Für viele Menschen besteht die Adventszeit daraus, jeden Tag einen daumennagelgroßen Schokoladenschlitten aus einer Plastikform hinter dem Kläppchen des Tages zu pulen. Bei der Reality-Show-Teilnehmerin Laura Müller hingegen biegt sich der Ast: Ihr Ehemann Michael Wendler hat 24 recht großformatige Päckchen für sie aufgehängt. Manche sind groß genug, um eine Tasche zu enthalten, manche haben das Format eines Schuhkartons, bei allen ist der Inhalt dem Luxussegment zuzuordnen: Hermès, Dior, Saint Laurent, Louis Vuitton, und weil ja bald schon der vierte Advent sein wird und die kleine Gesellschaftskritikredaktion versöhnlich gestimmt ist, wollen wir Philipp Plein ruhig auch einmal dazurechnen.

Wendler, Schlagersänger, neuerdings aber eher als Verschwörungstheoretiker bekannt, soll sich wegen sehr viel ausgefallener Live-Musik und aufgekündigter Werbeverträge pekuniär in der Bredouille befinden. Da liegt die Frage natürlich nahe, wie er sich das leisten kann, was seine Frau da täglich auf Instagram präsentiert – was immer ein bisschen dauert, weil man mit so langen Fingernägeln eben nur schlecht Schleifen lösen und Taschenriemen einfädeln kann. Und so hat diese Show des Verwöhntwerdens in den letzten Tagen auch Oliver Pocher beschäftigt. Der ist überzeugt, dass viele der Geschenke die auf Instagram übliche Kennzeichnung "Anzeige, da Markennennung" gar nicht verdienen: Sie seien Fakes, was man an dilettantisch nachgemachten Logos und schlechter Verarbeitung erkenne. Übrigens besitze seine Frau Amira Pocher ausschließlich Originale.

Plagiate würden die Anschaffungskosten dieses Adventskalenders schon einmal deutlich senken, aber noch günstiger wird es natürlich, wenn man nicht mal die kaufen muss. Oliver Pocher ist sich nämlich sicher, dass der Wendler für manche Geschenke einfach mal in den Kleiderschrank geguckt und ein paar alte Schätze gehoben hat, als die Laura nebenan mit Influencen beschäftigt war. Bei einem Paar Schuhe von Saint Laurent seien die Riemchen "ganz schön ausgeleiert", will Pocher fachmännisch erspäht haben. Eine Sonnenbrille von Miu Miu sei in der gezeigten Form seit Jahren nicht mehr auf dem Markt, und genau dieses Tuch von Louis Vuitton habe Laura Müller schon 2019 getragen. Das sagt uns zwei Dinge: Oliver Pocher weiß erstaunlich gut über Laura Müllers Outfits of the Day Bescheid. Und: Diese Präsente sind wohl recycelt.

Peinlich? Nö, oder jedenfalls: viel weniger peinlich als das meiste, was Michael Wendler gerade sonst so in den Sinn kommt. Denn hat nicht ausgerechnet er uns – in seinem Versuch zu protzen – einen Ausweg aus dem Dilemma eröffnet, das Weihnachtsshopping nicht mehr hinbekommen zu haben? Viele Menschen haben in den letzten Monaten ihre Bestände sortiert und Dinge wiederentdeckt, an die sie seit Jahren nicht mehr gedacht haben. Da eröffnet sich doch eine wunderbare Möglichkeit, die Lücken auf dem Gabentisch zu schließen und zugleich ganz im Sinne der Umwelt und des Konsumverzichts zu handeln. Schrott-Julklapp war gestern, heute nennt man das: nachhaltiges Schenken. Frei nach Ausmist-Queen Marie Kondō: Was für den einen keine Joy mehr sparkt, kann für die andere das große Hallo an Heiligabend sein.

Wenn man da mitmachen will, muss man natürlich überzeugend begeistert tun können. So wie Laura Müller, die ihr Arsenal an "Daaaanke, Schatzi"-Varianten mutmaßlich im Multipack erworben hat. Respekt, das hier ist die hohe Schule: sich über die Dinge zu freuen, die man schon besitzt.