Von Sternstunden der Demokratie spricht man gemeinhin, wenn politische Debatten fair und argumentativ auf hohem Niveau geführt werden. Von einer Sternstunde war man bei der Ratssitzung am Montagabend allerdings so weit entfernt wie der VfB Oldenburg von der Bundesliga, und zwar – um im Fußballjargon zu bleiben – auf und neben dem Platz.
An letzter Stelle
Das fing schon bei der Tagesordnung an: Während die Resolution für Demokratie vorgezogen wurde, um sie prominent debattieren zu können, blieb das Thema Stadion an letzter Stelle. Gegner und Befürworter (in der deutlichen Mehrzahl) auf der Zuschauertribüne, die aus allen Nähten platzte, mussten bis nach 22 Uhr auf die Diskussion warten. Bürgernahe Politikvermittlung sieht anders aus.
Ärger auf der Tribüne
Apropos Tribüne: VfB-Fans warfen Vertretern der Bürgerinitiative im Nachgang Handgreiflichkeiten beim Streit um Sitzplätze vor. Der genaue Hergang ist nicht unabhängig bestätigt, der Polizei liegen jedoch zwei Anzeigen wegen Körperverletzung vor. Nachgewiesen sind zudem zwei Stinkefinger einer BI-Vertreterin in Richtung der Fußballanhänger. Auf der anderen Seite: Höhnische Kommentare und Gelächter sowie rote Karten der Stadionbefürworter bei unliebsamen Wortbeiträgen. Die Atmosphäre passte ins Fußballstadion, jedoch nicht aufs Spielfeld der Politik.
Und unten auf dem Platz: Bezeichnete Oberbürgermeister Jürgen Krogmann die Gesellschafterversammlung der Stadionplanungsgesellschaft als „Untersuchungsausschuss“ und „Tribunal“, weil ihm offenbar die vielen Fragen nicht passen. Grüne werfen der Verwaltung Desinformation vor. Weder Verwaltung noch Politik gehen auf die von der Stadt schriftlich vorgebrachten Argumente gegen eine Bürgerbefragung ein und erklären oder bewerten diese nach außen. Stattdessen wärmen fast alle die Grundsatzdebatte wieder auf, ohne alle konkreten Zahlen zu kennen. Den Grünen wird Feigheit vorgeworfen, weil sie ein in der Kommunalverfassung festgelegtes Instrument zur Bürgerbeteiligung vorschlagen. Inhaltliche Gegenargumente fallen kaum. Und: Zwischenrufe und Störungen von Rednern haben viele Ratsmitglieder auch drauf.
Viele Emotionen
Bei der Resolution für Demokratie haben sich alle mit großen Worten noch gegenseitig versichert, dass unterschiedliche Meinungen richtig und wichtig sind. Davon war später wenig zu spüren. Die Stadionfrage emotionalisiert. Aber es muss am Ende eine Entscheidung der Fakten und Argumente fallen. Politik und Verwaltung (sowie Gegner und Befürworter) haben in den kommenden Sitzungen, die alle im Internet übertragen werden, die Chance, zu zeigen, dass sie es besser können. Eine Sternstunde der Demokratie ist noch möglich.