D. 4/05 Abfangen S.32/33 Kopie - Jäger
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J AGDHUNDE<br />
VON HUNDEN GEDECKTES SCHWARZWILD ABFANGEN<br />
Mit kalter Waffe<br />
& HEISSEM HERZEN<br />
Immer wieder kommt es auf Saujagden vor, daß die Hunde einen kranken<br />
Schwarzkittel packen. Dann wird der Hundeführer dem Drama mit der kalten<br />
Waffe schnell und beherzt ein Ende machen. Ein Berufsjäger und Meutenführer<br />
erläutert, wie man beim <strong>Abfangen</strong> rasch und waidgerecht vorgeht.<br />
Wer mit Hunden auf Schwarzwild jagt, kommt irgendwann<br />
in die Situation, daß die vierläufigen Jagdhelfer<br />
eine Sau stellen und sogar packen. Leider ist es<br />
in diesen Situationen so gut wie unmöglich, von der<br />
Schußwaffe Gebrauch zu machen. Unweigerlich würde<br />
man das Leben der Hunde aufs Spiel setzen, falls man in den<br />
Keif hineinschösse. Niemand kann die Flugbahn des Geschosses<br />
bzw. der Geschoßsplitter genau kalkulieren. Selbst ein aufgesetzter<br />
Schuß birgt noch Gefahren für die Hunde. Andererseits<br />
ist dem Kampf schnellstmöglich ein Ende zu<br />
setzen, um dem Wild unnötige Qualen zu ersparen<br />
und die Hunde vor Bissen sowie Schlägen<br />
zu schützen. Hier kann einzig und allein die<br />
kalte Waffe zum Einsatz kommen.<br />
GEEIGNETE KALTWAFFE<br />
Um in solchen Momenten tierschutzgerecht<br />
und zügig handeln zu können,<br />
wird man sich schon im Vorfeld auf<br />
solch extreme Situationen vorbereiten.<br />
Zunächst muß jeder Hundeführer über<br />
eine geeignete kalte Waffe verfügen.<br />
Zu Zeiten als noch mit Findern und<br />
schweren Packern auf wehrhaftes<br />
Schwarzwild gejagt wurde, benutzte<br />
der Rüdemann die Saufeder zum <strong>Abfangen</strong><br />
von gedeckten Sauen. Diese<br />
1,8 Meter lange Lanze war speziell<br />
auf die damaligen Verhältnisse ausgelegt.<br />
Dazu muß man wissen: Die<br />
schweren Packer wurden ausschließlich<br />
im Altholz, also fernab jeglicher<br />
Dickungen zur Hatz geschnallt, da die<br />
massigen Hunde im Dickicht von den<br />
Sauen geschlagen worden wären. Dort<br />
hatte man dann auch genügend Platz,<br />
um mit der sperrigen Saufeder hantieren<br />
zu können. Heute jedoch steht der<br />
Hundeführer meist vor einer gänzlich<br />
anderen Situation. Die naturnahe Wald-<br />
Beherztes Handeln ist beim <strong>Abfangen</strong><br />
von Sauen nötig, die vom Hund gehal-<br />
ten werden. Hier hat’s geklappt. Foto: Karl-Heinz Volkmar<br />
wirtschaft mit ihren Verjüngungen haben das Waldbild in den<br />
letzten Jahrzehnten stark verändert. Wer heute mit der Saufeder<br />
loszieht, hat meist schlechte Karten. In dichten Dickungen<br />
und Schwarzdornhecken ist es unmöglich, ein derart langes<br />
Instrument einzusetzen. Deshalb ist im dichten Bewuchs ein<br />
vernünftiges Messer die einzig wahre Lösung. Die Klingenlänge<br />
wird mindestens 20 Zentimeter betragen. In nunmehr 18<br />
Jahren, in denen ich mit Hunden auf Schwarzkittel jage, habe<br />
ich vom alten K-98-Bajonett bis hin zum klassischen<br />
Waidblatt eine Menge Messer ausprobiert. Dabei<br />
bin ich zu der Erkenntnis gekommen, daß neben<br />
der Klingenlänge die Breite der Klinge ganz entscheidend<br />
für die tödliche Wirkung des Messers<br />
ist. Schmale, stilettähnliche Messer wie<br />
der Hirschfänger oder das Bajonett eignen<br />
sich nur schlecht zum <strong>Abfangen</strong> von Sauen.<br />
Der „Tusker-Saufänger”, der für 119,– Euro<br />
bei der Firma Alljagd (Postfach 1145, 59521<br />
Lippstadt, Tel. 02941/974070, Fax 02941/<br />
974099, Internet: www.alljagd.de) erhältlich<br />
ist, ist in<br />
meinen<br />
Augen<br />
die
optimale Waffe. Seine breite, beidseitig geschliffene Klinge<br />
führt bei richtiger Handhabung zum sofortigen Verenden der<br />
Sau. Außerdem läßt sich ein Messer dieser Größe noch bequem<br />
am Gürtel tragen und wirkt bei weitem nicht so martialisch<br />
auf Außenstehende wie eine mannshohe Saufeder.<br />
ERST ÜBEN...<br />
Selbstverständlich wird das Anbringen des tödlichen Fanges<br />
erst an verendetem Schwarzwild geübt. Dabei wird das Messer<br />
knapp hinter dem Blatt angesetzt und mit einem kräftigen Stoß<br />
schräg nach vorne in den Wildkörper gedrückt. Durch Ziehen<br />
nach oben wird die Eintrittswunde im Wildkörper vergrößert.<br />
Im Idealfall fällt dabei augenblicklich die Lunge zusammen, das<br />
Herz und wichtige Blutgefäße werden verletzt. Das führt zum<br />
schlagartigen Verenden des Wildes. Es wird darauf geachtet, die<br />
Klinge nicht zu weit hinter dem Blatt anzusetzen, da sonst nur<br />
der Waidsack verletzt würde. Der sogenannte Blattfang ist meiner<br />
Ansicht nach die einzig vertretbare Methode, Schalenwild<br />
mit der kalten Waffe zu erlegen. Wer schon einmal mit ansehen<br />
mußte, wie ein Stück Rehwild von unkundiger Hand abgenickt<br />
wurde, wird mir Recht geben. Beim Blattfang wird relativ wenig<br />
am Wild „herumgedoktert” und gebogen, was natürlich auch<br />
in Bezug auf das Wild und das Verkürzen seiner Qualen wichtig<br />
ist. Egal, wie firm man im Umgang mit der kalten Waffe ist, der<br />
Einsatz der Schußwaffe ist stets zu bevorzugen. Vor allen Dingen,<br />
wenn nichtjagende Zuschauer (bei Wildunfällen) vor Ort<br />
sind, ist der Fangschuß immer das Maß der Dinge.<br />
...DANN UMSETZEN!<br />
Doch zurück zum <strong>Abfangen</strong> von gedecktem Schwarzwild. Hunde<br />
packen ein Stück Schwarzwild meist im dichten Unterholz.<br />
Der Kampflärm leitet den Hundeführer dann schnell zum Ort<br />
des Geschehens. Selbstverständlich wird er sich beeilen, um an<br />
den Keif heranzukommen. Doch blinder Aktionismus ist völlig<br />
fehl am Platz. Zuerst muß man sich ein Bild von der Lage verschaffen:<br />
Wie stark ist die gedeckte Sau? Wie viele Hunde halten<br />
das Stück? Rudolf Frieß schreibt in seinem Buch „Hatz-<br />
Watz”, daß zwei Pfund Hund auf ein Pfund gehaltene Sau kommen<br />
müssen. Dieses Verhältnis kann sich jedoch merklich nach<br />
oben oder unten korrigieren. So konnte ich in einem Taunusrevier<br />
einen 56-Kilo-Überläufer abfangen, an dessen Tellern nur<br />
jeweils ein Terrier hing. Doch das ist die Ausnahme. Bevor man<br />
die Sau abfängt, muß man sich sicher sein, daß die Hunde auch<br />
richtig fest gepackt haben. Es ist mir schon mehrfach passiert,<br />
daß die Sau die Hunde von der Schwarte geschüttelt und mich<br />
dann sofort angenommen hat. Deshalb ist es wichtig, sich nur<br />
von hinten, also dem „guten Ende” an das Wild heranzumachen.<br />
Foto: Werner Nagel<br />
Hat man das gedeckte Stück erreicht,<br />
packt man es entweder in den Federn<br />
oder am Teller, um das Haupt zu fixieren,<br />
und stößt dann mit dem Messer zu. Dabei<br />
ist nicht nur auf das Gebrech der Sau, sondern<br />
auch auf ihre Läufe zu achten. Denn<br />
im Getümmel des Keifes kann sie damit<br />
sehr schmerzhafte Tritte austeilen. Zudem<br />
kann es vorkommen, daß einer der Hunde<br />
in der Hitze des Gefechts einmal zuschnappt.<br />
Deshalb ist es stets besser,<br />
wenn der Hundeführer selbst der gedeckten<br />
Sau den Fang gibt. Er wird auch wegen<br />
seiner Hunde sehr umsichtig agieren<br />
und sie nicht in unnötige Gefahr bringen.<br />
Durch einen kurzen Zuruf verständigt der<br />
Hundeführer seine Mitjäger davon, daß<br />
er den Keif angeht. Sonst kann es geschehen,<br />
daß ein übereifriger Mitstreiter sich<br />
von der anderen Seite nähert und den<br />
vielleicht möglichen Fangschuß vereitelt.<br />
VORSICHT BEI STARKEN STÜCKEN!<br />
Bild oben links: In<br />
diesem Fall bietet<br />
sich sicher eine Gelegenheit<br />
für den<br />
Fangschuß. Nicht<br />
so im Dichten!<br />
Bild oben<br />
rechts:<br />
Ihm sind die<br />
Strapazen<br />
des Haltens<br />
anzusehen.<br />
Rechts: Der<br />
„Tusker-<br />
Saufänger”<br />
ist die ideale<br />
Waffe<br />
zum <strong>Abfangen</strong><br />
einer von<br />
Hunden<br />
gedeckten<br />
Sau.<br />
Bei Frischlingen und schwachen Überläufern wird<br />
sich das <strong>Abfangen</strong> relativ unproblematisch gestalten.<br />
Ganz anders geht es zur Sache, wenn die Hunde ein<br />
starkes Stück Schwarzwild gedeckt haben. Dann geht es<br />
nicht nur für den Schwarzkittel auf Leben und Tod, sondern<br />
auch Hunde und Hundeführer sind in großer Gefahr. Bei starken<br />
Sauen ist es immer besser, wenn sich zwei Personen zusammen<br />
an den Keif heranmachen, die etwas von ihrem Handwerk<br />
verstehen und sich gegenseitig helfen können. Das in alten<br />
Büchern beschriebene Ausheben der Sau funktioniert nur, wenn<br />
der Helfer schnell vorgeht und auch das Schwein lange genug<br />
festhält. Dabei packt er die Sau an den Hinterläufen und hält<br />
diese hoch, um den Schwarzkittel umzuwerfen, während der andere<br />
mit dem Messer den Fang gibt. Der Helfer darf die Läufe<br />
der Sau aber erst freigeben, wenn die Sau auch tatsächlich verendet<br />
ist. Der „Nahkampf” mit wehrhaftem Schwarzwild ist sicher<br />
eine Ausnahmesituation, die jedoch mit der richtigen Ausrüstung,<br />
schneidigen Hunden und dem eigenen Geschick gemeistert<br />
werden kann. Wenn dann nach dem wütenden Keif die Sau<br />
verendet am Boden liegt und die vor Anstrengung dampfenden<br />
Hunde an der Schwarte ihres Gegners ihr Mütchen kühlen, ist<br />
das einer der wenigen Momente, in denen sich der moderne <strong>Jäger</strong><br />
in die Zeit von urtümlicher Jagd zurückversetzt fühlt. Eine<br />
Zeit, in der nur mit dem kalten Eisen und schneidigen Hunden<br />
auf das wehrhafte Schwarzwild gejagt wurde. Sascha Schmitt<br />
4/20<strong>05</strong> J <strong>33</strong><br />
Foto: Hans-Jürgen Markmann