"Ist der Zahn nicht ganz rausgeschlagen, würden wir ihn herausziehen." © Elsa/​Getty Images

ZEIT ONLINE: Kann man jeden Zahn retten?

Langenbach: Schwierig. Wenn die Hälfte des Zahns abgebrochen und der Nervkanal geöffnet ist, kann man den Nervkanal behandeln und mit einer Krone wieder schick machen. Fehlt nur ein Viertel des Zahns, können wir das mit Kunststoff erneuern. Allerdings fliegt diese Korrektur dann beim nächsten Bodycheck wieder raus. Und manchmal trifft ein Stockschlag auch so tief, dass der Zahn ganz ausgeschlagen wird oder so tief abbricht, dass ein Aufbau keinen Sinn mehr macht.

ZEIT ONLINE: Und dann?

Langenbach: Ist der Zahn nicht ganz rausgeschlagen, würden wir ihn herausziehen. Anschließend gibt es drei Möglichkeiten. Ein herausnehmbares Provisorium. Eine Brücke, dazu muss man allerdings auch die Nachbarzähne abschleifen, was eher schade für die Nachbarzähne ist, wenn die noch komplett gesund sind. Denn oft bekommen auch die benachbarten Zähne durch den Check etwas ab. Und die dritte Lösung ist ein Implantat. Aber meist denken die Spieler an ihre Karriere. Wenn sie noch weiterspielen, lassen sie meist eine Lücke. Das sieht ja auch durchaus gefährlich und hart aus.

ZEIT ONLINE: Aber wenn Sie ihre Bohrer und Spritzen auspacken, werden doch bestimmt auch den harten Jungs die Knie weich.

Langenbach: Kein Kommentar (lacht). Aber im Ernst: Natürlich haben einige Spieler auch Respekt vor uns. Sie sind ja ganz normale Menschen. Aber die moderne Zahnmedizin bietet eine Menge Möglichkeiten. Ordentlich betäubt sollte eigentlich niemand Schmerzen während der Behandlung haben. Insgesamt sind die Eishockeyspieler wirklich harte Kerle, die eine Menge aushalten.

ZEIT ONLINE: Haben Sie ein Beispiel?

Langenbach: Die verrückteste Geschichte habe ich mit Charlie Stephens von den Kölner Haien erlebt. Er hat bei einem Unfall zwei Zähne verloren. Dabei hatte er immer tadellose Zähne. Da war er richtig sauer. Wir haben uns das kurz angesehen und dann hat er zu mir gesagt: Wenn ich schon meine Zähne verliere, dann gehe ich jetzt wieder raus und schieße noch ein paar Tore. So hat er das gemacht. Er ist rausgegangen, hat die entscheidenden drei Tore geschossen und die Haie zum Sieg geführt.

ZEIT ONLINE: Was war die schlimmste Verletzung, die Sie bisher versorgen mussten?

Langenbach: Vor einigen Jahren ist ein Puck nach einem Schlagschuss mit 160 Stundenkilometern voll im Kieferbereich eines Spielers eingeschlagen. Da waren direkt acht Zähne weg. Von den acht konnten wir vier retten. Die anderen vier mussten wir chirurgisch entfernen und dann wieder aufbauen. Der Spieler konnte dann doch recht schnell wieder lächeln. Und er hat zwei Tage später wieder auf dem Eis gestanden. Das ist für die Spieler wichtiger als ein schönes Lächeln. Sie wollen schnell wieder mitmischen. Gerade jetzt bei der WM.

ZEIT ONLINE: Die Ästhetik geht man also erst nach der Karriere an?

Langenbach: Das stimmt nicht ganz. Die Spieler sind da schon normale Patienten. Sie wollen natürlich auch wieder lächeln können. Noch wichtiger ist aber, dass sie vernünftig beißen können. Denn in dem Sport braucht man ja auch eine Menge Energie, und da muss man sein Essen kauen können.

ZEIT ONLINE: Und am Ende ist ihre Mühe für die Katz – beim nächsten Check fliegt doch alles wieder raus.

Langenbach: Da ist etwas dran. Wir müssen schon gut überlegen, ob es sich lohnt, einen Zahn aufwändig mit Kunststoff wieder aufzubauen, wenn beim nächsten Spiel alles wieder abbricht. Grundsätzlich sehe ich das aber so, dass die Spieler viel für ihren Beruf opfern und dann sollen sie auch die bestmögliche Behandlung bekommen.

Achten Sie auf den roten Punkt in der Bildmitte. © Jed Jacobsohn/​ Getty Images

Dr. Alexander Langenbach ist gemeinsam mit seinem Vater Dr. Klaus Langenbach offizieller Zahnarzt der Eishockey-Weltmeisterschaft. In der Praxis Langenbach werden seit einigen Jahren auch die Spieler der Kölner Haie behandelt. Der 31-Jährige und sein Vater sind bei den WM-Spielen in der Kölner Arena und können die Verletzungen im Mundraum schnell versorgen.