Mitbestimmen! Methodensammlung für partizipative Pädagogik
Herausgegeben von: Österreichische Gesellschaft für das Schöpferische Spiel Ballgasse 2, 1010 Wien ZVR 685080381
Herausgegeben von:
Österreichische Gesellschaft für das Schöpferische Spiel
Ballgasse 2, 1010 Wien
ZVR 685080381
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MITBESTIMMEN!<br />
<strong>Methodensammlung</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>partizipative</strong> <strong>Pädagogik</strong>
Impressum:<br />
Österreichische Gesellschaft <strong>für</strong> das Schöpferische Spiel<br />
Ballgasse 2, 1010 Wien<br />
ZVR 685080381<br />
Redaktion:<br />
Christina Schauer<br />
Anna Wegscheider<br />
Grafik & Design:<br />
Daniel Preglau<br />
Karin Blum<br />
Beratend:<br />
Daniela Gruber-Pruner<br />
Martin Müller<br />
Wien, März 2018<br />
unterstützt von
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung ...........................................................................................................................................................4<br />
Eine Geschichte der Mitbestimmung ............................................................................................................6<br />
Theorie und Modelle der Partizipation.........................................................................................................10<br />
Das 1x1 der Projektplanung......................................................................................................................... 13<br />
Gelebte Mitbestimmung............................................................................................................................... 15<br />
Methoden TO GO.......................................................................................................................................... 37<br />
Feedback als Mitbestimmungsmethode..................................................................................................... 69<br />
Weblinks und weiterführende Infos............................................................................................................. 77<br />
EINLEITUNG<br />
3
Einleitung<br />
Einigen hilft alle Welt, doch den meisten fehlt das Geld,<br />
sie müssen dauernd kämpfen <strong>für</strong> ihr Recht.<br />
Darum Kinder aufgepasst, dass Ihr Euch nichts gefallen lasst,<br />
denn keiner ist von ganz alleine blöd!<br />
Dumm geborn ist keiner! Dumm wird man gemacht!<br />
Und wer behauptet: „Dumm bleibt dumm!“, der hat nicht nachgedacht.<br />
Dumm geborn ist keine! Dumm wird man gemacht!<br />
Und wer behauptet: „Dumm bleibt dumm!“, vor dem nehmt Euch in Acht.<br />
Auszug aus dem Lied „Dumm geboren ist keiner“<br />
Text: Volker Ludwig, Musik: Birger Heymann<br />
„DUMM GEBOR‘N IST KEINER! DUMM WIRD MAN GEMACHT!“ In diesem Lied geht es darum,<br />
dass jedes Kind die selben Rechte und Chancen haben soll. Kinder haben Rechte! Diese sind in der<br />
UN Kinderrechtskonvention von 1989 niedergeschrieben. Dabei stellt die Mitbestimmung von Kindern<br />
einen wesentlichen Teil dar. Niedergeschrieben ist das Recht auf Meinung im Artikel 12 und 13 der UN<br />
Kinderrechtekonvention.<br />
Artikel 12 Recht auf Meinung<br />
Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung<br />
zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden<br />
Angelegenheiten frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung des Kindes<br />
angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.<br />
Artikel 13 Recht auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen<br />
Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt<br />
die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut<br />
jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere vom<br />
Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.<br />
Für eine funktionierende Demokratie wollen wir keine Kinder, die sich etwas<br />
gefallen lassen. Wir brauchen Beteiligung und Mitbestimmung von engagierten<br />
jungen Menschen und Rahmenbedingungen, die dieses Engagement<br />
möglich machen. Wir müssen junge Menschen fordern, um aktive, engagierte<br />
und politisch eigenständig denkende Menschen zu werden. Dies kann<br />
nur durch eine Basis geschaffen werden, wo demokratische Beteiligung und<br />
Mitbestimmung von klein auf gelebt werden.<br />
4 MITBESTIMMEN!
Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen bedeutet die verbindliche Einbindung in<br />
Entscheidungsprozessen, von denen sie mittelbar oder unmittelbar betroffen sind.<br />
Aufgrund der Wichtigkeit der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen ist diese <strong>Methodensammlung</strong><br />
entstanden. Es geht um Beteiligung und Partizipation von jungen Menschen in Bereichen,<br />
welche sie direkt betreffen. Diese <strong>Methodensammlung</strong> ist als erster Schritt und als Hilfestellung <strong>für</strong><br />
Menschen gedacht, die mit Kindern und Jugendlichen sowohl im Bildungskontext, als auch freizeitpädagogisch<br />
arbeiten. Zudem enthält diese Sammlung auch einen Abschnitt <strong>für</strong> die Mitbestimmung von<br />
Kindern und Jugendlichen im Familienkontext.<br />
Diese <strong>Methodensammlung</strong> wurde von der Gesellschaft <strong>für</strong> das schöpferische Spiel in Kooperation und<br />
mit der Expertise der Kinderfreunde und Roten Falken Österreich entworfen.<br />
EINLEITUNG<br />
5
Eine Geschichte der<br />
Mitbestimmung der<br />
Österreichischen Kinderfreunde<br />
Partizipation und Mitbestimmung waren seit der Gründung der Kinderfreunde im Jahre 1908 wesentlicher<br />
Bestandteil der pädagogischen Konzepte und der praktischen Arbeit der größten Kinder- und<br />
Familienorganisation Österreichs. Während im ersten Jahrzehnt des Bestehens des Vereins vor allem<br />
der Fürsorgegedanke im Mittelpunkt der Arbeit stand, entwickelten in der Zwischenkriegszeit die Vordenker*innen<br />
der Kinderfreunde revolutionäre pädagogische Ansätze, deren Strahlkraft weit über die<br />
Grenzen Österreichs reichten. Im folgenden Artikel wurde versucht, einen kurzen Abriss über die Geschichte<br />
der Kinderfreunde im Allgemeinen und über das pädagogische Konzept der Mitbestimmung<br />
im Besonderen zu geben. Es werden einige der handelnden Personen vor- und vor allem ein Bezug zur<br />
Gegenwart hergestellt. Bezug wird dabei auf zwei Publikationen von Heinz Weiss genommen: „Das rote<br />
Schönbrunn - Der Schönbrunner Kreis und die Reformpädagogik der Schönbrunner Schule“ und „Otto<br />
Felix Kanitz. Vom jüdischen Klosterschüler zum Top-Roten der Zwischenkriegszeit“ genommen.<br />
Der Beginn<br />
Im Jahr 1908 gründete der Tischler Anton Afritsch<br />
in Graz die Kinderfreunde. Neben der Überwindung<br />
von Not und Elend sowie der Bekämpfung<br />
von Armut und Hunger standen auch erzieherische<br />
Ansprüche im Zentrum der Vereinsarbeit.<br />
Diese Idee breitete sich rasch über ganz Österreich<br />
aus und 1917 wurde Max Winter zum ersten<br />
Reichsobmann gewählt.<br />
Die <strong>Pädagogik</strong> rückt in den Mittelpunkt<br />
Nach dem 1. Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie<br />
wurde 1918 in Österreich die Republik<br />
ausgerufen. Auch innerhalb der Kinderfreunde<br />
begann ein starker Demokratisierungsprozess. In<br />
dieser Aufbruchstimmung schien es keine Grenzen<br />
im Kopf zu geben und geradezu revolutionäre<br />
Ideen wurden geboren. Vor allem der Umgang<br />
mit dem Kind wurde hinterfragt und progressive<br />
Ansätze hielten Einzug in die pädagogische Arbeit<br />
der Kinderfreunde. Junge Menschen begannen<br />
sich <strong>für</strong> <strong>Pädagogik</strong> zu begeistern. Man wollte den<br />
„neuen Menschen“ formen. Frei von Militarismus,<br />
Unterdrückung und Ungleichheit. Somit gab es<br />
<strong>für</strong> die Kinderfreunde zwei Arbeitsfelder: Zum einem<br />
wollte man <strong>für</strong> und mit den Kindern neue<br />
Formen der Betreuung und Erziehung finden,<br />
zum anderen brauchte man dazu progressive Erzieher*innen<br />
und Lehrer*innen, die es ebenfalls<br />
auszubilden galt. In beiden Bereichen stand Mitbestimmung<br />
und Partizipation im Mittelpunkt der<br />
Arbeit. Selbst heute noch als „modern“ geltende<br />
Konzepte und Ideen, etwa „Peer Education“ oder<br />
„verbale Beurteilungen“ wurden von den Kinderfreunden<br />
vor 100 Jahren erfolgreich in ihrer täglichen<br />
Arbeit eingesetzt.<br />
Von der Baracke ins Schloss<br />
Im Sommer 1919 nahm die Geschichte der<br />
Kinderrepublik ihren Anfang. Sie begann in den<br />
Baracken der Ferienkolonie in Gmünd und fand<br />
ihren Höhepunkt im Schloss Schönbrunn, in das<br />
gegen Ende des Sommers Kinder einzogen. Eine<br />
Geschichte, wie von Hollywood erdacht und doch<br />
fand sie genauso statt.<br />
Am Anfang war das Lager<br />
Das Feriencamp Gmünd oder die Ferienkolonie,<br />
wie solche Aktionen damals genannt wurden,<br />
hatte seinen Ursprung in der Landverschickungsaktion.<br />
Die Kinder der Städte waren großteils<br />
arm und unterernährt. Viele hatte der Krieg zu<br />
Waisen gemacht, waren auf der Flucht verloren<br />
gegangen oder wurden unter unklaren Familienverhältnissen<br />
geboren. An jeder Ecke fand man<br />
hungrige, obdachlose Kinder. Selbst jenen, die in<br />
geordneten Familienverhältnissen aufwuchsen,<br />
fehlte es an den materiellen Grundgütern um<br />
6 MITBESTIMMEN!
die Grundbedürfnisse ausreichend befriedigen<br />
zu können. Vor diesem Hintergrund organisierten<br />
die Kinderfreunde und andere Einrichtungen<br />
Landverschickungsaktionen, bei denen die Kinder<br />
ausreichend zu Essen und Erholung fanden. Eine<br />
solche Aktion <strong>für</strong> 1400 Kinder,wie sie in Gmünd<br />
stattfand, war jedoch beispiellos. Ebenso der pädagogische<br />
Anspruch der Kinderfreunde hier etwas<br />
zu schaffen, das über das Stillen des Hungers und<br />
körperlicher Erholung hinausgehen sollte. Um die<br />
Gesellschaft zu verändern, die solch ein Unrecht<br />
zuließ, musste man bei der Erziehung der Kinder<br />
beginnen. „Der neue Mensch“ sollte selbstbestimmt<br />
und frei durchs Leben gehen können.<br />
Im Sommer 1919 wurde im niederösterreichischen<br />
Gmünd die erste Kinderrepublik von Otto<br />
Felix Kanitz ins Leben gerufen. 1400 Arbeiterkinder<br />
waren damals in Barackenlagern (ein Überbleibsel<br />
aus dem 1. Weltkrieg) auf Sommerfrische.<br />
Das junge Team an Erzieher*innen, rund um Otto<br />
Felix Kanitz, nutzte diese Chance um etwas auf<br />
die Beine zu stellen, das es so in Österreich noch<br />
nie gegeben hatte: Ein von Kindern selbstverwaltetes<br />
Feriencamp. Die Kinderrepublik war geboren.<br />
Es lässt sich 100 Jahre später nur erahnen,<br />
wie fortschrittlich diese Ideen <strong>für</strong> diese Zeit waren<br />
und welchen Paradigmenwechsel das bedeutete.<br />
Noch im Vorjahr tobte der Weltkrieg, jahrhundertelang<br />
wurden Kinder geboren, um dem Kaiser zu<br />
dienen. In den Familien war es noch üblich, den<br />
Vater per Sie anzusprechen und die körperliche<br />
Züchtigung von Kindern war nicht nur allgegenwärtig,<br />
die gängige Meinung war sogar, dass es<br />
schändlich sei, Kinder nicht zu schlagen. Die Ideen<br />
der Kinderfreunde waren natürlich auch nicht<br />
unumstritten, gerade von konservativen Kräften<br />
wurden diese Ideen und Projekte bekämpft. Ein<br />
bis heute nicht überwundener ideologischer Gegensatz,<br />
wenn man an die unendlichen Diskussionen<br />
und Reformprojekte im Bildungsbereich<br />
denkt.<br />
Die Kinderrepublik<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es parallel<br />
einige Ansätze der Demokratisierung von Erziehung<br />
und <strong>Pädagogik</strong>. Besonders erwähnenswert<br />
sind hier die Initiativen von Janusz Korczak in<br />
Polen, der ab 1911 sein berühmtes Waisenhaus<br />
demokratisch führte. Ebenso die „George Junior<br />
Republics“ in den USA, welche rund um die<br />
Jahrhundertwende gegründet wurden und die,<br />
zumindest dem Namen nach, bis heute bestehen.<br />
Im deutschsprachigen Raum wurde dieses Konzept<br />
erstmals von den Österreichischen Kinderfreunden<br />
aufgenommen, erweitert und 1919 in<br />
Gmünd umgesetzt. Die Kinder waren bereit, das<br />
Geschehen in ihrer Republik mitzugestalten. Die<br />
1400 Kinder wurden auf zwei Turnusse aufgeteilt.<br />
Heinz Weiss beschreibt in seinem Werk „Das rote<br />
Schönbrunn“ die Kinderrepublik wie folgt: „Die<br />
jeweils 700 Kinder bildeten eine Gemeinschaft<br />
und jedes Haus wählte eine Vertrauensperson.<br />
Die zehn Kindervertrauensleute bildeten mit dem<br />
Leiter der Erholungsstätte den sogenannten Kolonie-Ausschuss,<br />
der Gesetzgebung und Durchführung<br />
in seiner Hand vereinigte. Die Kinderkolonie<br />
hatte ihre Verfassung, die vom Kolonie-Ausschuss<br />
vorgeschlagen und von der Vollversammlung genehmigt<br />
war. In der Vollversammlung wurden anfallende<br />
Probleme besprochen und die Mädchen<br />
und Buben unterstützen in Form der Selbstverwaltung<br />
die jungen Erzieher*innen in ihrer verantwortungsvollen<br />
Aufgabe“.<br />
So war es möglich den Geist der Selbstverwaltung<br />
und Selbstbestimmung in den Kindern zu<br />
verankern. Die jungen Menschen blühten auf und<br />
waren bereit, ihr Leben in einer demokratischen<br />
Gemeinschaft selbst zu gestallten. Einen großen<br />
Schwerpunkt legten die Kinder auf das Thema<br />
„Kunst und Kultur“. Jeden Sonntag fanden Darbietungen<br />
im Rahmen eines Festaktes statt. Dabei<br />
wurden Gedichte vorgetragen, der Kinderchor<br />
trat auf und das „Kolonieorchester“ spielte <strong>für</strong> die<br />
Teilnehmer*innen der Kolonie. Aus heutiger Sicht<br />
bemerkenswert ist das Repertoire dieser Kinder.<br />
Von Kinderliedern bis Schubertliedern, von Gedichten<br />
bis zu Mozart reichten die Vorführungen.<br />
Nicht zu kurz kamen auch die Grundsatzreden<br />
von prominenten Kinderfreunde*innen wie Max<br />
Winter und natürlich den Vertrauensleuten, also<br />
den Kindern selbst. Besonders beachtlich, wenn<br />
man die mangelnde Schulbildung der Kinder bedenkt<br />
und daher durchaus auch als „Leistungsschau“<br />
der Reformpädagogik zu verstehen. Ganz<br />
ohne Drill wurden die Kinder dazu gebracht, außergewöhnliche<br />
Leistungen zu vollbringen und<br />
das nötige Selbstbewusstsein zu entwickeln, dieses<br />
Können auch öffentlich vorzuführen. Das Auditorium<br />
bestand immerhin über 700 Personen,<br />
darunter auch meist einige Prominente. Für viele<br />
Zeitgenoss*innen war es eine völlig abwegige<br />
Vorstellung, Kindern nicht durch Drill und Zucht<br />
schulische Lernziele oder Wissen zu vermitteln.<br />
Mit der Kinderrepublik wurde das Gelingen der<br />
Reformpädagogik jedoch eindrucksvoll belegt.<br />
EINLEITUNG<br />
7
Ein Palast <strong>für</strong> die Reformpädagogik:<br />
Schönbrunn in Kinder(freunde)händen!<br />
Während Otto Felix Kanitz und sein Team in<br />
Gmünd sensationelle Erfahrungen und Erfolge<br />
mit der Kinderrepublik erzielten, tat sich in der<br />
Bundeshauptstadt eine historische Chance auf.<br />
Das Schloss Schönbrunn war seit der Abdankung<br />
von Kaiser Karl im November 1918 offiziell unbewohnt<br />
und in Besitz der jungen Republik übergegangen.<br />
Die hatte aber vorerst andere Sorgen,<br />
als sich darum zu kümmern, welchen Nutzen<br />
das Schloss <strong>für</strong> die Stadt oder den Staat haben<br />
konnte. Es wurde defacto sich selbst überlassen<br />
und schon bald nahmen es Kriegsheimkehrer und<br />
andere obdachlose Menschen in Besitz. Im Frühsommer<br />
1919 versuchte man, Ordnung in diese<br />
Chaos zu bringen. Dem Reichsobmann Max<br />
Winter, er war auch Vizebürgermeister von Wien,<br />
gelang es durch geschicktes Verhandeln einen<br />
sehr großen Teil des Schlosses (84 Räume) <strong>für</strong><br />
die Kinderfreunde zu reklamieren. Jedoch waren<br />
auch viele andere Vereine und Institutionen an<br />
diesen Räumlichkeiten interessiert. So entstand<br />
ein Vertrag, der die Kinderfreunde zum raschen<br />
Handeln zwang: Dieser Vertrag verlangte, dass<br />
das Schloss innerhalb von drei Tagen von den<br />
Kinderfreunden bezogen werden müsse. Otto<br />
Felix Kanitz fuhr daraufhin mit 100 Kindern aus<br />
Gmünd nach Wien, um das Schloss zu beziehen.<br />
Ein langer Zug noch immer schlecht ernährter<br />
und meist schlecht gekleideter Zug von Waisen<br />
und Arbeiterkindern durchtrat am 19. August<br />
1919 das große eiserne Tor vor dem Schloss, um<br />
die 84 Zimmer zu beziehen. In der Folge errichteten<br />
die Kinderfreunde im Schloss Schönbrunn<br />
eine Erzieherschule mit dem Ziel auch die Lehrerschaft<br />
von den reformpädagogischen Ansätzen<br />
zu überzeugen und eine neue Generation an Pädagog*innen<br />
auszubilden. Bis 1924 wurden hier<br />
progressive Lehrkräfte ausgebildet. Später prominente<br />
Menschen unterrichteten hier die angehenden<br />
Pädagogen*innen: Alfred Adler, Wilhelm<br />
Jerusalem, Anton Tesarek, Josef Luitpold Stern<br />
und natürlich Otto Felix Kanitz. Als bekannteste<br />
Absolventen können wohl Karl Popper und Fritz<br />
Kolb genannt werden.<br />
Der Geist der Schönbrunner Schule<br />
Finanzielle Schwierigkeiten sorgten <strong>für</strong> das Aus<br />
der Schönbrunner Erzieherschule im Jahre 1924.<br />
Die Abslovent*innen fanden auch selten im Regelschuldienst<br />
eine Anstellung. Die meisten arbeiteten<br />
später bei den Kinderfreunden. Von 1924<br />
bis 1934 waren die Räumlichkeiten ein Heim <strong>für</strong><br />
Studierende aus aller Welt. 1934 endete die Demokratie<br />
in Österreich. Die Reaktion bekämpfte<br />
alles Progressive. Die Kinderfreunde wurden enteignet.<br />
Noch viel schlimmer als der materielle<br />
Verlust währte jedoch der intellektuelle Verlust.<br />
Otto Felix Kanitz wurde im KZ Buchenwald ermordet,<br />
Max Winter befand sich beim Ausbruch<br />
des Bürgerkriegs in den USA, eine Rückkehr<br />
wurde verunmöglicht und er verstarb verarmt<br />
in Hollywood. Viele andere führende Köpfe der<br />
Reformpädagogik mussten ins Exil oder wurden<br />
von den Nationalsozialisten ermordet. Der Faschismus<br />
und sein Menschenbild warfen die Entwicklung<br />
in der <strong>Pädagogik</strong> um Jahrzehnte zurück,<br />
nicht nur in Österreich. Erst mit den gesellschaftlichen<br />
Aufbrüchen der „68er Generation“ kamen<br />
wieder frische Impulse.<br />
Die Mitbestimmung von Kindern und die partnerschaftliche<br />
Erziehung wirken an vielen Stellen<br />
als Produkt der heutigen Zeit. In Wirklichkeit sind<br />
die Diskussionen darüber so alt wie die die institutionalisierte<br />
Bildung selbst. Jede Zeit formt ihre<br />
Menschen und Bildung und Erziehung sind dabei<br />
wesentliche Gussformen.<br />
Wer weiß, wo wir heute stünden, hätte es nicht<br />
mit dem Faschismus und den 2. Weltkrieg den<br />
Super GAU der Menschheit gegeben.<br />
Wenn wir uns nun 100 Jahre nach der ersten<br />
Kinderrepublik in Österreich beinahe ehr<strong>für</strong>chtig<br />
an diese erinnern, dann müssen wir uns vor<br />
Augen halten, wie visionär und teilweise befremdlich<br />
diese Konzepte den Zeitgenoss*innen<br />
vorgekommen sein müssen. Jeder Vergleich mit<br />
den damaligen Akteuer*innen erscheint wie ein<br />
Sakrileg. Was uns mit den Pionier*innen jedoch<br />
eint, ist das Wissen und das Bewusstsein, dass<br />
kein Weg an Partizipation vorbeiführt. Wenn wir<br />
heute mit Kindern arbeiten, dann ist vieles von<br />
dem, was Kanitz und Co. gefordert haben, anerkannt<br />
und unumstritten (Gewaltverzicht, motivieren<br />
statt Drill, Gruppenarbeiten,...). Einige dieser<br />
Methoden gelten immer noch avantgardistisch<br />
und werden eher in der Erwachsenenbildung als<br />
im Schulunterricht eingesetzt (Z.B. peer education,<br />
Feedbackschleifen, etc.) Andere Forderungen<br />
scheitern immer noch an unterschiedlichen<br />
Ideologien oder dogmatischen Verteidigen von<br />
Privilegien. (gemeinsame Schule <strong>für</strong> alle Kinder,<br />
Ethik statt Religion, verbale Beurteilungen statt<br />
Notendruck, etc)<br />
8 MITBESTIMMEN!
Dieses Methodenset knüpft an diesen großen<br />
Vordenker*innen der Kinderfreunde an. In unseren<br />
Kindergruppen versuchen wir den Geist der<br />
Schönbrunner Schule am Leben zu halten und<br />
deren Ideen auf der Höhe der Zeit zu halten. Mitbestimmung<br />
von Kindern soll unser oberstes Ziel<br />
sein. Die Kinderrepublik wird auch heute noch<br />
jährlich in Döbriach am Millstättersee ausgerufen<br />
und in „Kinderkonferenzen“ legen wir unsere<br />
gesellschaftspolitischen Positionen Kindern altersgerecht<br />
aufgearbeitet vor und lassen diese auch<br />
abstimmen.<br />
In diesem Methodenset finden sich viele unterschiedliche<br />
Best Practice Beispiele von Kindermitbestimmung.<br />
Alle haben eines gemeinsam: Sie<br />
haben schon einmal funktioniert und werden es<br />
wieder tun. Man muss sich nur darauf einlassen.<br />
EINLEITUNG<br />
9
Theorien und Modelle<br />
der Partizipation<br />
Es gibt viele verschiedene Arten der Partizipation und somit auch unterschiedlichste Facetten, über die<br />
oftmals diskutiert wird. Partizipation ist nicht gleich Partizipation und nur weil wir von kindgerechter<br />
Beteiligung sprechen, beinhaltet es nicht automatisch kindgerechte Beteiligung. Um die Analyse allgegenwärtiger<br />
Beteiligungsmethoden und -formen, sowie deren Unterschiedlichkeiten zu vereinfachen<br />
und zu verstehen, beschäftigen wir uns bereits zu Beginn mit diversen Theorien der Partizipation.<br />
Roger Hart und die Stufen der<br />
Partizipation<br />
Der Geograph Roger Hart, dessen Forschung<br />
unter anderem auf die Entwicklung von beteiligungsorientierten<br />
Gemeinschaften fokussiert ist,<br />
teilt verschiedene Partizipationsformen in acht<br />
Stufen ein. Diese reichen von Manipulation bis<br />
Selbstbestimmung und zeigen klar auf, dass mit<br />
dem Ausdruck „Beteiligung von Kinder und Jugendlichen“<br />
unterschiedliche Ausprägungen gemeint<br />
sein können.<br />
Die untersten drei Stufen stellen sogenannte<br />
„Pseudoformen“ der Partizipation dar und zählen<br />
nicht zur tatsächlichen Mitbestimmung, in welchen<br />
Kinder/Jugendliche befragt und ernst genommen<br />
werden.<br />
Die oberen fünf Stufen hingegen werden als wahre<br />
Partizipation bezeichnet.<br />
Manipulation<br />
Erwachsene benutzen Kinder, um ihre eigenen<br />
Ziele zu erreichen. Hier werden die Kinder/Jugendlichen<br />
weder über die Absicht und die Ziele<br />
der jeweiligen Aktion informiert, noch wird<br />
versucht, Verständnis zu schaffen. Sie werden<br />
hauptsächlich zum Zwecke der Aufmerksamkeit<br />
„miteingebunden“ und befragt; dies jedoch ohne<br />
Mitteilung der Ergebnisse.<br />
Dekoration<br />
Dies beschreibt Situationen, in welchen Kindern<br />
und Jugendliche <strong>für</strong> einen bestimmten Zweck<br />
bei Veranstaltungen von Vereinen oder Ähnlichem<br />
singen oder tanzen dürfen. Dies geschieht<br />
oftmals ohne ihnen das Ziel und den Sinn davon<br />
zu erklären und lässt sie als liebe oder talentierte<br />
10 MITBESTIMMEN!
Gruppe erscheinen. In vielen Bereichen ist diese<br />
auch dazu da, um die Existenz einer Vereinigung<br />
zu begründen.<br />
Alibi-Teilnahme<br />
Heranwachsende nehmen an Sitzungen und/oder<br />
Konferenzen teil und sind vermutlich stimmberechtigt.<br />
Ohne spezielle Vorbereitung oder Beratung<br />
mit Gleichaltrigen sollen diese die Gruppen<br />
vertreten (beispielsweise Vertretung einer Altersgruppe).<br />
Sie haben wenig bis keinen Einfluss auf<br />
das Geschehen.<br />
Zugewiesen, aber informiert<br />
Das jeweilige Projekt wird zwar von Erwachsenen<br />
geleitet und bestimmt, aber die Kinder/<br />
Jugendlichen wissen dessen Ziele und auch ihre<br />
Wirkungs- und Handlungsmöglichkeiten. Sie bekommen<br />
bestimmte Aufgaben zugeteilt und werden<br />
gut darüber informiert. Beispiele da<strong>für</strong> wären<br />
etwa Projektausflüge und Thementage in Verbänden<br />
oder offenen Einrichtungen.<br />
Mitwirkung – Information und Konsultation<br />
Die Betroffenen werden im Vorhinein über das<br />
Projektthema befragt und können den Grad ihres<br />
Interesses kundtun, jedoch werden sie im weiteren<br />
Prozess nicht mit einbezogen.<br />
TIPP<br />
Um die Beteiligungsstufe in einem Projekt<br />
zu benennen, können folgende Fragen gestellt<br />
werden:<br />
••<br />
Erhalten die Kinder genügen Informationen?<br />
••<br />
Können Sie ihre Meinung sagen?<br />
••<br />
Werden ihre Meinungen ernst genommen<br />
und in Betracht gezogen?<br />
••<br />
Können sie Entscheidungen treffen?<br />
• • Sind sie da<strong>für</strong> verantwortlich, die Entscheidungen<br />
umzusetzen? Wer kann<br />
zur Rechenschaft gezogen werden?<br />
Mitbestimmung<br />
Das Projekt wird von Erwachsenen initiiert sowie<br />
geleitet. Weitere Entscheidungen werden in Folge<br />
jedoch mit den Jugendlichen gemeinsam getroffen.<br />
Die Meinung der Heranwachsenden wird<br />
ebenso ernst genommen und gleich gewichtet<br />
wie die der Erwachsenen.<br />
Selbstbestimmung<br />
Anders als bei der Form der Mitbestimmung setzen<br />
Kinder/Jugendliche ihre eigenen Ideen alleine<br />
um und sind hier die Initiatoren. Hier wird erstmalig<br />
von einer „Politik von Kindern und Jugendlichen“<br />
gesprochen. (Dobesberger et al., Handbuch<br />
Methoden der Kinder- und Jugendarbeit,<br />
2005: 379)<br />
Gemeinsame Entscheidungen von<br />
Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen<br />
Die Entscheidungsfindung wird hier geteilt und<br />
Projekte können mit Hilfe von Erwachsenen<br />
durchgeführt werden. Dies kann man sich als<br />
Tandem vorstellen. Kinder/Jugendliche arbeiten<br />
selbstständig an einem Projekt, wenn Unterstützung<br />
benötigt wird, leisten Erwachsene eine Hilfestellung.<br />
Diese Form wird im Kapitel „Gelebte<br />
Mitbestimmung“ des Handbuchs erneut aufgegriffen.<br />
Je höher desto besser?<br />
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die<br />
einzelnen Stufen des Models nicht hierarchisch -<br />
je weiter oben desto fortschrittlicher - geordnet<br />
sind. Ein starker Fokus soll dabei stets auf dem<br />
Projektkontext gelegt werden bzw. soll dieser sowie<br />
die persönlichen Möglichkeiten der Teilnehmenden<br />
stets beachtet werden.<br />
Es ist wichtig, die Balance zwischen bereits vorhandenen<br />
und den sich noch entwickelnden Fähigkeiten<br />
zu finden und folglich zu versuchen,<br />
den Grad der Verantwortung festzulegen, die sie<br />
übernehmen können. Anstatt diese Entscheidung<br />
ohne diese zu treffen, kann dies auch in Absprache<br />
mit den Betroffenen geschehen. Das Stufenmodell<br />
soll nicht unbedingt als starres System gesehen<br />
werden. Ein Projekt kann zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten des Prozesses auch auf verschiedenen<br />
Stufen sein.<br />
EINLEITUNG<br />
11
John Huskins und das Modell der progressiven Verantwortung<br />
Der Wissenschaftler John Huskins hat ein Modell entwickelt, welches zeigt, dass die Fähigkeiten und<br />
die Verantwortung einer Gruppe, sei es eine Klasse oder eine Jugendgruppe eines Vereins, wachsen<br />
können. Je mehr Kompetenzen die Kinder und Jugendlichen entwickeln, desto besser können sie Entscheidungen<br />
treffen und Verantwortung übernehmen.<br />
→ Übernahme einer Leitungsrolle oder Peer-Bildung<br />
→ Intensive Gruppenarbeit, initiiert von Jugendlichen<br />
→ Workshops von Jugendlichen organisiert und durchgeführt<br />
Level 7: Leitung<br />
Jugendliche übernehmen volle Kontrolle und<br />
Verantwortung. Unabhängigkeit erreicht.<br />
→ Übernahme von Verantwortung <strong>für</strong> Programmpunkte<br />
→ Gruppenarbeit moderiert von Jugendlichen<br />
→ Themen im Detail bearbeiten<br />
Level 6: Organisation<br />
Jugendliche beginnen, Verantwortung<br />
einzufordern.<br />
→ Aktive Rolle in der Planung und Umsetzung<br />
von Programm<br />
→ Jugendliche entscheiden über Programm<br />
Level 5: Engagement<br />
Jugendliche fangen an, mitzuhelfen und sich<br />
einzubringen.<br />
→ Teilnahme an Aktivitäten basierend auf<br />
Interesse und Bedürfnissen der Jugendlichen<br />
→ Einführung in Partizipation<br />
Level 4: Teilnahme<br />
Programm wird so entwickelt, dass es die von den Jugendlichen<br />
ausgedrückten Bedürfnisse erfüllt.<br />
→ Regelmäßige Diskussion,<br />
basierend auf Vertrauen<br />
→ Regelmäßige Aktivitäten<br />
Level 3: Kontaktpflege<br />
Jugendliche fangen an, Meinungen auszutauschen, Ideen zu testen<br />
und Antworten zu suchen.<br />
→ Regelmäßige Treffen<br />
→ Namen lernen<br />
Level 2: Wiedersehen<br />
Jugendliche und Gruppenhelfer*innen treten in Kontakt, sprechen<br />
miteinander, Austausch und Vertrauen beginnt.<br />
→ Anfangskontakt<br />
Level 1: Kontaktaufnahme<br />
Jugendliche haben Zugang zu Informationen und Möglichkeiten,<br />
das Beziehungsniveau ist niedrig, Jugendliche in Abhängigkeit.<br />
Checkliste<br />
Die folgenden Punkte wurden<br />
aus dem Handbuch<br />
Methoden der Kinder<br />
und Jugendarbeit herausgearbeitet<br />
und <strong>für</strong> dieses<br />
Methodenset in eine<br />
Checkliste von Qualitätsmerkmalen<br />
verarbeitet.<br />
oo<br />
Strikte Freiwilligkeit<br />
oo<br />
Wertschätzung <strong>für</strong> alle<br />
oo<br />
Kompetente Begleitung, die aber nicht bevormundet<br />
oo<br />
Eigeninitiative<br />
oo<br />
Gemeinsame Zielformulierung aller Interessierten und Betroffenen<br />
oo<br />
Keine Instrumentalisierung <strong>für</strong> politische und/oder religiöse Zwecke<br />
oo<br />
Generationen-übergreifender Dialog<br />
oo<br />
Transparenz und Prozessverfolgung<br />
oo<br />
Öffentlichkeitsarbeit: offen und gleichberechtigt<br />
oo<br />
Regelmäßiges Feedback<br />
12 MITBESTIMMEN!
Das 1x1 der<br />
Projektplanung<br />
Das Projekt planen …<br />
Bevor es losgeht, ist eine Projektplanung notwendig. Je nach Größe des Projekts, ist die Planung mehr<br />
oder weniger aufwändig. Wesentlich ist dabei, dass auch bei kleineren Projekten nicht darauf verzichtet<br />
werden soll. Dabei soll euch die folgende Checkliste unterstützen:<br />
Ziel<br />
Was wollen wir erreichen?<br />
Was soll anders sein?<br />
Wer ist unsere Zielgruppe?<br />
Team<br />
Wer macht mit?<br />
Wie oft/in welchen Abständen wollen wir uns<br />
treffen?<br />
Ort<br />
Wo soll das Projekt stattfinden?<br />
Was brauchen wir an diesem Ort?<br />
Unterstützung<br />
Wer könnte unserer Meinung sein?<br />
Wer könnte uns dabei helfen, unser Ziel zu erreichen?<br />
Wie wollen wir vorgehen?<br />
Wann wollen wir fertig sein?<br />
Wie wollen wir starten?<br />
→ Nimm den Aktionsplan zur Unterstützung!<br />
Geld<br />
Wo<strong>für</strong> brauchen wir unter Umständen Geld?<br />
Wo könnte das Geld herkommen?<br />
Wer kümmert sich darum?<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Wer soll von unserem Anliegen erfahren?<br />
Welche Medien kennen wir?<br />
Wann wollen wir uns an die Öffentlichkeit wenden?<br />
Wie wollen wir das tun?<br />
Wer kümmert sich darum?<br />
Dokumentation<br />
Wer macht die Fotos?<br />
Wer aktualisiert immer wieder den Zeitplan?<br />
Nachbereitung<br />
Was lief gut?<br />
Was lief schlecht?<br />
Was können wir besser machen?<br />
Aktionsplan/Zeitplan<br />
Um den Überblick nicht zu verlieren, solltet ihr einen Aktionsplan erstellen. Auch wenn ihr alleine an<br />
einem Projekt arbeitet, hilft ein Zeitplan dabei, die Übersicht nicht zu verlieren. Der Zeitplan kann als<br />
Zeitstrahl auf einem großen Plakat dargestellt werden oder in Tabellenform, wie folgt:<br />
Fertig bis: Was? Wer ist verantwortlich? Wer kann uns helfen?<br />
EINLEITUNG<br />
13
Gelebte<br />
Mitbestimmung<br />
••<br />
Familienrat<br />
••<br />
Klassenrat<br />
••<br />
Demokratie leben mit Kindern<br />
••<br />
Konferenz der Kinder<br />
••<br />
Die Jugend ist die Gegenwart<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
15
Was du noch wissen musst...<br />
Es gibt verschiedenste Orte, in welchen Partizipation er- und gelebt werden kann. Einer dieser Orte ist<br />
bei den Kinderfreunden und den Roten Falken. Egal ob in der Gruppenstunde, am Sommerlager oder<br />
bei den verschiedensten Veranstaltungen, wir geben unser Bestes, Mitbestimmung zu leben und immer<br />
wieder in einem neuen Licht anzusehen.<br />
Dieses Kapitel gibt unter anderem Aufschluss über die Best Practice Modelle der Kinderfreunde und<br />
Roten Falken, denn wir haben über die Jahre bereits einiges an Knowhow in dieser Praxis angesammelt<br />
und nun ist es Zeit, sie verständlich aufzubereiten und unter allen Interessierten zu verbreiten. Weiters<br />
wird auch der Kontext der Mitbestimmung in der Familie anhand des Familienrates der Individualpädagogik<br />
präsentiert.<br />
Manche dieser Methoden der Mitbestimmung sind auch auf den Schulkontext übertragbar, oder wie<br />
der Klassenrat direkt <strong>für</strong> die Schule entwickelt.<br />
16 MITBESTIMMEN!
Familienrat<br />
„Sind so schöne Münder<br />
Sprechen alles aus.<br />
Darf man nie verbieten<br />
Kommt sonst nichts mehr raus.<br />
Gerade, klare Menschen<br />
Wär‘n ein schönes Ziel<br />
Leute ohne Rückgrat<br />
hab’n wir schon zuviel.“<br />
Kinder - Bettina Wegner, 1978<br />
Kindern zu mutigen und kritischen Menschen zu erziehen, sollte ein Ziel der Menschheit sein. Mit Kindern<br />
sollen wir achtsam und respektvoll umgehen, dann werden sie zu geraden, klaren Menschen und<br />
nicht zu Leuten ohne Rückgrat, wie Bettina Wegner bereits in den 70er singt. Die Erziehung beginnt<br />
dabei in der frühen Kindheit und der Familienrat ist eine erprobte Methode, mit Kindern respektvoll<br />
umzugehen. Selbstverständlich nicht nur mit Kindern, sondern mit allen Mitgliedern einer Gruppe. Das<br />
Konzept des Familienrates basiert auf der Grundüberzeugung der Individualpsychologie: Alle Menschen<br />
sind gleichwertig.<br />
Die Grundstruktur des Familienrates ist von der Homepage des Vereins <strong>für</strong> praktizierte Individualpsychologie<br />
e.V. übernommen und mehr Informationen zu dem Thema sind unter www.familienrat.eu zu<br />
finden.<br />
Theorie des Familienrates<br />
“ (Rudolf<br />
„Alle Familienmitglieder sind gleichwertige Partner in der Familie,<br />
mit Aufgaben und Verantwortung, entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten.“<br />
Dreikurs)<br />
Entwickelt wurde das Konzept des Familienrates<br />
von dem Psychologen und Vertreter der Individualpsychologie<br />
Rudolf Dreikurs (1897 – 1972).<br />
Er beschäftigte sich vor allem mit humaner und<br />
demokratischer Erziehung und einige der grundlegenden<br />
Ansichten <strong>für</strong> das Konzept des Familienrates<br />
gehen auf ihn zurück:<br />
••<br />
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Sein<br />
Selbstwertgefühl und sein Wohlbefinden<br />
hängen davon ab, dass er sich einer Gemeinschaft<br />
zugehörig fühlen kann.<br />
••<br />
Kinder wollen mitarbeiten, wenn man ihnen<br />
eine Chance dazu gibt, weil sie sich zugehörig<br />
fühlen wollen.<br />
••<br />
Alle Menschen sind gleichwertig, unabhängig<br />
von ihrer Unterschiedlichkeit. Ob groß oder<br />
klein, ob alt oder jung, ob männlich oder<br />
weiblich. Jeder Mensch hat den gleichen<br />
Wert.<br />
••<br />
Jedes menschliche Verhalten ist zielgerichtet.<br />
••<br />
Jeder Mensch kann nur sein eigenes Handeln<br />
lenken, beeinflusst damit aber das Verhalten<br />
anderer.<br />
Diese grundlegenden Haltungen bilden die Basis<br />
<strong>für</strong> den Familienrat und machen das Leben miteinander<br />
um Vieles schöner. Im Zuge der Mitbestimmung<br />
von Kindern geht Rudolf Dreikurs<br />
als Individualpsychologe davon aus, dass es der<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
17
wichtigste Wunsch eines Kindes ist, in der Gemeinschaft<br />
anerkannt zu werden und einen Platz<br />
in der Gemeinschaft zu bekommen. Was ein Kind<br />
tut, um diesen Wunsch zu erfüllen, kann konstruktiv<br />
oder destruktiv sein. Der Familienrat bietet<br />
mithilfe verschiedenster Methoden einen Raum,<br />
damit Kinder ihren Wunsch auf konstruktive Weise<br />
erreichen können.<br />
Praxis des Familienrates<br />
Familie ist mehr als ein „Steh jetzt endlich auf,<br />
sonst kommst du zu spät in die Schule!“ und ein<br />
entgegengebrülltes „NEIN!“. Eltern glauben aufgrund<br />
ihrer eigenen Erfahrung zu wissen, was<br />
gut <strong>für</strong> ihre Kinder ist. Sie wünschen ihnen nur<br />
das Beste und versuchen, ihren Kindern Kummer<br />
und Leid zu ersparen. Kinder haben natürlich<br />
viel weniger Lebenserfahrung und sind in vielen<br />
Bereichen einerseits auf ihre Eltern angewiesen,<br />
andererseits sind sie auch kompetente, eigenständige<br />
kleine Wesen, die neugierig auf die Welt<br />
sind und am liebsten alles selbst entdecken wollen.<br />
Ein „NEIN“ ist aus der Sicht des Kindes dann<br />
nur logisch. Kinder lernen die Spielregeln von den<br />
Eltern und wenn die Eltern Macht haben, werden<br />
die Kinder auch versuchen Macht zu bekommen.<br />
Ein Machtkampf entsteht.<br />
Der Familienrat ist ein Konzept, in dem es vor<br />
allem darum geht, alle Mitglieder der Familie als<br />
gleichwertig anzusehen und mit allen respektvoll<br />
umzugehen. Folgende Merkmale des Familienrates<br />
sind dabei zu beachten.<br />
Merkmale eines Familienrates<br />
• Gleichwertigkeit aller Mitglieder<br />
Gleichwertigkeit ist unabhängig von Alter<br />
und Stellung in der Familie.<br />
• Gegenseitige Achtung<br />
Jeder Beitrag ist es wert, gehört zu werden.<br />
• Blick auf das Positive<br />
Das, was in der Familie gelingt, ist wichtiger<br />
als das, was schiefgeht.<br />
• Regelmäßigkeit<br />
Fest vereinbarter Termin, zu dem jede*r Zeit<br />
hat, ohne auf etwas zu verzichten.<br />
• Gemeinsam vereinbarte Regeln<br />
Jede Familie legt die Regeln gemeinsam fest<br />
und diese gelten <strong>für</strong> alle in gleicher Weise.<br />
• Gemeinsame Beratung<br />
Jede*r kann einen Vorschlag machen und<br />
seine Meinung zu den Vorschlägen der anderen<br />
äußern.<br />
• Gemeinsame Entscheidung<br />
Jede*r soll an dem Zustandekommen einer<br />
Entscheidung mitwirken. Die Entscheidung<br />
sollte nach Möglichkeit einstimmig sein.<br />
• Wechselnde Verantwortung<br />
Bei jedem Familienrat-Treffen gibt es eine*n<br />
Vorsitzende*n und eine*n Protokollführer*in.<br />
Diese Aufgaben sollen regelmäßig wechseln.<br />
Der Familienrat sollte immer als Experiment angesehen<br />
werden, wobei es schwierig ist, Regeln<br />
oder Leitlinien <strong>für</strong> den Familienrat aufzustellen.<br />
Schlussendlich muss jede Familie <strong>für</strong> sich selbst<br />
einen geeigneten Weg finden und auch selbst definieren,<br />
ob und welche Art von Regeln notwenig<br />
sind. Die Einführung eines Familienrates ist immer<br />
eine Herausforderung, doch eine sehr Lohnende.<br />
Die folgenden Regeln und Leitlinien <strong>für</strong> den Familienrat<br />
sind auch auf der Homepage www.familienrat.eu<br />
nachzulesen.<br />
Regeln und Leitlinien <strong>für</strong> den<br />
Familienrat<br />
••<br />
Erweiterte Familien: Alle zur Gemeinschaft<br />
gehörende Familienmitglieder sind Teil des<br />
Familienrates. Niemand wird zur Teilnahme<br />
gezwungen, aber die Beschlüsse gelten <strong>für</strong><br />
alle.<br />
••<br />
Regelmäßige Treffen: Rudolf Dreikurs empfiehlt,<br />
sich einmal die Woche zu treffen. Die<br />
Abstände können auch größer sein, nur die<br />
Regelmäßigkeit ist wesentlich.<br />
••<br />
Tagesordnung: Der Familienrat mit einer Tagesordnung,<br />
um einer klare Struktur zu folgen.<br />
••<br />
Leitung eines Familienrates: Jeweils ein Mitglied<br />
soll im Wechsel die Leitung der Treffen<br />
übernehmen. Dies können Kinder bereits im<br />
Schulalter machen. Die Leitung ist verantwortlich<br />
da<strong>für</strong>, dass die Regeln eingehalten<br />
werden.<br />
• • Protokollführer: Jeweils ein Mitglied soll im<br />
Wechsel das Protokoll führen. Hier werden<br />
die Ergebnisse jeder Beratung festgehalten.<br />
Das Protokollbuch kann ein dickes Heft sein,<br />
das die Familie über mehrere Jahre begleitet.<br />
So entsteht ganz nebenbei eine Familienbiographie.<br />
18 MITBESTIMMEN!
••<br />
Ermutigung: Jedes Treffen beginnt mit einer<br />
Ermutigungs- oder Komplimentenrunde.<br />
••<br />
Nicht unterbrechen: Jedes Mitglied darf ausreden.<br />
Diese Regel ist sehr wichtig und der<br />
Leiter bzw. die Leiterin achtet besonders darauf,<br />
dass diese Regel eingehalten wird.<br />
••<br />
Freie Kommunikation: Jedes Mitglied darf so<br />
sprechen, wie es möchte. Provozierend, emotionsgeladen,<br />
gelangweilt, jedoch nicht beleidigend.<br />
Dies wird nicht zum Thema gemacht,<br />
auch nicht nach der Familienrat-Sitzung. Das<br />
Dabeisein zählt.<br />
••<br />
Offenes Forum: Man darf über alle Themen<br />
sprechen, die alle in der Familie betreffen. Es<br />
gibt keine Zensur.<br />
••<br />
Gemeinsame Beschlüsse: Eine Entscheidung<br />
kann nur <strong>für</strong> alle gelten, wenn alle zugestimmt<br />
haben. Gelingt dies nicht, soll sich<br />
jeder bis zum nächsten Treffen so verhalten,<br />
wie er es <strong>für</strong> richtig hält. Mehrheitsbeschlüsse<br />
sind <strong>für</strong> den Familienrat nicht geeignet, weil<br />
sie die Minderheit ins Unrecht setzen.<br />
Was kann eine Familie mit dem<br />
Familienrat erreichen?<br />
1. Der Familienrat verbessert die Beziehung in<br />
der Familie, indem das kooperative Klima das<br />
Gefühl der Wertschätzung von den Mitgliedern<br />
fördert.<br />
2. Der Familienrat erleichtert die Arbeit, die in<br />
der Familie erledigt werden muss, weil Verantwortungen<br />
geteilt werden. Durch das Gefühl<br />
der Gleichwertigkeit fühlt sich jedes Mitglied<br />
der Familie <strong>für</strong> die anfallenden Arbeiten<br />
zuständig.<br />
3. Kinder lernen, sich auszudrücken und Konflikte<br />
mit Worten zu lösen. Der Familienrat<br />
stärkt das Selbstvertrauen der Kinder und bereitet<br />
sie auf die Zukunft vor.<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
19
Klassenrat<br />
Der Klassenrat ist eine konkrete Umsetzung der 1989 in der UN verabschiedeten Kinderrechtskonvention.<br />
Kinder haben ein Recht darauf, gehört zu werden und sich ernst genommen zu fühlen. Sie haben<br />
ein Recht darauf, dabei unterstützt zu werden, ihre Bedürfnisse und Interessen zu entdecken, ihre Wünsche<br />
und die der anderen Kinder wahrzunehmen und sich an der Gestaltung ihres Alltags zu beteiligen.<br />
Der Klassenrat eignet sich da<strong>für</strong> sehr als basisdemokratischer Ansatz. Dabei werden die Ideen von<br />
Gleichberechtigung, Gleichheit und Menschenwürde vermittelt, vor allem deshalb, weil er alle anspricht<br />
und die Teilhaberechte aller Jungen und Mädchen einer Klasse garantiert und fördert.<br />
Das Ziel des Klassenrates ist es, alle Schülerinnen und Schüler in Planungs- und Entscheidungsfindungsprozesse<br />
einzubinden. Für die Lehrkräfte bedeutet das eine (Lern-)Gelegenheit zu schaffen, damit sich<br />
jeder und jede gesehen und gefragt fühlt, und dabei den Prozess, der von den Schülerinnen und Schülern<br />
selbst gestalteten Klassenratssitzungen entsprechend zu reflektieren und zu begleiten.<br />
Mit der Umsetzung der Partizipation von Kindern und der Kinderrechte in der Schule beschäftigt sich<br />
die Publikation von Wolfgang Edelstein, Lothar Krappmann und Sonja Student „Kinderrechte in der<br />
Schule. Gleichheit, Schutz, Förderung, Partizipation“, welche als Hauptlektüre <strong>für</strong> diesen Artikel verwendet<br />
wurde.<br />
Aus der UN Kinderrechtskonvention von 1989<br />
Artikel 12 Recht auf Meinung<br />
1. Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung<br />
zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen, das Kind berührenden<br />
Angelegenheiten, frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung<br />
des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.<br />
2. Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in<br />
allen das Kind berührenden Gerichts - oder Verwaltungsverfahren, entweder<br />
unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle,<br />
im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften, gehört zu<br />
werden.<br />
Artikel 13 Recht auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen<br />
1. Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht<br />
schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen, Informationen<br />
und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke<br />
oder andere vom Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen<br />
und weiterzugeben.<br />
2. Die Ausübung dieses Rechts kann bestimmten, gesetzlich vorgesehenen<br />
Einschränkungen unterworfen werden, die erforderlich sind<br />
a. <strong>für</strong> die Achtung der Rechte oder des Rufes anderer oder<br />
b. <strong>für</strong> den Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung<br />
(ordre public), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sicherheit<br />
20 MITBESTIMMEN!
Theorie des Klassenrates<br />
Die Klasse bietet die kleinste soziale Einheit, in<br />
der Partizipation, Verantwortung und Beteiligung<br />
im sozialen Miteinander von Anfang an gelernt<br />
und Selbstwirksamkeit erfahren werden kann. Der<br />
Klassenrat ist ein basisdemokratischer Ansatz, der<br />
davon ausgeht, dass Kinder und Jugendliche in<br />
allen Bereichen, die das Miteinander in der Klasse<br />
und der Schule bestimmen, beteiligt sind und<br />
Verantwortung übernehmen.<br />
In der Theorie stammt der Klassenrat aus der<br />
Freinet-<strong>Pädagogik</strong> und aus der Individualpsychologie<br />
von Alfred Adler und Rudolf Dreikurs. Adler<br />
und Dreikurs haben in den 1920er-Jahren den<br />
Klassenrat in Wiener Schulen etabliert. Ihre Idee<br />
dahinter war, durch den Klassenrat ein demokratisches<br />
Miteinander zu erreichen, wodurch die<br />
Schülerinnen und Schüler Verantwortung übernehmen<br />
und so ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird<br />
und sie sich in der Gruppe gleichaltriger geschätzt<br />
und angenommen fühlen.<br />
Was lernen Kinder durch den Klassenrat?<br />
••<br />
Einander zuhören<br />
••<br />
Einen Sachverhalt aus einer anderen Perspektive<br />
betrachten<br />
••<br />
Sich miteinander verständigen statt einander<br />
zu verurteilen<br />
••<br />
Menschen als gleichwertig anerkennen<br />
••<br />
Konstruktiv mit Problemen umgehen<br />
••<br />
Gemeinsam nach Lösungen suchen, nicht<br />
nach Ursachen<br />
••<br />
Verantwortung <strong>für</strong> das eigene Handeln übernehmen<br />
••<br />
Besser kommunizieren<br />
••<br />
Schließlich stärkt der Klassenrat die Identifikation<br />
mit der Schule.<br />
Die Aufgaben des Klassenrates sind:<br />
••<br />
Besprechung organisatorischer Themen, wie<br />
besondere Vorkommnisse der kommenden<br />
Woche oder Unternehmungen außerhalb des<br />
Unterrichts<br />
••<br />
Beratungen bei zwischenmenschlichen Problemen<br />
»»<br />
Lösung von Konflikten der Schülerinnen<br />
und Schüler untereinander<br />
»»<br />
Lösung von Konflikten zwischen Schüler*innen<br />
und Lehrer*innen<br />
Rolle der Lehrperson<br />
Die Lehrperson übernimmt nur in der Anfangsphase<br />
die Rolle der Moderation mit dem Ziel,<br />
dass die Schülerinnen und Schüler den Klassenrat<br />
nach kurzer Zeit selbst moderieren können. Wenn<br />
der/die Lehrer*in nicht Gruppenleiter*in ist, so<br />
hat er/sie die gleiche Funktion wie jeder andere.<br />
Die Lehrperson muss sich zu Wort melden, wenn<br />
er/sie einen Vorschlag einbringen möchte. Bei<br />
Abstimmungen zählt die Stimme so viel wie die<br />
der anderen. Jedoch hat die Lehrperson ein Vetorecht,<br />
wenn Beschlüsse gegen geltendes Recht<br />
verstoßen oder pädagogisch bedenklich sind. Das<br />
Ziel des Klassenrates ist, dass die Klassengemeinschaft<br />
eigenständig Lösungen <strong>für</strong> Konflikte findet.<br />
Ablauf des Klassenrates<br />
Der Ablauf des Klassenrates orientiert sich an der<br />
Expertise der Website des Vereins <strong>für</strong> praktizierte<br />
Individualpsychologie e.V. www.familienrat.eu.<br />
Vorbereitung der Klassenratsstunde<br />
1. Die Schüler*innen tragen während der Woche<br />
in Listen Themen ein, die besprochen<br />
werden sollen. Oder sie legen ein Klassenbuch<br />
an, in das alle Schüler*innen jederzeit<br />
eine Eintragung machen kann, was beim<br />
nächsten Treffen besprochen werden soll.<br />
2. Anhand dieser Liste bereitet die Leitung des<br />
Klassenrats die Sitzung vor.<br />
Organisation des Klassenrates<br />
••<br />
Regelmäßigkeit: Der Klassenrat findet einmal<br />
wöchentlich zu einer festgelegten Zeit statt,<br />
z.B. montags in der zweiten Stunde. Die Regelmäßigkeit<br />
der Treffen hat eine präventive<br />
und entlastende Wirkung, weil sich die Schüler*innen<br />
darauf verlassen können, dass ihre<br />
Themen Gehör finden. Zusätzliche Sitzungen<br />
können bei besonderen Anlässen einberufen<br />
werden.<br />
••<br />
Dauer: Je nach Alter der Schüler*innen 20<br />
bis 45 Minuten.<br />
••<br />
Sitzordnung: Die Schüler*innen sitzen im<br />
Kreis zusammen. Mit kleineren Schüler*innen<br />
kann man auch in eine Leseecke gehen.<br />
• • Liste/Klassenbuch: Die Schüler*innen schreiben<br />
im Laufe der Woche Themen, Konflikte,<br />
Wünsche in das Klassenbuch oder in vorbereitete<br />
Klassenratslisten. Die Lehrperson<br />
berichten, dass auch Eintragungen während<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
21
einer normalen Unterrichtsstunde entlastend<br />
sind <strong>für</strong> eine Person, da er/sie nun weiß, dass<br />
sein Anliegen nicht vergessen wird.<br />
••<br />
Themenbearbeitung: Die Themen werden in<br />
der Klassenratssitzung der Reihe nachbearbeitet.<br />
••<br />
Es gibt feste Gesprächsregeln.<br />
Beispiel <strong>für</strong> den Verlauf der Klassenrat-Sitzungen<br />
Phase 1:<br />
Phase 2:<br />
Phase 3:<br />
Phase 4:<br />
Ermutigungsrunde<br />
Die Schülerinnen und Schüler berichten von positiven Erlebnissen in der Woche. Alternativ:<br />
Eine Aufwärmphase, in der die Kinder mitteilen, wie es ihnen gerade geht.<br />
Dies kann auch nichtsprachlich geschehen, indem die Kinder z.B. Bildkarten aussuchen,<br />
die ihr momentanes Befinden zum Ausdruck bringen.<br />
Ausblick auf die kommende Woche<br />
Die Kinder sind eingestimmt und vorbereitet auf die besonderen Termine wie z.B.<br />
Projektarbeiten, Klassenarbeiten, Filmvorführung ...<br />
Problembearbeitung<br />
Die Punkte des Klassenbuches bzw. der Liste werden abgearbeitet.<br />
Meist sind dies zwischenmenschliche Konflikte, die erfahrungsgemäß alle interessieren,<br />
so dass die Kinder mitarbeiten oder zumindest aufmerksam sind. Viele Probleme<br />
können schon allein dadurch gelöst werden, dass man die „andere Seite“ sieht. Kann<br />
ein Problem nicht in der Situation durch Reden und Verstehen gelöst werden, so wird<br />
ein Konsens gesucht, der in das Klassenbuch oder auf einer Beschluss-Liste notiert<br />
wird. Das Verhalten der betroffenen Parteien kann dann in der nächsten Stunde<br />
nochmals thematisiert und der Konsens überprüft werden.<br />
Verteilung von Aufgaben<br />
Kinder möchten einen Beitrag <strong>für</strong> die Gemeinschaft leisten. Wenn ein Kind genau<br />
weiß, dass es <strong>für</strong> eine Aufgabe verantwortlich ist, übernimmt es diese Aufgabe auch<br />
gewissenhaft. Dies stärkt das kindliche Selbstvertrauen und die Identifikation mit der<br />
Schule. Das Kind übernimmt den Dienst immer freiwillig. Entweder wechselt die Zuständigkeit<br />
in einem bestimmten Rhythmus oder die Aufgabe wird in der Gruppe neu<br />
vergeben.<br />
22 MITBESTIMMEN!
Demokratie leben mit<br />
Kindern - ein Ferienprojekt<br />
Der beste Weg Demokratie zu verstehen, ist Demokratie zu leben. Hier bietet das Sommerlager der Roten<br />
Falken die perfekte Möglichkeit. In der Kinderrepublik, welche bereits seit dem Jahre 1919 gelebt<br />
wird, geht es darum, Kinder und Jugendlichen abseits von ihrem Alltag in einer sicheren Umgebung die<br />
Möglichkeit zu geben, den Camp-Alltag mitzubestimmen und bei Themen, welche sie betreffen, ihre<br />
Meinung kundzutun und sich einzubringen. Unser Wunsch ist es, dass Kinder nicht nur auf Ferienlagern<br />
ihre Umwelt gestalten können, sondern auch in der Schule und in ihrem Alltag. Um dies möglich zu machen,<br />
versuchen wir das Grundprinzip des Demokratiemodells allgemein zu erklären und später anhand<br />
des Beispiels der Kinderrepublik genauer darauf einzugehen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass sich<br />
diese Mitbestimmungsmöglichkeit gut auf Ferienlager oder längeren Projektwochen umsetzen lässt.<br />
Der Kern von jedem Demokratiemodell liegt im Ziel der Repräsentation einer bestimmten Gruppe.<br />
Egal ob die gemeinsamen Charakteristika ein ähnliches Gedankengut, das Alter oder die Klasse ist. Es<br />
besteht in den meisten Fällen ein gemeinsamer Nenner, welcher sich je nach Grundgesamtheit (Bsp.:<br />
Bevölkerung eines Landes, Schule, Ferienlagerturnus) unterscheidet.<br />
Gruppengröße: 50+<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
6-16 Jahre<br />
1-2 Wochen<br />
Was wird gebraucht:<br />
••<br />
Je nach Gruppengröße ist es sinnvoll eine<br />
oder auch zwei verantwortliche Personen <strong>für</strong><br />
die Durchführung zu bestimmen, welche auch<br />
<strong>für</strong> den allgemeinen Ablauf zuständig ist/sind.<br />
••<br />
Für die anfänglichen Demokratie-Workshops<br />
sollte pro Workshop eine Person eingeplant<br />
sein. Eine Workshop Gruppe soll etwa 10 -<br />
15 Personen beinhalten.<br />
••<br />
Zudem benötigt ihr einen fixen Versammlungsort<br />
<strong>für</strong> den sogenannten Minister*innenrat<br />
••<br />
Zusätzliches Arbeitsmaterial: Flipchartpapier,<br />
Stifte, Wahlurnen, Wahlzettel, Materialien <strong>für</strong><br />
die Gestaltung von Wahlplakaten (Stifte, Farbe,<br />
Pinsel, etc.)<br />
••<br />
Je nach Gestaltungsspielraum braucht es pro<br />
Woche ein Budget von 100 bis 250 Euro.<br />
Hier kommt es natürlich auf den Hintergrund<br />
und die Größe der Veranstaltung an.<br />
Allgemeines Modell:<br />
••<br />
Grundgesamtheit – alle Teilnehmenden eines<br />
Ferienlagers oder Projektausflugs<br />
(im Falle von großen Gruppen ist die Grundgesamtheit<br />
in verschiedene Gruppen/Delegationen<br />
gegliedert)<br />
••<br />
Diese entsenden Minister*innen (je nach<br />
Gruppengröße eine bestimmte Anzahl)<br />
••<br />
Diese Minister*innen bilden den Minister*innenrat<br />
••<br />
Aus diesem wird ein Kanzler und eine Kanzlerin<br />
gewählt.<br />
••<br />
Zusätzlich: Staatsekretär*in<br />
TIPP: Moderiert eure Sitzungen und definiert<br />
ein gemeinsames Ziel.<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
23
So funktioniert das Demokratiemodell…<br />
Vor der Durchführung:<br />
••<br />
Überlegt, welcher Minister*innen-Schlüssel<br />
verwendet wird (pro Gruppe können wie viele<br />
Minister*innen gewählt werden)<br />
••<br />
Einen Zeitplan, welcher sich nicht zu sehr mit<br />
dem Programm überschneidet, planen und<br />
bekannt geben (einen Anhaltspunkt findet ihr<br />
an der Methode angehängt). Stellt euch die<br />
Frage, wie oft sich der Minister*innenrat treffen<br />
soll. Plant dabei die Einstiegs-Workshops,<br />
die Kampagnenworkshops, die Wahl und die<br />
Minister*innen-Treffen mit ein.<br />
••<br />
Allgemeine Infos über das Demokratiemodell<br />
an die jeweiligen Verantwortlichen verteilen<br />
und diese vorab informieren.<br />
••<br />
Ein Budget festlegen, welches dem Minister*innenrat<br />
zur Verfügung steht.<br />
••<br />
Eine passende Räumlichkeit <strong>für</strong> die Treffen<br />
finden.<br />
••<br />
Die Einstiegs-Workshops vorbereiten (eine<br />
Unterstützung findet ihr angehängt) und die<br />
Workshopleiter*innen da<strong>für</strong> finden. Daraufhin<br />
diese mit dem Konzept vertraut machen.<br />
••<br />
Überlegt euch evtl. auch vorab, welche Punkte<br />
durchaus wichtig <strong>für</strong> den „Verhaltenskodex“/“Völkerrecht“/“Code<br />
of Conduct“ eurer<br />
Gruppe sind.<br />
Vorgeschlagener Zeitplan<br />
Tag 1<br />
Tag 2<br />
Ankunft<br />
Die Durchführung:<br />
1. Haltet Einstiegs-Workshops <strong>für</strong> Gruppen von<br />
etwa 10-15 Personen ab.<br />
2. Macht einen Kampagnenworkshop <strong>für</strong> alle<br />
Interessierten, in welchem sie ihre Plakate <strong>für</strong><br />
den „Wahlkampf“ vorbereiten und ihre Ideen<br />
und Vorhaben nach außen kommunizieren<br />
können.<br />
3. Die Kinder haben ein bestimmtes Zeitfenster<br />
<strong>für</strong> den Wahlkampf. Sammelt währenddessen<br />
die Namen der Kandidat*innen und fertigt<br />
die Wahlzettel an.<br />
4. Führt die Wahl (inklusive Wahlurne) durch.<br />
Alle Teilnehmenden des Projektausfluges/ Ferienlagers<br />
sind wahlberechtigt. Das Wahlergebnis<br />
wird nach der Auszählung verkündet.<br />
5. Nun trefft euch regelmäßig mit dem Minister*innenrat<br />
und diskutiert gewünschte Veränderungen<br />
und Vorhaben. Lasst sie nicht<br />
alleine arbeiten, sondern seid als Unterstützung<br />
dabei. WICHTIG: Wählt bei der ersten<br />
Sitzung einen Kanzler und eine Kanzlerin aus<br />
der Gruppe der Minister*innen.<br />
6. Stellt nun die Minister*innen, den Kanzler<br />
und die Kanzlerin den restlichen Teilnehmenden<br />
vor.<br />
TIPP: Bei einer Projektdauer von zwei Wochen könnt ihr nach der ersten<br />
Woche erneut wählen, um mehr Kindern/Jugendlichen die Möglichkeit zu<br />
geben, Minister*in zu sein.<br />
Beschreibung<br />
Einstiegs- und Kampagnenworkshops,<br />
Wahlkampf und Wahl<br />
Ergänzungen<br />
Tag 3 Erster Minster*innenrat Code of Conduct, gemeinsame Ziele<br />
definieren, Kanzler und Kanzlerin wählen,<br />
Brainstorming und Ideen <strong>für</strong> Programm<br />
überlegen<br />
Tag 5 Zweiter Minister*innenrat Programmplanung, Änderungen, Verhandlungsgespräche,<br />
...<br />
Tag 6<br />
Tag 7<br />
TIPP: Haltet in eurem Zeitplan einen Programm-Slot <strong>für</strong> die Minister*innen<br />
frei, damit etwas von ihnen geplant und durchgeführt werden kann.<br />
Programmdurchführung<br />
Abreise<br />
24 MITBESTIMMEN!
Evaluierung<br />
Ein wesentlicher Teil der Umsetzung ist auch die<br />
Evaluierung, welche nach jeder Durchführung gemacht<br />
werden soll. Zur Methodik der Reflektion<br />
wird auf das Kapitel „Feedback als Mitbestimmung“<br />
verwiesen.<br />
Die Umsetzung<br />
Um alles noch ein bisschen klarer zu machen,<br />
präsentieren wir hier die beispielhafte Durchführung<br />
der Kinderrepublik am Sommerlager der Roten<br />
Falken, die jedes Jahr in Döbriach umgesetzt<br />
wird.<br />
Die Kinderrepublik in wenigen Sätzen erklärt:<br />
Die Kinderrepublik ist ein demokratiepolitisches<br />
Beteiligungsprojekt. Dabei werden Elemente der<br />
Selbstverwaltung, der direkten und indirekten<br />
Demokratie und des Parlamentarismus miteinander<br />
verbunden. Wobei die Selbstverwaltung ein<br />
wesentliches Kernelement darstellt. Kindern und<br />
Jugendlichen soll auf spielerische Art und Weise<br />
die Wichtigkeit von demokratischen Entscheidungsprozessen<br />
vermittelt werden. Zudem kann<br />
mit der Kinderrepublik auf politische Ereignisse<br />
in der Gemeinde-/Landes-/Bundespolitik – wie<br />
beispielsweise die Wiederholung der Bundespräsidentschaftswahl<br />
im Jahr 2016 – eingegangen<br />
werden.<br />
Auf einem Sommerlager geht es um eine Grundgesamtheit<br />
von etwa 400 Personen; dementsprechend<br />
gibt es einen Schlüssel <strong>für</strong> jede Delegation,<br />
wie viele Minister*innen sie stellen können.<br />
Wie die Roten Falken/ Kinderfreunde es machen:<br />
Zu Beginn der Kinderrepublik steht die Information<br />
der Teilnehmer*innen über das Demokratiemodell<br />
und die Mitbestimmungsmöglichkeiten,<br />
welche die Kinderrepublik hat, an. In Döbriach<br />
wird eine Tour durch die Dörfer gemacht und dabei<br />
werden das Demokratiemodell, die Aufgaben<br />
der Kinderrepublik und die Entscheidungsmöglichkeiten<br />
(Campordnung, Programmslots etc.)<br />
vorgestellt.<br />
Es empfiehlt sich mit den Kandidat*innen oder<br />
allgemein mit den Teilnehmenden des Camps<br />
einen „Demokratieworkshop“ zu machen. Bei<br />
diesem haben wir uns immer mit den Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
der Kinder und Jugendlichen<br />
in ihrem Alltag beschäftigt und eine Brücke<br />
zu den Mitbestimmungsmöglichkeiten im Camp<br />
geschlagen.<br />
In den einzelnen Dörfern (entspricht verschiedenen<br />
Delegationen/Großgruppen) wurde anschließend<br />
nach Kandidat*innen <strong>für</strong> den Minister*innenrat<br />
gesucht. Um einen Schlüssel zu<br />
bekommen, reihten wir die Dörfer der Größe nach<br />
und teilten diesen einen gewissen Schlüssel zu. So<br />
konnten die größten Dörfer drei Minister*innen,<br />
die mittleren Dörfer zwei Minister*innen und die<br />
kleinen Dörfer eine*n Minister*in stellen. Kandidieren<br />
konnten und sollten jedoch mehr.<br />
Die Kandidat*innen des Minister*innenrats finden<br />
sich am zweiten Tag des Sommerlagers in<br />
der „Wahlkampfwerkstatt“ ein und bereiten ihren<br />
Wahlkampf vor. Sie basten Schilder, erfinden<br />
Slogans und verbildlichen ihre Ideen. Am Nachmittag<br />
stanf Wahlkampf, gefolgt von der abendlichen<br />
Wahl der Minister*innen in den einzelnen<br />
Dörfern, am Programm.<br />
Zeitnah nach der Wahl der Minister*innen in den<br />
Dörfern, fandt eine erste Sitzung des Minister*innenrates<br />
statt. Hier werden die Minister*innen<br />
(Kinder) von einem/einer Staatssekretär*in (Betreuer*in)<br />
begleitet.<br />
Wichtig: Nur die Kinder dürfen im Minister*innenrat<br />
sprechen – die Staatssekretär*innen sind<br />
TIPP: Bei großen Gruppen ist es von Vorteil,<br />
eine*n Betreuer*in mit dem Kind/<br />
Jugendlichen mitzuschicken. Zum einen<br />
um Berührungsängste vorzubeugen und<br />
zum anderen, um Enstscheidungen und<br />
Informationen zurück in die Gruppe tragen<br />
zu können.<br />
<strong>für</strong> den Informationsfluss in die Dörfer zuständig,<br />
Bei der ersten Sitzung des Minister*innenrates<br />
werden aus der Mitte der Minister*innen Kanzler<br />
und Kanzlerin gewählt, der Code of Conduct und<br />
das Völkerrecht besprochen und beschlossen. Es<br />
wird auch erklärt, wie Anträge eingebracht werden<br />
können.<br />
In einer zweiten Sitzung werden die Anträge behandelt,<br />
die sowohl die Regeln im Camp (jene<br />
die sich nicht auf Basis des Jugendschutzes ergeben),<br />
als auch die Programm-Slots betreffen. Die<br />
Kinder können zwei bis drei Programmpunkte pro<br />
Woche selbst gestalten.<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
25
Kinderrepublik | Völkerrecht<br />
Childrens‘ Republic | International Law<br />
§1. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jegliche Gewalt – sowohl körperlicher als auch<br />
psychischer Natur – ist verboten.<br />
§2. Am gesamten Camp-Gelände gelten die Grundsätze der Roten Falken, abgeleitet aus<br />
den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Vielfalt, und Frieden. Zusätzlich<br />
gelten die Campordnung und das Jugendschutzgesetz des Landes Kärnten.<br />
§3. Ab 22:00 ist Camp-Ruhe. Kinder sind ab diesem Zeitpunkt in ihren Zelten, Jugendliche im<br />
Dorf oder bei speziellen Angeboten <strong>für</strong> ihre Altersgruppe anzutreffen. Der Helferkonsum<br />
ist nur <strong>für</strong> Betreuer/innen geöffnet.<br />
§4. In der Kinderrepublik Döbriach sind alle illegalen Drogen verboten, Alkohol ist nur <strong>für</strong> über<br />
16-Jährige und nach 22:30 erlaubt. Rauchen ist ebenfalls nur <strong>für</strong> Personen über 16 Jahren<br />
und in speziell gekennzeichneten Raucherzonen erlaubt.<br />
§5. Die Verantwortung <strong>für</strong> die einzelnen Gruppen liegt zu jedem Zeitpunkt bei dem/der jeweiligen<br />
Gruppenbetreuer*in.<br />
§6. In der Kinderrepublik sind Bestrafungen grundsätzlich verboten. Konsequenzen sollen ausschließlich<br />
entstandene Schäden wiedergutmachen oder zum Schutz der restlichen Campteilnehmer*innen<br />
gedacht sein.<br />
§7. Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich, das Völkerrecht zur Grundlage ihrer Verfassung<br />
und der weiteren Gesetzgebung zu machen und ausnahmslos einzuhalten.<br />
TIPP: Erstellt vorab ein Völkerrecht eures Projektes, welche Regeln beinhaltet<br />
die nicht geändert werden können und <strong>für</strong> alle gelten. Natürlich<br />
könnt ihr es anders nennen.<br />
Zeit Beschreibung Material<br />
11:00 Begrüßung, Worum geht’s: Darstellen, dass wir über Demokratie und die<br />
Demokratie im Camp reden.<br />
11:05 Wo erlebe ich Demokratie? Kids sammeln auf Kärtchen, wo sie Demokratie<br />
erleben.<br />
11:15 Zusammenführen der Ergebnisse: Gemeinsam mit den Kids werden ihre<br />
Begriffe auf drei Plakate (Freizeit, Schule, Familie) zugeteilt und darüber<br />
gesprochen.<br />
11:30 Demokratie im Camp: Erklären, dass es im Dorf und im Camp Demokratie<br />
gibt. Auf Dorfebene werden pro drei Zelten so genannte ZeltgruppensprecherInnen<br />
gewählt. Zusätzlich werden <strong>für</strong> die Campebene auch<br />
noch pro Dorf ein bis drei (je nach Dorfgröße) Minister*innen gewählt.<br />
Im Dorf sind die ZeltgruppensprecherInnen und die MinisterInnen der<br />
Dorfrat, die das Dorf-Programm und die Dorf-Regeln beeinflussen können.<br />
Sie sind dem Morgenkreis verantwortlich.<br />
Im Camp bilden die Minister*innen den Minister*innenrat. Sie können<br />
über Programmpunkte bestimmen und die Camp-Regeln beeinflussen,<br />
sie haben außerdem ein Budget von 250 Euro je Woche.<br />
Gemeinsam wählen die Minister*innen und die ZeltgruppensprecherInnen<br />
den*die Kanzler*in auf Campebene. Sie leiten die Sitzungen und<br />
Verhandeln mit der Campleitung.<br />
11:45 Abschluss: Kids motivieren selbst zu kandidieren und Hinweis, dass am<br />
Nachmittag Wahlkampfwerkstatt ist.<br />
Stifte, Kärtchen<br />
Stifte, Klebstoff,<br />
3-Flipcharts mit<br />
Kategorien<br />
Zeichnung Mitbestimmung<br />
im<br />
Camp<br />
26 MITBESTIMMEN!
Konferenz der Kinder<br />
Mitbestimmung von Kindern ist ein wichtiges Anliegen. Egal ob bei kommunalen Entscheidungen, bei<br />
der Gestaltung des Lebensraums, in der Kindergruppenarbeit oder auch im schulischen Kontext. Immer<br />
wieder scheitern aber auch oft gut gemeinte Initiativen. Diese werden von Kindern nicht angenommen<br />
oder die Ergebnisse sind nicht wirklich verwertbar. Die Beteiligungsformate müssen kindgerecht und<br />
attraktiv sein. Es entstand die Idee von Konferenzen mit und <strong>für</strong> Kinder, um dabei mit Kindern an Themen<br />
und Aktivitäten zu arbeiten, mit ihnen gemeinsam neue Schwerpunkte und Projekte zu entwickeln<br />
und auch Inputs der Kinder zu Themen/Überlegungen einholen.<br />
Zielgruppe der Konferenz der Kinder<br />
Ca. 100 Kinder im Alter von 8-12 Jahren aus Kinder-<br />
und Jugendgruppen UND aus Einrichtungen<br />
(Schulen, Horte, Nachmittagsbetreuung, Jugendzentren<br />
(JUZ), etc.).<br />
TIPP: Auf Ausgewogenheit achten!<br />
Wenn spezielle Anforderungen notwendig<br />
sind, rasch mitteilen (Barrierefreiheit<br />
in jeder Hinsicht!)<br />
Parallel zum Hauptprogramm <strong>für</strong> die Kinder gibt<br />
es <strong>für</strong> die anwesenden Erwachsenen eigene Train<br />
the Trainer Workshops zum Thema Partizipation.<br />
Möglich <strong>für</strong> Anfänger*innen und Fortgeschrittene.<br />
Die Erwachsenen sind auf der Konferenz der<br />
Kinder definitiv „Gäste“ – sie werden nicht aktiv<br />
beteiligt.<br />
Zeit<br />
Für eine Konferenz der Kinder sollte man einen<br />
ganzen Tag einrechnen. Das Format würde auch<br />
zweitägig funktionieren und eine vertiefte Arbeit<br />
ermöglichen. Dies ist allerdings eine logistische<br />
Frage (Unterbringung etc.) und finanzielle Herausforderung.<br />
Hier haben Schulen natürlich andere<br />
Möglichkeiten und können so eine Konferenz<br />
auch mehrtägig als Projekt durchführen.<br />
Team<br />
Grundsätzlich besteht das Team aus Mitarbeiter*innen<br />
<strong>für</strong> Workshops (Kinder/Erwachsene),<br />
Moderation, Animation und auch die Dokumentation.<br />
Format<br />
Mischung aus ernsthafter/feierlicher/wichtiger<br />
Konferenz (Ausweis/Namensschild), gepaart mit<br />
kindgerechter Atmosphäre – Spiele zum Auflockern<br />
und Kennenlernen<br />
TIPP: Der Ort der Kinderkonferenz sollte<br />
definitiv ein Ort zum Wohlfühlen sein.<br />
Bringt Decken und Polster, damit man<br />
es sich gemütlich machen kann.<br />
Bestuhlung: Weg von Sesselreihen, hin zu am Boden<br />
sitzen oder in Tischgruppen etc.<br />
Visualisierung: Optische Aufbereitung von allem,<br />
was besprochen wird und worum es geht<br />
Ablauf: Nicht zu lange Einheiten und Abwechselnd<br />
kognitive/motorische, interaktive/frontale<br />
Phasen<br />
Inhalt/Programm<br />
Kreative und inhaltliche Formate wechseln einander<br />
den Tag über ab.<br />
Die Themenstellung ergibt sich durch Fragestellungen,<br />
welche die Veranstalter gerade beschäftigen<br />
& die von den Kindern selbst genannt<br />
werden. Dies in zwei Blöcken (VM und NM) mit<br />
entsprechender Mittagspause und freizeitpädagogischen<br />
Elementen.<br />
TIPP: Wir halten es <strong>für</strong> sinnvoll, Themen,<br />
die in den sog. „oberen“ Strukturen entwickelt<br />
werden, mit den anwesenden<br />
Kindern abzustimmen. Demnach sollten<br />
Themen vorgeben werden, und dazu<br />
das Expert*innenwissen der Konferenzteilnehmer*innen<br />
eingeholt werden. So<br />
können diese Bereiche auch ganz konkret<br />
besprochen und eine erweiterte<br />
Sicht darauf gewonnen werden.<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
27
Die Aufgabe besteht auch darin, die Kinder anzuhören,<br />
ihnen zuzuhören, ihre Themen und Anliegen<br />
aufzugreifen und diese gemeinsam mit ihnen<br />
einer weiteren Öffentlichkeit zugänglich zu<br />
machen. Die entsprechende mediale Verbreitung<br />
Möglicher Konferenzablauf<br />
ab 8.30 Uhr - Ankommen/Eintreffen<br />
Musik – Gaukler – Obst und Getränke zur<br />
freien Entnahme<br />
Kinder werden empfangen, einzeln begrüßt<br />
(Kernteam)<br />
Kinder bekommen ein Namensschild (ev.<br />
Unterlagen, die sie brauchen)<br />
Mitmachstationen<br />
9.00 Uhr - Eröffnung / Beginn<br />
Moderatorin begrüßt alle Anwesenden<br />
Begrüßung durch ###<br />
Eisbrecher-Spiel<br />
Moderierte Aufstellung – Atome-Spiel<br />
Vorstellung des Ablaufes (Folie)<br />
9.30 Uhr - Themenforen 1<br />
Aufteilung in die ersten, moderierten Themenforen<br />
(max. 10-15 TN/Thema) mit<br />
interaktivem Input und kreativer Gestaltungsmöglichkeit:<br />
Vormittag: Thema 1 / Thema 2 / Thema 3 /<br />
Thema 4<br />
Selbstbestimmte kurze Pausen<br />
12.00 Uhr - Mittagessen / Mittagspause<br />
Buffet<br />
Möglichkeiten zum Spielen, Chillen, Austoben<br />
13.00 Uhr - Plenum<br />
Spiel<br />
Erklärung <strong>für</strong> den Nachmittag<br />
bzw. das Herantragen der Ergebnisse an die zuständigen<br />
Personen sind daher ein wesentlicher<br />
Faktor zum Gelingen dieser Mitbestimmungsmethode.<br />
13.30 Uhr - Themenforen 2<br />
Aufteilung in die zweite Runde der Themenforen<br />
mit interaktivem Input und kreativer<br />
Gestaltungsmöglichkeit:<br />
Nachmittag: Thema 5 / Thema 6 / Thema 7<br />
/ Thema 8<br />
Selbstbestimmte kurze Pausen<br />
TIPP: Wenn ihr wollt könnt ihr hier Themen<br />
die am Vormittag aufkamen intensiver<br />
besprechen und in den Raum<br />
stellen.<br />
16.00 Uhr - Kurze Pause & Vorbereitung Plenum<br />
Getränke, Obst - Bewegung/Interaktion<br />
Plakate/Tafeln werden ins Plenum gebracht<br />
16.15 Uhr - Plenum<br />
Moderatorin begrüßt alle Kinder & alle erwachsenen<br />
Gäste<br />
Gemeinsames Spiel zur Auflockerung/als<br />
Einstieg<br />
Präsentationen aus jedem Forum - in Form<br />
einer gemeinsamen Wanderung<br />
Ausblick: Wie geht es weiter mit den Ergebnissen<br />
des heutigen Tages?<br />
16.45 Uhr - Abschluss<br />
Feedback (spielerisch)<br />
Gruppenfotos, Selfies mit neuen<br />
Freund*innen<br />
Austausch der give-aways untereinander<br />
Verabschiedung<br />
17:00 Uhr - Ende Konferenz<br />
Parallel: Beteiligungsworkshops <strong>für</strong> Erwachsene<br />
& Teilnahme am Abschlussplenum<br />
28 MITBESTIMMEN!
Ergebnis/Dokumentation & Nachhaltigkeit<br />
••<br />
Dokumentation der Konferenz durch ein<br />
„junges Medienteam“ aus Kindern und Jugendlichen<br />
••<br />
Am Ende der Veranstaltung wird nur Tagesfeedback<br />
zur Stimmung abgefragt – spielerisch<br />
••<br />
Ergebnis/Dokumentation der Konferenz <strong>für</strong><br />
alle Teilnehmer*innen<br />
••<br />
Alle Teilnehmenden werden nach wenigen<br />
Wochen nochmals persönlich angeschrieben<br />
(oder in Gruppen) und bekommen Zusammenfassung<br />
mit Fotos zur Konferenz & Info<br />
darüber, was mit Ergebnissen passiert ist.<br />
••<br />
Sie werden aber auch zu einem Online-Feedbackbogen<br />
eingeladen<br />
••<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse als Forderungen<br />
an die zuständigen Personen/Institutionen<br />
••<br />
Feedback, Kritik und Anregungen zu den<br />
Themen, die den Veranstalter bewegen<br />
••<br />
Blickwinkel, Fragestellungen, Ideen der Expert*innen<br />
Aufgebaut wird auf den Erfahrungen von mitmischen2,<br />
Kinder Denken Bildung, KinderUni, Kinderrepublik,<br />
etc.<br />
Öffentlichkeit<br />
• Regional- und Landesmedien einladen<br />
• Im Ort selber Ankündigung, Berichterstattung,<br />
Transparente<br />
• Zum Abschluss PolitikerInnen einladen (lokal,<br />
Land, Bund)<br />
Pädagogische Anmerkungen<br />
Ausgangssituation / Annahmen<br />
Kinder kennen einander nicht alle<br />
Es muss eine Ankommens-Phase geben um sich<br />
zu beschnuppern: wer ist aller da? Dabei muss<br />
auf das unterschiedliche Alter der Kinder Rücksicht<br />
genommen werden<br />
Kinder sind aufgeregt oder schüchtern<br />
Eine emphatische Moderation muss sie quasi abholen<br />
und durch das ganze Programm begleiten<br />
Beispiel <strong>für</strong> ein „Mitmachplakat“ als Feedback-<br />
Methode<br />
Abstimmung mit verschiedenfärbigen Smileys<br />
Eventuell Peers, die Kleingruppen begleiten. Auch<br />
sogenannte ice-breaker-Spiele zu Beginn machen<br />
Sinn<br />
Kinder brauchen zwischendurch Bewegung/“Lüftung“<br />
Pausen mit „Animation“: Möglichkeiten, sich zu<br />
bewegen. Dabei sollen/können alle Sinne angesprochen<br />
werden<br />
Kinder sind öfter hungrig und durstig<br />
Lieber zwischendurch immer wieder mal Snacks,<br />
als nur einmal großes Mittagessen – eventuell<br />
Buffetcharakter mit fixen Öffnungszeiten; Getränke<br />
durchgehend…<br />
Kinder sprechen auf unterschiedliche Methoden an<br />
Kinder arbeiten unterschiedlich und bringen sich in<br />
den Bereichen, die sie gut können besser ein. Daher<br />
macht ein Methodenmix über den ganzen Tag<br />
verteilt Sinn: zeichnen/malen, schreiben, sprechen,<br />
plastisch darstellen, sich gegenseitig etwas zeigen,…<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
29
Kinder wollen etwas herzeigen<br />
Irgendein give-away, das sie mit nach Hause nehmen<br />
und Familie/FreundInnen zeigen können<br />
(z.B. Foto, etc.) – Dabei kann die Nachhaltigkeit<br />
durch Selbstproduktion hergestellt werden, z.B.<br />
give-away ev. selbst produzieren und dann tauschen<br />
mit anderen Teilnehmer*innen<br />
Kinder sind unter sich offener<br />
Erwachsene haben während Arbeitsphase nur<br />
maximal moderierende Rolle; keine Zuhörer*innen/Beobachter*innen<br />
Kinder wollen wissen, was mit ihrer Arbeit passiert<br />
Vor Ort sollen die Kinder bereits darüber informitert<br />
werden, was weiter mit den Ergebnissen<br />
der Konferenz passiert. Aber auch eine bestimmte<br />
Zeit nach der Konferenz Kinder nochmals anschreiben<br />
mit Info, was sich getan hat seit der<br />
Konferenz.<br />
Und die Kinder bekommen die Möglichkeit, Feedback<br />
zur Veranstaltung zu geben.<br />
Kinder sind unterschiedlich vertraut mit solchen<br />
Settings<br />
ModeratorInnen müssen darauf Rücksicht nehmen<br />
und Ausgewogenheit der Wortmeldungen<br />
etc. herstellen. Berücksichtigung des Alters, der<br />
Wortgewandtheit, etc. durch Einsatz gezielter<br />
Methoden, bei denen sich alle äußern können!<br />
Kinder haben unterschiedliche Konzentrationsspanne<br />
und Arbeitstempo<br />
Manche Kinder haben in fünf Minuten alles gesagt,<br />
was zu sagen ist. Manche verlieren sich gerne<br />
im Detail und wollen herumtüfteln. Beides soll<br />
möglich sein.<br />
Pädagogische Haltung aller anwesenden Erwachsenen:<br />
muss im Vorfeld an alle teilnehmenden Erwachsenen<br />
und alle erwachsenen Gäste übermittelt<br />
werden!<br />
••<br />
Alles, was vor Ort passiert, ist freiwillig: Kinder<br />
werden gefragt (Fotos machen, interviewt<br />
werden, etc)<br />
••<br />
Die Kinder sind an diesem Tag die ExpertInnen<br />
••<br />
Die Erwachsenen sind die Lernenden an diesem<br />
Tag, also hauptsächlich ZuhörerInnen<br />
Was nicht passieren darf<br />
• Instrumentalisierung der Kinder<br />
• Manipulation der Kinder<br />
• Erwachsene mischen sich inhaltlich ein<br />
• Erwachsene reden mehr als Kinder<br />
• Ergebnisse/Meinungen der Kinder werden<br />
korrigiert<br />
• Über Ergebnisse/Meinungen der Kinder wird<br />
gewitzelt, geflüstert<br />
Die Moderation muss sich als Anwält*in der Kinder<br />
sehen und das Durchsetzen!<br />
30 MITBESTIMMEN!
Beispiel Ergebnis „Konferenz der Kinder 2017 in St. Georgen/Gusen“<br />
Deklaration der Kinder 2017*<br />
Kinder sind wichtiger als Geld!<br />
Gerecht behandeln – ALLE!<br />
Dass jedes Kind kriegt, was es braucht.<br />
Sich <strong>für</strong> Kinderrechte einsetzen!<br />
Jeder Mensch soll einen Job bekommen und genug Geld verdienen.<br />
Freundschaft ist das Beste.<br />
Gemeinsam Lösungen finden.<br />
Wir wollen Frieden! - Sich <strong>für</strong> (Welt)Frieden einsetzen<br />
BILDUNG<br />
Workshops gegen Mobbing<br />
Eine gute Schule, auch <strong>für</strong> arme Kinder, mit Essen & und gratis Sachen.<br />
Schule so verändern, dass lernen Spaß macht.<br />
Lernen macht Spaß, wenn man es will und Freund/innen dabei sind.<br />
Dass Kindern beim Lernen geholfen wird.<br />
FAMILIE<br />
Familie ist das Beste.<br />
Mehr Zeit verbringen mit der Familie.<br />
Alle Familien sollen einen schönen<br />
Platz zum Wohnen haben.<br />
Eine Familie muss nicht zusammen leben.<br />
Familien sollen finanziell unterstützt werden.<br />
*beschlossen am 18.11.2017 in<br />
St. Georgen a.d. Gusen von<br />
den Kinder-Delegierten<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
31
Panel-Ablauf im Detail<br />
Zeit Programm Details<br />
14:00 Panel-LeiterInnen nehmen „ihre“ Kinder mit in<br />
den Raum<br />
gegen<br />
15:00<br />
Zusammensetzen & 2 Kennenlernspiele<br />
Ablauf erklären<br />
unser Thema ist: XXX<br />
Was gehört zu diesem Thema?<br />
Was ist dir so wichtig an diesem Thema?<br />
Was ist das Problem? Was gehört getan?<br />
Wenn ich MinisterIn wäre, dann würde ich ...<br />
kleine Pause mit Trinken und Essen, das Kinder<br />
selbst mitgebracht haben<br />
Spiele <strong>für</strong> Zwischendurch<br />
Was sollen die Kinderfreunde <strong>für</strong> dieses Thema<br />
tun?<br />
Vorschlag 1: „Und das ist ein Elefant“<br />
Vorschlag 2: „Doris wie Drache“<br />
nur benennen; eventuell warum wir das Thema<br />
ausgesucht haben, aber dass die Kinder die ExpertInnen<br />
sind!<br />
Mindmap gemeinsam zeichnen<br />
Einzelarbeit - Plenum<br />
Vision: was wäre der Idealzustand / das Paradies<br />
- 2. Problem: Warum ist es nicht gut? Was ist<br />
das Problem? Wer hat Schuld? - 3. Lösung: Was<br />
müsste passieren, damit es gut wird?<br />
nehmt das „Mikrofon“ und lasst die Kinder eine<br />
kleine „Ansprache“ halten<br />
Aramsamsam, Vater Abraham, BoogieWoogie,<br />
Fangen<br />
„Ich wünsche mir von den Kinderfreunden ...“<br />
Beispiel <strong>für</strong> eine kindgerechte Einladung zu einer „Konferenz der Kinder“<br />
32 MITBESTIMMEN!
Die Jugend ist die<br />
Gegenwart<br />
Oft hört man, die Jugend sei unsere Zukunft, doch eigentlich ist sie nicht nur unsere Zukunft, sondern<br />
auch unsere Gegenwart. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, Kindern und Jugendlichen Mitbestimmung<br />
zu ermöglichen und ihnen einen Einblick, sowie auch die Mitarbeit in unseren Strukturen zu<br />
ermöglichen und ihnen die Chance zu geben, Verantwortung zu übernehmen.<br />
Hierzu gibt es zwei Beteiligungsprojekte, welche wir mit euch teilen möchten:<br />
••<br />
Das Beteiligungsmodell JUHE (Junghelfer*innen) - Gruppenbezogen<br />
••<br />
Das Beteiligungsmodell „Helpers/ JUHE“ – Projektbezogen<br />
Die Grundlagen sind die selben. Es geht darum, Jugendlichen die Aufgaben eines*einer Betreuer*in/<br />
Projektleiters*Projektleiterin näher zu bringen und ihn*sie damit vertraut zu machen.<br />
Beteiligungsprojekt Junghelfer*in<br />
Gruppengröße:<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
15-30 Personen<br />
13-18 Jahre<br />
fünf Wochenenden (Module)<br />
innerhalb von einem Jahr<br />
In dem Modell des JuHe-Kurses geht es darum,<br />
das Wissen zwischen der jetzigen Generation und<br />
der kommenden weiterzugeben, sowie jungen<br />
Leuten die Möglichkeit zu geben, ihren Platz in<br />
Jugendorganisationen zu finden. So sind die Jugendlichen<br />
untereinander vernetzt und stärken<br />
unsere Organisation.<br />
Der JunghelferInnen-Kurs setzt sich aus fünf<br />
Modulen zusammen. Innerhalb der fünf Module<br />
(Wochenenden) bekommen die Jugendliche<br />
theoretisches und praktisches Wissen vermittelt,<br />
damit sie eine Kindergruppe gut leiten können<br />
und langsam in die Rolle eines Betreuers, einer<br />
Gruppenleiterin hineinwachsen. Dies ermöglicht<br />
die tägliche Arbeit neu zu sehen und innovative<br />
Ideen aufzugreifen. Zudem ist es eine großartige<br />
Möglichkeit <strong>für</strong> Jugendliche neue Fähigkeiten<br />
und Kompetenzen zu erlangen und das Projekt<br />
als JuHe mitzubestimmen und -gestalten. Grundbausteine<br />
in der Ausbildung sind:<br />
••<br />
Teambuilding<br />
••<br />
<strong>Pädagogik</strong> – richtiges Leiten von Kindergruppen<br />
••<br />
Projektmanagement<br />
••<br />
Öffentlichkeitsarbeit /Aktionismus<br />
••<br />
Steigerung des Selbstwertgefühls<br />
••<br />
Verantwortung übernehmen und tragen<br />
Auch tagesaktuelle Inhalte fließen immer wieder<br />
in die Ausbildung mit ein. Die Inhalte werden von<br />
ReferentInnen gehalten, welche Expertise in bestimmten<br />
Thematiken vorweisen. Die Vermittlung<br />
basiert auf non-formalen Methoden und wird auf<br />
das Alter und die Fähigkeiten der Zielgruppe angepasst.<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
33
Was wird gebraucht:<br />
••<br />
Ein Team <strong>für</strong> die Organisation und Durchführung<br />
••<br />
ReferentInnen, die ihr Spezialwissen einbringen<br />
••<br />
Budget<br />
••<br />
Locations<br />
••<br />
Seminarmaterialien (Flipcharts, Stifte, Beamer,<br />
Notebook – je nach Angebot)<br />
••<br />
TeilnehmerInnen<br />
So funktioniert´s:<br />
Grundplanung:<br />
1. Teamgründung<br />
2. Inhaltliche Ausrichtung des Kurses<br />
a. Welche Themenschwerpunkte werden<br />
gesetzt<br />
b. Wo wollen wir hin, was wollen wir erreichen?<br />
3. Gewünschte Inhalte planen<br />
a. Roter Faden durch alle Module<br />
b. Passende Referent*innen da<strong>für</strong> finden<br />
c. Inhalte sollen Zielgruppen orientiert und<br />
abgestimmt sein<br />
Detailplanung (pro Modul)<br />
••<br />
Teilnehmende einladen<br />
»»<br />
Anmeldeliste erstellen und up to date<br />
halten<br />
»»<br />
Personalisierte Briefe aussenden<br />
»»<br />
Programmübersicht des Moduls aussenden<br />
••<br />
Detailplanung <strong>für</strong> das Modul erstellen<br />
»»<br />
Referent*innen suchen<br />
»»<br />
Location suchen<br />
»»<br />
Verpflegung organisieren<br />
»»<br />
Materialliste schreiben<br />
»»<br />
Personalplan erstellen: Wer ist <strong>für</strong> was<br />
zuständig<br />
••<br />
An Team Detailplanung aussenden und bei<br />
Unklarheiten erklären<br />
••<br />
Workshop—Vorbereitung<br />
••<br />
Materialien vorbereiten<br />
••<br />
Seminarverpflegung + Sonstiges<br />
••<br />
Durchführung<br />
••<br />
Reflexion und Feedback<br />
»»<br />
Mit den Teilnehmenden<br />
»»<br />
Im Team<br />
••<br />
Änderungen und Verbesserungen gleich in<br />
die nächste Planung mit aufnehmen<br />
••<br />
Protokoll schreiben und aussenden<br />
Beteiligungsprojekt Helper (JUHE) - projektbezogen<br />
Das Praktikant*innen-Modell ist anders als das JuHe-Modell etwas einfacher einsetzbar und auch <strong>für</strong><br />
kurzfristigere Projekte benutzbar. Die Idee dahinter ist, bei Ferienlagern, internationalen Projekten wie<br />
etwa Jugendbegegnungen oder ähnlichem, Jugendlichen die Möglichkeit zu geben in die Rolle eines<br />
Teamers einzusteigen um später nicht ohne jegliche Erfahrung die Rolle übergestülpt zu bekommen.<br />
Es ist das Ziel, eine sichere Umgebung aufzubauen in der eine junge Person ihre Fähigkeiten ausprobieren<br />
und erweitern kann.<br />
Wir haben dies bereits bei einer Erasmus+ Jugendbegegnung erfolgreich ausprobiert und möchten die<br />
wichtigsten Punkte, auf die ihr Acht geben solltet, mit euch teilen.<br />
Gruppengröße:<br />
1-2 Personen pro Team/Betreuer*in<br />
Alter: 16+<br />
Dauer:<br />
Projektdauer und Vor- & Nachbereitung<br />
34 MITBESTIMMEN!
So funktioniert´s:<br />
Mobilisierung<br />
Mit der Suche von Teilnehmenden eines Projektes<br />
beginnt auch die Suche nach einer*eines<br />
Praktikantin*Praktikanten. Wenn ihr dies öffentlich<br />
mit der Einladung zum Projekt ausschreibt,<br />
dann steigt die Wahrscheinlichkeit, motivierte<br />
Jugendliche da<strong>für</strong> begeistern zu können. Die<br />
Praktikant*innen sollen gleichzeitig normale Teilnehmende<br />
des Projektes sein und somit den Projektalltag<br />
mitbekommen.<br />
Vorbereitung<br />
Bindet die Jugendlichen in der Planung des Projektes<br />
so gut wie möglich ein, damit sie ein Verständnis<br />
davon bekommen, was die Aufgaben<br />
einer Projektleitung sind und wie die Kommunikation<br />
in einem Projektteam funktioniert.<br />
••<br />
Klärt die Fähigkeiten, Vorstellungen und Aufgaben<br />
der Praktikant*innen im Vorhinein ab.<br />
Damit verhindert ihr, dass eine der beiden<br />
Parteien unnötigerweise enttäuscht oder unzufrieden<br />
ist.<br />
••<br />
Plant Programm-Slots, welche die Praktikant*innen<br />
übernehmen können und auch<br />
wollen und gebt ihnen im Vorhinein bereits<br />
Materialien und Nachschlagewerke zur Verfügung.<br />
TIPP: Gebt der Person fähigkeitsbezogene<br />
Aufgaben, um sie motiviert dabei zu<br />
behalten.<br />
Durchführung<br />
Grundsätzlich wird, wenn so gewollt, das Projekt<br />
durch die Betreuenden geführt. Die Praktikant*innen<br />
leiten Programm-Slots je nach Engagement<br />
und Willen. Es ist wichtig, dass sie Freude dabei<br />
haben und den Willen, es auszuprobieren.<br />
••<br />
Definiert gemeinsam mit dem restlichen<br />
Team, welche Aufgaben die Praktikant*innen<br />
bekommen und wer die*der definitive Ansprechperson<br />
ist.<br />
••<br />
WICHTIG: Es ist wichtig, dass ihr den Personen<br />
nicht nur Aufgaben zuteilt und „machen<br />
lasst“, sondern sie auch unterstützt und wenn<br />
nötig zur Hilfe steht.<br />
••<br />
Geht mit den Praktikant*innen die vorbereiteten<br />
Workshops rechtzeitig durch (im besten<br />
Fall spielt sie einmal richtig durch) und gebt<br />
ihnen Feedback dazu.<br />
••<br />
Integriert sie in eure Überlegungen und Vorhaben.<br />
Findet Aufgaben, die den Fähigkeiten<br />
und dem Engagement entsprechen.<br />
••<br />
Gebt ihnen einen Platz im Team.<br />
••<br />
ACHTUNG: Hier könnte die Problematik<br />
entstehen, dass sie sich weg von den Teilnehmenden<br />
bewegen und stärker mit den<br />
Betreuenden zu tun haben. Klärt anfangs im<br />
Team ab, was <strong>für</strong> euch in Ordnung geht.<br />
Nachbereitung und Feedback<br />
Findet die Zeit gemeinsam als Team, das Projekt<br />
noch einmal aufzurollen und zu sehen was gut<br />
gelaufen ist und was verbessert werden könnte.<br />
Nehmt dazu, wenn ihr wollt, eine der Methoden<br />
des Handbuchs her, um die Ansichten aller zu<br />
sammeln.<br />
••<br />
Fragt nach, wie es der Person gegangen ist<br />
und was sie gelernt hat.<br />
••<br />
Wenn ihr wollt, könnt ihr einen netten Brief<br />
oder Ähnliches <strong>für</strong> euch gegenseitig verfassen,<br />
um das Erlebte nicht zu vergessen. Eine<br />
Person soll alle Briefe nach einer längeren<br />
Zeit versenden. Somit bleiben Ziele und Erinnerungen<br />
gut erhalten.<br />
GELEBTE MITBESTIMMUNG<br />
35
Methoden<br />
TO GO<br />
••<br />
Berichte aus der Welt der Kinder und Jugendlichen<br />
••<br />
Kinderrechte Schatzkiste<br />
••<br />
Wunschbaum<br />
••<br />
Ideenhimmel<br />
••<br />
Motzwand und Lobwand<br />
••<br />
Kinderrechte Stadtkarte<br />
••<br />
Was wäre wenn…<br />
••<br />
Positionen beziehen<br />
••<br />
Fallstudien<br />
••<br />
Freizeitpark<br />
••<br />
Planspiel: Der Stadtrat von „Sleepyville“<br />
METHODEN TO GO<br />
37
Offene <strong>Methodensammlung</strong> - Überblick<br />
Name der Methode Altersgruppe Gruppengröße<br />
Berichte aus der Welt der Kinder und Jugendlichen 10+ 8-24<br />
Kinderrechte-Schatzkiste 3-10 2-25<br />
Wunschbaum 6-16 unbegrenzt<br />
Ideenhimmel 6-16 5+<br />
Motzwand<br />
Lobwand<br />
6-16 10-40<br />
Kinderrechte Stadtkarte 8+ 4-20<br />
Was wäre wenn... 8+ 8-20<br />
Positionen beziehen 16+ 4+<br />
Fallstudien 16+ 12+<br />
Freizeitpark 16+ 20+<br />
Planspiel: Der Stadtrat von „Sleepyville“ 14+ 15-30<br />
38 MITBESTIMMEN!
Berichte aus der<br />
Welt der Kinder und<br />
Jugendlichen<br />
Die Gruppe wird zu Reporter*innen und dokumentiert Kinderrechte in ihrer Nachbarschaft.<br />
Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />
Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />
Gruppengröße: 8-24<br />
Alter: 10+<br />
Dauer:<br />
120-150 Minuten<br />
Materialien:<br />
••<br />
Kopien der kinderfreundlichen Kinderrechtskonvention<br />
(siehe Anhang). Unterstreicht die<br />
Rechte, die <strong>für</strong> eure Gruppe interessant sein<br />
könnten.<br />
••<br />
Eine Fotokamera pro Kleingruppe<br />
••<br />
Notizzettel und Stifte<br />
••<br />
Stadtpläne<br />
••<br />
Drucker oder Beamer<br />
Ziele:<br />
••<br />
Sich Kinderrechten im Alltag bewusst werden.<br />
••<br />
Verstehen, wie Rechte verletzt und geschützt<br />
werden können.<br />
••<br />
Kooperative Fähigkeiten entwickeln, die den<br />
Kindern bei der Einforderung ihrer Rechte<br />
helfen können.<br />
Durchführung:<br />
1. Diskutiert in der Gruppe, welche Zeitungen<br />
oder Nachrichtensendungen- oder Webseiten<br />
die Kinder kennen. Erklärt, dass ihr <strong>für</strong><br />
einen Tag alle Nachrichtenreporter*innen<br />
sein werdet, die über Kinderrechte berichten<br />
wollen.<br />
2. Fragt die Gruppe dann, was sie schon über<br />
Kinderrechte wissen, und verteilt die Kopien<br />
der Kinderrechtskonvention. Erklärt, was die<br />
Konvention bedeutet.<br />
3. Teilt die Gruppe dann in Kleingruppen (4-5<br />
Personen) und gebt jeder einen Fotoapparat,<br />
Notizzettel und Stifte. Sie können damit bald<br />
auf die Straße gehen und sollen von Dingen<br />
oder Orten Fotos machen, die ein Beispiel<br />
<strong>für</strong> Kinderrechte sein können. Es kann etwas<br />
sein, das zeigt, wie Kinderrechte verletzt werden,<br />
oder wo Kinderrechte gelten. Sie können<br />
auch Fotos von Dingen machen, die sie gerne<br />
verändern würden.<br />
4. Bevor sie rausgehen, sollen sich die Gruppen<br />
aber überlegen, auf welches Recht sie sich<br />
konzentrieren wollen. Gebt ihnen etwas Zeit,<br />
nochmal durch die Liste der Rechte zu gehen<br />
und bittet alle euch zu sagen, welches Recht<br />
sie besonders interessiert. Alle in der Gruppe<br />
sollten wenigstens ein Foto machen und <strong>für</strong><br />
ein anderes Foto Notizen aufschreiben. Legt<br />
fest, wann alle Gruppen zurück sein müssen.<br />
Je nach Alter und Stadt muss eventuell ein*<br />
Gruppenhelfer*in mit jeder Kleingruppe mitgehen.<br />
5. Wenn die Gruppen zurück sind, sollen sie einen<br />
Nachrichtenbericht mit ihren Ergebnissen<br />
METHODEN TO GO<br />
39
vorbereiten. Sie können Fernsehnachrichten<br />
spielen oder eine Zeitungsseite basteln. Ihre<br />
Nachrichten sollten wenigstens eine Überschrift<br />
und eine Beschreibung der Fotos haben<br />
(wo wurde es gemacht, welches Recht<br />
zeigt es) und erklären, was die Gruppe gerne<br />
verändern möchte.<br />
Auswertung:<br />
••<br />
Wie war es, Reporter*in zu sein?<br />
••<br />
War es schwer, eine Situation in einem Foto<br />
aufzunehmen?<br />
••<br />
Habt ihr etwas Interessantes oder Überraschendes<br />
festgestellt?<br />
••<br />
Was habt ihr etwas über Kinderrechte in eurem<br />
Ort rausfinden können?<br />
••<br />
Gab es positive Beispiele <strong>für</strong> Kinderrechte?<br />
••<br />
Gab es negative Beispiele, wo Kinderrechte<br />
nicht beachtet werden?<br />
••<br />
Habt ihr Fotos von Dingen gemacht, wo ihr<br />
genau wisst, wie ihr sie verändern möchtet?<br />
••<br />
Die Kinderrechtskonvention gibt euch das<br />
Recht eure Meinung frei zu äußern. Wo und<br />
wie benutzt ihr dieses Recht? Wie könnten<br />
wir es effektiver nutzen? Können wir die Ergebnisse<br />
des heutigen Tages da<strong>für</strong> nutzen?<br />
Tipps <strong>für</strong> Gruppenhelfer*innen:<br />
••<br />
Ihr könnt auch vorher einige Rechte aus der<br />
Kinderrechtekonvention heraussuchen, anstatt<br />
den Kindern die ganze Liste zu geben.<br />
••<br />
Ihr könnt die Methode so verändern, dass sie<br />
nur ein Thema beleuchtet, etwa Partizipation,<br />
Gewalt, Geschlechtergleichheit etc.<br />
••<br />
Betont, dass es nicht nur wichtig ist herauszufinden,<br />
wo Rechte nicht eingehalten werden,<br />
sondern auch positive Beispiele zu finden.<br />
• • Stellt sicher, dass alle wissen, wie sie die Kameras<br />
bedienen. Wenn ihr kein technisches<br />
Material habt, könnt ihr die Orte auch zeichnen,<br />
oder die Gruppen finden Leute, die sie<br />
interviewen können.<br />
40 MITBESTIMMEN!
Kinderrechtskonvention<br />
der Vereinten Nationen<br />
kinderfreundliche Version<br />
Artikel 1: Jeder Mensch unter 18 Jahren hat<br />
diese Rechte.<br />
Artikel 2: Alle Kinder haben diese Rechte, egal<br />
wer sie sind, wo sie leben, woher sie kommen,<br />
welche Hautfarbe sie haben, was ihre Eltern<br />
machen, welche Sprache sie sprechen, welche<br />
Religion sie haben, ob sie Junge oder Mädchen<br />
sind, in welcher Kultur sie leben, ob sie<br />
eine Behinderung haben, ob sie reich oder<br />
arm sind. Keinem Kind darf irgendeines der<br />
beschlossenen Rechte weggenommen werden.<br />
Artikel 3: Wenn Erwachsene Entscheidungen<br />
über Dich treffen, sollen sie zuerst daran denken,<br />
was das Beste <strong>für</strong> Dich ist. Alle Einrichtungen<br />
<strong>für</strong> Kinder müssen ihrem Wohl dienen.<br />
Artikel 4: Dein Staat muss alle geeigneten<br />
Mittel einsetzen, um Deine Rechte zu verwirklichen.<br />
Alle Länder sollen zusammenarbeiten,<br />
damit die Kinder überall auf der Welt ihre<br />
Rechte ausüben können.<br />
Artikel 5: Deine Eltern sollen Dir dabei helfen,<br />
dass Du Deine Rechte kennst und durchsetzen<br />
kannst. Sie sollen berücksichtigen, dass Deine<br />
eigenen Fähigkeiten sich entwickeln.<br />
Artikel 6: Du hast das Recht zu leben und<br />
Dich bestmöglich zu entwickeln.<br />
Artikel 7: Du hast das Recht auf eine Geburtsurkunde,<br />
auf eine Staatsangehörigkeit<br />
und auch das Recht, Deine Eltern zu kennen<br />
und von ihnen betreut zu werden.<br />
Artikel 8: Du hast das Recht auf eine Identität,<br />
das heißt, auf Deinen Namen, eine Nationalität<br />
und Familienbeziehungen. Wenn etwas<br />
davon fehlt, muss der Staat helfen, dass Deine<br />
Identität voll hergestellt wird.<br />
Artikel 9: Du hast das Recht, bei Deinen Eltern<br />
zu leben, es sei denn, das wäre nicht gut <strong>für</strong><br />
Dich. Wenn Du aus irgendeinem Grund von<br />
beiden Eltern oder einem Teil der Eltern getrennt<br />
lebst, hast Du das Recht, regelmäßig<br />
mit ihnen in Verbindung zu sein, außer es würde<br />
Dich gefährden.<br />
Artikel 10: Wenn Du und Deine Eltern in verschiedenen<br />
Ländern leben, sollen die Staaten<br />
Euch unterstützen, wieder zusammen zu ziehen.<br />
Artikel 11: Niemand darf Dich gegen Deinen<br />
Willen im Ausland festhalten. Die Staaten<br />
müssen Dich davor schützen.<br />
Artikel 12: Du hast das Recht, Deine eigene<br />
Meinung mitzuteilen und Erwachsene müssen<br />
das, was Du sagst, ernst nehmen. Auch Richter<br />
müssen Dich anhören, wenn Du betroffen<br />
bist.<br />
Artikel 13: Du hast das Recht, das, was Du<br />
denkst und fühlst, anderen mitzuteilen, indem<br />
Du redest, zeichnest, schreibst oder auf<br />
andere Art und Weise. Du darfst aber keinen<br />
anderen Menschen damit verletzen oder kränken.<br />
Du hast das Recht zu erfahren, was in der<br />
Welt vor sich geht.<br />
Artikel 14: Du hast das Recht, Dir Deine eigene<br />
Meinung zu bilden und zu entscheiden, ob<br />
Du an einen Gott glaubst oder nicht. Deine<br />
Eltern sollen Dir dabei helfen, aber auch Deine<br />
Meinung berücksichtigen.<br />
Artikel 15: Du hast das Recht, Dich mit anderen<br />
zusammenzuschließen, und Ihr dürft Euch<br />
friedlich versammeln. Aber dabei dürft Ihr die<br />
Rechte anderer nicht verletzen.<br />
KINDERRECHTSKONVENTION<br />
I
Artikel 16: Du hast das Recht auf eine Privatsphäre.<br />
Niemand darf ungefragt Deine Briefe<br />
lesen, Dein Zimmer durchsuchen oder ähnliches<br />
tun. Niemand darf Dich beschämen oder<br />
beleidigen.<br />
Artikel 17: Du hast das Recht, alles zu erfahren,<br />
was Du <strong>für</strong> ein gutes Leben wissen musst,<br />
aus dem Radio, der Zeitung, Büchern, dem<br />
Computer und anderen Quellen. Erwachsene<br />
sollen da<strong>für</strong> sorgen, dass die Informationen,<br />
die Du erhältst, Dir nicht schaden. Außerdem<br />
sollen sie Dir helfen, die Infor-mationen, die<br />
Du brauchst, zu finden und zu verstehen.<br />
Artikel 18: Du hast das Recht, von beiden Eltern<br />
erzogen und gefördert zu werden. Deine<br />
Eltern müssen bei allem, was sie tun, da<strong>für</strong><br />
sorgen, dass es Dir gut geht. Der Staat soll die<br />
Eltern bei dieser Aufgabe unterstützen, zum<br />
Beispiel durch Kindergärten, Gesundheitsdienste<br />
und Ähnliches.<br />
Artikel 19: Du hast das Recht auf Schutz, damit<br />
Du weder körperlich noch seelisch misshandelt,<br />
missbraucht oder vernachlässigt wirst.<br />
Artikel 20: Du hast das Recht auf besonderen<br />
Schutz und Hilfe, falls Du nicht mit Deinen Eltern<br />
leben kannst.<br />
Artikel 21: Dein Staat muss da<strong>für</strong> sorgen, dass<br />
Du nur dann adoptiert werden kannst, wenn<br />
das in Deinem Interesse liegt.<br />
Artikel 22: Flüchtlingskinder haben das Recht<br />
auf besonderen Schutz und Hilfe. Auch alle<br />
anderen Rechte der Kinderrechtskonvention<br />
gelten <strong>für</strong> sie in dem Land, in dem sie gerade<br />
sind. Der Staat, die Vereinten Nationen und<br />
andere Organisationen müssen ihnen helfen,<br />
zu ihrer Familie zurückzu-kehren, falls sie alleine<br />
auf der Flucht sind. Falls dies nicht möglich<br />
ist, müssen sie wie andere Kinder ohne Eltern<br />
behandelt werden.<br />
Artikel 23: Du hast das Recht auf besondere<br />
Förderung und Unterstützung, falls Du behindert<br />
bist. Dir stehen auch in diesem Fall alle<br />
Rechte der Konvention zu, so dass Du ein gutes<br />
Leben führen und aktiv am sozialen Leben<br />
teilnehmen kannst.<br />
Artikel 24: Du hast das Recht auf die bestmögliche<br />
Gesundheit, medizinische Behandlung,<br />
sauberes Trinkwasser, gesundes Essen,<br />
eine saubere und sichere Umgebung, Schutz<br />
vor schädlichen Bräuchen und das Recht zu<br />
lernen, wie man gesund lebt.<br />
Artikel 25: Wenn du in einer Pflegefamilie<br />
bist oder in einem Heim lebst, hast Du das<br />
Recht, dass regelmäßig überprüft wird, ob es<br />
Dir dort gut geht.<br />
Artikel 26: Du hast das Recht, von den sozialen<br />
Sicherungssystemen Deines Staates unterstützt<br />
zu werden.<br />
Artikel 27: Du hast das Recht, in Lebensverhältnissen<br />
aufzuwachsen, die ermöglichen,<br />
dass Du Dich gut entwickeln kannst. Da<strong>für</strong><br />
sind zuerst Deine Eltern verantwortlich. Wenn<br />
Deine Eltern das nicht können, muss der Staat<br />
helfen, damit Du das Nötige hast, vor allem<br />
Nahrung, Kleidung und eine Wohnung.<br />
Artikel 28: Du hast das Recht auf eine gute<br />
Schulbildung. Die Grundbildung soll nichts<br />
kosten. Du sollst dabei unterstützt werden,<br />
den besten Schul- und Ausbildungsabschluss<br />
zu machen, den Du schaffen kannst. Der<br />
Staat muss da<strong>für</strong> sorgen, dass alle Kinder in<br />
die Schule gehen und kein Kind dort schlecht<br />
behandelt wird.<br />
Artikel 29: Deine Bildung soll Dir helfen, alle<br />
Deine Talente und Fähigkeiten zu entwickeln.<br />
Sie soll Dich außerdem darauf vorbereiten, in<br />
Frieden zu leben, die Umwelt zu schützen und<br />
andere Menschen und ihre Rechte zu respektieren,<br />
auch wenn sie anderen Kulturen oder<br />
Religionen angehören. Da<strong>für</strong> sollst Du auch<br />
die Menschen- und Kinderrechte kennenlernen<br />
und achten.<br />
Artikel 30: Jedes Kind hat das Recht, eine eigene<br />
Kultur, Sprache und Religion zu leben,<br />
egal, ob das alle Menschen in seinem Land so<br />
tun oder nicht. Minderheiten und Ureinwohner<br />
benötigen da<strong>für</strong> besonderen Schutz.<br />
Artikel 31: Du hast das Recht auf Freizeit, zu<br />
spielen, Dich zu erholen und Dich künstlerisch<br />
zu betätigen.<br />
II<br />
KINDERRECHTSKONVENTION
Artikel 32: Der Staat muss Altersgrenzen <strong>für</strong><br />
die Arbeit von Kindern erlassen. Er muss Dich<br />
vor Arbeit schützen, die schlecht <strong>für</strong> Deine<br />
Gesundheit oder Deine Schulbildung ist. Falls<br />
Du eine erlaubte Arbeit machst, hast Du das<br />
Recht auf Sicherheit am Arbeitsplatz und auf<br />
faire Bezahlung.<br />
Artikel 33: Du hast das Recht auf Schutz vor<br />
Drogen und Drogenhandel.<br />
Artikel 34: Du hast das Recht auf Schutz vor<br />
sexuellem Missbrauch in allen Formen.<br />
Artikel 35: Die Staaten der Welt müssen alle<br />
Kinder davor schützen, entführt oder verkauft<br />
zu werden.<br />
Artikel 36: Du hast das Recht auf Schutz vor<br />
jeder Art von Ausbeutung.<br />
Artikel 37: Niemand darf Dich auf grausame<br />
oder unmenschliche Weise bestrafen. Die Todesstrafe<br />
<strong>für</strong> Kinder muss überall abgeschafft<br />
werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen dürfen<br />
strafmündige Kinder ins Gefängnis gesperrt<br />
werden. Wenn es geschieht, müssen sie<br />
kindgerecht behandelt werden und sofort Zugang<br />
zu einem Anwalt haben. Sie müssen mit<br />
ihren Eltern in Verbindung bleiben können.<br />
Artikel 38: Du hast das Recht auf Schutz im<br />
Krieg. Ein zusätzlicher Vertrag bestimmt, dass<br />
kein Kind zu aktiver Teilnahme an bewaffneten<br />
Konflikten herangezogen werden darf.<br />
Artikel 39: Du hast das Recht auf Hilfe, wenn<br />
Du misshandelt, vernachlässigt oder ausgebeutet<br />
wurdest. Der Staat muss helfen, dass<br />
Du wieder in normales Leben zurückfindest.<br />
Artikel 40: Du hast das Recht auf rechtliche<br />
Hilfe und faire Behandlung vor Gericht, wenn<br />
Du strafmündig bist, und die Gesetze müssen<br />
Deine Rechte respektieren. Der Staat soll eigene<br />
Jugendgerichte einrichten und verschiedene<br />
Wege anbieten, um Jugendliche, die gegen<br />
Gesetze verstoßen haben, die Rückkehr<br />
ins gemeinsame Leben zu ermöglichen.<br />
Artikel 41: Falls Gesetze Deines Landes Deine<br />
Rechte besser schützen als die Kinderrechtskonvention,<br />
sollen sie weiter gelten.<br />
Artikel 42: Der Staat soll da<strong>für</strong> sorgen, dass<br />
alle Kinder und Erwachsenen die Kinderrechte<br />
kennen.<br />
Artikel 43 bis Artikel 54: Diese Artikel erklären,<br />
wie die Vereinten Nationen in Zusammenarbeit<br />
mit internationalen Organisationen<br />
wie UNICEF da<strong>für</strong> sorgen wollen, dass die<br />
Kinderrechte eingehalten werden.<br />
Quelle: Österreichische Kinderfreunde (Hg.), Kinder haben Rechte. Kinderrechte-Set <strong>für</strong> Kindergärten,<br />
Kindergruppen, Volksschulklassen und Hortgruppen, Wien 2012<br />
KINERRECHTSKONVENTION<br />
III
Kinderrechte-Schatzkiste<br />
Bildung ermöglicht Partizipation. Deshalb ist es wichtig, Kinder und Jugendliche über ihre Rechte, die<br />
Kinderrechte, zu informieren und aufzuklären. Mithilfe der Kinderrechte-Schatzkiste werden Kinderrechte<br />
greifbar und realer gemacht und dabei erfahren sie mehr über ihr Recht auf Partizipation. Je<br />
mehr man schließlich weiß, desto mehr wird es möglich, mitzubestimmen.<br />
Quelle: Hort Leipzigerstraße, Wien (Iren Komenda)<br />
Gruppengröße: 2-25<br />
Alter: 3-10<br />
Dauer:<br />
durchgängig einsetzbar<br />
Materialien: Schatzkisten-Kopiervorlage, Schere,<br />
Kleber, Stifte, kleine Gegenstände<br />
So funktioniert´s:<br />
••<br />
Gestaltung der Schatzkiste: Schneidet miteinander<br />
den mitgelieferten Bastelbogen aus.<br />
Faltet den Bogen und klebt ihn an den da<strong>für</strong><br />
vorgesehenen Stellen zusammen. Bemalt<br />
und beklebt die Schatzkiste gemeinsam unter<br />
dem Motto „Kinder haben Rechte“. Wenn ihr<br />
wollt, könnt ihr eine gemeinsame Schatzkiste<br />
basteln oder auch jede Person <strong>für</strong> sich. Alternativ<br />
zur Bastelvorlage kann auch ein alter<br />
Schuhkarton beklebt und verziert werden.<br />
••<br />
Nachdem ihr euch mit einigen Kinderrechten<br />
auseinandergesetzt habt, könnt ihr gemeinsam<br />
nach Symbolen <strong>für</strong> die einzelnen Rechte<br />
suchen oder jedes Kind sucht nach einem<br />
Symbol <strong>für</strong> das Recht, das ihm aktuell am<br />
wichtigsten erscheint.<br />
••<br />
Nun liegt es an euch, die Schatzkiste mit Leben<br />
zu füllen. Immer wenn Rechte von Kindern<br />
im Spiel sind, könnt ihr auf die Schatzkiste<br />
zurückgreifen. JedeR, der/die was zu sagen<br />
hat, kann die Schatzkiste herausholen und<br />
neue Stücke hinzufügen. Anhand der vorhandenen<br />
Gegenstände kann eine Diskussion<br />
stattfinden. Achtet auch darauf, ob eventuell<br />
ein Symbol fehlt.<br />
TIPP: Die Schatzkiste soll am besten an<br />
einem Ort sein, an dem sie jederzeit <strong>für</strong><br />
alle erreichbar ist.<br />
WICHTIG: Ganz egal was als Schatzkiste benutzt wird, wichtig ist nur,<br />
dass genügend Platz <strong>für</strong> die Gegenstände der Kinder ist.<br />
44 MITBESTIMMEN!
Schatzkiste-Kopiervorlage
Wunschbaum<br />
Beim Wunschbaum geht es darum die Wünsche, Ideen und Bedürfnisse von Kindern/ Jugendlichen<br />
herauszufinden und somit auf diese in weiteren Projekten gut eingehen zu können. Egal ob es eine<br />
tatsächliche Pflanze oder eine selbst gebaute Statue ist, alles erfüllt den Zweck solange man Ideen hinzufügen<br />
und sichtbar machen kann.<br />
Gruppengröße:<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
unbegrenzt<br />
Kinder und Jugendliche<br />
1h bis 2 Wochen oder länger<br />
Materialien: gut verzweigter Baum (1,5 -2 Meter<br />
hoch) oder mehrere große Zweige, Zettel, Filzstifte,<br />
Draht oder Wolle, Tonpapier oder Karton (<strong>für</strong><br />
Titel, Motto und Fragestellung), Moderationskärtchen<br />
oder Karteikärtchen (einmal gelocht) <strong>für</strong> die<br />
Wünsche.<br />
So funktionierts:<br />
1. Überlegungen im Vorhinein<br />
a. Nach welchen Wünschen die Kinder und<br />
Jugendlichen befragt werden und ob die<br />
Frage eher allgemein („Was wünsche ich<br />
mir <strong>für</strong> das kommende Schuljahr/ Gruppenjahr“)<br />
oder konkret formuliert („Meine<br />
Ideen und Wünsche <strong>für</strong> das Sommerfest/<br />
Meine Ideen und Wünsche <strong>für</strong> den<br />
Ausflug“) wird.<br />
b. Was ist der Zeitrahmen? Kurzfristig (in<br />
einer gemeinsamen Stunde gibt es die<br />
Möglichkeit Wünsche und Ideen zu äußern),<br />
oder langfristig (über das ganze<br />
Jahr verteilt)<br />
2. Als nächster Schritt kann bereits mit der<br />
Gruppe gemeinsam das Projekt „Wunschbaum“<br />
gestartet werden, indem die Fragestellung<br />
und das Schild als Team gezeichnet<br />
und verziert werden.<br />
3. Der Baum/ die Statue wird an einem gut<br />
sichtbaren Ort der Einrichtung aufgestellt<br />
und die Kinder/Jugendlichen werden ermutigt,<br />
möglichst viele Wünsche und Ideen aufzuschreiben.<br />
a. WICHTIG: Den Teilnehmenden zu erklären<br />
was mit ihren Wünschen und Ideen<br />
geschieht und wie damit in der Gruppe<br />
weitergearbeitet wird.<br />
4. Den Baum bis zu einem ausgemachten Zeitpunkt<br />
stehen lassen. Anschließend die Wünsche<br />
und Ideen <strong>für</strong> das gemeinsame Projekt<br />
auswerten und sich gemeinsam an die Planung<br />
machen.<br />
a. WICHTIG: Jede Idee und jeder Wunsch<br />
ist von Bedeutung. Versucht alle anzunehmen<br />
und in eure Planung einzubauen.<br />
Falls es einmal nicht möglich ist, versucht<br />
Kompromisse zu machen.<br />
Ähnliche Methoden: Wunsch- und Meckerkasten<br />
Hier wird eine Box oder eine Schachtel gemeinsam mit der Gruppe gebastelt und bemalt und <strong>für</strong><br />
alle erreichbar in der Einrichtung/ im Gruppenraum aufgestellt. Jede Person, die etwas auf dem<br />
Herzen hat, kann hier auch im geheimen einen Wunsch oder ein Bedürfnis teilen.<br />
46 MITBESTIMMEN!
METHODEN TO GO<br />
47
Ideenhimmel<br />
… eine Ideensammlung bei der alles möglich ist! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Beim Ideenhimmel<br />
ist jede Idee erlaubt. Traut euch zu träumen, wie es sein könnte!<br />
Quelle: Johannes Kühn (Hg.), Einmischen! Eine Gebrauchsanleitung <strong>für</strong> Kassel, Kassel 2008<br />
Gruppengröße: 5+<br />
Alter: 6 - 16<br />
Dauer:<br />
je nach Gruppengröße<br />
Materialien: Großer Stoff (z.B. Leintuch), viele<br />
Ideensterne, Stifte, Klebeband, Sicherheitsnadeln<br />
••<br />
Formuliert zu Beginn die passenden Ideenfragen<br />
zu eurem Vorhaben oder Problem. Im<br />
Mittelpunkt der Ideensammlung können folgende<br />
Ideenfragen stehen:<br />
»»<br />
Wie können Lösungen <strong>für</strong> unser Vorhaben<br />
aussehen?<br />
»»<br />
Wie kann unser Ort (Spielplatz, Schulhof,<br />
etc.) verbessert werden?<br />
»»<br />
Was würden wir dort gerne machen können?<br />
»»<br />
…<br />
••<br />
Hängt den leeren Ideenhimmel an die Wand<br />
oder legt ihn auf den Boden.<br />
••<br />
Schreibt eure Ideenfragen auf einen großen<br />
Stern und hängt diesen an den Himmel.<br />
••<br />
Nehmt euch Zeit zum Fantasieren! Es bietet<br />
sich, an eine Fantasiegeschichte zu erzählen,<br />
wie: „Heute komme ich an die Schule und<br />
alles hat sich verändert. Ich gehe über den<br />
Schulhof und sehe plötzlich …!“ Schließt die<br />
Augen und eine Person erzählt eine Geschichte.<br />
Stellt euch vor, wie eure Träume wahr werden.<br />
••<br />
Schreibt jede Idee, die euch eingefallen ist,<br />
auf einen Stern. Versucht die Idee genau zu<br />
beschreiben und benutzt <strong>für</strong> jede Idee einen<br />
neuen Stern.<br />
••<br />
Hängt alle Ideen an euren Ideenhimmel. Versucht<br />
dabei, die Ideen thematisch zu ordnen.<br />
••<br />
Wenn alle Ideen hängen, versucht ähnliche<br />
Ideen zusammenzufassen und daraus eine<br />
Idee zu machen. Tauscht ähnliche Ideen<br />
durch die eine Idee aus - Wiederholung<br />
••<br />
Setzt euch vor den Ideenhimmel und ergänzt.<br />
••<br />
Die Klasse wählt gemeinsam die 10 wichtigsten<br />
und tollsten Ideen aus. Diese können im<br />
Schulkontext vom Klassensprecher oder der<br />
Klassensprecherin in die nächste Schüler*innenvertretung<br />
mitgenommen werden.<br />
Zusatz: Ideenprüfung<br />
Bei der Ideenprüfung geht es um die Machbarkeit<br />
der Ideen. Dazu wird eine Zielscheibe verwendet.<br />
Alle Ideen müssen drei Prüfungsfragen bestehen,<br />
um in das Ziel zu kommen. Die Prüfungsgruppe<br />
sollte nicht größer als 25 Personen sein. Es empfiehlt<br />
sich auch im Vorfeld Expert*innen einzuladen.<br />
1. Alle Ideensterne werden vom Himmel abgenommen<br />
und am Rand der Zielscheibe verteilt.<br />
2. Die Ideen müssen nun durch die Zielkreise:<br />
Zielkreis 1: Ist diese Idee hier erlaubt? Ist diese<br />
Idee ungefährlich?<br />
Die Ideen, bei denen ihr die Frage mit NEIN<br />
beantworten müsst, bleiben im ersten Zielkreis<br />
liegen. Alle anderen wandern in den<br />
zweiten Zielkreis.<br />
Zielkreis 2: Gibt es <strong>für</strong> diese Idee genug Platz<br />
an unserem Ort? Passt diese Idee auf unser<br />
Gelände?<br />
Die Ideen, bei denen ihr die Frage mit NEIN<br />
beantworten müsst, bleiben im zweiten Zielkreis<br />
liegen. Alle anderen wandern in den<br />
dritten Zielkreis.<br />
48 MITBESTIMMEN!
Zielkreis 3: Können wir <strong>für</strong> diese Idee genug<br />
Geld auftreiben?<br />
Die Ideen bei denen ihr die Frage mit NEIN<br />
beantworten müsst, bleiben im dritten Zielkreis<br />
liegen. Alle anderen wandern in die Zielmitte.<br />
3. Bei allen Ideen welche in der Zielmitte angekommen<br />
sind, ist die Wahrscheinlichkeit<br />
hoch, dass sie umgesetzt werden können. Es<br />
bietet sich noch an, die Ideen der Zielmitte in<br />
zwei Gruppen zu sortieren:<br />
A. Günstige und einfache Ideen, die wenig Geld<br />
kosten, oder die wir mithilfe von anderen selber<br />
bauen und umsetzten können.<br />
B. Teure und aufwändige Ideen, die viel Geld<br />
kosten oder <strong>für</strong> deren Umsetzung wir Unterstützung<br />
von Erwachsenen benötigen.<br />
METHODEN TO GO<br />
49
Motzwand oder Lobwand<br />
Mit einer Motz- und einer Lobwand kann herausgefunden werden, was schlecht ist, also verändert werden<br />
muss, und was gut ist, also bleiben soll. Es ist eine einfache Aktionsform, mit der viele Menschen<br />
gleichzeitig befragt werden können.<br />
Quelle: Johannes Kühn (Hg.), Einmischen! Eine Gebrauchsanleitung <strong>für</strong> Kassel, Kassel 2008<br />
Gruppengröße: 10-40<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
6 - 16 Jahre<br />
30-60 Minuten<br />
Materialien: mindestens zwei große Plakatbögen,<br />
eine freie Wand, rote und gelbe Papierbausteine<br />
in A5, dicke Filzstifte, Klebeband, Klebepunkte<br />
Anleitung <strong>für</strong> die Motzwand:<br />
••<br />
An einer großen Wand wird ein großer Papierbogen<br />
mit der Überschrift „Motzwand –<br />
Was gefällt mir nicht, zB. im Jugendzentrum,<br />
in der Klasse aufgehängt.<br />
••<br />
Auf Motzkärtchen (rote Zetteln in A5) können<br />
alle, die ihre Meinung zu der Ausgangsfrage<br />
abgeben wollen, Kritikpunkte mit Begründung<br />
aufschreiben oder aufmalen. Achtet darauf,<br />
dass auf jedem Baustein nur ein Punkt<br />
festgehalten wird. So lassen sich die Themen<br />
an der Wand besser ordnen.<br />
••<br />
Die Motzkarten werden an die Motzwand gehängt.<br />
Sie wird übersichtlicher, wenn ihr beim<br />
Anhängen die Motzsteine schon thematisch<br />
ordnet. Also hängen die Kritikpunkte, die die<br />
gleiche Sache betreffen, gemeinsam an einer<br />
Stelle an der Wand.<br />
Anleitung <strong>für</strong> die Lobwand:<br />
••<br />
An einer großen Wand wird ein großer Papierbogen<br />
mit der Überschrift „Lobwand–<br />
Was gefällt mir“, zB. im Jugendzentrum, oder<br />
in der Klasse aufgehängt.<br />
die Themen an der Wand besser ordnen.<br />
••<br />
Die Lobkarten werden an die Lobwand gehängt<br />
und im besten Fall geordnet.<br />
Weiterarbeiten mit der Motz- oder Lobwand:<br />
1. Um weiterarbeiten zu können, erhält jedes<br />
Mitglied der Gruppe z.B. fünf Klebepunkte<br />
und muss diese Klebepunkte, auf den <strong>für</strong> die<br />
Person wichtigsten Motz- bzw. Lobkärtchen,<br />
verteilen.<br />
2. Die fünf Karten von der Motzwand und der<br />
Lobwand mit den meisten Punkten werden<br />
ausgewählt. Diese Kärtchen stellen die fünf<br />
wichtigsten Themen <strong>für</strong> die Gruppe dar.<br />
3. Diese fünf Themen kann der*die Klassensprecher*in,<br />
z.B. mit in die Schüler*innenvertretung<br />
nehmen, oder man verwendet<br />
diese Methode in einer Gruppe, wo man sich<br />
ebenso auf fünf Themen geeinigt hat, welche<br />
die Gruppe verändern will.<br />
Es bietet sich an, die Motzwand und Lobwand<br />
einige Tage hängen zu lassen!<br />
••<br />
Auf Lobkärtchen (gelbe Zetteln in A5) können<br />
alle, die ihre Meinung zu der Ausgangsfrage<br />
abgeben wollen, positives Feedback<br />
mit Begründung aufschreiben oder aufmalen.<br />
Achtet darauf, dass auf jedem Baustein nur<br />
ein Punkt aufgeschrieben wird. So lassen sich<br />
50 MITBESTIMMEN!
METHODEN TO GO<br />
51
Kinderrechte-Stadtkarte<br />
Die Teilnehmenden erstellen Stadtpläne ihrer Orte und bestimmen die Plätze in ihrer Nachbarschaft, die<br />
mit Kinderrechten und besonders dem Recht auf Beteiligung in Verbindung gebracht werden können.<br />
Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />
Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />
Gruppengröße: 4-20<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 8 Jahren<br />
90 Minuten<br />
Materialien: Poster, Material zum Malen, Kopien<br />
der Rechteliste (Siehe Anhang der Methode „Berichte<br />
aus der Welt der Kinder und Jugendlichen)<br />
Durchführung:<br />
1. Bittet die Teilnehmenden, wichtige Orte in<br />
ihrer Nachbarschaft zu nennen (Parks, Stadthalle,<br />
Kirchen, Krankenhäuser, Schule, Supermarkt<br />
etc.).<br />
2. Dann teilt die Gruppe in Kleingruppen von<br />
4-5 Personen auf und verteilt die Poster und<br />
das Malzeug. Bittet sie, einen Stadtplan ihrer<br />
Nachbarschaft aufzumalen, auf dem sie ihre<br />
eigenen Wohnorte, die eben genannten Orte<br />
und andere wichtige Plätze eintragen können.<br />
3. Wenn die Karten fertig sind, kommt wieder<br />
in einem Kreis zusammen und verteilt die<br />
Rechtelisten. Ihr könnt die Rechte gemeinsam<br />
durchlesen. Erklärt, dass diese Rechte –<br />
gemeinsam mit einigen anderen – die UNO<br />
– Kinderrechtskonvention darstellen (schaut<br />
in der Einleitung nach mehr Informationen).<br />
Diskutiert die Beteiligungsrechte (12, 13, 14,<br />
15 und 17) und erklärt, warum diese wichtig<br />
sind.<br />
4. Bittet dann alle, in ihre Kleingruppen zurückzugehen<br />
und zu überlegen, welche Rechte<br />
sie mit welchen Orten in Verbindung bringen<br />
können. Insbesondere sollen sie überlegen,<br />
wo sie sich beteiligen können, ihre Meinung<br />
sagen können und Entscheidungen treffen<br />
dürfen. Eine Moschee kann zum Beispiel mit<br />
dem Recht auf Glaubensfreiheit in Verbindung<br />
gebracht werden, eine Schule mit dem<br />
Recht auf Bildung, eine Bücherei mit dem<br />
Recht auf Information. Sie können die Nummern<br />
der Rechte in ihre Stadtpläne eintragen.<br />
5. Am Ende könnt ihr euch gegenseitig die<br />
Stadtpläne vorstellen.<br />
Ziele:<br />
••<br />
Sich mit der Kinderrechtskonvention vertraut<br />
machen<br />
••<br />
Überlegen, wo Kinder sich in ihren Orten beteiligen<br />
können<br />
••<br />
Den Zustand der Kinderrechte in ihren Orten<br />
auswerten.<br />
Auswertung:<br />
••<br />
Wart ihr überrascht, dass ihr in eurer Gegend<br />
Kinderrechte entdecken konntet?<br />
••<br />
Sind sich eure Stadtpläne ähnlich, oder gibt<br />
es große Unterschiede?<br />
••<br />
Gibt es Plätze in eurer Nachbarschaft, die ihr<br />
mit mehr als einem Recht verbinden konntet?<br />
••<br />
Gibt es Orte auf euren Plänen, die ihr mit<br />
keinem Recht verbinden konntet?<br />
••<br />
Gibt es Rechte, die besser respektiert werden<br />
als andere?<br />
••<br />
Gibt es Rechte, die niemand auf ihren Plänen<br />
verzeichnet hat?<br />
• • Welche Plätze habt ihr mit den Beteiligungsrechten<br />
verbunden? Wie könnt ihr euch dort<br />
beteiligen?<br />
52 MITBESTIMMEN!
••<br />
An welchen Orten, an denen ihr keine Beteiligungsrechte<br />
verzeichnet habt, würdet<br />
ihr euch gern an Entscheidungen beteiligen?<br />
Warum?<br />
••<br />
Gibt es Orte in eurer Nachbarschaft, an denen<br />
Menschen <strong>für</strong> Kinderrechte eintreten und<br />
euch dabei helfen, eure Rechte wahrzunehmen?<br />
(Was ist mit Eltern, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen,<br />
der Polizei…Was ist ihre<br />
Rolle, wenn es um Kinderbeteiligung geht?)<br />
••<br />
Was hat das Recht auf Beteiligung mit anderen<br />
Kinderrechten zu tun?<br />
Tipps <strong>für</strong> Gruppenhelfer*innen:<br />
••<br />
Die Methode nimmt an, dass die Teilnehmenden<br />
bereits mit dem Konzept von Rechten<br />
vertraut sind, und hilft ihnen dabei, dieses<br />
Konzept in die Realität zu übertragen. Wenn<br />
ihr noch nie über Kinder- oder Menschenrechte<br />
gesprochen habt, macht es Sinn, erst<br />
einmal damit anzufangen darüber zu sprechen,<br />
was Rechte eigentlich sind.<br />
••<br />
Ihr könnt die Stadtpläne auch da<strong>für</strong> benutzen,<br />
einen Stadtrundgang der Kinderrechte<br />
zu machen und Kinderrechte in Aktion zu<br />
finden.<br />
••<br />
Ihr könntet auch eine*n Sozialarbeiter*in<br />
oder Aktivist*in einladen, um mit ihnen über<br />
Kinderrechte in eurem Ort zu sprechen und<br />
darüber, wie die Situation der Kinderrechte<br />
verbessert werden kann.<br />
• • Die Methode ist ein guter Anfangspunkt, um<br />
darüber zu sprechen, was die Gruppe in ihrer<br />
Stadt verändern möchte.<br />
METHODEN TO GO<br />
53
Was wäre wenn...<br />
Die Teilnehmenden stellen sich vor, was die Konsequenzen bestimmter Situationen sein könnten, vor<br />
allem Situationen, in denen Kinder alle Entscheidungen treffen können.<br />
Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />
Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />
Gruppengröße: 8-20<br />
Alter: 8+<br />
Dauer:<br />
60 Minuten<br />
Materialien: Situationskarten (Siehe Anhang 1),<br />
Papier und Stifte, Kopien der Folgenkaskade (Siehe<br />
Anhang 2) – je eine <strong>für</strong> Dreier- oder Vierergruppen<br />
Ziele:<br />
••<br />
Über den Einfluss von Kinderbeteiligung auf<br />
Entscheidungen nachdenken.<br />
••<br />
Überlegen, welchen Einfluss Rechte auf unser<br />
tägliches Leben haben.<br />
Durchführung:<br />
1. Erklärt, dass ihr euch in dieser Methode „was<br />
wäre, wenn…” vorstellen werdet. Manchmal<br />
überlegen wir uns diese Frage zu guten Dingen<br />
(was wäre, wenn es keine Kriege mehr<br />
gäbe…) und manchmal zu schlechten Dingen<br />
(was wäre, wenn ein Krieg ausbrechen würde?).<br />
In dieser Methode bekommt ihr Situationen<br />
und müsst überlegen, welche Folgen<br />
dies haben könnte.<br />
2. Stellt die Folgenkaskade (Anhang 2) vor und<br />
beschreibt, wie eine Situation zu einer Kettenreaktion<br />
führen kann. Nehmt dazu ein einfaches<br />
Beispiel (was wäre, wenn ihr nicht zur<br />
Schule gehen würdet? → Kein Lesen lernen<br />
→ kein Englisch lernen → im Urlaub nicht<br />
mit Kindern aus anderen Ländern sprechen<br />
können...)<br />
3. Teilt die Kinder in Dreier- oder Vierergruppen<br />
ein und gebt jeder eine Folgenkaskade und<br />
Stifte sowie eine mögliche Situation (Anhang<br />
1). Bittet sie, in ihren Gruppen zusammenzuarbeiten<br />
um das Blatt mit Folgen zu füllen.<br />
4. Wenn sie damit fertig sind, sollen die Gruppen<br />
eine oder mehrere „menschliche Statuen”<br />
vorbereiten, die zeigen, welche Folgen<br />
die Situation haben könnte. Gebt ihnen 10<br />
Minuten, um sich die Statuen zu überlegen.<br />
5. Dann kommt wieder im Kreis zusammen.<br />
Nacheinander können die Gruppen ihre Situationen<br />
vorlesen und dann ihre Statuen vorstellen.<br />
6. Die anderen Gruppen können nach jeder<br />
Vorstellung Fragen stellen.<br />
Diskutiert:<br />
••<br />
Was hat die Gruppe gezeigt?<br />
••<br />
Findet ihr diese Folgen realistisch?<br />
••<br />
Fallen euch andere Folgen ein, die aus dieser<br />
Situation entstehen könnten?<br />
Auswertung:<br />
••<br />
Wie fandet ihr die Methode?<br />
••<br />
Wie war es, sich die Folgen auszumalen?<br />
••<br />
Findet ihr, dass diese Situationen Wirklichkeit<br />
werden sollten?<br />
••<br />
Findet ihr, dass Kinder oder Erwachsene bessere<br />
Entscheidungen treffen? Warum?<br />
••<br />
In welchen der Situationen wurden Kinderrechte<br />
gestärkt? Wie? In welchen wurden sie<br />
verletzt?<br />
• • Wenn ein Kinderrecht gestärkt wird, welche<br />
Folgen hat das <strong>für</strong> andere Rechte? Konntet<br />
ihr da<strong>für</strong> Beispiele finden?<br />
54 MITBESTIMMEN!
••<br />
Was ist, wenn Rechte verletzt werden? Welche<br />
Folgen hat das <strong>für</strong> andere Rechte?<br />
Anhang 1: „Was wäre, wenn“ Situationen<br />
••<br />
Was passiert mit Kinderrechten, wenn Kinder<br />
sich an politischen Entscheidungen beteiligen<br />
können?<br />
Was wäre, wenn alle Schulen geschlossen werden würden? Ab morgen können Kinder machen,<br />
was sie wollen, anstatt in die Schule zu gehen.<br />
Was wäre, wenn Kinder entscheiden würden, was in der Schule passiert?<br />
Was wäre, wenn es neben dem*der Bürgermeister*in noch eine*n Kinderbürgermeister*in geben<br />
würde?<br />
Was wäre, wenn Kinder nicht mehr in Gruppen oder Vereine gehen könnten?<br />
Was wäre, wenn es verboten wäre, in Parks, auf Straßen und Spielplätzen zu spielen?<br />
Was wäre, wenn Kinder zu jeder Stadtratssitzung eingeladen werden würden?<br />
Was wäre, wenn es Kindern mit Behinderung ermöglicht würde, alles zu machen, was andere Kinder<br />
auch machen können?<br />
Was wäre, wenn alle Kinder, die durch einen Test fallen, sofort die Schule verlassen müssen?<br />
Anhang 2: Folgekaskade<br />
METHODEN TO GO<br />
55
Positionen beziehen<br />
Hier geht es darum, die Teilnehmenden dazu zu bringen, Stellung zu provokativen Aussagen bzgl. Kinderbeteiligung<br />
zu beziehen und den Nutzen dieser zu diskutieren. Dabei denken sie darüber nach, was<br />
sinnvolle und sichere Beteiligung <strong>für</strong> Kinder bedeutet und wie sie aussehen könnte.<br />
Gruppengröße: 4+<br />
Alter: 16+<br />
Dauer:<br />
40 Minuten<br />
Materialien: provokante Aussagen zum Thema<br />
Kinderbeteiligung (siehe Methodenanhang)<br />
So funktioniert´s:<br />
••<br />
Erklärt den Teilnehmenden, dass sie in dieser<br />
Übung Stellung zu verschiedenen Aussagen<br />
zu Kinderbeteiligung nehmen müssen. Sie<br />
können entweder zustimmen oder dagegen<br />
sein, sonst gibt es keine Möglichkeit.<br />
••<br />
Gemeinsam mit der Gruppe wird entschieden,<br />
welche Seite des Raums Zustimmung<br />
und welche Ablehnung bedeutet. Nachdem<br />
ihr eine Aussage vorgelesen habt, ist es an<br />
den Teilnehmenden, sich ihrer Meinung entsprechend<br />
im Raum zu positionieren.<br />
TIPP: Wenn alle auf die gleiche Seite<br />
gehen, könnt ihr auch jemanden bitten,<br />
gegen ihre persönliche Meinung, die<br />
Gegenseite zu vertreten.<br />
••<br />
Lest die erste Aussage vor und wartet bis jede*r<br />
den Platz eingenommen hat. Falls nötig,<br />
stellt noch einmal klar, dass niemand in der<br />
Mitte stehen kann. Nun fragt abwechselnd<br />
jede Seite ein paar Mal um ihre Erklärung.<br />
Bittet sie, nicht zu wiederholen, was bereits<br />
gesagt wurde.<br />
TIPP: Passt auf, dass nicht immer dieselben<br />
Personen zu Wort kommen.<br />
••<br />
Nun lest die nächste Aussage vor und wiederholt<br />
den Ablauf.<br />
Evaluationsfragen:<br />
••<br />
Bei welchen Aussagen war es am schwersten,<br />
exakt Stellung zu nehmen? Warum?<br />
••<br />
Gab es Aussagen, die euch bekannt vorkamen?<br />
••<br />
Was sind die besten Argumente <strong>für</strong> Kinderbeteiligung?<br />
••<br />
Wie würdet ihr sinnvolle Beteiligung definieren?<br />
••<br />
Was sind eurer Meinung nach die größten<br />
Probleme <strong>für</strong> Beteiligung? Denkt quer, fallen<br />
euch Lösungsansätze ein?<br />
TIPP: Wenn ihr wollt, könnt ihr auch eigene<br />
Aussagen (zusätzlich) überlegen.<br />
••<br />
Nachdem ihr einige Argumente gehört habt,<br />
könnt ihr fragen, ob jemand seine Meinung<br />
geändert hat und die Seite wechseln möchte.<br />
56 MITBESTIMMEN!
Provokante Aussagen<br />
1. Kinderbeteiligung ist wichtig, weil es Kinder<br />
darauf vorbereitet Entscheidungsträger*innen<br />
von morgen zu werden.<br />
2. Kinder spielen lieber, als Verantwortung zu<br />
übernehmen.<br />
3. Kinder sollten in alle Entscheidungen unserer<br />
Organisation involviert sein.<br />
4. Kinder sollten nicht bei jeder Entscheidung<br />
mitreden können, weil sie oft nicht in der<br />
Lage sind, alle Konsequenzen abzusehen.<br />
5. Kinder treffen normalerweise bessere Entscheidungen<br />
als Erwachsene.<br />
6. Kinder brauchen die Erwachsenen nicht,<br />
um aktiv in der Gesellschaft teilzuhaben.<br />
7. Das Wahlalter sollte überall auf 16 Jahre<br />
gesenkt werden.<br />
8. Es ist aktive Beteiligung, wenn Kinder eine<br />
öffentliche Feier organisieren.<br />
9. Jeder Stadtrat sollte einen Platz <strong>für</strong> eine*n<br />
Kindervertreter*in reservieren.<br />
METHODEN TO GO<br />
57
Fallstudien<br />
Eine Diskussionsmethode in der die Teilnehmenden Beispiele von Kinderbeteiligung analysieren. Es regt<br />
sie dazu an, über Vor- und Nachteile verschiedener Beteiligungsformen nachzudenken und zu überlegen,<br />
wie Kinder/Jugendliche mehr in Entscheidungsprozesse involviert und währenddessen unterstützt<br />
werden können.<br />
Gruppengröße: 12+<br />
Alter: 16+<br />
Dauer:<br />
60 Minuten<br />
Materialien: Kopien der Fallstudien (angehängt<br />
an Methode), Flipchart und Stifte<br />
So funktioniert´s:<br />
TIPP: Auch kleine Gruppe möglich, dann<br />
aber die Beispiele als gesamte Gruppe<br />
besprechen<br />
••<br />
Erklärt, dass ihr euch verschiedene Szenarien<br />
ansehen werdet, um von verschiedenen Beteiligungsformen<br />
die Vor- und Nachteile zu<br />
analysieren.<br />
••<br />
Teilt die Gruppe in Kleingruppen ein, sodass<br />
überall mindestens zwei Personen sind<br />
und gemeinsam überlegt werden kann.<br />
Jede Gruppe sollte ein Szenario bekommen<br />
und folgende Fragen diskutieren.<br />
»»<br />
Was mögt ihr an diesem Beispiel? Was<br />
funktioniert hier gut?<br />
»»<br />
Was sind die Nachteile in diesem Beispiel?<br />
Was stoppt hier eine sinnvolle Beteiligung?<br />
••<br />
Nun stellt, falls noch nicht bekannt, Roger<br />
Harts Beteiligungsleiter vor (siehe theoretischer<br />
Input) und fragt die Gruppe auf welche<br />
Stufen sie ihre Beispiele stellen würde. Ihr<br />
könnt die Situationen neben die Stufe pinnen<br />
oder kleben.<br />
••<br />
Schließlich überlegt euch, wie man die Szenarien<br />
verändern müsste, um das Level an Mitbestimmung<br />
zu verbessern.<br />
Evaluationsfragen:<br />
••<br />
➔Welche Möglichkeiten hatten die Kinder/ Jugendlichen<br />
in diesen Beispielen sich zu beteiligen?<br />
Ist es an dem Ort, wo ihr lebt, ähnlich?<br />
Welche Möglichkeiten gibt es bei euch?<br />
••<br />
Sollten wir immer versuchen, auf der höchsten<br />
Stufe der Partizipationsleiter zu sein? Erklärt,<br />
dass höher nicht automatisch besser ist.<br />
Zwischen Stufe 4 und Stufe 8 kommt es auf<br />
den Kontext, eure Mittel und die Fähigkeiten<br />
der beteiligten Kinder und Erwachsenen an.<br />
••<br />
Wie können wir Kinder motivieren, sich an<br />
bestimmten Entscheidungen zu beteiligen?<br />
TIPP: Um es <strong>für</strong> die Teilnehmenden einfacher<br />
zu machen, schreibt die Fragen<br />
gut leserlich auf ein Poster und hängt sie<br />
gut sichtbar auf.<br />
••<br />
Nach etwa 15min vergleicht ihr die Situationen<br />
sowie die Analysen derer.<br />
58 MITBESTIMMEN!
Anhang: Fallbeispiele<br />
Eine regionale Organisation <strong>für</strong> Jugendbildung hat seit Jahren ein Jugendkomitee. Das Komitee hat<br />
eine beratende Funktion und Vertreter*innen im geschäftsführenden Vorstand. Bis vor kurzem gab<br />
es eine Person im Büro, die da<strong>für</strong> zuständig war, das Komitee zu koordinieren und zu unterstützen.<br />
Wegen Budgetkürzungen hat diese Person aber leider nur noch ganz wenig Zeit <strong>für</strong> das Komitee.<br />
Einige Jugendliche aus einem Jugendclub haben Lust, sich stärker in den Club einzubringen und<br />
mehr Verantwortung zu übernehmen. Sie sprechen mit einem Mitarbeiter, der ihnen erlaubt, eine<br />
Filmnacht zu organisieren. Er stellt ein Budget von 50 Euro zur Verfügung und sagt, dass sie eine<br />
Liste schreiben können mit all den Sachen, die sie <strong>für</strong> die Filmnacht brauchen.<br />
Ein Projekt eines Jugendstadtrats ist ein Jugendmagazin. Die beteiligten Jugendlichen entscheiden<br />
über Themen, schreiben Artikel, machen Interviews etc. Sie können über alles schreiben, worüber<br />
sie denken, dass andere sich da<strong>für</strong> interessieren.<br />
Es gibt ein regionales Netzwerk von Kindern zwischen 12 und 18, die zusammen Kinderrechte<br />
publik machen wollen. Das Netzwerk wird komplett von den Kindern geleitet; sie stellen den geschäftsführenden<br />
Vorstand, der das Programm aufstellt. Erwachsene sind im Netzwerk angestellt,<br />
um das von den Kindern festgelegte Programm durchzuführen. Aus rechtlichen Gründen müssen<br />
die Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands mindestens 16 sein, aber jüngere können sich an<br />
anderen Stellen einbringen und Entscheidungen beeinflussen. Alle, die Interesse haben, können sich<br />
am Netzwerk beteiligen.<br />
Dem Stadtrat wurde aufgetragen, dass er Jugendliche zu geplanten Änderungen im Jugendangebot<br />
der Stadt konsultieren sollte. Deshalb lädt er zwei Schulen ein, jeweils zwei oder drei Schulsprecher*innen<br />
zu schicken; außerdem kommen noch Kinder einiger Stadtratsmitglieder hinzu. Den<br />
Jugendlichen werden die geplanten Änderungen vorgestellt, sie werden nach ihrer Meinung gefragt<br />
und hören dann nie wieder etwas davon.<br />
Nach einem Kontrollbesuch wurde einer Schule vorgeschlagen, die Schüler*innen mehr in die<br />
Schulpolitik einzubeziehen. Das Lehrer*innenkollegium diskutiert den Vorschlag und beschließt<br />
dann, drei Vorschlagsboxen in der Schule aufzustellen. Die Schüler*innen können dort Ideen einwerfen.<br />
Die Direktorin möchte in der nächsten Schulversammlung da<strong>für</strong> Werbung machen.<br />
METHODEN TO GO<br />
59
Freizeitpark<br />
Eine Simulation, in der die Teilnehmenden ein Modell eines umweltfreundlichen Vergnügungsparks<br />
bauen müssen. Jede Gruppe simuliert eine andere Stufe von Beteiligung.<br />
Quelle: Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />
Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />
Gruppengröße: 20+<br />
Alter: 16+<br />
Dauer:<br />
90 Minuten<br />
Materialien:<br />
••<br />
Kopien der Rollenkarten (Anhang)<br />
••<br />
Viele Bastelmaterialien, um die Modelle zu<br />
bauen (Pappe, Streichhölzer, Streichholzschachteln,<br />
••<br />
Kleber, farbiges Papier – u.a. pinkes und<br />
grünes, oder ihr verändert die Rollenbeschreibung<br />
entsprechend).<br />
••<br />
Tücher, um die Augen zu verbinden.<br />
Ziele:<br />
••<br />
Verschiedene Stufen von Kinderbeteiligung<br />
simulieren.<br />
••<br />
Die verschiedenen Stufen von Harts Beteiligungsleiter<br />
verstehen.<br />
••<br />
Die Rolle von Erwachsenen in Kinderbeteiligung<br />
verstehen.<br />
Durchführung:<br />
1. Teilt die Teilnehmenden in 5 Gruppen ein.<br />
Bittet alle Gruppen, zwei Personen auszuwählen,<br />
die die Erwachsenen in der Gruppe spielen<br />
werden. Dann verteilt dementsprechend<br />
die Rollenkarten.<br />
2. Verteilt außerdem die Materialien und verbindet<br />
die Augen derjenigen, deren Rolle<br />
dies vorschreibt. Dann haben die Gruppen<br />
20 Minuten Zeit, um ihr Modell zu bauen.<br />
3. Kommt nach 20 Minuten wieder zusammen,<br />
um die Modelle vorzustellen. Nachdem alle<br />
Gruppen an der Reihe waren, bittet alle aufzustehen<br />
und ihren Körper auszuschütteln, als<br />
ob sie ihre Rollen abschütteln würden. Fangt<br />
erst dann mit der Auswertung an.<br />
Auswertung:<br />
••<br />
Wie war die Übung? Wie habt ihr euch gefühlt?<br />
Wieso habt ihr euch so gefühlt?<br />
••<br />
Erklärt, was in euren Gruppen passiert ist (Ihr<br />
könnt auf einem Flipchart Notizen dazu machen).<br />
••<br />
Was waren die Unterschiede zwischen euren<br />
Gruppen? Wie haben sich die Erwachsenen<br />
verhalten?<br />
••<br />
Was sagen die Situationen in euren Gruppen<br />
über Kinderbeteiligung aus?<br />
••<br />
Was bedeutet es, dass manche Kinder die<br />
Augen verbunden hatten, oder nur eine Hand<br />
benutzen konnten?<br />
••<br />
Waren die Erfahrungen von manchen Gruppen<br />
besser als die von anderen? Welche<br />
Gruppe hatte die besten Beteiligungsverfahren?<br />
Wie könntet ihr die Gruppen je nach Beteiligungsgrad<br />
ordnen?<br />
••<br />
Glaubt ihr, dass alle Gruppen Beteiligung ermöglicht<br />
haben? Welche (wenn überhaupt)<br />
nicht?<br />
••<br />
Ihr könnt nun Roger Harts Beteiligungsleiter<br />
vorstellen (Siehe Anhang 3). Hat die Gruppe<br />
eine ähnliche Rangordnung festgestellt?<br />
••<br />
Wart ihr selbst jemals in Situationen, wie sie<br />
die niedrigste Stufe beschreibt? Wann war<br />
das? Wie habt ihr euch gefühlt?<br />
• • Wart ihr jemals in Situationen, die auf die<br />
oberste Stufe gehören? Wie war das?<br />
60 MITBESTIMMEN!
Anhang 1: Die Situation<br />
Herzlichen Glückwunsch! Eure Organisation hat eine finanzielle Förderung von der Stiftung <strong>für</strong> aktive<br />
Beteiligung erhalten um einen umweltfreundlichen Vergnügungspark zu bauen. Die Kooperation<br />
mit der Kinder- und Jugendgruppe die ihr in eurem Antrag erwähnt, stellt einen wichtigen Aspekt<br />
des Projektes dar. Laut der Projektvereinbarung habt ihr nun die Aufgabe, ein Modell des Vergnügungsparks<br />
zu bauen. Da<strong>für</strong> habt ihr 20 Minuten Zeit. Ihr könnt jegliches Bastelmaterial benutzen.<br />
Damit es tragbar ist, sollte alles auf Pappe stehen.<br />
Anhang 2: Rollenbeschreibungen<br />
Gruppe 1 - Erwachsene: Euer Ziel ist es, eure Marke zu promoten (eure Farben sind pink und grün)<br />
und auf eure Kooperation mit McDonald’s hinzuweisen. Ihr wollt den Platz benutzen, um einen<br />
Parkplatz <strong>für</strong> McDonalds zu bauen, mit einem kleinen Spielplatz <strong>für</strong> Kinder am Rand. Der Spielplatz<br />
und Parkplatz sollten in der Zukunft eure Haupteinnahmequelle werden.<br />
Ihr braucht die Hilfe der Jugendlichen in eurer Gruppe, um den Zaun zu bauen, <strong>für</strong> den ihr bereits<br />
genaue Vorstellungen habt. Ihr informiert die Jugendlichen nicht über eure Ziele, aber sie müssen<br />
die Teilnehmerliste ausfüllen, denn diese ist Voraussetzung, um die Förderung zu erhalten.<br />
Gruppe 1 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />
Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />
und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen. Eure Augen sind verbunden.<br />
Gruppe 2 - Erwachsene: Euer Ziel ist es, euer Marke zu promoten (eure Farben sind pink und grün).<br />
Es ist außerdem wichtig, dass eure Expert*innen gut bezahlt werden. Ihr wollt ein möglichst gutes<br />
Modell bauen, deshalb stellt ihr da<strong>für</strong> einen Experten ein. Ihr ladet einige Jugendliche zu einer Konsultation<br />
ein, aber die Entscheidungen müssen vom Vorstand eurer Organisation gefällt werden.<br />
Gruppe 2 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />
Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />
und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen. Eure Augen sind verbunden.<br />
Gruppe 3 - Erwachsene: Ihr wollt euer Image in der Stadt verbessern, und da<strong>für</strong> ist dieses Projekt<br />
hervorragend geeignet. Ihr habt bereits mit einigen Expert*innen gesprochen und verschiedene<br />
Vorschläge erarbeitet, zum Beispiel einen Skatepark, Umweltbildungspfade und ein Heulabyrinth.<br />
Jetzt ladet ihr einige Jugendliche ein, um zwischen diesen Vorschlägen zu entscheiden. Ihr informiert<br />
sie über das Ziel des Projekts und eure Pläne. Nach der Konsultation können die Jugendlichen<br />
dabei helfen, das Modell zu bauen, aber nur unter eurer Leitung. Ihr dürft den Jugendlichen die<br />
Tücher von den Augen nehmen.<br />
Gruppe 3 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />
Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />
und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen.<br />
METHODEN TO GO<br />
61
Gruppe 4 - Erwachsene: Ihr habt gehört, dass es bei euch im Ort eine Gruppe junger Umweltschützer*innen<br />
gibt und möchtet dieser Gruppe gerne die Förderung geben, die ihr bekommen habt.<br />
Die Jugendlichen müssen dann Ideen entwickeln, umsetzen und den Bericht schreiben. Eure Aufgabe<br />
ist es lediglich, den Jugendlichen zu helfen, wenn sie um Hilfe bitten. Ihr informiert sie über<br />
den Hintergrund des Projekts und die Anforderung, einen umweltfreundlichen Vergnügungspark<br />
zu bauen.<br />
Gruppe 4 - Jugendliche: Ihr seid junge Umweltschützer*innen. Ihr habt gehört, dass eine Organisation<br />
Förderung <strong>für</strong> einen umweltfreundlichen Vergnügungspark erhalten habt. Ihr habt viele Ideen<br />
und seid bereit, bei der Erstellung des Modells zu helfen. Eine Hand wird euch auf den Rücken<br />
gebunden.<br />
Gruppe 5 - Erwachsene: Ihr seid Ingenieur*innen. Ihr helft einer Gruppe Jugendlicher das Modell<br />
zu bauen, wenn sie um Unterstützung bitten.<br />
Gruppe 5 - Jugendliche: Ihr seid ein Jugendumweltverein. Ihr wusstet von der Möglichkeit, Geld<br />
<strong>für</strong> einen Vergnügungspark zu erhalten und habt da<strong>für</strong> einen Antrag geschrieben. Jetzt müsst ihr<br />
das Modell entwickeln. Wenn ihr wollt, könnt ihr zwei Ingenieur*innen um Hilfe bitten. Eine eurer<br />
Hände ist auf den Rücken gebunden.<br />
Anhang 3: Unterstützung zur Auswertung<br />
Der Wissenschaftler Roger Hart,<br />
der zu Kinderrechten forscht, hat<br />
verschiedene Partizipationsformen<br />
in acht Schritte eingeteilt, die auch<br />
die oben beschriebene falsche<br />
Partizipation mit einschließen.<br />
Seine berühmte Beteiligungsleiter<br />
hilft uns dabei, verschiedene Beteiligungsansätze<br />
zu analysieren.<br />
62 MITBESTIMMEN!
Planspiel: Der Stadtrat<br />
von „Sleepyville“<br />
Diese Methode simuliert eine Gemeinderatssitzung, in der der Bau einer Moschee in einer traditionell<br />
christlichen Gegend diskutiert wird. Ziel ist es, reale Konflikte zu simulieren, die beim Versuch die<br />
Bedürfnisse diverser Gemeinschaften abzudecken, entstehen können. Außerdem wird das Recht der<br />
Glaubens- und Religionsfreiheit bearbeitet und Debatten- und Analysefähigkeit gefördert.<br />
Gruppengröße: 15-30<br />
Alter: 14+<br />
Dauer:<br />
2½ Stunden<br />
Materialien:<br />
••<br />
Papier <strong>für</strong> Namensschilder<br />
••<br />
Flipchart-Papier<br />
••<br />
Eine Uhr<br />
••<br />
Eine kleine Glocke <strong>für</strong> den/die Bürger/innenmeister/in<br />
Vorbereitung:<br />
••<br />
Die Rollenbeschreibungen, die Problembeschreibung<br />
und die Regeln der Debatte kopieren<br />
(optional).<br />
••<br />
Namensschilder <strong>für</strong> die verschiedenen Parteien<br />
bzw. Gruppen vorbereiten, die an der<br />
Sitzung teilnehmen.<br />
••<br />
Die verschiedenen Rollen auf einem Flipchart<br />
auflisten, sodass alle sie sehen können.<br />
••<br />
Raum <strong>für</strong> die „Gemeinderatssitzung“ und <strong>für</strong><br />
die verschiedenen Gruppen vorbereiten, sodass<br />
sie ihre Positionen besprechen können,<br />
bevor sie auf die anderen Gruppen treffen.<br />
So geht´s:<br />
1. Lest die Problembeschreibung im Handout<br />
vor. Erklärt, dass alle Bürger*innen von Sleepyville<br />
sind und alle besorgt wegen der Frage<br />
sind, ob eine neue Moschee auf einem Stück<br />
heruntergekommenen Gemeindeland gebaut<br />
werden soll.<br />
2. Zeigt den Teilnehmer*innen die verschiedenen<br />
Rollen und bittet alle, eine auszusuchen.<br />
Teilt die Rollenkarten und die Problembeschreibung<br />
aus und weist den Gruppen den<br />
Raum zur Vorbesprechung zu.<br />
3. Erklärt die Regeln der Debatte während der<br />
Sitzung.<br />
4. Erklärt, dass vor der eigentlichen Sitzung 30<br />
Minuten zur Verfügung stehen, damit die<br />
Teilnehmer/innen andere Bürger*innen treffen<br />
und um ihre Meinung fragen können und<br />
ihre eigenen Standpunkte, Wortmeldungen<br />
und ihr Wahlverhalten absprechen können.<br />
Die Gemeinderatssitzung wird 40 Minuten<br />
dauern, daher ist wenig Zeit <strong>für</strong> lange Reden.<br />
Aus diesem Grund sollten alle versuchen, 1-2<br />
Hauptargumente auszuarbeiten.<br />
5. Nutzt die Vorbereitungsphase um den Raum<br />
<strong>für</strong> die „Gemeinderatssitzung“ vorzubereiten.<br />
Idealerweise sollten alle in einem Halbkreis<br />
sitzen, mit dem*der Bürgermeister*in ganz<br />
vorne in einer leicht erhöhten Position. Parteien<br />
oder Gruppen sollten zusammen sitzen<br />
können und auf den Tischen sollten die Namenskärtchen<br />
vorbereitet und platziert werden.<br />
6. Ladet nach 30 Minuten die Bürger*innen zur<br />
Sitzung ein (oder beauftragt den/die Bürger/<br />
meister*in mit dieser Aufgabe). Er*Sie sollte<br />
alle an die grundlegenden Regeln der Debatte<br />
erinnern und eine kurze Einleitungsrede zu<br />
Beginn der Sitzung halten.<br />
METHODEN TO GO<br />
63
7. Nach 40 Minuten, am Ende der Sitzung, sollte<br />
der/die Bürger/innenmeister/in die Abstimmung<br />
beginnen. Sobald die Stimmen gezählt<br />
sind und das Ergebnis verkündet ist, erklärt<br />
die Aktivität <strong>für</strong> beendet und ladet alle Teilnehmer/innen<br />
in einen Sitzkreis zur Nachbesprechung<br />
ein.<br />
Nachbesprechung und Evaluierung:<br />
Beginnt die Feedbackrunde damit, alle Teilnehmer*innen<br />
mit ihrem richtigen Namen zu begrüßen<br />
oder nutzt eine andere Technik, um den<br />
Teilnehmenden zu helfen, wieder aus ihren Rollen<br />
herauszuschlüpfen. Dieser Schritt ist wichtig <strong>für</strong><br />
eine erfolgreiche Nachbesprechung.<br />
Fragt die Teilnehmer*innen was sie über den Prozess<br />
denken und fühlen, den sie gerade erlebt<br />
haben:<br />
••<br />
Wart ihr überrascht vom Abstimmungsergebnis<br />
und hat es mit der Position deiner Rolle<br />
übereingestimmt?<br />
••<br />
Wie viel Einfluss glaubst du hattest du (als<br />
deine Rolle) am Ergebnis?<br />
••<br />
Wie einfach war es <strong>für</strong> euch, sich mit der<br />
Rolle zu identifizieren? Warum oder warum<br />
nicht?<br />
••<br />
Glaubt ihr, dass diese Situation im echten Leben<br />
aufkommen könnte? Fallen euch ähnliche<br />
Fälle ein?<br />
••<br />
Wie würdet ihr reagieren, wenn diese Frage<br />
in eurer Gemeinde diskutiert werden würde?<br />
Hat dieses Rollenspiel eure Einstellung oder<br />
Meinung geändert?<br />
••<br />
Was versteht ihr unter der Meinungs- und<br />
Religionsfreiheit? Kennt ihr Beispiele davon,<br />
wie diese Rechte früher oder heute eingeschränkt<br />
oder verwehrt wurden/werden?<br />
••<br />
Warum glaubt ihr, dass Religionsfreiheit ein<br />
grundsätzliches Menschenrecht ist?<br />
••<br />
Inwieweit glaubt ihr, dass dieses Recht in euerer<br />
Umgebung wahrgenommen und respektiert<br />
wird?<br />
Tipps:<br />
••<br />
Eine zweite Person kann bei der Leitung des<br />
Rollenspiels hilfreich sein.<br />
••<br />
Der die Bürger*meister*in ist eine sehr fordernde<br />
Rolle. Stellt sicher, dass die Person, die<br />
diese Rolle spielt, sich mit dieser Rolle wohlfühlt<br />
und sich in der Lage sieht, die Sitzung<br />
zu moderieren und Leute, falls es notwendig<br />
ist, auch unterbricht und die Redezeit überwacht.<br />
Daher ist es hilfreich, diese Aufgaben<br />
mit der Person, die diese Rolle spielt, vor der<br />
Simulation noch einmal abzuklären. Während<br />
dem Rollenspiel solltet ihr die Moderation<br />
vollständig dem*der Bügermeister*in überlassen<br />
und nur im Notfall einzuschreiten –<br />
ohne die Autorität der Person, die den*die<br />
Bürgermeister*in spielt zu untergraben.<br />
••<br />
Sollte die Simulation außer Kontrolle geraten,<br />
z.B. weil die Teilnehmer*innen thematisch<br />
abschweifen oder in einer Pattsituation nicht<br />
mehr weiterkommen, könnt ihr feststellen,<br />
dass solche Situationen im echten Leben<br />
auch vorkommen und es daher nicht bedeutet,<br />
dass das Rollenspiel gescheitert ist. Die<br />
Nachbesprechung kann dann genutzt werden,<br />
um die Schwierigkeiten zu diskutieren.<br />
••<br />
Während der Nachbesprechung ist es wichtig,<br />
dass die Teilnehmer/innen ihre Rolle hinter<br />
sich lassen, um die Erfahrungen reflektieren<br />
zu können. Helft ihnen dabei, die Simulation<br />
aus ihrer eigenen Perspektive zu beurteilen<br />
und nicht durch ihre Rolle.<br />
Liste der Teilnehmer/innen in der<br />
Sitzung<br />
Versucht die Seiten ausgewogen zu halten, sodass<br />
gleich viele Leute in jeder Partei und Gruppe sind.<br />
Ihr könnt so viele „normale Bürger*innen“ einbauen,<br />
wie ihr wollt.<br />
••<br />
Den*die Bürgermeister*in von Sleepyville<br />
••<br />
Gemeinderatsmitglieder: 3 Parteien sollten<br />
vertreten sein. In jeder Partei sind 1-2 Mitglieder.<br />
••<br />
„Junge Sleepies <strong>für</strong> Menschenrechte!“ 1 bis 2<br />
Vertreter*innen<br />
••<br />
„Gesellschaft <strong>für</strong> Vergangenheit und Gegenwart“:<br />
1 bis 2 Vertreter*innen<br />
••<br />
„Muslimische Gemeinschaft von Sleepyville“:<br />
1 bis 2 Vertreter*innen<br />
••<br />
Normale Bürger*innen: beliebig viele<br />
• • Optional: 1 bis 2 Journalist*innen, die über<br />
die Sitzung berichten<br />
64 MITBESTIMMEN!
Regeln der Debatte<br />
Ihr könnt diese Regeln je nach Gruppengröße und Zeitressourcen adaptieren.<br />
••<br />
Die Sitzung wird vom Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin geleitet. Seine*ihre Entscheidungen<br />
sind endgültig.<br />
••<br />
Wenn du sprechen möchtest, hebe die Hand und warte bis der*die Bürgermeister*in dich<br />
aufruft.<br />
••<br />
Wortmeldungen sollten kurz sein und dürfen 2 Minuten nicht überschreiten.<br />
••<br />
Die Sitzung wird nach 40 Minuten geschlossen. Vor Schließung der Sitzung gibt es eine Abstimmung,<br />
ob die Moschee gebaut werden soll oder nicht.<br />
••<br />
Alle Teilnehmer*innen der Sitzung haben das Rederecht und dürfen am Ende abstimmen.<br />
Anhang: Rollenkarten<br />
Eine Moschee in Sleepyville<br />
Du lebst im malerischen Ort Sleepyville, einer Stadt mit etwa 80.000 Einwohner*innen. Im Laufe<br />
der letzten 60 Jahre hat sich die Bevölkerung der Stadt radikal verändert, einerseits weil junge<br />
Menschen aufgrund von besseren Jobchancen in größere Städte ziehen, andererseits weil viele<br />
Familien eingewandert sind und jetzt in der Stadt leben, viele davon aus muslimischen Ländern.<br />
Manche dieser Familien sind schon seit 3 Generationen da, aber werden von vielen Leuten in der<br />
Stadt aber noch immer als „Neulinge“ gesehen und mit Misstrauen begegnet. Heute machen sie<br />
15% der Bevölkerung aus.<br />
Eine Frage teilt nun die Stadt: Die Muslim*innen von Sleepyville hätten gerne eine Moschee, die<br />
auf einem Stück verlassenen Land gebaut werden soll, das der Stadt gehört. Diese Grundstück ist<br />
schon seit Jahren heruntergekommen und es gab schon unzählige Beschwerden über dieses Grundstück<br />
bei der Gemeinde: Es liegt nahe der Haupteinkaufsstraße und befindet sich in einer Gegend,<br />
in der Vandalismus und Drogenkonsum ein ständiges Problem sind.<br />
Als nun also ein reicher Geschäftsmann angeboten hat, das Problem <strong>für</strong> die Gemeinde zu lösen,<br />
dachte der*die Bürgermeister*in sein*ihr Glückstag wäre gekommen. Der Gemeinderat hat bereitwillig<br />
das Grundstück bereitgestellt und zugesichert, 20% der Baukosten <strong>für</strong> die Moschee zu übernehmen.<br />
Die restlichen 10% der Baukosten, die der Geschäftsmann nicht finanzieren konnte, würden<br />
von der muslimischen Community aufgebracht werden. Die Bauarbeiten hätten diese Woche<br />
starten sollen … aber der Gemeinderat wurde von Beschwerden von wütenden Bürger*innen überflutet,<br />
die gegen dieses Projekt sind. Der Gemeinderat hat also eine spezielle Sitzung einberufen,<br />
um diese Frage zu lösen, zu der alle eingeladen sind. Die Sitzung wird in 30 Minuten stattfinden.<br />
Rolle: Die Bürger/innenmeisterin von Sleepyville<br />
Du bist die Vorsitzende*der Vorsitzende der Versammlung und es wird deine Rolle sein, die Teilnehmenden<br />
der Sitzung zu begrüßen und sie an die Regeln der Debatte zu erinnern, sobald die<br />
Sitzung beginnt. Während der Sitzung solltest du versuchen, allen eine Möglichkeit zu sprechen<br />
zu geben – und du solltest es niemand erlauben, zu lang zu sprechen! Du bist sehr besorgt über<br />
die schlechte Publicity, die dieser Fall angezogen hat und planst vor der Sitzung mit manchen der<br />
Gruppen zu reden, um sie davon zu überzeugen ihre Position aufzuweichen.<br />
METHODEN TO GO<br />
65
Rolle: Gemeinderatsmitglied: Partei der Tradition<br />
Du repräsentierst die Partei der Tradition im Gemeinderat – und du bist stark gegen den Bau der<br />
Moschee. Du glaubst, dass es nicht richtig ist, ein Gemeindegrundstück und Gemeinderessourcen<br />
<strong>für</strong> einen Andachtsort zur Verfügung zu stellen, der nicht die Traditionen dieses Landes und dieser<br />
Stadt respektiert. Du hast das Gefühl, dass eingewanderte Familien bereits privilegiert sind, indem<br />
sie hier leben dürfen und dass sie einem Land, in dem sie nur zu Gast sind, nicht ihren verschiedenen<br />
Lebensstil aufdrängen dürfen. Du bist besorgt, dass die Moschee ein Treffpunkt werden<br />
könnte, an dem Terrorist*innen rekrutiert werden.<br />
Rolle: Gemeinderatsmitglied: Populistische Partei<br />
Du repräsentierst die Populistische Partei im Gemeinderat. Du hast die eigentliche Entscheidung<br />
unterstütz, die Moschee auf dem Grundstück zu bauen – unter anderem, da du es erkennst, dass<br />
die muslimische Community gut <strong>für</strong> die Wirtschaft der Stadt ist und du sie nicht ausgrenzen möchtest.<br />
Allerdings bist du sehr besorgt über die Beschwerden der Bürger*innen und möchtest keinen<br />
unnötigen Konflikt in der Gemeinde erschaffen. Du bist auch besorgt über dein Abschneiden bei<br />
der nächsten Gemeinderatswahl, also wirst du vermutlich jene Option bevorzugen, die am wenigsten<br />
kontrovers erscheint.<br />
Rolle: Gemeinderatsmitglied: Partei der Vielfalt<br />
Du repräsentierst die Partei der Vielfalt im Gemeinderat. Du glaubst, dass der relativ große Anteil<br />
der Menschen von verschiedensten Orten der Welt die Kultur verbessert und das Interesse an Sleepyville<br />
erhöht haben und du findest es unfair, dass die Stadt so viele dieser Leute so lange davor<br />
abgehalten hat, ihre Religion auszuüben. Du erkennst außerdem, dass das verlassene Grundstück<br />
zu sozialen Problemen in der Stadt führt und die Gemeinde derzeit nicht das Geld hat, um es selbst<br />
zu entwickeln und zu verbessern.<br />
Rolle: Mitglieder der „Gesellschaft <strong>für</strong> Vergangenheit und Gegenwart“<br />
(2-4 Teilnehmer*innen)<br />
Ihr seid eine der wichtigsten Gruppen, die gegen den Bau dieser Moschee sind. Eure Mitglieder<br />
sind aus traditionellen (nicht muslimischen) Gemeinschaften in Sleepyville und ihr denkt, dass es<br />
sehr wichtig ist, den altehrwürdigen Charakter der Stadt zu bewahren, in der die meisten von euch<br />
bereits euer ganzes Leben lang leben. Das Grundstück, auf dem die Moschee gebaut werden soll,<br />
ist sehr zentral und die Moschee wäre von den meisten Orten im Stadtzentrum sichtbar.<br />
Insbesondere könnte die Moschee den Blick auf die Kirche am Stadtplatz verdecken. Ihr habt das<br />
Gefühl, dass der Charakter eurer Heimatstadt komplett durch die Ankunft einer neuen Gruppe an<br />
Menschen verändert wird, die erst kürzlich angekommen sind. Ihr seht es nicht ein, warum Menschen,<br />
die in diesem Land von irgendwo anders gekommen sind nicht nach denselben Regeln leben<br />
sollen wie ihr.<br />
Rolle: Bürger*in von Sleepyville<br />
Du bist besorgt über den Konflikt, der Sleepyville scheinbar übernommen hat und möchtet zur<br />
Gemeinderatssitzung gehen, um abzustimmen. Derzeit weißt du nicht wie du abstimmen wirst: du<br />
musst mit möglichst vielen verschiedenen Gruppen sprechen und planst dir dann eine Meinung zu<br />
bilden.<br />
66 MITBESTIMMEN!
Rolle: Mitglieder der Jugendorganisation „Junge Sleepies <strong>für</strong> Menschenrechte!“<br />
(2-4 Teilnehmer*innen)<br />
Eure Gruppe wurde gegründet, um die größten Probleme <strong>für</strong> junge Menschen in Sleepyville anzusprechen.<br />
Ihr seht den Bau der Moschee sowohl als Lösung <strong>für</strong> das Bedürfnis der muslimischen<br />
Community, endlich einen Gebetsort zu bekommen, als auch als Lösung <strong>für</strong> die unzähligen sozialen<br />
Probleme, die dazu geführt haben, dass das Grundstück so heruntergekommen ist. Ihr unterstützt<br />
den Bau der Moschee, aber ihr seid besorgt über andere soziale Probleme, deren Lösung der<br />
Gemeinderat vernachlässigen könnte, wenn er den Bau der Moschee mitfinanziert. Insbesondere<br />
wurde das Jugendbudget im Laufe der letzten 5 Jahre auf ein Niveau heruntergekürzt, das die<br />
Notwendigkeiten in der Stadt bei weitem nicht abdecken kann.<br />
Rolle: Mitglied der „Muslimischen Gemeinschaft von Sleepyville“<br />
(2-4 Teilnehmer*innen)<br />
Ihr habt den Gemeinderat seit Jahren darum gebeten, einen Gebetsort <strong>für</strong> die muslimische Community<br />
zur Verfügung zu stellen – dieser Wunsch wurde jedoch immer aus finanziellen Gründen<br />
abgelehnt. Ihr findet es unfair, dass die muslimische Community aufgefordert wird, 10% der Baukosten<br />
zu übernehmen, da die wirtschaftliche Situation <strong>für</strong> die meisten Menschen ziemlich schlecht.<br />
Außerdem hat die christliche Community 11 verschiedene Kirchen, die von deutlich weniger Menschen<br />
genutzt werden, als es die Moschee werden würde. Ihr habt das Gefühl, dass der Beitrag<br />
der muslimischen Community am Fortschritt der Stadt nicht wertgeschätzt wird und dass einige<br />
Leute euerer Community auf unfaire Weise in verschiedensten Bereichen ihres Lebens diskriminiert<br />
werden. Außerdem würde der Gemeinderat durch eine Ablehnung des Baus den Muslim*innen das<br />
Grundrecht auf freie Religionsausübung verwehren.<br />
METHODEN TO GO<br />
67
Feedback als<br />
Mitbestimmungs-<br />
methode<br />
••<br />
Allgemeines und Checkliste<br />
••<br />
Blitzlichtrunde<br />
••<br />
Zielscheibe<br />
••<br />
Fünf-Finger-Feedback<br />
••<br />
Meinungslinie<br />
••<br />
Impulskarten<br />
••<br />
Koordinatensystem<br />
••<br />
Wie aus Feedback Mitbestimmung wird<br />
FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />
69
Wenn wir Mitbestimmung leben wollen, müssen wir Meinungen zulassen. In Lernprozessen, bei Vorträgen<br />
und Seminaren ist es meistens üblich, dass nach Ablauf eine sogenannte Feedbackrunde stattfindet.<br />
Dabei handelt es sich um eine Rückmeldung an eine Person über deren Präsentationsverhalten, über<br />
den Inhalt des Seminars. Feedback kann aber auch als Form der Mitbestimmung verwendet werden.<br />
Als Mitbestimmungsmethode kann das Feedback vor allem bei längeren Arbeitsprozessen, wie zum<br />
Beispiel bei Schulklassen verwendet werden. Dabei ist es wichtig, dass die Auswertungen an die Schüler*innen<br />
rückgemeldet werden und als Organ der Mitbestimmung und eventuellen Veränderung in<br />
den zukünftigen Unterricht einfließen. Bevor auf dieses Beispiel weiter eingegangen wird und Methoden<br />
angeführt werden, gibt es allgemeine Tipps zur Verwendung von Feedback.<br />
70 MITBESTIMMEN!
Allgemeine Tipps zum<br />
Feedback<br />
Um ein Feedback erfolgreich durchzuführen, werden hier drei Hilfestellungen gegeben:<br />
Auswahl der Methode<br />
Bevor Feedback durchgeführt werden kann, muss<br />
eine Methode ausgewählt werden. Dazu sind im<br />
Vorfeld ein paar Überlegungen anzustellen:<br />
••<br />
Was ist das Ziel des Feedbacks?<br />
Die Frage nach dem Ziel des Feedbacks sollte<br />
ganz am Anfang stehen. In unserem Fall geht<br />
es um Mitbestimmung, und die angegebenen<br />
Methoden sind darauf ausgerichtet.<br />
••<br />
Mit welcher Altersgruppe von Menschen<br />
habe ich es zu tun?<br />
Je nach Altersgruppe müssen Feedbackmethoden<br />
anders durchgeführt werden.<br />
••<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
Die Größe der Gruppe hat sowohl Auswirkungen<br />
auf die Zeitressourcen, als auch auf<br />
die Möglichkeiten der Durchführung. Bei<br />
kleineren Gruppen können Feedbacks viel<br />
offener im Plenum gestaltet werden, als bei<br />
Großgruppen.<br />
••<br />
Wie viel Zeit habe ich <strong>für</strong> das Feedback?<br />
Die Verfügbarkeit von Zeit spielt bei Feedbacks<br />
immer eine große Rolle. Hier sollte<br />
lieber etwas mehr eingeplant werden, damit<br />
sich die Teilnehmer*innen nicht gestresst fühlen.<br />
••<br />
Wie differenziert soll das Feedback sein?<br />
Für die Auswahl der Methode ist es notwendig<br />
sich zu überlegen, wie detailliert das Ergebnis<br />
sein soll.<br />
••<br />
Welche Informationen werden benötigt?<br />
Es sollte im Vorfeld klar sein, welche Informationen<br />
die Feedbackmethode ausgeben soll.<br />
Richtlinien <strong>für</strong> ein produktives<br />
Feedback<br />
Diese Richtlinien dienen dazu ein produktives<br />
Feedback <strong>für</strong> beide Seiten zu erhalten. Das ist vor<br />
allem im Kontext der Mitbestimmung wesentlich<br />
und sollte mit den Teilnehmer*innen vor der<br />
Durchführung kurz besprochen werden.<br />
••<br />
Konstruktiv: Ein produktives Feedback sollte<br />
immer konstruktiv sein, also Perspektiven <strong>für</strong><br />
die Zukunft bieten.<br />
••<br />
Beschreibend: Ein produktives Feedback sollte<br />
immer beschreibend sein, also auf Bewertungen<br />
und Interpretationen sollte verzichtet<br />
werden.<br />
••<br />
Konkret: Ein produktives Feedback sollte<br />
immer konkret sein. Verallgemeinerung und<br />
pauschale Aussagen sind nicht zielführend.<br />
••<br />
Subjektiv: Ein produktives Feedback sollte<br />
immer subjektiv sein. Es sollte sich nur um<br />
die eigenen Beobachtungen und Eindrücke<br />
handeln.<br />
••<br />
Nicht nur negativ: Ein produktives Feedback<br />
sollte nicht nur negativ sein.<br />
Checkliste <strong>für</strong> die Durchführung eines<br />
Feedbacks<br />
Zum Abschluss eine kleine Checkliste <strong>für</strong> die erfolgreiche<br />
Durchführung eines Feedbacks:<br />
••<br />
Klare Zielsetzung <strong>für</strong> das Feedback<br />
••<br />
Auswahl einer Feedbackmethode<br />
••<br />
Vorbereitung der Methode – eventuell mit<br />
kurzem Erklärungsplan<br />
••<br />
Vorbereitung aller benötigten Materialien<br />
Nach der Durchführung die Nachbereitung nicht<br />
vergessen!<br />
FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />
71
Feedback-Methoden<br />
In diesem Kapitel werden einige Feedbackmethoden vorgestellt, welche sich als Mitbestimmungsmethode<br />
eignen. Selbstverständlich können diese Methoden auch im herkömmlichen Sinn des Feedbacks<br />
verwendet werden.<br />
Blitzlichtrunde<br />
Die Blitzlichtrunde ist eine Methode mit wenig Vorbereitung und fast ohne Arbeitsmaterialien. Der/die<br />
Moderator*in stellt eine Frage und jede Person antwortet in ein bis zwei Sätzen.<br />
Gruppengröße: 5-30<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 10 Jahren<br />
5-15 Minuten (je nach Gruppengröße)<br />
Materialien: eventuell Notizblock <strong>für</strong> den*die<br />
Moderator*in<br />
Für die Blitzlichtrunde bietet sich ein Sesselkreis<br />
an. Die Moderation stellt eine Frage und danach<br />
hat jede Person Zeit in ein bis zwei Sätzen zu antworten.<br />
Die Antwort sollte nicht länger als eine<br />
Minute sein. Wichtig ist dabei, dass die Aussagen<br />
in Ich-Form geäußert werden und dass außer<br />
Verständnisfragen keine Zwischenfragen gestellt<br />
werden. Getroffene Aussagen werden nicht kommentiert,<br />
kritisiert oder bewertet.<br />
In Sinne der Mitbestimmung wäre es gut, wenn<br />
sich der/die Moderator*in Notizen macht.<br />
Meinungslinie<br />
Die Meinungslinie eignet sich besonders <strong>für</strong> die einfache Findung eines Stimmungsbildes von Gruppen.<br />
Gruppengröße: 10-50<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 6 Jahren<br />
5-15 Minuten<br />
Materialien: Klebeband<br />
Um die Meinungslinie zu verdeutlichen kann eine<br />
Linie mit einem Klebeband im Raum aufgeklebt<br />
werden. Die eine Seite stellt das „Pro“ und die<br />
andere Seite das „Kontra“ dar. Die Teilnehmer*innen<br />
haben dann Zeit sich entweder auf der „Pro“<br />
oder „Kontra“-Seite zu positionieren und dazu<br />
auch ihre Meinung zu sagen. („Ich bin <strong>für</strong> oder<br />
gegen etwas…“). Bei dieser Methode ist auch<br />
eine Steigerung möglich, wobei eine weit entfernte<br />
Positionierung von dem „Pro“-Bereich eine<br />
größere Ablehnung bedeutet und umgekehrt.<br />
Mit dieser Methode können in kurzer Zeit viele<br />
Fragen beziehungsweise Meinungen abgefragt<br />
werden.<br />
72 MITBESTIMMEN!
Zielscheibe<br />
Die Zielscheibe ist eine schnelle und vor allem effektive Methode <strong>für</strong> eine größere Gruppe, wodurch ein<br />
graphisches Stimmungsbild entsteht.<br />
Gruppengröße: 10-40<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 10 Jahren<br />
5-15 Minuten<br />
Materialien: 1 großes Blatt Papier, Stifte, Klebepunkte<br />
Auf ein großes Blatt Papier (A2 – A0) wird eine<br />
Zielscheibe gemalt. Die Zielscheibe braucht einen<br />
Mittelpunkt und einige Ringe und sollte außerdem<br />
in Segmente/Tortenstücke eingeteilt sein.<br />
Diese Segmente stehen <strong>für</strong> den auszuwertenden<br />
Bereich.<br />
Jede Person bekommt Klebepunkte <strong>für</strong> jeden Bereich,<br />
welcher in den Segmenten verzeichnet ist.<br />
Nun haben alle die Möglichkeit jeden Bereich zu<br />
bewerten, indem sie ihre Punkte auf die Zielscheibe<br />
kleben. Die Wertigkeit geht von Innen nach<br />
Außen. Innen steht <strong>für</strong> „sehr gut/unverbesserlich“<br />
und Außen <strong>für</strong> „schlecht/viel zu verbessern“.<br />
FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />
73
Fünf Finger Feedback<br />
Die Fünf Finger Methode ist eine leicht zu verstehende Feedbackmethode, welche sowohl mit Schüler*innen<br />
als auch mit Erwachsenen durchzuführen ist. Mithilfe dieser Methode lassen sich viele Rückmeldungen<br />
erzielen.<br />
Gruppengröße: 5-50<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 10 Jahren<br />
10-20 Minuten<br />
Materialien: Papier, Stifte, Vorlage<br />
••<br />
Ringfinger: Das nehme ich mit!<br />
Zuerst wird jeder Person ein leeres Blatt Papier<br />
ausgeteilt. Jede*r malt seine/ihre Hand auf das<br />
Blatt. Anschließend erklärt die leitende Person,<br />
dass es sich um ein Feedback handelt und dass<br />
jeder Finger <strong>für</strong> eine bestimmte Aussage steht:<br />
••<br />
Daumen: Das war super!<br />
••<br />
Zeigefinger: Das könnte besser sein!<br />
••<br />
Mittelfinger: Das war nicht so gut!<br />
••<br />
kleiner Finger: Das kam zu kurz!<br />
••<br />
Handfläche: Was ich sonst noch sagen möchte/<br />
Was ich mir wünsche?/ Weitere Vorschläge?<br />
Es ist übersichtlicher, wenn eine Handvorlage mit<br />
den Fragen aufgehängt wird. Anschließend sollen<br />
die Teilnehmer*innen Stichwörter in die Hand<br />
schreiben.<br />
74 MITBESTIMMEN!
Impulskarten<br />
Meinungen werden mithilfe von großen Impulsbögen, welche im Raum hängen, gesammelt.<br />
Gruppengröße: 10-40<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 12 Jahren<br />
5-15 Minuten<br />
Materialien: mehrere große Blätter Papier, Stifte<br />
Im Raum werden, je nach Gruppengröße, fünf bis<br />
zehn große Papierbögen aufgehängt. Auf jedem<br />
Bogen wird ein Impuls geschrieben. Die Teilnehmer*innen<br />
haben Zeit ihre Meinungen und Ideen<br />
auf die Impulsbögen zu schreiben. Es kann auch<br />
unterstrichen oder in anderer Art und Weise markiert<br />
werden.<br />
Koordinatensystem<br />
Mit dieser Feedback-Methode kann die Gruppenwahrnehmung in zwei Dimensionen sichtbar gemacht<br />
werden und anschließend sofort zur Weiterarbeit verwendet werden.<br />
Gruppengröße: 10-30<br />
Alter:<br />
Dauer:<br />
ab 12 Jahren<br />
5-15 Minuten<br />
Materialien: 1 großes Blatt Papier, Stifte, Klebepunkte<br />
Auf das große Blatt Papier wird ein Koordinatensystem<br />
gezeichnet und beide Achsen werden beschriftet.<br />
Ein bestimmtes Thema oder eine Frage<br />
wird als Titel formuliert. Die Achsen bezeichnen<br />
die beiden Bereiche und beginnen im Nullpunkt<br />
mit dem negativen Wert und enden mit dem positiven<br />
Wert. Jede Person hat eine Stimme und<br />
setzt mit Klebepunkten seine*ihre Stimme zum<br />
Thema. Durch die Anhäufung werden Schwerpunkte<br />
und Abweichungen der Gruppe sichtbar.<br />
FEEDBACK ALS MITBESTIMMUNGSMETHODE<br />
75
Wie aus einem Feedback<br />
Mitbestimmung wird<br />
Feedback kennen wir hauptsächlich in der Form, dass am Ende eines Seminars oder eines Unterrichtjahres<br />
um Rückmeldung gebeten wird und die Teilnehmenden dieses geben und nie wieder etwas<br />
davon hören. Wenn Feedback zur Mitbestimmung genutzt werden soll, muss es logischerweise einen<br />
Rücklauf geben, also eine Reflexion oder eine Zusammenfassung des Feedbacks an die daran teilnehmende<br />
Gruppe. Wie die Nachbereitung des Feedbacks abläuft ist von der Aufbereitung der durchführenden<br />
Person selbst überlassen. Im folgenden Punkt werde ich dabei auf ein Beispiel eingehen.<br />
Hier sind einige Vorschläge, welche bei der Zusammenfassung<br />
des Feedbacks beachtet werden<br />
sollen:<br />
••<br />
Neutrale Zusammenfassung: Die durchführende<br />
Person muss versuchen neutral zu bleiben<br />
beim Zusammenfassen der gesammelten<br />
Meinungen. Das ist nicht immer eine leichte<br />
Übung.<br />
Bei der Nachbesprechung des Feedbacks sollen<br />
die Meinungen der Teilnehmenden als Mitbestimmung<br />
in das aktuelle Umfeld eingebracht werden.<br />
Umso häufiger die Methoden des Feedbacks bei<br />
Kindern und Jugendlichen angewendet werden,<br />
umso vertrauter werden jungen Menschen diese<br />
Vorgänge und umso mehr öffnen sie sich und<br />
umso einfach wird eine aktive Mitbestimmung.<br />
••<br />
Keine Meinungen unterschlagen: Es sollte<br />
beim Zusammenfassen keine Meinung unterschlagen<br />
werden. Selbstverständlichen können<br />
Umformulierungen (speziell bei Schimpfwörtern)<br />
gemacht werden.<br />
••<br />
Strukturierte Zusammenfassung: Die Zusammenfassung<br />
sollte strukturiert und angelehnt<br />
an die Feedbackmethode sein.<br />
••<br />
Ziel überlegen: Bevor die Zusammenfassung<br />
gemacht wird, sollte sich die durchführende<br />
Person überlegen, was das Ziel dieser Tätigkeit<br />
ist.<br />
76 MITBESTIMMEN!
Weblinks und<br />
weiterführende Infos<br />
Die <strong>Methodensammlung</strong> lebt von der Erfahrung und Praxis der Kinder- und Jugendarbeit. Folgende<br />
Publikationen und Weblinks können <strong>für</strong> Interessierte empfohlen werden und fanden Anwendung bei<br />
der Erarbeitung dieser Sammlung.<br />
Weblinks<br />
www.gruppenstunde.at – Die Gruppe macht’s<br />
Hier findest Du Hilfestellungen und Unterstützungen <strong>für</strong> die tägliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />
in den Gruppen der Kinderfreunde und Roten Falken.<br />
www.ifm-sei.org - The International Falcon Movement – Socialist Educational International<br />
Auf der Website der IFM-sei, einer internationalen Jugendbewegung findest Du viele Publikationen<br />
zum Bildungsbereich und zur Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen. Der Großteil der Publikationen<br />
ist auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch verfügbar.<br />
www.familienrat.eu – Von Einzelspielern zum Team<br />
Website vom Verein <strong>für</strong> praktizierte Individualpsychologie e.V. zum Thema Familienrat und Klassenrat<br />
www.kinder-beteiligen.de<br />
Diese private Homepage von Andreas Kreuziger bietet eine umfassende <strong>Methodensammlung</strong> und<br />
auch theoretische Hintergründe zur Partizipation von Kindern.<br />
Publikationen<br />
Christine Sudbrock, Frances Marsh, Elena Diez Villagrasa (Hg.), Partnerschaft <strong>für</strong> Partizipation.<br />
Handbuch zur Kinderbeteiligung, Brüssel 2015<br />
Online verfügbar unter:<br />
http://ifm-sei.org/en/publications-2/educational-resources/partnerships-for-participation-handbuch-kinderbeteiligung/<br />
Johannes Kühn (Hg.), Einmischen! Eine Gebrauchsanleitung <strong>für</strong> Kassel, Kassel 2008<br />
Online verfügbar unter:<br />
http://www.kassel.de/miniwebs/kinder_und_jugendbuero/17678/index.html<br />
Wolfgang Edelstein, Lothar Krappmann, Sonja Student (Hg.), Kinderrechte in der Schule. Gleichheit,<br />
Schutz, Förderung, Partizipation, Schwalbach 2016<br />
Karl-Heinz Braun, Konstanze Wetzel, Bernd Dobesberger, Andrea Fraundorfer (Hg.), Handbuch<br />
Methoden der Kinder- und Jugendarbeit. Studien zur pädagogischen Entwicklungsforschung und<br />
Qualitätssicherung, Wien 2005<br />
Heinz Weiss, Das rote Schönbrunn. Der Schönbrunner Kreis und die Reformpädagogik der Schönbrunner<br />
Schule, Wien 2008<br />
Heinz Weiss, Otto Felix Kanitz. Vom jüdischen Klosterschüler zum Top-Roten der Zwischenkriegszeit,<br />
Wien 2016<br />
Council of Europe (Hg.), COMPASS. Manual for Human Rights Education with Young People,<br />
Straßburg 2015<br />
Österreichische Kinderfreunde (Hg.), Kinder haben Rechte. Kinderrechte-Set <strong>für</strong> Kindergärten, Kindergruppen,<br />
Volksschulklassen und Hortgruppen, Wien 2012<br />
MITBESTIMMEN!<br />
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