Der biblische Onan "ließ es auf die Erde fallen und verderbte es", seinen Samen nämlich – klassischer Coitus Interruptus. Im Mittelalter trug man Kondome aus Schafdarm, Fischblasen oder Leder. Und seit 1929 halfen Hermann Knaus und Kyasuko Ogino, die Enthaltsamkeit auf die fruchtbaren Tage der Frau zu beschränken. Ihre Kalendermethode ist bis heute die einzige von der katholischen Kirche abgesegnete Verhütungsmethode, auch "Vatikanisches Roulette" genannt.

Aber dann, vor 50 Jahren, kam Carl Djerassi und schenkte den Liebenden der Welt (Katholiken ausgenommen), die Antibabypille. Der heute vor allem als Science-Fiction-Autor und Theaterschriftsteller tätige Chemiker nennt sich gern "die Mutter der Pille". Dabei ist er nur der prominenteste von vielen Vätern.

Schon der Innsbrucker Physiologe Ludwig Haberlandt dachte 1921 über Kontrazeption mit Hormonen nach, damals nannte man sie noch "Drüsensekrete". Er starb 1932 mit nur 47 Jahren, bevor er seine Idee umsetzen konnte. Auch andere Wissenschaftler scheiterten daran, dass die Hormone, die aus tierischen Drüsen gewonnen werden, in der Herstellung zu teuer sind.

1939 entwickelte Russell Marker, Chemiker an der Universität Pennsylvania, eine Methode, um ein Hormon aus Pflanzen zu gewinnen. Aus einer Yams-Art in den mexikanischen Regenwäldern synthetisierte er eine Progesteron-Vorstufe.

Progesteron gehört zu den Gestagenen, die zusammen mit den Östrogenen im weiblichen Körper Menstruation, Schwangerschaft, Eisprung und damit die Empfängnis regeln. Vereinfacht gesagt, signalisieren die künstlich in den Körper gebrachten Hormone dem Körper der Frau: "Du bist schwanger – also nicht mehr empfängnisbereit."

Marker aber konnte seinen Sponsor, die Firma Parke-Davis, nicht vom kommerziellen Nutzen seiner Experimente überzeugen. Das 1867 gegründete Traditionsunternehmen ließ sich das lukrative Geschäft mit der Pille entgehen. Ironie der Geschichte: Es gehört heute zum Pfizer-Konzern, der inzwischen vor allem für das Gegenteil von Verhütungsmedikamenten berühmt ist, für Viagra.

Kurzerhand gründete Marker 1944 eine eigene Firma, Syntex. Sie bot bald Progesteron zu einem zweihundertstel des Preises an, den europäische Pharmafirmen verlangten. Aber damit gab es noch lange keine Antibabypille: Progesteron wirkt nicht, wenn es oral eingenommen wird.