Von vielen Seiten wird ein Verbotsverfahren gegen die AfD gefordert. Hohen Zuspruch findet derzeit aber auch eine andere Möglichkeit, das Erstarken der Partei, wenn möglich, zu verhindern: ein Antrag auf Entzug der Grundrechte für herausragende Verfassungsfeinde. Eine entsprechende Petition, die sich namentlich gegen den Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke richtet, wurde bereits von mehr als 830.000 Menschen unterzeichnet. 

Höckes Landesverband wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Die Unterschriftensammlung appelliert an die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen, FDP sowie den Oppositionsfraktionen CDU/CSU und Linke, die Bundesregierung zu einem entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht zu bewegen.

Auf der Petitionsplattform des Kampagnen-Netzwerks Campact sind bereits mehr als 830.000 Unterschriften eingegangen für den Vorstoß unter dem Titel "Stoppen Sie den Faschisten Björn Höcke: Veranlassen Sie, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 Grundgesetz stellt." 

AfD liegt in Umfragen vorn

In Thüringen steht im September eine Landtagswahl an. Höckes AfD liegt in den Umfragen mit großem Abstand vorn. Sie kommt derzeit auf 34 bis 36 Prozent.

Die Möglichkeit des Grundrechteentzugs ist im Grundgesetz geregelt. In Artikel 18 heißt es: Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit, die Lehrfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum oder das Asylrecht "zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte. (…) Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen." Dafür ist ein Antrag des Bundestags, der Bundesregierung oder einer Landesregierung nötig.

In der Geschichte der Bundesrepublik wurde so ein Antrag erst wenige Male gestellt ­– jedoch nie erfolgreich. 1974 etwa stellte die Bundesregierung einen entsprechenden Antrag gegen den Herausgeber der National-Zeitung, Gerhard Frey. In den Neunzigerjahren wurden Anträge gegen die Neonazis Thomas Dienel und Heinz Reisz gestellt. Alle wurden abgelehnt, die letzten sogar ohne Begründung. Zudem wurden die Anträge bisher stets erst nach einer Dauer von mehreren Jahren entschieden. Es ist also davon auszugehen, dass eine Entscheidung über einen potenziellen Antrag gegen Höcke nicht vor den Landtagswahlen getroffen werden würde.

Dietmar Bartsch ruft zur Unterzeichnung auf

Im Falle einer Grundrechtsverwirkung besteht die Möglichkeit, jemandem das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter abzuerkennen. Dabei können die Richter in Karlsruhe auch nur einzelne Grundrechte entziehen und dies außerdem zeitlich befristen, jedoch auf mindestens ein Jahr.

Die Petition wurde bereits vor zwei Monaten gestartet. Nach Bekanntwerden des Potsdamer Treffens von Rechtsextremisten mit einigen AfD-Funktionären und auch CDU-Mitgliedern hat der Zuspruch in den vergangenen Tagen stark zugenommen.

Der Linkenpolitiker Dietmar Bartsch rief zur Unterzeichnung der Petition auf, verlangte von den Parteien aber eine politische Auseinandersetzung. "Diese Petition aus der Mitte der Gesellschaft ist begrüßens- und unterstützenswert, und ich wünsche mir, dass viele Bürgerinnen und Bürger diese unterzeichnen", sagte der Bundestagsabgeordnete dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er habe sie aber nicht unterschrieben, denn: "Wir Politiker müssen die politische Auseinandersetzung führen."