In Afghanistan haben die militant-islamistischen Taliban einen Professor von der Universität Kabul festgenommen, der sich mit öffentlicher Kritik an ihrem Regime landesweit einen Namen gemacht hatte. Taliban-Geheimdienstler hätten Faisullah Dschalal am Samstag aus seinem Haus in der afghanischen Hauptstadt geholt, berichtete seine Frau, Massuda Dschalal, auf Facebook. 

Stunden nach Bekanntwerden des Vorfalls bestätigte auch ein Sprecher der Taliban die Festnahme. Sabiullah Mudschahid warf Dschalal auf Twitter unter anderem vor, Menschen gegen die Taliban-Regierung aufgehetzt zu haben und mit der Menschenwürde zu spielen.

Der Professor, der zur Ethnie der Tadschiken gehört, hatte am 21. November an einer TV-Debatte mit einem Talibansprecher im Sender TOLOnews teilgenommen. Er kritisierte, dass die Taliban ihre Kritiker unterdrückten: "Die Menschen haben kein Brot zu essen. Wie die Sicherheit ist? Keiner kann irgendetwas sagen", sagte er. Die Taliban müssten sich reformieren, denn die Menschen flöhen aus dem Land. Den Talibansprecher bezeichnete Dschalal als "Kalb", eine schwere Beleidigung in Afghanistan. 

Der Politik- und Rechtswissenschaftler war schon in den Jahren zuvor häufiger Gast in Fernsehdebatten und für unverblümte Kritik bekannt, die auch schon die Ex-Präsidenten Hamid Karsai und Aschraf Ghani traf.

Das Video von der Diskussion machte seinen Weg ins Internet und ging viral, Dschalal bekam sehr viel Lob für seinen Mut. Viele Menschen sorgten sich allerdings auch um seine Sicherheit. "Die Taliban haben noch nie Kritik und freie Rede toleriert", sagte Patricia Gossman, Asien-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und forderte die sofortige Freilassung des Professors.   

Strikte Auslegung islamischen Rechts

Die Taliban hatten Mitte August nach dem Abzug der ausländischen Truppen die Macht in Kabul übernommen. Seitdem wurden viele frühere Regierungsbedienstete getötet oder festgenommen. Zudem setzten die Islamisten eine zunehmend strikte Auslegung des islamischen Rechts durch. 

Insbesondere die Freiheiten von Frauen und Mädchen wurden in Afghanistan stark eingeschränkt. Unter anderem wurden Mädchen vom Besuch weiterführender Schulen und Frauen weitgehend von Jobs im öffentlichen Dienst ausgeschlossen. 

Die Taliban gehen zudem verstärkt gegen den Alkoholhandel sowie Drogenabhängige vor und verhängten ein Musikverbot. Zuletzt ließen sie außerdem Schaufensterpuppen köpfen.