Die Jungs von heute sind auf alle Fälle gut eingepackt – anders als damals. Schließlich ist seit der Erfindung des Hip-Hops das Kostüm vieler männlicher Rapper das Feinrippunterhemd. Da kann der Bizeps dick tun und der weiß geriffelte Stoff über der Brust vielleicht noch einem goldenen Kettchen als Bühne dienen. Das Unterhemd repräsentiert Virilität, klar, ist aber auch ein Klassenmarker, der emanzipatorisches Interesse bekundet – der Spartakus unter den Gewändern.

Deichkind kommen zwar auch vom Hip-Hop, packen sich aber lieber ein. Und zwar in die kaschierend polsternde Sicherheit des Daunenmantels. Im Video zu ihrem neuen Song In der Natur führt Kryptik Joe seinen Cyberdackel daunenbemantelt Gassi. Im Clip zu Geradeaus wendet ein mollig in pinke Daunen gepackter Roger Rekless erfolglos sein Wohnmobil. Im Kurzfilm zu Auch im Bentley wird geweint tanzen drei dicke schwarze Daunentränen vor der Einparkkamera der Nobelkarosse, und natürlich biwakiert Kryptic Joe auch im Video zu Kids in meinem Alter an der aschgrauen Gussbetonwand eines Tagebaukohlelagers in neongelber Multifunktionsdaune. Jungs, die längst Männer sind, ziehen sich lieber warm an.

Der in Daunen verpackte Rapper ist das Leitmotiv in den bisher zum neuen Deichkind-Album erschienen Clips. Und das passt gut: Schließlich ist die Daune so etwas wie der gefederte Panzer einer Wohlstandsgesellschaft, die ordentlich Speck angesetzt hat und ihn nur ungern wieder verlieren würde. Eine Erste-Welt-Rüstung – kuschelig, warm, weich und in allen Farben erhältlich. Da kann es draußen ruhig stürmen. Was es ja auch tut.

Erster Track: Delle am Helm. Die Pauke schlägt erbarmungslos Bum-tschak auf der Galeere des Spätkapitalismus. Nichts wirklich Relevantes auf der To-do-Liste und trotzdem nur am Rudern. Zu viele Bildschirme, zu viele Brösel, zu viel Kinderkanal. "Storno im Brain / Delle am Helm." Mit einer Collage trivialer, trotzdem stressender Überforderungsphänomene geht es hinein in Neues vom Dauerzustand – und von da an Immer geradeaus.

Der Problemhorizont ist dunkel: Klimawandel, globaler Vampirismus der Superreichen, Wutbürger. Interessant aber ist, wie Deichkind diesen verhandeln und erzählen. Leute um die 50 verpennen Feten, "finden Wissen arrogant", verknacksen sich beim Wandern den Fuß, lieben alles an Italien – und Bali sowieso. Das ist kein didaktisches Levitenlesen, das sind witzige Beobachtungen von kleinen Alltagslügen, das ist viel Selbstironie. Dass es auf Neues vom Dauerzustand trotzdem um mehr als nur lakonische Blödelei geht, zeigt sich anders.