Praxismanagement 16.08.2023

Kurzfristige Ausfälle vermeiden: Optimales Terminmanagement

Kurzfristige Ausfälle vermeiden: Optimales Terminmanagement

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Ob kurzfristige Terminabsage oder der klassische No-Show-Kandidat: Insbesondere in der Endodontie sind Terminabsagen besonders ärgerlich. In endodontischen Praxen mit hohen Anteilen langer Termine und erheblichem Vorbereitungsaufwand kann ein durchdachtes Terminmanagement mit flexiblen Elementen Abhilfe schaffen.

Ausfälle und Leerläufe können durch ein durchdachtes Terminmanagement stark eingedämmt werden. Dafür werden die verschiedenen Behandlungsarten in Zeitblöcken klar definiert und in verschiedene Kategorien je nach Dauer, Schwierigkeit oder Regio eingeteilt – Unterscheidungen sind z. B. zwischen Front- oder Seitenzahn, ein- oder mehrwurzelig etc. denkbar. Dabei ist jedoch folgender Grundsatz zu beachten: Vor der Terminplanung erfolgt die Behandlungsplanung! Hierfür ist eine Analyse der Bestellpraxis über mehrere Tage oder Wochen erforderlich, um folgende Informationen herauszufiltern:

  • Wann häufen sich Verzögerungen oder Ausfälle?
  • benötigte Räumlichkeiten und Equipment
  • nötige (Zeit-)Assistenz
  • Welche Behandlungsschritte sind vorgesehen?
  • Wie lange dauern die einzelnen Arbeitsgänge?

Regelmäßige Pufferzeiten für Zimmerwechsel oder Wartezeiten (z. B. Wirkbeginn der Anästhesie) müssen eingeplant werden. Termine sollten so über den Tag verteilt werden, dass Priorität eingeplant und Vor- und Nachbereitungszeiten optimiert werden können. Durch die Bündelung von gleichen Behandlungsarten wie beispielsweise der Wurzelspitzenresektion (WSR) und der entsprechenden Vorbereitung der chirurgischen Trays und Schutzkleidung ist es möglich, ähnliche Behandlungen nacheinander einzuplanen. Dadurch kann bei Ausfall eines Patienten der nachfolgende Patient „hochbestellt“ werden – die frei gewordene Zeit kann sinnvoll genutzt werden, beispielsweise für akute Schmerzfälle. Zusätzlich können Weiterbehandlungen (z. B. der zweite WK-Termin) vorverlegt werden.

Ebenfalls zahlt es sich aus umfangreiche Behandlungen an den Tagesbeginn zu legen, so sind Konzentration und Energielevel am höchsten und die wertvolle Zeit kann für umsatzstarke Behandlungen genutzt werden. Kleinere Behandlungen können dann zum Nachmittag hin geplant werden, um flexible Notfallpatienten oder Routinebehandlungen auch kurzfristig einplanen zu können. Das Ergebnis: Verzögerungen lassen sich besser abfangen. Zusätzliche Hilfsmittel sind zudem flexible Traysysteme, Materialboxen oder mobile Trolleys: diese ermöglichen eine schnelle Vorbereitung, sparen Müll und minimieren den Aufwand für das Praxisteam.

Grundlage Kommunikation

Die Chancen, dass Termine verwirklicht werden können, steigen mit dem Informationsgrad. Bei der Terminvergabe sowie Behandlungsplanung sollte über die Wichtigkeit der Mitarbeit und Einhaltung der Termine seitens des Patienten aktiv aufgeklärt werden. Der Patient sollte Folgendes wissen:

  • Länge des Termins,
  • Zeitfenster für Absagen oder Änderungen (24 bis 48 Stunden),
  • Kontaktmöglichkeiten,
  • obligatorische Terminerinnerung 24 Stunden vor Termin (wahlweise telefonisch, per E-Mail oder SMS).

Alle Termindetails sollten zudem schriftlich festgehalten oder elektronisch übermittelt werden: Nur durch eine klare Kommunikation der Terminpolitik sowie der Konsequenzen bei nicht eingehaltenen Terminen schafft man Transparenz und Verbindlichkeit. Aufseiten der Praxis ist eine Dokumentation der geplanten Termininhalte in der Karteikarte oder eine Kurzmitteilung an die Rezeption zur besseren Terminplanung zu empfehlen. Besonderheiten wie verzögerte Anästhesiewirkung beeinflussen die künftige Behandlungsdauer und sind der terminvergebenden Person oftmals nicht bekannt. Die interne Face-to-Face-Kommunikation sowie Terminraster mit klaren Kürzeln beugen zusätzlich Missverständnissen vor und schaffen Klarheit. Standards für Abstände und Wiedervorstellung können in einem entsprechenden QM-Dokument festgelegt werden.

Leerlauf und kurzfristige Ausfälle vermeiden

Lange oder weit im Voraus vereinbarte Termine sollten direkt mit entsprechender Erinnerungsfunktion im Terminbuch eingeplant werden. Idealerweise ist diese automatisch und über die Praxisverwaltungssoftware oder einen externen Dienstleister abrufbar.

Bei der Nutzung solcher Dienste sollte dabei stets auf eine Konformität mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie die aktuellen Kontaktdaten geachtet werden. In diesem Zusammenhang bietet die Praxisverwaltungssoftware (PVS) wertvolle Tools zur Dokumentation der nicht wahrgenommenen, abgesagten oder verschobenen Termine. Digitale Terminbücher erstellen im Hintergrund Statistiken zu No-Shows, die eine große Hilfe bei der eigenen Analyse darstellen – die Patientenakten unzuverlässiger Patienten können zusätzlich mit Reitern versehen, Terminsperren eingerichtet oder Hinweise auf Unzuverlässigkeit in der Kartei hinterlegt werden.

Flexible Lösungen für freie Behandlungszeiten

Ergeben sich doch kurzfristige Absagen oder No-Shows, bietet sich das Vorhalten einer Warteliste mit aktuellen Kontaktdaten und Terminwünschen an. Bekannte Patienten können aktiv angefragt werden, aber auch Neu- oder Überweisungspatienten sind mitunter froh über kurzfristige Terminangebote.Findet sich keine Alternative, um die Behandlungszeit zu füllen, ergeben sich weitere Möglichkeiten. Behandler und Team können Ausfallzeiten nutzen, um liegengebliebene oder überfällige Aufgaben zu erfüllen:

  • Verwaltungsarbeiten
  • QM-Arbeit (z. B. Checklisten auf Aktualität prüfen)
  • Dokumentation
  • Schulungen und interne Fortbildungen planen und durchführen
  • Schriftverkehr bündeln und Ausfallzeiten dafür nutzen (Recall!)
  • Videosprechstunde oder Telekonsile abhalten

Reizthema Ausfallhonorar

Erscheint der Patient, für den das Zimmer über längere Zeit freigehalten und Vorbereitungen getroffen wurden, nicht oder sagt kurzfristig vor einem Termin ab, kann u. U. Ausfallhonorar bzw. Schadensersatz gefordert werden. Hierauf muss allerdings im Voraus deutlich hingewiesen werden, sodass die Kosten in Rechnung gestellt werden. Dabei darf die Höhe des Schadensersatzes die Kosten der eigentlichen Behandlung nicht überschreiten.

Das Thema Ausfallhonorar wurde schon mehrfach in gerichtlichen Auseinandersetzungen behandelt – eine einheitliche Rechtsprechung steht bislang jedoch aus.

Ausfallhonorar ist in den geltenden Gebührenordnungen GOZ, GOÄ und BEMA nicht geregelt. Als Rechtsgrundlage kommt der Dienst- bzw. Behandlungsvertrag nach BGB infrage. So regelt § 615 die sog. „Vergütung bei Annahmeverzug“. Demnach hat der Zahnarzt das Recht, bei Nichtinanspruchnahme die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Problematisch ist hier der Nachweis, dass der Patient über das Ausfallhonorar in Kenntnis gesetzt wurde und ob er schuldhaft in Verzug geraten ist. Ein weiteres Problem für eine nachvollziehbare Argumentation des zahnärztlichen Behandlers ergibt sich aus dem Wortlaut des Satzes 2 § 615 BGB: „Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.“ Der Behandler muss demnach nachvollziehbar nachweisen, dass im Ausfallzeitraum keinerlei andere Aufgaben erledigt werden konnten. Dies können neben der Behandlung von Schmerzfällen oder der Einbestellung von Wartelistenpatienten auch allgemeine Verwaltungs- oder Dokumentationsarbeiten sein.

In den gerichtlichen Entscheidungen sind in erster Linie folgende Aspekte unterschiedlich aufgefasst worden:

  • Woran wird das Ausfallhonorar konkret bemessen? (Schätzung des ausgefallenen Gewinns, reine Honorarbetrachtung, Praxiskostensatz pro Stunde oder pauschale Berechnung)
  • Handelt es sich um eine Bestellpraxis oder Sprechstundenpraxis?
  • Welcher Zeitraum ist für eine Terminabsage durch den Patienten angemessen?
  • Gibt es Absagegründe, die den Patienten von einem schuldhaften Verzug freisprechen? (z. B. Krankheit des Kindes)
  • Wurde im Rahmen der Terminabsage direkt ein neuer Behandlungstermin vereinbart? (in diesem Fall wird die Behandlung nachgeholt und es liegt kein Verdienstausfall vor)

Um im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung seine Ansprüche zu wahren, empfiehlt sich die schriftliche Vereinbarung eines Ausfallhonorars bereits in der Anbahnungsphase. Dies kann beispielsweise über ein Formular oder einen eindeutigen Hinweis im Anamnesebogen bzw. der Terminbestätigung geschehen.

Dieser Artikel ist unter dem Originaltitel: „Kurzfristige Ausfälle vermeiden: Optimales Terminmanagementin der Endo-Praxis“ im EJ Endodontie Journal 03/2023 erschienen.

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