Das Bundesverfassungsgericht hat die Position von biologischen Vätern bei einem Kampf um die rechtliche Vaterschaft für ihre leiblichen Kinder gestärkt. Die Verfassungsbeschwerde eines Mannes aus Sachsen-Anhalt hatte in Karlsruhe somit teilweise Erfolg.

"Das geltende Familienrecht trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung", sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Urteilsverkündung. Die aktuelle gesetzliche Regelung zur Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft erklärte das Gericht damit für unvereinbar mit dem Grundgesetz.

Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2025, bleibe das aktuelle Gesetz in Kraft. Eingeleitete Verfahren seien auf Antrag aber auszusetzen, sagte Harbarth.

Neuregelung für die rechtliche Vaterschaft

Der Gesetzgeber müsse beim Elterngrundrecht die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem eingetragenen rechtlichen Vater berücksichtigen, hieß es in dem Urteil. Damit könnte der Gesetzgeber zwei gesetzliche Väter anerkennen, wenn er wollte. 

"Hält er dagegen an einer Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Elternteile fest, muss zugunsten des leiblichen Vaters ein hinreichend effektives Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm ermöglicht, anstelle des bisherigen rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater seines Kindes zu werden", schreibt das Gericht weiter. Die aktuelle Regelung sei dafür ungenügend.

Das Bundesjustizministerium hatte in einem Eckpunktepapier Anfang des Jahres bereits erklärt, am Grundsatz von zwei rechtlichen Eltern festhalten zu wollen.

In der Praxis war die aktuelle Sichtweise bereits umstritten. Daher hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schon vor dem Urteil eine Gesetzesreform angekündigt. Er will die Rechtsposition von leiblichen Vätern stärken, die als rechtliche Väter Verantwortung für ihr Kind übernehmen möchten. In Eckpunkten zur Modernisierung des Abstammungsrechts ist eine Sperrwirkung eines Feststellungsverfahrens enthalten. "Solange ein gerichtliches Verfahren läuft, in dem ein Mann seine Vaterschaft feststellen lassen will, soll grundsätzlich kein anderer Mann die Vaterschaft für dieses Kind anerkennen können", heißt es dazu beim Ministerium. 

Die Gesetzentwürfe sollen noch im ersten Halbjahr 2024 folgen.

Biologischer Vater hatte geklagt

Der biologische Vater eines heute dreijährigen Sohnes hatte geklagt. Er wollte auch rechtlich in der Rolle des Vaters anerkannt werden. Als rechtlichen Vater hatte die Mutter des Kindes jedoch ihren neuen Lebensgefährten eintragen lassen. Das geschah allerdings erst einige Monate nach der Geburt, nachdem der Kläger einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft gestellt hatte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg lehnte den Antrag des Klägers ab und berief sich auf den Bundesgerichtshof (BGH): Demzufolge kann der biologische Vater die rechtliche Vaterschaft nicht anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am Familiengericht eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Von einer sozial-familiären Beziehung gehe man demnach aus, wenn der Mann und die Mutter verheiratet sind oder der Mann mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Letzteres war in der konkreten Konstellation der Fall.

Das Bundesverfassungsgericht hob den Naumburger Beschluss nun auf und verwies das Verfahren zurück an das OLG. Der Vater könne dort eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer gesetzlichen Neuregelung beantragen.