Nach der judenfeindlichen Kundgebung in Berlin am Samstag ermittelt die Polizei bislang in einem konkreten Fall. Das Verfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung richte sich gegen einen unbekannten jungen Mann, sagte eine Polizeisprecherin. Er soll auf der Palästinenser-Demo gegen Juden gehetzt haben.

Laut der Sprecherin werden Aufnahmen der Polizei und weitere Videos zu der Veranstaltung nochmals durch Dolmetscher ausgewertet und überprüft. Über die Ergebnisse der Ermittlung werde die Berliner Staatsanwaltschaft informiert.

Polizei sah keinen Anlass für Auflösung der Demo

Die Demonstration am Karsamstag hat bundesweit Empörung ausgelöst. Nach Angaben von Beobachterinnen wurden dort israel- und judenfeindliche Parolen gerufen. Mehrere Menschen, darunter der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Volker Beck, erstatteten Anzeige. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von "Hass gegenüber Jüdinnen und Juden", den man nicht dulde.

Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein forderte bereits am Ostermontag eine strafrechtliche Verfolgung nach der Demo. "Es muss allen gesellschaftlichen Gruppen klar sein, dass derartige Hass und Hetze in Deutschland bestraft werden", sagte er ZEIT ONLINE. Zudem forderte er Schulungen und "klare Anweisungen" für die Polizei, wie sie sich in solchen Fällen verhalten solle.

Zuvor hat die Polizei Kritik auf sich gezogen, weil sie die Kundgebung nicht gestoppt hatte. Die Behörde teilte mit, dafür habe es keinen Anlass gegeben: Der Versammlungsleiter sei "über den gesamten Einsatzverlauf zur Mäßigung" aufgerufen worden. Dieser Aufforderung sei er nachgekommen und habe regelmäßig auf Deutsch und Arabisch an die Demonstrantinnen appelliert. Bei der Demo waren nach Polizeiangaben 250 Einsatzkräfte vor Ort.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, kritisierte die bei der Demonstration gerufenen Parolen als "puren Hass und Menschenfeindlichkeit", die durch nichts zu rechtfertigen seien. Er forderte ein konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaats. Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, warf den Demonstranten vor, "ohne Hemmung zur Vernichtung Israels und der Juden" aufzurufen und damit rote Linien zu überschreiten.

Politiker fordern Verbot von Palästinenserorganisation

Politiker der SPD, FDP und der Union fordern nun, ein Verbot der Palästinenserorganisation PFLP zu prüfen. Es spreche "viel für die Notwendigkeit eines Betätigungsverbots in Deutschland durch die Bundesinnenministerin", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Alexander Throm der Welt. Dasselbe forderte auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP Stephan Thomae. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese schloss sich den Forderungen an und forderte eine Prüfung des "konkreten Umfelds dieser Proteste".

Die Proteste spielten sich vor dem Hintergrund der zuletzt stark zugenommenen Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis ab. In Israel verübten palästinensische Extremisten in den vergangenen Monaten eine Reihe von Terroranschlägen, auf dem Tempelberg in Jerusalem kam es mehrfach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen militanten Palästinensern und der israelischen Polizei. Zuletzt wurde Israel zudem erneut aus dem Gazastreifen mit Raketen beschossen und antwortete mit eigenen Luftangriffen auf Stellungen der extremistischen Palästinenserorganisation Hamas.