Ein unscheinbares Archiv brachte es ans Licht: Vor einigen Jahren fand die Historikerin Deborah Hertz in einem Kirchenarchiv ein Aktenkonvolut – Regale, vollgestellt mit Karteikartenordnern. Der archivalische Schatz des Evangelischen Zentralarchivs in der Berliner Jebenstraße entpuppte sich als Ergebnis eines gewaltigen genealogischen Forschungsprojekts der Nationalsozialisten, die "Judenkartei".

Die Ordner schienen jeden einzelnen Juden zu enthalten, der zwischen 1645 und 1833 Protestant geworden war. Ob sich ein vergleichbarer Aktenbestand über die zum Katholizismus übergetreten Juden finden wird, bleibt zukünftiger Forschung vorbehalten. Die Karteikarten waren von Pfarrern erstellt worden. Diese vom NS-Staat bezahlten kirchlichen Ahnenforscher sollten etwas Grundlegendes finden – das, was die Nazis als Rasse bezeichneten. Pro Woche füllten die "Verkartungstruppen" 50.000 Karten für eine gesonderte "Fremdstämmigenkartei" aus.