Das albanische Parlament hat ein umstrittenes Migrationsabkommen mit Italien ratifiziert. 77 der 140 Abgeordneten stimmten für den Vertrag. Konservative Parlamentarier hatten versucht, die Abstimmung mit Trillerpfeifen zu stören. Der Vertrag muss noch von Präsident Bajram Begaj unterzeichnet werden.

Mit der Ratifizierung ist der Weg für Italiens Regierung frei, in Albanien Lager zur Unterbringung Tausender Migranten zu errichten, die aus dem Mittelmeer gerettet wurden. Migranten, die in Italien Asyl beantragt haben, sollen dann in Albanien auf den Ausgang ihres Verfahrens warten. In den von Italien betriebenen Zentren sollen die Anträge dann geprüft und gegebenenfalls schnelle Rückführungen ermöglicht werden. Menschenrechtler kritisieren das Abkommen.

Die Opposition in Tirana hatte versucht, das Gesetz mit einer Klage vor dem albanischen Verfassungsgericht mit dem Argument zu stoppen, dass damit Territorium und Staatsgewalt an ein anderes Land übertragen würden. Das Verfassungsgericht wies die Klage im vergangenen Monat zurück. 

Die EU-Kommission hatte zudem erklärt, die italienischen Pläne würden nicht gegen EU-Recht verstoßen. Dagegen äußerte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, Bedenken. Es bestehe die Gefahr einer willkürlichen Inhaftierung, sagte er.

Bis zu 36.000 Migranten jährlich

Bis zu 3.000 Migranten sollen nach den Plänen in zwei Lagern festgehalten werden, während ihre Asylanträge bearbeitet werden. Weil die Bearbeitung etwa einen Monat dauern dürfte, könnte die Zahl der nach Albanien geschickten Asylbewerber in einem Jahr bis zu 36.000 betragen. 

Zur ersten Aufnahme soll demnach ein Zentrum in der Hafenstadt Shëngjin an der Adria dienen. Dort soll es die ersten medizinischen Untersuchungen sowie die erste Prüfung geben. Von dort sollen die Menschen dann in ein Zentrum in Gjadër gebracht werden.

Geplant ist, dass Italien die Zentren verwaltet und für die Sicherheit darin zuständig ist. Albanien solle die Behörden bei der äußeren Sicherheit unterstützen, berichteten italienische Medien.

Italien zahlt mehr als 600 Millionen Euro

Italien hat das Abkommen bereits ratifiziert. Es zahlt für die Asylbewerberzentren mehr als 600 Millionen Euro. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni rechnete damit, dass sie im Frühjahr ihre Arbeit aufnehmen.

Im November hatten die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Albaniens Regierungschef Edi Rama eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Menschenrechtsaktivisten zeigten sich beunruhigt. Die Europäische Union betrachtet das Abkommen hingegen als mögliche Vorlage für künftige Verträge.