Allmählich wird es ruhiger in den Gesundheitsämtern. Die erste Corona-Welle, die von Februar an erst vereinzelte Landkreise, dann ganz Deutschland erreichte, ist abgeebbt. Die Reproduktionszahl liegt weiterhin unter 1. Das Coronavirus ist in den bundesweit mehr als 400 Gesundheitsämtern zum Alltag geworden.

Längst sind die Ämter der "Dreh- und Angelpunkt für den Umgang mit der Epidemie", wie Gesundheitsminister Jens Spahn sagt. Und doch fühlen sich viele Ämter überfordert, klagen über Personalmangel und eine schlechte technische Ausstattung, wie eine exklusive Umfrage von ZEIT ONLINE gezeigt hat. Doch wie erging es in den letzten Wochen den Betroffenen, die sich an ihre lokale Behörde wandten? Wir wollten auch von Ihnen wissen, wie der Kontakt mit Ihrem Gesundheitsamt verlaufen ist.

Die Antworten unserer Leserinnen und Leser demonstrieren vor allem, wie unterschiedlich es in den Ämtern bislang zuging. Für einige verlief der Umgang mit den Mitarbeitenden sehr freundlich und unkompliziert. "Ich hatte den Eindruck einer überlegt handelnden, unaufgeregten Behörde", schreibt ein 19-jähriger Leser. Der Großteil der Betroffenen schildert jedoch, sich alleingelassen oder schlecht beraten gefühlt zu haben. Mal war das Gesundheitsamt schlicht nicht zu erreichen, mal wurden Tests trotz Dringlichkeit nicht ausgestellt. In einem Fall ging sogar ein Testergebnis verloren – was wohl eher einen Einzelfall darstellt. "Wir zweifeln die Existenz dieses Amtes an", formuliert es ein Leser aus Erlangen polemisch.

Für die deutschlandweite Situation in den Gesundheitsämtern sind diese Geschichten selbstverständlich nicht repräsentativ. Es ist davon auszugehen, dass sich Leserinnen eher auf unseren Aufruf meldeten, wenn sie Negatives zu berichten hatten, und weniger, wenn sie rundum zufrieden waren. Wo es ging, haben wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage kontaktiert, um die Berichte zu überprüfen – nicht mit allen konnten wir noch einmal über ihre Erfahrungen sprechen. Aus diesen Gründen veranschaulichen die Berichte vor allem, was passieren kann, wenn sich kleinere Behörden plötzlich mit der Aufgabe konfrontiert sehen, ein sich schnell verbreitendes Virus eindämmen zu müssen, über das es immer noch wenig gesichertes Wissen gibt – und für dessen Eindämmung ständig neue, zum Teil schwer umzusetzende Maßnahmen beschlossen werden.

So spiegeln die eingesandten Berichte wider, was die Umfrage von ZEIT ONLINE unter mehr als hundert Gesundheitsämtern bereits erahnen ließ. In einigen Punkten stießen die Ämter besonders häufig an ihre Grenzen: Erstens waren mit der Kontaktverfolgung und Beratung von (potenziell) Infizierten zum Teil Personen betraut, denen wichtige Fachkenntnisse fehlen. Mitarbeitende, so berichten Leserinnen häufig, konnten keine kompetenten Ratschläge geben, sondern mussten sich rückversichern. Für spezifische Situationen wie Kita-Verdachtsfälle, so erzählt eine Mutter, gab es keine einheitlichen Empfehlungen – verschiedene Mitarbeiter gaben widersprüchliche Ratschläge. 

Zweitens waren geltende Corona-Verordnungen dem Personal der Gesundheitsämter offenbar nicht immer geläufig. Einige Leserinnen und Leser erlebten das als "Ahnungslosigkeit" oder "Inkompetenz". Die Erklärung hierfür liegt womöglich in der angespannten Personalsituation: In der Umfrage hatten Gesundheitsämter häufig angegeben, dass Mitarbeitende aus anderen, häufig fachfremden Abteilungen für neue Corona-Aufgaben eingearbeitet werden mussten. So waren oft Studierende oder Scouts des Robert Koch-Instituts im Einsatz, die den Berichten zufolge häufiger nur unzureichend geschult waren.

Es fällt auf, dass viele Leserinnen von Vorfällen aus dem März berichten – der bisherigen Hochphase des deutschen Ausbruchs, in der Gesundheitsämter auch nach eigenen Angaben oft überfordert waren. Aus vielen Einsendungen, etwa wenn es um besetzte Telefonleitungen ging, lässt sich ein Personalmangel herauslesen, der auch in der Gesundheitsämterumfrage offenbar wurde. Auch dass viele Leserinnen nie eine schriftliche Bestätigung von dem Gesundheitsamt erhielten, spricht für eine solche Überforderung.

Einige Leserinnen und Leser klagen zudem über den Umgang mit ihren persönlichen Daten. Ein Leser äußert den Verdacht, dass seine Daten nie elektronisch erfasst wurden. Seine Ansprechpartner im Gesundheitsamt waren beispielsweise nicht darüber informiert, dass er bereits positiv auf das Virus getestet worden war. Andere Leserinnen berichteten von mangelnden Absprachen zwischen den einzelnen Abteilungen im Amt.

Corona-Maßnahmen - Die zweite Welle Auch frühere Pandemien flammten überraschend wieder auf. Warum eine zweite Infektionswelle oft die gefährlichere war, erklärt der Medizinhistoriker Philipp Osten.

Insgesamt zeigen die Berichte, dass die Kontaktverfolgungen und die Arbeit der Ämter höchst unterschiedlich verlaufen und je nach Standort unterschiedlich gut, was auch daran liegen könnte, dass es bisher keine einheitliche Teststrategie gibt. Jetzt liegt es an der Politik und den Ämtern, daraus Schlussfolgerungen für eine mögliche zweite Welle der Pandemie zu ziehen und, wo es geht, Verbesserungen vorzunehmen.