US-Präsident Donald Trump hat erstmals Zweifel an seiner Taktik durchblicken lassen, dass er die Niederlage gegen seinen gewählten Nachfolger Joe Biden erfolgreich anfechten kann.

"Die Zukunft wird zeigen", wer das Land künftig regiere, sagte Trump am Freitag in einem Nebensatz bei einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses, bei der es eigentlich um die Coronavirus-Strategie der amerikanischen Regierung ging. Nach seiner tagelangen Weigerung, das Wahlergebnis anzuerkennen, zeichnete sich in seinen Äußerungen jedoch ab, dass seine Siegesgewissheit offenbar schwindet.

Mit seiner Regierung werde es keinen landesweiten Lockdown geben, betonte Trump, deutete jedoch gleichzeitig an, dass die Entscheidung darüber möglicherweise bald nicht mehr bei ihm liege. "Hoffentlich – was auch immer in der Zukunft passiert, wer weiß, welche Regierung es sein wird, ich denke, das wird sich zeigen – aber ich kann Ihnen sagen: Diese Regierung wird nicht in einen Lockdown gehen", sagte Trump wörtlich.

Es waren Trumps erste öffentliche Bemerkungen, seit seine Niederlage gegen Biden feststeht. Weder nahm er damit wie mehrfach zuvor einen Wahlsieg für sich in Anspruch, noch räumte er seine Niederlage gegen Biden ein. Fragen von Journalisten beantwortete der Amtsinhaber nicht.

Wenige Stunden zuvor hatten die wichtigsten Fernsehsender in den USA Joe Biden als offiziellen Sieger der US-Präsidentschaftswahl ausgerufen. Nach den Zählungen der Sender holte Biden die Stimmen von 306 der 538 Wahlleute – deutlich mehr als die erforderlichen 270.

Trumps Juristen scheitern in drei US-Staaten

Wie die Sender CNN, NBC und CBS verkündeten, gewann der Demokrat Biden den US-Staat Georgia, der republikanische Amtsinhaber Donald Trump dafür den Bundesstaat North Carolina. Das waren die letzten beiden Bundesstaaten, in denen die Lage bis dahin unklar gewesen war. Damit sind nun für alle Bundesstaaten Sieger ausgerufen.

Die Bundesstaaten müssen die Ergebnisse allerdings noch zertifizieren, die Wahlleute geben dann am 14. Dezember ihre Stimmen ab. In Georgia begann am Freitag wegen des engen Wahlausgangs bereits eine Neuauszählung aller Stimmzettel. Biden hat dort aber mehr als 14.000 Stimmen Vorsprung. Es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass sich das bei einer Neuauszählung grundlegend ändert.

Für ebenso aussichtslos halten Rechtsexperten Trumps Versuch, sich mit Klagen gegen angeblichen Wahlbetrug in einzelnen Bundesstaaten an der Macht zu halten. Allein im Staat Pennsylvania haben Trump und seine Gefolgsleute mehr als 15 Klagen eingereicht, ohne jedoch stichhaltige Beweise für Wahlfälschung vorzulegen. Laut Vertretern verschiedener US-Wahlbehörden gibt es keinerlei Anzeichen für Betrug.

In drei umkämpften Staaten haben Trumps Juristen inzwischen einen Dämpfer hinnehmen müssen. In Pennsylvania wies ein Berufungsgericht am Freitag einen Antrag zurück, der darauf abzielte, die Zählung von 9.300 Briefwahlstimmen zu unterbinden, die nach dem Wahltag am 3. November eingegangen waren. Die Kläger hätten schlicht nicht das Recht, Wahlzettel von pflichtbewussten Wählerinnen und Wählern anzufechten, die im chaotischen Corona-Jahr versucht hätten, die Regeln zu befolgen. Biden führt in Pennsylvania mit rund 60.000 Stimmen.

In Michigan lehnte es ein Richter am Freitag ab, die Beglaubigung des Wahlresultats im Großraum Detroit zu stoppen. Auch in Arizona wies ein Richter eine Klage des Trump-Teams ab, Stimmzettel in der Stadt Phoenix zu überprüfen.

Einblick in Trumps Psyche

Ein TV-Moderator von Donald Trumps Lieblingssender Fox News hat indes nach einem Telefonat mit dem US-Präsidenten Einblicke in dessen Psyche nach der Wahl gegeben. Dabei habe dieser auch Antworten auf eine Frage gegeben, die derzeit wohl die ganze Welt beschäftigt: Wie wird Trump damit umgehen, wenn seiner Meinung nach alle "rechtmäßigen" Stimmen ausgezählt und alle "unrechtmäßigen" verworfen sind?

Bei dem Telefonat am Freitag sagte der Präsident nach Angaben von Fox-Moderator Geraldo Rivera, er sei ein Realist und werde "das Richtige" tun, wenn er der Ansicht sei, die Auszählung sei in diesem Sinne abgeschlossen. Dann werde er sich an die Vorgaben der Verfassung halten und das Weiße Haus in der festgeschriebenen Zeit räumen. Trump sei wie ein Schwergewichtsboxer in der letzten Runde, erklärte Rivera. Er wisse, dass er zurückliege, seine einzige Hoffnung sei ein K.-o.-Schlag.

Der Präsident habe sich zudem frustriert gezeigt, dass es ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn gab und dass seine Taten und Worte negativ ausgelegt würden. Rivera beschrieb den 74-Jährigen als "frustrierten Mann", der zwar verwundet, aber noch immer stark sei. Er habe keinen Zweifel daran, dass Trump 2024 erneut zur Präsidentschaftswahl antreten werde.

Trumps Vize Mike Pence sagte, der Präsident arbeite engagiert daran, die Wahl auf dem Rechtsweg für sich zu entscheiden. "Wir werden für ein Ergebnis dieser Wahl kämpfen, das uns weitere vier Jahre sichert", sagte Pence vor jungen Anhängern der Republikaner.