Luxemburg23. Februar 2022

Minerale bleiben konfliktträchtig

Menschenrechtskommission kritisiert EU-Richtlinie zum Import von »Konfliktmineralen« als unzureichend. Regierung verzögerte Umsetzung

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Industriekonzerne aus EU-Europa, auch aus Luxemburg, gieren nach Rohstoffen vor allem aus dem globalen Süden. Weil dort häufig Kriege stattfinden und Krisen herrschen, gelten die von dort importierten Minerale und Metalle seit ein paar Jahren als bedenklich. Und so hat die Regierung aus DP, LSAP und Grünen nach jahrelanger Verzögerung ein Gesetzesprojekt zur Umsetzung einer im Frühjahr 2017 von EU-Parlament und EU-Rat verabschiedeten EU-Direktive vorgelegt, die sogenannte Sorgfaltspflichten für Unternehmen bei der Einfuhr von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold aus Krisengebieten vorsieht.

Neben dem jahrelangen »Spiel auf Zeit« bei der Umsetzung der EU-Direktive, die eigentlich am 1. Januar vergangenen Jahres in Kraft getreten ist, befürchtet die Beratende Menschenrechtskommission CCDH, es könnte in Luxemburg und EU-weit »bei diesem kleinen und vorsichtigen Schritt bleiben«, so ihr Präsident Gilbert Pregno am Dienstag auf einer Pressekonferenz im an der Route d'Arlon gelegenen »Mënscherechtshaus«. Auch in Luxemburg ansässige Unternehmen seien aktuellen Studien zufolge an Zwangs- und Kinderarbeit, die stets mit »unvorstellbaren Arbeitsbedingungen« und oftmals auch mit sexueller Gewalt einhergingen, sowie an verheerenden Umweltzerstörungen beteiligt.

»Wahnsinnssummen« für die Konzerne

Da es für die Konzerne, die potentiell von der Importreglementierung betroffenen sind, dem CCDH-Präsidenten zufolge um »Wahnsinnssummen« geht, sei der ursprüngliche Entwurf »stark verwässert« worden. Die EU-Direktive gelte nun lediglich für drei Minerale, deren Erze und Gold, und auch das nur für Unternehmen, deren Import eine gewisse Mengenschwelle überschreitet. Das bei uns zuständige Außen- und Außenhandelsministerium habe dennoch »ungefähr 30« hier ansässige Unternehmen ausgemacht, die bei Annahme des Gesetzesprojekts eine Risikoanalyse zu ihrem Import von »Konfliktmineralen« vornehmen, darauf aufbauend eine Strategie erarbeiten und jährlich über den Stand ihrer Umsetzung berichten müßten.

Daß die Reichweite des Gesetzes sehr begrenzt sei, liege auch daran, daß es nur für Unternehmen gelten soll, die die vier genannten Rohstoffe aus Krisengebieten einführen, nicht aber für die Importeure von Smartphones, Tablets, Computern oder Autos, für die diese Minerale essentielle Bestandteile sind. Insbesondere Kobalt, Lithium und Graphit seien »typische Konfliktminerale«, die fast immer mit Kinderarbeit in teilweise illegalen Minen einhergingen, so die CCDH.

Abgesehen davon, daß es hierzulande noch immer »keine offizielle Autorität« gebe, die die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren könnte, so gestern der CCDH-Jurist Max Mousel, sei es fraglich, ob die vorgesehenen Zwangsgelder von 10.000 bis 100.000 Euro auch geeignet seien, milliardenschwere Konzerne zu beeindrucken. Unklar sei auch, ob in Zukunft unangekündigte Kontrollen durchgeführt würden, ob auch nach Hinweisen von Journalisten oder Whistleblowern kontrolliert werde, und was geschehe, wenn ein Konzern zwar die Strafe zahlt, die Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen aber unvermindert fortsetzt.