<strong>für</strong> begeistern zu können. Die<br />

Praktikant*innen sollen gleichzeitig normale Teilnehmende<br />

des Projektes sein und somit den Projektalltag<br />

mitbekommen.<br />

Vorbereitung<br />

Bindet die Jugendlichen in der Planung des Projektes<br />

so gut wie möglich ein, damit sie ein Verständnis<br />

davon bekommen, was die Aufgaben<br />

einer Projektleitung sind und wie die Kommunikation<br />

in einem Projektteam funktioniert.<br />

••<br />

Klärt die Fähigkeiten, Vorstellungen und Aufgaben<br />

der Praktikant*innen im Vorhinein ab.<br />

Damit verhindert ihr, dass eine der beiden<br />

Parteien unnötigerweise enttäuscht oder unzufrieden<br />

ist.<br />

••<br />

Plant Programm-Slots, welche die Praktikant*innen<br />

übernehmen können und auch<br />

wollen und gebt ihnen im Vorhinein bereits<br />

Materialien und Nachschlagewerke zur Verfügung.<br />

TIPP: Gebt der Person fähigkeitsbezogene<br />

Aufgaben, um sie motiviert dabei zu<br />

behalten.<br />

Durchführung<br />

Grundsätzlich wird, wenn so gewollt, das Projekt<br />

durch die Betreuenden geführt. Die Praktikant*innen<br />

leiten Programm-Slots je nach Engagement<br />

und Willen. Es ist wichtig, dass sie Freude dabei<br />

haben und den Willen, es auszuprobieren.<br />

••<br />

Definiert gemeinsam mit dem restlichen<br />

Team, welche Aufgaben die Praktikant*innen<br />

bekommen und wer die*der definitive Ansprechperson<br />

ist.<br />

••<br />

WICHTIG: Es ist wichtig, dass ihr den Personen<br />

nicht nur Aufgaben zuteilt und „machen<br />

lasst“, sondern sie auch unterstützt und wenn<br />

nötig zur Hilfe steht.<br />

••<br />

Geht mit den Praktikant*innen die vorbereiteten<br />

Workshops rechtzeitig durch (im besten<br />

Fall spielt sie einmal richtig durch) und gebt<br />

ihnen Feedback dazu.<br />

••<br />

Integriert sie in eure Überlegungen und Vorhaben.<br />

Findet Aufgaben, die den Fähigkeiten<br />

und dem Engagement entsprechen.<br />

••<br />

Gebt ihnen einen Platz im Team.<br />

••<br />

ACHTUNG: Hier könnte die Problematik<br />

entstehen, dass sie sich weg von den Teilnehmenden<br />

bewegen und stärker mit den<br />

Betreuenden zu tun haben. Klärt anfangs im<br />

Team ab, was <strong>für</strong> euch in Ordnung geht.<br />

Nachbereitung und Feedback<br />

Findet die Zeit gemeinsam als Team, das Projekt<br />

noch einmal aufzurollen und zu sehen was gut<br />

gelaufen ist und was verbessert werden könnte.<br />

Nehmt dazu, wenn ihr wollt, eine der Methoden<br />

des Handbuchs her, um die Ansichten aller zu<br />

sammeln.<br />

••<br />

Fragt nach, wie es der Person gegangen ist<br />

und was sie gelernt hat.<br />

••<br />

Wenn ihr wollt, könnt ihr einen netten Brief<br />

oder Ähnliches <strong>für</strong> euch gegenseitig verfassen,<br />

um das Erlebte nicht zu vergessen. Eine<br />

Person soll alle Briefe nach einer längeren<br />

Zeit versenden. Somit bleiben Ziele und Erinnerungen<br />

gut erhalten.<br />

GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />

35


Methoden<br />

TO GO<br />

••<br />

Berichte aus der Welt der Kinder und Jugendlichen<br />

••<br />

Kinderrechte Schatzkiste<br />

••<br />

Wunschbaum<br />

••<br />

Ideenhimmel<br />

••<br />

Motzwand und Lobwand<br />

••<br />

Kinderrechte Stadtkarte<br />

••<br />

Was wäre wenn…<br />

••<br />

Positionen beziehen<br />

••<br />

Fallstudien<br />

••<br />

Freizeitpark<br />

••<br />

Planspiel: Der Stadtrat von „Sleepyville“<br />

METHODEN TO GO<br />

37


Offene <strong>Methodensammlung</strong> - Überblick<br />

Name der Methode Altersgruppe Gruppengröße<br />

Berichte aus der Welt der Kinder und Jugendlichen 10+ 8-24<br />

Kinderrechte-Schatzkiste 3-10 2-25<br />

Wunschbaum 6-16 unbegrenzt<br />

Ideenhimmel 6-16 5+<br />

Motzwand<br />

Lobwand<br />

6-16 10-40<br />

Kinderrechte Stadtkarte 8+ 4-20<br />

Was wäre wenn... 8+ 8-20<br />

Positionen beziehen 16+ 4+<br />

Fallstudien 16+ 12+<br />

Freizeitpark 16+ 20+<br />

Planspiel: Der Stadtrat von „Sleepyville“ 14+ 15-30<br />

38 MITBESTIMMEN!


Berichte aus der<br />

Welt der Kinder und<br />

Jugendlichen<br />

Die Gruppe wird zu Reporter*innen und dokumentiert Kinderrechte in ihrer Nachbarschaft.<br />

Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />

Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />

Gruppengröße: 8-24<br />

Alter: 10+<br />

Dauer:<br />

120-150 Minuten<br />

Materialien:<br />

••<br />

Kopien der kinderfreundlichen Kinderrechtskonvention<br />

(siehe Anhang). Unterstreicht die<br />

Rechte, die <strong>für</strong> eure Gruppe interessant sein<br />

könnten.<br />

••<br />

Eine Fotokamera pro Kleingruppe<br />

••<br />

Notizzettel und Stifte<br />

••<br />

Stadtpläne<br />

••<br />

Drucker oder Beamer<br />

Ziele:<br />

••<br />

Sich Kinderrechten im Alltag bewusst werden.<br />

••<br />

Verstehen, wie Rechte verletzt und geschützt<br />

werden können.<br />

••<br />

Kooperative Fähigkeiten entwickeln, die den<br />

Kindern bei der Einforderung ihrer Rechte<br />

helfen können.<br />

Durchführung:<br />

1. Diskutiert in der Gruppe, welche Zeitungen<br />

oder Nachrichtensendungen- oder Webseiten<br />

die Kinder kennen. Erklärt, dass ihr <strong>für</strong><br />

einen Tag alle Nachrichtenreporter*innen<br />

sein werdet, die über Kinderrechte berichten<br />

wollen.<br />

2. Fragt die Gruppe dann, was sie schon über<br />

Kinderrechte wissen, und verteilt die Kopien<br />

der Kinderrechtskonvention. Erklärt, was die<br />

Konvention bedeutet.<br />

3. Teilt die Gruppe dann in Kleingruppen (4-5<br />

Personen) und gebt jeder einen Fotoapparat,<br />

Notizzettel und Stifte. Sie können damit bald<br />

auf die Straße gehen und sollen von Dingen<br />

oder Orten Fotos machen, die ein Beispiel<br />

<strong>für</strong> Kinderrechte sein können. Es kann etwas<br />

sein, das zeigt, wie Kinderrechte verletzt werden,<br />

oder wo Kinderrechte gelten. Sie können<br />

auch Fotos von Dingen machen, die sie gerne<br />

verändern würden.<br />

4. Bevor sie rausgehen, sollen sich die Gruppen<br />

aber überlegen, auf welches Recht sie sich<br />

konzentrieren wollen. Gebt ihnen etwas Zeit,<br />

nochmal durch die Liste der Rechte zu gehen<br />

und bittet alle euch zu sagen, welches Recht<br />

sie besonders interessiert. Alle in der Gruppe<br />

sollten wenigstens ein Foto machen und <strong>für</strong><br />

ein anderes Foto Notizen aufschreiben. Legt<br />

fest, wann alle Gruppen zurück sein müssen.<br />

Je nach Alter und Stadt muss eventuell ein*<br />

Gruppenhelfer*in mit jeder Kleingruppe mitgehen.<br />

5. Wenn die Gruppen zurück sind, sollen sie einen<br />

Nachrichtenbericht mit ihren Ergebnissen<br />

METHODEN TO GO<br />

39


vorbereiten. Sie können Fernsehnachrichten<br />

spielen oder eine Zeitungsseite basteln. Ihre<br />

Nachrichten sollten wenigstens eine Überschrift<br />

und eine Beschreibung der Fotos haben<br />

(wo wurde es gemacht, welches Recht<br />

zeigt es) und erklären, was die Gruppe gerne<br />

verändern möchte.<br />

Auswertung:<br />

••<br />

Wie war es, Reporter*in zu sein?<br />

••<br />

War es schwer, eine Situation in einem Foto<br />

aufzunehmen?<br />

••<br />

Habt ihr etwas Interessantes oder Überraschendes<br />

festgestellt?<br />

••<br />

Was habt ihr etwas über Kinderrechte in eurem<br />

Ort rausfinden können?<br />

••<br />

Gab es positive Beispiele <strong>für</strong> Kinderrechte?<br />

••<br />

Gab es negative Beispiele, wo Kinderrechte<br />

nicht beachtet werden?<br />

••<br />

Habt ihr Fotos von Dingen gemacht, wo ihr<br />

genau wisst, wie ihr sie verändern möchtet?<br />

••<br />

Die Kinderrechtskonvention gibt euch das<br />

Recht eure Meinung frei zu äußern. Wo und<br />

wie benutzt ihr dieses Recht? Wie könnten<br />

wir es effektiver nutzen? Können wir die Ergebnisse<br />

des heutigen Tages da<strong>für</strong> nutzen?<br />

Tipps <strong>für</strong> Gruppenhelfer*innen:<br />

••<br />

Ihr könnt auch vorher einige Rechte aus der<br />

Kinderrechtekonvention heraussuchen, anstatt<br />

den Kindern die ganze Liste zu geben.<br />

••<br />

Ihr könnt die Methode so verändern, dass sie<br />

nur ein Thema beleuchtet, etwa Partizipation,<br />

Gewalt, Geschlechtergleichheit etc.<br />

••<br />

Betont, dass es nicht nur wichtig ist herauszufinden,<br />

wo Rechte nicht eingehalten werden,<br />

sondern auch positive Beispiele zu finden.<br />

• • Stellt sicher, dass alle wissen, wie sie die Kameras<br />

bedienen. Wenn ihr kein technisches<br />

Material habt, könnt ihr die Orte auch zeichnen,<br />

oder die Gruppen finden Leute, die sie<br />

interviewen können.<br />

40 MITBESTIMMEN!


Kinderrechtskonvention<br />

der Vereinten Nationen<br />

kinderfreundliche Version<br />

Artikel 1: Jeder Mensch unter 18 Jahren hat<br />

diese Rechte.<br />

Artikel 2: Alle Kinder haben diese Rechte, egal<br />

wer sie sind, wo sie leben, woher sie kommen,<br />

welche Hautfarbe sie haben, was ihre Eltern<br />

machen, welche Sprache sie sprechen, welche<br />

Religion sie haben, ob sie Junge oder Mädchen<br />

sind, in welcher Kultur sie leben, ob sie<br />

eine Behinderung haben, ob sie reich oder<br />

arm sind. Keinem Kind darf irgendeines der<br />

beschlossenen Rechte weggenommen werden.<br />

Artikel 3: Wenn Erwachsene Entscheidungen<br />

über Dich treffen, sollen sie zuerst daran denken,<br />

was das Beste <strong>für</strong> Dich ist. Alle Einrichtungen<br />

<strong>für</strong> Kinder müssen ihrem Wohl dienen.<br />

Artikel 4: Dein Staat muss alle geeigneten<br />

Mittel einsetzen, um Deine Rechte zu verwirklichen.<br />

Alle Länder sollen zusammenarbeiten,<br />

damit die Kinder überall auf der Welt ihre<br />

Rechte ausüben können.<br />

Artikel 5: Deine Eltern sollen Dir dabei helfen,<br />

dass Du Deine Rechte kennst und durchsetzen<br />

kannst. Sie sollen berücksichtigen, dass Deine<br />

eigenen Fähigkeiten sich entwickeln.<br />

Artikel 6: Du hast das Recht zu leben und<br />

Dich bestmöglich zu entwickeln.<br />

Artikel 7: Du hast das Recht auf eine Geburtsurkunde,<br />

auf eine Staatsangehörigkeit<br />

und auch das Recht, Deine Eltern zu kennen<br />

und von ihnen betreut zu werden.<br />

Artikel 8: Du hast das Recht auf eine Identität,<br />

das heißt, auf Deinen Namen, eine Nationalität<br />

und Familienbeziehungen. Wenn etwas<br />

davon fehlt, muss der Staat helfen, dass Deine<br />

Identität voll hergestellt wird.<br />

Artikel 9: Du hast das Recht, bei Deinen Eltern<br />

zu leben, es sei denn, das wäre nicht gut <strong>für</strong><br />

Dich. Wenn Du aus irgendeinem Grund von<br />

beiden Eltern oder einem Teil der Eltern getrennt<br />

lebst, hast Du das Recht, regelmäßig<br />

mit ihnen in Verbindung zu sein, außer es würde<br />

Dich gefährden.<br />

Artikel 10: Wenn Du und Deine Eltern in verschiedenen<br />

Ländern leben, sollen die Staaten<br />

Euch unterstützen, wieder zusammen zu ziehen.<br />

Artikel 11: Niemand darf Dich gegen Deinen<br />

Willen im Ausland festhalten. Die Staaten<br />

müssen Dich davor schützen.<br />

Artikel 12: Du hast das Recht, Deine eigene<br />

Meinung mitzuteilen und Erwachsene müssen<br />

das, was Du sagst, ernst nehmen. Auch Richter<br />

müssen Dich anhören, wenn Du betroffen<br />

bist.<br />

Artikel 13: Du hast das Recht, das, was Du<br />

denkst und fühlst, anderen mitzuteilen, indem<br />

Du redest, zeichnest, schreibst oder auf<br />

andere Art und Weise. Du darfst aber keinen<br />

anderen Menschen damit verletzen oder kränken.<br />

Du hast das Recht zu erfahren, was in der<br />

Welt vor sich geht.<br />

Artikel 14: Du hast das Recht, Dir Deine eigene<br />

Meinung zu bilden und zu entscheiden, ob<br />

Du an einen Gott glaubst oder nicht. Deine<br />

Eltern sollen Dir dabei helfen, aber auch Deine<br />

Meinung berücksichtigen.<br />

Artikel 15: Du hast das Recht, Dich mit anderen<br />

zusammenzuschließen, und Ihr dürft Euch<br />

friedlich versammeln. Aber dabei dürft Ihr die<br />

Rechte anderer nicht verletzen.<br />

KINDERRECHTSKONVENTION<br />

I


Artikel 16: Du hast das Recht auf eine Privatsphäre.<br />

Niemand darf ungefragt Deine Briefe<br />

lesen, Dein Zimmer durchsuchen oder ähnliches<br />

tun. Niemand darf Dich beschämen oder<br />

beleidigen.<br />

Artikel 17: Du hast das Recht, alles zu erfahren,<br />

was Du <strong>für</strong> ein gutes Leben wissen musst,<br />

aus dem Radio, der Zeitung, Büchern, dem<br />

Computer und anderen Quellen. Erwachsene<br />

sollen da<strong>für</strong> sorgen, dass die Informationen,<br />

die Du erhältst, Dir nicht schaden. Außerdem<br />

sollen sie Dir helfen, die Infor-mationen, die<br />

Du brauchst, zu finden und zu verstehen.<br />

Artikel 18: Du hast das Recht, von beiden Eltern<br />

erzogen und gefördert zu werden. Deine<br />

Eltern müssen bei allem, was sie tun, da<strong>für</strong><br />

sorgen, dass es Dir gut geht. Der Staat soll die<br />

Eltern bei dieser Aufgabe unterstützen, zum<br />

Beispiel durch Kindergärten, Gesundheitsdienste<br />

und Ähnliches.<br />

Artikel 19: Du hast das Recht auf Schutz, damit<br />

Du weder körperlich noch seelisch misshandelt,<br />

missbraucht oder vernachlässigt wirst.<br />

Artikel 20: Du hast das Recht auf besonderen<br />

Schutz und Hilfe, falls Du nicht mit Deinen Eltern<br />

leben kannst.<br />

Artikel 21: Dein Staat muss da<strong>für</strong> sorgen, dass<br />

Du nur dann adoptiert werden kannst, wenn<br />

das in Deinem Interesse liegt.<br />

Artikel 22: Flüchtlingskinder haben das Recht<br />

auf besonderen Schutz und Hilfe. Auch alle<br />

anderen Rechte der Kinderrechtskonvention<br />

gelten <strong>für</strong> sie in dem Land, in dem sie gerade<br />

sind. Der Staat, die Vereinten Nationen und<br />

andere Organisationen müssen ihnen helfen,<br />

zu ihrer Familie zurückzu-kehren, falls sie alleine<br />

auf der Flucht sind. Falls dies nicht möglich<br />

ist, müssen sie wie andere Kinder ohne Eltern<br />

behandelt werden.<br />

Artikel 23: Du hast das Recht auf besondere<br />

Förderung und Unterstützung, falls Du behindert<br />

bist. Dir stehen auch in diesem Fall alle<br />

Rechte der Konvention zu, so dass Du ein gutes<br />

Leben führen und aktiv am sozialen Leben<br />

teilnehmen kannst.<br />

Artikel 24: Du hast das Recht auf die bestmögliche<br />

Gesundheit, medizinische Behandlung,<br />

sauberes Trinkwasser, gesundes Essen,<br />

eine saubere und sichere Umgebung, Schutz<br />

vor schädlichen Bräuchen und das Recht zu<br />

lernen, wie man gesund lebt.<br />

Artikel 25: Wenn du in einer Pflegefamilie<br />

bist oder in einem Heim lebst, hast Du das<br />

Recht, dass regelmäßig überprüft wird, ob es<br />

Dir dort gut geht.<br />

Artikel 26: Du hast das Recht, von den sozialen<br />

Sicherungssystemen Deines Staates unterstützt<br />

zu werden.<br />

Artikel 27: Du hast das Recht, in Lebensverhältnissen<br />

aufzuwachsen, die ermöglichen,<br />

dass Du Dich gut entwickeln kannst. Da<strong>für</strong><br />

sind zuerst Deine Eltern verantwortlich. Wenn<br />

Deine Eltern das nicht können, muss der Staat<br />

helfen, damit Du das Nötige hast, vor allem<br />

Nahrung, Kleidung und eine Wohnung.<br />

Artikel 28: Du hast das Recht auf eine gute<br />

Schulbildung. Die Grundbildung soll nichts<br />

kosten. Du sollst dabei unterstützt werden,<br />

den besten Schul- und Ausbildungsabschluss<br />

zu machen, den Du schaffen kannst. Der<br />

Staat muss da<strong>für</strong> sorgen, dass alle Kinder in<br />

die Schule gehen und kein Kind dort schlecht<br />

behandelt wird.<br />

Artikel 29: Deine Bildung soll Dir helfen, alle<br />

Deine Talente und Fähigkeiten zu entwickeln.<br />

Sie soll Dich außerdem darauf vorbereiten, in<br />

Frieden zu leben, die Umwelt zu schützen und<br />

andere Menschen und ihre Rechte zu respektieren,<br />

auch wenn sie anderen Kulturen oder<br />

Religionen angehören. Da<strong>für</strong> sollst Du auch<br />

die Menschen- und Kinderrechte kennenlernen<br />

und achten.<br />

Artikel 30: Jedes Kind hat das Recht, eine eigene<br />

Kultur, Sprache und Religion zu leben,<br />

egal, ob das alle Menschen in seinem Land so<br />

tun oder nicht. Minderheiten und Ureinwohner<br />

benötigen da<strong>für</strong> besonderen Schutz.<br />

Artikel 31: Du hast das Recht auf Freizeit, zu<br />

spielen, Dich zu erholen und Dich künstlerisch<br />

zu betätigen.<br />

II<br />

KINDERRECHTSKONVENTION


Artikel 32: Der Staat muss Altersgrenzen <strong>für</strong><br />

die Arbeit von Kindern erlassen. Er muss Dich<br />

vor Arbeit schützen, die schlecht <strong>für</strong> Deine<br />

Gesundheit oder Deine Schulbildung ist. Falls<br />

Du eine erlaubte Arbeit machst, hast Du das<br />

Recht auf Sicherheit am Arbeitsplatz und auf<br />

faire Bezahlung.<br />

Artikel 33: Du hast das Recht auf Schutz vor<br />

Drogen und Drogenhandel.<br />

Artikel 34: Du hast das Recht auf Schutz vor<br />

sexuellem Missbrauch in allen Formen.<br />

Artikel 35: Die Staaten der Welt müssen alle<br />

Kinder davor schützen, entführt oder verkauft<br />

zu werden.<br />

Artikel 36: Du hast das Recht auf Schutz vor<br />

jeder Art von Ausbeutung.<br />

Artikel 37: Niemand darf Dich auf grausame<br />

oder unmenschliche Weise bestrafen. Die Todesstrafe<br />

<strong>für</strong> Kinder muss überall abgeschafft<br />

werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen dürfen<br />

strafmündige Kinder ins Gefängnis gesperrt<br />

werden. Wenn es geschieht, müssen sie<br />

kindgerecht behandelt werden und sofort Zugang<br />

zu einem Anwalt haben. Sie müssen mit<br />

ihren Eltern in Verbindung bleiben können.<br />

Artikel 38: Du hast das Recht auf Schutz im<br />

Krieg. Ein zusätzlicher Vertrag bestimmt, dass<br />

kein Kind zu aktiver Teilnahme an bewaffneten<br />

Konflikten herangezogen werden darf.<br />

Artikel 39: Du hast das Recht auf Hilfe, wenn<br />

Du misshandelt, vernachlässigt oder ausgebeutet<br />

wurdest. Der Staat muss helfen, dass<br />

Du wieder in normales Leben zurückfindest.<br />

Artikel 40: Du hast das Recht auf rechtliche<br />

Hilfe und faire Behandlung vor Gericht, wenn<br />

Du strafmündig bist, und die Gesetze müssen<br />

Deine Rechte respektieren. Der Staat soll eigene<br />

Jugendgerichte einrichten und verschiedene<br />

Wege anbieten, um Jugendliche, die gegen<br />

Gesetze verstoßen haben, die Rückkehr<br />

ins gemeinsame Leben zu ermöglichen.<br />

Artikel 41: Falls Gesetze Deines Landes Deine<br />

Rechte besser schützen als die Kinderrechtskonvention,<br />

sollen sie weiter gelten.<br />

Artikel 42: Der Staat soll da<strong>für</strong> sorgen, dass<br />

alle Kinder und Erwachsenen die Kinderrechte<br />

kennen.<br />

Artikel 43 bis Artikel 54: Diese Artikel erklären,<br />

wie die Vereinten Nationen in Zusammenarbeit<br />

mit internationalen Organisationen<br />

wie UNICEF da<strong>für</strong> sorgen wollen, dass die<br />

Kinderrechte eingehalten werden.<br />

Quelle: Österreichische Kinderfreunde (Hg.), Kinder haben Rechte. Kinderrechte-Set <strong>für</strong> Kindergärten,<br />

Kindergruppen, Volksschulklassen und Hortgruppen, Wien 2012<br />

KINERRECHTSKONVENTION<br />

III


Kinderrechte-Schatzkiste<br />

Bildung ermöglicht Partizipation. Deshalb ist es wichtig, Kinder und Jugendliche über ihre Rechte, die<br />

Kinderrechte, zu informieren und aufzuklären. Mithilfe der Kinderrechte-Schatzkiste werden Kinderrechte<br />

greifbar und realer gemacht und dabei erfahren sie mehr über ihr Recht auf Partizipation. Je<br />

mehr man schließlich weiß, desto mehr wird es möglich, mitzubestimmen.<br />

Quelle: Hort Leipzigerstraße, Wien (Iren Komenda)<br />

Gruppengröße: 2-25<br />

Alter: 3-10<br />

Dauer:<br />

durchgängig einsetzbar<br />

Materialien: Schatzkisten-Kopiervorlage, Schere,<br />

Kleber, Stifte, kleine Gegenstände<br />

So funktioniert´s:<br />

••<br />

Gestaltung der Schatzkiste: Schneidet miteinander<br />

den mitgelieferten Bastelbogen aus.<br />

Faltet den Bogen und klebt ihn an den da<strong>für</strong><br />

vorgesehenen Stellen zusammen. Bemalt<br />

und beklebt die Schatzkiste gemeinsam unter<br />

dem Motto „Kinder haben Rechte“. Wenn ihr<br />

wollt, könnt ihr eine gemeinsame Schatzkiste<br />

basteln oder auch jede Person <strong>für</strong> sich. Alternativ<br />

zur Bastelvorlage kann auch ein alter<br />

Schuhkarton beklebt und verziert werden.<br />

••<br />

Nachdem ihr euch mit einigen Kinderrechten<br />

auseinandergesetzt habt, könnt ihr gemeinsam<br />

nach Symbolen <strong>für</strong> die einzelnen Rechte<br />

suchen oder jedes Kind sucht nach einem<br />

Symbol <strong>für</strong> das Recht, das ihm aktuell am<br />

wichtigsten erscheint.<br />

••<br />

Nun liegt es an euch, die Schatzkiste mit Leben<br />

zu füllen. Immer wenn Rechte von Kindern<br />

im Spiel sind, könnt ihr auf die Schatzkiste<br />

zurückgreifen. JedeR, der/die was zu sagen<br />

hat, kann die Schatzkiste herausholen und<br />

neue Stücke hinzufügen. Anhand der vorhandenen<br />

Gegenstände kann eine Diskussion<br />

stattfinden. Achtet auch darauf, ob eventuell<br />

ein Symbol fehlt.<br />

TIPP: Die Schatzkiste soll am besten an<br />

einem Ort sein, an dem sie jederzeit <strong>für</strong><br />

alle erreichbar ist.<br />

WICHTIG: Ganz egal was als Schatzkiste benutzt wird, wichtig ist nur,<br />

dass genügend Platz <strong>für</strong> die Gegenstände der Kinder ist.<br />

44 MITBESTIMMEN!


Schatzkiste-Kopiervorlage


Wunschbaum<br />

Beim Wunschbaum geht es darum die Wünsche, Ideen und Bedürfnisse von Kindern/ Jugendlichen<br />

herauszufinden und somit auf diese in weiteren Projekten gut eingehen zu können. Egal ob es eine<br />

tatsächliche Pflanze oder eine selbst gebaute Statue ist, alles erfüllt den Zweck solange man Ideen hinzufügen<br />

und sichtbar machen kann.<br />

Gruppengröße:<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

unbegrenzt<br />

Kinder und Jugendliche<br />

1h bis 2 Wochen oder länger<br />

Materialien: gut verzweigter Baum (1,5 -2 Meter<br />

hoch) oder mehrere große Zweige, Zettel, Filzstifte,<br />

Draht oder Wolle, Tonpapier oder Karton (<strong>für</strong><br />

Titel, Motto und Fragestellung), Moderationskärtchen<br />

oder Karteikärtchen (einmal gelocht) <strong>für</strong> die<br />

Wünsche.<br />

So funktionierts:<br />

1. Überlegungen im Vorhinein<br />

a. Nach welchen Wünschen die Kinder und<br />

Jugendlichen befragt werden und ob die<br />

Frage eher allgemein („Was wünsche ich<br />

mir <strong>für</strong> das kommende Schuljahr/ Gruppenjahr“)<br />

oder konkret formuliert („Meine<br />

Ideen und Wünsche <strong>für</strong> das Sommerfest/<br />

Meine Ideen und Wünsche <strong>für</strong> den<br />

Ausflug“) wird.<br />

b. Was ist der Zeitrahmen? Kurzfristig (in<br />

einer gemeinsamen Stunde gibt es die<br />

Möglichkeit Wünsche und Ideen zu äußern),<br />

oder langfristig (über das ganze<br />

Jahr verteilt)<br />

2. Als nächster Schritt kann bereits mit der<br />

Gruppe gemeinsam das Projekt „Wunschbaum“<br />

gestartet werden, indem die Fragestellung<br />

und das Schild als Team gezeichnet<br />

und verziert werden.<br />

3. Der Baum/ die Statue wird an einem gut<br />

sichtbaren Ort der Einrichtung aufgestellt<br />

und die Kinder/Jugendlichen werden ermutigt,<br />

möglichst viele Wünsche und Ideen aufzuschreiben.<br />

a. WICHTIG: Den Teilnehmenden zu erklären<br />

was mit ihren Wünschen und Ideen<br />

geschieht und wie damit in der Gruppe<br />

weitergearbeitet wird.<br />

4. Den Baum bis zu einem ausgemachten Zeitpunkt<br />

stehen lassen. Anschließend die Wünsche<br />

und Ideen <strong>für</strong> das gemeinsame Projekt<br />

auswerten und sich gemeinsam an die Planung<br />

machen.<br />

a. WICHTIG: Jede Idee und jeder Wunsch<br />

ist von Bedeutung. Versucht alle anzunehmen<br />

und in eure Planung einzubauen.<br />

Falls es einmal nicht möglich ist, versucht<br />

Kompromisse zu machen.<br />

Ähnliche Methoden: Wunsch- und Meckerkasten<br />

Hier wird eine Box oder eine Schachtel gemeinsam mit der Gruppe gebastelt und bemalt und <strong>für</strong><br />

alle erreichbar in der Einrichtung/ im Gruppenraum aufgestellt. Jede Person, die etwas auf dem<br />

Herzen hat, kann hier auch im geheimen einen Wunsch oder ein Bedürfnis teilen.<br />

46 MITBESTIMMEN!


METHODEN TO GO<br />

47


Ideenhimmel<br />

… eine Ideensammlung bei der alles möglich ist! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Beim Ideenhimmel<br />

ist jede Idee erlaubt. Traut euch zu träumen, wie es sein könnte!<br />

Quelle: Johannes Kühn (Hg.), Einmischen! Eine Gebrauchsanleitung <strong>für</strong> Kassel, Kassel 2008<br />

Gruppengröße: 5+<br />

Alter: 6 - 16<br />

Dauer:<br />

je nach Gruppengröße<br />

Materialien: Großer Stoff (z.B. Leintuch), viele<br />

Ideensterne, Stifte, Klebeband, Sicherheitsnadeln<br />

••<br />

Formuliert zu Beginn die passenden Ideenfragen<br />

zu eurem Vorhaben oder Problem. Im<br />

Mittelpunkt der Ideensammlung können folgende<br />

Ideenfragen stehen:<br />

»»<br />

Wie können Lösungen <strong>für</strong> unser Vorhaben<br />

aussehen?<br />

»»<br />

Wie kann unser Ort (Spielplatz, Schulhof,<br />

etc.) verbessert werden?<br />

»»<br />

Was würden wir dort gerne machen können?<br />

»»<br />

…<br />

••<br />

Hängt den leeren Ideenhimmel an die Wand<br />

oder legt ihn auf den Boden.<br />

••<br />

Schreibt eure Ideenfragen auf einen großen<br />

Stern und hängt diesen an den Himmel.<br />

••<br />

Nehmt euch Zeit zum Fantasieren! Es bietet<br />

sich, an eine Fantasiegeschichte zu erzählen,<br />

wie: „Heute komme ich an die Schule und<br />

alles hat sich verändert. Ich gehe über den<br />

Schulhof und sehe plötzlich …!“ Schließt die<br />

Augen und eine Person erzählt eine Geschichte.<br />

Stellt euch vor, wie eure Träume wahr werden.<br />

••<br />

Schreibt jede Idee, die euch eingefallen ist,<br />

auf einen Stern. Versucht die Idee genau zu<br />

beschreiben und benutzt <strong>für</strong> jede Idee einen<br />

neuen Stern.<br />

••<br />

Hängt alle Ideen an euren Ideenhimmel. Versucht<br />

dabei, die Ideen thematisch zu ordnen.<br />

••<br />

Wenn alle Ideen hängen, versucht ähnliche<br />

Ideen zusammenzufassen und daraus eine<br />

Idee zu machen. Tauscht ähnliche Ideen<br />

durch die eine Idee aus - Wiederholung<br />

••<br />

Setzt euch vor den Ideenhimmel und ergänzt.<br />

••<br />

Die Klasse wählt gemeinsam die 10 wichtigsten<br />

und tollsten Ideen aus. Diese können im<br />

Schulkontext vom Klassensprecher oder der<br />

Klassensprecherin in die nächste Schüler*innenvertretung<br />

mitgenommen werden.<br />

Zusatz: Ideenprüfung<br />

Bei der Ideenprüfung geht es um die Machbarkeit<br />

der Ideen. Dazu wird eine Zielscheibe verwendet.<br />

Alle Ideen müssen drei Prüfungsfragen bestehen,<br />

um in das Ziel zu kommen. Die Prüfungsgruppe<br />

sollte nicht größer als 25 Personen sein. Es empfiehlt<br />

sich auch im Vorfeld Expert*innen einzuladen.<br />

1. Alle Ideensterne werden vom Himmel abgenommen<br />

und am Rand der Zielscheibe verteilt.<br />

2. Die Ideen müssen nun durch die Zielkreise:<br />

Zielkreis 1: Ist diese Idee hier erlaubt? Ist diese<br />

Idee ungefährlich?<br />

Die Ideen, bei denen ihr die Frage mit NEIN<br />

beantworten müsst, bleiben im ersten Zielkreis<br />

liegen. Alle anderen wandern in den<br />

zweiten Zielkreis.<br />

Zielkreis 2: Gibt es <strong>für</strong> diese Idee genug Platz<br />

an unserem Ort? Passt diese Idee auf unser<br />

Gelände?<br />

Die Ideen, bei denen ihr die Frage mit NEIN<br />

beantworten müsst, bleiben im zweiten Zielkreis<br />

liegen. Alle anderen wandern in den<br />

dritten Zielkreis.<br />

48 MITBESTIMMEN!


Zielkreis 3: Können wir <strong>für</strong> diese Idee genug<br />

Geld auftreiben?<br />

Die Ideen bei denen ihr die Frage mit NEIN<br />

beantworten müsst, bleiben im dritten Zielkreis<br />

liegen. Alle anderen wandern in die Zielmitte.<br />

3. Bei allen Ideen welche in der Zielmitte angekommen<br />

sind, ist die Wahrscheinlichkeit<br />

hoch, dass sie umgesetzt werden können. Es<br />

bietet sich noch an, die Ideen der Zielmitte in<br />

zwei Gruppen zu sortieren:<br />

A. Günstige und einfache Ideen, die wenig Geld<br />

kosten, oder die wir mithilfe von anderen selber<br />

bauen und umsetzten können.<br />

B. Teure und aufwändige Ideen, die viel Geld<br />

kosten oder <strong>für</strong> deren Umsetzung wir Unterstützung<br />

von Erwachsenen benötigen.<br />

METHODEN TO GO<br />

49


Motzwand oder Lobwand<br />

Mit einer Motz- und einer Lobwand kann herausgefunden werden, was schlecht ist, also verändert werden<br />

muss, und was gut ist, also bleiben soll. Es ist eine einfache Aktionsform, mit der viele Menschen<br />

gleichzeitig befragt werden können.<br />

Quelle: Johannes Kühn (Hg.), Einmischen! Eine Gebrauchsanleitung <strong>für</strong> Kassel, Kassel 2008<br />

Gruppengröße: 10-40<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

6 - 16 Jahre<br />

30-60 Minuten<br />

Materialien: mindestens zwei große Plakatbögen,<br />

eine freie Wand, rote und gelbe Papierbausteine<br />

in A5, dicke Filzstifte, Klebeband, Klebepunkte<br />

Anleitung <strong>für</strong> die Motzwand:<br />

••<br />

An einer großen Wand wird ein großer Papierbogen<br />

mit der Überschrift „Motzwand –<br />

Was gefällt mir nicht, zB. im Jugendzentrum,<br />

in der Klasse aufgehängt.<br />

••<br />

Auf Motzkärtchen (rote Zetteln in A5) können<br />

alle, die ihre Meinung zu der Ausgangsfrage<br />

abgeben wollen, Kritikpunkte mit Begründung<br />

aufschreiben oder aufmalen. Achtet darauf,<br />

dass auf jedem Baustein nur ein Punkt<br />

festgehalten wird. So lassen sich die Themen<br />

an der Wand besser ordnen.<br />

••<br />

Die Motzkarten werden an die Motzwand gehängt.<br />

Sie wird übersichtlicher, wenn ihr beim<br />

Anhängen die Motzsteine schon thematisch<br />

ordnet. Also hängen die Kritikpunkte, die die<br />

gleiche Sache betreffen, gemeinsam an einer<br />

Stelle an der Wand.<br />

Anleitung <strong>für</strong> die Lobwand:<br />

••<br />

An einer großen Wand wird ein großer Papierbogen<br />

mit der Überschrift „Lobwand–<br />

Was gefällt mir“, zB. im Jugendzentrum, oder<br />

in der Klasse aufgehängt.<br />

die Themen an der Wand besser ordnen.<br />

••<br />

Die Lobkarten werden an die Lobwand gehängt<br />

und im besten Fall geordnet.<br />

Weiterarbeiten mit der Motz- oder Lobwand:<br />

1. Um weiterarbeiten zu können, erhält jedes<br />

Mitglied der Gruppe z.B. fünf Klebepunkte<br />

und muss diese Klebepunkte, auf den <strong>für</strong> die<br />

Person wichtigsten Motz- bzw. Lobkärtchen,<br />

verteilen.<br />

2. Die fünf Karten von der Motzwand und der<br />

Lobwand mit den meisten Punkten werden<br />

ausgewählt. Diese Kärtchen stellen die fünf<br />

wichtigsten Themen <strong>für</strong> die Gruppe dar.<br />

3. Diese fünf Themen kann der*die Klassensprecher*in,<br />

z.B. mit in die Schüler*innenvertretung<br />

nehmen, oder man verwendet<br />

diese Methode in einer Gruppe, wo man sich<br />

ebenso auf fünf Themen geeinigt hat, welche<br />

die Gruppe verändern will.<br />

Es bietet sich an, die Motzwand und Lobwand<br />

einige Tage hängen zu lassen!<br />

••<br />

Auf Lobkärtchen (gelbe Zetteln in A5) können<br />

alle, die ihre Meinung zu der Ausgangsfrage<br />

abgeben wollen, positives Feedback<br />

mit Begründung aufschreiben oder aufmalen.<br />

Achtet darauf, dass auf jedem Baustein nur<br />

ein Punkt aufgeschrieben wird. So lassen sich<br />

50 MITBESTIMMEN!


METHODEN TO GO<br />

51


Kinderrechte-Stadtkarte<br />

Die Teilnehmenden erstellen Stadtpläne ihrer Orte und bestimmen die Plätze in ihrer Nachbarschaft, die<br />

mit Kinderrechten und besonders dem Recht auf Beteiligung in Verbindung gebracht werden können.<br />

Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />

Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />

Gruppengröße: 4-20<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 8 Jahren<br />

90 Minuten<br />

Materialien: Poster, Material zum Malen, Kopien<br />

der Rechteliste (Siehe Anhang der Methode „Berichte<br />

aus der Welt der Kinder und Jugendlichen)<br />

Durchführung:<br />

1. Bittet die Teilnehmenden, wichtige Orte in<br />

ihrer Nachbarschaft zu nennen (Parks, Stadthalle,<br />

Kirchen, Krankenhäuser, Schule, Supermarkt<br />

etc.).<br />

2. Dann teilt die Gruppe in Kleingruppen von<br />

4-5 Personen auf und verteilt die Poster und<br />

das Malzeug. Bittet sie, einen Stadtplan ihrer<br />

Nachbarschaft aufzumalen, auf dem sie ihre<br />

eigenen Wohnorte, die eben genannten Orte<br />

und andere wichtige Plätze eintragen können.<br />

3. Wenn die Karten fertig sind, kommt wieder<br />

in einem Kreis zusammen und verteilt die<br />

Rechtelisten. Ihr könnt die Rechte gemeinsam<br />

durchlesen. Erklärt, dass diese Rechte –<br />

gemeinsam mit einigen anderen – die UNO<br />

– Kinderrechtskonvention darstellen (schaut<br />

in der Einleitung nach mehr Informationen).<br />

Diskutiert die Beteiligungsrechte (12, 13, 14,<br />

15 und 17) und erklärt, warum diese wichtig<br />

sind.<br />

4. Bittet dann alle, in ihre Kleingruppen zurückzugehen<br />

und zu überlegen, welche Rechte<br />

sie mit welchen Orten in Verbindung bringen<br />

können. Insbesondere sollen sie überlegen,<br />

wo sie sich beteiligen können, ihre Meinung<br />

sagen können und Entscheidungen treffen<br />

dürfen. Eine Moschee kann zum Beispiel mit<br />

dem Recht auf Glaubensfreiheit in Verbindung<br />

gebracht werden, eine Schule mit dem<br />

Recht auf Bildung, eine Bücherei mit dem<br />

Recht auf Information. Sie können die Nummern<br />

der Rechte in ihre Stadtpläne eintragen.<br />

5. Am Ende könnt ihr euch gegenseitig die<br />

Stadtpläne vorstellen.<br />

Ziele:<br />

••<br />

Sich mit der Kinderrechtskonvention vertraut<br />

machen<br />

••<br />

Überlegen, wo Kinder sich in ihren Orten beteiligen<br />

können<br />

••<br />

Den Zustand der Kinderrechte in ihren Orten<br />

auswerten.<br />

Auswertung:<br />

••<br />

Wart ihr überrascht, dass ihr in eurer Gegend<br />

Kinderrechte entdecken konntet?<br />

••<br />

Sind sich eure Stadtpläne ähnlich, oder gibt<br />

es große Unterschiede?<br />

••<br />

Gibt es Plätze in eurer Nachbarschaft, die ihr<br />

mit mehr als einem Recht verbinden konntet?<br />

••<br />

Gibt es Orte auf euren Plänen, die ihr mit<br />

keinem Recht verbinden konntet?<br />

••<br />

Gibt es Rechte, die besser respektiert werden<br />

als andere?<br />

••<br />

Gibt es Rechte, die niemand auf ihren Plänen<br />

verzeichnet hat?<br />

• • Welche Plätze habt ihr mit den Beteiligungsrechten<br />

verbunden? Wie könnt ihr euch dort<br />

beteiligen?<br />

52 MITBESTIMMEN!


••<br />

An welchen Orten, an denen ihr keine Beteiligungsrechte<br />

verzeichnet habt, würdet<br />

ihr euch gern an Entscheidungen beteiligen?<br />

Warum?<br />

••<br />

Gibt es Orte in eurer Nachbarschaft, an denen<br />

Menschen <strong>für</strong> Kinderrechte eintreten und<br />

euch dabei helfen, eure Rechte wahrzunehmen?<br />

(Was ist mit Eltern, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen,<br />

der Polizei…Was ist ihre<br />

Rolle, wenn es um Kinderbeteiligung geht?)<br />

••<br />

Was hat das Recht auf Beteiligung mit anderen<br />

Kinderrechten zu tun?<br />

Tipps <strong>für</strong> Gruppenhelfer*innen:<br />

••<br />

Die Methode nimmt an, dass die Teilnehmenden<br />

bereits mit dem Konzept von Rechten<br />

vertraut sind, und hilft ihnen dabei, dieses<br />

Konzept in die Realität zu übertragen. Wenn<br />

ihr noch nie über Kinder- oder Menschenrechte<br />

gesprochen habt, macht es Sinn, erst<br />

einmal damit anzufangen darüber zu sprechen,<br />

was Rechte eigentlich sind.<br />

••<br />

Ihr könnt die Stadtpläne auch da<strong>für</strong> benutzen,<br />

einen Stadtrundgang der Kinderrechte<br />

zu machen und Kinderrechte in Aktion zu<br />

finden.<br />

••<br />

Ihr könntet auch eine*n Sozialarbeiter*in<br />

oder Aktivist*in einladen, um mit ihnen über<br />

Kinderrechte in eurem Ort zu sprechen und<br />

darüber, wie die Situation der Kinderrechte<br />

verbessert werden kann.<br />

• • Die Methode ist ein guter Anfangspunkt, um<br />

darüber zu sprechen, was die Gruppe in ihrer<br />

Stadt verändern möchte.<br />

METHODEN TO GO<br />

53


Was wäre wenn...<br />

Die Teilnehmenden stellen sich vor, was die Konsequenzen bestimmter Situationen sein könnten, vor<br />

allem Situationen, in denen Kinder alle Entscheidungen treffen können.<br />

Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />

Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />

Gruppengröße: 8-20<br />

Alter: 8+<br />

Dauer:<br />

60 Minuten<br />

Materialien: Situationskarten (Siehe Anhang 1),<br />

Papier und Stifte, Kopien der Folgenkaskade (Siehe<br />

Anhang 2) – je eine <strong>für</strong> Dreier- oder Vierergruppen<br />

Ziele:<br />

••<br />

Über den Einfluss von Kinderbeteiligung auf<br />

Entscheidungen nachdenken.<br />

••<br />

Überlegen, welchen Einfluss Rechte auf unser<br />

tägliches Leben haben.<br />

Durchführung:<br />

1. Erklärt, dass ihr euch in dieser Methode „was<br />

wäre, wenn…” vorstellen werdet. Manchmal<br />

überlegen wir uns diese Frage zu guten Dingen<br />

(was wäre, wenn es keine Kriege mehr<br />

gäbe…) und manchmal zu schlechten Dingen<br />

(was wäre, wenn ein Krieg ausbrechen würde?).<br />

In dieser Methode bekommt ihr Situationen<br />

und müsst überlegen, welche Folgen<br />

dies haben könnte.<br />

2. Stellt die Folgenkaskade (Anhang 2) vor und<br />

beschreibt, wie eine Situation zu einer Kettenreaktion<br />

führen kann. Nehmt dazu ein einfaches<br />

Beispiel (was wäre, wenn ihr nicht zur<br />

Schule gehen würdet? → Kein Lesen lernen<br />

→ kein Englisch lernen → im Urlaub nicht<br />

mit Kindern aus anderen Ländern sprechen<br />

können...)<br />

3. Teilt die Kinder in Dreier- oder Vierergruppen<br />

ein und gebt jeder eine Folgenkaskade und<br />

Stifte sowie eine mögliche Situation (Anhang<br />

1). Bittet sie, in ihren Gruppen zusammenzuarbeiten<br />

um das Blatt mit Folgen zu füllen.<br />

4. Wenn sie damit fertig sind, sollen die Gruppen<br />

eine oder mehrere „menschliche Statuen”<br />

vorbereiten, die zeigen, welche Folgen<br />

die Situation haben könnte. Gebt ihnen 10<br />

Minuten, um sich die Statuen zu überlegen.<br />

5. Dann kommt wieder im Kreis zusammen.<br />

Nacheinander können die Gruppen ihre Situationen<br />

vorlesen und dann ihre Statuen vorstellen.<br />

6. Die anderen Gruppen können nach jeder<br />

Vorstellung Fragen stellen.<br />

Diskutiert:<br />

••<br />

Was hat die Gruppe gezeigt?<br />

••<br />

Findet ihr diese Folgen realistisch?<br />

••<br />

Fallen euch andere Folgen ein, die aus dieser<br />

Situation entstehen könnten?<br />

Auswertung:<br />

••<br />

Wie fandet ihr die Methode?<br />

••<br />

Wie war es, sich die Folgen auszumalen?<br />

••<br />

Findet ihr, dass diese Situationen Wirklichkeit<br />

werden sollten?<br />

••<br />

Findet ihr, dass Kinder oder Erwachsene bessere<br />

Entscheidungen treffen? Warum?<br />

••<br />

In welchen der Situationen wurden Kinderrechte<br />

gestärkt? Wie? In welchen wurden sie<br />

verletzt?<br />

• • Wenn ein Kinderrecht gestärkt wird, welche<br />

Folgen hat das <strong>für</strong> andere Rechte? Konntet<br />

ihr da<strong>für</strong> Beispiele finden?<br />

54 MITBESTIMMEN!


••<br />

Was ist, wenn Rechte verletzt werden? Welche<br />

Folgen hat das <strong>für</strong> andere Rechte?<br />

Anhang 1: „Was wäre, wenn“ Situationen<br />

••<br />

Was passiert mit Kinderrechten, wenn Kinder<br />

sich an politischen Entscheidungen beteiligen<br />

können?<br />

Was wäre, wenn alle Schulen geschlossen werden würden? Ab morgen können Kinder machen,<br />

was sie wollen, anstatt in die Schule zu gehen.<br />

Was wäre, wenn Kinder entscheiden würden, was in der Schule passiert?<br />

Was wäre, wenn es neben dem*der Bürgermeister*in noch eine*n Kinderbürgermeister*in geben<br />

würde?<br />

Was wäre, wenn Kinder nicht mehr in Gruppen oder Vereine gehen könnten?<br />

Was wäre, wenn es verboten wäre, in Parks, auf Straßen und Spielplätzen zu spielen?<br />

Was wäre, wenn Kinder zu jeder Stadtratssitzung eingeladen werden würden?<br />

Was wäre, wenn es Kindern mit Behinderung ermöglicht würde, alles zu machen, was andere Kinder<br />

auch machen können?<br />

Was wäre, wenn alle Kinder, die durch einen Test fallen, sofort die Schule verlassen müssen?<br />

Anhang 2: Folgekaskade<br />

METHODEN TO GO<br />

55


Positionen beziehen<br />

Hier geht es darum, die Teilnehmenden dazu zu bringen, Stellung zu provokativen Aussagen bzgl. Kinderbeteiligung<br />

zu beziehen und den Nutzen dieser zu diskutieren. Dabei denken sie darüber nach, was<br />

sinnvolle und sichere Beteiligung <strong>für</strong> Kinder bedeutet und wie sie aussehen könnte.<br />

Gruppengröße: 4+<br />

Alter: 16+<br />

Dauer:<br />

40 Minuten<br />

Materialien: provokante Aussagen zum Thema<br />

Kinderbeteiligung (siehe Methodenanhang)<br />

So funktioniert´s:<br />

••<br />

Erklärt den Teilnehmenden, dass sie in dieser<br />

Übung Stellung zu verschiedenen Aussagen<br />

zu Kinderbeteiligung nehmen müssen. Sie<br />

können entweder zustimmen oder dagegen<br />

sein, sonst gibt es keine Möglichkeit.<br />

••<br />

Gemeinsam mit der Gruppe wird entschieden,<br />

welche Seite des Raums Zustimmung<br />

und welche Ablehnung bedeutet. Nachdem<br />

ihr eine Aussage vorgelesen habt, ist es an<br />

den Teilnehmenden, sich ihrer Meinung entsprechend<br />

im Raum zu positionieren.<br />

TIPP: Wenn alle auf die gleiche Seite<br />

gehen, könnt ihr auch jemanden bitten,<br />

gegen ihre persönliche Meinung, die<br />

Gegenseite zu vertreten.<br />

••<br />

Lest die erste Aussage vor und wartet bis jede*r<br />

den Platz eingenommen hat. Falls nötig,<br />

stellt noch einmal klar, dass niemand in der<br />

Mitte stehen kann. Nun fragt abwechselnd<br />

jede Seite ein paar Mal um ihre Erklärung.<br />

Bittet sie, nicht zu wiederholen, was bereits<br />

gesagt wurde.<br />

TIPP: Passt auf, dass nicht immer dieselben<br />

Personen zu Wort kommen.<br />

••<br />

Nun lest die nächste Aussage vor und wiederholt<br />

den Ablauf.<br />

Evaluationsfragen:<br />

••<br />

Bei welchen Aussagen war es am schwersten,<br />

exakt Stellung zu nehmen? Warum?<br />

••<br />

Gab es Aussagen, die euch bekannt vorkamen?<br />

••<br />

Was sind die besten Argumente <strong>für</strong> Kinderbeteiligung?<br />

••<br />

Wie würdet ihr sinnvolle Beteiligung definieren?<br />

••<br />

Was sind eurer Meinung nach die größten<br />

Probleme <strong>für</strong> Beteiligung? Denkt quer, fallen<br />

euch Lösungsansätze ein?<br />

TIPP: Wenn ihr wollt, könnt ihr auch eigene<br />

Aussagen (zusätzlich) überlegen.<br />

••<br />

Nachdem ihr einige Argumente gehört habt,<br />

könnt ihr fragen, ob jemand seine Meinung<br />

geändert hat und die Seite wechseln möchte.<br />

56 MITBESTIMMEN!


Provokante Aussagen<br />

1. Kinderbeteiligung ist wichtig, weil es Kinder<br />

darauf vorbereitet Entscheidungsträger*innen<br />

von morgen zu werden.<br />

2. Kinder spielen lieber, als Verantwortung zu<br />

übernehmen.<br />

3. Kinder sollten in alle Entscheidungen unserer<br />

Organisation involviert sein.<br />

4. Kinder sollten nicht bei jeder Entscheidung<br />

mitreden können, weil sie oft nicht in der<br />

Lage sind, alle Konsequenzen abzusehen.<br />

5. Kinder treffen normalerweise bessere Entscheidungen<br />

als Erwachsene.<br />

6. Kinder brauchen die Erwachsenen nicht,<br />

um aktiv in der Gesellschaft teilzuhaben.<br />

7. Das Wahlalter sollte überall auf 16 Jahre<br />

gesenkt werden.<br />

8. Es ist aktive Beteiligung, wenn Kinder eine<br />

öffentliche Feier organisieren.<br />

9. Jeder Stadtrat sollte einen Platz <strong>für</strong> eine*n<br />

Kindervertreter*in reservieren.<br />

METHODEN TO GO<br />

57


Fallstudien<br />

Eine Diskussionsmethode in der die Teilnehmenden Beispiele von Kinderbeteiligung analysieren. Es regt<br />

sie dazu an, über Vor- und Nachteile verschiedener Beteiligungsformen nachzudenken und zu überlegen,<br />

wie Kinder/Jugendliche mehr in Entscheidungsprozesse involviert und währenddessen unterstützt<br />

werden können.<br />

Gruppengröße: 12+<br />

Alter: 16+<br />

Dauer:<br />

60 Minuten<br />

Materialien: Kopien der Fallstudien (angehängt<br />

an Methode), Flipchart und Stifte<br />

So funktioniert´s:<br />

TIPP: Auch kleine Gruppe möglich, dann<br />

aber die Beispiele als gesamte Gruppe<br />

besprechen<br />

••<br />

Erklärt, dass ihr euch verschiedene Szenarien<br />

ansehen werdet, um von verschiedenen Beteiligungsformen<br />

die Vor- und Nachteile zu<br />

analysieren.<br />

••<br />

Teilt die Gruppe in Kleingruppen ein, sodass<br />

überall mindestens zwei Personen sind<br />

und gemeinsam überlegt werden kann.<br />

Jede Gruppe sollte ein Szenario bekommen<br />

und folgende Fragen diskutieren.<br />

»»<br />

Was mögt ihr an diesem Beispiel? Was<br />

funktioniert hier gut?<br />

»»<br />

Was sind die Nachteile in diesem Beispiel?<br />

Was stoppt hier eine sinnvolle Beteiligung?<br />

••<br />

Nun stellt, falls noch nicht bekannt, Roger<br />

Harts Beteiligungsleiter vor (siehe theoretischer<br />

Input) und fragt die Gruppe auf welche<br />

Stufen sie ihre Beispiele stellen würde. Ihr<br />

könnt die Situationen neben die Stufe pinnen<br />

oder kleben.<br />

••<br />

Schließlich überlegt euch, wie man die Szenarien<br />

verändern müsste, um das Level an Mitbestimmung<br />

zu verbessern.<br />

Evaluationsfragen:<br />

••<br />

➔Welche Möglichkeiten hatten die Kinder/ Jugendlichen<br />

in diesen Beispielen sich zu beteiligen?<br />

Ist es an dem Ort, wo ihr lebt, ähnlich?<br />

Welche Möglichkeiten gibt es bei euch?<br />

••<br />

Sollten wir immer versuchen, auf der höchsten<br />

Stufe der Partizipationsleiter zu sein? Erklärt,<br />

dass höher nicht automatisch besser ist.<br />

Zwischen Stufe 4 und Stufe 8 kommt es auf<br />

den Kontext, eure Mittel und die Fähigkeiten<br />

der beteiligten Kinder und Erwachsenen an.<br />

••<br />

Wie können wir Kinder motivieren, sich an<br />

bestimmten Entscheidungen zu beteiligen?<br />

TIPP: Um es <strong>für</strong> die Teilnehmenden einfacher<br />

zu machen, schreibt die Fragen<br />

gut leserlich auf ein Poster und hängt sie<br />

gut sichtbar auf.<br />

••<br />

Nach etwa 15min vergleicht ihr die Situationen<br />

sowie die Analysen derer.<br />

58 MITBESTIMMEN!


Anhang: Fallbeispiele<br />

Eine regionale Organisation <strong>für</strong> Jugendbildung hat seit Jahren ein Jugendkomitee. Das Komitee hat<br />

eine beratende Funktion und Vertreter*innen im geschäftsführenden Vorstand. Bis vor kurzem gab<br />

es eine Person im Büro, die da<strong>für</strong> zuständig war, das Komitee zu koordinieren und zu unterstützen.<br />

Wegen Budgetkürzungen hat diese Person aber leider nur noch ganz wenig Zeit <strong>für</strong> das Komitee.<br />

Einige Jugendliche aus einem Jugendclub haben Lust, sich stärker in den Club einzubringen und<br />

mehr Verantwortung zu übernehmen. Sie sprechen mit einem Mitarbeiter, der ihnen erlaubt, eine<br />

Filmnacht zu organisieren. Er stellt ein Budget von 50 Euro zur Verfügung und sagt, dass sie eine<br />

Liste schreiben können mit all den Sachen, die sie <strong>für</strong> die Filmnacht brauchen.<br />

Ein Projekt eines Jugendstadtrats ist ein Jugendmagazin. Die beteiligten Jugendlichen entscheiden<br />

über Themen, schreiben Artikel, machen Interviews etc. Sie können über alles schreiben, worüber<br />

sie denken, dass andere sich da<strong>für</strong> interessieren.<br />

Es gibt ein regionales Netzwerk von Kindern zwischen 12 und 18, die zusammen Kinderrechte<br />

publik machen wollen. Das Netzwerk wird komplett von den Kindern geleitet; sie stellen den geschäftsführenden<br />

Vorstand, der das Programm aufstellt. Erwachsene sind im Netzwerk angestellt,<br />

um das von den Kindern festgelegte Programm durchzuführen. Aus rechtlichen Gründen müssen<br />

die Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands mindestens 16 sein, aber jüngere können sich an<br />

anderen Stellen einbringen und Entscheidungen beeinflussen. Alle, die Interesse haben, können sich<br />

am Netzwerk beteiligen.<br />

Dem Stadtrat wurde aufgetragen, dass er Jugendliche zu geplanten Änderungen im Jugendangebot<br />

der Stadt konsultieren sollte. Deshalb lädt er zwei Schulen ein, jeweils zwei oder drei Schulsprecher*innen<br />

zu schicken; außerdem kommen noch Kinder einiger Stadtratsmitglieder hinzu. Den<br />

Jugendlichen werden die geplanten Änderungen vorgestellt, sie werden nach ihrer Meinung gefragt<br />

und hören dann nie wieder etwas davon.<br />

Nach einem Kontrollbesuch wurde einer Schule vorgeschlagen, die Schüler*innen mehr in die<br />

Schulpolitik einzubeziehen. Das Lehrer*innenkollegium diskutiert den Vorschlag und beschließt<br />

dann, drei Vorschlagsboxen in der Schule aufzustellen. Die Schüler*innen können dort Ideen einwerfen.<br />

Die Direktorin möchte in der nächsten Schulversammlung da<strong>für</strong> Werbung machen.<br />

METHODEN TO GO<br />

59


Freizeitpark<br />

Eine Simulation, in der die Teilnehmenden ein Modell eines umweltfreundlichen Vergnügungsparks<br />

bauen müssen. Jede Gruppe simuliert eine andere Stufe von Beteiligung.<br />

Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />

Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />

Gruppengröße: 20+<br />

Alter: 16+<br />

Dauer:<br />

90 Minuten<br />

Materialien:<br />

••<br />

Kopien der Rollenkarten (Anhang)<br />

••<br />

Viele Bastelmaterialien, um die Modelle zu<br />

bauen (Pappe, Streichhölzer, Streichholzschachteln,<br />

••<br />

Kleber, farbiges Papier – u.a. pinkes und<br />

grünes, oder ihr verändert die Rollenbeschreibung<br />

entsprechend).<br />

••<br />

Tücher, um die Augen zu verbinden.<br />

Ziele:<br />

••<br />

Verschiedene Stufen von Kinderbeteiligung<br />

simulieren.<br />

••<br />

Die verschiedenen Stufen von Harts Beteiligungsleiter<br />

verstehen.<br />

••<br />

Die Rolle von Erwachsenen in Kinderbeteiligung<br />

verstehen.<br />

Durchführung:<br />

1. Teilt die Teilnehmenden in 5 Gruppen ein.<br />

Bittet alle Gruppen, zwei Personen auszuwählen,<br />

die die Erwachsenen in der Gruppe spielen<br />

werden. Dann verteilt dementsprechend<br />

die Rollenkarten.<br />

2. Verteilt außerdem die Materialien und verbindet<br />

die Augen derjenigen, deren Rolle<br />

dies vorschreibt. Dann haben die Gruppen<br />

20 Minuten Zeit, um ihr Modell zu bauen.<br />

3. Kommt nach 20 Minuten wieder zusammen,<br />

um die Modelle vorzustellen. Nachdem alle<br />

Gruppen an der Reihe waren, bittet alle aufzustehen<br />

und ihren Körper auszuschütteln, als<br />

ob sie ihre Rollen abschütteln würden. Fangt<br />

erst dann mit der Auswertung an.<br />

Auswertung:<br />

••<br />

Wie war die Übung? Wie habt ihr euch gefühlt?<br />

Wieso habt ihr euch so gefühlt?<br />

••<br />

Erklärt, was in euren Gruppen passiert ist (Ihr<br />

könnt auf einem Flipchart Notizen dazu machen).<br />

••<br />

Was waren die Unterschiede zwischen euren<br />

Gruppen? Wie haben sich die Erwachsenen<br />

verhalten?<br />

••<br />

Was sagen die Situationen in euren Gruppen<br />

über Kinderbeteiligung aus?<br />

••<br />

Was bedeutet es, dass manche Kinder die<br />

Augen verbunden hatten, oder nur eine Hand<br />

benutzen konnten?<br />

••<br />

Waren die Erfahrungen von manchen Gruppen<br />

besser als die von anderen? Welche<br />

Gruppe hatte die besten Beteiligungsverfahren?<br />

Wie könntet ihr die Gruppen je nach Beteiligungsgrad<br />

ordnen?<br />

••<br />

Glaubt ihr, dass alle Gruppen Beteiligung ermöglicht<br />

haben? Welche (wenn überhaupt)<br />

nicht?<br />

••<br />

Ihr könnt nun Roger Harts Beteiligungsleiter<br />

vorstellen (Siehe Anhang 3). Hat die Gruppe<br />

eine ähnliche Rangordnung festgestellt?<br />

••<br />

Wart ihr selbst jemals in Situationen, wie sie<br />

die niedrigste Stufe beschreibt? Wann war<br />

das? Wie habt ihr euch gefühlt?<br />

• • Wart ihr jemals in Situationen, die auf die<br />

oberste Stufe gehören? Wie war das?<br />

60 MITBESTIMMEN!


Anhang 1: Die Situation<br />

Herzlichen Glückwunsch! Eure Organisation hat eine finanzielle Förderung von der Stiftung <strong>für</strong> aktive<br />

Beteiligung erhalten um einen umweltfreundlichen Vergnügungspark zu bauen. Die Kooperation<br />

mit der Kinder- und Jugendgruppe die ihr in eurem Antrag erwähnt, stellt einen wichtigen Aspekt<br />

des Projektes dar. Laut der Projektvereinbarung habt ihr nun die Aufgabe, ein Modell des Vergnügungsparks<br />

zu bauen. Da<strong>für</strong> habt ihr 20 Minuten Zeit. Ihr könnt jegliches Bastelmaterial benutzen.<br />

Damit es tragbar ist, sollte alles auf Pappe stehen.<br />

Anhang 2: Rollenbeschreibungen<br />

Gruppe 1 - Erwachsene: Euer Ziel ist es, eure Marke zu promoten (eure Farben sind pink und grün)<br />

und auf eure Kooperation mit McDonald’s hinzuweisen. Ihr wollt den Platz benutzen, um einen<br />

Parkplatz <strong>für</strong> McDonalds zu bauen, mit einem kleinen Spielplatz <strong>für</strong> Kinder am Rand. Der Spielplatz<br />

und Parkplatz sollten in der Zukunft eure Haupteinnahmequelle werden.<br />

Ihr braucht die Hilfe der Jugendlichen in eurer Gruppe, um den Zaun zu bauen, <strong>für</strong> den ihr bereits<br />

genaue Vorstellungen habt. Ihr informiert die Jugendlichen nicht über eure Ziele, aber sie müssen<br />

die Teilnehmerliste ausfüllen, denn diese ist Voraussetzung, um die Förderung zu erhalten.<br />

Gruppe 1 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />

Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />

und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen. Eure Augen sind verbunden.<br />

Gruppe 2 - Erwachsene: Euer Ziel ist es, euer Marke zu promoten (eure Farben sind pink und grün).<br />

Es ist außerdem wichtig, dass eure Expert*innen gut bezahlt werden. Ihr wollt ein möglichst gutes<br />

Modell bauen, deshalb stellt ihr da<strong>für</strong> einen Experten ein. Ihr ladet einige Jugendliche zu einer Konsultation<br />

ein, aber die Entscheidungen müssen vom Vorstand eurer Organisation gefällt werden.<br />

Gruppe 2 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />

Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />

und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen. Eure Augen sind verbunden.<br />

Gruppe 3 - Erwachsene: Ihr wollt euer Image in der Stadt verbessern, und da<strong>für</strong> ist dieses Projekt<br />

hervorragend geeignet. Ihr habt bereits mit einigen Expert*innen gesprochen und verschiedene<br />

Vorschläge erarbeitet, zum Beispiel einen Skatepark, Umweltbildungspfade und ein Heulabyrinth.<br />

Jetzt ladet ihr einige Jugendliche ein, um zwischen diesen Vorschlägen zu entscheiden. Ihr informiert<br />

sie über das Ziel des Projekts und eure Pläne. Nach der Konsultation können die Jugendlichen<br />

dabei helfen, das Modell zu bauen, aber nur unter eurer Leitung. Ihr dürft den Jugendlichen die<br />

Tücher von den Augen nehmen.<br />

Gruppe 3 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />

Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />

und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen.<br />

METHODEN TO GO<br />

61


Gruppe 4 - Erwachsene: Ihr habt gehört, dass es bei euch im Ort eine Gruppe junger Umweltschützer*innen<br />

gibt und möchtet dieser Gruppe gerne die Förderung geben, die ihr bekommen habt.<br />

Die Jugendlichen müssen dann Ideen entwickeln, umsetzen und den Bericht schreiben. Eure Aufgabe<br />

ist es lediglich, den Jugendlichen zu helfen, wenn sie um Hilfe bitten. Ihr informiert sie über<br />

den Hintergrund des Projekts und die Anforderung, einen umweltfreundlichen Vergnügungspark<br />

zu bauen.<br />

Gruppe 4 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />

Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />

und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen. Eine Hand wird euch auf den Rücken<br />

gebunden.<br />

Gruppe 5 - Erwachsene: Ihr seid Ingenieur*innen. Ihr helft einer Gruppe Jugendlicher das Modell<br />

zu bauen, wenn sie um Unterstützung bitten.<br />

Gruppe 5 - Jugendliche: Ihr seid ein Jugendumweltverein. Ihr wusstet von der Möglichkeit, Geld<br />

<strong>für</strong> einen Vergnügungspark zu erhalten und habt da<strong>für</strong> einen Antrag geschrieben. Jetzt müsst ihr<br />

das Modell entwickeln. Wenn ihr wollt, könnt ihr zwei Ingenieur*innen um Hilfe bitten. Eine eurer<br />

Hände ist auf den Rücken gebunden.<br />

Anhang 3: Unterstützung zur Auswertung<br />

Der Wissenschaftler Roger Hart,<br />

der zu Kinderrechten forscht, hat<br />

verschiedene Partizipationsformen<br />

in acht Schritte eingeteilt, die auch<br />

die oben beschriebene falsche<br />

Partizipation mit einschließen.<br />

Seine berühmte Beteiligungsleiter<br />

hilft uns dabei, verschiedene Beteiligungsansätze<br />

zu analysieren.<br />

62 MITBESTIMMEN!


Planspiel: Der Stadtrat<br />

von „Sleepyville“<br />

Diese Methode simuliert eine Gemeinderatssitzung, in der der Bau einer Moschee in einer traditionell<br />

christlichen Gegend diskutiert wird. Ziel ist es, reale Konflikte zu simulieren, die beim Versuch die<br />

Bedürfnisse diverser Gemeinschaften abzudecken, entstehen können. Außerdem wird das Recht der<br />

Glaubens- und Religionsfreiheit bearbeitet und Debatten- und Analysefähigkeit gefördert.<br />

Gruppengröße: 15-30<br />

Alter: 14+<br />

Dauer:<br />

2½ Stunden<br />

Materialien:<br />

••<br />

Papier <strong>für</strong> Namensschilder<br />

••<br />

Flipchart-Papier<br />

••<br />

Eine Uhr<br />

••<br />

Eine kleine Glocke <strong>für</strong> den/die Bürger/innenmeister/in<br />

Vorbereitung:<br />

••<br />

Die Rollenbeschreibungen, die Problembeschreibung<br />

und die Regeln der Debatte kopieren<br />

(optional).<br />

••<br />

Namensschilder <strong>für</strong> die verschiedenen Parteien<br />

bzw. Gruppen vorbereiten, die an der<br />

Sitzung teilnehmen.<br />

••<br />

Die verschiedenen Rollen auf einem Flipchart<br />

auflisten, sodass alle sie sehen können.<br />

••<br />

Raum <strong>für</strong> die „Gemeinderatssitzung“ und <strong>für</strong><br />

die verschiedenen Gruppen vorbereiten, sodass<br />

sie ihre Positionen besprechen können,<br />

bevor sie auf die anderen Gruppen treffen.<br />

So geht´s:<br />

1. Lest die Problembeschreibung im Handout<br />

vor. Erklärt, dass alle Bürger*innen von Sleepyville<br />

sind und alle besorgt wegen der Frage<br />

sind, ob eine neue Moschee auf einem Stück<br />

heruntergekommenen Gemeindeland gebaut<br />

werden soll.<br />

2. Zeigt den Teilnehmer*innen die verschiedenen<br />

Rollen und bittet alle, eine auszusuchen.<br />

Teilt die Rollenkarten und die Problembeschreibung<br />

aus und weist den Gruppen den<br />

Raum zur Vorbesprechung zu.<br />

3. Erklärt die Regeln der Debatte während der<br />

Sitzung.<br />

4. Erklärt, dass vor der eigentlichen Sitzung 30<br />

Minuten zur Verfügung stehen, damit die<br />

Teilnehmer/innen andere Bürger*innen treffen<br />

und um ihre Meinung fragen können und<br />

ihre eigenen Standpunkte, Wortmeldungen<br />

und ihr Wahlverhalten absprechen können.<br />

Die Gemeinderatssitzung wird 40 Minuten<br />

dauern, daher ist wenig Zeit <strong>für</strong> lange Reden.<br />

Aus diesem Grund sollten alle versuchen, 1-2<br />

Hauptargumente auszuarbeiten.<br />

5. Nutzt die Vorbereitungsphase um den Raum<br />

<strong>für</strong> die „Gemeinderatssitzung“ vorzubereiten.<br />

Idealerweise sollten alle in einem Halbkreis<br />

sitzen, mit dem*der Bürgermeister*in ganz<br />

vorne in einer leicht erhöhten Position. Parteien<br />

oder Gruppen sollten zusammen sitzen<br />

können und auf den Tischen sollten die Namenskärtchen<br />

vorbereitet und platziert werden.<br />

6. Ladet nach 30 Minuten die Bürger*innen zur<br />

Sitzung ein (oder beauftragt den/die Bürger/<br />

meister*in mit dieser Aufgabe). Er*Sie sollte<br />

alle an die grundlegenden Regeln der Debatte<br />

erinnern und eine kurze Einleitungsrede zu<br />

Beginn der Sitzung halten.<br />

METHODEN TO GO<br />

63


7. Nach 40 Minuten, am Ende der Sitzung, sollte<br />

der/die Bürger/innenmeister/in die Abstimmung<br />

beginnen. Sobald die Stimmen gezählt<br />

sind und das Ergebnis verkündet ist, erklärt<br />

die Aktivität <strong>für</strong> beendet und ladet alle Teilnehmer/innen<br />

in einen Sitzkreis zur Nachbesprechung<br />

ein.<br />

Nachbesprechung und Evaluierung:<br />

Beginnt die Feedbackrunde damit, alle Teilnehmer*innen<br />

mit ihrem richtigen Namen zu begrüßen<br />

oder nutzt eine andere Technik, um den<br />

Teilnehmenden zu helfen, wieder aus ihren Rollen<br />

herauszuschlüpfen. Dieser Schritt ist wichtig <strong>für</strong><br />

eine erfolgreiche Nachbesprechung.<br />

Fragt die Teilnehmer*innen was sie über den Prozess<br />

denken und fühlen, den sie gerade erlebt<br />

haben:<br />

••<br />

Wart ihr überrascht vom Abstimmungsergebnis<br />

und hat es mit der Position deiner Rolle<br />

übereingestimmt?<br />

••<br />

Wie viel Einfluss glaubst du hattest du (als<br />

deine Rolle) am Ergebnis?<br />

••<br />

Wie einfach war es <strong>für</strong> euch, sich mit der<br />

Rolle zu identifizieren? Warum oder warum<br />

nicht?<br />

••<br />

Glaubt ihr, dass diese Situation im echten Leben<br />

aufkommen könnte? Fallen euch ähnliche<br />

Fälle ein?<br />

••<br />

Wie würdet ihr reagieren, wenn diese Frage<br />

in eurer Gemeinde diskutiert werden würde?<br />

Hat dieses Rollenspiel eure Einstellung oder<br />

Meinung geändert?<br />

••<br />

Was versteht ihr unter der Meinungs- und<br />

Religionsfreiheit? Kennt ihr Beispiele davon,<br />

wie diese Rechte früher oder heute eingeschränkt<br />

oder verwehrt wurden/werden?<br />

••<br />

Warum glaubt ihr, dass Religionsfreiheit ein<br />

grundsätzliches Menschenrecht ist?<br />

••<br />

Inwieweit glaubt ihr, dass dieses Recht in euerer<br />

Umgebung wahrgenommen und respektiert<br />

wird?<br />

Tipps:<br />

••<br />

Eine zweite Person kann bei der Leitung des<br />

Rollenspiels hilfreich sein.<br />

••<br />

Der die Bürger*meister*in ist eine sehr fordernde<br />

Rolle. Stellt sicher, dass die Person, die<br />

diese Rolle spielt, sich mit dieser Rolle wohlfühlt<br />

und sich in der Lage sieht, die Sitzung<br />

zu moderieren und Leute, falls es notwendig<br />

ist, auch unterbricht und die Redezeit überwacht.<br />

Daher ist es hilfreich, diese Aufgaben<br />

mit der Person, die diese Rolle spielt, vor der<br />

Simulation noch einmal abzuklären. Während<br />

dem Rollenspiel solltet ihr die Moderation<br />

vollständig dem*der Bügermeister*in überlassen<br />

und nur im Notfall einzuschreiten –<br />

ohne die Autorität der Person, die den*die<br />

Bürgermeister*in spielt zu untergraben.<br />

••<br />

Sollte die Simulation außer Kontrolle geraten,<br />

z.B. weil die Teilnehmer*innen thematisch<br />

abschweifen oder in einer Pattsituation nicht<br />

mehr weiterkommen, könnt ihr feststellen,<br />

dass solche Situationen im echten Leben<br />

auch vorkommen und es daher nicht bedeutet,<br />

dass das Rollenspiel gescheitert ist. Die<br />

Nachbesprechung kann dann genutzt werden,<br />

um die Schwierigkeiten zu diskutieren.<br />

••<br />

Während der Nachbesprechung ist es wichtig,<br />

dass die Teilnehmer/innen ihre Rolle hinter<br />

sich lassen, um die Erfahrungen reflektieren<br />

zu können. Helft ihnen dabei, die Simulation<br />

aus ihrer eigenen Perspektive zu beurteilen<br />

und nicht durch ihre Rolle.<br />

Liste der Teilnehmer/innen in der<br />

Sitzung<br />

Versucht die Seiten ausgewogen zu halten, sodass<br />

gleich viele Leute in jeder Partei und Gruppe sind.<br />

Ihr könnt so viele „normale Bürger*innen“ einbauen,<br />

wie ihr wollt.<br />

••<br />

Den*die Bürgermeister*in von Sleepyville<br />

••<br />

Gemeinderatsmitglieder: 3 Parteien sollten<br />

vertreten sein. In jeder Partei sind 1-2 Mitglieder.<br />

••<br />

„Junge Sleepies <strong>für</strong> Menschenrechte!“ 1 bis 2<br />

Vertreter*innen<br />

••<br />

„Gesellschaft <strong>für</strong> Vergangenheit und Gegenwart“:<br />

1 bis 2 Vertreter*innen<br />

••<br />

„Muslimische Gemeinschaft von Sleepyville“:<br />

1 bis 2 Vertreter*innen<br />

••<br />

Normale Bürger*innen: beliebig viele<br />

• • Optional: 1 bis 2 Journalist*innen, die über<br />

die Sitzung berichten<br />

64 MITBESTIMMEN!


Regeln der Debatte<br />

Ihr könnt diese Regeln je nach Gruppengröße und Zeitressourcen adaptieren.<br />

••<br />

Die Sitzung wird vom Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin geleitet. Seine*ihre Entscheidungen<br />

sind endgültig.<br />

••<br />

Wenn du sprechen möchtest, hebe die Hand und warte bis der*die Bürgermeister*in dich<br />

aufruft.<br />

••<br />

Wortmeldungen sollten kurz sein und dürfen 2 Minuten nicht überschreiten.<br />

••<br />

Die Sitzung wird nach 40 Minuten geschlossen. Vor Schließung der Sitzung gibt es eine Abstimmung,<br />

ob die Moschee gebaut werden soll oder nicht.<br />

••<br />

Alle Teilnehmer*innen der Sitzung haben das Rederecht und dürfen am Ende abstimmen.<br />

Anhang: Rollenkarten<br />

Eine Moschee in Sleepyville<br />

Du lebst im malerischen Ort Sleepyville, einer Stadt mit etwa 80.000 Einwohner*innen. Im Laufe<br />

der letzten 60 Jahre hat sich die Bevölkerung der Stadt radikal verändert, einerseits weil junge<br />

Menschen aufgrund von besseren Jobchancen in größere Städte ziehen, andererseits weil viele<br />

Familien eingewandert sind und jetzt in der Stadt leben, viele davon aus muslimischen Ländern.<br />

Manche dieser Familien sind schon seit 3 Generationen da, aber werden von vielen Leuten in der<br />

Stadt aber noch immer als „Neulinge“ gesehen und mit Misstrauen begegnet. Heute machen sie<br />

15% der Bevölkerung aus.<br />

Eine Frage teilt nun die Stadt: Die Muslim*innen von Sleepyville hätten gerne eine Moschee, die<br />

auf einem Stück verlassenen Land gebaut werden soll, das der Stadt gehört. Diese Grundstück ist<br />

schon seit Jahren heruntergekommen und es gab schon unzählige Beschwerden über dieses Grundstück<br />

bei der Gemeinde: Es liegt nahe der Haupteinkaufsstraße und befindet sich in einer Gegend,<br />

in der Vandalismus und Drogenkonsum ein ständiges Problem sind.<br />

Als nun also ein reicher Geschäftsmann angeboten hat, das Problem <strong>für</strong> die Gemeinde zu lösen,<br />

dachte der*die Bürgermeister*in sein*ihr Glückstag wäre gekommen. Der Gemeinderat hat bereitwillig<br />

das Grundstück bereitgestellt und zugesichert, 20% der Baukosten <strong>für</strong> die Moschee zu übernehmen.<br />

Die restlichen 10% der Baukosten, die der Geschäftsmann nicht finanzieren konnte, würden<br />

von der muslimischen Community aufgebracht werden. Die Bauarbeiten hätten diese Woche<br />

starten sollen … aber der Gemeinderat wurde von Beschwerden von wütenden Bürger*innen überflutet,<br />

die gegen dieses Projekt sind. Der Gemeinderat hat also eine spezielle Sitzung einberufen,<br />

um diese Frage zu lösen, zu der alle eingeladen sind. Die Sitzung wird in 30 Minuten stattfinden.<br />

Rolle: Die Bürger/innenmeisterin von Sleepyville<br />

Du bist die Vorsitzende*der Vorsitzende der Versammlung und es wird deine Rolle sein, die Teilnehmenden<br />

der Sitzung zu begrüßen und sie an die Regeln der Debatte zu erinnern, sobald die<br />

Sitzung beginnt. Während der Sitzung solltest du versuchen, allen eine Möglichkeit zu sprechen<br />

zu geben – und du solltest es niemand erlauben, zu lang zu sprechen! Du bist sehr besorgt über<br />

die schlechte Publicity, die dieser Fall angezogen hat und planst vor der Sitzung mit manchen der<br />

Gruppen zu reden, um sie davon zu überzeugen ihre Position aufzuweichen.<br />

METHODEN TO GO<br />

65


Rolle: Gemeinderatsmitglied: Partei der Tradition<br />

Du repräsentierst die Partei der Tradition im Gemeinderat – und du bist stark gegen den Bau der<br />

Moschee. Du glaubst, dass es nicht richtig ist, ein Gemeindegrundstück und Gemeinderessourcen<br />

<strong>für</strong> einen Andachtsort zur Verfügung zu stellen, der nicht die Traditionen dieses Landes und dieser<br />

Stadt respektiert. Du hast das Gefühl, dass eingewanderte Familien bereits privilegiert sind, indem<br />

sie hier leben dürfen und dass sie einem Land, in dem sie nur zu Gast sind, nicht ihren verschiedenen<br />

Lebensstil aufdrängen dürfen. Du bist besorgt, dass die Moschee ein Treffpunkt werden<br />

könnte, an dem Terrorist*innen rekrutiert werden.<br />

Rolle: Gemeinderatsmitglied: Populistische Partei<br />

Du repräsentierst die Populistische Partei im Gemeinderat. Du hast die eigentliche Entscheidung<br />

unterstütz, die Moschee auf dem Grundstück zu bauen – unter anderem, da du es erkennst, dass<br />

die muslimische Community gut <strong>für</strong> die Wirtschaft der Stadt ist und du sie nicht ausgrenzen möchtest.<br />

Allerdings bist du sehr besorgt über die Beschwerden der Bürger*innen und möchtest keinen<br />

unnötigen Konflikt in der Gemeinde erschaffen. Du bist auch besorgt über dein Abschneiden bei<br />

der nächsten Gemeinderatswahl, also wirst du vermutlich jene Option bevorzugen, die am wenigsten<br />

kontrovers erscheint.<br />

Rolle: Gemeinderatsmitglied: Partei der Vielfalt<br />

Du repräsentierst die Partei der Vielfalt im Gemeinderat. Du glaubst, dass der relativ große Anteil<br />

der Menschen von verschiedensten Orten der Welt die Kultur verbessert und das Interesse an Sleepyville<br />

erhöht haben und du findest es unfair, dass die Stadt so viele dieser Leute so lange davor<br />

abgehalten hat, ihre Religion auszuüben. Du erkennst außerdem, dass das verlassene Grundstück<br />

zu sozialen Problemen in der Stadt führt und die Gemeinde derzeit nicht das Geld hat, um es selbst<br />

zu entwickeln und zu verbessern.<br />

Rolle: Mitglieder der „Gesellschaft <strong>für</strong> Vergangenheit und Gegenwart“<br />

(2-4 Teilnehmer*innen)<br />

Ihr seid eine der wichtigsten Gruppen, die gegen den Bau dieser Moschee sind. Eure Mitglieder<br />

sind aus traditionellen (nicht muslimischen) Gemeinschaften in Sleepyville und ihr denkt, dass es<br />

sehr wichtig ist, den altehrwürdigen Charakter der Stadt zu bewahren, in der die meisten von euch<br />

bereits euer ganzes Leben lang leben. Das Grundstück, auf dem die Moschee gebaut werden soll,<br />

ist sehr zentral und die Moschee wäre von den meisten Orten im Stadtzentrum sichtbar.<br />

Insbesondere könnte die Moschee den Blick auf die Kirche am Stadtplatz verdecken. Ihr habt das<br />

Gefühl, dass der Charakter eurer Heimatstadt komplett durch die Ankunft einer neuen Gruppe an<br />

Menschen verändert wird, die erst kürzlich angekommen sind. Ihr seht es nicht ein, warum Menschen,<br />

die in diesem Land von irgendwo anders gekommen sind nicht nach denselben Regeln leben<br />

sollen wie ihr.<br />

Rolle: Bürger*in von Sleepyville<br />

Du bist besorgt über den Konflikt, der Sleepyville scheinbar übernommen hat und möchtet zur<br />

Gemeinderatssitzung gehen, um abzustimmen. Derzeit weißt du nicht wie du abstimmen wirst: du<br />

musst mit möglichst vielen verschiedenen Gruppen sprechen und planst dir dann eine Meinung zu<br />

bilden.<br />

66 MITBESTIMMEN!


Rolle: Mitglieder der Jugendorganisation „Junge Sleepies <strong>für</strong> Menschenrechte!“<br />

(2-4 Teilnehmer*innen)<br />

Eure Gruppe wurde gegründet, um die größten Probleme <strong>für</strong> junge Menschen in Sleepyville anzusprechen.<br />

Ihr seht den Bau der Moschee sowohl als Lösung <strong>für</strong> das Bedürfnis der muslimischen<br />

Community, endlich einen Gebetsort zu bekommen, als auch als Lösung <strong>für</strong> die unzähligen sozialen<br />

Probleme, die dazu geführt haben, dass das Grundstück so heruntergekommen ist. Ihr unterstützt<br />

den Bau der Moschee, aber ihr seid besorgt über andere soziale Probleme, deren Lösung der<br />

Gemeinderat vernachlässigen könnte, wenn er den Bau der Moschee mitfinanziert. Insbesondere<br />

wurde das Jugendbudget im Laufe der letzten 5 Jahre auf ein Niveau heruntergekürzt, das die<br />

Notwendigkeiten in der Stadt bei weitem nicht abdecken kann.<br />

Rolle: Mitglied der „Muslimischen Gemeinschaft von Sleepyville“<br />

(2-4 Teilnehmer*innen)<br />

Ihr habt den Gemeinderat seit Jahren darum gebeten, einen Gebetsort <strong>für</strong> die muslimische Community<br />

zur Verfügung zu stellen – dieser Wunsch wurde jedoch immer aus finanziellen Gründen<br />

abgelehnt. Ihr findet es unfair, dass die muslimische Community aufgefordert wird, 10% der Baukosten<br />

zu übernehmen, da die wirtschaftliche Situation <strong>für</strong> die meisten Menschen ziemlich schlecht.<br />

Außerdem hat die christliche Community 11 verschiedene Kirchen, die von deutlich weniger Menschen<br />

genutzt werden, als es die Moschee werden würde. Ihr habt das Gefühl, dass der Beitrag<br />

der muslimischen Community am Fortschritt der Stadt nicht wertgeschätzt wird und dass einige<br />

Leute euerer Community auf unfaire Weise in verschiedensten Bereichen ihres Lebens diskriminiert<br />

werden. Außerdem würde der Gemeinderat durch eine Ablehnung des Baus den Muslim*innen das<br />

Grundrecht auf freie Religionsausübung verwehren.<br />

METHODEN TO GO<br />

67


Feedback als<br />

Mitbestimmungs-<br />

methode<br />

••<br />

Allgemeines und Checkliste<br />

••<br />

Blitzlichtrunde<br />

••<br />

Zielscheibe<br />

••<br />

Fünf-Finger-Feedback<br />

••<br />

Meinungslinie<br />

••<br />

Impulskarten<br />

••<br />

Koordinatensystem<br />

••<br />

Wie aus Feedback Mitbestimmung wird<br />

FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />

69


Wenn wir Mitbestimmung leben wollen, müssen wir Meinungen zulassen. In Lernprozessen, bei Vorträgen<br />

und Seminaren ist es meistens üblich, dass nach Ablauf eine sogenannte Feedbackrunde stattfindet.<br />

Dabei handelt es sich um eine Rückmeldung an eine Person über deren Präsentationsverhalten, über<br />

den Inhalt des Seminars. Feedback kann aber auch als Form der Mitbestimmung verwendet werden.<br />

Als Mitbestimmungsmethode kann das Feedback vor allem bei längeren Arbeitsprozessen, wie zum<br />

Beispiel bei Schulklassen verwendet werden. Dabei ist es wichtig, dass die Auswertungen an die Schüler*innen<br />

rückgemeldet werden und als Organ der Mitbestimmung und eventuellen Veränderung in<br />

den zukünftigen Unterricht einfließen. Bevor auf dieses Beispiel weiter eingegangen wird und Methoden<br />

angeführt werden, gibt es allgemeine Tipps zur Verwendung von Feedback.<br />

70 MITBESTIMMEN!


Allgemeine Tipps zum<br />

Feedback<br />

Um ein Feedback erfolgreich durchzuführen, werden hier drei Hilfestellungen gegeben:<br />

Auswahl der Methode<br />

Bevor Feedback durchgeführt werden kann, muss<br />

eine Methode ausgewählt werden. Dazu sind im<br />

Vorfeld ein paar Überlegungen anzustellen:<br />

••<br />

Was ist das Ziel des Feedbacks?<br />

Die Frage nach dem Ziel des Feedbacks sollte<br />

ganz am Anfang stehen. In unserem Fall geht<br />

es um Mitbestimmung, und die angegebenen<br />

Methoden sind darauf ausgerichtet.<br />

••<br />

Mit welcher Altersgruppe von Menschen<br />

habe ich es zu tun?<br />

Je nach Altersgruppe müssen Feedbackmethoden<br />

anders durchgeführt werden.<br />

••<br />

Wie groß ist die Gruppe?<br />

Die Größe der Gruppe hat sowohl Auswirkungen<br />

auf die Zeitressourcen, als auch auf<br />

die Möglichkeiten der Durchführung. Bei<br />

kleineren Gruppen können Feedbacks viel<br />

offener im Plenum gestaltet werden, als bei<br />

Großgruppen.<br />

••<br />

Wie viel Zeit habe ich <strong>für</strong> das Feedback?<br />

Die Verfügbarkeit von Zeit spielt bei Feedbacks<br />

immer eine große Rolle. Hier sollte<br />

lieber etwas mehr eingeplant werden, damit<br />

sich die Teilnehmer*innen nicht gestresst fühlen.<br />

••<br />

Wie differenziert soll das Feedback sein?<br />

Für die Auswahl der Methode ist es notwendig<br />

sich zu überlegen, wie detailliert das Ergebnis<br />

sein soll.<br />

••<br />

Welche Informationen werden benötigt?<br />

Es sollte im Vorfeld klar sein, welche Informationen<br />

die Feedbackmethode ausgeben soll.<br />

Richtlinien <strong>für</strong> ein produktives<br />

Feedback<br />

Diese Richtlinien dienen dazu ein produktives<br />

Feedback <strong>für</strong> beide Seiten zu erhalten. Das ist vor<br />

allem im Kontext der Mitbestimmung wesentlich<br />

und sollte mit den Teilnehmer*innen vor der<br />

Durchführung kurz besprochen werden.<br />

••<br />

Konstruktiv: Ein produktives Feedback sollte<br />

immer konstruktiv sein, also Perspektiven <strong>für</strong><br />

die Zukunft bieten.<br />

••<br />

Beschreibend: Ein produktives Feedback sollte<br />

immer beschreibend sein, also auf Bewertungen<br />

und Interpretationen sollte verzichtet<br />

werden.<br />

••<br />

Konkret: Ein produktives Feedback sollte<br />

immer konkret sein. Verallgemeinerung und<br />

pauschale Aussagen sind nicht zielführend.<br />

••<br />

Subjektiv: Ein produktives Feedback sollte<br />

immer subjektiv sein. Es sollte sich nur um<br />

die eigenen Beobachtungen und Eindrücke<br />

handeln.<br />

••<br />

Nicht nur negativ: Ein produktives Feedback<br />

sollte nicht nur negativ sein.<br />

Checkliste <strong>für</strong> die Durchführung eines<br />

Feedbacks<br />

Zum Abschluss eine kleine Checkliste <strong>für</strong> die erfolgreiche<br />

Durchführung eines Feedbacks:<br />

••<br />

Klare Zielsetzung <strong>für</strong> das Feedback<br />

••<br />

Auswahl einer Feedbackmethode<br />

••<br />

Vorbereitung der Methode – eventuell mit<br />

kurzem Erklärungsplan<br />

••<br />

Vorbereitung aller benötigten Materialien<br />

Nach der Durchführung die Nachbereitung nicht<br />

vergessen!<br />

FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />

71


Feedback-Methoden<br />

In diesem Kapitel werden einige Feedbackmethoden vorgestellt, welche sich als Mitbestimmungsmethode<br />

eignen. Selbstverständlich können diese Methoden auch im herkömmlichen Sinn des Feedbacks<br />

verwendet werden.<br />

Blitzlichtrunde<br />

Die Blitzlichtrunde ist eine Methode mit wenig Vorbereitung und fast ohne Arbeitsmaterialien. Der/die<br />

Moderator*in stellt eine Frage und jede Person antwortet in ein bis zwei Sätzen.<br />

Gruppengröße: 5-30<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 10 Jahren<br />

5-15 Minuten (je nach Gruppengröße)<br />

Materialien: eventuell Notizblock <strong>für</strong> den*die<br />

Moderator*in<br />

Für die Blitzlichtrunde bietet sich ein Sesselkreis<br />

an. Die Moderation stellt eine Frage und danach<br />

hat jede Person Zeit in ein bis zwei Sätzen zu antworten.<br />

Die Antwort sollte nicht länger als eine<br />

Minute sein. Wichtig ist dabei, dass die Aussagen<br />

in Ich-Form geäußert werden und dass außer<br />

Verständnisfragen keine Zwischenfragen gestellt<br />

werden. Getroffene Aussagen werden nicht kommentiert,<br />

kritisiert oder bewertet.<br />

In Sinne der Mitbestimmung wäre es gut, wenn<br />

sich der/die Moderator*in Notizen macht.<br />

Meinungslinie<br />

Die Meinungslinie eignet sich besonders <strong>für</strong> die einfache Findung eines Stimmungsbildes von Gruppen.<br />

Gruppengröße: 10-50<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 6 Jahren<br />

5-15 Minuten<br />

Materialien: Klebeband<br />

Um die Meinungslinie zu verdeutlichen kann eine<br />

Linie mit einem Klebeband im Raum aufgeklebt<br />

werden. Die eine Seite stellt das „Pro“ und die<br />

andere Seite das „Kontra“ dar. Die Teilnehmer*innen<br />

haben dann Zeit sich entweder auf der „Pro“<br />

oder „Kontra“-Seite zu positionieren und dazu<br />

auch ihre Meinung zu sagen. („Ich bin <strong>für</strong> oder<br />

gegen etwas…“). Bei dieser Methode ist auch<br />

eine Steigerung möglich, wobei eine weit entfernte<br />

Positionierung von dem „Pro“-Bereich eine<br />

größere Ablehnung bedeutet und umgekehrt.<br />

Mit dieser Methode können in kurzer Zeit viele<br />

Fragen beziehungsweise Meinungen abgefragt<br />

werden.<br />

72 MITBESTIMMEN!


Zielscheibe<br />

Die Zielscheibe ist eine schnelle und vor allem effektive Methode <strong>für</strong> eine größere Gruppe, wodurch ein<br />

graphisches Stimmungsbild entsteht.<br />

Gruppengröße: 10-40<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 10 Jahren<br />

5-15 Minuten<br />

Materialien: 1 großes Blatt Papier, Stifte, Klebepunkte<br />

Auf ein großes Blatt Papier (A2 – A0) wird eine<br />

Zielscheibe gemalt. Die Zielscheibe braucht einen<br />

Mittelpunkt und einige Ringe und sollte außerdem<br />

in Segmente/Tortenstücke eingeteilt sein.<br />

Diese Segmente stehen <strong>für</strong> den auszuwertenden<br />

Bereich.<br />

Jede Person bekommt Klebepunkte <strong>für</strong> jeden Bereich,<br />

welcher in den Segmenten verzeichnet ist.<br />

Nun haben alle die Möglichkeit jeden Bereich zu<br />

bewerten, indem sie ihre Punkte auf die Zielscheibe<br />

kleben. Die Wertigkeit geht von Innen nach<br />

Außen. Innen steht <strong>für</strong> „sehr gut/unverbesserlich“<br />

und Außen <strong>für</strong> „schlecht/viel zu verbessern“.<br />

FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />

73


Fünf Finger Feedback<br />

Die Fünf Finger Methode ist eine leicht zu verstehende Feedbackmethode, welche sowohl mit Schüler*innen<br />

als auch mit Erwachsenen durchzuführen ist. Mithilfe dieser Methode lassen sich viele Rückmeldungen<br />

erzielen.<br />

Gruppengröße: 5-50<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 10 Jahren<br />

10-20 Minuten<br />

Materialien: Papier, Stifte, Vorlage<br />

••<br />

Ringfinger: Das nehme ich mit!<br />

Zuerst wird jeder Person ein leeres Blatt Papier<br />

ausgeteilt. Jede*r malt seine/ihre Hand auf das<br />

Blatt. Anschließend erklärt die leitende Person,<br />

dass es sich um ein Feedback handelt und dass<br />

jeder Finger <strong>für</strong> eine bestimmte Aussage steht:<br />

••<br />

Daumen: Das war super!<br />

••<br />

Zeigefinger: Das könnte besser sein!<br />

••<br />

Mittelfinger: Das war nicht so gut!<br />

••<br />

kleiner Finger: Das kam zu kurz!<br />

••<br />

Handfläche: Was ich sonst noch sagen möchte/<br />

Was ich mir wünsche?/ Weitere Vorschläge?<br />

Es ist übersichtlicher, wenn eine Handvorlage mit<br />

den Fragen aufgehängt wird. Anschließend sollen<br />

die Teilnehmer*innen Stichwörter in die Hand<br />

schreiben.<br />

74 MITBESTIMMEN!


Impulskarten<br />

Meinungen werden mithilfe von großen Impulsbögen, welche im Raum hängen, gesammelt.<br />

Gruppengröße: 10-40<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 12 Jahren<br />

5-15 Minuten<br />

Materialien: mehrere große Blätter Papier, Stifte<br />

Im Raum werden, je nach Gruppengröße, fünf bis<br />

zehn große Papierbögen aufgehängt. Auf jedem<br />

Bogen wird ein Impuls geschrieben. Die Teilnehmer*innen<br />

haben Zeit ihre Meinungen und Ideen<br />

auf die Impulsbögen zu schreiben. Es kann auch<br />

unterstrichen oder in anderer Art und Weise markiert<br />

werden.<br />

Koordinatensystem<br />

Mit dieser Feedback-Methode kann die Gruppenwahrnehmung in zwei Dimensionen sichtbar gemacht<br />

werden und anschließend sofort zur Weiterarbeit verwendet werden.<br />

Gruppengröße: 10-30<br />

Alter:<br />

Dauer:<br />

ab 12 Jahren<br />

5-15 Minuten<br />

Materialien: 1 großes Blatt Papier, Stifte, Klebepunkte<br />

Auf das große Blatt Papier wird ein Koordinatensystem<br />

gezeichnet und beide Achsen werden beschriftet.<br />

Ein bestimmtes Thema oder eine Frage<br />

wird als Titel formuliert. Die Achsen bezeichnen<br />

die beiden Bereiche und beginnen im Nullpunkt<br />

mit dem negativen Wert und enden mit dem positiven<br />

Wert. Jede Person hat eine Stimme und<br />

setzt mit Klebepunkten seine*ihre Stimme zum<br />

Thema. Durch die Anhäufung werden Schwerpunkte<br />

und Abweichungen der Gruppe sichtbar.<br />

FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />

75


Wie aus einem Feedback<br />

Mitbestimmung wird<br />

Feedback kennen wir hauptsächlich in der Form, dass am Ende eines Seminars oder eines Unterrichtjahres<br />

um Rückmeldung gebeten wird und die Teilnehmenden dieses geben und nie wieder etwas<br />

davon hören. Wenn Feedback zur Mitbestimmung genutzt werden soll, muss es logischerweise einen<br />

Rücklauf geben, also eine Reflexion oder eine Zusammenfassung des Feedbacks an die daran teilnehmende<br />

Gruppe. Wie die Nachbereitung des Feedbacks abläuft ist von der Aufbereitung der durchführenden<br />

Person selbst überlassen. Im folgenden Punkt werde ich dabei auf ein Beispiel eingehen.<br />

Hier sind einige Vorschläge, welche bei der Zusammenfassung<br />

des Feedbacks beachtet werden<br />

sollen:<br />

••<br />

Neutrale Zusammenfassung: Die durchführende<br />

Person muss versuchen neutral zu bleiben<br />

beim Zusammenfassen der gesammelten<br />

Meinungen. Das ist nicht immer eine leichte<br />

Übung.<br />

Bei der Nachbesprechung des Feedbacks sollen<br />

die Meinungen der Teilnehmenden als Mitbestimmung<br />

in das aktuelle Umfeld eingebracht werden.<br />

Umso häufiger die Methoden des Feedbacks bei<br />

Kindern und Jugendlichen angewendet werden,<br />

umso vertrauter werden jungen Menschen diese<br />

Vorgänge und umso mehr öffnen sie sich und<br />

umso einfach wird eine aktive Mitbestimmung.<br />

••<br />

Keine Meinungen unterschlagen: Es sollte<br />

beim Zusammenfassen keine Meinung unterschlagen<br />

werden. Selbstverständlichen können<br />

Umformulierungen (speziell bei Schimpfwörtern)<br />

gemacht werden.<br />

••<br />

Strukturierte Zusammenfassung: Die Zusammenfassung<br />

sollte strukturiert und angelehnt<br />

an die Feedbackmethode sein.<br />

••<br />

Ziel überlegen: Bevor die Zusammenfassung<br />

gemacht wird, sollte sich die durchführende<br />

Person überlegen, was das Ziel dieser Tätigkeit<br />

ist.<br />

76 MITBESTIMMEN!


Weblinks und<br />

weiterführende Infos<br />

Die <strong>Methodensammlung</strong> lebt von der Erfahrung und Praxis der Kinder- und Jugendarbeit. Folgende<br />

Publikationen und Weblinks können <strong>für</strong> Interessierte empfohlen werden und fanden Anwendung bei<br />

der Erarbeitung dieser Sammlung.<br />

Weblinks<br />

www.gruppenstunde.at – Die Gruppe macht’s<br />

Hier findest Du Hilfestellungen und Unterstützungen <strong>für</strong> die tägliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />

in den Gruppen der Kinderfreunde und Roten Falken.<br />

www.ifm-sei.org - The International Falcon Movement – Socialist Educational International<br />

Auf der Website der IFM-sei, einer internationalen Jugendbewegung findest Du viele Publikationen<br />

zum Bildungsbereich und zur Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen. Der Großteil der Publikationen<br />

ist auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch verfügbar.<br />

www.familienrat.eu – Von Einzelspielern zum Team<br />

Website vom Verein <strong>für</strong> praktizierte Individualpsychologie e.V. zum Thema Familienrat und Klassenrat<br />

www.kinder-beteiligen.de<br />

Diese private Homepage von Andreas Kreuziger bietet eine umfassende <strong>Methodensammlung</strong> und<br />

auch theoretische Hintergründe zur Partizipation von Kindern.<br />

Publikationen<br />

Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />

Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />

Online verfügbar unter:<br />

http://ifm-sei.org/en/publications-2/educational-resources/partnerships-for-participation-handbuch-kinderbeteiligung/<br />

Johannes Kühn (Hg.), Einmischen! Eine Gebrauchsanleitung <strong>für</strong> Kassel, Kassel 2008<br />

Online verfügbar unter:<br />

http://www.kassel.de/miniwebs/kinder_und_jugendbuero/17678/index.html<br />

Wolfgang Edelstein, Lothar Krappmann, Sonja Student (Hg.), Kinderrechte in der Schule. Gleichheit,<br />

Schutz, Förderung, Partizipation, Schwalbach 2016<br />

Karl-Heinz Braun, Konstanze Wetzel, Bernd Dobesberger, Andrea Fraundorfer (Hg.), Handbuch<br />

Methoden der Kinder- und Jugendarbeit. Studien zur pädagogischen Entwicklungsforschung und<br />

Qualitätssicherung, Wien 2005<br />

Heinz Weiss, Das rote Schönbrunn. Der Schönbrunner Kreis und die Reformpädagogik der Schönbrunner<br />

Schule, Wien 2008<br />

Heinz Weiss, Otto Felix Kanitz. Vom jüdischen Klosterschüler zum Top-Roten der Zwischenkriegszeit,<br />

Wien 2016<br />

Council of Europe (Hg.), COMPASS. Manual for Human Rights Education with Young People,<br />

Straßburg 2015<br />

Österreichische Kinderfreunde (Hg.), Kinder haben Rechte. Kinderrechte-Set <strong>für</strong> Kindergärten, Kindergruppen,<br />

Volksschulklassen und Hortgruppen, Wien 2012<br />

MITBESTIMMEN!<br />

77

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