Donald Trump liebt Schweden. Auch wenn er sich Sorgen um Kriminalität und Einwanderung macht. Erstaunlich eigentlich, dass ihm noch niemand gesagt hat, wer wirklich schuld ist am Chaos im Norden: die erste feministische Regierung der Welt. Die Staatsminister und 23 MinisterInnen sind alle FeministInnen (laut Selbstdefinition).

Ist Schweden denn das Paradies für Frauen? Oder ist es zumindest das, wofür Generationen von ihnen, und ein paar wenige Männer, gekämpft haben? Oder ist es eher so, wie Trump, Alt-Right und Rechtspopulisten es zu wissen vorgeben: dass Feminismus und Multikulturalismus einen friedlichen, homogenen, etwas langweiligen Wohlfahrtsstaat zugrunde gerichtet haben?

Im November konnten wir in Stockholm sehen, wohin der Staatsfeminismus führt: ins Schneechaos. Die Stadt hatte beschlossen, Geschlechtergleichheit in allen Entscheidungen zu berücksichtigen. Da Untersuchungen von urbanen Bewegungsmustern zeigen, dass Frauen eher die Fußgängerwege benutzen, während Männer häufiger Auto fahren, wurde diesmal das Räumen der Gehwege priorisiert. Die Folge war tagelanges Verkehrschaos – und eine Menge Hohn und Spott über das feministische Schneemanagement vonseiten der bürgerlichen Opposition und der Rechten. Der (Geschlechter-)Gerechtigkeit halber sollte aber angemerkt werden, dass eigentlich jeden Winter jede Regierung am Schneeräumen in der Hauptstadt scheitert.

Ein ernsterer Fall kontroverser feministischer Politik ereignete sich kürzlich, als eine schwedische Delegation unter Leitung von Staatsminister Stefan Löfven in den Iran reiste, um Handelsabkommen vorzubereiten. Alle beteiligten Frauen, auch EU- und Handelsministerin Ann Linde, trugen Kopftücher und lange Mäntel. Diesmal kam die Kritik von rechts und links: Wie kann eine feministische Regierung bei einem offiziellen Auftrag mit dem ultimativen Symbol der Frauenunterdrückung, dem Schleier, herumstolzieren? Hätte man nicht ein Zeichen setzen sollen, dass die Repräsentantinnen des besten und feministischsten Landes der Welt solche Albernheiten nicht mitmachen? Haben sich die Politikerinnen der Islamisierung gebeugt, erst im Ausland, und werden sie es bald auch zu Hause tun? 

Der Fall ist komplex. Es vermischen sich drei Dinge: die Notwendigkeit, sich dem in Iran geltenden Recht anzupassen, der Mangel an Einsatz für Frauen- und Menschenrechte im diplomatischen Verkehr mit einer Diktatur – und die auch in Schweden heftig geführte Debatte um den Hidschab und seine kulturellen und politischen Implikationen.

Leitbild Assimilation

Die beiden Beispiele – Schneeschippen und Iranreise – illustrieren zwei wichtige Prinzipien, die die schwedische Sozialdemokratie und den Wohlfahrtsstaat historisch gekennzeichnet haben: erstens die Integration von potenziell radikalen Bewegungen in die Staatsverantwortung, vor allem die Arbeiter- und die feministische Bewegung. Das führte nicht nur zu gleichgestelltem Schneeschippen, sondern auch zur festen Verankerung liberaler Werte und Leistungen im Bereich von Geschlechtergerechtigkeit, von denen deutsche (Staats-)feministinnen nur träumen können: Gleichstellung homosexueller Partnerschaften, Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch hervorragende staatliche Kinderbetreuung und großzügige Regelungen zu Elternzeit, gute Finanzierung kritischer Genderforschung, gleiche Repräsentation von Männern und Frauen in der Staatskanzlei, einfacher Zugang zu Schwangerschaftsabbruch, harte Strafen für häusliche und sexuelle Gewalt. Die meisten dieser Standards wurden lange vor der ersten feministischen Regierung durchgesetzt und sind unstrittig in allen politischen Lagern, mit Ausnahme der rechtspopulistischen Schwedendemokraten.

Ein zweites Prinzip der schwedischen Wohlfahrtspolitik ist die Vorstellung, dass die Schaffung von gerechten Voraussetzungen für alle auf der buchstäblichen kulturellen und sozialen Gleichheit aller beruht: Wer sich entscheidet, mit einem Hidschab herumzulaufen, kann nicht erwarten, genauso behandelt zu werden wie die "normalen", barhäuptigen Frauen. Hier hat sich ein kultureller und politischer Normierungsdruck erhalten, obwohl sich Schweden von einer relativ homogenen Gesellschaft zu einer Einwanderungsgesellschaft entwickelt hat – mittlerweile haben 23 Prozent der Einwohner einen Migrationshintergrund in der Familie. Das Leitbild ist nicht Multikulturalismus, sondern Assimilation an eine säkularisierte oder atheistische, sexuell freizügige und werteliberale Gesellschaft – historisch gewachsen aus einem starken Wohlfahrtsstaat, der sehr genau weiß, wie das gute Leben auszusehen hat, und bereit ist, das auch durchzusetzen.