Einen weiteren Markt, den Facebook aus Sicht von Hughes und Wu dominiert, stellt den der Aufmerksamkeit dar: Je mehr Zeit die Menschen mit Facebookdiensten verbringen, desto mehr Werbung kann das Unternehmen zeigen und desto mehr Geld verdient es. "Das ist plausibel", sagt Haucap, "aber dann sprechen wir von ganz anderen Konkurrenten." In dem Fall würde Facebook auch mit dem Fernsehen, mit Netflix oder Videospielen konkurrieren und könne allein deshalb kein Monopol haben.

Werbung, soziale Netzwerke, Aufmerksamkeit: Weil es gar nicht so klar, in welchem Markt Facebook dominiert oder seine Macht missbraucht, ist die rechtliche Grundlage für eine Zerschlagung schwieriger, als viele glauben. Wettbewerbsexperte Haucap glaubt, dass man deshalb erst einmal die Gesetze ändern müsste, um Facebook und andere Technologieunternehmen besser als bisher in die Schranken weisen zu können, bevor sie eine marktbeherrschende Stellung erreichen. Etwa durch eine stärkere "Fusionskontrolle" von Seiten der Kartellbehörden.

Der Autor Ian Bogost beschreibt in einem Artikel für das Onlinemagazin The Atlantic Facebook als "amöbenartig, von unbestimmter Form" und vergleicht es mit schleimerzeugenden Manteltieren, die, am Meeresboden sitzend, vorbeitreibende Nahrungspartikel filtern. Ähnlich funktioniert das soziale Netzwerk: Es bündelt Nachrichten, Games, Videos, Fotos, virtuelle Realität, Werbeanzeigen und greift überall ein paar Daten ab, die einen algorithmischen Verdauungstrakt durchlaufen, an dessen Ende ein individuelles, vermarktbares Nutzerprofil steht.

Bilder-Monopol bei Instagram, Social-Media-Monopol bei Facebook?

Diese ungreifbare Form macht es so schwierig, Facebook zu kontrollieren. Das Bundeskartellamt will Facebook in Deutschland zwar "die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen", darunter Instagram und WhatsApp, untersagen. Doch Berichten zufolge plant Facebook bereits, seine Dienste zu verbinden, sodass Facebook-Nutzerinnen auch Instagram-Freunden Nachrichten schicken können. Sollte es soweit kommen, wäre es selbst im Fall einer eigentumsrechtlichen Entflechtung schwer, die Daten wieder in eigene, abgegrenzte "Silos" zu stopfen. "Vermutlich würde man dann zukunftsgerichtet entscheiden", sagt Haucap. Heißt: Nur neue Instagram-User könnten dann sicher sein, dass ihre Daten nicht bei Facebook landen.

Am grundlegenden Problem würde eine Entflechtung selbst dann wenig ändern. Selbst ohne Instagram und WhatsApp ist Facebook eine Plattform, die auf Wachstum ausgelegt ist und dafür Daten sammelt – man könnte diese Datensammlung zügeln, aber nicht unterbinden, ohne Facebook (und anderen Technologiefirmen) ihr Geschäftsmodell zu entreißen. Eine Aufspaltung könnte Facebooks Dominanz schwächen.

Doch die Annahme von Chris Hughes und Gleichgesinnten, dass aus den Einzelteilen neue, bessere und vor allem benutzerfreundliche Alternativen entstehen, sind möglicherweise zu blauäugig. "Niemand weiß, ob neue Wettbewerber es wirklich besser machen. Und was schlecht für Facebook ist, muss nicht automatisch gut für die Nutzer sein", sagt Justus Haucap. Ein eigenständiges Instagram müsste sich am Markt ebenso beweisen wie ein neues soziales Netzwerk und wäre, wenn es kostenlos sein sollte, den gleichen daten- und werbegetriebenen Mechanismen ausgesetzt. "Und was wäre gewonnen, wenn es dann das Bilder-Monopol bei Instagram gibt und das Soziale-Netzwerk-Monopol bei Facebook?"