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Grüningen
15.09.2023
15.09.2023 12:38 Uhr

Deponiepläne: «Wir werden alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausnützen»

Die Gemeinden Gossau und Grüningen wehren sich dagegen, dass ein intakter Wald mit einer Grösse von 14 Fussballfeldern gerodet wird.
Die Gemeinden Gossau und Grüningen wehren sich dagegen, dass ein intakter Wald mit einer Grösse von 14 Fussballfeldern gerodet wird. Bild: depo-nie.com
Die ZAV Recycling AG hat einen Gestaltungsplan für die Deponie im Tägernauer Holz eingereicht, obwohl die Gesamtschau des Kantons noch gar nicht vorliegt. Das irritiert. Im Gespräch erklären die Gemeindepräsidenten von Grüningen und Gossau, was sie von dem Vorgehen der ZAV halten und was ihre nächsten Schritte sind.

Was sagt ihr zum Vorgehen der ZAV, einen Gestaltungsplan einzureichen, obwohl noch gar keine Gesamtschau vorliegt?

Auf den Zeitplan, wann die ZAV den Gestaltungsplan beim Kanton einreicht, haben wir keinen Einfluss. Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert gewesen, zuerst das Resultat der Überarbeitung der kantonalen Deponieplanung abzuwarten und anschliessend den Gestaltungsplan einzureichen. Die entsprechende Antwort des Regierungsrats auf ein diesbezügliches Postulat meint, die Gesamtschau könne dann im Bewilligungsverfahren berücksichtigt werden. Das ist störend. Es ist offensichtlich, dass der Regierungsrat davon ausgeht, dass die Gesamtschau keine Auswirkungen auf die geplante Deponie hat.

Hattet ihr Einsicht in den Gestaltungsplan?

Die Vertreter der Gemeinden Grüningen und Gossau haben sich am 14. Juni 2023 mit einer Delegation der ZAV Recycling AG zu einem Austausch getroffen. Dabei wurde uns der eingereichte Gestaltungsplan Tägernauer Holz vorgestellt.

Was sagt ihr zur Aussage von Horst Meier, dass nicht die ZAV, sondern der Kanton den Standort Tägernauer Holz festgelegt habe?

Die Festsetzung eines Richtplaneintrags ist Sache des Kantonsrats. Der Deponiestandort Tägernauer Holz wurde bereits 2008 dort eingetragen. Die Gemeinden Gossau und Grüningen haben sich intensiv darum bemüht, diesen Eintrag zu verhindern. Sie wurden auch in den Kommissionen angehört. Das gleiche Engagement galt jetzt der Verhinderung einer Erhöhung des Volumens. Hier waren wir erfolgreich. Fakt ist aber leider, dass es einen rechtsgültigen Eintrag im kantonalen Richtplan gibt, und darauf beruht diese Planung.

Die ZAV und der Kanton verfolgen das Ziel, die Deponie im Tägernauer Holz zu erstellen und zu betreiben. Wir verfolgen das Ziel, den Wald zu retten. Dass hier verschiedene Interessen aufeinandertreffen, liegt auf der Hand.

Wie hoch erachtet ihr die Chance, dass die Deponie Tägernau noch abgewendet werden kann?

Diese Frage wird schlussendlich das Bundesgericht entscheiden müssen. Hier eine Prognose zu stellen, wäre Kaffeesatzlesen. Sorgen macht uns das Argument des «übergeordneten Interesses».

«Deponien für die Abfallschlacke müssen sein, das ist allen klar. Warum aber ein gesunder und intakter Wald dafür geopfert werden soll, dafür haben wir kein Verständnis.»
Carlo Wiedmer, Gemeindepräsident von Grüningen

Was heisst das?

Bund und vor allem Kanton haben ein Interesse daran, dass Standorte festgelegt und auch realisiert werden. Das Interesse der Gemeinschaft, der Gesellschaft, wird höher gewichtet als die Interessen von einzelnen Persönlichkeiten oder Regionen.

Welche Alternativen gibt es?

Die Deponieplanung ist Sache des Kantons. Wir warten gespannt auf das Resultat dieser Überarbeitung. Diese sollte gemäss Auskunft des Kantons im ersten Quartal 2024 vorliegen. Wir machen uns aber keine Illusionen darüber, dass es viele neue Alternativen geben wird. Deponien für die Abfallschlacke müssen sein, das ist allen klar. Warum aber ein gesunder und intakter Wald dafür geopfert werden soll, dafür haben wir kein Verständnis. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die benötigten und die vorhandenen Deponievolumen zu beurteilen. Genau dafür soll ja eine Gesamtplanung stattfinden, welche auch die Entwicklung insbesondere beim Recycling berücksichtigt.

«Wir werden alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausnützen. Das sind wir unseren Einwohnerinnen und Einwohnern schuldig.»
Jörg Kündig, Gemeindepräsident von Gossau

Welche Einflussmöglichkeiten hätten Grüningen und Gossau bezüglich Gestaltungsplan überhaupt noch?

Gegen die Festsetzung des Gestaltungsplans respektive die dazu nötige Rodungsbewilligung kann das Rechtsmittel ergriffen werden. Ebenfalls kann anschliessend gegen das Bauprojekt wieder juristisch vorgegangen werden. Wir werden auf jeden Fall alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausnützen. Das sind wir unseren Einwohnerinnen und Einwohnern schuldig.

Die geplante Deponie ist ein krasser Eingriff in die Natur und in unser Naherholungsgebiet. Unsere Sorge ist aber, dass – wenn wir die Deponie tatsächlich nicht verhindern können – sie in ein paar Jahren erweitert wird. Der Kanton und die ZAV werden kaum so viel Geld investieren, um eine Deponie für nur zehn bis zwölf Jahre zu betreiben. Nach dem Motto: Ist der Wald schon einmal zerstört, spielt es ja keine Rolle mehr, ihn weiter zu zerstören. Darum gilt es, jetzt schon alle Mittel einzusetzen, damit die Deponie dort gar nie realisiert wird.

Was sind die nächsten Schritte?

Für die Festsetzung des Gestaltungsplans wird es eine Vernehmlassung geben, zudem ist diese Festsetzung mit Rechtsmitteln verbunden. Sobald wir die Details kennen und die Fristen klar sind, werden wir die nächsten (juristischen) Schritte beurteilen.

Von grünen Parteien hört man erstaunlicherweise wenig zum Thema ...

Wir wären auf die Unterstützung sämtlicher Parteien angewiesen. Immerhin geht es hier um ein wertvolles Stück Natur, welches zerstört werden soll. Dass man wenig von den Parteien hört, liegt vielleicht auch daran, dass die kantonalen Wahlen bereits vorüber sind. Es zeigt sich aber, dass regionale Interessen dominieren. Niemand möchte bei sich eine Deponie haben und ist froh, wenn entsprechende Projekte anderswo realisiert werden.

Letzte Frage: Arbeitet ihr mit der Organisation DepoNIE zusammen?

Wir haben eine gute und offene Zusammenarbeit mit der Gruppe, schliesslich verfolgen wir das gleiche Ziel. Unsere Hauptaufgabe ist aber der politische und rechtliche Weg. Die Organisation DepoNIE verfolgt den emotionalen Weg, was gerade bei einer Waldrodung sehr wichtig ist.

Barbara Tudor