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Das übereifrige Pferd - Britta Schoeffmann

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AUSBILDUNG<br />

30 REITER REVUE INTERNATIONAL 8/2009<br />

SERIE<br />

Typgerechtes Training, Teil IV:<br />

<strong>Das</strong> <strong>übereifrige</strong> <strong>Pferd</strong><br />

Guck mal, was<br />

ich kann!<br />

Sie haben ein <strong>übereifrige</strong>s <strong>Pferd</strong>? Glückwunsch!<br />

Dem Streber fällt das Lernen leicht. Wie Sie Ihr<br />

<strong>Pferd</strong> bei Laune halten, erklärt Buch-Autorin Dr.<br />

<strong>Britta</strong> Schöffmann.<br />

Im Dressurviereck heißen die <strong>übereifrige</strong>n<br />

<strong>Pferd</strong>e im Fachjargon elektrisch.<br />

Elektrisch meint dabei fein und umgehend<br />

auf Hilfen reagierend, sensibel<br />

am Bein, mit einem gesunden<br />

Vorwärtsdrang ausgestattet und lernwillig.<br />

Auch beim Springen sind sie es,<br />

die – bei entsprechendem Springvermögen<br />

– später auch die technisch schwierigen<br />

Parcours im allgemeinen besser absolvieren<br />

als beispielsweise phlegmatische<br />

oder ängstliche Typen. Berühmtes<br />

Beispiel: Shutterfly unter Meredith Michaels-Beerbaum.<br />

Wer ein <strong>übereifrige</strong>s <strong>Pferd</strong> im Stall stehen<br />

hat, sollte deshalb froh sein, diesen<br />

Übereifer als Geschenk annehmen und<br />

ihn kultivieren. <strong>Das</strong> beginnt bei der<br />

Grundausbildung und zieht sich durch<br />

das spätere Alltagsleben dieses <strong>Pferd</strong>e-<br />

typs. Sind Takt, Losgelassenheit und Anlehnung<br />

im Ansatz gegeben, funktionieren<br />

also Gas, Bremse und Lenkung, ist<br />

es sinnvoll, dem Übereifrigen bereits einfache<br />

Lektionen anzubieten, um ihn<br />

mental auszulasten. Dabei ist es aber<br />

wichtig, ein und dieselbe Übung nicht<br />

wieder und wieder abzufragen.<br />

Weniger ist mehr<br />

Bestes Beispiel im Basisbereich ist der<br />

einfache Galoppwechsel. Während man<br />

vom Phlegmatiker ruhig zehn Übergänge<br />

hintereinander verlangen darf, sollten es<br />

beim <strong>übereifrige</strong>n Typ höchstens zwei,<br />

drei in Folge sein. Sonst weiß das <strong>Pferd</strong><br />

bereits, was kommt und wartet nicht<br />

mehr auf die Reiterhilfen. Es antizipiert.<br />

Dadurch werden die einfachen Wechsel<br />

Lehrgang zu<br />

gewinnen!<br />

Drei Leser können einen eintägigen<br />

Dressur-Lehrgang bei Autorin<br />

Dr. <strong>Britta</strong> Schöffmann gewinnen.<br />

Der Termin findet im Spätsommer<br />

im Rheinland statt. Am Ende der<br />

Serie werden die Gewinner bekannt<br />

gegeben. Teilnahmebedingungen<br />

und Adresse finden Sie in<br />

der Vorschau auf Seite 145, Stichwort:<br />

„Lehrgang“. Bitte geben Sie<br />

Ihren Ausbildungsstand an.<br />

Dr. <strong>Britta</strong><br />

Schöffmann<br />

<strong>Das</strong> <strong>übereifrige</strong> <strong>Pferd</strong> –<br />

DER FILM<br />

Eine Unterrichtsstunde mit<br />

zwei <strong>übereifrige</strong>n <strong>Pferd</strong>en<br />

sehen Sie als Abonnent auf<br />

der Abo-DVD.<br />

030_031_Ausbildung_0809.indd 30 09.07.2009 12:18:13 Uhr


FOTOS: B. SCHNLELL<br />

schlechter: Zackeln, keine klaren Zwischenschritte,<br />

Spannung. Je mehr man<br />

nun übt, um den wenig schönen Wechsel<br />

zu verbessern, desto mehr wird sich das<br />

<strong>übereifrige</strong> <strong>Pferd</strong> darüber aufregen, dass<br />

sein Reiter es zurückhalten will und klare<br />

Zwischenschritte von ihm verlangt. Es<br />

weiß ja, dass der Reiter wieder angaloppieren<br />

will. Warum also nicht sofort und<br />

ohne die dummen Zwischenschritte?<br />

Wer in solchen Momenten weiter übt<br />

und womöglich noch straft, erntet nur<br />

immer mehr Verspannung und verärgert<br />

das <strong>Pferd</strong>. Ein Teufelskreis, der dem lernwilligsten<br />

Tier die Freude an der Arbeit<br />

verleidet.<br />

Statt vieler Wiederholungen heißt es:<br />

Abwechslung innerhalb der Lektionen<br />

bieten. Zwei einfache Galoppwechsel,<br />

dann etwas anderes verlangen, irgendwann<br />

dann wieder ein, zwei einfache<br />

Wechsel reiten. Sind die immer noch<br />

„verwischt“, wartet das <strong>Pferd</strong> also immer<br />

noch nicht so auf seinen Reiter, dass ein<br />

korrekter Wechsel mit klaren Zwischenschritten<br />

gelingen kann, muss man ihm<br />

in der verlangten Schrittphase „etwas zu<br />

denken“ geben. So lässt sich die Schrittphase<br />

im Training beliebig ausdehnen.<br />

Statt drei bis vier Schritte dürfen es ruhig<br />

mal zehn sein. Oder der Reiter fragt ein<br />

Schenkelweichen, bei weiter ausgebildeten<br />

<strong>Pferd</strong>en ein Schulterherein ab. Werden<br />

diese „Schritt-Alternativen“ auch<br />

noch abgewechselt, weiß das <strong>Pferd</strong> nicht<br />

mehr, was der Reiter nun tatsächlich als<br />

nächstes machen will. Es muss abwarten.<br />

Und genau das soll es lernen. Dieses Abwarten<br />

erfordert und bringt Losgelassenheit<br />

und ist eine Voraussetzung für das<br />

Gelingen der Lektionen.<br />

Nie grob werden!<br />

<strong>Das</strong> Gleiche gilt bei fortgeschritteneren<br />

<strong>Pferd</strong>en/Reitern für die fliegenden Galoppwechsel.<br />

Auch hier sollte der Reiter<br />

zu viele Wiederholungen vermeiden,<br />

damit das <strong>Pferd</strong> die Wechsel nicht vor<br />

der Reiterhilfe und womöglich noch in<br />

einer ungünstigen Galopp-Phase macht.<br />

Sollte das geschehen, darf wieder nicht<br />

gestraft werden. Stattdessen muss der<br />

Reiter ruhig durchparieren, erneut auf<br />

der zuvor verlangten Hand angaloppieren<br />

und an geeigneter Stelle den Wechsel<br />

erneut abfragen. Selbst, wenn überhaupt<br />

kein fliegender Wechsel verlangt<br />

wurde, das <strong>Pferd</strong> aber trotzdem umspringt<br />

statt im Außengalopp zu bleiben,<br />

sollte niemals grob reagiert werden.<br />

Der <strong>übereifrige</strong> Typ springt ja nicht um,<br />

weil er die Balance verliert oder sich<br />

nicht anstrengen will, sondern ganz<br />

im Gegenteil, weil er etwas Neues gelernt<br />

hat und dies seinem Reiter präsentieren<br />

möchte. Reagiert der Reiter in<br />

diesem Augenblick mit Grobheit und<br />

Ungeduld, verwirrt er sein <strong>Pferd</strong> vollkommen.<br />

Die Folge: Die Losgelassenheit leidet,<br />

AUSBILDUNG<br />

AU A SBI<br />

Ein (über)eifriges <strong>Pferd</strong> arbeitet gerne und ist zu großen Leistungen fähig, egal welcher Rasse es angehört: Dülmener Wildpferd in<br />

einer schönen Traversale und in ausdrucksvoller Piaff- und Passagearbeit. Sowie Haflinger (l.) in guter Bergaufgaloppade.<br />

nung. Die Gefahr besteht, dass größere<br />

Schwierigkeiten beginnen, die gerade<br />

bei diesem hochsensiblen Typ zu ernsthaften<br />

reiterlichen Problemen führen<br />

können. Besser ist es, gelassen zu reagieren<br />

und so zu tun, als sei der Wechsel<br />

gewollt gewesen. Ein paar Meter<br />

wird weitergaloppiert, dann durchpariert<br />

und erneut im Außengalopp angeritten.<br />

Auf diese Weise lässt sich – und das gilt<br />

für alle Lektionen – der Übereifer des<br />

<strong>Pferd</strong>es in kontrollierte Bahnen führen.<br />

Je durchlässiger ein <strong>Pferd</strong> auf diese<br />

Weise wird, desto feiner ist<br />

es später zu reiten.<br />

BUCHTIPP<br />

<strong>Das</strong> ganze Kapitel<br />

zum Thema <strong>übereifrige</strong>s<br />

<strong>Pferd</strong> lesen Sie<br />

im Buch „Jedes<br />

<strong>Pferd</strong> ist anders“<br />

von Dr. <strong>Britta</strong> Schöffmann.<br />

Die Autorin geht h nicht i h nur<br />

auf das Interieur, sondern auch<br />

auf Unterschiede in Exterieur, Rasse<br />

und Geschlecht ein. Kosmos-<br />

Verlag, ISBN: 978-3-440-11312-7,<br />

184 Seiten, 150 Farbfotos, 12 Illustrationen,<br />

29,90 Euro.<br />

Was Sie im nächsten Heft erwartet:<br />

und damit auch der Takt und die Anleh- TEIL V – <strong>Das</strong> widersetzliche <strong>Pferd</strong>.<br />

REITER REVUE INTERNATIONAL 8/2009 31<br />

030_031_Ausbildung_0809.indd 31 09.07.2009 12:18:26 Uhr

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